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E. Sch6nherr, Beitrag znr systernatischen Extraktion der Pr~molaren 47 Beitrag zur systematisehen Extraktion der Pr~imolaren Von E. Schiinherr, Radebeul Mi~ 13 Abbildungen Wenn die Indikation zur Extraktion yon Pr~molaren bei der Behandlung yon Dysgnathien seit der Anwendung yon funktionellen Ger~ttcn (einschlieBlich Funk- tionsregler nach Frinkel) zweife]los eine Einengung erfahren hat, so geh6rt m. E. die systematischc Extraktion vori Pr~molaren auch heute noch in bestimmten F~llen zur Methode der Wahl. Obwohl ~sthetiscbe Momente nicht der alleinige Gnmd unserer kieferorthop~dischen 3{aBnahmen sind, so so]l ihre Bedeutung nicht unterschitz~v bzw. unterbewertet werden, und nur mit der Extraktion der Pr~- molaren ist es in bestimmten F~llen m6glich, nicht nut die Stellungsanoma]ie, son- dern auch den Vcrlauf des Gesamtprofils oder auch nur des Mundprofils zu ver- bessern. Wenn A.M. Schwarz dem Amerikaner Tweed vorh~lt, daB er zur l~ichtigstellung des Profils in einem vim zu hohen Prozentsatz (80%) extrahiert, so koran m~n den Ausffihrungen yon A. M. Schwarz wohl grunds~tzlich zu- stimmen. Die Frankfurter Horizontale ist zur Beurteihmg des Profilverlaufes in einem beachtlichen Prozentsatz nicht zu verwenden, da sie eben nicht horizon- tal verl~uft. Zur Bestimmung des" Achsenneigung und alien weiteren gnatho- metrischen Abweichungen ist die Spinaebene als Bezugsebene maBgebend. Die vorliegende Arbeit bringt ~lso grundsitzlich nichts Neues, soildern wieder- holt nur, was altes l~ngst bekazmt ist trod soll unter Beweis stellen, dab diese Er- kenntnisse fiir die Praxis auch heute noch Gtiltigkeit haben. Dabei interessiert vielleicht in diesem Zusam menhang (auch um eine Vergleiehs- m6glichkeit mit den amerikanischen Zahlen zu haben), wie hoch der Prozentsatz des" Extraktion von Pri~molaren, ganz gleich aus welchen Griinden, bei einer gr6Beren Zahl yon kieferorthop~tdischen Fillen ist. Es warden deshalb 1500 laufende kieferorthopidische F~lle daraufhin durch- gesehen. Die Nachprtifung ergab folgendes l%esultat : Es wnrden extrahiert 414 515 ~ m 52 Fiillen = 3,4%, ~-F~ in 3 F~llen = 0,2%, ~- in S F~llen = 0,5%, 5~in 8 Fallen = 0,5%. 4~ in 67 Fillen ~ 4,5~ 4-]-4 in 5 Fgllen = 0,3%, Ingesamt wurden also in 9,4~o der nachuntersuchten Falle Pr~imolaren ent- fernt. Nicht beriicksichtigt wurden in dieser Statistik F~tllc yon gesteuerter Ex- traktion nach H o t z so wie die gelegentliche Extraktion eines Br~imolaren aus nicht kieferorthop~dischen Griinden. Kosmetische Belange, Herstetlung eines idealen l~undprofils wurden im gahmma der kieferorthopi~dischen BehaiMlmig weitgehm~d berficksicht, igt mad dutch Fotostataufnahmml beteg~; intraoraIe Aufnahmen wur- den in jedem Fdle, Fernr6ntgenaufnahmen nur in besonderen Fillen angefertigt.

