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Deutsche Zeitsehrift ffir Nervenheilkunde 183, 467- 483 (1962) Aus dem Max-Planck-Institut ffir Hirnforschung, Abteilung ffir Tumorforsehung und experimentelle Pathologie, und der Neurochirurgisehen Universit~tsklinik KSln (Direktor: Prof. Dr. W. T6NNIs) Beitrag zur Angioarchitektur der Meningiome Von W. MVLL~R Mit 11 Textabbildungen (Eingegangen am 15. Februar 1962) Die Beschreibungen der Meningiome in der einschlKgigen Literatur erw~hnen fast ausschlieBlich nur am Rande die GefKBversorgung dieser Tumoren. Lediglich in der eingehenden Monographie yon ESSBACH (1943) finden wir eine hiiufige Bezugnahme auf diesen nicht unwesentlichen Be- standteil der Geschwfilste. EssBAcu (1. c.) berficksichtigt das Gef~B- muster im Rahmen einer organoiden Betrachtungsweise. Die Vernach- l~issigung der Gef~Bversorgung der Meningiome mag darauf zurfickzu- f/ihren sein, dab diese Tumoren im allgemeinen auf Grund ihrer eindeu- tigen Gewebsbilder (HENsCHEN 1955, Zi~LCH 1956) keine diagnostischen Schwierigkeiten machen. Da die Untersucher meist yon Schnittpri~para- ten ausgehen, die zudem noch ffir die diagnostischen Zwecke relativ dfinn siud, wird das Gefi~Bmuster nur in Anschnitten gesehen. Im Gegen- satz zu einigen Angaben, dab in den Geschwfilsten der harten Hirnhaut die Gef~Bversorgung nur spiirlich sei, stehen die angiographischen Be- funde aus letzter Zeit. Besonders mit Hilfe der Serienangiographie (TS~NIs u. SCHI~FER 1959) ergab sich, dab diese Tumoren fast regel- miiBig ohne Schwierigkeit auf Grund ihres Anfi~rbungsablaufs zu dia- gnostizieren sind. Wir haben die Frage der feineren Angioarchitektur der Meningiome nochmals aufgegriffen und glauben zu Befunden gekommen zu sein, die mit den neueren klinischen Angaben fibereinstimmen und auBerdem zur Frage der Genese dieser Tumoren beitragen kSnnen. Material und Technik Es ist gar keine Frage, dab nur eine r~umliche Erfassung der Gef~13e einen befriedigenden Einblick in deren Anordnung geben kann. Aus diesem Grunde haben wir versucht,an operativ entnommenenMeningiomenmitHilfevonTusehe-Inj ektionen und dicken Schnitten eine Darstellung der Gef~l~e zu erreichen. Selbstverst~ndlich ist eine vollkommene Ffillung unm5glich, da bei der operativen Entnahme zwangs- l~ufig das Gef~Bnetz an vielen Stellen unterbrochen bzw. erSffnet wird. Gelegent- lieh ist es mSglich, an ihrer Oberfl~che in die gest~uten venSsen Abfliisse eine Injektionskaniile einzubinden. Zur Injektion wurde filtriertes Skribtol (Gfinther

Beitrag zur Angioarchitektur der Meningiome

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Deutsche Zeitsehrift ffir Nervenheilkunde 183, 467- 483 (1962)

Aus dem Max-Planck-Institut ffir Hirnforschung, Abteilung ffir Tumorforsehung und experimentelle Pathologie, und der Neurochirurgisehen Universit~tsklinik KSln

(Direktor: Prof. Dr. W. T6NNIs)

Beitrag zur Angioarchitektur der Meningiome

Von

W. MVLL~R

Mit 11 Textabbildungen

(Eingegangen am 15. Februar 1962)

Die Beschreibungen der Meningiome in der einschlKgigen Literatur erw~hnen fast ausschlieBlich nur am Rande die GefKBversorgung dieser Tumoren. Lediglich in der eingehenden Monographie yon ESSBACH (1943) finden wir eine hiiufige Bezugnahme auf diesen nicht unwesentlichen Be- standteil der Geschwfilste. EssBAcu (1. c.) berficksichtigt das Gef~B- muster im Rahmen einer organoiden Betrachtungsweise. Die Vernach- l~issigung der Gef~Bversorgung der Meningiome mag darauf zurfickzu- f/ihren sein, dab diese Tumoren im allgemeinen auf Grund ihrer eindeu- tigen Gewebsbilder (HENsCHEN 1955, Zi~LCH 1956) keine diagnostischen Schwierigkeiten machen. Da die Untersucher meist yon Schnittpri~para- ten ausgehen, die zudem noch ffir die diagnostischen Zwecke relativ dfinn siud, wird das Gefi~Bmuster nur in Anschnitten gesehen. Im Gegen- satz zu einigen Angaben, dab in den Geschwfilsten der harten Hirnhaut die Gef~Bversorgung nur spiirlich sei, stehen die angiographischen Be- funde aus letzter Zeit. Besonders mit Hilfe der Serienangiographie (TS~NIs u. SCHI~FER 1959) ergab sich, dab diese Tumoren fast regel- miiBig ohne Schwierigkeit auf Grund ihres Anfi~rbungsablaufs zu dia- gnostizieren sind. Wir haben die Frage der feineren Angioarchitektur der Meningiome nochmals aufgegriffen und glauben zu Befunden gekommen zu sein, die mit den neueren klinischen Angaben fibereinstimmen und auBerdem zur Frage der Genese dieser Tumoren beitragen kSnnen.

