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H ast du schon einmal zugeschaut, wie ein neues Haus gebaut wird? Dann ist dir sicher aufgefallen, dass auf Baustellen viel Beton eingesetzt wird. Beton besteht im Wesentlichen aus Sand oder Kies, Wasser und Zement. Bei der Ze- mentherstellung werden die Zutaten – unter anderem Kalkstein, Ton und Eisenerz – bei 1400 bis 1450 Grad gebrannt. Um diese gewaltige Hitze zu erzeugen, muss man eine ganze Menge Öl oder Erdgas verbrennen. Dabei entsteht viel Kohlendioxid – also je- nes Gas, das dazu beiträgt, dass es auf der Erde immer wärmer wird. Umweltschützer fordern deshalb, dass klimafreundlichere Baustoffe eingesetzt werden, deren Herstellung weniger Energie verbraucht. Ein solcher Baustoff ist zum Beispiel Holz. Wenn Bäume wachsen, ent- ziehen sie der Atmosphäre sogar Kohlendi- oxid – und bremsen damit die Erderwär- mung. Allerdings hat Holz auch Nachteile. Es leitet zum Beispiel Schall viel besser als Beton oder Mauersteine. Das kann vor al- lem in großen Häusern zu Problemen füh- ren, wo viele Leute auf engem Raum woh- nen. Wenn man bei der Planung ein paar Tricks anwendet, kann man jedoch auch mit Holz einen ordentlichen Schallschutz hinbekommen. Experten arbeiten aber auch an ganz neuen umweltfreundlichen Baustoffen. So gewinnen Forscher der Universität Lancas- ter in England aus übrig gebliebenen Karot- ten Fasern, die sie zu kleinen Plättchen zu- sammenpressen. Mischt man sie in Beton, braucht man weniger Zement. Andere Wis- senschaftler wollen aus gewöhnlichem Holz „Superholz“ machen, das mehr aus- halten soll als die meisten Metalle. Holz be- steht vor allem aus Zellstoff – das ist das Ma- terial, aus dem man Papier oder Küchenrol- len herstellt – und Lignin, das ihm seine Festigkeit verleiht. Die Forscher lösen mit Chemikalien einen Teil des Lignins aus dem Holz heraus. Dadurch können sie Holzblö- cke so stark zusammenpressen, dass man sie elfmal so stark belasten kann wie norma- les Holz. Zudem schützt das Super- holz auch besser vor Lärm. Bis man es im Baumarkt um die Ecke kaufen kann, dürften aber noch ein paar Jahre vergehen. lud Werkstoffe Forscher entwickeln umweltfreundliche Baustoffe aus Pflanzenfasern. Beton aus Karotten Möhren schmecken lecker. Doch man kann auch Häuser daraus bauen. Foto: dpa Stuttgarter Kinderzeitung Mehr Nachrichten für Dich gibt es jeden Freitag in der Kinderzeitung. Abo bestellen und vier Wochen gratis lesen unter: www.stuttgarter-kinderzeitung.de Hallo! Ich bin Paul, der Kinder-Chefreporter. Wasserknappheit und schlechte Wasser- qualität bedrohen einem Bericht zufolge viele Millionen Leben in Indien. Derzeit lit- ten 600 Millionen Inder unter hohem bis extremem Wassermangel, heißt es in dem Bericht des staatlichen Thinktanks Niti Aayog. Rund 200 000 Menschen sterben jährlich, weil sie keinen Zugang zu saube- rem Wasser haben. Schon bis 2020 werde 21 Großstädten wegen sinkender Grund- wasserpegel das Wasser ausgehen. dpa Indien Viel zu wenig Wasser Kontakt Redaktion Wissenschaft Telefon: 07 11/72 05-79 01 E-Mail: [email protected] D er Knoten war schon recht groß, vielleicht eineinhalb Zentimeter. Die 58-jährige Goldschmiedin hat ihn dennoch nicht