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A. Simon und R. Glauner. Komplex-chemisches Verhaltens des Lithiums. 17 7 Beitrage zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. Die Systeme Lithium-Halogenid, Mono-Di- und Trimethylamin. Von A. StMoN und R. GLAUNER. 1. Mitteilung. Mit 16 Figuren im Text. Einieitung. Die experimentellen Grundlagen zum Ausbau einer systematischen Verwandtschaftslehre sind seither von W. BILTZ, HUTTICT und anderenl), sowie deren Mitarbeitern in erster Linie dadurch geschaffen worden, dat3 die Ammoniakate einer auBerordentlich groBen Zahl von anor- ganischen Salzen isotherm abgebaut , und auBerdern ihre Dichten gemessen wurden. Die bei diesen Untersuchungen erhaltenen kom- plex-chemischen Verbindungen zeichnen sich aurch hinreichende Stttbilitat aus. AuBerdem sind die zu ihrer Bildung fuhrenden chemischen Vorgange reversibel und ermijglichen deshalb eine thermo- dynsmische Auswertung. Ferner ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daB neuer- clings von BORN 2, ein theoretisch bedeutungsvoller Versuch zum Ver- standnis der zwiechen den Komponenten einer chemischen Verbindung wirkenden anziehenden und abstoBenden Kraften gemacht wurde, dcr dam dud1 W. BILTZ und GRIMX~) eine weitere Ansgestaltung erfithr. In den bis heute vorliegenden Arbeiten wurde als Addend fast ausschlieBlich Ammoniak verwendet. Eine systematische Variation des anlagerungsfahigen Stoffes ist bis jetzt nur von H~JTTIG vor- genommen worden, der mit REUSCHEB~) und POELE~) die Systeme I) Eine vollstiindige Literaturubersicht ist enthalten bei W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 130 (1923), 93 ff.; W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 145ff.; W. BILTZ, Die Naturwissenschaften (1925), S. 500 ff. ?) BORN und GEBLACH, Z. f. Pbysik 6 (1921), 439. ?) W. BILTZ und GBIU, Z. anorg. u. allg. Chem. 146 (1924), 63. 4, HUTTIG u. REUSCHER, Z. anorg. u. a&. Chem. 137 (1924)) 155. 5] HUTTIG u. POHLE, Z. anorg. u. allg. Chem. 138 (1924), 1. A. morg. u. allg. Chem. Bd. 178. 12

Beiträge zur Kenntnis des Komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. 1. Mitteilung. Die Systeme Lithium–Halogenid, Mono–Di- und Trimethylamin

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Page 1: Beiträge zur Kenntnis des Komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. 1. Mitteilung. Die Systeme Lithium–Halogenid, Mono–Di- und Trimethylamin

A. Simon und R. Glauner. Komplex-chemisches Verhaltens des Lithiums. 17 7

Beitrage zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums.

Die Systeme Lithium-Halogenid, Mono-Di- und Trimethylamin. Von A. StMoN und R. GLAUNER.

1. Mitteilung.

Mit 16 Figuren im Text.

Einieitung. Die experimentellen Grundlagen zum Ausbau einer systematischen

Verwandtschaftslehre sind seither von W. BILTZ, HUTTICT und anderenl), sowie deren Mitarbeitern in erster Linie dadurch geschaff en worden, dat3 die Ammoniakate einer auBerordentlich groBen Zahl von anor- ganischen Salzen isotherm abgebaut , und auBerdern ihre Dichten gemessen wurden. Die bei diesen Untersuchungen erhaltenen kom- plex-chemischen Verbindungen zeichnen sich aurch hinreichende Stttbilitat aus. AuBerdem sind die zu ihrer Bildung fuhrenden chemischen Vorgange reversibel und ermijglichen deshalb eine thermo- dynsmische Auswertung.

Ferner ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daB neuer- clings von BORN 2, ein theoretisch bedeutungsvoller Versuch zum Ver- standnis der zwiechen den Komponenten einer chemischen Verbindung wirkenden anziehenden und abstoBenden Kraften gemacht wurde, dcr d a m d u d 1 W. BILTZ und GRIMX~) eine weitere Ansgestaltung erfithr.

I n den bis heute vorliegenden Arbeiten wurde als Addend fast ausschlieBlich Ammoniak verwendet. Eine systematische Variation des anlagerungsfahigen Stoffes ist bis jetzt nur von H~JTTIG vor- genommen worden, der mit REUSCHEB~) und POELE~) die Systeme

I) Eine vollstiindige Literaturubersicht ist enthalten bei W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 130 (1923), 93 ff.; W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 145ff.; W. BILTZ, Die Naturwissenschaften (1925), S. 500 ff.

?) BORN und GEBLACH, Z. f. Pbysik 6 (1921), 439. ?) W. BILTZ und GBIU, Z. anorg. u. allg. Chem. 146 (1924), 63. 4, HUTTIG u. REUSCHER, Z. anorg. u. a&. Chem. 137 (1924)) 155. 5] HUTTIG u. POHLE, Z. anorg. u. allg. Chem. 138 (1924), 1.

A . morg. u. allg. Chem. Bd. 178. 12

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Lithiumhalogenid-Wasser und rnit OSCHATZ l) die Systeme Lithium- halogenid-Methylalkohol und Lithiumhalogenid- Ath ylalkohol eingehend untersuchte.

Da nun die Moglichkeit besteht, durch geeignete Variation der komplexbildenden Komponente neue Gesichtspmkte zur Beurteilung des valenzchemischen Verhaltens der Metalle und ihrer Salze zu gewinnen, ist in der vorliegenden Arbeit versucht worden, den Addenden Ammoniak wenig, dabei aber systematisch zu variieren und an seiner Stelle die Methylsubstitutionsprodukte Methylamin, Dimethylamin und Trimethylamin zu verwenden. Die Anlagerung dieser unter sich wenig verschiedenen Ammoniakderivate erfolgte an die Halogenide des Lithiums, dessen einfache atomistische Struktur besonders kIare Verhaltnisse erwarten lieI3.

Eine Durchsicht der Literatur ergab, dab bisher nur die Ves- bindungen des Lithiumchlorids rnit organischen Aminen von BONNE- TOI~) in den Jahren 1897-1901 untersucht worden sind. Zwar war es BONNEFOI nicht moglich, diese Verbindungsklasse erschdpfend zu erschlieben, jedoch muS ihm das Verdienst zugesprochen werden, die beiden Voraussetzungen fiir die glatte Bindung der organischen Ammoniakderivate an Lithiumsalze erkannt zu haben.

Es sind dies: 1. Vollige Reinheit, vollige Trockenheit und vollige Luftfreiheit

der Salze. 2. Notwendigkeit einer vorherigen Auflockerung der Lithium-

halogenide mit Ammoniak. Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich nun mit denverbindungs-

moglichkeiten der Lithiumhalogenide mit Methylamin, Dimethylamin und Trimethylamin. Aus den reinen, vollig getrockneten und mit Ammoniak aufgelockerten Lithiumhalogeniden sollten die verschiedenen Lithiumhalogenid-Aminsysteme dargestellt und dem isobaren Abbau unterworfen werden , um die zwischen den Lithiumhalogeniden und den drei Methylderivaten des Ammoniaks moglichen Verbindungen zu ermitteln, ihre Existenzgebiete festzulegen und den Energiebetrag ihrer Affinitat zu berechnen, um mittels dieser Komplexverbindungen im Sinne der neueren Verwandtschaftslehre AufschluJ3 uber das letzten Endes nur interessierende Lithium zu erhalten.

1) FRITZ OSCHATZ, 1naug.-Diss., Jena 1926. 2) BONNEFOI, Compt. rend. de l’Acad. des Sciences 124 (la97), 771E.;

127 (18981, 516ff.; BONNEFOI, Ann. de Chim. et de Phys. 171 23 (1901), 317 u. 361ff.