Material und Technik Es ist gar keine Frage, dab nur eine r~umliche Erfassung der Gef~13e einen

befriedigenden Einblick in deren Anordnung geben kann. Aus diesem Grunde haben wir versucht,an operativ entnommenenMeningiomenmitHilfe vonTusehe-Inj ektionen und dicken Schnitten eine Darstellung der Gef~l~e zu erreichen. Selbstverst~ndlich ist eine vollkommene Ffillung unm5glich, da bei der operativen Entnahme zwangs- l~ufig das Gef~Bnetz an vielen Stellen unterbrochen bzw. erSffnet wird. Gelegent- lieh ist es mSglich, an ihrer Oberfl~che in die gest~uten venSsen Abfliisse eine Injektionskaniile einzubinden. Zur Injektion wurde filtriertes Skribtol (Gfinther

468 W.M~LLER:

Wagner), in manchen Fiillen naeh Zusatz von Periston, benutzt. Es l~Bt sieh hierbei nicht vermeiden, daft an vielen Stellen die Injektionsfifissigkeit wieder zutage tritt, so dag eine Oberfl~chenbetrachtung wenig Aussichten hat. Nach Abbinden des injizierten Gefiil]es wurden die Geschwiilste im ganzen in Formalin- Alkohol fixiert. Sowohl an dieken Gefrierschnitten, als auch an Paraffin- und Celloidinsehnitten lii$t sich nun ein Einbliek in die dreidimensionale Anordnung der Gefi~l~e gewinnen. Augerdem wurden dicke Paraffinschnitte nach dem Vorgehen von ESSBACn (1. c.) mit verdiinntem Azocarmin gefiirbt. Letztere Methode f/illt jedoeh gegen das Injektionsverfahren stark ab.

Als zweite Methode zur r~umlichen Erfassung des Vaseularisationsmusters wurde die Rekonstruktion an Schnittserien angewandt. Hierzu dienten 10/~ dicke Paraffinschnitte naeh Fiirbung mit Weigertschem Eisenh~matoxylin, Orange G und Anilinblau. Andere Serien wurden mit der Heidenhainsehen Azanmethode gefiirbt. Bei der tJbertragung von histologischen Priiparaten auf das Papier bedienten wir uns eines Zeiehenspiegels. Die eigentliehe Rekonstruktion erfolgte mit dem yon STAUB~.SA~D U. A~DERS (1953) angegebenen Verfahren.

Zur Diagnostik lagen uns yon den benutzten Tumoren zahlreiehe Sehnitte vor, die mit den versehiedensten Methoden gefiirbt waren. Zur Nomenklatur: Wir unter- scheiden endotheliomat6se, fibromat6se und angiomatSse Meningiome. Die angio- mat6sen Formen gehen hiiufig in eine der beiden anderen Typen fiber.

Befunde

U m die l~berlegenhei t des d icken Schni t tes hfllsiehtlich der Beur- te i lung des Gef/~Bgehaltes eines Gewebes zu demonst r ieren , haben wir zwei Schni t te nebene inander gestell t . Abb. 1 a zeigt einen 8 te d ieken Schni t t (Gegenf/~rbung Kernech t ro t ) und Abb. l b aus dem gleichen Tumora rea l einen 200 te d icken bei gleieher Vergr6fterung. Obwohl schon der di innere Schni t t den Tumor als ein gef/~ftreiches, endothe l iomat6ses Meningiom erkennen 1/igt, offenbar t erst der 200-t~-Sehnitt den aufter- ordent l ichen Gef/ igreichtum, so daft man fas t geneigt ist, die Geschwulst dem angiomat6sen T y p der Tumoren zuzuordnen.

Bei st / i rkerer Vergr6fterung und n icht zu d ichter Auf lagerung sieht m a n in den endothe l iomat6sen Y[eningiomen ein reiehverzweigtes , netz- fSrmiges Gef/iftbild (Abb. 2). I n den Maschen dieser Netze l iegen die an- n/~hernd kugel- oder walzenfSrmigen pa renehymatSsen Zel lkonglomerate . Verfolgt m a n einzelne Gef/igstreeken, so f indet man n icht sel ten Quer- ve rb indungen zwischen grSl~eren Gef/iften, die in sich ebenfal ls ne tza r t ig gegl iedert sind (Abb. 3). Die f ibromat6sen Tumoren durehziehen ziem- lich sp/irlich Gef/~Bnetze; h/iufig t r i ff t man in diesen Meningiomen mehr besenreiserar t ig geb/ indel te Gef/~fte. Aber aueh bier hande l t es sieh, wie aus den dicken Schni t ten hervorgeht , um Netze. Die Dichte dieser Netze wechselt al lerdings yon Fa l l zu Fal l , so daft Uberg/~nge zum gef/iftreichen, endothe l iomat6sen T y p zus tandekommen.

