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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Beiträge zur Chemie des Phosphors, 91 [1] Li3P7, ein Polyphosphid mit fluktuierenden Bindungen: Synthese aus P2H4 und Überführung in P7H3 Contributions to the Chemistry of Phosphorus, 91 [1] LiaP?, a Polyphosphide with Fluctuating Bonds: Synthesis from P2H4 and Conversion to P7H3 Marianne Baudler*, Hans Ternberger, Wolfgang Faber und Josef Hahn Institut für Anorganische Chemie der Universität Köln, Greinstraße 6, D-5000 Köln 41 Z. Naturforsch. 34B, 1690-1697 (1979); eingegangen am 17. September 1979 Trilithiumheptaphosphide, Heptaphosphane-3, Diphosphane-4, Fluctuating Molecule, Trimethylheptaphosphane - 3 Trilithiumheptaphosphide, LisP? 3 solvents (monoglyme, THF) (1), was obtained as the final product in the reaction of diphosphane-4 with n-GjHgLi or LiPH2- 1 was charac- terized by elemental analysis, IR, Raman and NMR spectroscopy as well as by the formation of the derivatives (MeaSijsP? and P7Me3 (3). Studying the temperature depend- ence of the 31 P NMR spectrum, all P atoms in the cage structure of 1 were found to become equivalent at + 80 °C. Thus trilithiumheptaphosphide is the first known poly- phosphide with fluctuating bonds. Silylation of 1 with MeßSiCl and subsequent solvolysis with MeOH leads to the corresponding hydride, P7H3 (2), which can be remetalated to the lithium salt 1. 2 was also characterized by its IR, Raman and mass spectra. Über das reaktive Verhalten von Diphosphan-4 ist - abgesehen von der Selbstentzündlichkeit und der ausgeprägten Tendenz zur Disproportionierung - so gut wie nichts bekannt. Wir haben uns daher im Zusammenhang mit unseren Untersuchungen zur Charakterisierung und Synthese von höheren Phos- phanen [2] eingehender mit der Metallierung von Diphosphan beschäftigt. Im folgenden wird über die Reaktionen von P2H4 mit Butyllithium bzw. Lithium-dihydrogenphosphid berichtet, die unter geeigneten Bedingungen in guter Ausbeute zum Trilithium-heptaphosphid, LißP? (1), führen. Ver- bindung 1 ist das erste bekannte Polyphosphid mit fluktuierenden Bindungen. Es kann durch Reaktion mit Trimethylchlorsilan und anschließende Solvo- lyse des schon von Fritz und Hölderich [3] auf anderem Wege erhaltenen Silylderivates (MesSi)3P7 in das entsprechende Hydrid, Heptaphosphan-3, P7H3 (2), überführt werden, das bei Metallierung wieder das Lithiumsalz 1 ergibt. Präparative Ergebnisse In der Reihe der kettenförmigen Phosphane PWHw+2 steigt die Acidität beim Übergang zu den phosphorreicheren Homologen an, wie z.B. die zu- * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. M. Baudler. 0340-5087/79/1200-1690/$ 01.00/0 nehmende Tieffeldverschiebung im X H{ 31 P}-NMR- Spektrum [4] zeigt. Diphosphan-4 sollte daher im Vergleich zum PH3 eine erhöhte Tendenz zur Bil- dung von metallierten Derivaten besitzen. a) Reaktion von Diphosphan-4 mit n-Butyllithium Wir fanden, daß P2H4 mit w-GiHgLi in Tetra- hydrofuran bei —20 °C unter gleichzeitiger Dispro- portionierung über mehrere Zwischenstufen schließ- lich zum Trilithium-heptaphosphid (1) reagiert. Phänomenologisch lassen sich vier Reaktionsschritte unterscheiden: 1. Nach Zugabe der ersten Tropfen des Metallie- rungsmittels färbt sich die Reaktionslösung gelb. An der Eintropfstelle entsteht eine schneeweiße Fällung, die sich sofort unter Gasentwicklung wieder auflöst. Die stattfindende Gasentwicklung ist an- fangs relativ schwach, wird jedoch nach Zugabe von 20-30 Tropfen der Butyllithium-Lösung zunehmend heftiger. Mit fortschreitender Umsetzung vertieft sich die Farbe des Reaktionsgemisches nach dunkel- rot, bis schließlich bei einem Molverhältnis P2H4: w-C4H9Li «9:1 (abhängig von der Konzen- tration der P2Hi /THF-Lösung) ein orangefarbener Niederschlag ausfällt. In der Lösung sind 31 P-NMR- spektroskopisch PH3 sowie etwas P2H4 und n-C4H9PH2 nachweisbar. 2. Wird weiteres Butyllithium zugegeben, so ent- steht bei einem Verhältnis P2H4: n-C^l^lA «6:1

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Beiträge zur Chemie des Phosphors, 91 [1] Li3P7, ein Polyphosphid mit fluktuierenden Bindungen: Synthese aus P2H4 und Überführung in P7H3

