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Beitlnge zur Le'hre yon den Kohlensaureverbindungen des Blutes.' Von Christian Bohr. (Aus dem physiologischen Laboratorium der Universitlt Kopenhagen.) Der Inhalt der vorliegenden Abhandlung schliesst sich an meh- reren Punkten genau den unter den Titeln: ,,Ueber den Sauerstoff- gehalt der Oxyhamoglobin-l<rystalle'L (Ton dem Verf. und S. Torup); ,,Ueber die Verbindungen des HPmoglobins mit Sauerstoff und ,,Ueber die specifische Sauerstoffmenge des Blutes" unmittelbar auf diese Ab- handlung folgenden Mittheilungen an, und es gelten deshalb die ein- leitenden Bemerkungen, die ich mir hier erlauben werde, dem ganzen Untersuchungscy clus. Wiihrend durch zddreiche Arbeiten der verschiedensten Forscher in Betreff der Stoffe im Blute, die uberhaupt im Stande sind, Sauer- stoff und Kohlenslure zu binden, wie mir scheint, unser Wissen so ziemlich rollstiindig geworden ist, gilt dasselbe nicht in dem gleichen Grade hinsichtlich her Weise, in der die genannten Gase an die be- treffenden chemischen Substanzen gebunden sind , selbst nicht, wenn diese fur sich allein und in reinem Zustande sich vorfinden. Die hier vorliegenden Untersuchungen haben sich die Aufgabe gestellt, in ein- zelnen Riohtungen Nachweise solcher Art zu Wege zu bringen und d a m besonders solche, welche Bezug haben auf die Dissociation der hierher gehiirigen St.offe (s.: Das Verhiiltniss zwischen dem Drucke der Gase und der Menge der gebundenen Luft bei venchiedener Tempe- ratur). Der Redaction inagegangen am 28. MLirz 1891.

Beiträge zur Lehre von den Kohlensäureverbindungen des Blutes

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Page 1: Beiträge zur Lehre von den Kohlensäureverbindungen des Blutes

Beitlnge zur Le'hre yon den Kohlensaureverbindungen des Blutes.'

Von

Christian Bohr.

(Aus dem physiologischen Laboratorium der Universitlt Kopenhagen.)

Der Inhalt der vorliegenden Abhandlung schliesst sich an meh- reren Punkten genau den unter den Titeln: ,,Ueber den Sauerstoff- gehalt der Oxyhamoglobin-l<rystalle'L (Ton dem Verf. und S. Torup); ,,Ueber die Verbindungen des HPmoglobins mit Sauerstoff und ,,Ueber die specifische Sauerstoffmenge des Blutes" unmittelbar auf diese Ab- handlung folgenden Mittheilungen an, und es gelten deshalb die ein- leitenden Bemerkungen, die ich mir hier erlauben werde, dem ganzen Untersuchungscy clus.

Wiihrend durch zddreiche Arbeiten der verschiedensten Forscher in Betreff der Stoffe im Blute, die uberhaupt im Stande sind, Sauer- stoff und Kohlenslure zu binden, wie mir scheint, unser Wissen so ziemlich rollstiindig geworden ist, gilt dasselbe nicht in dem gleichen Grade hinsichtlich her Weise, in der die genannten Gase an die be- treffenden chemischen Substanzen gebunden sind , selbst nicht, wenn diese fur sich allein und in reinem Zustande sich vorfinden. Die hier vorliegenden Untersuchungen haben sich die Aufgabe gestellt, in ein- zelnen Riohtungen Nachweise solcher Art zu Wege zu bringen und dam besonders solche, welche Bezug haben auf die Dissociation der hierher gehiirigen St.offe (s.: Das Verhiiltniss zwischen dem Drucke der Gase und der Menge der gebundenen Luft bei venchiedener Tempe- ratur).

Der Redaction inagegangen am 28. MLirz 1891.

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48 CHRISTIAN BOHR:

Derartige Nachweise behalten ihren vollen M'erth, selbst wenn man in Folge neuerer Untersnchungen iiber die Function der Lunge nicht langer den Dissociationsspannungen die selbststan dige regulirende Rolle hinsichtlich der bufnahme und des Ausscheidens der Gase zu- schreiben kann, mic man es ah und zu friiher versucht hat. Erstens bieten uns nlmlich die Bestimmungen der Dissociationsconstanten eine wescntliche Seite derjenigen iiusseren Bedingungen dar, unter denen die Arllcit der Gewebezellen im Dienste des respiratorischen Stoff- wcchsels vor sich geht und sind dieselben somit an und fur sich ein nothwendiger Weg zur rechten Auffassung der Ausdehnung nnd Grosse tlieser Arbcit. Es wird aber tlcmnachst vermeintlich ails den ge- wonnenen Nachweisen hervorgehen , dass die Gewebe des Organis- miis sich wiihrcnd dcr Respiration denjenigen Stoffeu gegeniiber nicht passiv verhal ten, deren Dissociationsspannungen eben einc ihrer Lebens- bedingungen ausmachen, sondern dass sie im Gegentheil auf dieselben einznwirken und sie nach ihrem eigenen Bediirfniss umzubilden im Stande sind; der Umstand, dass das nach allen Organen des Korpers hinstromende Arterienblut von gleichartiger Beschaffenheit ist, wird dann nicht damit gleichbedeutend, dass der respiratorische Stoffwechsel der verschiedenen Organe unter denselben ausseren Bedingungen vor sich geht.

Den Gemeben selbst ist es mijglich, einer gegebenen Menge disso- ciabler Luft einen verschiedenen Werth zu ertheilen, indem sie die Spannung derselben durch Mod~cation der chemischen Eigenschaften der luftbindenden Stoffe rerandern; das verschiedene Geprage, welches hierdurch diesen Stoffen aufgedriickt wird, ist dann vorlauflg nur im Wesentlichen erkennbar mittels Untersuchungen iiber die Dissociation ausserhalb des Organismus.

Diesen Gedankengang habe ich vor Augen gehabt, indem ich in der hier vorliegenden Abhandlung sowie in den folgenden meine Auf- merksamkeit besonders auf einige bisher iibersehene Modificationen des Himoglobins richtete, die sich dadurch auszeichnen, dass jede derselben gleicher Menge lose gebundener Luft eine verschiedene Spannung mib theilt; trotz der vielen Lacunen, die ich, wie der Leser im Folgenden sehen wird, habe zuriicklassen mussen sowohl betreffend der Unter- suchung dieser Nodificationen als noch mehr der Verfolgung der Exi- stenz nnd Wirksamkeit derselben im Organismus (welche Fragen in der Abhandlung ,,Veber die specifische Sauerstoffmenge des Blutes" abgehandelt werden), glaube ich doch, dass es mir gegliickt ist, in den Hauptaiigen die Richtigkeit der von mir eben entwickelten Anschauung darzuthun.

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' BEITRAGE Z. h H R E VON DEN I<O€ILENSAUREVERBIND. D. BLUTES. 49

In diesem Falle ware dann hier eine neue Form fiir die Regulirung des respiratorischen Stoffwechsels nachgewiesen und, was wohl um so wesentlicher sein mochte, wir hatten, aenn auch nur in einem ein- zelnen kleinen Punkte, doch etwas mehr Einsicht in die Arbeitsweise der Gewebe und die gegenseitige Abhiingigkeit der einzelnen Organe gewonnen; denn die von dem einen Organe bewirkte ,,Umstimmung" des Blutes wurde selbstverstindlich auf die Organe Einffuss erhalten, welche das Blut demniichst durchlaufen wird. Einzelne Beobachtungen im Folgenden werden ausserdem darthun, dass auf die hier besprochenen Veranderungen des Blutes pathologische ZustHnde von Einfluss sind.

Die dissociable Kohlenslure des Blutes iindet sich an mehrere Stoffe gebunden vor, von denen, ausser den Globulinen, das HHmo- globin und die kohlensauren Alkalien die wesentlichsten sind. Es werden die Kohlensaureverbindungen dieser beiden letztgenannten Stoffe sein, welche wir in dieser Abhandlung untersuchen werden. Das erste Capitel enthalt niimlich Versuche uber die Verbindungen des Hamoglobins mit reiner Kohlensaure; unter diesen sind mehrere verschiedene Modi- ficationen nachgewiesen worden, die bei gleichen ausseren Verhalt- nisaen verschiedene Kohlensauremengen aufnehmen, welche in einfachen Zahlenverhaltnissen zu einander stehen (wie 1 : 2 : 4). Um kurz zu sein, werden wir im Folgenden diese Modificationen je nach der Menge der gebundenen Kohlensaure als Carbohamoglobin p, 7, 8 bezeichnen.