Bei s t / i rkerer Vergr6fterung lassen sich bevorzugt in den endothel io- mat6sen Tumoren Gef/~fte v o n d e r Gr6Bertordnung e twa einer Capil lare oder Pr/ ieapi l lare verfolgen, die zu zweit paral le l ver laufen und sich naeh

Angioarchitektur der Meningiome 469

unterschiedlich langem Verlauf nahern, um auf diese Weise eine meist haarnadelartige Schlinge auszubilden (Abb. 4). Im iiblichen histolo- gischen Pr/~parat entsprechen die mehr oder weniger parallelverlaufenden

b

Abb. 1. Pa th . -Nr . 7462. Schnit te aus dem gleichen Areal eines endothel iomatSsen m i t Tusche injizierten Meningioms, bei a) 8 /~ (mit Hhmalaun-Eosin) , bei b) 200 ~ (mit Kernecht -

rot). E r s t der dicke Schnit t offenbart den enormen GefaBreichtum

Schlingenschenkel Bildern, wie sic Abb. 5 zeigt. I{/iufig sind beide Ge- f/iBe nur (lurch eine Endothelwand voneinander getrennt. ESSBACH (1. C.) spricht hier yon Zwillingsgefi~Ben. Wiederholt konnten wir w/ihrend des Parallelverlaufs dieser GefiiBe sprossenartige Querverbir~dungen an- treffen (Abb. 6a u. b).

Diese einfachen Schlingen kSnnen sich T- oder Y-fSrmig aufgabeln (Abb. 6c). Eine weitere Vari~nte sind Capillarschlingen, deren einzelne

470 W. MULLE~:

Glieder oftmals nicht auseinandergehalten werden k6nnen, da sie in £uBerst bizarrer Weise durcheinander verschlungen sind (Abb. 7). Auch hier trifft man aber gelegentlich auf sehr eindeutige Bilder, die das

A bb. 2. Pa th . -Nr . 6280. Tusche - In jek t ion , 200 t~, Kernech t ro t . Besonders dichtes Gef~Bnetz eines endothe l iomat6sen Meningioms

Abb. 3. Pa th . -Nr . 6280, Techn ik wie Abb. 2. Ne tz fSrmige Anas tomose zwischen gr613eren Gef~tl~en

Auftreten der Schlingen- bzw. Kni~uelbildungen aus zwei oder mehr gestreckten Zuffihrungsgef~Ben erkennen lassen.

In den Gef~Bquerschnitten begegnet man nicht selten mehreren Lu- mina, die in einem Bindegewebskomplex vereinigt sind und bei ober- fl~cblicher Betrachtung an die Rekanalisation thrombosierter Gef~Be er- innern. Die Verfolgung derartiger Bilder an den Schnittserien und ihre Rekonstruktion zeigt, dab es sich hier entweder um Anschnitte yon Ge-

Angioarchitektur der Meningiome 471

a b

Abb. 4. a Pa th . -Nr . 8146 (200 ~). b Pa th . -Nr , 6898 (80 g). Tusche- In jek t ion , Kernech t ro t . H a a r n a d e l f 6 r m i g e Capi l larschl ingen in endo the l iomat6sen Mening iomen

a b

Abb. 5 a u. b. Path.-bTr. 8095. Zellreiches endothe] iomatSses Mening iom m i t sog. Zwillings- gef~l~en, bei denen es s ich u m die Anschn i t t e yon Schlingen (s. Abb. 4) handel t . Sie werden h~ufig n u t du t ch eine dtinne E n d o t h e l w a n d yon e inander geschieden. F ~ r b u n g : Eisenh~m-

a laun (XVeigert), Ani l inb lau-Orange , 10

f/iBkn/iueln oder um Gef/~l~aufsplitterungen handel t , die fiber eine kurze St recke verfolgt werden k6nnen, u m sich h in te rher wieder zu e inem Ge- f/iB zusammenzubf inde ln und schliei~lich zu einem Lumen zu vereinigen

472 W . MOLLER:

a b c

Abb. 6a---c. Endothel iomatSse 5{eningiome. Tusche-Injekt ion, Kernech t ro t . a Path . - Nr. 8146 (200 ~) und b Pa th . -Nr . 6898 (80 t~): Capfllarschlingen mi t sprossenar t igen Vcr-

bind~mgen, c Pa th . -Nr . 6898 (80 #): T-fSrmige Aufgabelung einer Schlinge

Abb. 7 a - - f . Endothel iomatSse Meningiome. Tusche-Injekt ion, Kernech t ro t . a, b, c und f Path . -Nr . 6898 (80 ~), d u n d e Pa th . -Nr . 6280 (209 g). Bizarr ges ta l te te Capillarschlingen

mit auff~nigen Ka l ibe r schwankungen

Angioarchitektur der Meningiome 473

(Abb. 8). Nicht selten konnten wir blindsackartige Ausbuchtungen er- kennen, die yon solchen Aufsplitterungen abzweigen.

