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Zeitschrfft f. d. gesamte experimentelle Medizin, Bd. 116, S. 522--534 (1951). Aus der Univ.-ttautklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. A. STU]L~IER). Beitrag zur Funktionspriifung der peripheren Gef~il~e und zur Priifung gef~il]erweiternder Substanzen*. Von WERNER SCItULZE. Mi~ 5 Tex~abbildungen. ( Einffegangen am 6. Juli 1950.) Die genaue Analyse der peripheren Vasomotorik erfordert neben der Messung der ]~Iauttemperatur auch die Bestimmung des Blutgehaltes, der StrSmungsgeschwindigkeit und der Sauerstoffs~ttigung des Blutes. Sie stellt damit in methodischer Hinsicht recht hohe Anforderungen. Unter geeigneten Versuchsbedingungen kann abet aueh schon die ver- h/~ltnismi~l~ig einfache thermoelektrische Messung der Hauttemperatur wertvolle Aufschlfisse iiber das Verhalten der peripheren Gef~tBe geben. Dazu ist erforderlich, dab man das GefiiBsystem einer funktionellen Belastung aussetzt, entweder durch einen K~ltereiz oder durch einen W/irmereiz oder dutch beides. Beim einfachen K~ltetest pfiegt man so vorzugehen, dab man die Hand oder den FuB 10 rain in kaltem Wasser yon bestimmter Tempera- tur abkfihlt und das Tempo der Wiedererw~rmung ffir die Beurteilung des Funktionszustandes der peripheren Gef~Be zugrunde legt. Auch aus dem Temperaturverlauf wdhrend der K~lteeinwirkung sind diagnostische Riickschliisse m5glich. Wir haben uns in friiheren Untersuchungen (K~A~ und Sc~vLZ~ a) eingehend mit der Wirkung yon K~ltereizen auf die periphere Durchblutung befal3t und dabei das Verhalten der unter lokaler Kiilteeinwirkung an den Fingern auftretenden sog. L~wIs- schen Reaktionen n~her studiert. Als L~wIssche Reaktionen bezeieh- neten wir nach ihrem ersten Beschreiber T~. LEwis a die in rhythmischem Verlauf spontan auftretenden Temperaturschwankungen, die durch einen Wechsel yon Gef~Bkonstriktion und -dilatation zustande kommen. Diese LEw~sschen l~eaktionen lassen in ihrer St/irke deutliche indi- viduelle Unterschiede erkennen und k6nnen unter pathologischen Ver- h/~ltnissen auch ganz ausbleiben. Ffir die Anwendung yon W~rmereizen zur Gef/~l~funktionsprfifung kommen praktisch nur indirekte Methoden in Frage: heil~e Teilb/~der, Rumpferw~rmung oder HeiBgetr~nke. Dabei ist Voraussetzung, dab die * X-Ierrn Prof. Dr. S~iYm~ zum 65. Geburtstag gewidmet.

Beitrag zur Funktionsprüfung der peripheren Gefäße und zur Prüfung gefäßerweiternder Substanzen

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Page 1: Beitrag zur Funktionsprüfung der peripheren Gefäße und zur Prüfung gefäßerweiternder Substanzen

Zeitschrfft f. d. gesamte experimentelle Medizin, Bd. 116, S. 522--534 (1951).

Aus der Univ.-ttautklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. A. STU]L~IER).

Beitrag zur Funktionspriifung der peripheren Gef~il~e und zur Priifung gef~il]erweiternder Substanzen*.

Von WERNER SCItULZE.

Mi~ 5 Tex~abbildungen.

( Einffegangen am 6. Juli 1950.)

Die genaue Analyse der peripheren Vasomotorik erfordert neben der Messung der ]~Iauttemperatur auch die Bestimmung des Blutgehaltes, der StrSmungsgeschwindigkeit und der Sauerstoffs~ttigung des Blutes. Sie stellt damit in methodischer Hinsicht recht hohe Anforderungen. Unter geeigneten Versuchsbedingungen kann abet aueh schon die ver- h/~ltnismi~l~ig einfache thermoelektrische Messung der Hauttemperatur wertvolle Aufschlfisse iiber das Verhalten der peripheren Gef~tBe geben. Dazu ist erforderlich, dab man das GefiiBsystem einer funktionellen Belastung aussetzt, entweder durch einen K~ltereiz oder durch einen W/irmereiz oder dutch beides.

Beim einfachen K~ltetest pfiegt man so vorzugehen, dab man die Hand oder den FuB 10 rain in kaltem Wasser yon bestimmter Tempera- tur abkfihlt und das Tempo der Wiedererw~rmung ffir die Beurteilung des Funktionszustandes der peripheren Gef~Be zugrunde legt. Auch a u s

dem Temperaturverlauf wdhrend der K~lteeinwirkung sind diagnostische Riickschliisse m5glich. Wir haben uns in friiheren Untersuchungen ( K ~ A ~ und Sc~vLZ~ a) eingehend mit der Wirkung yon K~ltereizen auf die periphere Durchblutung befal3t und dabei das Verhalten der unter lokaler Kiilteeinwirkung an den Fingern auftretenden sog. L~wIs- schen Reaktionen n~her studiert. Als L~wIssche Reaktionen bezeieh- neten wir nach ihrem ersten Beschreiber T~. LEwis a die in rhythmischem Verlauf spontan auftretenden Temperaturschwankungen, die durch einen Wechsel yon Gef~Bkonstriktion und -dilatation zustande kommen. Diese LEw~sschen l~eaktionen lassen in ihrer St/irke deutliche indi- viduelle Unterschiede erkennen und k6nnen unter pathologischen Ver- h/~ltnissen auch ganz ausbleiben.

Ffir die Anwendung yon W~rmereizen zur Gef/~l~funktionsprfifung kommen praktisch nur indirekte Methoden in Frage: heil~e Teilb/~der, Rumpferw~rmung oder HeiBgetr~nke. Dabei ist Voraussetzung, dab die

* X-Ierrn Prof. Dr. S~iYm~ zum 65. Geburtstag gewidmet.