Im zweiten Capitel merden wir darauf untersuchen, wie sich der Kohlenslure gegenuber dm HBmoglobin verhalt, sobald gleichzeitig Sauerstoff vorhanden ist, eine Frage,' die besonderes Interesse bean- sprucht hinsichtlich der Bindung von Kohlensaure in Arterienblut, dessen Hiimoglobin mit Sauerstoff ungefahr gesHttigt ist.

Endlich enthalt das dritte Capitel eine Untersuchung iiber die Dissociation des doppeltkohlensauren Natrons bei 18 O und bei 38 4

Erstes Capitel .

Die Verbindungen des Hiimoglobins mit reiner Kohlensfure.

Hinsichtlich der Verbindungen des Hamoglobins mit Kohlenslure bei verschiedenem Druck und verschiedener Temperatur sind Versuche auf absorptiometrischem Wege angestellt worden, indem vollstandig von Luft befreite Hamoglobinlosungen mit Kohlensiiure zusammen- geschuttelt werden, welche vor und nach dem Schiitteln gemessen wird. Die hierzu von mir angewandte Methode erlaubt es, mit derselben Quan-

Skandin. Archiv. III. 4

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50 CHRISTIAN BOHR:

titit von Hamoglobin eine Reihe von Absorptionsversuchen bei con- stant gehaltener Temperatur aber verschiedenem, auch sehr niedrigem Drucke auszufiihren.

Der benutzte Apparat und das Detail der Methode sind fruher anderswo beschrieben und sind deshalb hier in der Hauptsache zu uberspringen. Nur eine einzige, bisher nicht beschriebene Versuchs- anordnung mochte ich kiirzlich besprechen.

Wahrend der Versuche bei IGrpertemperatur ist dafiir gesorgt, die Temperatur langere Zeit hindurch constant zu erhalten, indem der ganze cylindrische Wasserkasten, in welchen das Absorptiometer herab- gesenkt wird, in einem Abstande von ca. zwei Zoll mit einer blechernen Kappe umgeben ist. Der Zwischenraum zwischen dieser und dem Wasserkasten ist nach oben geschlossen und bildet eine Luftkappe, die am unteren offenen Ende mittelst einer Reihe kleiner Gasflammen erwirmt wird. Diese Flammen werden von einem Aetherregulator regulirt, dessen Behalter in der Luftkappe angebracht ist. Der cylin- drische Wasserbehjlter wird mit Wasser von gewunschter Temperatur (ca. 38O) gefullt, in welchem ununterbrochen ein Mischer sich bewegt. Wegen der grossen Wassermenge des Behalters (es enthalt derselbe ca. 50 Liter) hiilt die Temperatur sich nach Verlauf einiger Zeit constant auf 0. lo. Wiihrend des ganzen Versuches bleibt das Absorptiometer, um der Temperatur desselben gewiss sein zu konnen, stetig unter Wasser. Um die nothigen Auspumpungen vornehmen zu konnen, ist die Quecksilberpumpe beweglich angebracht, so dass der Schliff der- selben mit dem Absorptiometer leicht in Verbindung gesetzt und wieder entfernt werden kann. Die angewandte Kbhlenshnre war aus Marmor entwickelt und sorgfiltig gereinigt. Das Hamoglobin ist , wo nichts anderes ausdriicklich bemerkt, aus defibrinirtem Hundeblut dargestellt, indem die Blutkorper wiederholt mit 0.7 procentiger ClNa-Losung in der Centrifuge gewaschen und mittelst Eis abgekiihlt werden. Darauf wird dem sehr concentrirten Blutkorperchenbrei Aether von O o zu- gesetzt, bis die Krystallbildung beginnt. Nur ein wenig Aether ist hierzu nothig. Nachdem sie einige Stunden in Kiltemkchung ge- standen, werden die Krystalle abcentrifugirt, worauf sie in Wasser von 38O aufgelost und filtrirt werden. Durch Abkiihlung der conoentrirten Losung in einer schwachen Kaltemischung werden auf’s Neue Krystalle abgeschieden, diese werden dann aufgelost und h d e n bei den Ver-

Bohr, Experiment. Untersuchungm iiber die Sawstoffaufmhm a h Blutfarbstoffes. Kopenh. 1885. S. 8. - Jolin, Archia f. Amt. u. Physiologie. Physiolog. Abth. 1889. S. 267.

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BEITRAGE z. LEHRE VON DEN KOHLENSAUREVERRIXD. D. RLUTES. 51

suchen Anwendung. Bei dieser Darstellungsweise ist Aether das einzige zngesetzte Reagens. Die Spuren desselben lassen sich leicht mittelst schwacher Erwiirmung und Luftdurchleitung austreiben. In einzelnen Fallen ist die zweite Krystallisation durch Zusetzen von Alkohol auf die von Hoppe-Seyler angegebene Weise herrorgerufen worden.

Zum Theil sind die Losungen in fiischem Zustande angewendet worden, aber zum Theil sind sie vor ihrer Anwendung kurzere oder liingere Zeit in zugeschmolzenen Glaskolhen entweder ohne oder nach vorhergehender Reduction mittels Wasserstoff aufbewahrt worden. Diese Aufbewahrungsweise in zugeschmolzenen Kolben ist ron Hoppe-Seyler angegeben. Das Himoglobin halt sich auf diese Weise in betracht- licher Zeit, ohne sich zu decomponircn; so habe ich noch vor kurzem Hamoglobin anwenden kiinnen, das von einer Himoglobindarstellung herriihrte, welche Material abgegeben fur vor 6 Jahren angestellte Dissociationsversuche.

Wir werdeii im Folgenden von der Kenntniss der einzelnen Hamo- globindarstellungsweisen Gebrauch machen; ich schalte daher hier ein Verzeichniss der verschiedenen Arten der bei den Versuchen benutzten Hamoglobine ein. -

Die Darstellungsweise Bezeichnung der Art des Hamoglobins

A . . . . . . . . . . . . 2. Krystallisation allein dnrch Abkuhlung B. . . . . . . . . . . . c. . . . . . . . . . . . . D'} E: . . . . . . . . . . 2. Krystiilisation d&h Alkohol. "

97 11 7 1 17

71 >1 7) 7 9 . . . . . . . . . . 11 .

Die vier ersten der hier folgenden Versuche sind friiher veroffent- licht, die zwei ersten von mir in einer fruheren Abhandlung, die zwei nlchsten entlehne ich einer Abhandlung Ton Herrn Jo l in ; sie werden hier angefiihrt, weil die Resultate derselben im Folgenden Anwendung finden werden.

Die Gase sind iiberall bei O o und 7 6 0 m m gemessen.

I. Versuohe ii lier die Dissociation des Carbohiimoglobins bei 189

1. Versuch.'

Das Hihoglobin B in frischem Zustande benutzt.

Angewendet ist 31.806 g Htimoglobinltjsung von 3.801 Procent. Die Temperatur = 18.4O.