Beitrag zur systematischen Extraktion der Prämolaren

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E. Sch6nherr, Beitrag znr systernatischen Extraktion der Pr~molaren 47

Beitrag zur systematisehen Extraktion der Pr~imolaren

Von E. Schiinherr, Radebeul

Mi~ 13 Abbildungen

Wenn die Indikation zur Extrakt ion yon Pr~molaren bei der Behandlung yon Dysgnathien seit der Anwendung yon funktionellen Ger~ttcn (einschlieBlich Funk- tionsregler nach F r i n k e l ) zweife]los eine Einengung erfahren hat, so geh6rt m. E. die systematischc Extrakt ion vori Pr~molaren auch heute noch in best immten F~llen zur Methode der Wahl. Obwohl ~sthetiscbe Momente nicht der alleinige Gnmd unserer kieferorthop~dischen 3{aBnahmen sind, so so]l ihre Bedeutung nicht unterschitz~v bzw. unterbewertet werden, und nur mi t der Extrakt ion der Pr~- molaren ist es in best immten F~llen m6glich, nicht nut die Stellungsanoma]ie, son- dern auch den Vcrlauf des Gesamtprofils oder auch nur des Mundprofils zu ver- bessern. Wenn A.M. S c h w a r z dem Amerikaner T w e e d vorh~lt, daB er zur l~ichtigstellung des Profils in einem vim zu hohen Prozentsatz (80%) extrahiert, so koran m~n den Ausffihrungen yon A. M. S c h w a r z wohl grunds~tzlich zu- stimmen. Die Frankfurter Horizontale ist zur Beurteihmg des Profilverlaufes in einem beachtlichen Prozentsatz nicht zu verwenden, da sie eben nicht horizon- tal verl~uft. Zur Bestimmung des" Achsenneigung und alien weiteren gnatho- metrischen Abweichungen ist die Spinaebene als Bezugsebene maBgebend.

Die vorliegende Arbeit bringt ~lso grundsitzlich nichts Neues, soildern wieder- holt nur, was altes l~ngst bekazmt ist trod soll unter Beweis stellen, dab diese Er- kenntnisse fiir die Praxis auch heute noch Gtiltigkeit haben.

Dabei interessiert vielleicht in diesem Zusam menhang (auch um eine Vergleiehs- m6glichkeit mi t den amerikanischen Zahlen zu haben), wie hoch der Prozentsatz des" Extraktion von Pri~molaren, ganz gleich aus welchen Griinden, bei einer gr6Beren Zahl yon kieferorthop~tdischen Fillen ist.

Es warden deshalb 1500 laufende kieferorthopidische F~lle daraufhin durch- gesehen. Die Nachprtifung ergab folgendes l%esultat :

Es wnrden extrahiert

414 515 ~ m 52 Fiillen = 3,4%, ~-F~ in 3 F~llen = 0,2%,

~- in S F~llen = 0,5%, 5 ~ i n 8 F a l l e n = 0 , 5 % .

4 ~ in 67 F i l len ~ 4,5~ 4-]-4 in 5 Fgllen = 0,3%,

Ingesamt wurden also in 9,4~o der nachuntersuchten Falle Pr~imolaren ent- fernt. Nicht beriicksichtigt wurden in dieser Statistik F~tllc yon gesteuerter Ex- traktion nach H o t z so wie die gelegentliche Extraktion eines Br~imolaren aus nicht kieferorthop~dischen Griinden. Kosmetische Belange, Herstetlung eines idealen l~undprofils wurden im gahmma der kieferorthopi~dischen BehaiMlmig weitgehm~d berficksicht, igt mad dutch Fotostataufnahmml beteg~; intraoraIe Aufnahmen wur- den in jedem Fdle , Fernr6ntgenaufnahmen nur in besonderen Fi l len angefertigt.

48 Fortschritte der Kieferorthop~die ]~d. 29 (1968) I~eft 1

Uber einige Falle, die mir besonders aufsehlugreieh und erwahnenswert er- scheinen, soll nun berichtet warden. Dabei wird betont, dab es sich nur um Falle im bleibenden G-ebig handelt; fast aIIe sind sogenannte Spiitfalle. A us die sem Grunde ist es aueh verstandlieh, dag die kieferorthopadisehe Behandlung naeh der Ex- trakt:ion in der Mehrzahl mit festsitzenden Behelfen begonnen wurde.