Allerdings, dies sei hier eingeschaltet, stellen die Gefiil~e hinsichtlich ihrer morphologischen Qualitiit keine eindeutig unterscheidbaren Klassen

Abb. 8. Rekons t ruk t ion einer Gef~l~strecke in e inem endothel iomatSsen ~Vleningiom (Path . - Nr. 8095) m i t ampul l~ren Erwei te rungen und biigelart iger Alffspl i t terung

dar. Abgesehen yon einzelnen wenigen typischen Arterien und Venen variiert ihr Wandbau stark. Meist sind sie mit einem einfachen Endothel ausgekleidet, an das sich eine adventitielle Htille anschlieBt, die aus einem

Abb. 9~ Pa th . -Nr . 8095, endothel iomatSses Meningiom. Abrup te Andermlg der ~Vanddicke ohne wesentl iche Vo lumenande rung des Gef~i0es. Technik wie Abb. 5

lockeren Fasergespinst besteht oder hyalin umgewandelt ist. In auf- f~lliger Weise kann die Gef~Bwandst~rke so abrupt wechseln, wie dies Abb. 9 zeigt. Auf den Einbau yon sogenannten Oxytalanfasern, die den elastischen Fasern nahe zu stehen scheincn, wurde kfirzlich yon KLOSE (1960) hingewiesen. Zu den verschiedenartigen pathologischen Wand- ver~nderungen soll in dieser Mitteilung nicht Stellung genommen werden.

4 7 4 W . MffLLER:

Zum AbschluB unserer Befundbeschreibung sei die Bizarrerie der feineren Gef~Barchitek- tur an einer Zeiehnung dargestellt, die sieh aus der Rekonstruktion einer Serie ergab (Abb. 10). Neben den briickenartigen Auf- splitterungen kommt hier vor allem die sprunghafte Kaliberschwankung innerhalb einer kontinuierlichen Gefiil~strecke zum Aus- druck.

. . .- 'J

Abb. 10. R e k o n s t r u k t i o n einer z u s a z n m e n h h a g e n d e n Gef~Bgruppe, die das wechselvol le Bfld der fe ineren A n g i o a r c h i t e k t u r in e inem endo the l ioma tSsen Mening iom (Pa th . -Nr . 8095)

anschal f l ich m a c h t

Diskussion der Befunde

Unsere Befunde best/~tigen und erweitern die Darstellung der Angio- architektur der Meningiome ESSBACUS (1. e.). Dieser Autor kommt zu folgenden Schlfissen fiber die Bedeutung der Gef/~Bbeteiligung an deren Aufbau: ,Erseheinungsformen, GrSBe, Wachstumsausmal~, ja die ganze histologische Struktur der Tumoren werden weitgehend yon der GrSBe des Strombahnquersehnittes und von der Leistungsf/ihigkeit des Gef£B- apparates bestimmt. Die Proliferationsf/~higkeit und -bereitschaft des Gef/~Bapparates als des lebenspendenden Systems erscheint als aus- schlaggebender Faktor ffir die Proliferation der zelligen Parenchymmasse und fiir alle regressiven Umwandlungen". Die mannigfaltigen Besonder- heiten des Capfllarnetzes werdett von ibm also als Ausdruck des Prolife- rationsausmaBes aufgefaBt. Man muB ESSBACH V611ig zustimmen, wenn er mit Nachdruck darauf hinweist, dab die Gef~Be der Meningiome keinesfalls ,,als Stroma im fiblichen Sinne" aufzufassen sind. Wie aber ist es formalgenetisch um dieses Stroma bestellt ?

Bekanntlich brachte M. B. SCHMIDT 1902 als erster die Pacchionischen Granulationen mit der Entstehung der Meningiome in Beziehung. Diese

Angioarchitektur der Meningiome 475

Theorie wurde sp/tter besonders von BAILEY (1940) uuterbaut und fand wiederholt, wie z. B. in der Mitteilung yon COURVILLE U. ABBOTT (1942), durch charakteristisehe Beobachtungen ihre Best~tigung.

Aus neuerer Zeit liegt eine Studie von FER~ER (1940) fiber die endo- the]al~igen Zellanh/iufungen in der Arachnoides vor. FERNER beschreibt als scheibenfSrmige Gebilde ,,zellige Flecken" und ,,zellige KuStchen", die knollenfSrmig zwischen die Lamellen der Dura hineinwuchern. An Hand yon Serienschnitten konnte er nachweisen, daf~ die h/~ufig m~chti- gen zelligen KnStehen in der harten Hirnhaut fiber einem dfinnen binde- gewebigen Stiel mit der Arachnoides zusammenh/ingen. Da jedoch diese Gebilde weder in ihrem Zellkomplex noch in ihrem Stroma Gef/il~e ent- halten, kommt es leicht zu regressiven Vorg/ingen, wie z. B. zur Aus- bildung yon kalkhaltigen Konkrementbildungen. Eine weiterentwick- lung dieser Zellhaufen stellen die zottenartigen Pacchionischen Granu- lationen dar. ,,Die Umwandlung eines solehen soliden KnStchens in eine aus lockerem, schleim/~hnlichen Bindegewebe aufgebaute Araehnoidal- zotte kann man ohne Schwierigkeit verfolgen . . . Zwischen den Zellen treten zun/~chst feine und leicht gewS]bte, kollagene Bindegewebsfasern auf, die parallel verlaufen und den soliden ZellkSrper schiehtweise zerlegen" (FERNER 1. c.).