Bohr, Beitrage xur Physiologie, Ludwig gewidmet 1887. S. 164. 4*

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52 CHRISTIAN BOHR:

per 1 g Hamogl. per 1 g Hamogl. Co,-Druck aufgenommenes CO, Co,-Druck aufgenommenes CO,

6.0 1.27 32.0 2-37 11.6 1.64 43.1 2.61 14.6 1.78 60.0 2.84 18.5 1.96 85.4 3 -10 24.1 2 -16 125.0 3.36

188.7 3.65

2. Versuch. Angewendet ist 40 * 7 7 1 6 HimoglobinlBsung von 1 - 762

Das Hamoglobin A zwei Jahre in zugeschmolzenem Kolben aufbewahrt. Procent. Die Temperatur = 1 8 5 ".

per 1 g Hiimogl. per 1 g Hiimogl. Coz-Druck aufgenommenes CO, COvDruck nufgenommenes CO,

1 . 8 1.33 39.9 2.82 15.2 2-27 57.0 3.01 20.6 2.44 82.3 3.29 28 -4 2.63 121.9 3.51

3. Versuch.2 Hlimoglobin von Meerschwein. Angewendet ist 36.28 g

HAmoglobinlosung von 2.920 Procent. Die Temperatur = ca. 1 8 O .

per 1 g Hamogl. per 1 g Hgmo 1. COs-Druck ttufgenommenes 80, CO,-Druck aufgenommenes CO,

7.6 1.30 16.8 2.12 9.4 1.45 21.6 2.33

11.2 1 - 6 5 28.6 2.57 11-7 1.88 38.9 2.81 13.2 . 1 .92 53 -3 3.12

76.2 3.34

4. V e r ~ u c h . ~ Ramoglobin von Meerschwein. Angewendet ist 37 a95 g

Httmoglobinliisung von 0.65 Procent. Die Temperatur = ca. 17.7O.

per 1 g Hamogl. per 1 g Hamogl. Co*-Druck aufgenommenes CO, Co,-Druck ahfgenommenes CO,

6.3 1 .21 22.2 2-17 8 - 4 1 - 4 6 31.0 2-65

11-3 1.77 44.2 3-00 15.7 2.02 64.1 3 - 2 5

5. Versuch.

Das Httmoglobin B

Angewendet ist 29.489 g Hdmoglobinliisung von 1.858

Jahr in zugeschmolzenem Kolben aufbewahrt. Procent. Die Temperatur = 19 O.

Wie 1. Versuch. Jolin, ArehC f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abth. 1889. S. 280.

* Wig 3. Versuch.

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BEITRAGE z. LEHRE VON DEN ~(OHL~NSAUREVERBIND. D. BLUTES. 53

Fur diesen Versuch folgt beispielsweise vollstiindige Berechnung, fur die folgenden nur die Resultate.

C0,- auf en. pliysisch*) Dissoc. per 1 g Hgl. Druck C& absorbirt gebunden CO, emp. 1. Bestimmung 11 .39 2.644 0 -404 2.240 4.073 18-98 2. Restimmung 61.05 5.413 2 .163 3.250 5.910 18.98

*) Der Absorptionscoefficient gesetzt : 0.9130.

6. Versuch. Angewendet ist 37.228 6 Hiimoglobinlosung von 1 a54

Das Hamoglobin A 4 Jahre in zugeschmolzenem Kolben aufbewahrt. Procent. Die Temperatur = 18.1 ".

C0,-Druck

78.8 46.3

per 1 g Hamogl. aufgenommenes CO,

3-31 5 .43

7. Versuch. Angewendet ist 35.143 g Hamoglobinlosung von 1 .923

Das Hamoglobin C 'I, Jahr in zugeschmolzenem Kolben aufbewahrt. Procent. Die Temperatur = 18.50.

per 1 g IItimogl. aufgenommenes CO,

5.28 4.82

8. Versuch. Angewendet ist 30.409 g HimoglobinlGsung Svon 1.851

Das Hamoglobin C 'I4 Jahr in zugeschmolzenem Kolben aufbewehrt. Procent. Die Temperatur = 18.3O.

(20,-Druck

103.6 69.4

per 1 g Ham0 1. aufgenommenes 8 0 ~

6.74 6.22

9. Versuch.' Htimoglobin von Meerschwein. Angewendet ist 42 * 766 g

Htimoglobinlosung von 1.488 Procent. Die Temperatur = 17.1 O.

C0,-Druck

3 1 - 6 8 2 3 - 0 6

per 1 g Ham0 1. aufgenommenes to2

1 .32 1 .09

10. Versuch. Angewendet ist 35.05 g Htimoglobinltisung von 2.841

Das Hgmoglobin A 2l/, Jahre in zugeschmolzeuem Kolben aufbe- Vor dem Versuch Sattigung mit Kohlensaure und nachfolgendem

Procent. Die Ternperatur = 18.6O.

wahrt. Auspumpen.

~~

C0,-Druek 129 .2

per 1 g Hiimo 1. aufgenommenes 50%

1.120

Jolin, a. a. 0.

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51 CHRISTIAN BOHR:

11. Versuche iiber die Dissociation des Csrbohbmoglobins bei cii. 38".

11. Versuch.

Das Hnmoglobin D, in frisuhem Zustande angewendet.

Angewendet ist 38.82 6 Himoglobinlosung von 2.329 Procent. Die Temperatur = 37.8".

C0,-Druck

1 2 . 8 1 7 . 6 '34.3

per 1 g Hiimogl. aufgenommenes CO,

0.81 1.02 1 * Y 4

gleichzeitig wurde die C0,-Absorption bei 18 .1 bestimmt: 48.5 2.30

12. Versuch. Angewendet ist 24.96 6 Himoglobinliisung von 2.393

Das Himoglobin D, 3 Wochen i n zugeschmolzenem Kolben nach Procent. Die Temperatur = 38O.

Reduction mittels Wmerstoff aufbewahrt. C02-Druek per 1 g HImo 1.

aufgenommenes 80~ 6 .0

20.1 29 .3 43.6 66-7

0 .71 1 - 7 0 1.93 2.17 2 .35

gleichzeitig wurde die GO,-Absorption bei 18.4 bestimmt : 43.1 2 :59

Sucht man sich einen Ueberblick iiber die hier angefiihrten, bei einer Temperatur von ca. 18O angestellten Versuche, z. B. mittels graphisoher Darstellung derselhen zu verschaffen, so ist ersichtlioh, dass sich die Versuche auf drei Abtheilungen vertheilen, die in Bezug auf die Grosse der Kohlensaurebindung sich von einander untersoheiden.

So ersieht man z. B., dass bei einem C0,-Drucke von 30"" in der 1. Abtheilung (l., 2., 3. und 4. Versuch) 2-6-, in der 2. Ab- theilung (5., 6., 7. und 8. Versuch) 5.2 in der 3. Abtheilung (9. Ver- such) 1 -25 cem CO, per Gramm Hiimoglobin aufgenommen werden, Zahlen, die ziemlioh genau sich wie 2 : 4 : 1 verhalten. Wir werden, wie sohon angefiihrt, diese verschiedenen Carbohamoglobine bezw. y-, S-, /?-Carbo- hiimoglobin benennen. In untenstehender Tabelle sind die Dhso- oiationsverhlltnisse dieser Modificationen zusammengestellt. Da die procentische Starke der Losungen einigen Eiduss auf die per G r a m aufgenommenen Mengen ron CO, hat, ist der Vergleichung iiberall

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BEITRAGE z. LEHRE VON DEN KOHLENSAUREVERBIND. D. BLUTES. 55

cine 2 procentige Losung zu Grunde gelegt. Die dem 5, 10, 20 u. s. w. C0,-Drucke entsprechenden Mengen lose gebundener Kohlenslure sind durch graphische Interpolation der sehr regelmassigen Curven gefunden, die sich bilden, indem bei den einzelnen Versuchen die C0,-Drucke als die Abscissen, die C0,-Mengen als die Ordinate eingefuhrt werden. Zu dieser graphischen Interpolation ist fur y - Carbohamoglobin von Hundeblut der 2. Versuch (ca. 1 - 8 Proc.), fur y-Carbohamoglobin von Meerschweinblut die Mittelzahlen von Jolin's 3. und 4. Versuch (Mittel ca. 1.8 Proc.), fur 6-Carbohamoglobin der 5., 6. , 7. und 8. Versuch (ca. 1.7 Proc.) benutzt. Die wenigen Beobachtungen, die man uber das p-Carbohiimoglobin hat, sind dem 9. Versuche entnommen. Bei KBrpertemperatur ist der 12. Versuch zu der Tabelle benutzt worden, indem dieser Versuch fur 18O bei einem Druck von 43 mm eine Kohlen- saureabsorption von 2.6 cem ergab, welche sehr annahernd mit dem Werthe zusammenfallt, der aus den ubrigen Versuchen bei entspre- chendem Drucke und entsprechender Temperatur fur y- Carbohamo- globin gefunden wurde, mit welchem also der Versuch auf directe Weise vergleichbar ist. Der 11. Versuch ergiebt bei 38O eine Curve von ganz derselben Form wie der 12. Versuch, jedoch sind die Ordinat- werthe, wie er mit dem niedrigeren Werthe ubereinstimmt, der hier bei 180 gefunden wird (2.3 stmatt 2.8-), uberall um eine constante Differenz niedriger.