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t taut temperatur der zu untersuchenden Extremit~t niedrig liegt. Andern- falls ist es nStig, die Hauttemperatur dutch lokale K~Iteeinwirkung auf ein tieferes l~iveau einzuste]len. 1Nlach den Untersuehungen des Ver- fassers hat es sich als zweckmgl]ig erwiesen, die Temperaturschwelle so zu ]egen, dab es nicht mehr zur Ausbitdung der oben erwiihnten LEwIsschen l~eaktionen, sondern zur Einstellung eines Temperatur- gleiehgewichtes kommt, t~fir Wasser ist das bei etwa 200 C der Fall. Legt man diese Bedingung zugrunde und mil]t in einem Wasserbad yon 20 ~ C die Fingertemperatur, dann erhglt man unter der Einwirkung tines indirekten W~rmereizes (Hei~getr~nk) charakteristisehe Tempera- turkurven, die Aufsehlu~ fiber den Funktionszustand der peripheren Gefii!~e geben. Bei DurehblutungsstSrungen wird zur Beurteflung der Funktionsbeeintr~chtigung der Gefgl~e aueh die Temperaturkurve eines aul~erha]b des Wasserbades befindliehen Fingers herangezogen.

Die Versuehsanordnung bietet aueh die M5gliehkeit, die Wirkung gefal~erweiternder Medikamente auf die periphere Durchblutung zu priifen und sie zu der dureh Wgrmereize hervorgerufenen in Beziehung zu setzen. Ein wesentlicher Vorzug dieser Methode dfirfte darin bestehen, da6 bei der Priifung gefiiBerweiternder Mittel neben der Intensitiit auch die Dauer der Durchblutungssteigerung zur Darstellung kommt.

Immer wird man bei derartigen Untersuchungen abet in Rechnung stellen mfissen - - und darauf sei mit besonderem 1klachdruck hinge- wiesen - - , dal~ die l~eaktionsweise der peripheren Gef~l~e mannigfaehen ~ul~eren und inneren Einfliissen unterliegt, die sieh stSrend auf das Untersuehungsergebnis auswirken kSnnen. In gemeinsamen Unter- suehungen mit K~AME~ konnten jahreszeitliche und tageszeitliche Ein- flfisse naehgewiesen werden. Aueh ein plStzlicher Wetterwechsel dutch FShn, Gewitter nsw. kann eine )[nderung der vegetativen Ausgangslage herbeiffihren und dadurch Anlal3 zu einer ver~nderten l~eaktionsweise der peripheren G e f ~ e sein. Zu diesen nicht vermeidbaren StSrungs- momenten kSnnen noch weitere Unsicherheitsfaktoren hinzutreten, wenn (lie Versuehsbedingungen (Raumtemperatur, Bekleidung, Zeitpunkt der I~ahrnngsaufnahme usw.) nicht genau eingehalten werden. DaB schliei~- lieh auch dutch psychische Faktoren und yon seiten der Atmnng eine Xnderung der peripheren Durchblutung hervorgerufen werden kann, geht aus Beobachtungen hervor, auf die spiiter noch ngher eingegangen wird.

Versuchsanordnung. Als Wasserbad wird ein etwa 2 Liter fassendes viereckiges ZinkgefgB benutzt,

dessen Stirnseite zur Einfiihrung des Fingers durehbohrt und mit einem Stutzen versehen ist. An diesem Stutzen ist ein aus dtinnem Gummi bestehender welter F~gerling (am besten geeignet ist ein Condom) mit Hilfe eines Gummiringes wasserdieht befestigt. Naeh Anlegen eines Thermoelementes aus Knpfer-Xonstantan an die Fingerkuppe wird der Finger unter Ubersttilpen der Gummihtille in das

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524 W ~ a Sc~vLz~:

Wasserbad soweit hinsingeschoben, dab das Grundglisd bis zur H/~lfte eintaucht. Eine Beeintr/~chtigung der Blutzirkulation durch Abschnfirung wird bei Verwen- dung eines Condoms mi~ Sicherheit vermieden. Der Arm der bequem sitzenden Versuchsperson soll dabei ohne Muske]anstrengung auf einer weichen Un~erlage (z. B. aus Schwammgummi) ruben. Die Konstantha]tung der Wasserbadtempera- tur erfolgt durch e inen Ultrathermosta~en, dessen Umlaufpumpe kofitinuierlieh Wasser yon 200 C dutch das Wasserbad bes und dabei auch f'fir gleich- m/~Bige l~iihrung sorgt. Die Temperatur l~Bt sich abet auch durch Hinzufiigen yon kaltem bzw. warmem Wasser regu]ieren, und zum Riihren kann auch ein auf gleichbleibende Tourenzahl eingestell~er Riihrmotor benutzt werden.

AuBer an dem im Wasserbad befindlichen Zsigefinger wurde die Hau~tempera- tur auch an der Fingerkuppe des 5. Fingers der gleichen Hand und entweder am Zeigsfinger der andern Hand oder an der groBen Zehe gemessen. Die Temperaturen wurden jeweils in Abs~/~nden yon 1 min, zuwsilen auch in ktirzeren Zeitr/~umen an einem Multiflexgalvanome~er abgelesen.

Mit den Versuchen wurde erst begonnen, nachdem sich die Versuehsperson mindestens sine halbe Stunde in dem Untersuchungszimmer aufgehalten hatte. Eine kiinstliche Aufw~rmung der H~nde auf gleiche Ausgangstempera~ur wurde absieh~lieh unterlassen. Die Versuchspersonen waren so gekleidet, dab sie sieh under denVersuehsbedingungen (Raumtemperatur zwisehen 19 und 210 C) behaglieh fiihlten. Fiir vergleichende Untersuehungen wurden immer gleiche Tageszeiten gew~,hlt und stSrende Einfliisse (Coffein-, Tabak-, AlkoholgenuB, Medikamente usw.) beriicksichtigt. Auch eine schlaflos verbrachte l~acht kann, wie an Einzel- beobaehtungen fes~gestellt wurde, eine ~_nderung der Vasomotorik zur Folge haben.