Die Untersuchung dieser Gebilde im Zusammenhang mit der Dura (Lit. s. ESSBACH) /Srderte eine au/fiillige Beziehung zu Capillarnetzen zutage, die zu den Ge/d/3en der batten Hirnhaut geh5ren. Die plexiformen Capillaren kSnnen die arachnoidalen Zellpolster der Pacchionischen Granulationen umspinnen oder sie durchsetzen. Es ist ohne Belang, ob es sich hier um ein Umwaehsen bereits vorhandener Capillarnetze durch die arachnoidalen Zellhaufen handelt oder ob die Capillarformationen in letztere ein- gewuchert sind. Ffir die erste MSglichkeit spricht die starke Prolife- rationstendenz der arachnoidalen Deckzellen unter bestimmten Um- st/~nden, z. B. chronischen Reizungen (HENSCHEN 1910, MAlCnURG 1935, TONNIS U. GRIPONISSmTES 1939). 1954 und 1955 verweist CAIN auf die MSgliehkeit eines Zusammenhanges zwischen dem vermehrten Vorkom- men von AraehnothelknStchen und zerfallenen Geschwulstmetastasen im Subduralraum; schlie6lich gehSrt hierher aueh noch die MSglichkeit der t raumabedingten Meningiomentstehung (Lit. s. ZOLCH 1956).

Zu dieser Wucherungstendenz der arachnoidalen Deckzellen kommt ein ausgepr/igter Angiotropismus. Auch diese Eigenschaft findet sich in den Meningiomen wieder. Wir finden n/~mlich gar nicht so selten Zell- massen in den endotheliomatSsen oder auch angiomatSsen Meningiomen, die durch das Gef/~Bbindegewebe hindurch in das Lumen der Gef/iI~e eingewachsen sind. In Abb. 11 erkennt man, wie das ins Gef/~I] ein- dringende Tumorparenchym noch mit einem dfinnen Stiel mit den extra- vasalen Massen in Zusammenhang steht.

476 W. MULLER:

Im ~lteren Schrifttum wird iibrigens gelegentlich fiber Duraendotheliome berichtet, die keinen soliden Tumorknoten ausgebildet haben, sondern in denen sich die Tumorzellen ausschlieBlich in den ven6sen Gef~I3en der knSchernen Sch~del- kapsel fanden. Wir verweisen insbesondere auf die Mitteilung von ASKENAZI U. WILL (1937).

Das Einwachsen der Pacchionisehen Granula t ionen in die venSsen

Gef£Be der har ten H i rnhau t ha t zu den verschiedensten Spekula t ionen

fiber ihre Funk t ion geffihrt.

Abb. 11. Path.-Nr. 8474. Sehr gef~l~reiches Meningiom. Einwachsen endotheliomat6ser Zellen in ein Gefh21umen, die fiber einen diinnen Stiel mit der Masse des Tumorparenchyms

in Verbindung stehen. Die Wand des Gef~l~es ist hyalinotisch. Technik wie Abb. 5

Die meist verbreitete Ansicht ist, dM3 die Arachnoidalzotten den Liquor cerebro- spinalis in das Blutgef~13system filtern. Ohne auf diese Fragen weiter einzugehen, m6chten wir lediglich auf die Stellungnahme von FERNnR (1959) hinweisen, nach der eine derartige Bedeutung der Pacchionischen Granulationen sehr unwahrschein- lich ist. Kfirzlich kam ebenfalls KLIKA (1959) auf Grund morphologischer Unter- suchungen zu der Feststellung, da~ die Pacchionischen Granulationen sicherlich nicht den Hauptweg fiir den AbfluI~ des Liquors darstellen.

Wir fassen also das Pa renchym der Meningiome in l~bere ins t immung

mi t der Mehrzahl der Autoren als identisch mi t den zelligen Wucherungen

des Arachnothels auf. Diese Fests te l lung gilt aber nicht nur ffir den

endothel iomatSsen, sondern auch ffir den f ibromatSsen Typ, wie wir aus den Ergebnissen der Gewebezfichtung schliei3en kSnnen. Insbesondere COSTERO et al. (1955) und KERST~NG (1961) wiesen hierbei nach, dab

explant ie r te endotheliale Meningiomzellen fiber Zwischenstufen zu Kol-

Angioarchitektur der Meningiome 477

lagen produz ie renden F ib rob la s t en auswachsen. Den Gefhl3anteil der Meningiome hingegen mfissen wir nach dem Modell der Pacchionischen Granu la t ion yon der Dura m a t e r her le i ten 1. Wie sich zeigt, g ib t es auch ta t s~chl ich l[~bereinstimmungen in der Mannigfa l t igkei t der Gef i~b i lde r im Meningiom und der ha r t en Hi rnhau t .