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Beitrlge zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhnltens des Lithiums. 179

Apparaturen und Arbeitsmethodik. Zur Aufnahme der Zustandsdiagramme wurde das Tensieudio-

meter von RUTTIG~) Fig. 1 benutzt, und zwar hat sich die isobare Arbeitsweise als geeignet erwiesen. Als Vergleichsgleichgewichtsdruck wahlten wir 14 mm Hg. Das dureh Temperatursteigerung in Freiheit gesetzte Methylamin wurde meist mit Hilfe eines an das Tensimeter angeblasenen Absorptionskolbchens A mit SchwefeIsaure absorbiert. Das zur Fiillung der Tensimeter verwandte Quecksilber wurde nach

Fig. 1.

Reinigung noch im Vakuum destilliert, wozu wir eine einfache Vakuumdestirlationsapparatur konstruierten, die bei R. G~AUNER~) uaher beschrieben ist. Das Einstellen und Konstanthalten tiefer Ternpersturen geschah mit Hilfe des bei A. SIMON 9 beschriebenen Kryostaten in der verbesserten Form. 4,

Experimentelles. 1. A n a l y s e d e r L i th iumha logen ide

Bei der qualitativen Untersuchung der Lithiumhalogenide (Merck, pro analysi) konnte weder auf nassem, noch auf spektroskopischem Wege irgendein Fremdbestandteil nachgewiesen werden. Zu unseren

I) H ~ ~ T T I D , Z. anorg. u. allg. Chem., 114 (1920), 161; 118 (1921), 81; 121

2, R. GLAUNEP, Diss., Stuttgart 1927. 3, A. SIMON, Ber. 60 (1927), 568ff. *) A. SIMON, Ber. 61 (1928), 2173.

(1922), 245; 129 (19221, 42; 126 (1923), 168.

12 *

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180 A. Simon und 3%. Glauner.

Untersuchungen muBten viillig wasserfreie Lithiumhalogenide ver- wendet werden. Nun ist aber die quantitative EntwLserung der uberaus hygroskopischen Lithiumhalogenide nach W. BILTZ und HANSEN 1) wie auch nach GRUBE und RUDEL 2] mit Schwierigkeiten verknupft. Wir arbeiteten zuerst nach den Angaben dieser Autoren, fanden aber, da6 man die vollige Entwasserung der Lithiumhalo- genide durch mehrstiindiges Erhitzen im Hochvakuum auf 170 erreichen kann. Die Analysen so entwiisserter Produkte hatten folgendes Ergebnis (Lithium und das jeweilige Halogen wurden in getrennten Proben gravimetrisch bestimmt).

LiC1:Lithium 12,82O/, LiBr:Lithium 8,14 O/, LiJ:Lithium 5,2 o/o Chlor 56,79 O / , Brom 92,36O/, Jod 94,5S0/,

2. V o r r i c h t u n g zum E in fu l l en d e r Amine i n die A p p a r a t u r u n t e r Aussch lu6 von L u f t u n d Wasse r .

Die zum Aufbau der Lithiumhalogenid-Alkyl-Aminsysteme ver- wendeten Arnine sind teils von MERCK, teils von C. A. F.KAHLBAUM in Ampullenform bezogen worden. Die Uberfiihrung der Amine in die Apparatur unter AusschluB jeglicher Spur Wassers und Luft ge- schah durch eine in Fig. 1 dargestellte, einfache Vorrichtung F. Man schmolz die Aminampulle gemeinsam mit einer Glaskugel in eine stnrkwandige Glasriihre von etwa 50 cm Lange ein. Letztere war auf der einen Seite verjiingt und hier mit einem Hahn versehen, an dessen freies Ende ein rechtwinklig abgebogener Konusschliff angesetzt war. Hierauf wurde die Rohre zwecks Entfernung des beim Zuschmelzen hineingeratenen Wassers unter schwachem Er- wiirmen etwa 1 Stunde lang mit einer GAEm-Hochvakuumpumpe evakuiert, sodann der Hahn geschlossen und die evakuierte Rohre 24 Stunden lang in eine Kaltemiechung gestellt. Dadurch wurde eine starke Ehiedrigung des Dampfdrucks des eingeschmolzenen Amins erzielt, die eine gefahrlose Zertrummerung der Ampullen- spitze mit Hilfe einer Glaskugel ermiiglichte. Zum Schutze gegen Splitter ist die Riihre vor der Zertriimmerung stets in ein Tuch eingeschlagen worden. Nach AnschluB der Rohre ans Tensimeter bzw. an eine Amin-Reinigungsvorrichtung Fig. 1 D konnte durch Qffnen des Hahnes H4 Amin entnommen werden.

l) W. BILTZ u. HANSEN, Z. anorg. u. allg. Chom. 127 (1923), 4. z, GRUBE u. RUDEL, Z. anorg. u. allg. Chem. 1S& (1924), 379.

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Beitriige zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithium. 18 1

3. Reinhe i t sp ru fung d e r Amine. Bei der Prufung der Amine auf Ammoniak nach FRANFOIS~)

ergab sich, daB das Methylamin bei Abwesenheit von Ammoniak eine zunachst weiBe , sich dann aber hellorange ffirbende Fiillung erzeugt.3 Trimethylamin schied allmahlich schwarzgraues Queck- silber aus. Diese Wirkung des Trimethylamins ist in der Literatur nirgends erwahnt. Dimethylamin wurde genau wie die anderen hmine durch das Reagens quantitativ absorbiert, ohne aber eine Fallung hervorzurufen. Die Anwesenheit von Ammoniak konnte an der bekannten gelbbraunen Fallung erkannt werden und trat bei einigen Ampullen auf. Es muBte deshalb das Amin vom beigemengten Ammoniak getrennt werden; das geschah nach FRANQOIS ”), indem man die beiden Stoffe mit feuchtem, gelbem Quecksilberoxyd in Beruhrung brachte, wobei das Ammoniak unter Bildung der MILLON- schen Base gebunden wird, wahrend auf das Amin keine Einwirkung erfolgt. Die Trocknung des Amins geschah durch 5 mit Xtzkali gefullte U-Rohre (siehe Fig. 1).

Die Lithiumhalogenid.Methy1aminverbindungen. 1. D i e Auf lockerung d e r L i t h i u m h a l o g e n i d e

m i t Am m on i ak. Wie bereits oben erwahnt worden ist, hat schon BONNEFO14)

beim Lithiumchlorid hervorgehoben, dat? dieser Stoff sich nur d a m leicht mit Aminen verbindet, wenn er in vollig reinem und trockenem, mit Ammoniak aufgelockertem Zustand vorliegt. Bei der Durch- fiihrung der vorliegenden Arbeit geschah die Auflockerung samt- licher Lithiumhalogenide dadurch, da8 man reines Ammoniak bei - 80’ iiber letzteren kondensierte. Dabei tritt starke Erwarmung und betrachtliche VolumenvergriiBerung der Halogenide eia6) Nach dieser Auflockerung wurde mit Hilfe der GmDE’schen Stahldiffusions- pumpe das gesamte Arnmoniak abgepumpt, indem man die Tempe- ratur des Reaktionsgefafies R allmahlich steigerte und schliel3lich 2 Stunden lang im Schwefelsiiurebad auf 170° hielt. Das zuriick-

l) FRAN~OI~, Compt. rend. 144 (1907), 567 u. 857. 9, Siehe auch bei FRAN~OIS, 1. c. 3 FEAXFOIS, 1. c. S. 24, 3 BONNEFOI, Compt. rend. 1 3 (18981, 516. Ann. d. Chim. et de Phys. (7)

6, W. BILTZ u. HANSEN, Z. anorg. u. allg. Chem. 127 (1923), lff.; W. BILTZ, % (ISOl), 317 u. 361.