Als Wiirmereiz diente ein HeiBgetr/~nk in Form yon 500 em a leicht gezuekertem Wasser, das aus eine Temperatur yon 65 o C gebracht war und innerhalb yon 6--8 rain in kleinen Schlucken getrunken wurde. Die Temperatur des Wassers ist so fest- gelegt, dab maximale Effekte erziel~ werden. Das heiBe Wasser yon 650 C wird noch nicht als schmerzhaf~ empfunden - - man verbrennt sieh noeh nieht die Zunge. Aber die h/~ufig zu beobachtende initiale Tempera~ursenkung, naehweisbar an dem frei (an der Luf~) liegenden Finger, is~ ein Zeiehen dafiir, dab vom Munde oder yon der Magenschleimhau~ zun/~ehst gefiiBeonstrictorisehe Reize ausgehen, ganz/~hnlieh, wie man sie als Sehmerzreaktion nach Eintauchen der H~nde oder der FiiBe in sehr heiB empfundenes Wasser beobachten kann. Bei gut ansprechenden Versuehs- personen lassen sieh auch mit niedrigeren Temperaturen z. B. mit Wasser yon 500 C noeh kri~ftige periphere Gef/~Bwirkungen auslSsen. Die Fliissigkeitsmenge war aus dem gleichen Grunde - - Erreichung m6glichst groBer Tempera~uraus- schl/~ge - - auf 500 cm a festgeleg~. GrSBere Mengen werden nur widerwillig ge- nommen. Kleinere Mengen, z. ]3. 200 cm a, kSnnen aueh noch wirksam sein, sind aber in der Wirkung sehon unsicher. Das HeiBgetr/~nk wurde erst verabfolgt, wenn sich die Hauttemperatur des im Wasserbad befindliehen Fingers auf e~wa 200 C eingestellt haste und mindestens 3 0 ~ 0 min unver/~ndert geblieben war. In einer Anzahl yon Versuchen wurde zum Vergleieh der W/~rmereiz auch durch Eintauehen einer Hand oder eines FuJ]es in Wasser yon 450 C erzeugt.

Funktionspri~/ung der peripheren Ge/i~[3e. Mit dieser V e r s u c h s a n o r d n u n g - - Zwe i f i nge rve r such in K o m b i n a t i o n

m i t d e m t Ie iBgetr /~nk - - w u r d e z u m Tei l u n t e r M i t a r b e i t y o n O. FRANKE

bei i n s g e s a m t 100 V e r s u c h s p e r s o n c n v o r w i c g e n d i m A l t e r y o n 18 bis

30 J a h r e n die R e a k t i o n s w e i s e der p e r i p h e r e n G e f / ~ e gepr i i f t . U n t e r i hnen b e f a n d e n sich 15 Personen , bei denen o b j e k t i v n a c h w e i s b a r e

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Beitrag zur Funktionsprfifung der peripheren GefgSe. 525

DurchblutungsstSrungen vorhanden waren (meistens Acrocyanose). Einige Vcrsuchspersonen gaben an, da~ sie an den H~nden bzw. an den Fii~en gegen Kglte besonders empfindlich seien oder da6 frfiher Er- frierungen an H~nden oder Fii6en aufgetreten seien. Meistens fanden diese Angaben ihre Bestgtigung in einer tr~geren Gefg6reaktion. Wenn sich keine objektiv naehweisbaren Erscheinungen vorfanden, wurden diese Fglle bei der Auswertung der Gruppe der ,,Normalpersonen" zugerechnet. In dieser Gruppe waren auch einige F~lle yon Gonorrhoe (naeh der Penicillinbehandlung), yon erscheinungsfreier Lues nnd ein- zelne Fglle yon Hautkrankhei ten z .B. Akne vulgaris enthalten, bei denen sich im Ergebnis der Gef~Bfunktionspriifung kein Unterschied gegeniiber gesunden Versuehspersonen zeigte.

Anf Grund der Temperaturkurven, die an dem im Wasser befind- lichen und an einem der frei liegenden Finger bei Verabfolgung yon 500 cm 3 65 ~ heif~em Wasser erhalten werden, lassen sich 4 Reaktions- typen herausstellen (Abb. 1).

ReaktionstypI. Die Fingertemperatur liegt vor dem Versuch maximal (35 ~ C) hoch. Sie sinkt, wenn der Finger ins Wasserbad eingefiihrt wird, ab, stellt sich aber nicht auf die Wassertemperatur ein. Sie bewegt sieh um etwa 25 ~ C und erfghrt dutch Verab/olgung des Hei[3getr~n]ses lceine oder wenigstens keine nennenswerte Steigerung mehr*.

Optimale periphere Durchbhtungsverh~ltnisse.

Rea~ionstyp II. Die Ausgangstemperatur liegt durchweg hoch. Die Temperatur des im Wasserbad befindlichen Fingers sinkt ab und stellt sich auf die Wassertemperatur ein. Dutch das Hei]3getrdnlc erfolgt ein Temperaturanstieg, dessen HShe und Dauer individuelle Unterschiede aufweist.

1XTormale periphere Durchblutungsverh~ltnisse.

Realctionstyp I I I . Die Ausgangswerte der Fingertemperatur sind niedrig. Dutch das Hei]3getriin/c bleibt die Temperatur des im Wasserbad befindlichen Fingers unbeeinfluf~t. Eine Durchblutungssteigerung ist aber noch nachweisbar an dem Temperaturanstieg des au[3erhalb des Wasserbades be]indlichen ~'ingers.