In den Bl~ttern der Dura unterscheidet PFEIFE~ (1951) vier hervorstechende Gef~i~schichten, die sich durch einen enormen Formenreichtum der GefiiBe aus- zeichnen. In der Oberfl~iche der Dura liegt ein arterielles Netz, dem ein ven6ses Geflecht unterlegt ist. Hier finden sich viele blindsackartige Gef~Be. Die dritte Sehicht enth~lt arterielle ,,M~andergef~13e" mit ihren Begleitvenen. ,,Diese Schicht ist es vor allem, welche der Angioarchitektonik der Dura mater ihre besondere Eigenart verleiht, und in der Tat wird es kaum eine andere Stelle im menschlichen K6rper geben, wo solche Bizarrerien in der Form der Blutgef~e angetroffen werden" (P•EIFER, 1. C.). Die unterste Schicht bildet ein Capillarnetz. Diese Gefi~- schiehten der harten Hirnhaut stellen ein Kontinuum dar und kSnnen mit ihren vielen Anastomosen und ampull~ren Erweiterungen der Venen (StrSmungsverlang- samung!) als Blutdepot aufgefaft werden. Die funktionelle Deutung der Gef£8- architektur der harten Hirnhaut l~St sich fraglos auch auf die Vascularisation der Meningiome fibertragen und bildet den Schlfissel fiir ihr eigentfimliches Verhalten im Angiogramm.

Berei ts 1929 wurde v o n d e r Por tugies ischen Schule (MoNIz, PINTO, LIMA, zit. bei TSNNIS U. SCItIEFER 1959) das Ang iog ramm des Meningioms besehrieben. Die lang anha l t ende homogene Anfi~rbung bei der Angio- graphie ffihrte LIMA (1936, 1950) seinerzeit au f eine Kompress ion der abff ihrenden Gefii8e in der Geschwulst zurfiek und deu te te diese Bi lder als eine Stase innerha lb des Tumors . I n ihrer Monographie fiber die Ser ienangiographie der Hirngeschwfi ls te k o m m e n T6NNIS u. SCttIEFER (1959) ZU der Fes ts te l lung, dab es sieh bei den Meningiomen um eine Geschwulst mi t wei tgehend eapi l la rem Gef~Beharakter hande l t . Durch diese reiehliehe Capi l lar is ierung bedingt , f£rbt sich der T u m o r sehon sehr frfih in der ar ter ie l len Phase an. I m Gegensatz zu anderen Tumoren ble ib t diese Anf i t rbung aber sehr lange bestehen und zwar sogar hiiufig l£nger als die fibrige Hi rnz i rku la t ion . Nach unseren Be/unden beruht diese angiographische Besonderheit der Meningiome also nicht nur au/ dem reich- lichen Gehalt an Capillaren, sondern vor aUem au/ den EigentiimlicMceiten des/eineren Ge/gi/3baues.

Wie T6N~IS u. SCHIEFER (1. C.) weiter schreiben, erscheint die Tumoranf~rbung in den meisten F~llen rund. Sie berichten abet auch fiber Bilder, die nur eine halb- kugelige Tumoranfi~rbung aufwiesen. Nach unseren Befunden gibt es Meningiome, die aus zwei verschiedenen, schon makroskopisch unterscheidbaren Anteilen be- stehen, n~mlich einmal aus einem endotheliomatSsen Teil, der, Tie wir schon oben beschrieben, sehr reichlich vascularisiert sein kann und aus einem separa~en fibro- matSsen Tell, dessen Gefiil~versorgung weniger reichlich ist. H~ufig umschliel~t der endotheliomatSse Teil den fibromat6sen, d. h. wir haben gewissermaBen eine

1 Von WOLMA~ (1952) wurde auf die mitunter schwierige Abgrenzung zwischen kleinem Meningiom und hypertrophierter Pacchionischer Granulation verwiesen.

478 W. ~V[~YLL~R :

ins Ungeheuere vergr613erte Pacchionische Granulation vor uns. ZULCH (1. c.) erw/ihnt einen solchen typischen Fall aus unserer Sammlung (Path. Nr. 6280) und zeigt eine histologische Abbildung (315d), die die beiden differenten Gewebsanteile klar erkennen 1/iBt. Sehr wahrseheinlich handelt es sich bei den von TONNIS u. SCHIEF~R (1. C.) erw/~hnten angiographischen Bildern um derartige Meningiome.

In den Befunden fiber die Gef/iBe in der Dura mater vermi$ten wir die in den Meningiomen aueh schon yon ESSBAOH (1. e.) beschriebenen haar- nadelartigen Gef/iBsehlingen mit ihren mannigfaltigen Varianten bis zum Schlingenkonvolut. Es liegt deshalb nahe, diese Eigentiimlichkeit der Tumorgef~Barchitektur mit dem Geschwulstcharakter, also mit der Pro- liferationstendenz des Parenchyms in Beziehung zu setzen; so, wie wir etwa in den Randzonen eines Glioblastoms Capillarschlingen finden. W/ih- rend es sich aber in diesem Falle um Gef/~Bknospen handelt, die selbst proliferieren (hohes, saftreiches Endothel mit Mitosen), zeigen die Schlin- gengef/~Be in den Meningiomen in der Regel ein normales, gewissermal3en im l%uhezustand befindliches Endothel (womit natfirlieh nichts fiber die Stoffwechselsituation gesagt sein soll).