Z. anorg. u. allg. Chem. 130 (1923), 97.

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bleibende Lithiurnhalogenid wurde ohne Umfiillung zur Darstellung des jeweiligen Lithiumhalogenid-Methylaminsystems verwendet.

Sowohl bei der Auflockerung der Lithiumhalogenide mit Ammoniak, als auch beim Aufbau der Lithiurnhalogenid-Amin- systeme machte sich mitunter ein plotzliches Aufsieden des ver- fliissigten Ammoniaks bzw. Amins BuBerst unangenehm bemerkbar, weil dadurch das quantitativ eingewogene Lithiumhalogenid des afteren bis ins Tensimeter hineinspritzte. Um dieses zu vermeiden, wurde nach dem Vorgang von BILTZ’) in das ReaktionsgeSaB eine Diise eingebaut, ahnlich wie sie als Lufthalle bei Manometern Verwendung findet. Zum Unterschied von der BImz’schen An- ordnung erfolgte das Einschmelzen dicht oberhalb der unteren kugeligen Erweiterung des Reaktionsrohres um die eventuell verspritz- ten Anteile im Temperaturbad zu behalten. An die Kugel war zum bequemen Einfiillen seitlich ein etwa 2 cm langes und 5 mm weites Rohr angeschmolzen. Urn das Hangenbleiben der sehr hygros- kopischen Lithiumhalogenide beim Einbringen der Substanz an der Wandung des nachher abzuschmelzenden Rohrchens zu verhindern, fullte man die Halogenide durch ein zweites Glasrohr ein. Mit Hilfe eines ale Stempel dienenden Glasstabes konnte dann das Prgparat in das kugelige GefaB gedriickt werden,

2. D a r s t e l l u n g u n d A b b a u d e r L i th iumha logen id - M e t h y lamin s ys t erne.

Zur Darstellung wurden etwa 0,5-1,O g des Lithiumhalogenids in das oben beschriebene ReaktionsgefaB R (Fig. 1) eingewogen und die Einfiillriihre sofort abgeschmolzen. Dann fror man das Hydrat- wasser in der Substanz ein und wog die Reaktionsrohre nach dem Evakuieren erneut. Aus der Gewichtsabnahme nach der Entwasserung wurde die Menge des wasserfreien Lithiumhalogenids berechnet. Nun kondensierte man bei - SOo Amin iiber dem Halogenid, wobei in stark exothermer Reaktion weiBe , sehr voluminose Verbindungen entetanden.

W. BILTB und HANS EN^) haben in ihren Arbeiten iiber die Ammoniakate der Alkalisslze einen Weg beschrieben, der es trotz der oft geriugen Verwandtschaft dieser Sdze zu Ammoniak errntjglicht, eine Vereinigung der Komporienten durch Erhijhung der Reaktions- geschwindigkeit zu erzwingen. Sie liefien das GefiB, welches das Balz und das fliissige Ammoniak enthielt bei geschlossenem Hahn,

W. BILTZ u. HANSEN, Z. soorg. IP. allg. Chem. 127 (1923), 2-3.

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Beitriige zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. 183

also unter Druck, bis zu 24 Stunden auf einer Temperatur oberhalb des Siedepunktes des Ammoniaks stehen. Fur diesen Vorgang haben die beiden Autoren den Begriff ,,Schmorencc gepragt.

Von dieser Methode wurde in der vorliegenden Arbeit Gebrauch gemacht. Um aber das auch von W. BILTZ unangenehm empfundene plijtzliche Aufsieden der Fliissigkeit zu vermeiden, wurde hier die Erwiirmung des Bodenkorpers und des uberschiissigen Amins bis auf Zimmertemperatur auBerst langsam vorgenommen. Das Heraus- schleudern des Hahns wurde durch Umschlingen mit verknotetem Gummischlauch verhindert. Dieses ,,Schmoren" dauerte 24 Stunden und mehr.l) Zur meiteren Durchfiihrung des Abbaus wurde wiederum mehrere Stunden auf - 80° gekuhlt und nunmehr mit dem Abbau begonnen. Dieser wurde durch die bei - 80° erfolgende Entfernung des iiber dern Bodenkijrper stehenden, uberschussigen Amins ein- geleitet und geschah durch fortwahrendes Abpumpen mit der GAEDE- Pumpe bis zum Sinken der Tension. Hierauf wurde das Reaktions- gef'af3 in den Kryostaten E (Fig. 1) gebracht und nunmehr die Temperatur so lange vorsichtig gesteigert, bis der Zersetzungsdruck im Gleichgewicht 14 mm betrug. Die Einstellung des Gleichgewichts war meist nach lia-l Stunde beendet, so daB es geniigte, die zu- gehijrige Zersetzungstemperatur 15-30 Minuten konstant zu halten. b d c r t e sich der Druck wahrend dieser Zeit nicht, so wurden nach SchlieBen von HI Tension und Zimmertemperatur genau abgelesen, und hierauf das abgegebene Amin mit Hilfe des mit ausgekochter, konz. Schwefelsaure beschickten und gewogenen AbsorptionsgefaBes A gebunden, und dann H, geschlossen. Auf diese Weise konnte der Abbau gravimetrisch uberpriift werden. Mitunter geschah die Ent- fernung des abgegebenen Amins auch mit der BAEm-Pumpe. Nach erneutem Offnen von H I wurde bei der vorherigen Einstellungs- temperatur des Praparates die Einstellung konstanten Druckes ab- gewartet. Zu einer neuen Temperatursteigerung wurde erst geschritten, wenn bei einer konstanten Temperatur der Vergleichsgleichgewichts- druck nicht mehr erreicht wurde. Zur Abspaltung der letzten Reste Amin aus dem Lithiurnhalogenid muSte ohne Ausnahme eine betracht- liche Temperatursteigerung vorgenommen werden. Zur Sicherheit murdt? aher noch eine Stunde lang auf 180-200° im Schwefel-

*) Wir haben die Beobachtung gemacht, daS selbst in Fallen, wo sich das Lithiurnhalogenid in dern uberschussigen Arnin loste, bei Unterlassung des Schmorens nur Verbindungen niederer Molekuhhl entatehen, so beim LiJ mit (CB,),NH.

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184 A. Simon und R. Glauner.

siiurebad erhitzt, ohne daB noch Gasabgabe stattfand. Eine weitere Kontrolle dafur, daR siimtliches Amin abgegeben worden war, ergab sich fernerhin daraus , daS das Gewicht des luftleeren Reaktions- gefiiBes samt Lithiumhalogenid nach dem Abbau gleich dem Gewicht vor dem Abbau sein muBte, was auch innerhalb der Fehlergrenzen der Fall war. Die im Verlaufe des Abbaus bei Zimmertemperatur abgelesenen Tensionen wurden auf - 20° reduziert. Aus ihrer Summe wurde mit Hilfe des durch Bindung an Schwefelsaure wiig- bar gemachten, sowie des abgepumpten und volumetrisch bestimmten Amins die bei jeder Einzelstellung abgegebenen Mengen in Molen

pro Mol Lithiumhalo- genid berechnet , und

h die beim Abbau der Lithiumhalogenid - Me- thylamine erbaltenen

4 Ergebnisse tabellarisch LiCI/CHJ NH, zusammengestellt I) und

in Figuren graphisch

Beidergraphischen Aufzeichnung sind auf

s2 4 der Abszisse die MaB- zahlen der Temperatur 2 und auf der Ordinate 2' 2 die MaBzahlen der pro

s! Mol Lithiumchlorid ab- %o gebenen Mole Mono- 9

O C -+ methylamin aufgetragen

Aus diesem Diagramm geht hervor, daR das Lithiumchlorid mit Monomethylamin vier wohldefinierte chemische Verbindungen einzu- gehen vermag. Nachdem bei - 70° das uberschiissige Methylamin abgegeben ist, biegt die Kurve bei einem Methylamiugehalt von 4,003 Molen pro Mol Lithiumchlorid zur Geraden ein, und es ist eine Temperatursteigerung von 23O notig, um wieder etwa 14 mm dbbau- druck zu erhalten, d. h., daB bis - 47 O die Verbindung Lithiumchlorid- 4-Monomethylamin (LiC1.4 CH,NH,) bei einer Tension von 14 m m be-

l ) Aus Raummangel wurde auf Wiedergabe der Tabellen verzichtet; sie

2 2

3 veranschaulicht.