Schlechte periphere Durchblutungsverh~ltnisse.

* Dieses Verhalten dem ttei]getrgnk gegenfiber finder seine Erklarung dureh das AusgangswertegeseSz. Danach sind die am Erfolgsorgan bzw. im Organismus herrschenden Ausgangsbedingungen yon ausschlaggebender Bedeutung far die Wirksamkeit des l%eizes. Im vorliegenden Fan (bei Versuchspersonen veto Reak- tionstyp I) trifft der gefa6erweiternde thermische Reiz auf eine Ausgangslage, die dutch einen besonders niedrigen zentralen Vasomotorentonus gekennzeiehnet ist. Die Arteriolen im peripheren Stromgebiet sind dementsprechend welt. Bei dieser Ausgangslage sind gefhl~erweiternde Impulse nicht oder nut wenig wirksam. Das gilt nicht nur ffir das Heil3getr~nk, sondern aueh far gefaBerweiternde Phamarka far deren Priifung Versuchspersonen des Reaktionstyps I nicht geeignet sind.

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526 W~a~r~ Sezv~zr:

Reaktionstyp IV. Dutch das Heifigetriink kommt keine Durchblutungs- steigerung zustande. ])as zeigt sich darin, dab auch an dem auBerhalb des Wasserbades befindlichen Finger kein Temperaturanstieg erfolgt,

~o ~ Vp.IM,s A~eakt/ons/j/p z

_ guurn/emp. 20,5 ~

30 #00 crn31l~ 0 500crrt3 H20

." ' , ' " % ~ ,". 7" "~/'..'..., .;., .'."" ' ' . , ': .'~;~.~.b,';" ,.. .. : , : . '

I I I I I I I I l

~ Vp.Bu. 2euk#ons~p ~ -/~cum/ernp. 2/~

30 500c~3H20 65~ V~

2O I I I f I I I P I

~ Vp. Bt. Reakt/ons/yp ~ - ,?5 - Raumlemp. 21, 5~

25

20 r I r I I I I r I

~ Vp. Bo. /~eakt/bns/,vp 30 #aumternp. 27,5~

25 5 0 ~ 20

(~_, , '_~y_~_ '*_~_/ t _~f~fct~% . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

# 10 20 30 r 50 GO 70 80 9Omin/OO Abb. 1. K u ~ e n v e r l a u f der F inger temperatur , gemessen im Wasserbad o--o- -o und an der Luf t m--m--m bei verschiedener ]~eaktion der per ipheren Gef&i~e auf das Heil~getrank. l%eaktionstyp I : 0 p t i m a l e per iphere Durchblu tungsverh~l tn i s se (niedriger Vasomotoren- tonus) . R e a k t i o n s t y p I I : normale per iphere Durchblu t tmgsverhhl tn isse . R e a k t i o n s t y p I I I : schlechte per iphere Durchblu t lmgsverh~l tn i sse . R e a k t i o n s t y p IV: hochgrad ig ges t6 r te

per iphere Durchblu tungsverh~l tn i sse .

sondern die niedrige, der Umgebung angeglichene Ausgangstemperatur beibehalten wird.

Hochgradig gestSrte periphere ])urchblutungsverhi~ltnisse.

Selbstverst~tndlich wird man die bier vorgenommene Einteilung nicht streng schematisch auffassen dfirfen. Wie bei allen biologischen •unktionspriifungen miissen auch hier fliel3ende (~bergi~nge angenommen

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Beitrag zur Funktionspr'tifung der peripheren Gefal3e. 527

TabelIe 1.

RT. I I~T. II RT. III i RT. IV

,,Normalpersonen" 85 F~lle (47 c~, 38 9) 24% ~ 70% 5% 1% 2 Kranke mit Durchblu~ungsstSrungen

15Falle (3 ~, 12 !~) . . . . . . . . . 0% 13% 67% ] 20% 1 Die Untersuchungen wurden in der kalten Jahreszei~ angestellt, in den heil]en

Sommermonaten liegt der Prozen~satz aus den bereits erwghnten Grtinden hSher. 2 Vp. V.F., S. 528.

werden. Dal~ aber die Abgrenzung nach der pathologischen Seite an- n~hernd riehtig liegt, ergibt sich aus der Tatsaehe, dab die Versuchs- personen mit klinisch nachweisbarer StSrung der peripheren Durch- blutung zum allergrSitten Teil dem Reaktionstyp I I I oder IV angehSrten (Tabelle 1). Nur in 2 F~llen, bei einem 14j~hrigen Jungen und bei einer 19ji~hrigen Patientin mit deutlich ausgepr~gter Cyanose der H~nde, entsprach das Verhalten der Gefi~6e dem Reaktionstyp II.

Andererseits befand sich unter den ,,Normalpersonen" eine 34j~hrige Frau, die keine sichtbaren Zeichen einer peripheren Durehblutungs- stSrung aufwies, aber bei der Gefi~l~funktionspriifung ein so abweichendes Verhalten zeigte, dal~ bei ihr mR Sicherheit eine StSrung der peripheren Vasomotorik angenommen werden mull. Das Verhalten der Gef~Be entsprach dem Reaktionstyp IV mit gelegentlichen ganz geringen dureh das Hefl]getri~nk ausgelSsten Temperatursteigerungen an dem au6erhalb des Wasserbades befindlichen Finger (Abb. 2). Sie gab an, dab sie gegen K~lte sehr empfind]ich sei und im Sommer nnd Winter an kalten H~nden leide. K~ltesch~den - - Erfrierungen oder Frostbeulen - - seien nieht aufgetreten. Aueh das Gefiihl des Absterbens der Finger habe sie nicht beobaehtet. Li~stig sei ihr aber schon seit Jahren die Sehmerz- haftigkeit der Finger im Winter. Die Anamnese und die gyn~kologisehe Untersuchnng ergaben bei ihr CyclusstSrungen als Folge einer ova- riellen Insuffizienz, die aber wohl kaum als ausreichende Erkl~rung fiir die mangelhafte periphere Gef~Bregulation angesehen werden kann. Es konnte aueh durch Sexualhormonbehandlung keine merkliche Ver- besserung der peripheren Durchblutung erzielt werden. Auch auf die intravenSse Injektion der verschiedensten gef~6erweiternden Medi- kamente spraehen die Gef~l~e nicht an.