In der Tabelle enthiilt die erste Colonne die C0,-Drucke, die ubrigen Colonnen enthalten die bei diesen Drucken von den ver- schiedenen Carbohiimoglobinen per Gramm aufgenommenen C0,-Mengen in Cubikcentimetern bei O o und 760 mm.

c0,- Druck

n m 5

10 20 30 40 50 60

100

Hundc y-Carbo-

hgmoglobin 38 O

0 . 9 1.3 1 . 7 1.95 2.1 2.25 2.3 -

Hunde 7-Carbo-

hlmoglobin 18*

1-7 2.0 2.4 2.65 2.8 2.95 3 . 1 3.4

Hunde 8-Carbo-

htimoglobin 18O

3.3 4.0 4 - 7 5.2 5.5 5.75 5.95 6.6

Sleerschwein Meerschwein y-Csrbo- /?-Carbo-

hiimoglobin htimoglobin 18O 18O

2.6 1.25

3.25 3.5

Die Resultate der Tabelle sind fiir die y-Mod%cation bei 18O und 3S0, fir die &Modification bei 18O in umstehender Curventabelle wiedergegeben, in der die C0,-Drucke Abscissen sind.

Page 10: Beiträge zur Lehre von den Kohlensäureverbindungen des Blutes

Nur in zwei der iin Ganaen angestellten Versuche fdlrn die brobnchteten I(oh1ensiiureabsorptiouen betriichtlich nusserhalb der hier hesprochenen drei

Arten von Cwbohiimo- ~ / B O globin, niimlioh im 10.

Vmsuche, iu dem die anf- geuominene blcnge uoch uiedriger ist als die h i m ~ - C a ~ b o h ~ n i o ~ l o I , i n beobachtete , sowie iin 18. Versuche (zweites Cap.), in dem die Mcnge

y'*" der Kohlensilure zwisohen der fur die y- und a-

-ran Modification gefundenen licgt. In diesen zwei Versuchen, die spnter dcs Niheren wcrden be- sprochen werden, ist die Mmge der Kohlens8ure

o S lo 50 30 l o So behw. ' I 3 und der von dein ;.-C;irbohiimo-

globin unter gloichcn Verliiilt~~isscn aufgenomnicuen Menge. Wurde man trotz der wenigen Beobachtungen gleichwohl diesen Zahlen Bedeutung bei- legen, wurde die Znhl der HLimoglobinmodificationen auf fiinf steigen und die aufgenommenen Kohlens&n-emengen wie 2 : 3 : 6 : 9 : 12 sich verhalten. Ob mit Recht, daruber mussen feruere Versuohe entscheiden.

Die verschiedcnen Carbohimoglobinmodificationen haben sich zu- fillig eingcfunden, und ich habe bisher keinen Versuch gcmacht, die- selben nach Willkiir darzustcllen; wa,hrscheinlich lasst sich dieses ohne Schwierigkeit ausfuhren, sobald man Bezug nimmt, theils auf das in den folgenden Abhandlungen iiber die Darstellung von Oxyhiimo- globinmodificationen Gesagte , theils auf das in dieser Abhandlung niedergelegte Naterial, wonach bei Verlnderungen der Modificationen des Carbohamoglobins ausserhalb des Organismus zwei Momente sind, die eine Rolle spielen, nimlich erstens ein liingeres Aufbewahren im reduzirten Zustande (im Kolben eingeschmolzen) und eine langer dauernde Einwirkung der Kohlensiiure. Das letztgenannte Reagens hat in J o h ' s Versuchen mit Meerschweinhimoglobin iiberall eine Ver- ringerung des Vermogens seitens des Hamoglobins, Kohlensaure zu binden, bewirkt. In Betreff des Hiimoglobins vom Hunde zeigt sich im 10. Versuch ein lhnliches Verhiltniss. Es ist hier, nachdem die Hamoglobinlosung mit CO, gesattigt und wieder ausgepumpt, die Kohlen-. sgureabsorption nur des y-Carbohamoglobins (1 - 12 per Gramm Hlimo-

P

Jol in , a. a. 0. S. 281.

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BEITRAGE Z. IIEHRE: VON DEN l<oHLENSAUlt9VEILBIND. D. BLUTES. 57

globin statt 3-45); vielleicht spielt hier (wie es sich spiter in Betreff des P-Oxyhamoglobins zeigen wird) das wiederholte Auspumpen eine Rolle, indem sonst fur das Himoglobin vom Hunde die Regel gilt, dass es bei einfachem Schutteln mit CO, ganz dieselbe Nodification behalt, die es schon am Anfange des Versuches hatte.

Das Anfbewahren des Hamoglobins in zugeschmolzenen Ge- fassen hat in einigen Fiillen als Wirkung eine Entstehung der &&Jodi- fication, also einer griisseren Kohlensawebindung, gehabt ; auf diese Weise ist der 1. Versucli mit dem in frischem Zustande angewen- deten Hamoglobin B angcstellt wordcn, welches sich dann als y-Carbo- hamoglobin zeigte ; beim 5. Versuche ist dasselbe Hamoglobin an- gewendet worden, nachdem es jedoch '/, Jahr im zugeschmolzenen Kolben aufbcwahrt worden war; hier hat sich dann das 8-Hamoglobin gebildet. Die Xeit, in der Hiimoglobinlosungen auf bewahrt werden miissen, damit der Uebergang in ein anderes Carbohiimoglobin statt- finde, ist hochst verschieden. Im 2. Versuche ist das Himoglobin zwei Jahre lang aufbewahrt worden, ohne dass gleichwohl die hochste Carbo- hamoglobinverbindnng sich gezeigt hatte. Als dann dasselbe Hamo- globin (A) nach Aufbewahrung von vier Jahren (6. Versuch) bei einem Versuche angewendet wurde, zeigte sich der interessante Fall, dass das Hiimoglobin pliitzlich wahrend desVersuches seine Modification wechselte. Bei der ersten Bestimmung wurde namlich bei einem Drucke von 78.8 mm 3.31 ccm CO, per Gramm aufgenommen; dieses entspricht vollstiindig dem y - Carbohiimoglobin, welches den ubrigen Versuchen zufolge bei genanntem Drucke 3.25 ccm wiirde sbsorbirt haben. Bei der nichsten Bestimmung aber, die ungefiihr 1/4 Stunde spater vor sich ging, ist sodann die &-Modification gebildet; denn es wiirden jetzt 5,43 ccm CO, bei einem Drucke von 46,3 mm aufgenommen, bei welchem Drucke den ubrigen Versuchen nach das bCarbohamoglobin 5-65 CO, aufnimmt. ' Die Umbildung konnte durch das starke Schutteln oder durch die Einwirkung der Kohlensaure veranlasst worden sein ; da dieses Gas nur kurze Zeit mit der Hamoglobinlijsung in Berahrung gewesen und da die iibrigen Versuche eher eine entgegengesetzte Wirkung haben als die, welche man dem letztgenannten Versuche hat zuschreiben mussen, liegt die Annahme nahe, dass das Schutteln in der im Voraus durch langes Aufbewahren pradisponirten H h o - globinlosung das wirkende Umbildungsmoment abgegeben hat. Jeden- falls debt uns dieser Versuch den sehr wesentlichen Nachweis, dass die Umbildung des einen Carbohiimoglobins i n ein anderes in dazu geeignetem Hiimoglobin durch eine unbedeutende Veranderung der Lusseren Umstande vor sich gehen kann.

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58 CHRISTIAN BOHR:

Die Dissociationscurven der verschiedenen Carbohamoglobinen haben durchans analoge Formen gehabt (siehe die vorstehende Curven- tabelle) ; es sind regelmassige Curyen, welche ihre Concavitlt gegen die Abscissenaxe kehren. Es ist bier zii erinnern, dass die vom Hlmo- globin gebundenen Gasmengen nicht direct observirt werden. Das aus den Versuchen Hervorgehende ist die Summe der an das Hamoglobin lose gebundenen und der in der Flussigkeit proportional mit dem Drucke aufgelosten Gasmenge. Die Griisse dieser letzteren liisst sich nicht auf dem Wege des Versuches in solchen Flussigkeiten feststellen, in denen dissociable Stoffe vorhanden sind. Dieselbe ist annaherungs- weise dadurch bekannt, dass sie (wie nach Analogie der Losungen, die nicht dissociable Stoffe enthalten, anzunehmen ist) etwas geringer als die des Wassers bei derselben Temperatur sein muss. In den Ver- suchen mit dem CarbohHmoglobin habe ich hei der Berechnung uberall den Ahsorptionscoefficient des Wassers benutzt. Slmmtliche fur das Hiimoglobin gefundene Kohlensiiureabsorptionen sind deshalb ein wenig zu niedrig, jedoch in keinem die Verwerthung der Versuche im Allgemeinen behindernden Grade. Da der durch Benutzung eines nicht vollaus richtigen Absorytionscocfficienten eingefiihrte Fehler proportional mit den Drucken steigt, ist ferner die Form der Cur- ven nicht vollig genau, indem dieselbe bei den hoheren Drucken etwas zu sehr abgeplattet ist. Aus diesem Grunde habe ich nicht die mathematische Berechnung der Form der Curven vorgenommen, wozu ubrigens die grosse Regelmbsigkeit derselben Anlass geben diirfte.