. -

-60 -40 -20 +O +20 40-60-80 I00

Fig. 2. worden (Fig. 2).

finden sich bei R. GLAUNER, Dies., Stuttgart 1927.

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Beitriige zur Benntnis des komplex-ehemischen Verhaltens des Lithiums. 185

standig ist. Bei dieser Temperatur zerfallt das LiCI, 4CH,NH,, wie der treppenformige Absatz der Kurve beweist, urn dann bei einem Gehalt von 3 Molen Methylamin wiedtr zur Geraden einzubiegen. Das zwischen - 47 O und - 1 9 O bestiindige Lithiumchlorid-3-Mono- methylamin zerf allt bei letzterer Temperatur in das Lithiumchlorid- 2-B!!onomethylamin mit einem Existenzgebiet von - 19 O bis *Oo. Wie aus dem Diagramm ohne weiteres ersehen werden kann, ist zwischen & 0 O und + 16 noch ein Lithiumchlorid-1-Monomethylamin bestindig, melches bei +16O fast vollig zerfallt. Die letzten Reste werden jedoch hier, wie wiederholt bei anderen Systemen l) beobachtet, hartnackig fest zuruckgehalten, was auf dieselben Krafte zuruck- zuf uhren ist.

Die sya thetisierten Verbindungen sind durchweg weiBe, auBer- ordentlich voluminose Stoffe. Drei von ihnen sind schon von BONNE- FOI~) dargestellt worden, wahrend er die vierte Verbindung selbst unter Anwendung flussjgen Methylamins nicht erhalten hat.3) Der Grund hierfiir diirfte darin zu suchen sein, da6 die Temperatur, welche zum Schnittpunkt der Tensionskurven des reinen Methylamins und der Verbindung Lithiumchlorid-4-Monomethylamin gehort, von BONNE- FOI nicht unterschritten worden ist.

3. D a s S y s t em L i t h i u m c h lo r i d- D im e t h y 1 a m in.

Die Darstellung sowie der isobare Abbau dieses Systems sind wie beim System Lithiumchlorid-Monomethylamin durchgefuhrt und in Fig, 3 graphisch ausgewertet worden.

Aus diesem Diagramm kann ersehen werden, da8 das Lithium- chlorid mi t Dimethylamin drei Verbindungen einzugehen vermag. Wie aus dem ersten Knickpunkt hervorgeht, zerfallt die bei - 60° gesattigte Verbindung, das Lithiumchlorid-3-Dimethylamin (LiC1. 3(CH,),NH) erst bei -36O, und es ist eine weitere Temperatursteigerung von 11 O notwendig, urn auch das Lithiumchlorid-2-Dimethylamin bei -25O zum Zerfall zu bringen.

Diese Verbindungen Hind wie die anderen Lithiumhalogenid- methylaminverbindungen wei6e, auBerordentlich volumintise Stoffe.

I) A. SIMON u. TE. SCHMIDT, ZsIGarosDn-Festschrift , Erglinz.-Bd. d. Z. f. Kolloidehemie 36 (1925), 65ff.; A. SIMON u. E. TEALEB, Z. anorg. u. allg. Chem. 168 (1927), 253; G. HUTTIO, Z. anorg. u. allg. Chem. 1Y7 (1924), 155-190; 138 (1924), 1-16; G. LINK u. H. JUNO, Z. anorg. u. allg. Chem. 137 (1924), 400ff.

a) BONNEFOI, 1. c. ') BOSXEFOI, Ann. de Chim. et de Phys. (7), 23 (1901), 367.

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186 A. Simon und R. Glauner.

Eine derselben ist bereits von BONNEFOI dargestellt worden, die beiden anderen konnte dieser Autor selbst unter Anwendung fiiissigen Di- methylamins aber nicht auffinden, weil deren Existenzgebiete unter-

halb der Temperatur liegen, bei welcher er seinen Auf bau durchfiihrte.

4. Das Sys tem L i t h i u m - ch lor id - Trimethylamin .

Das Ergebnis des isobaren Abbaus ist in Fig. 4 graphisch ausgewertet. Nachdem bei - 69O das iiberschiissige Amin abgegeben ist, biegt die Kurve bei -67,5O zur Geraden ein, wobei im Bodenkorper 2,043 Mole Trimethylamin pro No1 Lithiumchlorid enthalten sind. Bis zum Zerfall der Verbin- dung ist eine weitere Tempe-

rstursteigerung auf - 41O erforderlich, obgleich 1/10 Mol Amin schon bei etwas niedrigerer Tomperatur abgegeben wird. Die zweite Verbindung, das Lithiumchlorid-1-Trimethylamin LiCl - (CH,),N zer-

fallt erst bei + 15O, doch weist die Neigung der Kurve zwi-

v) schen -4lOund +15Odarauf- hin, daB zwischen den beiden Trimethylaminver bin dungen

des Lithiumchlorids eine ge- wisse, allerdings geringe Nei- gung zur Bildung fester Lo- sungen besteht. Der letzteRest des Trimethylamins wird wie- derum erst bei + 140° ab- -Bo-60 -40 -20 ZO +20 +W 60 80 700 760

"C - gegeben. Zwischen Lithium- chlorid und Trimethylamin

sind also nur zwei Verbindungen zu realisieren. Wie die anderen Methylaminverbindungen der Lithiumhalogenide

sind auch diese beiden Stoffe von weiBer Farbe und auBerordentlich volnminijs. Einer von beiden, das Lithiumchlorid-1-Trimethylamin,

2

I

Fig. 3.

z 7 v)

2

?

Fig. 4.

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Beitrage zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. 187

LiC1.(CH3),N, ist bereits von BONNEFOI dargestellt worden. Fu r die Existenz weiterer Lithiumchloridtrimethylaminverbindungen konnte dieser Autor keine Anhaltspunkte gewinnen.

5. D a s Sys tem L i th ium b r o mi d -Mo n o m e t h p 1 am i n. Die Darstellung sowie der isobare Abbau sind wie beim System

Lithiumchlorid-Monomethylamin durchgefuhrt worden. Die Ergeb- nisse des Abbaus zeigt Fig. 5 . Aus dem Diagramm kann ersehen werden, daB in diesem Falle nach Abgabe des iiberschiissigen Methyl- amins bei -72O nicht das fur das Auftreten

stabilen Verbin- dung charakteristische Einbiegen zur Geraden erfolgt, sondern daB die letzten Reste Methyl- amin in fester LSsung festgehalten und erst bei etwas haherer Tempe- ratur und gleichzeitiger Zersetzung eines Teils der Verbindung Li- thiumbromid-5-CH3NH, abgegeben werden. Der Hauptzerfall dieser Ver- bindung erfolgt bei-57O. Auch eine 4 -Aminver-

LiBr/CHJ NH2

bindung ist realisierbar. Sie hat eine Zersetzungstemperatur von - 32 4 Bei einem Gehalt des Bodenkorpers von 2,946 Molen Monomethylamin auf 1 Mol Lithiumbromid erfolgt ein scharfes Einbiegen der Kurve zur Geraden, die dns Existenzgebiet eines 3-Amins darstellt, das bei +28O zerfallt. Diese Verbindung neigt zur Bildung von Mischkristallen mit der urn nur 7" hoher zerfallenden Verbindung Lithiumbromid-2-Nono- methylamin. Die letzteverbindung, das Lithinmbrornid- l-Monomethyl- amin zersetzt sich bei + 63O. Der letzte Rest des Amins wird auch hier wiederum, wie bei den anderen Abbauen, erst bei wesentlich hoherer Temperatur abgegeben. Siimtliche 5 Verbindungen sind weiBe, volumi- nose Stoffe, die von uns zum ersten Male synthetisiert wurden.