Dagegen gelang es durch ein 20 rain lunges Schwitzbad (Gliihlichtbad) bei 600 C eine kr~ftige Gefi~l~erweiterung auszulSsen (Abb. 2). Bei der wenige Minuten nach dem Schwitzbad vorgenommenen Temperatur- messung lag die Fingertemperatur auf maximaler HShe (350 C). Sie fiel im Wasserbad nieht sofort auf 20 o Cab, sondern hielt sich 'w~hrend etwa einer halben Stnnde zwischen 25 und 22 o C. An der freiliegenden FIand sank die Temperatur allm~hlich yon 35 auf 300 C ab. Sie wurde

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528 W E R ~ 8c~wzr:

durch das nach 50 min gegebene Heiftgetrgnk wieder nahezu auf die AusgangshShe gebraeht, wi~hrend an dem im Wasserbad befindlichen Finger nur ein geringer und kurzdauernder Temperaturanstieg erfolgte.

Ware im vorliegenden Fall das Schwitzbad unterblieben, dann hgtte der Verdacht entstehen kSnnen, daft eine organische GefgSerkrankung vorliegt. Das Verhalten unter der Einwirkung des Schwitzbades macht abet diese Annahme wenig wahrscheinlich. Die Temperatur an den

~ l Vp. VF. IVormalversuch 5o0m~M2o 25L l~aumtemp " 2op5oc - - 85~ frisco/

i v . . . . . . . . ~ - a

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oCI Raum/emp.s 35 [_ nach ~chwi/zbad

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~ Raumtemp. I~5~ nach peroraler Pr/scolbeh~ndtun.g_ 3O

sooc~H~o 6, o "5C

z5 ~ Z ~ ~ , Ron/col

I I I q I I I I I r I [ 0 I0 20 30 qO 50 60 70 #0 90 700 110 720minlJG

Abb . 2. D u r c h b l u t u n g s s t e i g e r n d e "vVirkung des Schwi tzb~des bei e iner i m N o ~ a l v e r s u c h a u f t te i i3getr~nk u n d Pr iscol k a u m a n s p r e c h e n d e n Ver suchspe r son ( R e a k t i o n s t y p IV). N a c h 3w6chiger B e h a n d l u n g m i t 3real i T a b l e t t e Pr i sco l ve rbesse r t e Gefhgreak t ion

a u f Hei l3getr~nk. l~onicol ohne W i r k u n g .

Fingerkuppen war nach dem Schwitzbad auf nahezu 350 C angestiegen. Ein so hoher Temperaturanstieg ist abet bei einer organischen Gefgft- erkrankung nicht zu erwarten. Er iiberschreitet den Grenzwert der Fingerkuppentemperatur (,,normal vasodilatation level") bei Rumpf- erwgrmung in der ,,hotbox", der nach WHITE und SMIT~WTCK 9 etwa 32,5 o C betri~gt und bei organischen GefgSvergnderungen nieht erreieht wird. Wenn aueh die Versuchsbedingungen nieht ganz die gleichen sind wie bei der ,,hotbox", so glauben wit doch, daft das Ergebnis des Schwitzversuches im vorliegenden Fall die Armahme einer funktionellen DurchblutungsstSrung im Sinne eines Angiospasmus reehtfertigt.

Soweit ein l~iieksehlu$ auf Grund des vorliegenden Materials mSglich ist, konnte ein Unterschied im Verhalten der peripheren Gefi~fte weib- lieher und mgnnlieher gesunder Personen nieht festgestellt werden.

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Beitrag zur Funk~ionspriifung der peripheren Gef~13e. 529

Eine Einzelbeobachtung scheint mir in diesem Zusammenhang noch erw~ihnenswert zu sein, n~mlich die Beobachtung, dab ein starker Raucher (20 Zigaretten und mehr t~glich), der bei mehrmaliger Unter- suchung in seiner vasomotorischen Reaktionslage dem l~eaktionstyp I I entsprach, nach vollst~indiger Abstinenz - - vielleicht durch den Fortfall der durch das Nicotin bedingten gefs l~eize - - seine Gef~Bfunktionen ,,verbesserte" und in die Gruppe des Reaktionstyps I hiniiberwechselte. Die Wiederaufnahme des Rauchens fiir die I)auer yon 14 Tagen reichte aber noeh nicht aus, um eine ~nderung der Gef~13- funktionen entsprechend der friiheren Reaktionslage herbeizuffihren.

Vergleicht man - - dutch Messung der Fingertemperatur im Wasser- bad yon 20 o C - - die Wirkung des Heil3getri~nkes mit der Wirkung indirekter Wiirmereize dureh heil3e Teilbi~der, dann zeigt sich, dal~ die dureh das I-Ieil3getri~nk ausgelSste Gefiil3erweiterung deutlich sti~rker ist a]s die eines heil3en Handbades, bei dem die Hand der Gegenseite ]0 rain im Wasser yon 45 ~ C eingetaucht und bewegt wird. Ein ein- seitiges heil3es FuBbad yon 450 C und 10 rain Dauer war in der Wirkung sehr viel schw~icher. Um yon den unteren Extremit~iten aus an den H~inden kr~ftigere Gefiii~reaktionen zu erzielen, m'iil3te man nach dem Vorgehen yon Ju~G und CARMICHAWL 1 ein heiBes Teilbad anwenden, bei dem beide Beine bis zu den Knien eingetauchi werden.