Trotz der Unsicherheit in Betreff der Grosse des Absorptions- coBfficienten liisst sich gleichwohl exact nachweisen, dass die maximale Bindung der Kohlensaure an das Hamoglobin selbst n ich t bei den hochsten der untersuchten Kohlensluredrucke er- re ich t worden ist. Wire namlich das HBmoglobin von einem be- stimmten Drucke ab mit Kohlensaure gesiittigt, so miisste die totale Gasabsorption in der Lbsung von diesem Drucke ab rnit den Drncken proportional wachsen, also in der graphischen Darstellung zu eher geraden Linie werden. Aus dem Winkel der geraden Linie mit der Abscissenaxe liesse sioh dann der AbsorptionscoBffioient berechnen. Aber ein derartiges Auslaufen der gesammten Luftabsorption in die gerade Linie findet.sich selbst nicht bei den hbohsten Drucken; da der Verlanf aber augenscheinlich doch bei wachmndem Drncke sioh mehr und mehr der geraden Linie niihert, miissen wir annehmen, dam die vom Bimoglobin gebundene KohlensZiuremenge sich nach und nach asymptotisch einer Grenze niihert, wie es eben auch mit der

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BEITRAGE Z. LEHRE VON DEN I(OHLENSAUBEVERB1ND. D. BLUTES. 59

Sauerstoff bindung beim Oxyhiimoglobin der Fall ist ; diese Grenze merden wir die Sat t igungsgrenze nennen. Die Ordinatwerthe bei den hochsten, bei den Untersuchungen angewandten Drucke, wo das An- steigen der Curven nur sehr gering ist, wenden wir dann in Ermangelung exacter Berechnungeii als Ausdriicke fur die Sattigungsgrenze an,

Eine Dissociationsgrenze bei gegebener Temperatur, d. i. ein yositiver Druckwerth, unter welchem bei dieser Temperatur alles Gas vom dissociablen Stoffe abgegeben ist, findet sich nicht, wie ein Blick auf vorstehende Curventabelle zeigt, fur das Carbohamoglobin, ebenso- wenig wie fur das Oxyhamoglobin. In Bezug auf letztgenannten Stoff ist freilich analog mit den Dissociationsbedingungen fur trockenen kohlensauren Kalk und ahnlichen Stoffen eine Dissociationsgrenze in der Regel friiher angenommen worden; fande sich eine solche, wurde die- selbe von fundamentaler physiologischer Bedeutung sein, so wie indess die Verhaltnisse bei der Dissociation des Carbo- und Oxyhlmoglohins wirklich sind, l iegt das physiologische In te resse an dem ganzen Verlauf der Curve inne rha lb der im Organismus vorkommen- den Sauerstoff- und Kohlensiiuredrucke und nicht in irgend einem einzelnen Ordinatwerthe der Curve.

Vergleichen wir die Dissociationscurven fur das y-Carbohamoglobin bei 18O und 38O mit einander, so finden wir (siehe die Tabelle) fir s5mmtliche untersuchten Drucke (5-60 mm) die Regel, dass zwischen den Ordinaten fiir entsprechende Drucke die Differenz con- s tan t , namlich ca. 0.7"" ist. Ganz dasselbe Resultat erhiilt man im 11. Versuche, der nicht in der Tabelle angefiihrt ist, weil die C0,-Absorption bei Stubentemperatur in diesem Versuche ca. 0-5 - unter der gewohnlichen lag; es liegen auch hier siimmtliche Punkte in der Curve bei 38O 0-7 ccm unter den entsprechenden Ordinaten fiir 18O (also 0.7 + 0.5 = 1.2- unter der gewohnlichen y-Carbohiimoglobin- curve). In Folge dessen ist bei Steigen der Temperatur von 18-38O die Siittigungsgrenze niedriger geworden, im Uebrigen ist die Curve unvedndert geblieben. Die Curve bei 38O llsst sich aus der bei 18O construiren, indem man die Abscissenaxe 0.7 hebt. *Die Rolle des Carbohamoglobins im Organismus wird, von mciglicher Umbildung einzelner Modificationen ineinander abgesehen, in der Hauptsache ab- hiingen von der Menge von CO,, welches dieses Oarbohiimoglobin abzugeben oder aufzunehmen vermag, innerhalb der iiussersten Grenzen derjenigen Schwingungen im Partialdrucke des CO, , welchen dasselbe auf seiner Bahn durch den Organismus unterworfen ist.

1 Bohr, Ezper. Unters2cchzMlgen u. s. w. S. 43.

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Die hicr eben vorgefuhrten Ueobachtungen lehren uns nun, sobald der geringste Druck, uin welchen es sich handelt, nicht sehr nahe an Null ist, dass die vom Carbohamoglobin bei e iner Druckschmin- gun g a u f ge n om m e n e n ode r a b g e ge b e 11 en K o h 1 ens ii u r e m e n g e n von der Tempcra tu r unnbhlingig sind. Bei 18" wird in der Weise eine Verlnderung des Drucltes von 5 auf G O 111111 cine VePInderung der gebundenen Kohlensiiuremengc mit 1.1 00, per Grdmm Hlmoglobin geben und dasselbe Quantum (1 - 2 cCm) wird bei 38 und bei derselben Druckveriinderung per Gramm Hiimoglobin abgegeben oder aufgenommcn werden (s. die Tabelle). Zudem aber, dnss diese ganze Betrachtungsweise hinsichtlich des Einflusses der Temperatur auf die Dissociation dem mit fruheren physiologischen Dissociationsuntersuchungen vertrauten Leser vielleicht ungewohnt vorkommen durfte, mochte ich doch der Deutlich- keit wegen noch hier hinzufiigen, dass der centrale Punkt dieser Aus- einandersetzung in dem durch die Versuche nachgewiesenen Vorhandensein verschiedener Si i t t igungsgrenzen eines und desselben Stoffes bei verschiedenen Temperaturen zu suchen ist. Ohne diese Aufklarung, welche man nur durch die Bestimmung der ganzen Dissociationscurve gewinnt, wird ein Versuch uber die Dissociation des Hlmoglobins bei gleichem Drucke und verschiedener Temperatur sehr leicht missgedeutet werden. Es wird sich zeigen, dass durch Erwarmung des Hiimoglobins Gase freigemacht werden, und man wird dann vielleicht solches einer Formveranderung der Dissociationscurve bei hoherer Temperatur zu- schreiben, wlhrend es in Wirklichkeit eine Verschiebung der Ahscissen- axe ohne Verinderung der Form ist, was, wie wir es eben gesehen, eine ganz andere Bedeutung hat.

Vergleicht man d ie Dissociation de r Modificationen des Carbohamoglobins unter einander, so sieht man, dass der Unter- schied zwischen den Dissociationscurven ganz anderer Art ist, als der durch eine Temperaturveranderung Terursachte. In letztem Fall war, wie wir gesehen, die Differenz zwischen den Ordinaten bci gleichem Drucke constant, in der Dissociationscurve der zwei vollstandig unter- suchten Modificationen stehen die zusammengehorigen Ordinate dagegen in constantem V e r h l l t n i s s zu einander. Es sind so bei d-Carbo- himoglobin die Ordinaten uberall heinahe doppelt so gross, als bei der y-Modification (siehe die Tabelle und die Curventafel). Hieraus folgt, davs die von den beiden Modificationen aufgenommene oder abgegebene Kohlensauremenge b ei g 1 eic h e n D r uc ks c h w in g u n g en se h r ver- schieden sein wird. Ein Zuwachs des Druckes von 5 auf loornm wird in dem y-Carbohimoglobin eine Kohlensaureaufnahme von 1.4 Oem

CO,, aber in der 6-Modification eine Aufnahme von ungefahr dem

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BEITRAGE Z. LEHRE VON DEN ~(OHLENSAUREVERBIND. D. BLUTES. 61

Doppelten, namlich von 2 . 6 ccm bewirken. Die zwei Nodificationen werden deshalb eine verschiedene Rolle im Organismus spielen, worauf man bei Studien iibcr die Binduiig der Kohlensaure im Blute seine Aufmerksamlieit zu richten hat.