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188 A. Simon und R. Glauner.

6. D a s Sys tem Lithiumbromid-Dimethylamin (zeigt Fig. 6). Wie aus dem Diagramm leicht abzulesen, sind folgende Ver-

bindungen aufgefunden : 1. Lithiumbromid-5-Dimethylamin, Zersetzungstemperatur - 61 O.

7 7 - 30 '. 2. 7 4 17 3. 3 >* 7 -18O. 4. 9 9 2 >7 J + 30 4 5. >1 1 7 7 + 44 '). 6. 7 ' 1 2 17 + 59 0.

Interessant ist, dab hier zum ersten Ma1 eioe Halb- Verbindung auftritt.

Fig. 6. Fig. 7.

7. D a s Sys t em Lithiumbromid-Trimethylamin. Wie Fig. 7 erkennen TaEt, bildet das Lithiumbromid mit Tri-

methylamin nur noch 2 Verbindungen, niimlich LiBr - 2 (CH,),N, mit einem Existenzgebiet zwischen - 65 O und - 15 O und LiBr.(CH,),N mit den Stabilitatsgrenzen - 1 5 O bis +239 Die beiden Stoffe sind weiB, weniger voluminbs, mehr kristallin.

8. Das Sys tem Lithiumjodid-Monomethylamin. Das Abbaudiagramm Fig. 8 zeigt, da6 die zwischen Lithiumjodid

und Monomethylamin miiglichen Verbindungen haufig miteinander

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BeitrBge zur Renntnis des komplex-chemischen Verhaltens des Lithiums. 189

Mischkristalle oder feste Liisungen bilden und deshalb in reinem Zu- stand nicht gefaBt werden konnen. Jedoch spricht das nach Abgabe des iiberschiissigen Amins bei - ' Z O O und einem Gehalt des Boden- kSrpers an 3,491 Nolen Amin pro Mol Lithiumjodid erfolgende Ein- biegen der Kurve und der alsbald bei -56O erneute Steilabfall fur die Existenz einer Verbindung Lithiumjodid-3,5-Monomethylamin. Ebenso kann aus dem Diagramm das Vorhandensein einer Verbindung Lithiumjodid-3-Nonomethylamin abgelesen werden, wahrend mau die Exiutenz der Verbindung LiJ 2,5CH3NH, nicht mit Sicherheit dis- kutieren kana Das dauernde Ansteigen der Zersetzungstemperatur

Fig. 8.

von der Konzentration Lithiumjodid-2-M1onomethylamin LiJ-2CH3NH, bis Lithiumjodid-1-Monomethylamin LiJ - CH,NR, spricht dafur, daS in diesem Gebiet Mischkristalle uud feste Losungen auftreten, jedoch ist die Exiutenz einer Verbindung Lithiumjodid-1,5-Methylamin un- verkennbar. Der Komplex Lithiumjodid-1-Monomethylamin gibt sich dam wieder in einem klaren Existenzgebiet zwischen +65O und + l O O o xu erkennen und ist in reinem Zustand xu isolieren. Nach dem weiteren Verlauf der Kurve miiBte man zwischen dem Lithium- jodid-1-Monomethylaamin und dem freien Lithiumjodid mindestens uoch die Verbindungen Lithiumjodid-s/4-Monomethylamin und Lithium- jodid-l/,- Monomethylamin als stabil existierend annehmen, und auch die Existenz einer Verbindung Lithiumjodid-l/,-Monomethylamin als angedeutet diskutieren. Hier scheinen aber wieder Mischkristalle und Losungsverhiiltnisse das klare Bild zu verwischen. Auf jeden

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190 A. Simon und R. Glauner.

Fall liiI3t der groBe Temperaturanstieg zwischen 100 O und - 180 O, ohne da6 weitere Aminabgabe erfolgt, keinen Zweifel iiber die Exi- stenz einer Verbindung mit s/4 und 1/4 Mol Nonomethylamin.

Die Lithiumjodid-Monomethylamin-Komplexe eind alle weiBe, kristalline KSrper.

9. D a s Sys tem Lithiumjodid-Dimethylamin. Das Abbauergebnis ist in Fig. 9 graphisch dargestellt. Das

Diagramm zeigt allgemein betrachtet, neben ausgesprochenen, treppen-

Fig. 9.

formigen Absatzen auch sehr ineinander flieBende Ubergange. Im speziellen IaiBt sich die Existenz einer 5er und 3er Verbindung ab- lesen, wahrend Lithiumjodid-2-Dimethylamin in Lithiumjodid-1,5-Di- methylamin weitgehend loslich zu sein scheint. Immerhin ist durch den isothermen Abfall bei + 75 O der Anderthalbkomplex hinreichend sicher gestellt. h n l i c h liegen die Verhaltnisse zwischen Lithium- jodid- l-Dimethylamin und Lithiumjodid 0,s Dimethylamin. Samtliche Verbindungen sind weiBe, kristalline Stoffe.

10. D a s S y s t e m Lit h i u m j o d i d - T r i m e t h y 1 a m in. Das Ergebnis des Abbaus ist in Fig. 10 graphisch dargestellt.

Aus dem nebenstehenden Diagramm ist eindeutig die Existenz der

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Beitriige zur Kenntnis des komplex-chemischen Verhdtens des Lithiums. 19 1

Verbindungen Lithiumjodid-%Trimethylamin und Lithiumjodid- 1,5-Trimethylamin zu erkennen. Der weitere Verlauf der Kurve ist fur eine vSllig eindeutige Charakterisierung durch das Auftreten von Mischkristallen und festen Losungen gestort. Mit aller Vorsicht ist

Fig. 10.

(wegen des Steilabfalls bei + 38O und einem Trimethylgehalt von 0,97 Molen) das Auftreten einer Mono- und aus dem gleichen Qrund einer 0,5-Trimethylaminverbindung (Steilabfall bei f 68 *) zu erwagen. Die Abbaukurve gibt hieriiber keine eindeutige Auskunft. Die er- haltenen Verbindungen sind weibe, kristalline Stoffe.

Auswertung der experimentellen Ergebnisse.

Da nicht nur das Anion des SaIzes, sondern auch der Addend selbst eine geringe, aber systematische Variation erfahren hat, sind grundsatzlich zwei Vergleichsmoglichkeiten gegeben. Entweder kann man die Verbindungsfahigkeit einer und derselben komplexbildenden Komponente mit den verschiedenen Lithiurnhalogeniden vergleichen, oder man stellt die Anlagerungsfahigkeit jedes einzelnen Lithium- hdogenids an die drei Addenden in Parallele.

1. Anlagerungsfahigkei t in Abhiingigkei t vom Anion. Diese vergleichende Gegeniiberstellung ist in Tab. 1 erfolgt. Bei der Betrachtung der Bindungsfahigkeit von Monomethyl-

amin in Abh6ngigkeit vom Anion lPBt sich feststellen, daB diese

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192 A. Simon und R. Glnuner.

~ - _. ~ ~- .~

Mit 3 Methylamin Mit 2 (CH,),NH Mit 5 (CH,bNH Mit 2 (CH,),N

Tabelle 1.