Wenn bei der Verabfolgung des tteil3getrtinkes gleichzeitig die Tempe- ratur an Handen und Fiil3en (GroBzehenkuppe) gemessen wurde, blieb meistens die dutch den Wi~rmereiz hervorgerufene Durchblutungssteige- rung an den Ffil3en in ihrer Stiirke gegeniiber den I-Ittnden zurtiek.

Pri~/ung ge/g[3erweiternder Substanzen. In einer Versuchsreihe, die 40 Versuchspersonen umfal3te, wurden

vergleichende Untersuchungen mit Priscol* und I-Ieil3ge~ri~nk angestellt, und zwar in der Form, daI~ an dem einen Tag das Priscol vor dem Heii3- getrttnk, am andern Versuchstag nach dem I-Ieil3getr~nk gegeben wurde, oder es wurde an einem Versuchstag nur das Pricol oder nnr das I-teiB- ge~ri~nk gegeben.

Der Verlauf eines solchen Versuches ist in Abb. 3 wiedergegeben. Die Versuehsperson stellte sich nach anf~nglichen Temperaturschwan- kungen in der 40. rain mit ihrem im Wasserbad befindlichen rechten Zeigefinger auf die Badtemperatur yon 200 C ein. Die gleichzeitig mit aufgenommene Temperatnrkurve des 5. Fingers derselben Hand l~tl3t nach etwa 1 Std einen starken Temperaturabfall yon 330 auf 220 C erkennen. Er ist Ausdruck einer Schmerzreaktion, die dadurch ausgelSst

* An anderer Stelle (7) ist in Einzelkurven die Wirkung der verschiedenen gefi~Berweiternden Substanzen bei der gleichen Versuchsperson gegentibergestellt.

Z. exper, l~ed., ~Bd. 116. 37

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580 W:ERNER SCHULZE :

~ O

~ o

wurde, dal~ zur Pr i i fung der Stichwir- kung die Kani i le vor der eigentl ichen I n j e k t i o n wiederholt in die H a u t ein~ gestochen wurde (desgleichen vor der 2. Priscolinjektion).

Die S~ichrcak~ion war im vorliegenden Fall besonders stark ausgepragt. Eine leichte Temperatursenkung unmittclbar im AnschluB an die Venenpunktion wurde aber auch Sonst des 5fteren beobachte~. Ein Tcmperaturabfall kann, wie wir das in cinigen Fallen ganz cin- wandfrei verfolgen konnten, bei empfindlichen Pa~icntcn auch psychisch durch die Angst vor der Injekgonsspritze ausgelSs~ werden und schon Minuten vorher cintreten, ehe iiberh~upt mit der Vencnpunktion begonnen wird.

Durch eine Zufallsbeobachtung konn~en wir den Einflul~ eines psychischen Insultes auch nach der cntgegcngesetztcn Richtung, also im Sinne eincr Gef~Berweiterung im Kurvenverlauf erfassen. Bei cincr Versuchs- person - - es handelte sich um ein junges Madchen - - erfolgte w/~hrend des Versuches anscheinend unmotiviert ein Anstieg dcr Fingertemperatur (Abb. 4). Gleich darauf brach sie in Tr/men aus. (Wie sich nach- traglich herausstellte dcshalb, weft sic durch das Fenster des Untersuchungszimmers gesehen hatte, dag ihr Freund, der sie mitnahman sollte, mi~ dam Motorrad davonfuhr.) Der Intcnsitat nach iibartraf die psychisch aus- gel5ste Durchblutungss$eigerung die Wirkung der Priscolinjektion. Die Abb. 5 (Selbs~ver- such) zcigt, dal3 eine Temperatursenkung an den ttanden auch willktirlich, und zwar durch Vartiefung 4er Atmung hervorgerufcn warden kann. Der Ein/lu[3 der Atmung aufdie periphere Durchblutung ist sogar recht be~rachtlich, wenn man badenk~, dal~ es gar keiner besol:- deren Anstrengung beim ASmen bedarf, um an dam im Wasserbad befindlichen Finger einen Tempera~urabfall yon 25 auf 20 o C herbeizuftihren.

Alla diese Beobachtungen lassen in ain- drucksvoller Weise die Labilitat der peri- phcren Vasomototrik erkanncn.

Kehrcn wit jetz~ zur Besprechung des Priseolversuches (Abb. 3) zurtick.

Die intravenSse In jek t ion yon i cm 3 (10 rag) Priscol hat te , wie auch in einem sp/iteren Kontrol lversuch, auf die Tempera tur des im Wasser-

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Beitrag zur Funk~ionspriifung der peripheren Gef/~Be. 531

bad befindlichen Fingers keinen EinfluB. Bei der Wiedererw/irmung des frefliegenden Fingers auf etwa 30 o C 1/~l]t sich nicht mit Sicherheit sagen, ob sie die Folge tier Priseolinjektion ist oder ob sie aueh spontan erfolgt w/~re.

. _

IPz'/,wol lPsych/sche i/:*: i

0 10 2O 30 ~0 50 80 70 80 Y0min/00 Abb. 4. Steigezqmg der peripheren Durehb]ut~3g als 1%]ge einer Psyehisehen E~regung.