Versucht man nun zu diesen Gef/~Bbesonderheiten entsprechende Aus- bildungen am Hirn des Erwachsenen wiederzufinden, so trifft man sie an zwei Stellen mit aller Deutlichkeit an. Einmal n/~mlich weist der vasale Anteil der Plexus chorioidei die gleiehen Schlingen und Capillarkonvolute auf. Wir verweisen auf die besonders gelungene Abbildung im Lehrbuch der Histologie von PETERSE~ (1935). Der zweite Ort, an dem sich die gleichen Gefii$bilder wiederfinden lassen, ist das Gebiet der ,,proximalen adeno-neurohypophys/iren Kontaktfl/~ehe" (SPATZ et al. 1948) 1. Gerade in den letzten Jahren war die Gef/iBversorgung der I-Iypophyse im Zu- sammenhang mit dem Infundibulum der Gegenstand ausgedehnter Unter- suchungen und Kontroversen. Besonders SPATZ (1951, 1953) und seine Schiller bemilhten sich um eine K1/irung dieser Verh/~ltnisse. Hier wurden bereits 1860 yon LUSOHKA eigentfimliehe Schlingen entdeckt, die, wie sp/itere Untersuchungen ergaben, anseheinend in der gesamten Wirbel- tierreihe vorkommen (Lit. s. DIEPEN 1953, 1962, ENGELHARDT 1956, BRETTSCHNEIDER 1956). Von MOlCI~ u. BOTI~EI¢ (1941) liegt die Rekon- struktion dieser Schlingengef/il~e oder ,,infundibul/iren Spezialgef/~l~e" (NowAxowsKI 1951) beim Hund vor. Es handelt sich sowohl um einfache haarnadelfSrmige Gebilde wie um T- oder Y-fSrmige Aufspaltungen. Beim Menschen ist die Bizarrerie der Spezialgef/~Be besonders ausgepr~gt (CHRIST 1951). Wir finden Bilder, die vollkommen denen gleichen, die wir im Meningiom beschrieben haben. ENGELI-IARDT (1956) verweist auf die Ahnlichkeit der Spezialgef/il3e mit primitiven Capillarsehlingen, die sich bei

1 Im Markstreifengebiet der Retina des Kaninchens wurden von ROrIEN (1954) typische Schlingencapillaren beschrieben. Auf die Capillarschlingen aul~erhalb des Zentralnervensystems (z.B. in den Zotten des Darmes, in den Papillen der Haut) brauchen wir hier nieht weiter einzugehen.

Angioarehitektur der Meningiome 479

frfihen ontogenetischen und phylogenetisehen Entwicklungsphasen wie- der finden. Zur Erliiuterung sei kurz auf diese Zusammenh~nge hiu- gewiesen.

SPALTEHOLZ (1923) kam auf Grund embryologischer Beobaehtungen zur Auf- stellung eines ,,angiogenetischen Grundgesetzes", das besagt, dab rShrenfSrmig angelegte Organe durch ein verzweigtes, fl~chenhaftes, also zweidimensionales, solide angelegte Organe hingegen yon Anfang an durch ein strauchfSrmiges, also dreidimensionales, Blutgef~netz versorgt werden. Solange es sich um ein dfinn- wandiges Hohlorgan handelt, werden durch das oberfl~tehliehe Netz die Erfordernisse eines Stoffwechseloptimums erfiillt. Nimmt aber die Wandst~rke zu, so ,,gehen yon ihm dann Xstchen annahernd senkrecht in die Tiefe, deren 5rtliches Auftreten, Zahl und St~rke in innigster Beziehung zu dem Wachstum der Wandung des l~ohres und ihrer weiteren Differenzierung steht" (St'ALTEHOLZ, l. C.). Bei einer Reihe niederer Wirbeltiere gleichen die in das sieh verdiekende Neuralrohr radiSr ein- strahlenden Gefii~e vollkommen unseren SehIingen (Lit. s. CRAIaIE 1955). Dieser ,,looped mechanism" der intraneuralen Gef~i~versorgung bleibt hier aueh teilweise im adulten Zustand bestehen. In der S~ugetierreihe scheint naeh Untersuchungen von WISLOCKI (1939) und SCgAR~ER (1938, 1944) lediglieh beim Opossum dieser Sehlingentypus vorhanden zu sein. Aus den einfachen Sehlingen entstehen aber in der Regel dreidimensionale Netze, die schlie61ich ein Gef~flkontinuum bilden. Schon SrALTEttOLZ (l. C.) wies jedoeh darauf him dab die feinere Ausgestaltung des Gefifl3netzes nicht iiberall im Neuralrohr bzw. Him gleich ist, sondern dal3 sehr wahrscheinlieh spezifisehe Ausdifferenzierungen des Parenehyms Besonderheiten des Netzes bedingen.

Daher kommt ENGELHAI~DT (1956) sicherlich mit Recht zur Ablehnung der Vorstellung, ,,da6 die Besonderheiten der Angioarchitektonik be- stimmter Absehnitte der Neurohypophyse ohne weiteres durch ein Stehenbleiben auf einer primitiven Entwicklungsstufe zu erkli~ren sind". Andererseits spreehen die experimentellen Befunde SCHARnm¢S (1939, 1940) fiir ein festgelegtes Muster, wenn regenerierende Hirngef~13e des Oppossums bei Einwaehsen in transplantiertes Ratten- oder Meerschwein- chenhirngewebe ihren Sehlingencharakter beibehalten.