Lithium- Chlorid 1 Bromid I Jodid

- 190 + 2S0 - 30

l - - 570 - 72' ~ - 4 1 ' - 15' - 16'

~ - 15O 3- 30° + 200

Mole Methylamin 1 2 3 4 5

2 3 4 5

Mole Dimethylamin 1

Mole Trimethylamin 1

L

beim Hromid am griiBten ist.

LiCl LiBr

+ 63O + 350 + 280 - 32' - 570

4- 440 + 30° - 180 - 30° - 570 + 23O

- 150 -

enn wahrend beim Li

LiJ

4- 1000 f 4O0 - 30 - -

-I- 90Q .+ z0r l + 5O

- 730

f 67O + 30°

-

- 16'

iiumchlorid maximal nur vier Molekiile Monomethylamin angelagert werden kiinnen, ergeben sich beim Bromid funf und beim Jodid nur 3,5 Mole gebnndenes Amin. I m ganzen sind beim Lithiumchlorid 4, beim Lithiumbromid 5 und beim Lithiumjodid 3 Verbindungen - alle mit ganzer Molekiilzahl des Addenden - bestkndig.

Ahnlich liegen die Verhgltnisse heim Dimethylamin, wo wiederum beim verbindungsfahigsten Lithiumhalogenid, dem Lithiurnbromid, 5 Verbindungen rnit nngebrochener Molekuhlzahl und 1 Verbindung mit I/, Molekiil Amin realisiert worden sind, wahrend beim Lithium- . chlorid nur 3 mit dem Amin bestehen, allerdings kann hier das Jodid auch maximal eine 5-Aminverbindung bilden.

Das Trimethylamin gibt mit allen drei Lithiurnhalogeniden die- selbe Zahl von TTerbindungen mit ungebrochener Molelriilzahl, nam- lich jedesmal ein Lithiumhalogenid - 2 Trimethylamin und ein Lithiumhalogenid - 1 Trimethylamin.

Vergleicht man die Zersetzungstemperaturen derjenigen Ver- bindungen, die bei verschiedenem Anion gleiche Molzahlen eines und desselben Amins enthalten, so ergibt sich fast immer ein An- steigen vom Chlorid iiber das Bromid zum Jodid. Es Bind aller- dings 4 Abweichungen vorhanden, die, wic aus der folgenden Auf- stellung zu ersehen ist, beim Bromid ein Maximum aufweisen.

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Heitrlgc zur lCcnntnis dcs komplcx-chemischen \'erhalteus des 1,ithiiims. 193

2. Anlage rungs fah igke i t i n Abh ing igke i t vom Addeuden. Zur besseren Durchfiihrung des zweiten Vergleichs, der Ver-

bindungsmoglichkeit jedes einzelnen Lithiumhalogenids mit den drei Addenden, sind die Verbindungen mit den zugeh6rigen Zer- setzungstemperaturen in geeigneter Weise angeordnet.

Tabelle 2.

LiCl verb. mit 1

LiKr verb. mit

LiJ verb. init

3 4

0,5 1 2 4 4 5 0,25 0,s 1 1,s 2 3 3,s 5

+ 30 - 1 5 0 - 36'

4- 590 f 440 + 300 - 1 8 0 - 300 - 51'

-

- + 140' + 900 + 51° -k 200 + 5 O

- 72O -

Vergleicht man die Reaktionsfiihigkeit der (;lieder der homo- logen Reihe bei einem und demselben Lithiumhdogenid, so kann man feststellen, daB die Anlagerungsfahigkeit vom Monometbylamin zum Trimethylamin abnimmt. Denn wiihrend man beim Lithium- chlorid vier Monome thylaminverbindungen realisieren kann, sind zwischen Lithiumchlorid und Dimethylamin nur drei und zwischen Lithiumchlorid und Trimethylamin gar nur zwei bestandig. Hier scheint sich die (3roBe des angelagerten Molekiils in einer Abnahme der Anlagerungsfahigkeit bemerkbar zu machen.

Allerdings ist eine gewisse Abweichung darin zu erblicken, dab das Lithiumbromid maximal nicht nur 5 Molekiile Monomethylamin, sondern auch dieselbe Molekulzahl Dimethylamin aufzunehmen vermag, wahrend von den noch gr6Beren Molekiilen des Trimethylamins, der Erwartung entsprechend, eine geringere Anzahl, niimlich 2 Molekule, gebunden werden konnen.

Eine weitere Unstimmigkeit liegt beim Lithiumjodid vor, wo vom Dimethylamin maximal 5 Molekule und vom Monomethylamin

Z snorg 11 allg, C'hcm. Bd I T S . 13

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194 Simoii iiiid K. Glnuner.

nur 3,5 Mole angelagert werden kiinnen.l) Dagegen ist beim System Lithiumjodid-‘l’rimethylamin mit maximal 2 Molekiilen Amin wiederum der Regel geniigt. AuBerdem macht sich beim Trimethyl- arnin dic GroBe des Addenden schoii stark nivellierend bemerkbar, indem sowohl das Chlorid als auch das Bromid und Jodid maximal 2 Molekiile zu binden vermiigen.

Beziiglich der Bestandigkeit der Verbindungen mit den drei Aminen ergibt sich, da6 die Zersetzungstemperatur der uberein- stimmenden, d. 11. die gleiche Molekiilzahl aufwcisenden, Komplexe beim Trimethylamin durcliweg am niedersten liegen und von diesem Stoffe iiber das Dimetbyhnin zum Monomethylamin steigen. Eine einzige Ausnahme liegt bei der Verbindung des Lithiumjodids mit drei Aminmolekiilen Tor, wo die Zersetzungsternperatur von Lithium- jodid-3-Dimethylamin bei + 5 O urn S o lioher liegt als die - 3 0 be- tragendc Zersetzungstemperatur von Lithiurnjodid-3-Monomethylamin.

3. Die V a l en zi s o b ar e n d e r Lit h i u UI h a l o g e n i d-M e t b y l a m i n e. Einen weiteren Einblick in die Bindungsmtiglichkeit und Festig-

keit zwischen den Nethylaminen und den Lithiumhalogeniden kann durch die Valenzisobaren gewonnen werden. Diese Kurven stellen den graphischen Vergleich der Valenzzahlen mit den zugehorigen Affinititen dar. Als Ma6 fiir letztere kommen sowohl die Zer- setzungstemperaturen der Lithiurnhalogenid-Methylaminverbindungen, als auch die nach dem NERNST’SChen Theorem berechneten Warme- ttinungen derselben in Betracht. Zu ihrer Zeichnung werden die bei konstantem Druck gemesseiien Zersetzungstemperaturen auf die AGszisse und die Anzahl der Molekule, die in dem betreffenden Stoff angelagert sind (Valenzzahl), auf der Ordinate aufgetrsgen. Als Vergleichsdruck wurden 14 mm Hg gew5ihIt; Zersetzungstempe- ratur und Druck sind den isobnren Abbnuen entnommen worden.

Urn zuniichst einen Vergleich der sich fur die Lithiumhalogenide ergebenden Valenzisobaren eines Amins zu ermiiglichen, sind in den folgenden Diagrnnimen (Figg. 11, 12, 13) fur je ein Amin und alle drei Halogenide die Valenzisobaren aufgezeichnet ; man kanu aus der geringeren Steigerung des unteren Teilv der Kurve ersehen, da8 in der Regel die Komplexverbindungen mit niedriger Molekiilzahl der angelagerten Komponente ein groBeres Existenzgebiet aufweisen als die hoherwertigen Verbindungen. Allerdings besteht in den

I) Dabei ist von deu cliemischen Yerncliicdenheiten dieser Amiiie zuerst einmal abgeselicn.