Zungehst vier Falle mit systematiseher Extrakt ion aller vier Pramolox'en: Als ersten Fall (Pat. M. B., 13 Jahre - - A b b . 1 his 4) eine bialveolare Protrusion,

Klasse I (I(niekbil3 ~taeh A. M. Sehwarz ) . Allein aui Grund des klinisehen Be- fundes, der Modelle sowie der Fotosta taufnahmen war die Diagnose gesiehert und die Extrakt ion Mler vier PramoIaren zur tterstellung eines normalen Zahn- bogens sowie besseren Profilver[aufs angezNgt. Besonders haglieh wirkte bei dem Patienten die s tark vorgew61bte untere Lippe, hervorgerufen dureh eine wesent- lieh starkere Protrusion der unteren als der oberen Frontzahne. Die Diagnose wurde dureh Fernr6ntgenbefund gesiehert.

Fernr6tltgenbefund : Stark verkleinerter Ii-Winkel mit 112 ~ s tat t 135 ~ Aehsen- winkel l l I 640 mid ]-['f 77 ~ vergr6gerter Grundebenenwinkel mi t 30 ~ s tar t 20 ~ Profilverlauf: Vorgesieht sehief zuriiek, lV[undprofil positiv.

Durehftihrung der Behandlung mi t festsitzenden Behelfen, Bander au17631367,

bei ~- auBen horizontale Ffihrungskaniile f/ir Ffihrungsbolzen. Palatinal Bal-

Abb. 1. Pa*. M. B., 13 JMlre. FotostataufnMlmen vor mud naeh 2 J~hren Behandlung. Die st~rkere Protrusion der unteren Frontz~hne wirkt sich besonders s~Srend auf den Profilver-

lauf aus. Wesentlich h~rmonischeres Mtmdprofil naeh der Behandlung

E. SehSnherr, ]~eitr~g zur systematisehen Ex~raktion der !Prgmolaren 49

Abb. 2 Abb. 3

Abb, 2. P~. t~'I. ~g., (vgl. Abb. 1). Bialveol~re Protrnsion. J0urch die ~'t~$ wird die Diagnose be- s~g~igg: Kaaiclcbig nach A. M. Schwarz, verkleinerter Ii-Winkel, Aehsenwinkel 1~1 trod

verkleinert, vergrSBerter grundebenenwinkel (weigere Ausftihrungen siehe Tex$)

Abb. 3. Pag. g,B., Ft~S 2 Jahre naeh Abschl~l~ der aktiven Behandlmlg. Ii-~.mke 135 ~ Aehsenwinkel I I1 750 und i-q'T 90 ~ Grundebenenwinkel unvergnder~

ken mi+~ U-Sehlaufe, die am t~fi},rtmgsdorn bei 313 einrastet. Die Distalbewegung

erfolgt bukkal din'oh Gumm, iz/ige, die tis geweehselt, werden, palatinal dureh a

Aktivierung des Ball<ens. Naeh erfolgter Distalbewegung yon 313 his zmn Lfieken-

sehluB Retrusion der Frontzghne dureh AuBenb6gen mit, Gummizfigen, Re- tention durch ak~ive Pla~ten.

Der Erfolg der 78ehandlung wird dureh die gezeigten ~otostatbi tder (Abb. 1), die Fernr6ntgenanfna.hmen (Abb. 2 und 3) bei Beginn und 2 Jahre naeh AbsehluS der Behandhmg so~de die intra.oralen Aufnahmen (Abb. 4) dokumentiert . (Ii-Win- kel und Aehsenwh~kel verbessert; aanghernd Dm-chschnittswerie. Grundebenen- winkel unvergndert).