Das Neerschweinhamoglobin und das Hundehamoglobin stimmen bezuglich der Dissociationsbedingungen zwischen 30 und 100 mm mit ehander iiberein, wie yon J o l i n nnchgewiesen wurde; bei sehr nicdrigen Drucken (5 mnl) zeigt sich tlagegen einiger ‘linterschied , indem dic Kohlensaureaufnahme des Hundehiimoglobins mit dem Drucke stirker steigt, als die Kohlensaure des Xeerschweinhiimoglobins.

Das Spectrum des Carbohimoglobins ist in einer vor einigen Jahren herausgegebenen, im hiesigen Laboratorium ausgefuhrten Unter- suchung von Torup genau durchgegangen worden. Er benutzte Glan’s Spectrophotometer und fand, dass das Spectrum des Carbo- hiimoglobins sehr dem Spectrum des durch Auspumpen reducirten Hiimoglobins ahnelte. Indess fand er doch einigen Unterschied sowohl in Betreff der Lage des Absorptionsstreifens, als in Betreff des Ex- stinctionscoefficienten. Der Absorptionsstreifen war ein wenig gegen das violette Ende verschoben und das Carbohamoglobin absorbirte im griinen Theile des Spectrums mehr Licht, als das reducirte Hamoglobin; in den iibrigen Theilen des Spectrums dagegen fand er fur Carbo- hiimoglobin und reducirtes Hamoglobin ganz gleiche Absorption,

Wegen der, wenn auch geringen, so doch deutlich wahrnehmbaren VerZinderung des Spectrums bei der Kohlensaureabsorption neigt sich der Verfasser der Anschauung zu, dass die Kohlensaure im Carbo- hihoglobin an den gefarbten Kern des Himoglobins gebunden sei. *Wir kommen im zweiten Capitel mit einigen Worten hierauf zuruck.

Zweites Capitel.

gleichzeitig. Die Verbindungen des Himoglobins mit Sauerstoff und Kohlensiiure

Um die den Carbohamoglobinverbindungen im Organismus zu- ltommende Bedeutnng zu verstehen, ist es von entschiedener Bedeu- F g , zu wissen, wie die Kohlensiureverbindungen sich zum Hiimo- klobin verhdten, wenn gleichzeitig Sauerstoff vorhanden ist. Die von mir beim Studium dieser Frage benutzte Methode ist das Schiitteln

Ueber die Kohlensawebindung des Blutes. Kopenhagen 1887. * Auf Tafel I1 der Abhandlung von Torup ist Sa die graphische Dar-

atdung der Lichtabsorption im Spectrnm des reducirten Hlmoglobins, Sb des Carbohlmoglobins.

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62 CHRISTIAN BOHR:

einer Hamoglobinlosung bekannter Starke rnit einer Mischung von Sauerstoff und Kohlensaure in dem im Xnfang des vorigen Capitels besprochenen Absorptiometer. Ausser dem Messen des mahrend des Schuttelns absorbirten Gasrolums ist dann selbstverstandlich die Kennt- niss Ton der Luftzusammensetzung Tor und nach dem Versuche er- forderlich. Die Zusammensetzung der Luft ror dem Versuche erfahrt man, indem man in das Messrohr des Absoiptiometers (siehe die Be- schreibung des Apparates an den in1 ersten Capitel citirten Orten) succes- sive die zwei Luftarten in reinem Zustande hineinfullt. Die Zusammen- setzung der Luft nach dem Versuche erfahrt man mittels einer Luft- analyse eines Theiles der Luft, welche man nach jedem Versuche aus dem Messrohr des Apparates auspumpen kann (siehe an den citirten Orten das Verhalten bei Versuchen mit nur einer Luftart). In manchen Fallen ist zuerst ein Versuch mit der einen der betreffenden Gase aus- gefiihrt worden, und sodann ist man durch Hineinfiillen des zweiten Gases zu dem Versuche rnit der Mischung beider ubergegangen. Das einzigste technische Detail, welches bei diesen Versuchen besprochen zu werden yerdient, ist die Herstellung einer ganz und gar gleichartigen Nischung der Gase in dem Absorptiometer. Man muss nothwendiger- weise ab und zu wahrend des Versuches das Schiitteln unterbrechen und die Quecksilbersaule im Messrohre in Langsschwingungen ver- setzen, urn so die Luftarten im verticalen Theile des Apparates rnit denen in den umgebogenen Absorptionskugeln zu mischen; es wird sonst die Luftmischung im Apparate trotz dessen nur wenig compli- cirten Baues nicht egal und der Versuch dadurch ungenau.

Der zum Versuche benutzte Sauerstoff ist aus reinem rothen Queck- silberoxyd dargeskllt. Die Darstellung des Himoglobins geschah wie schon im ersten Capitel beschrieben, und die einzelnen Hamoglobin- darstellungen sind wie dort bezeichnet. Es ist also in der Hlmoglobin- darstellung C und D, die zweite Krystallisation ohne und in Dl mit Alkohol vor sich gegangen. Einige der Versuche sind theilweise im ersten Capitel benutzt.

13. Versuch. Angewendet ist 38 * 67 6 2.329 procentige Hiimoglobin- lasung. Die Hilmoglobindarstellung D1 ist in frischem Zustande benutzt. Es wurde zuerst eine Bestimmung mit CO, allein ausgefuhrt, welche ergab: C0,-Druck = 48 - 5 mm aufgenommenen GO, per Gramm Hllmoglobin = 2.30. Temperatur = 18.1O.

Darauf eine Bestimmung mit einer Mischung von CO, und O,, deren Ergebniss :

GO, Partialdruck = 45.6 aufgen. CO, per Gr. Hgmogl. = 2.63 Temp. = 35.5 9 , 0, 1 9 1, ), = 0 . 8 1 } = 18O

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BEITRAGE 0. h I R E VON DEN I<OHLENSAUREVERBIND. D. BLUTES. 63

Bus den Versuchen im ersten Capitel rnit Kohlensaure allein findet sir&, dass das y-Carbohimoglobin von der Concentration 2 .5 Procent bei einem Druck von 45 .6 mm 2.75 ccm CO, aufgenommen hat, warend hier bei demselben Drucke in einer Mischung von CO, und 0, 2.63 ccm aufge- nommen ist.

14. Versuch Angewendet ist 29.303 6 Himoglobinl6sung von 2.408 Procent. Die Himoglobindarstellung D, 2 Wochen aufbewahrt, nachdem sie in frischem Zustande mittels Wasserstoff reducirt worden war.

Es wurde zuerst e ine Bes t immung m i t 0, a l le in ausgefuhrt, deren Ergebniss: 0,-Druck = 20.6; aufgenommenes 0, per Gramm Hamo- globin = 1.1.

Darauf wurde eine Mischung von 0, und CO, angewendet. Es fsnd sich J 0, Partialdr. = 20 .9 ; absorb. 0, per Gr. Hgmogl. = 1 . 0 \

Temperatur = 18.4.

Temp. p, 7, = 43.1; 1 , co, 9 , 9 , ,, = 2 .59( = 18.2'

Die Sauerstoffabsorption ist hier nach der Zuleitung von CO, so gut wie unvertindert.

Nach den Versuchen im ersten Capitel mit Kohlensaure allein wurde von dem y-Carbohdmoglobin 2.70 CO, bei einem Drucke von 43.1 lUm

anfgenommen; ungefihr dieselbe Gr6sse (2 59 findet sich bei ent- sprechendem Drucke hier in einer Mischung von CO, und 0, abgorbirt.

15. Versuch. Angewendet ist 35.143 6 Hamoglobinl6sung von 1.923 Die Himoglobinl6sung C 1/4 Jahr in zugeschmolzenem Kolben

Es wurden zwei successive Bestimmungen mit einer Mischung von

Procent. auf bewahrt.

CO, und 0, ausgefuhrt und gefunden: CO, Partialdr. = 27 - 7 mm abs. CO, per Gr. Hiimogl. = 5.28 ccm Temp.