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Valenzisobaren eine Diskontinuitiit, die von W. B~LTZ l) eiiier ein- gehenden Erorterung unterzogen worden ist. Uiese Diskontinuitiit liegt fur die Nonomethylamin-Valenzisobsren aller drei Lithium- halogenide bei der Valenzzahl d r e i. Bei den Dimethylamin-Valenz- isobaren des Lithiumchlorids und Lithiumbromids liegt sie bei 2, bzw. 2 und 4, wahrend sie fur dieselbe Valenzisobare des Lithium- jodids bei 3 auftritt. Bei den Trimethylamin-Valenzisobaren der Lithiumhalogenide kann eine deutliche Bbweichung nur beim LiJ bei 1,5 festgestellt werden.

"C - Fig. 11. Valenzisobaren der Lithiumhalogenide fur CHaNHI, (p = 14 mm).

Es ist nun moglich, im Sinne von W.BILTZ~) aus dem Verlauf der Valenzisobaren Konstitutionsunterschiede abzulesen. Nach den Vorstellungen von BILTZ sind die Methylaminverbindungen der Lithiumhalogenide in zwei Klassen einzuteilen, die als uiedere und hohere Klasse bezeichnet und duich den Diskontinuitatspunkt der Valenzisobaren getrennt werden. Die niederen Komplexe entstehen durch Anlagerung des Amins an das Lithiurnhalogenid mit hoher Affini- tat und bilden die erste Koordinationsschale. Dabei ist zur Anlagerung jedes folgenden Aminmolekiils jeweils weniger Arbeit erforderlich

I) W.-BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 89 (1914), 156ff.; Z. angew. Chern. 33, (1920), 316; Z. phys. Chem. 100 (1922), 53; Z. auorg. u. allg. Chcm. 127 (1923), 15ff.; 130 (1923), 109E.

?) W. BILTZ, 1. c., S. 85. 13"

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196 A\. Simon und R. Glaunqr.

5

4

3

2

1 ; e . .

als beim vorhergehenden Aminmolekul. Dies kommt in den nach oben gebrochenen Kurven zum Ausdruck. 1st die innere Koordinations- schale vollstandig besetzt, so wirkt im Falle einer weiteren Amin- addition nicht mehr das Lithiumhalogenid, sondern die entstandene Verbindung als Ganzes als nunmehriges Anlagerungszentrum, wobei die neueintretenden Aminmolekiile sich in einer zweiten Koordinations- schale anordnen. Der Beginn des Aufbaues des hoheren Amins

auBert sich energetisch in der von der Regel ab weichenden Richtungeanderung der Kurve. Treten in einer Valenzisobaren zwei Diskon- tinuitatspunkte auf, so kann daraus auf das Vorhandensein von 3 Schalen geschlossen werden. Letzteres ist tatsachlich bei einigen Lithium- halogenid-Aminverbindu ;en der Fall.

Fig. 12. Vdenzisobaren der Lithiumhalogenide fur (CH,),NH (13 = 14 mm).

-50 -30 -10ra?0 30 50 I0 96 "C -

Fig. 13. Valeneisobaren der Lithium halogenide

fur :(CH,),N ( p = 14-mm).

4. SchluBfolgerungen a u s den Valenzisobaren. Aus dem Verlauf der Valenzisobaren geht hervor, daB beim

Lithiumchlorid, Lithiumbromid und Lithiumjodid die erste Koordi- uationsschale mit 3 Molekiilen Monomethylamin gesattigt zu sein scheint l), wahrend angelagertes Dimethylamin mit seinem gr5Beren Molekularvolumen beim Lithiumchlorid und Lithiumbromid nur mit zwei und erst beim grofieren Lithiumjodid mit drei Molekulen in die erste Schale einzutreten befahigt ist. Das von den Methyl- aminen das groBte Molekularvolumen aufweisende Trimethylamin vermag beim Lithiumchlorid- und -bromid schon mit einem einzigen

l) Es ware hier daran zu denken, daB das Lithium die Mitte eines Tetraeders bildet, und nun dic 4 Ecken durch 3 &lonomethylamin und j e ein Halogen besetzt sind.

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Molekul die erste Sphke aufzufullen und erst beim Lithiumjodid geniigt die durch dieses Anion bedingte VergroBerung des Molekular- volumens, daB in dieser Schale uber das erste Molekul Amin hinaus noch:ein weiteres halbes Molekul Trimethylamin Platz hat. Letzteres kommt in deriExistenz der Verbindung Lithiumjodid-1,5-Trimethyi- amin 1LiJ- 1,5 (CH,),N zum Ausdruck. Bei dieser Verbindung durften die Verhiltnisse so liegen, daB zwei Lithiumjodidmolekule, die in der ersten Schale je ein Trimethylamin angelagert haben, nun zusammen ein drittes Molekiil Trimethylamin zum abgeschlossenen

Fig. 14. Valenzisobaren fiir LiCl mit Fig. 15. Valenzisobaren fur LiBr mit CH,N~,(CHS),NH,(CHs),N (p=l.lmm). CH,NH,,[CH,),NH,(CH,),N(p = 14mrn).

Aufbau der ersten Schale aufzunehmen verm8gen. Erst die weiteren angelagerten Trimethylaminmolekule treten in die 2. Schale ein, wobei aber die Nebenvalenzkrafte des Lithiumions mit j e einem weiteren Molekul Trimethylamin auf ein Mol Lithiumjodid ab- gesattigt erscheinen. Es laBt sich also fur die Lithiumjodid- Trimethylamine das Auftreten von Halbverbindungen ohne weiteres verstandlich machen und dann weiter fur das gesamte Auftreten von gebrochenen Anlagerungsverbindungen der SchluB ziehen, daB in erster Linie sterische Grunde fur ihre Bildung maBgebend sind.

Wie sehr die raumlichen Verhaltnisse, d. h. die GrijBe der komplexgebundenen Amine, fur die Anlagerung in den verschiedenen Xoordinationsschalen eine Rolle spielen, geht aus den Fig. 14, 15 und 16 hervor, wo j e die Valenzisobare fiir jedes einzelne Halo-

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19s A. Simon und l i . Glauiicr.

genid mit den verschiedenen Aminen gezeichnet sind. So vermag a. B. das Lithiumjodid, vom Mono- und Dimethylamin je drei in der ersten Schale zu binden, wahrend das Trimethylamin schon mit anderthalb Molen die erste Sphare ausfullt; ebenso zeigt der Vergleich beim Bromid, da6 3 Mole Monomethylamin die erste Schale sattigen, wahrend vom griiBeren Dimethylamin bereits zwei dazu geniigen. Beim Trimethylamin gibt die lsobare selbst, da nur zwei Verbindungen vorliegen, keine Auskunft, jedoch ist mit Rucksicht auf die Verhiiltnisse beim Jodid (1. Schale mit anderthalb Molen

Fig. 16.

Q C

Valenzisobaren fiir LiJ rnit CHJH,, (CH,),NH, (CH,),N ( p Valenzisobaren fiir LiJ mit CHJH,, (CH,),NH, (CH,),N ( p = 14 mm).

Trimethylamin gesgttigt) wahrscheinlich, daB das zweite Mol Trimethyl- amin beim Bromid schon eine neue Schale anfiingt.

Bei der Betrachtung der Koordinationszahlen des Lithiums zeigt sich der verhaltnismaflig seltene Fall, daB bei den Lithium- halogenid-Methylaminen die Zahl 5 auftritt.

Nun konnten HUTTIG und STRAUBEL~) zeigen, dafl das seltene Auftreten einer Verbindung mit 5 koordinativ gebundenen Gruppen und das haufige Auftreten einer solchen rnit sechs beim Zugrunde- legen einer ausschlieBlich raumlichcn Vorstellung matthematisch begrundet ist. Die an sich richtige These kommt aber im vor- liegenden Falle nicht in Frage, da die dort gemache Voraussetzung, niimlich die Anordnnng der Addenden auf einer und derselben Schale, wie hereits dargelegt wurde, nicht gegeben ist.