Die Kardinalfrage der Praxis, wie K o r k h a u s einmal sa.gt, ob ext.ra, hiert wet- den soil oder niche, ist na.tfirIich a n / ~ a n d einer Fernrgnggenatffna, hme besser zu beantworten als ohne Fernr6atgenaufnahme. Es sell t rotzdem nieht unerw/*hnt bleiben, d~B ein bekannt, er amerikanischer Kieferorthopgde (Wyl i e , zit. ngeh N o o r r e e s) angibt, er babe niemals weder aus einer FernrSntgena,ufnahme noeh aus einer Durchzeiehnung oder yon irgendwelehen hiervon ~bernommenen ~essungen

4 For~schritte der Kieferort,hopgdie J3d, 29 ~ . 1

50 JPortsehri~te der Xieferorthopgdie t~d. 29 (1968) I-Ieft 1

Abb. 4; Pat. M. 13,, (vgl. Abb. I, 2, 3). M undnahaufnahmen zu Beginn der Behandlung, naeh 14 Monaten (OK noeh festsitzend, UK bereits Retentionsplatte) und naeh reiehlieh

2 Jahren Behandlung

. . . . ~ :~

!i! %i!

Abb. 5. Pat. J. P., 14: Jahre. ~rontaler Engst~nd, tiefer BiB, seitliehe Kompression, Klasse I. 3{undnahaufnuhmen zu Beginn der Behandlung, mit festsitzenden Behelfen naeh Extr~ktion

aller vier Pr~molaren und naeh reiehlieh 3 Jahren (weitere Angaben siehe Text)

eine eindeutige Entscheidung fiir dgs riehtige therapeutisehe I![andeln en~nehmen k6nnen. Wenn dieser Standpm)kt der ]3edeut~ung der Fernr6ntgenaufnahme wohl keinesfalls gereeht wird, so ist er abet eine Bestgtigung daftir, dal~ eine~Fernr6nt- genaufnahme zur Behandlung einer Stellungsanomgdie nieht in jedem Falle er- forderlieh ist.

Die Abb. 5 zeigt einen Fall, bei dem allein auf Grund des klinisehen Befundes einsehlieGlich Fotosta taufnahme und lV[odellanalyse die Extrakt ion aller vier Prg- molaren ftir erfordeHieh gehalten und eine entspreehende ]3ehandlung durehge- ftihrt ~mrde ; mitentscheidend fiir die Extrakt ion der Prfi.molaren waren der vor- liegende parodontale Beflmd sowie das stark positive Mundprofil.

Pat. J. P. 14 Jahre - - Beginn der Behandlung 1961. Diagnose : Frontaler Eng- stand (stgrker im Unterkiefer), seitliehe Kompression, tiefer BiB, Klasse I. Raphe- Papillen-Transversale verlguft dutch die distalen Kanten yon 312. Parodontaler Be fund.

Profildiagnose: Vorgesieht sehief zur/iek (bei natiirlieher Kopfhaltung~). Mundprofil s tark positiv.

Die Behandlung wurde analog dem vorher gesehilderten Fall mi t festsitzenden Behelien durehgefiihrt. In diesem Falle war ariel der vorliegende tiefe BiB keine Kontraindikation f/it die Extraktion, nnd die Nundnahaufnahmen zeigen den

1) Alle Fotosta~aufnahmen werden bei n~tiirlieher Kopfhaltung vorgenommen.

E. Seh6nherr, Beigrag zur systematisehen Extraktion der [Prgmolaren 51

])~all vor, w~hrend und nach Absehlug der Behandlung. Die Sehlugaufnahme zeigt besonders eindruckvoll, dab dert iefe Bil~ und auch der parodontale Befund wesent- iieh gebessert wurden (kommt in der Sehwarz-B~e~-Aufnahme nieht zum Aus- druek). Aueh die Fotosta taufnahmen zeigen die Verbesserung des Verlaufs des 3'[madprofils, die ohne Extrakt ion der Pr~tmolaren auf keinen Fall erreieht worden ware.