bemerkt. Erst bei einer Routineuntersuchung wurde sie mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert. Sofort schwirrt ihr der Kopf: Es ist nicht nur die Konfrontation mit einer potenziell tödlichen Krank- heit, es ist auch die Behand- lung selbst, die ihr Sorgen macht. Der Haarverlust, schlimmer aber noch die Er- schöpfung, die bei vielen Pa- tientinnen noch Jahre anhält, und diese Gefühlsstörungen in den Fingern. Die Gold- schmiedin fürchtet um ihre Zukunft. Die Ärztin beruhigt sie: „Jetzt lassen Sie uns den Knoten herausoperieren, wahrscheinlich hat sich damit alles schon für Sie erledigt.“ Brustkrebs erfolgreich be- kämpfen, ganz ohne Chemo- therapie? „Das funktioniert“, sagt die Gynäkologin und Brustkrebsexpertin Ulrike Nitz aus Mön- chengladbach beim Senologiekongress, der gerade in Stuttgart stattgefunden hat. Es hat bei der Goldschmiedin funktioniert, der Patientin von Nitz. „Es hat sich aber auch in verschiedenen Studien gezeigt, dass ein gewisser Anteil von Frauen, deren Tumor operativ entfernt worden ist, von einer zusätzlich verordneten Chemothera- pie überhaupt nicht profitiert.“ Es gleicht schon einer kleinen Revolu- tion in der Krebsmedizin, was die Brust- krebsexpertin von der Westdeutschen Stu- diengruppe (WSG) da erläutert. Früher ha- ben Ärzte angesichts einer Krebsdiagnose sämtliche Mittel eingesetzt, um die Tumor- zellen zu vernichten, jetzt setzen immer mehr Experten auf die sogenannte Präzes- sionstherapie. So nennen es Mediziner, wenn Patienten eine auf ihn zugeschnitte- ne Behandlung angeboten wird. Diese setzt auf die Erkenntnis, dass Krebs nicht gleich Krebs ist. So wird zwar allgemein von Brustkrebs gesprochen, doch gerade bei dieser Tumorerkrankung gibt es verschiedene Gruppen mit be- stimmten genetischen Verän- derungen, die bei jeder Pa- tientin anders ausfallen. „Das ist der Grund, warum ein und dieselbe Brustkrebstherapie nicht bei allen gleich gut an- schlägt“, sagt Nitz. Um herauszufinden, wie Ärzte künftig früher erfassen können, welche Therapie für welche Patientin am geeig- netsten erscheint, hat die Lei- terin des Brustzentrums Nie- derrhein am Evangelischen Krankenhaus Bethesda in Mönchengladbach an einer amerikanischen Untersu- chung mitgeforscht, der soge- nannten Tailor-X-Studie. In dieser wurden in verschiede- nen Ländern 10 000 Frauen mit einem so- genannten hormonempfindlichen Brust- krebs im Frühstadium untersucht – und die Behandlungsmethoden miteinander ver- glichen: „Nach dem Entfernen des Karzi- noms bekommen sie gewöhnlich eine Hor- montherapie und oft zusätzlich eine Che- motherapie verordnet, um ein etwaiges Rückfall-Risiko zu senken“, sagt Nitz. „Unser Ziel war es zu zeigen, ob diese Kom- bination denn wirklich bei allen Frauen nö- tig ist oder ob wir damit einen Teil nicht übertherapieren.