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ANNALEN DER PHYSIK UND CHEMIE. ~ JAHRGANG 1833, ERSTES STOCK. I. Beitrag zur Erutiometrie; PO^ C. Brunner. D i e Anwcndung des Apparates, den ich zur Bestim- mung des in der Atmospbdre eothaltenen Wmsers vor- geschlagen babe, auf Eudiometrie lag zu nahe, als d a t ich' es hltte versiiumen ktinnen, dieselbe zu versuchen. Obgleich wir mehrere eudiometrische Methoden besitzen, so scheint es do& immer ein Gewinn fiir die Wissen- schaft, wenn ein neuer Weg bekanut wird, zu einem vorgesteckten Ziele zu gelangen. Alle bisherigen Metho- den, den Sauerstoffgehalt der atmosphiirischen Luft zu bestimmen, grtinden sich auf die Entfernung desselben aus einem gemessenen Volumen von Luft, wobei das Volu- mcn des zuriickgebliebenen Stickgases, von dem der un- tersuchten Luft abgezogen, die Menge des. Sauerstoffes auf eine indirecte Weise zu erkennen giebt. Die eudio- metrische Methode, die ich hier zu beschreiben habe, ist gewissermafsen das Gegentheil der bis jetzt gebrguch- lichen, indem durch sic die Menge des Sauerstoffes aus einem positiven Ergebnifs, nlmlich aus der Gewichtszu- nahme eines oxydirbaren Ksrpers , welche denelbe er- leidet, wenn er aus einem gemessenen Volumen atmo- SphMscher Luft den Sauerstoff aufnimmt, abgeleitet wird. Annal d.Phyrik. Bd.103.St.l. J.1833.St.l. 1'

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A N N A L E N DER PHYSIK UND CHEMIE.

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J A H R G A N G 1833, ERSTES STOCK.

I. Beitrag zur Erutiometrie; PO^ C. Brunner.

D i e Anwcndung des Apparates, den ich zur Bestim- mung des in der Atmospbdre eothaltenen Wmsers vor- geschlagen babe, auf Eudiometrie lag zu nahe, als d a t ich' es hltte versiiumen ktinnen, dieselbe zu versuchen. Obgleich wir mehrere eudiometrische Methoden besitzen, so scheint es do& immer ein Gewinn fiir die Wissen- schaft, wenn ein neuer Weg bekanut wird, zu einem vorgesteckten Ziele zu gelangen. Alle bisherigen Metho- den, den Sauerstoffgehalt der atmosphiirischen Luft zu bestimmen, grtinden sich auf die Entfernung desselben aus einem gemessenen Volumen von Luft, wobei das Volu- mcn des zuriickgebliebenen Stickgases, von dem der un- tersuchten Luft abgezogen, die Menge des. Sauerstoffes auf eine indirecte Weise zu erkennen giebt. Die eudio- metrische Methode, die ich hier zu beschreiben habe, ist gewissermafsen das Gegentheil der bis jetzt gebrguch- lichen, indem durch sic die Menge des Sauerstoffes aus einem positiven Ergebnifs, nlmlich aus der Gewichtszu- nahme eines oxydirbaren Ksrpers , welche denelbe er- leidet, wenn er aus einem gemessenen Volumen atmo- SphMscher Luft den Sauerstoff aufnimmt, abgeleitet wird.

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Uin zu diesem Zicle zu gelangen, durfte nur der fruher von mir bescbriebene hygrometrische Apparat *) dabin ab- geandert werden , clars die hygroskopische Substanz mit einer eudiolnetriscbeii , d. h. rnit einer solchen vertauscht wurde, welchc f&ig war, der durcbstrbmendcn Luft den Saucrstoff vollstiindig zu entziehen. Leicht oxydirbare, nicht. fluchtige Metalle im fein zertheilten Zustande schie- nen mir hiezu ani tanglichsten. Nacli mehreren Versu- chen gelang es niit folgender Einrichtung (Fig. 1 Taf. I).

Dic zu bcidcn Sciten offcne Riihre cd wird von a bis b, in einer Liingc von ungefiihr 5 Zoll, mit iniigliclist locker hineingestecktem Amianth gefiillt. Zwiscben die Fascrn dcssclbcn werdcn ungefiihr 3 Gramln fcin zer- theilten inctnllisclicn Eiscns , so wic solches durcli Re- cluctioii des durcli Niedcrschlagcn bercitctcn Oxytlcs mit- telst Wasserstoffgas bei mYCsiger l\othgliihhitzc erlialten wird, durch zwcckmd'siges Scbiitteln moglichst gleiclifiir- mig vertlieilt. Ein slinliches Gemenge von 1 Grm. Ei- sen mit Amianth wird in die Kugel e gebracht, i n j n o c h ein wenig Aminnth ohne Eiscn. Um die bcim Einfiillen voii dcn Substnnzcn aufgenommcne Fenchtigkeit vollkom- inen zu bcscitigcn, wird nun dic Riihre mit dcm Ende c an eine l\bhre, welche Chlorcalciuin entlidt, befestigt, und wzhrend sie mit einer Weingeistlainpe, deren dop- pelter , bandfilrmigcr Doclit nnch der cincn Riclitung 2 4, nacli cler andern + Zoll breit ist, bis ziini anfangenden Gliihen erbitzt wird, eincm durch dns Chlorcalciiini gehen- clcn Strome von Wasserstoffgas ausgcsetzt. Sobald sich, naclideni die Rbhre von u bisJerhitzt worden, kcin Was- scr mehr zeigt, so wird sogleich dic ausgczogene Stelle g mit dem Liithrohre abgeschmolzen, und auch d eben SO geschlossen **). Nach dcm giinzlichen Erkalten wird nun die Rshre aufs Genaueste gewogen.