,, =4 .82 ,, Temp. l . .( 0, 1 , = 8 1 - 9 , , ,t 0, , I ,, ,, =0.8 ,, I =18*6'

9 1 ,, =Om9 ,, 1 =18.4' 2. ("4 "

= 20.6 9, 9 9 CO, 9 9 7,

= 4 4 . 5 , , 7, 0, 7, 3,

Durch die Versuche mit CO, a l l e in im ersten Capitel wird f ir S-Carbohllmoglobin gefunden : bei einem Drucke von 27-7 mm absorb. per Gr. H h o g l . 5.10 OOm CO,

9 , 9 , ?! 9 , 20.6 ,, 9 , 7, 1 , Y, 4 - 7 5 , , 7,

16. Versuch. Angewendet ist 30.409 6 Htimoglobinl6sung von 1.851

Es d e n zwei successive Bestimmungen rnit einer Mischung von Procent.

CO, und 0, ausgefiirt und gefunden:

Die Htimoglobindarstellung wie im 15. Versuche.

("" Partialdr. = 1 0 3 ~ 6 ~ ~ abs. CO, per Gr. H h o g l . = 6-74 - Temp. 0, ,, = 62 .4 ,, ,, 0, ,, ,, ,, = 0 * 7 ,, I =18.3'

= 6 9 - 4 ,, ,, CO, ,, ,, ,, = 6 - 2 2 ,, ,, = 34.1 ,, ,, 0, ,, ,, ,, =0.7 ,, 2. "

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64 CHRISTIAN UOHR:

Die absorbirten C0,-Mengen sind gerade doppelt so gross wie die im ersten Capitel als vom y-Csrbohiimoglobin in reiner Kohlensiiure bei entsprechendem Drucke absorbiert gefundenen. Es hat sich also 0-Carbo- hiinioglobiu gebildet.

17. Versuch. Angewendet ist 30.956 6 H8moglobinlosung von 2.293 Die Hiimoglobindarstellung D, nach Reduction mittels Wasser- Procent.

stoff ’I, Jahr in zngeschniolaenem Kolben aufbewnhrt.

ICO, Partialdr. = 23.5 lllm absorb. CO, per Gr. Hiimogl. = 3-43 PC1n

\ 0, ” = 8 0 . 3 , , 9 , 0 , ” 7, ,, = 0 * 9 ,, 1 = 1 8 - 3 ” Die aufgenommene Kohlensgure liegt zwischen der nur in Kohlen-

siiure fur y- und J-Carboh&moglobin gefundenen Grosse. Es ist der hier vorliegendo Versuch derjenige, auf welchen schon im ersten Capitel S. 56 hingewiesen ist. Die zwei Drittel der absorbirten Kohlenssure ist 2 - 2 9 und eutspricht sehr gut der bei entsprechendem Druck und entspre- chender Concentratmion fur y-Carbohboglobin gefundenen Absorption von 2-35 CO, per Gramm.

Eine Bestimmung mit einer Mischung von CO, und 0,: Temp.

Aus den obenstehenden Versuchen geht hervor: dass die Nenge der an das Hamoglobin gebundenen Kohlen- saure v o n gleichzeitig vorhandenem Sauerstoff nicht be- einflusst wird,

indem die Absorption iiberall bri entsprcchendem Drucke und ent- sprechender Temperatur auf dieselbe Weise wie in reiner Kohlensaure vor sich gegangen ist.

In Betrcff des Sauerstoffes ist das Verhiiltniss nicht vollig so einfach. Es kann von einer Mischung von CO, und 0, eine Menge von Sauerstoff aufgenommen werden, die der unter gleichen iusseren Verhaltnissen vom gewohnlichen Oxyhamoglobin gebundenen Menge entspricht; wie im 14. Versuche, in welchem vor der Einleitung von COB 1 - 1 cem nach derselben 1.0 ecm bei einem Drucke von 21 mm auf- genommen wird. In einem anderen Versuche aber (dem 16.) ist nur O - 7 e ” m 0, bei einem Drucke von 50”“ aufgenommen worden, wo ge- wohnlich vom Hamoglobin doppelt so vie1 per Gramm absorbirt wird. Es ist also hier eine zweite Modification des Oxyhiimoglobin gebildet worden, welche, wie wir es in einer folgenden Abhandlung sehen wer- den, auch auf andere Weise sich bilden liisst; ebensowenig in diesem als in irgend einem der oben angefiihrten Versuche ist irgendwelche Decomposition des Hamoglobins zum Methlmoglobin vor sich gegangen, denn es ist das Spectrum der Losungen nach den Versuchen sorg- fjltig auf diesen Stoff untersuclit worden und hat ein negatives Re- sultat ergeben.

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BEITRAGE z. LEHRE VON DEN KOHLENSAUREVERBIND. D. BLUTES. 65

Die in den ubrigen Versuchen absorbirten Sauerstoffmengen liegen zwischen den im 15. xnd 17. Versuclie gefundenen, sie sind im 14. Versuche O-8ccm 0,, im 16. Versuche 0.8 und 0.9cc1n 0, und im 18. Versuche 0.9"" 0, per Gramm Hiimoglobin bei Drucken, bci denen das gewijhnliche Hamoglobin 1.4 ccm aufnehmcn wurde. Es ist irides hier zu bemerken, dass leichter bei diesen Versuchen als bei den untersucliungen mit reinen Luftarten ein Fehler \Ton einigen wenigen Zehntel Cubikcentimcter Sauerstoffabsorption sich cinzuschlcichen ver- mag, indem hier noch die Fehler der Luftanalyse hinzutreten. So Jieles ist indes sicher, dass 1) dcr Sauerstoff im Hamoglobin rnit tler Kohlensaure zusammen aufgcnommen und dass cr unter solchen Verhaltnissen 2) bisweilen aufgenommcn wird in seiner gewiihnlichen Nenge, in dcr Regel jedoch in eincr etwas ge- r ingeren Menge als bei den Versuchen mi t reinem Sauerstoff.

Da die eine der hier behandelten Gase, namlich die Kohlen- siiure ganz ohne Beeinflussung von Seiten des gleichzeitig vorhsndenen Sauerstoffs in das Hiimoglobin aufgenommen mird, scheint mir deshalb die Annahme sich aufzudriingen, dass sich dieselbe mit einem anderen Theile des Hamoglobinmoleculs als dem gefarbten sauerstoff bindenden Kerne verbindet. Da andererseits der Sauerstoff hBufig in geringerer Menge mit als ohne der Kohlensaure aufgenommen wird, ist sodann anzunehmen, dam die Verbindung der Kohlensaure rnit dem unge- farbten Theile des Moleciils unter Umstanden eine Veriinderung im gefarbten Theile hervorbringt, durch welche die Sauerstoffabsorption desselben verringert wird. In solchem Falle hltte die Kohlensiiure dieselbe Wirbung gehabt, die wie im Folgenden gezeigt werden wird, durch Trocknen und neue Lijsung der Oxyhiimoglobinkrystalle hervor- gebracht wird. Vielleicht verdient hier hervorgehoben zu werden, dass beide, das getrocknete und (nach Torup) das mit CO, gesattigte H5mo- globin auch in anderer Beziehung eine Aehnlichkeit darbieten, indem dieselben in s ta rk verdunnten Losungen einer Veranderung ahnlicher Art unterworfen sind, indem sich ein rathlicher Bodensatz bildet, der, wenn er aufgeschlemmt wird, das Spectrum des Oxyh5moglobins zeigt. In einigermaassen concentrirten LGsungen findet diese Fillung gar nicht oder doch nur in unbedeutendem Grade statt. Man sieht, dass die am Schlusse des ersten Capitels' beschriebenen Beobachtungen von Torup iiber das Spectrum des Carbohiimoglobins gegen die hier ge- gebene Auffassung von der Bindungsweise der Kohlensiiure im H h o - globin nicht streiten, die ich auch vorliiufig nach ssmmtlichen vor liegenden Experimenten als die natiirlichste auffasse.

Aus den in diesem Capitel dargestellten Versuchen kt in bio- Bkandin. Archiv. 111. 5

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66 CHRISTIAN BOHR:

logischer Hinsicht der Schluss zu ziehen, dass die Carbohamo- globine ebensowohl in dem beinahe rnit Sauerstoff gesht- t igten Arter ienblnte a ls im Venenblute zugegen sein kiinnen.