“ Bisher verließen sich Ärzte bei ihrer Entscheidung, ob nach der Operation noch eine Chemotherapie nötig wird oder nicht, auf die Befunde der pathologischen Unter- suchung. Dazu wird das Tumorgewebe, das bei der OP entfernt wurde, genetisch unter- sucht. In größeren Brustkrebszentren wird dafür seit einiger Zeit auch auf Gentests zu- rückgegriffen, die das Risiko genau berech- nen können. „Aber auch hier gab es bislang viele Unklarheiten bei der Interpretation“, sagt Nitz. So erhielten Frauen mit hohen Werten sofort die Chemo verordnet, Frau- en mit niedrigeren Werten dagegen kamen um eine Folgebehandlung herum. Doch die meisten Patientinnen haben einen Wert, der sich im Mittelfeld bewegt. Dann stellt sich wieder die Frage: Chemo ja oder nein? „Im Zweifel wurde zur Sicherheit zu einer Behandlung geraten“, so Nitz. Und hier hat nun die Studie angesetzt. Einem Teil der Frauen mit diesen mittleren Werten wurde per Losverfahren zusätzlich zu der OP ein Chemotherapeutikum ver- ordnet, der andere Teil erhielt lediglich eine Hormontherapie. Alle Frauen wurden neun Jahre lang beobachtet. Das Ergebnis: Mit Chemotherapie blieben 84,3 Prozent der Teilnehmerinnen krankheitsfrei, ohne die Zusatzbehandlung 83,3 Prozent. Für die Brustkrebsexpertin ist das Fazit klar: „Wir können also vielen Frauen, wahrscheinlich sogar 20 000 Patientinnen pro Jahr – guten Gewissens die Chemo ersparen.“ Doch werden diese Erkenntnisse auch bald in den Kliniken umgesetzt? Zumin- dest die Koordinatoren der deutschen S3- Richtlinie Brustkrebs, die vorgibt, wie Brustkrebspatientinnen hierzulande ver- sorgt werden sollen, zeigen sich zufrieden: Man habe auf diese Resultate gewartet, kommentiert Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am Uniklinikum Würzburg, die Tailor-X-Studie öffentlich. Die Sicher- heit der Gentests seien bestätigt worden. Fraglich bleibt allerdings, ob die Kran- kenkassen dies ähnlich bewerten. Denn der Gentest kostet in Deutschland nach Anga- ben des Herstellers Genomic Health etwa 3200 Euro. Die meisten gesetzlichen Kran- kenkassen übernehmen die Kosten – wenn überhaupt – nur auf Einzelantrag, von pri- vaten Kassen würden die Kosten dagegen in der Regel erstattet. Ob sich diese Zahlen nach Veröffentlichung der Studie, die auch teils von Genomic Health mitfinanziert wurde, nun ändern wird, muss sich zeigen: Derzeit beschäftigt sich der Gemeinsame Bundesausschuss, der über den Leistungs- katalog der Krankenkassen entscheidet, mit der Frage, ob solche Gentests Kassen- leistung sein sollten. Ein Beschluss dazu wird wohl Ende des Jahres fallen. Doch auf solche Berechnungen legt die Brustkrebsexpertin Nitz nicht so viel Wert. „Für mich zählt, dass Frauen – wie diese Goldschmiedin – so behandelt werden kön- nen, dass sie nicht nur vom Krebs geheilt, sondern auch wirklich gesund werden.“ Ganz ohne Nebenwirkungen. Brustkrebs ist die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen weltweit. Allein in Deutschland wird jedes Jahr bei etwa 70 000 Frauen ein Mammakarzinom festgestellt. Foto: Grötzner/Adobe Stock Einfach mal verschwinden ist gar nicht so einfach D as würde den Nachwuchsstuden- ten an der Uni Stuttgart gefallen: einfach wie Harry Potter unter einem Tarnumhang zu verschwinden oder wie James Bond in einem unsichtbaren Auto dem Bösewicht zu entkommen. Man könnte sich damit al- lerlei Späße für die Schule ausdenken. Doch ganz so einfach ist das nicht, wie der Stuttgarter Physiker Harald Giessen in sei- ner Vorlesung „Wie baue ich eine Tarnkap- pe?