Eiu weiterer Spatfall, der die Notwendigkeit der Extrakt ion aller vier ersten Pramolaren unterstreieht, wird in Abb. 6 besehrieben; die Patientin wurde yon ihrem Inst i tu t zur kieferorthop~tdisehen Behandlung iiberwiesen, da nieht nur SprachstSrungen infolge des vorliegenden frontalen Engstandes vorlagen, son- dern well die Patientin ob ihrer Zahnstellung ~inderwert igkeitskomplexe hat te ; die stark betonte ~undpar t ie (positives ~{undprofil) paBt gar nieht zu der an und f(~r sieh sehr grazilen Patientin mi t einem typisehen Sehmalgesicht.

Pat. ~ . P;, 24 Jahre, Studentin am P~dagogischen Insti tut , Diagnose : Fron- taler Engstand mit Kreuzbil~ sowie tiefem ]~ig (Klasse I). Raphe-Papillen-Trans- versale lauft dureh die mesialen Kanten de r ~ 4 .

Profildiagnose: Beinahe gerades Vorgesieht, Subnasale weir ve t Pn. Mund- profil s tark positiv.

Therapie: Extrakt ion aller Vierer. Behandlung wird durchgefiihrt analog der bereits angefiihrten F~lle mit festsitzenden Behelfen. Berufsausbildung wird dabei nieht gest6rt.

Die Abb. 6 zeigt den Befund zu Beginn der Behandlung, zweimal naeh Ex- t rakt ion mit festsitzenden Behe]fen und naeh Absehlu~ der Behandhmg. (Den Profilau~nahmen ist der Betnnd vor und naeh der Behandlung zu entnehmen. Deutliehe Verbesserung des Profilverlaufs einsehlieglich des Mundprofils).

Die Abb. 7 des n~chsten FMles zeigt, dag die Extrakt ion aller Vierer aueh in- diziert sein kann, wenn aus ~sthetisehen Griinden - - trotz Vorliegen eines Vor- gesiehtes - - keine kieferorthop~disehen Ma[tnahmen erforderlieh w~ren; allein

: 5}!

Abb. 6. Pat. 3[. P., 24 Jahre. l~rontaler Engst~nd mi~ Kreuzbi~ und tiefem Big, Klasse I. 3~undnahaufnahmen zu Beginn der Behandlung, naeh Ex~r~ktion aller vier Pr~molaren und

s Behelfen, sowie naeh 2 Jahren Behand!ung

52 Fortschritte der Kieierorthop~die Bd. 29 (1968) l~eft, 1

!

Abb. 7. Pat. I~. X., 13 Jahre. t~ronta.ler Engstand (SI 35 ram), gransversMe 5Iinuswerte, Xlasse t. Mun~luhaufhahmen zu Beginn der Behandlung, nach Extraktion aller vier Pr~mola- xen sowie mit entspreehenden festsi~zenden Behelfen nnd nach AbschluB der Behandlung

(18 ~fonate)

auf Grund der SI yon 35 mm, bssonders breiter, groBer Eekz~hne (10 ram), ver- bunden mit einer kleinen apikalen Basis, w~re eine Ausregulierung (zweifellos mSglieh) nieht riehtig gewesen.

Pat . R. K., 13 Jahre, Frontaler Engstand, seitliehe Kompression, kleine a, pi- kale Basis, Klasse I. SI 35 mm.

ProfiIdiagnose: Vorgesieht sehief zurfick. ?;~undprofil positiv. Die Nundnah- aufnahmen zeigen den Zustand vor Beginn, wghrend der Behandlung naeh Ex- t rakt ion aller Vierer mi t den festsitzenden Behelfen sowie naeh 18 Monaten. (Die Profilaufnahmen vor und naeh durehgeffihrter Behandlung zeigen eine deutliche Verbesserung des Mundprofils [nieht mehr so s tark positiv].)