Anscheinend ist mit dem Sehlingeneharakter aber auch noch eine /unlctionelle Sonderstellung verkniipft, da diese Gefi~6e nach den Unter- suehungen yon WISLOCKI u. KInG (1936) im Gegensatz zu gewSbnliehen Hirngef~l~en ffir saure Vitalfarbstoffe (z. B. Trypanblau) permeabel sind. Eine Eigenschaft, die fibrigens auch den GefitI3en der Plexus ehorioidei zukommt (SPATZ 1934; weitere Lit. s. SCtIALTENBRAND 1955). Wahr- seheinlieh nehmen aueh die Gef~Be im Subforniealorgan und der Area postrema eine derartige Sonderstellung ein.

Die neueren Befunde fiber die Hirntumordiagnostik mit Positronen- strahlern (WILcK~ 1962, dort weitere Literatur) spreehen ohne Zweifel im Gegensatz zum Hirngewebe ebenfalls fiir eine erhShte Permeabiliti~t der Meningiomgef~13e (keine Blut-Hirnschranke!), da yon allen Unter- suehern eine enorme Speicherung des injizierten Strahlers in dieser Tumorgruppe hervorgehoben wird. Dieses Verhalten ist nicht wie in der

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Serienangiographie auf eine l~ngere Verweildauer des radioaktiven Isotops in den Gef~en zuriickzuffihren, da die MeBergebnisse erst etwa 1 Std nach dessen Zuffihrung ihren HSchstwert erreichen.

Die morphologische Identiti~t der infundibuliiren Spezialgef£~e und auch die Capillaren in den Zotten der Plexus chorioidei mit den Schlingen- gef~i~en in den Mengiomen ffihrt zu der Vorstellung, dab letztere als Persi- stenz eines primitiven Zustandes zu deuten sind. Somit w~ren die Menin- giome zu den Mfl~bildungstumoren zu rechnen ? Hiergegen spricht schein- bar das Erkran~ungsalter, da die Meningiome bekanntlich fiberwiegend Tumoren der sp£teren Lebensdekaden sind. Wir sagen mit Absicht schein- bar und nicht anscheinend, weft es, wie wir meiaen, durchaus vorstellbar ist, da~ es sieh primer um das Zusammentreffen arachnoklaler Deckzell- haufen ( 4 fl~chenhafte Meningiome) oder Pacchionischer Granulationen mit persistenten Schlingengef~i~en handelte, woraus durch uns unbekann- te Reize (entzfindliche Vorgi~nge ? Trauma ? Narbenbfldung ?) ausgelSst die Proliferation zur Geschwulst einsetzt. Einer dieser Reize dfirfte ver- mutlich ein endokriaer F a k t o r sein, woffir wohl das Uberwiegen der Frauen als Meningiompatienten spricht (vgl. ZOLC~ 1. c.).

Die yon M. B. SCHMIDT (1. C.) postulierte und durch AoYAGI u. KruNo (1912) nachgewiesene Kongruenz der H~ufung Pacchionischer Granu- lationen an umschriebenen Stellen und den Vorzugssitzen der l~Ieningiome erf~hrt durch die Einbeziehung der Besonderheiten der Gef~Barchitektur als urs~chlichen Faktor somit eine Erweiterung. Inwieweit aus dieser Sicht heraus n~here Beziehungen zu bestimmten Angiomen des Hirns bestehen, mfissen weitere Untersuchungen ergeben. Hinweise hierffir sehen wir in der Pathologie der Angiome (s. BERGSTRAND, OLIVECRONA U. T6N~IS 1936), in den angiomatSsen Meningiomen und in der Kom- bination von Meningiomen mit capill~ren Angiomen, wie sie z. B. von HosoI (1930) beschrieben worden sind.

Zusammenfassung

1. Nach Tusche-Inj ektion sowie nach Rekonstruktiou aus Schnittserien wird die feLaere Angioarchitektur der Meningiome beschrieben.

2. Es finder sich, wie schon yon ESSBAC~ hervorgehobea, bevorzugt in den endotheliomatSsen Meniagiomen eia Gef~kontinuum, das der Vascularisation der Dura mater entspricht. Aul~erdem lassen sich Capillar- schlingen in mannigfaltiger Differenzierung nachweisen.

3. Diese Befunde werden den Ergebnissen der Serieaangiographie gegenfibergestellt. Die Gef~l~varianten und ihre histologischen Besonder- heiten sprechen fiir einen Depotcharakter, der die Eigentfimlichkeiten des Tumors im Serienangiogramm erkl~rt.

Angioarchitektur der Meningiome 481

4. Die Schlingengef~Be f inden ihre AnMogie in den Spezialgef~Ben der adeno-neurohypophys~ren Kontak t f l~ehe und den Capi l laren in den Zo t t en der P lexus ehorioidei.

5. Abschliel]end ~ r d zur F r a g e der Mening ioments tehung Ste l lung genommen.

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Privatdozent Dr. med. Dr. phil. nat. W. M#LL:,~I~, Max Planck-Institut fiir Hirnforsehung, 5 K61n-Lindenthal, Lindenburg