“ erklärt: Für eine Tarnkappe braucht man ganz besonderes Material. Dieses Mate- rial muss die Strahlen des Lichtes um einen Gegenstand herumlenken. Ein Beobachter, der auf einen derart getarnten Gegenstand blickt, sieht alles, was sich vor und hinter diesem befindet – den getarnten Gegen- stand sieht er aber nicht. Doch bevor man sich daranmacht, das richtige Material für die Tarnkappe zu su- chen, muss man sehr viel von Physik ver- stehen. „Zunächst ist es wichtig zu begrei- fen, wie sich Lichtstrahlen verhalten“, er- klärte Giessen. Und das demonstrierte er in verschiedenen Ex- perimenten. Der Phy- siker zeigte, dass der Lichtstrahl eines La- sers seine Richtung verändert, wenn er et- wa auf eine Plexiglas- scheibe fällt. „Trifft Licht aus der Luft auf die Grenzfläche eines Stoffes, so wird es zum Teil reflektiert, zum Teil verändert es an der Grenze seine Richtung. Senkrecht auf- treffendes Licht ändert seine Richtung nicht“, erklärte Giessen. Ein Stock im Was- serglas zeigt: Am Übergang zwischen Luft und Wasser hat der Stock einen Knick, weil die Lichtstrahlen sich hier brechen. Und Licht, das auf einen Spiegel fällt, wird umgelenkt. „Nimmt man zwei Spiegel, kann der Lichtstrahl hin- und hergeworfen werden“, sagte der 51-jährige Wissen- schaftler. Und damit könne man zumindest seine eigene Position verändern – das hat zwar mit einer Tarnkappe noch wenig zu tun, zeigt aber, dass Lichtstrahlen beein- flusst werden können. „Für eine Tarnkappe braucht es ein Ma- terial mit einem sogenannten negativen Brechungsindex“, meinte der Physiker. Da- mit könne das Licht anders abgelenkt wer- den. Es gebe zwar derartiges Material, aber die Tarnung sei noch unvollständig. Außer- dem sei es nur möglich, winzig kleine Dinge verschwinden zu lassen. Harry Potters Tarnmantel gebe es nicht so schnell. Kinder-Uni Harald Giessen von der Uni Stuttgart erklärt, wie man Tarnkappen bauen könnte. Von Tanja Volz Kinder-Uni Ein Angebot der Universitäten Hohenheim und Stuttgart Der Physiker Harald Giessen erklärt die Sache mit der Lichtbrechung. Foto: Lichtgut/Rettig Bei Brustkrebs hilft viel nicht immer viel Medizin Eine Studie zeigt: Chemotherapien bringen bei vielen Frauen keinen zusätzlichen Nutzen. Von Regine Warth Früherkennung Frauen ab 30 Jahren erhalten einmal pro Jahr eine Brustuntersuchung. Auch wer selbst einen Knoten feststellt, sollte zur Abklärung eine Brustultraschall-Untersu- chung wahrnehmen, raten Experten der Deutschen Ge- sellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Bis zum 40. Lebensjahr ist die Sono- grafie ratsam zur Abklärung von Tastbefunden. Mammografie Gerade bei Frauen mit hoher Brustdichte können Tumore bei der Mam- mografie verborgen bleiben. Wenn der Brustultraschall zu- sätzlich zum Einsatz kommt, werden bis zu 45 Prozent mehr Karzinome gefunden. Gene Besonders krebsgefähr- det sind Frauen mit erblich bedingtem Brustkrebs – den sogenannten BRCA-1- und -2-Mutationen. Wer eine sol- che Genmutation hat, wird in einem speziellen Programm überwacht, indem die Sono- grafie, Kernspintomografie (MRT) und Mammografie eingesetzt werden. wa WAS FRAUEN ÜBER DIE FRÜHERKENNUNG WISSEN SOLLTEN „Wir könnten 20 000 Patientin- nen pro Jahr guten Gewissens die Chemo ersparen.“ Ulrike Nitz, Westdeutsche Studiengruppe Foto: Johanniter