In der 106. rain wurden der Versuchsperson 500 cm 3 650 hei$es Wasser zum Trinken gegeben. Nach einer kurzen initialen Temperatur- senkung am frefliegenden 5. Finger steigt die Temperatur auf 350 C an. Gleichzeitig erfo]gt dureh die eingetretene kr/~ftige Hyper/~mie auch an dem im Wasserbad befindlichen Finger eine starke TemperaturerhShung (auf maximal 270 C), die etwa 40 rain anh~lt. Man kSnnte bier vielleieht

35 ~ Vtg.WSc.Tz. ,qaumtemp. 21~

,t I , , O qO 20 30 rain ~0

Abb. 5. S e n k u n g der F i n g e r s p i t z e n t e m p o r a t u r d u t c h in die n o r m a l e A t m u n g e ingescha l t e t e v e r t i e f t e (n icht e x t r e m t i e fe ) -Atemzf ige w ~ h r e n d de r ~ 2 . - - 1 8 . rain. D e m T e m p e r a t u r . ab fa l l n a c h ve r t i e f t e r I n s p i r a t i o n g e h t s u b j e k t i v ein deu t l i ches lokales Khl tegef i ih l v o r a u s .

einwenden, dab an dieser starken Reaktion die voransgegangene Priscol- injektion be~eiligt sei. Selbst wenn das bis zu einem gewissen Grad zutreffen wiirde, bleibt doch die Tatsaehe der wesentlich st~rkeren Wirkung des tteiBgetr/~nkes bestehen, denn eine 2. Priseolinjektion (40 rain nach dem Abklingen der durch das Heil]getr/~nk hervorgerufenen Temperatursteigerung) fiihrte zwar zu einer GefiiSreaktion, sie war aber erheblich sehw/~cher als die dutch das I-IeiSgetr/~nk erzielte. Im fibrigen waren bei dieser Versuchsperson die Reaktionen auf das tteiSgetr/~nk, auch wenn keine Priscolinjektion vorausgegangen war, in etwa der gleichen St/~rke ausgeprKgt.

W/ihrend bei dieser Versuehsperson die Priscolwirkung an den im Wasserbad yon 20 o C gek~hlten Finger erst nach der 2. Injektion naeh- weisbar war, t ra t sie in anderen F/~llen aueh schon nach einer Injektion

37*

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532 W ~ a ~ Sc~c~z~:

ein. Die Gesamtauswertung der vergleichsweise mit tIeiBgetr~nk und Priscol angestellten Versuche ergab, dab dureh das I-IeiBgetr~nk bei 38, durch die intravenSse Injektion yon 1 cm 3 Priscol bei 19 yon 40 ,,Normalpersonen" ein Temperaturanstieg des im Wasserbad be/indIichen Fingers ausgelSst wurde. Er war nach dem tteiBgetr~nk durchweg grSBer als nach der Priscolinjektion.

Ffir die Beurteilung in therapeutischer ttinsicht ist die Frage beson- de1~s wichtig, wie sich ein in seinen l%nktionen gestSr~es Gef~Bsystem verh~lt, ob es auf das gefi~l~erweiternde Medikament oder ganz allgemein gesprochen ~uf den gef~Berweiternden Reiz besser oder gleich gut an- spricht wie das norm~le. Ffir das tteiBgetr~nk trifft das, wie die bereits besprochenen Versuche an Personen mit DurehbhtungsstSrungen zeigten, in der weir fiberwiegenden Zahl der F~lle nieht zu. Hier war gerade das A~sbleiben einer kr~ftigen hyper~misierenden Wirkung nach der Anwendung des HeiBgetr~nkes ein charakteristisches, diagnostisch verwertbares Symptom, das eine Abgrenzung gegenfiber normalen Ver- suchspersonen ermSglichte. Das gleiche gilt nach unsern Erfahrungen auch ffir die intraven5se Injektion yon Priscol. Wir machten in ~ber- einstimmung mit LIPPRoss 5 ganz allgemein die Beobachtung, dab in den F~llen, bei denen die I-Iautgef~Be ~uf den W~rmereiz dureh das tIeiBgetr~tnk nicht oder sehlecht anspraehen, auch dureh die intravenSse Injektion yon 1 cm a Priscol keine Wirkung zu erzielen war. Wir haben somit in der Anwendung des Heifiwasserversuches aueh gleichzeitig ein Verfahren, das im Einzelfall einen Hinweis au] die Er/oIgsaussichten therapeutischer ge/gfierweiternder Ma[3nahmen geben kann.

Bei einigen an peripheren Gef~BstSrungen leidenden Patienten haben wir auch 1)riscol in Tablettenform (t~glich 3mal 1 Tablette) fiber l~ngere Zeit gegeben und versucht, festzustellen, ob unter dieser Therapie eine ]~esserung der peripheren Vasomotorik eintritt. Bei einer Versuchs- person (vgl. Abb. 2) g]auben wir naeh t~glicher Verabfolgung yon 3real 1 Tablette Priscol eine gewisse Besserung der peripheren Durch- blutung festgestellt zu haben. Sie reichte aber zur Herstellung normaler Durchblutungsverh~ltnisse bei weitem noch nicht aus.

Hydergin, ein Kombinationspri~parat dihydrierter ~ut~erkornalka- loide, fiber dessen sympathicolytische Wirkung vor kurzem yon Kxe- P~RT ~ ausffihrlich berichtet wurde, rief nach peroraler Anwendung yon 1 bzw. 2 mg bei 4 yon 12 gesunden Versuehspersonen eine geringe, nach intramuskuli~rer Injektion yon 0,3--0,6 mg bei ebenfalls 4 yon 12 Ver- suchspersonen eine etwas starker und l~nger anhaltende Tempera%ur- steigerung des im Wasserbad yon 20 o C abgekfihlten Fingers hervor.

Bei dem Pr~parat Multisaccharid, das aus einem 14%igen Gemisch yon Mono- und Disacchariden besteht, konnte naeh intravenSser Injek- %ion yon 10 cm a in Einzelf~llen eine kr~ftige Durehblutungssteigerung

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festgestellt werden. In den meisten Fiillen war sie aber nur schwach oder sie fehlte ganz.

Co//ein in Dosen yon 0,3 g per os gegeben blieb in Ubereinstimmung mit frfiheren Beobaehtungen (W. SCHULZE 6) ohne Wirkung auf die peri- phere Durehblutung sowohl bei Gesunden als auch bei Kranken mit funktionellen peripheren DurehblutungsstSrungen.