-

') l I u T T I G Und STRAUBEL, z. an0l.g. U. dlg. Chem. 145 (1925), s. 133ff.

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5. T hermo chemi sche B e r e c h nungen. Die Reversibilitlit nach Druck und Temperatur bestimmten

Lithiumhalogenid-Metbylaminsysteme gesiattet eine Berechnung der thermochemischen Daten der dabei gemessenen Verbindungen unter Zugrundelegung des NERNST schen Warmesatxes. Allerdings erfiihrt die Genauigkeit dieser Answertungen dadurch eine Einschrankung, daB eine spezifische CrijBe, die sog. ,,konventionelle chemische Kon- stante': nur fiir dns Monomethylamin bekannt ist. Nun IiiBt sich aber die chemischc h'onstante nach NERNRT berechnen, wenn die Dampfdruckkurve und die spezifische Warme des betreffenden Stoffes bekannt sind. Das ist nun leider fur Di- und Trimethylamin nicht der Fa1l.l) Es bleibt aber der Weg einer angenaherten Berechnung, wenn man wenigstens eine miiglichet nahe beieinander und knapp ober- und unterhalb des Siedepunktes liegende Punkte dieser Kurve kennt.2) Fur Dimethylamin liegen einige Bestimmungen von BERTHOUD- vors), und fur Trimethylamin haben wir selbst einige Punkte bestimmt.

Es gilt namlich nach NERNST *) angenahert folgende Beziehung: il I'

C = 0,14 --

wobei h = molekulare Verdampfungswarme beim Siedepunkt und T = absolute Siedetemperatur bedeuten. A laBt sich nach CLAUSIUS- CLAPEPRON berechnen. Es ist

Fur kleine Temperaturdifferenzen kann man schreiben:

Fur die Wertepaare (Dimethylamin)

'PI 212 0,952 At 1,023 At

T, T, 27 9,050 280,5 279,05O 288,6O 0,952 )) 1,6 11

errechnet sich a zu 7,7 bzw. 8,04. chung 1 die chemische Konstante zu 3,6 fiir Dimethylamin.

l) Wir sind damit beschiiftigt, darch Aufnahme der Tensionslrurven 11.

Bestimmung der spezifischen Wilrme die ehemischen lionstanten dieser Ytoffe zu bestimmen,

2, DieBerechnung am dem kritischen Druck ergab keine bmuchbaren Werte. a) LAYDOLT-B~RSSTEIN, V. AnA. 4, W. NERNST, Die theoretischen und experimentellen Grundlegen des neuen

Daraus ergibt sich nach Glei-

Beylin 1923, S. 1368.

IVZrrnesntLes. Verlag Kapp, IIalle, 111. hufl. 1024.

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200 A. Simon und R. (+launcr.

LiCl LiBr Mole Methylamin CH,NH,

1 Q = 12,2 Cal. 14,49 Cal. 2 Q = 11,66 ,, 13,17 11

s Q = 10,56 l l 1297 I 1

3,s & = 4 Q = g15 l, 10,1 1 ,

5 @ = 8,92 17

LiJ

16,33 Cal. 1391 11

11952 11

9,12 11

Trimethylamin I

LiCl Mole Dimethylamin

0,5 Q = 1 Q = 8,72 Cal. 1,s 9 = 2 0 = 7,82 ),

3 Q = 7,59 3 ,

4 Q = 5 Q -

LiCl

LiBr Li J

10,2 Cal. 13,s Cal. 9,87 ,, 1 ~ 5 l l

9995 17

7975 ,l 8387 1 ,

7,6 ,. 6,55 ,, 6,s 17

6918 1 , 6,18 11

LiBr Li J

I ) W. KERNST, Theoretischc Chemie, 8.- 10. Aufl., Stuttgart 1921, S. 8 O O f f . ; POLLITZER, Berechnring chemischer Affinifiiteu nacli dem hTmsuT’schen Wiirme- theorem, Stuttgart 1912.

Reim Trimethplamin errechnet sich aus den Wertepaaren Ti T% P I PP

267 270° 640 mm Hg 613 mm Hg 270 O 276O 613 ,, ,, 760 ,, ,,

2 zu 6,05 und 5,42. nach Qleichung 1 zu 3,l.

setzungen zustindige NERNsT’sche Niiherungsformel’) lautet:

Dnraus ergibt sich die chemische Konstante

Die fur die Berechnung der WBrmetiinungen reversibler Urn-

Q 4,57 T(1,75 1Og.T - 10g*p’+ C) C ist fur Monomethylamin = 3,35.

Die fraglichen Warmetonungen k6nnen grundsatzlich aus Iso- baren, Isothermen oder Tensionsmessungen berechnet werden. Im fol- genden sind nur die letzteren herangezogen worden. Die einzelnen Reaktionswiirmen sind in den Tabellen 3, 4 und 5 zusammengestellt.

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lieitriige zur Iieiintuis des hoinplea clieiniecl~en Verlialtens des Lithiums. 20 1

Die berechneten Wiirmetijuungen stellen nun nicht die wirklichen Beaktionswarmen dar, denn die nach auBen abgegebene Warmemenge ist gleich der freiwerdenden Anlagerungsenergie, vermindert urn die- jenige Energie, die zur Erweiterung des Ionenabstandes im urspriing- lichen Kristallgitter auf den Abstand, den die Ionen im Gitter der gebil- deten Komplexverbindungen besitzen, notwendig ist. Diese Aufweitungs- arbeit ist von der Gitterenergie abhiingig. Beim exakten Vergleich muB also die Gitterenergie l) berucksichtigt werden. Nun ist es aber bei der Berechnung der AffinitatsgroBen nicht nur notwendig, die Gitterenergie der ursprunglichen Lithiumhalogenide zu wissen, sondern es muB auch die Gitterenergie des aufgeweiteten Salzes bekannt sein. Zur Ermittlung der wirklichen Reaktionswarme fehlt hier aber die letztere GroBe. Es ist deshalb von einer genauen Berechnung der Anlagerungsreaktionswarme Abstand genommen und zum Ver- gleich die nach NERNST ermittelte Bildungsmarme in erster Niiherung als Glesamtreaktionswarme gevetzt worden.

Die erhaltenen Warmethungen zeigen ebenfalls, daB die pro Mol des eintretenden Addenden freiwerdende Bildungswarme mit der Molzahl des letzteren steigt. Ein Vergleich der Horizontalspalten der Tabellen 3, 4 und 5 ergibt infolge des Sinkens der Qitter- energien in Richtung vom Chlorid zum Jodid im gro5en und ganzen ein Ansteigen der freien Reaktionswarme. Die beim Lithiumbromid vorhandenen Maxima bei den Valenzisobaren treten auch hier wieder deutlich in Erscheinung. Im grogen und ganzen best'atigen die aus den thermochemischen Berechnungen gewonnenon Erkenntnisse das aus dem Abbau direkt Abgelesene.2)

l) Die Bitterenergien zahlreicher fester Stoffe sind ausammengestellt bei

Die Versnche sollen auf Isomere der Amine, wie Athylamin UBW.

wodurch auch iiber die speeifisch-chcrnische Wirkung der

H. G. GRIIP, Z. phys. Chem., 102 (1922) 136 ff.

ausgedehnt werden Amine nahere Aufschliisse zu ermarten sind.

Stzcttgart, Laboratorizcm fGr anorg. Chenaie ufad anorg.-chernische Tcch?aologie der Techaisehen Hochschub, den 29. Oktober 1928.

Bei der Redaktion eingegangen am 30. Oktober 1928.