Bei Brustkrebs hilft viel nicht immer viel · 2018-06-25 · katalog der Krankenkassen entscheidet, mit der Frage, ob solche Gentests Kassen-leistung sein sollten. Ein Beschluss dazu

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Page 1: Bei Brustkrebs hilft viel nicht immer viel · 2018-06-25 · katalog der Krankenkassen entscheidet, mit der Frage, ob solche Gentests Kassen-leistung sein sollten. Ein Beschluss dazu

H ast du schon einmal zugeschaut,wie ein neues Haus gebaut wird?Dann ist dir sicher aufgefallen, dass

auf Baustellen viel Beton eingesetzt wird.Beton besteht im Wesentlichen aus Sandoder Kies, Wasser und Zement. Bei der Ze-mentherstellung werden die Zutaten –unter anderem Kalkstein, Ton und Eisenerz– bei 1400 bis 1450 Grad gebrannt. Um diesegewaltige Hitze zu erzeugen, muss man eineganze Menge Öl oder Erdgas verbrennen. Dabei entsteht viel Kohlendioxid – also je-nes Gas, das dazu beiträgt, dass es auf der Erde immer wärmer wird.

Umweltschützer fordern deshalb, dassklimafreundlichere Baustoffe eingesetztwerden, deren Herstellung weniger Energieverbraucht. Ein solcher Baustoff ist zumBeispiel Holz. Wenn Bäume wachsen, ent-ziehen sie der Atmosphäre sogar Kohlendi-oxid – und bremsen damit die Erderwär-mung. Allerdings hat Holz auch Nachteile.Es leitet zum Beispiel Schall viel besser alsBeton oder Mauersteine. Das kann vor al-lem in großen Häusern zu Problemen füh-ren, wo viele Leute auf engem Raum woh-nen. Wenn man bei der Planung ein paarTricks anwendet, kann man jedoch auch mit Holz einen ordentlichen Schallschutzhinbekommen.

Experten arbeiten aber auch an ganzneuen umweltfreundlichen Baustoffen. So gewinnen Forscher der Universität Lancas-ter in England aus übrig gebliebenen Karot-ten Fasern, die sie zu kleinen Plättchen zu-sammenpressen. Mischt man sie in Beton,braucht man weniger Zement. Andere Wis-senschaftler wollen aus gewöhnlichem Holz „Superholz“ machen, das mehr aus-halten soll als die meisten Metalle. Holz be-steht vor allem aus Zellstoff – das ist das Ma-terial, aus dem man Papier oder Küchenrol-len herstellt – und Lignin, das ihm seine Festigkeit verleiht. Die Forscher lösen mitChemikalien einen Teil des Lignins aus demHolz heraus. Dadurch können sie Holzblö-cke so stark zusammenpressen, dass man sie elfmal so stark belasten kann wie norma-

les Holz. Zudemschützt das Super-holz auch besservor Lärm. Bis manes im Baumarkt umdie Ecke kaufenkann, dürften abernoch ein paar Jahrevergehen. lud

Werkstoffe Forscher entwickeln umweltfreundliche Baustoffe aus Pflanzenfasern.

Beton aus Karotten

Möhren schmecken lecker. Doch man kannauch Häuser daraus bauen. Foto: dpa

Stuttgarter KinderzeitungMehr Nachrichten für Dich gibt es jeden Freitag in der Kinderzeitung. Abo bestellen und vier Wochen gratis lesen unter: www.stuttgarter-kinderzeitung.de

Hallo! Ich bin Paul, der Kinder-Chefreporter.

Wasserknappheit und schlechte Wasser-qualität bedrohen einem Bericht zufolgeviele Millionen Leben in Indien. Derzeit lit-ten 600 Millionen Inder unter hohem bisextremem Wassermangel, heißt es in demBericht des staatlichen Thinktanks Niti Aayog. Rund 200 000 Menschen sterben jährlich, weil sie keinen Zugang zu saube-rem Wasser haben. Schon bis 2020 werde21 Großstädten wegen sinkender Grund-wasserpegel das Wasser ausgehen. dpa

Indien

Viel zu wenig Wasser

Kontakt

Redaktion WissenschaftTelefon: 07 11/72 05-79 01E-Mail: [email protected]