Die zweite Gruppe meiner Naehuntersuehungen betrifft F~lle, bei denen nur die oberen Vierer entfernt wurden. Bei diesen F~llen handelt es sieh vorwiegend um eine Klasse I I /1 (Vorgesieht sehief znr/iek); auf Grund der Profildiagnose und unter Bertieksiehtigung kosmetiseher Nomente w~tre eine Ver~tnderung der Lage des Unterkiefers nicht indiziert. Die Fernr6ntgenaufnahme ist in diesen F~llen besonders aufsehlu{~reieh. Bei diesen F~llen steht die starke Protrusion der oberen Frontz~hne im Vordergrund. Das Ausmag der Stellungsanomalie kann dutch die %Veiehteile his zu einem gewissen Grade kasehiert werden; die Supramentalfalte ist abet meist sehr stark ausgepr~gt. Der Grundebenenwinkel ist in den unter- suehten F~llen s tark vergr613ert. Eine Ver~nderung der Lage des Unterkiefers w/irde sieh deshalb profilmggig ungfinstig auswirken, zumal bei der fast immer vorhandenen Neigung der Kauebene das Kinn bei einer Vorverlagerung zu stark betont werden wfirde.

Zungehst den Fall einer 32jghrigen Patientin (Abb. 8), bei der die oberen Sehneidezghne so stark protrudiert waren, dab die Patientin sehon nieht mehr wagte, den Mund riehtig zu 5ffnen; die Patientin ffihlte sieh aueh in ihrer beruf- ]iehen Tgtigkeit s tark beeintrgohtigt; profilmg[3ig wirkte sieh das AusmaB der StellungsanomMie nieht allzu sebr aus :

Pat. M. K,, 32 Js,hre, Sekretgrin. Diagnose: Sehmalkiefer mi t s tarker Protru- sion yon 111, Sehneidezahnstufe 13 mm, Klasse I I /1 um 1 Pb.

Profildiagnose: Vorgesieht sehief zur~ek. Das FernrSntgenbild bestgtigt den erhobenen Befnnd. Aehsenneigung l l i 550 = --1.5 ~ Grundebenenwinke1380 ----- s tark vergr6Bert. Oberkiefer : alveolgre und koronale Protrakt ion (l_JI).

Therapie: Extrakt ion yon ~ und Distalbewegung yon 3_~ mit festsitzen- den Behelfen wie bereits angegeben. Naeh erfolgter Distalbewegung Retrusion

E. SehSnh.err, Beitrag zur systematisehen Extraktion der Pr~molaren 53

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:"N ;4

Abb. 8. Pat. 3I. K., 32 &~hre. l~[undnahaufnahmen zu Beginn der Behandhmg, naeh bereits durehgef~ihrter Distalbewegung yon 3~3 und I~etrusion der t~'rontzghne dureh Augenbogea

' mit Gummiziigen, s0wie Zustand naeh 2 Jahren Behandlung

der Frontzghne mit Auftenbogen. Znr Stabilisierung der 616 transversale Ver- steifung mi t Balken, dig his zu 2_]_2 gehen.

Verlauf und Erfolg der Behandlung wird dureh Abb. 8 bestgtigt; zur Reten- tion wird selbstverstgndlieh mehrere Jahre eine Plat te getragen, zu Beginn aueh einige Stunden tags/iber.

Neben funktionellen und gsthetisehen Gesiehtspunkten kann zuzgtzlieh aber aueh der parodontale Befund ein Grund f/Jr dig Extrakt ion der oberen Vierer sein (Abb. 9 und 10).

Pat. IV[. B., 1.4 Jahre. Diagnose: Hoehgradiger frontaler Engstand mit seit- lieher Kompression, Sehneidezahnstufe 8 mm. t~aphe-Papillen-Transversale lguft dureh dig distale Kante yon 3 ~ . Klasse I f /1 mit tiefem BiB. Starker parodontater Befund.

Profildiagnose : Vorgesieht sehief zuriiek. Mundprofil positiv. Die Fernr6ntgen- aufnahme Abb. 10 bestgtigt den Fotostatbefund:Vorgesieht sehief zuriiek. Alveo- lgre Protra/ktion. Aehsenwinkel I l l 650 - - - - 5 ~ Grundebenenwinkel 40 ~ Das Ausma6 der Stellungsanomalie geht aus der Fernr6ntgenaufnahme hervor.