Bei der Prfifung des kiirzlich in den tIandel gebraehten Pr~parates Ronicol, das den der Nieotins~ure entspreehenden Alkohol enth~lt, machten wit folgende Beobachtungen: Nine kurze Zeit nach der intra- ven6sen Injektion yon 2 em S (100 rag) Ronieol, die wit zur Vermeidung unangenehmer Nebenerseheinungen sehr langsam vornahmen (3--4 rain), setzt ziemlich p16tzlich yon einer umsehriebenen Stelle des Kopfes aus- gehend, ein starkes mit Kribbeln verbundenes W~rmegefiihl ein, das aueh yon einem ls Druekgeftihl im Kopf und Troekenheit im Munde begleitet sein kann. Dieses W/~rmegefiihl breitet sich unter gleiehzeitiger R6tung der t Iaut und aueh der Konjunktiven auf weitere Tefle des Gesiehtes und yon dort auch fiber den Stature und die Extre- mit~ten aus. Es l~gt sieh ziemlieh gut lokalisieren und aueh dutch 3/iessung der Haut temperatur objektivnaehweisen. Auffallendist a b e r - - und das ist ffir den therapeutischen Zweek das Entseheidende - - , dag diese ttyl0er/imie nieht die ~uBerste Peripherie erreicht. Die Finger- spitzen werden yon dieser W/~rmewelle nieht erfagt. Nine Temperatur- steigerung auch nut geringen AusmaBes l~Bt sieh an ihnen nieht naeh- weisen. Diese Beobaehtungen stimmten bei l0 Versuehspersonen so weitgehend fiberein, dag davon abgesehen wurde, die Versuehe an einer noch grSBeren Zahl yon Versuchspersonen fortzusetzen.

Ganz /ihnlieh verhiilt sieh nach unsern bisherigen Untersuehungs- ergebnissen das Natrium~alz der Nicotinsi~ure bei intramuskul~rer In- jektion yon 50 mg und auch das Tra]uril, das ebenfalls ein Nieotin- s/iurederivat, n~mlich den Tetrahydrofurfurylester der Nieotinsis darstellt. Aueh bei diesen Verbindungen erstreekt sieh die I-Iyper~mie vorzugsweise auf das Gesicht und die Haut der oberen KSrperpartien. Das Trafuril hat augerdem noeh den Naehteil, dal~ es selbst bei sehr langsamer intravenSser Injektion (2 era3-= 50 mg in 5 rain) die sehon beim gonieol vorhandenen unangenehmen Begleiterscheinungen in noeh sts Mage auftreten l~gt. Therapieversuehe mit Trafuril haben naeh STA~x-M~TTELHOLZE~ s bei Aeroeyanose zu keinem Erfolg geffihrt.

Fiir die Beurteilung der gef~gaktiven Pr//parate aus der Sympatol- reihe (Vascular, Dilatol) reiehen unsere Erfahrungen noch nieht aus. Naeh den ersten orientierenden Versuehen mit intramuskul/s Injektionen der therapeutisehen Dosen (5 mg Dilatol bzw. 50 mg Vascular) hat es nieht den Ansehein, als ob damit eine periphere Durehblutungssteigerung

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534 WER~v.a Scm~z]~: Beitrag zur Funktionsprfifung der peripheren Gef~13e.

erzielt werden k6nnte, die fiber das hinausgeht, was z. B. durch Priscol zu erreiehen ist. Eher ist das Gegenteil anzunehmen.

Fest steht, ganz allgemein betrachtet , dab sich unter den bisher bekannten gef~Berweiternden Medikamenten keines befindet, das bei Verabfolgung der therapeutischen Einzeldosis in der durchblutungs- steigernden Wirkung - - gemessen an der Hau t t empera tu r der Extre- mit~tenenden ~ dem HeiBgetrKnk gleichwertig ist. (~ber die Wirkung der gef~13erweiternden Medikamente bei kurmdfliger Anwendung sollen weitere Untersuchungen Aufschlul3 geben.

Zusammen/assung. Das Verhal ten der F inger tempera tur unter der Einwirkung eines

indirekten W~rmereizes (tleiBgetr~nk) wird zur Grundlage ffir eine Funkti0nsprf ifung der peripheren Gef~13e gemacht. Das Wesentliche dabei ist, dab die Messung der F inger tempera tur nicht nu t unter den normalen Umgebungsbedingungen (an der Luft) vorgenommen wird, sondern dal3 gleichzeitig auch der Tempera turver lauf an einem Finger gemessen wird, der in einem Wasserbad yon 200 C unter K~lteeinwir- kung steht.

Die sich aus dem Kurvenver lauf ergebenden Unterschiede in den Gefiil3reaktionen Gesunder und Kranker mit DurchblutungsstSrungen werden eingehend besprochen.

Mit derselben Versuchsanordnung wurden vergleiehende Unter- suchungen fiber die Wirkung yon gef~l]erweiternden Mitteln angestellt.

Literatur. z J v ~ , R., u. E. A. CAR~C~AEL: Arch. f. Psychiatr. 107, 300 (1937). - -

KAPPE~% A. : Helvet. recd. Acta 16, XXII (1949). - - a K~AME~, K., u. W. SC~ULZ~ : Pfliigers Arch. 250, 141 (1948). - - 4 LEwis, TI~. : Die Blutgefal3e der menschlichen Haut. Berlin 1925. - - s LIPr~oss, O. : Z. klin. Mcd. 141, 485 (1942). - - e SC~ULZE, W. : Klin. Wschr. 1947, 646. - - ~ Se~uLZE, W. : Dermat. Wschr. (ira Druck). __s STAR~:- MZTTEL~OLZ~, O.: Dermatologica 100, 23 (1950). - - 9 W~ITE, J. C., and R. H. Sm~rHWICK: The autonomic nervous system. New York: The ~acmillan Company 1946.

Doz. Dr. Ing., Dr. reed. W~.R~E~ Se~trLzE, Univ.-Hautklinik, Freiburg.