D er Knoten war schon recht groß,vielleicht eineinhalb Zentimeter.Die 58-jährige Goldschmiedin hat

ihn dennoch nicht bemerkt. Erst bei einerRoutineuntersuchung wurde sie mit derDiagnose Brustkrebs konfrontiert. Sofortschwirrt ihr der Kopf: Es ist nicht nur die Konfrontation mit einerpotenziell tödlichen Krank-heit, es ist auch die Behand-lung selbst, die ihr Sorgenmacht. Der Haarverlust,schlimmer aber noch die Er-schöpfung, die bei vielen Pa-tientinnen noch Jahre anhält, und diese Gefühlsstörungen in den Fingern. Die Gold-schmiedin fürchtet um ihreZukunft. Die Ärztin beruhigtsie: „Jetzt lassen Sie uns denKnoten herausoperieren,wahrscheinlich hat sich damitalles schon für Sie erledigt.“

Brustkrebs erfolgreich be-kämpfen, ganz ohne Chemo-therapie? „Das funktioniert“,sagt die Gynäkologin undBrustkrebsexpertin Ulrike Nitz aus Mön-chengladbach beim Senologiekongress, dergerade in Stuttgart stattgefunden hat. Es hat bei der Goldschmiedin funktioniert, der Patientin von Nitz. „Es hat sich aber auch in verschiedenen Studien gezeigt,dass ein gewisser Anteil von Frauen, derenTumor operativ entfernt worden ist, voneiner zusätzlich verordneten Chemothera-pie überhaupt nicht profitiert.“

Es gleicht schon einer kleinen Revolu-tion in der Krebsmedizin, was die Brust-krebsexpertin von der Westdeutschen Stu-diengruppe (WSG) da erläutert. Früher ha-ben Ärzte angesichts einer Krebsdiagnosesämtliche Mittel eingesetzt, um die Tumor-zellen zu vernichten, jetzt setzen immermehr Experten auf die sogenannte Präzes-sionstherapie. So nennen es Mediziner,

wenn Patienten eine auf ihn zugeschnitte-ne Behandlung angeboten wird.

Diese setzt auf die Erkenntnis, dassKrebs nicht gleich Krebs ist. So wird zwarallgemein von Brustkrebs gesprochen,doch gerade bei dieser Tumorerkrankunggibt es verschiedene Gruppen mit be-

stimmten genetischen Verän-derungen, die bei jeder Pa-tientin anders ausfallen. „Dasist der Grund, warum ein unddieselbe Brustkrebstherapienicht bei allen gleich gut an-schlägt“, sagt Nitz.

Um herauszufinden, wieÄrzte künftig früher erfassenkönnen, welche Therapie fürwelche Patientin am geeig-netsten erscheint, hat die Lei-terin des Brustzentrums Nie-derrhein am EvangelischenKrankenhaus Bethesda inMönchengladbach an eineramerikanischen Untersu-chung mitgeforscht, der soge-nannten Tailor-X-Studie. Indieser wurden in verschiede-

nen Ländern 10 000 Frauen mit einem so-genannten hormonempfindlichen Brust-krebs im Frühstadium untersucht – und dieBehandlungsmethoden miteinander ver-glichen: „Nach dem Entfernen des Karzi-noms bekommen sie gewöhnlich eine Hor-montherapie und oft zusätzlich eine Che-motherapie verordnet, um ein etwaiges Rückfall-Risiko zu senken“, sagt Nitz.„Unser Ziel war es zu zeigen, ob diese Kom-bination denn wirklich bei allen Frauen nö-tig ist oder ob wir damit einen Teil nichtübertherapieren.“

Bisher verließen sich Ärzte bei ihrerEntscheidung, ob nach der Operation nocheine Chemotherapie nötig wird oder nicht,auf die Befunde der pathologischen Unter-suchung. Dazu wird das Tumorgewebe, dasbei der OP entfernt wurde, genetisch unter-

sucht. In größeren Brustkrebszentren wirddafür seit einiger Zeit auch auf Gentests zu-rückgegriffen, die das Risiko genau berech-nen können. „Aber auch hier gab es bislangviele Unklarheiten bei der Interpretation“,sagt Nitz. So erhielten Frauen mit hohenWerten sofort die Chemo verordnet, Frau-en mit niedrigeren Werten dagegen kamenum eine Folgebehandlung herum. Doch diemeisten Patientinnen haben einen Wert,der sich im Mittelfeld bewegt. Dann stellt sich wieder die Frage: Chemo ja oder nein?„Im Zweifel wurde zur Sicherheit zu einerBehandlung geraten“, so Nitz.