*) Diese Ann. Bd. XX S. 274, und Bd. XXlV S. 569. P. **) Irh hdte er nicht fir zweckmjfsig, dns Eisen im W'asscrstoffgas-

rtrome kalt wcrdcn m Iassco. Ich glnube nimlich bemeAt zu haben, dalj es hiebei etwas Wasrerrtoff vtrschluckt, wclcher

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Der endiometrische Versach selbst geschieht auf fol- gende Art: Man schneidet mit einer Feile die beiden zu- geblasenen Spitzen ab, und setzt das Endef mittelst ei- ner Kautscbuckr6bre mit dem Ballon A, Fig. 2 Taf. I, der mit Quecksilber gefullt ist, in Verbindung. Hierauf wird die R6brg in u mit der oben beschriebenen Lampe zuln anfangenden Gluhen erhitzt, und durch Oeffnen des Habns das Queckeilber aus dem Ballon in die Flascbe A abgelassen. Es ist klar, dals das Volumen des ab- fliersenden Quecksilbers demjenigen des in der durchstrB menden Luft entbaltenen Stickgases gleich seyn wird, wabrend die Gewicbtszunahme der Robre (bci deren Be- stimlnung die abgeschnittenen Spitzen nicht zu vergessen sind) den dazu gebihenden Sauerstoff 'bezeichnct. Es darf also nur diese Gewichtsziinabme auf das Volumen bei dem vorbandenen Barometer- und Tbermometcrstand berecbnet werden, UUI daraus das eudiolnetrisclie Ergeb- n i t abznleiten. Will man auf das Genaueste verfahren, so kann man die einstr6mende Luft noch durch eine Riihre mit Chlorcalcium (hl') leiteri. Die Flaachc B, deren ich mich bediene, fafst 530 Cubikcentilueter. Eine solche Menge Fliissigkeit kann man, ohne zu besorgcn, dafs ein Antbeil Sauerstoff nicbt aufgenommen werde, in funf Mi- nuten abflieten lassen. Zum Ueberflut stelle ich noch unter e eine gew6hnliche Weingeistlampe. Das Fort- schreiten der Oxydation des Eisens giebt sicl deutlich durch das Erglliben desselberi zu erkennen. Die Lampe m u t dabei inrmer weitcr von D nach b zu geschoben werden.

Nach jeder Operation kann die Rirbre wieder brauch- bar gelnacht werden , indeln man, .obne den Inhalt her- auszunehmen, in Q ein neues Stuck ametzt und f wie-

nacliher bei deto eudiontetrischcn Verruche eine kleine Meugs Souerstoff zu seiner Oxydrtioo aofoimmt, uod rnit demselbeo a h W'arser entweicht. Ich crhielt wenigstcnr bei solchen Ver- mcben immer cine Spur von Wasser.

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der in eine Spitze auszieht. Alsdann wird durch eincn Strom trocknen Wasserstoffgases, mahrend die Rshre mit der Lampe erhitzt wird, das Eisen reducirt, uud der Ap- parat, wie oben beschrieben, zugerichtet. Wollte man (z. I). auf Reisen) statt Quecksilber Wasser anwenden, so ist klar, dafs das Stickgas im Zustande.vollkommener Feuchtigkeit in Rechnung zu bringen w%re.

Statt des Eiscns kann auch pulverffinoiges Kupfer als eudiolnetrische Substanz gebraucht werdcn , entwcder so wie es aus seincn Salzen durch Zink, oder aus dem Kupfervitriol kochend durch Zucker gefallt wird. Es hat vor dem Eisen den Vonug, daCs es sich nach jedem Ver- such vie1 lcichter reducircn liifst. Da es aber wahrcnd der eudioinetrischen Opcration durch die Erbitzung ctwas ziisammenbackt, wodurch naturlich die Porositlt gcmin- dcrt wird, so gebe ich dem Eisen den V O R U ~ .

Ob die so eben bcschriebenc Methode vor den bis jctzt gcbrauchten, rucksichtlich ihrer Genauigkeit, dcn Vor- zug verdiene, kann ich noch nicht mit Bestimmtheit ange- ben. Die gcringcn Abwcichungcn, die icli erhalte, und die lnir nicht grbfscr zu scyn schcincn, als die init dem Volta’schen Eudiometcr, scheincn ihre Quclle nicht in Unvollkommenheit dcr Einwirkung dcs Eisens auf den Sauerstoff, sondern in der Eigenschaft der Porositat des- selben zu haben. Sollte es gelingen diese Schwierigkeit zu iibcrwinden, so mbchtc viclleicht die Methode als die einzige directe vor den audern den Vonug verdienen.

Endlich giebt zugleich dieses Verfahren ein leiclites Mittel an die Hand, sich rcines Stickstoffgas zu verschaf- fen. Man darf zu diesem Ende nur aus einem Gasbe- halter mit mafsiger Geschwindigkeit atmosphiirische Luft durch eine nach der beschriebeneu Art vorgerichtctcn cr- Litztcn Rshre streichen lassen.

B e r n , im November 1832.