Zum Schlusse miichtc ich ferner die Aufmerksamlieit darauf hin- lenken , dass die hier gefundenen Thatsachen durchnus in keinem Widerstreit mit der von fruheren Untersuchern vermutheten theil- weisen Austreibung von KohlensBure aus dem Mute (lurch die SGttigung desselben mit Sauerstoff steht, denn das Blut entliiilt , wie beknnnt, mehrcre andere Stoffe als das Himuglobin, die im Stande sind, Kohlen- saure zu binden.

Dr i t tes Capitel.

Die Dissociation des doppeltkohlensauren Natrons.

In Bezug auf den Grad, in welchem die im Blute vorhandenen Alkalien sich mit Kohlenskure zu Bicarbonaten verbinden, sowie in Bezug auf die Rolle, welche diese letzteren bei der Gasbindung im Blute spielen, herrschen bei den verschiedenen Forschern, die sich mit dieser Frage beschaftigt, verschiedene Neinungen. Indess ist darin Uebereinstimmung , dass doch immer ein zu verschiedenen Zeiten Fer- schieden grosser Theil von Alkalien wirklich als Bicarbonat zugegen ist. Die Untersuchung uber die Dissociation dieser Salze ist deshalb yon physiologischer Bedeutung und ist ja auch schon friiher, besonders von G a u 1 e ,% vorgenommen worden. Meine Untersuchungen , die ich in diesem Capitel darlegen werde, sind Bestimmungen der Dis- sociationscurve fiir das doppeltkohlensaure Natron bei 20° und 37O, welche bis auf aen sehr niedrigen Druck von einigen wenigen Zehntel- theilen eines Millimeters herabgefiihrt sind. Es wird sich zeigen, dass die Form der Dissociationscurve uns einige Schliisse zu ziehen erlaubt, die nicht ohne Interesse fiir die Lehre von der Bindung der Kohlen- slure im Blute ist.

Es wurde dieselbe absorptiometrische Methode angewandt, die schon in den vorhergehenden Capiteln besproohen worden ist. Eine gewisse Menge von ausgekochter Losung reinen kohlensauren Natrons wurde in daz Absorptiometer gefiillt und durch Auspumpen vollstiindig von aller Luft befreit. Darauf wurde sie mit reiner Kohlensiiure von ver- schiedenem Drucke geschiittelt. Es wurde eine LBsung von sehr schwacher Concentration (0.1 - 0.2 Procent) angewandt. Es ermiig-

Holmgren, Sitsungsber. d. Wiener Acad. Bd. XLVIII. S. 546. * Gaule, Arch. f. Anat. u. Phya.01. 1878. S. 469.

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BEITRAGE z. LEHRE VON DEN KOHLENSAUREVERBIND. D. ULUTES. 67

licht sich dadiirch ohne nennbare Fehler den Absorptionscoefficienten fur reines Wasser bci dcr Berechnung dcr Vcrsuche zu henutzcn.

Aus eincm bei 20° angestcl l ten Versuclie gcht hcrvor, (lass (lie Menge von Kohlensiiurc, mclchc nncli Abzug des ini Wassrr nb- sorbirten Theiles von dcm kohlensauren Satron gebunden wird, gleich gross ist fur alle Druckwerthe zwischen 37 untl 289""' (brstimmt bei 289, 181, 118, 79, 54, 37 nlm CO,-Driick); bri 0.6 mn' CO, nimmt tlas koli lensaurc Xtltron 4/5 dcr Ton ihm bci hiiliercn Drucken gcbundcnen Menge auf. Also werdcn bci 20O Ton dcm doppeltkohlensauren Sntron merkbare Mengen von Kohlenssure erst; abgegeben bei einem Drucke Ton hiichstens einigen wenigen Millimetern CO,.

Zu diesem Versuch bildet das beste Supplement ein ron Di tmar l schon fruher bei derselben Temperatur angestellter Versuch, den ich mir erlaube hier im Detail zu referiren. 5 .39 reines kohlensaures Natron wurde in einem Liter Wasser geliist. 5OCcm davon wurden zu 100 w verdunnt, darauf mit Kohlensaure gesittigt und darnach weiter auf 2000 cCm verdiinnt, von dieser Losung wurden mehrere Portionen, jede zu 25OWm, abgemessen, Ton welchen d a m jede eine bestimmte Anzahl (TZ) von Malen mit, einem eben so grossen Volumen atmospha- rischer Luft geschuttelt wurde. Vor jeder neuen Schuttelung wurde die Luft erneuert. Es war in jeder Portion eine Alkalimenge zugegen, welche als Bicarbonat 109.7 mg CO, enthalten konnte, und es wurden in den einzelnen Portionen nach beendigtem Schutteln folgende Kohlen- sluremengen gefunden:

Portion . . . . . . . 1 2 3 4 Anzahl der Schuttelungen . 2 4 6 8 Kohlenstiuremengen Milligr. . 107.6 107.8 108 107.8

Das doppeltkohlensaure Natron hat also augenscheinlich beim Schiitteln mit atmosphkischer Luft keine Kohlensaure abgegeben. Nehmen wir an, woriiber jedoch keine Mittheilung vorliegt, dass die atmospharische Luft Zimmerluft gewesen, hat dieselbe wohl ca. 10/Oo

Kohlensiiure enthalten und also einen Partialdruck von ca. 0.8 mm GO, gehabt. Der Versuch stimmt mit unserem Dissociationsversuche, in welchem eine Spannung von 0.6 mm GO, hinlanglich war, urn die der ganzen dissociiablen Kohlendure zu binden.

Gleich nach nur zwei Schuttelungen mit atmosyhsrischer Luft ist etwas weniger Kohlensaure (107-8mg) in der Losung gefunden als sich berechnen l&t aus dem Aequivalente nach der Alkalibestim- mung in den Portionen vor Beginn des Versuches (109.7 mg). Dieses

TIM voyage of H. M. S. Challenger. Physics and Chemist. Vol. I. p. 108. 5.

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68 CHRISTIAN BOHR: BEITRAGE z. LEERE u. s. w.

0 * 740 1.155 1.541

Deficit von 0-2 auf zehn Theilen Kohlensaure findet sich ebenfalls in dem liier folgenden sehr genau ausgefuhrten Versnche uber die Dissociation des doppt l tkohlensnnren Katrons bei Korper- temper a t u r (37 ").

Angewendet ist in demselben 33.992 g Liisung von 0.1552 Procent. Die Menge von Sn,CO, vermag 11.14 ccm CO, (Oo 760 mm) zu binden.

im Wasser von Na,CO, absorbierte gebundenes Co2-Druck ~ Menge CO, 1 co, I co,

mm

0.17 12.53 18-74 28-88 45.08 71.84

.. ~ ~

I ccm

1 11.070 11 *283 11 *562 11 -985 12 * 625

~

I 6.095 I . ccm

~ - I 6.091 I 10.749 1 10.803

10.822 10 * 830 10.784

Tempe- ratur

~- 36.6 37.2 37.2 37.1 37.1 37.0

Der Versuch zeigt , dass die Dissociation des doppeltkohlensauren Natrons zunachst bei 20 oder 370 auf dieselbe Weise vor sich geht. Bei letztgenannter Temperatur hat es keine bestiinmbare Menge von CO, bei einer Druckverminderung van 72 auf 12"" abgegeben, und bei 0.2 mm werden ungefahr 3/6 der ganzen dissociablen Kohlendure- menge noch gebunden.

Folgende zwei Satze waren deshalb aufzustellen : Insofern die Kohlensburespannung im Blu te n ich t un ter

einigen wenigen Xil l imetern fallt, spiel t die einfache Dis- sociation des doppeltkohlensauren h'atrons keine Rolle bei den Variat ionen i n der Kohlensauremenge des Blutes.

Das B l u t i s t mi t Hiilfe des in demselben enthal tenen doppeltkohlensauren Natrons i m Stande, bedeutende Mengen dissociabler Kohlensaure zu en tha l ten , selbst n e n n auch die Kohlensaurespannung nur 1/6 mm ist.

Es ist dieser letztere Satz nothwendig zum rechten Verstiindniss derjenigen Versuche, durch welche ich im Arterienblute bisweilen. die Kohlenslurespannung beinahe gleich Null gefunden habe.

Bohr, Centralbl. f. Physiol. Bd. 11. S. 438.