Und hier hat nun die Studie angesetzt.Einem Teil der Frauen mit diesen mittlerenWerten wurde per Losverfahren zusätzlichzu der OP ein Chemotherapeutikum ver-ordnet, der andere Teil erhielt lediglicheine Hormontherapie. Alle Frauen wurdenneun Jahre lang beobachtet. Das Ergebnis:Mit Chemotherapie blieben 84,3 Prozentder Teilnehmerinnen krankheitsfrei, ohnedie Zusatzbehandlung 83,3 Prozent. Für dieBrustkrebsexpertin ist das Fazit klar: „Wir können also vielen Frauen, wahrscheinlichsogar 20 000 Patientinnen pro Jahr – gutenGewissens die Chemo ersparen.“

Doch werden diese Erkenntnisse auchbald in den Kliniken umgesetzt? Zumin-dest die Koordinatoren der deutschen S3-Richtlinie Brustkrebs, die vorgibt, wie

Brustkrebspatientinnen hierzulande ver-sorgt werden sollen, zeigen sich zufrieden:Man habe auf diese Resultate gewartet,kommentiert Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am Uniklinikum Würzburg,die Tailor-X-Studie öffentlich. Die Sicher-heit der Gentests seien bestätigt worden.

Fraglich bleibt allerdings, ob die Kran-kenkassen dies ähnlich bewerten. Denn derGentest kostet in Deutschland nach Anga-ben des Herstellers Genomic Health etwa 3200 Euro. Die meisten gesetzlichen Kran-kenkassen übernehmen die Kosten – wennüberhaupt – nur auf Einzelantrag, von pri-vaten Kassen würden die Kosten dagegenin der Regel erstattet. Ob sich diese Zahlen nach Veröffentlichung der Studie, die auch teils von Genomic Health mitfinanziertwurde, nun ändern wird, muss sich zeigen:Derzeit beschäftigt sich der Gemeinsame Bundesausschuss, der über den Leistungs-katalog der Krankenkassen entscheidet,mit der Frage, ob solche Gentests Kassen-leistung sein sollten. Ein Beschluss dazuwird wohl Ende des Jahres fallen.

Doch auf solche Berechnungen legt dieBrustkrebsexpertin Nitz nicht so viel Wert.„Für mich zählt, dass Frauen – wie dieseGoldschmiedin – so behandelt werden kön-nen, dass sie nicht nur vom Krebs geheilt,sondern auch wirklich gesund werden.“Ganz ohne Nebenwirkungen.

Brustkrebs ist die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen weltweit. Allein in Deutschland wird jedes Jahr bei etwa 70 000 Frauen ein Mammakarzinom festgestellt. Foto: Grötzner/Adobe Stock

Einfach mal verschwinden ist gar nicht so einfach

D as würde den Nachwuchsstuden-ten an der Uni Stuttgart gefallen:einfach wie Harry Potter unter

einem Tarnumhang zu verschwinden oder wie James Bond in einem unsichtbarenAuto dem Bösewichtzu entkommen. Mankönnte sich damit al-lerlei Späße für dieSchule ausdenken.Doch ganz so einfachist das nicht, wie derStuttgarter PhysikerHarald Giessen in sei-ner Vorlesung „Wiebaue ich eine Tarnkap-pe?“ erklärt: Für eine Tarnkappe brauchtman ganz besonderesMaterial. Dieses Mate-rial muss die Strahlen des Lichtes um einenGegenstand herumlenken. Ein Beobachter,der auf einen derart getarnten Gegenstand blickt, sieht alles, was sich vor und hinter diesem befindet – den getarnten Gegen-stand sieht er aber nicht.