Therapie : Auf Grund des parodontalen Befundes nnd der kleinen apikalen Ba- sis ist die Extrakt ion yon 4]4 erforderlieh. Dartiber hinaus war aus kosmetisehen Grfinden eine Lagevergnderung des U K nieht angezeigt. Die Mundnahaufnahmen ze~gen den Zustand zu Beginn nnd naeh 3 Jahren Behandlung. Zur Retention im

: N . . . . . .

Abb. 9. Pat. 3f. tL, 16 Jahre. 14oehgradiger frontaler Engstand mit seitlieher Kompression. Schneidezalmstufe 8 ram, Klasse II/1 mit tiefem Big. Parodontitis. Mundnahaufnahmen zu Be- ginn der Behandlung naeh Extraktion yon 614 bereits mit I~etentionsplatte im OK und aktiver Platte im UK sowie naeh 3 Jakren Behandlung. SehneidezalmstuI~ konnte fast beseitigt und

parodontaler Befund erheblieh gebessert werden

54 Fortsehritte der Kieferorthop~die Bd. 29 (1968) tteft 1

~

Abb. 10. Pat. }I. B., (vgl. Abb. 9). FRS-Diagnose: Vorgesicht schief zuriiek, Mundtangente positiv. (Weitere Ausfi~hrnngen siehe Text)

Oberkiefer spgter Platte. Die erforderliehe Umformung im Unterkiefer wurde zu Beginn mit festsitzenden Behelfen und spgter mit aktiver Platte durehgeftihrt. Parodontaler lgefund erheblieh gebessert.

Die alleiifige Extraktion yon 4 ~ kommt zwar relativ selten vor, da sie nur im progenen Formenkreis indiziert ist, abet sic kann, wie der folgende Fall zeigt, ffir den Patiente,~ allein sehon aus kosmetisehen Grtinden ihre Berechtigung haben (Abb. 11).

Pat. T. L., 23 aahre. Diagnose : Progenie, Klasse III. Unterkiefer-Winkel la.~ 0, Oberkiefer hypoplastiseh, 3_] retinim%. Im Frontzahnbereieh besteht Kreuz- bib bei 2_12 und nieht gesieherter -fJberbil~ bei 111. 8ehneidezahnmitte naeh reehts versehoben. Mundprofil: stark positive Unt~'.~'ppe.

Therapie: Ex~raktion yon 4-m~. LfiekensehluB mit festsitzenden Behelfen wie berei~s ffir Oberkiefer a~tgegeben. Naeh durehgefiihrter Distatbewegung vma 3-~ Retrusion der Frontzghne mit Angenbogen.

Die Mundnahaufnahmen zeigen den Befund zu Beginn, wghrend und naeh be- endeter Behandlung. Ein gesieherter {~berbig sowie eine wesentliehe Verbesserung des Mundprofils sind erreieht.

E. Seh6nherr, ]3eitrag zur systematisehen Extraktion der Prgmolaren 55

Abb. 11. ]?at, T. L;, 23 ,lahre. Progenie, Klasse III . 5Iundnahaufnahmen vor, wghrend nnd nach 18 ~[onaten Behandlung. (Weitere Ausffihrungen siehe Text)

Abb. 12. Pat. E. W., 11 Jaha'e. Frontaler Engs~and, seitliehe ~ompression, tiefer BiB, Klasse I. Parodontitis. ~Viundnahaufnahmen zu Beginn der Behandhng (1963), naeh Ex~raktion yon allen Fiinfern und naeh Absehtug der Behandlung (I966), die mit Funktionsregler naeh Fr i~nkel

durehgeffihrt wurde. (Weitere Ausfahrungen siehe Text)