Doch bevor man sich daranmacht, dasrichtige Material für die Tarnkappe zu su-chen, muss man sehr viel von Physik ver-stehen. „Zunächst ist es wichtig zu begrei-fen, wie sich Lichtstrahlen verhalten“, er-

klärte Giessen. Unddas demonstrierte erin verschiedenen Ex-perimenten. Der Phy-siker zeigte, dass derLichtstrahl eines La-sers seine Richtungverändert, wenn er et-wa auf eine Plexiglas-scheibe fällt. „TrifftLicht aus der Luft aufdie Grenzfläche einesStoffes, so wird es zumTeil reflektiert, zumTeil verändert es an

der Grenze seine Richtung. Senkrecht auf-treffendes Licht ändert seine Richtung nicht“, erklärte Giessen. Ein Stock im Was-serglas zeigt: Am Übergang zwischen Luftund Wasser hat der Stock einen Knick, weildie Lichtstrahlen sich hier brechen.

Und Licht, das auf einen Spiegel fällt,wird umgelenkt. „Nimmt man zwei Spiegel,kann der Lichtstrahl hin- und hergeworfenwerden“, sagte der 51-jährige Wissen-schaftler. Und damit könne man zumindestseine eigene Position verändern – das hatzwar mit einer Tarnkappe noch wenig zutun, zeigt aber, dass Lichtstrahlen beein-flusst werden können.

„Für eine Tarnkappe braucht es ein Ma-terial mit einem sogenannten negativen Brechungsindex“, meinte der Physiker. Da-mit könne das Licht anders abgelenkt wer-den. Es gebe zwar derartiges Material, aberdie Tarnung sei noch unvollständig. Außer-dem sei es nur möglich, winzig kleine Dingeverschwinden zu lassen. Harry PottersTarnmantel gebe es nicht so schnell.

Kinder-Uni Harald Giessen von der Uni Stuttgart erklärt, wie man Tarnkappen bauen könnte. Von Tanja Volz

Kinder-UniEin Angebot der Universitäten

Hohenheim und Stuttgart

Der Physiker Harald Giessen erklärt die Sache mit der Lichtbrechung. Foto: Lichtgut/Rettig

Bei Brustkrebs hilft viel nicht immer vielMedizin Eine Studie zeigt: Chemotherapien bringen bei vielen Frauen keinen zusätzlichen Nutzen. Von Regine Warth

Früherkennung Frauen ab 30 Jahren erhalten einmal pro Jahr eine Brustuntersuchung. Auch wer selbst einen Knoten feststellt, sollte zur Abklärung eine Brustultraschall-Untersu-chung wahrnehmen, raten Experten der Deutschen Ge-sellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Bis zum 40. Lebensjahr ist die Sono-

grafie ratsam zur Abklärung von Tastbefunden.

Mammografie Gerade bei Frauen mit hoher Brustdichte können Tumore bei der Mam-mografie verborgen bleiben. Wenn der Brustultraschall zu-sätzlich zum Einsatz kommt, werden bis zu 45 Prozent mehr Karzinome gefunden.

Gene Besonders krebsgefähr-det sind Frauen mit erblich bedingtem Brustkrebs – den sogenannten BRCA-1- und -2-Mutationen. Wer eine sol-che Genmutation hat, wird in einem speziellen Programm überwacht, indem die Sono-grafie, Kernspintomografie (MRT) und Mammografie eingesetzt werden. wa

WAS FRAUEN ÜBER DIE FRÜHERKENNUNG WISSEN SOLLTEN

„Wir könnten 20 000 Patientin-nen pro Jahr guten Gewissens die Chemo ersparen.“Ulrike Nitz,Westdeutsche Studiengruppe

Foto: Johanniter