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N. [i

Abb. 13. Pat. M. Seh., 11 Jahre. ib~rontaler Engstand, geringe seitliehe Kompression, tiefer ]3ig, l~lasse I. Nundnahaufnahmen vor, wi~hrend and naeh der Behandhng. Extraktion yon 5~5 zur Beseitigung der vorliegenden Stellungsanomalie. (Weitere Ausfiihrungen siehe Text)

Die E x t r a k t i o n al ler Ffinfer sei nur de r Vol ls t / indigkei t ha lbe r erwiihnt ; sie wird sel ten durehgeff ihr t . I m n/ tehsten Fa l l i s t sie angewende t worden, weft pro- film/tl~ig keine gr68eren Abweiehungen vor lagen, der f ronta le E n g s t a n d mi~ t iefem Big aber m i t e rhebl iehem p a r o d o n t a l e m Bef imd ve rbunden war. D a in der Sagit- ta len sogar ein gewisser Raumi ibersehuB vorlag, wurden n u t die Ffinfer en t fe rn t und die Umformung in d iesem Fal le n ieh t mi t fes t s i tzenden Behelfen, sondern m i t dem Funk t ions reg l e r naeh F r ~t n k e 1 durehgef i ihr t (Abb. 12).

56 Fortschritte der Kieferol~hopiidie Bd. 29 (1968) I-Ief~ 1

Pat. E. W., 11 Jahre, Beginn der Behandlung 1963. Diagnose: Frontaler Eng. stand, seitliche Kompression, tiefer BiB, Klssse I. Parodontitis.

Profildiagnose : Vorgesicht schief zurtick.

Therapie : Extruktion aller Ffinfer, Distalbewegtmg cler ~--~ sowie der in fal-

seher Riehtung durehbreehenden 3]3. Behandlung w~rde mit Funktionsregler na.eh F r ~ n k e l durehgef/ihrt. Die Mundnahaufnahmen zeigen den. Zustand zu Beginn, w~hrend und naeh 3j~hriger Behandlung. Der frontale Engstand, die Protrusion der Frontz~hne sowie der tiefe Big konnten behoben werden. Profil- m~f3ig waren keine Maf3nahmen erforderlieh und sind aueh durch die Behandlung nieht erfolgt.

Zum SehluB soll noeh ein Fall mit Extraktion nut der oberen F/infer be- sehrieben werden. Die Indikation ist dann gegeben, wenn die Seitenz~hne in mesiMer Position (Raphe-Papillen-Transversale) stehen, die Eekz~hne hochlabial durehgebroehen sind und aueh profilm~Big eine Situation vorliegt (gerades Vor- gesieht), die eine Lagever~nderung des Unterkiefers nieht erforderlieh maeht (Abb: 13).

Pat. M. Sch., 11 Jahre. Diagnose: Frontaler Engstand, geringe seitliehe Kom- pression, Eekz~hne hoehlabial im Durehbrueh wegen ~[esialwandertmg der Seiten. z~hne. Raphe-Papillen-Tranversale geht dutch ~14; nach Umdenken Klasse I.

Profildiagnose : Gerades Vorgesicht. Therapie: Extraktion yon 515, Distaibewegung yon i l 2 mit festsitzenden

Behelfen ( wie bereits angegeben). Die Mundnahaufnahmen zeigen den Befund bei Beginn, naeh Extraktion yon

5]2 und naeh Absehlug der Behandlung yon 2 Jahren. Ieh hoffb, mit meinen Ausf/ihrtmgen gezeigt zu haben, dag die systematisehe

Ex~raktion der Vierer, in bestimmten F~llen abet aueh der F/infer, zur erfolgreiehen Durehf/ihrung der kieferorthop~disehen Behandlung, zur Beseitigtmg yon Stel- lungsanomalien sowie zur tIerstellung m6gliehst harmoniseher Kiefergesiehtsbe- ziehungen eine unentbehrliehe Magnahme ist.

Ansehrift d. Verf.: Dr. E. SchSnherr, FaehzMmarzt fiir Xieferorthopgdie 8122 E~debeu!, Wilhelm-Pieek-Str. 71