Contributions to the Chemistry of Phosphorus, 91 [1] LiaP?, a Polyphosphide with Fluctuating Bonds: Synthesis from P2H4 and Conversion to P7H3

Marianne Baudler*, Hans Ternberger, Wolfgang Faber und Josef Hahn

Institut für Anorganische Chemie der Universität Köln, Greinstraße 6, D-5000 Köln 41 Z. Naturforsch. 34B, 1690-1697 (1979); eingegangen am 17. September 1979 Trilithiumheptaphosphide, Heptaphosphane-3, Diphosphane-4, Fluctuating Molecule, Trimethylheptaphosphane - 3

Trilithiumheptaphosphide, LisP? • 3 solvents (monoglyme, THF) (1), was obtained as the final product in the reaction of diphosphane-4 with n-GjHgLi or LiPH2- 1 was charac-terized by elemental analysis, IR, Raman and NMR spectroscopy as well as by the formation of the derivatives (MeaSijsP? and P7Me3 (3). Studying the temperature depend-ence of the 31P NMR spectrum, all P atoms in the cage structure of 1 were found to become equivalent at + 80 °C. Thus trilithiumheptaphosphide is the first known poly-phosphide with fluctuating bonds. Silylation of 1 with MeßSiCl and subsequent solvolysis with MeOH leads to the corresponding hydride, P7H3 (2), which can be remetalated to the lithium salt 1. 2 was also characterized by its IR, Raman and mass spectra.

Über das reaktive Verhalten von Diphosphan-4 ist - abgesehen von der Selbstentzündlichkeit und der ausgeprägten Tendenz zur Disproportionierung -so gut wie nichts bekannt. Wir haben uns daher im Zusammenhang mit unseren Untersuchungen zur Charakterisierung und Synthese von höheren Phos-phanen [2] eingehender mit der Metallierung von Diphosphan beschäftigt. Im folgenden wird über die Reaktionen von P2H4 mit Butyllithium bzw. Lithium-dihydrogenphosphid berichtet, die unter geeigneten Bedingungen in guter Ausbeute zum Trilithium-heptaphosphid, LißP? (1), führen. Ver-bindung 1 ist das erste bekannte Polyphosphid mit fluktuierenden Bindungen. Es kann durch Reaktion mit Trimethylchlorsilan und anschließende Solvo-lyse des schon von Fritz und Hölderich [3] auf anderem Wege erhaltenen Silylderivates (MesSi)3P7 in das entsprechende Hydrid, Heptaphosphan-3, P7H3 (2), überführt werden, das bei Metallierung wieder das Lithiumsalz 1 ergibt.

Präparative Ergebnisse

In der Reihe der kettenförmigen Phosphane PWHw+2 steigt die Acidität beim Übergang zu den phosphorreicheren Homologen an, wie z . B . die zu-

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. M. Baudler. 0340-5087/79/1200-1690/$ 01.00/0

nehmende Tieffeldverschiebung im XH{3 1P}-NMR-Spektrum [4] zeigt. Diphosphan-4 sollte daher im Vergleich zum PH3 eine erhöhte Tendenz zur Bil-dung von metallierten Derivaten besitzen.

a) Reaktion von Diphosphan-4 mit n-Butyllithium

Wir fanden, daß P2H4 mit w-GiHgLi in Tetra-hydrofuran bei — 2 0 °C unter gleichzeitiger Dispro-portionierung über mehrere Zwischenstufen schließ-lich zum Trilithium-heptaphosphid (1) reagiert. Phänomenologisch lassen sich vier Reaktionsschritte unterscheiden:

1. Nach Zugabe der ersten Tropfen des Metallie-rungsmittels färbt sich die Reaktionslösung gelb. An der Eintropfstelle entsteht eine schneeweiße Fällung, die sich sofort unter Gasentwicklung wieder auflöst. Die stattfindende Gasentwicklung ist an-fangs relativ schwach, wird jedoch nach Zugabe von 20-30 Tropfen der Butyllithium-Lösung zunehmend heftiger. Mit fortschreitender Umsetzung vertieft sich die Farbe des Reaktionsgemisches nach dunkel-rot, bis schließlich bei einem Molverhältnis P2H4: w-C4H9Li « 9 : 1 (abhängig von der Konzen-tration der P2Hi/THF-Lösung) ein orangefarbener Niederschlag ausfällt. In der Lösung sind 3 1 P-NMR-spektroskopisch PH3 sowie etwas P2H4 und n-C4H9PH2 nachweisbar.

2. Wird weiteres Butyllithium zugegeben, so ent-steht bei einem Verhältnis P2H4: n-C^l^lA « 6 : 1

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M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1691

eine rote viskose, ölige Phase, während die über-stehende Lösung gelb gefärbt ist; etwa gleichzeitig hört die Gasentwicklung auf. Das rote Öl zeigt ein komplexes 3ip{iH}-NMR-Spektrum (—40 °C), das vier relativ gut getrennte Signalgruppen bei etwa 0, -66, - 1 2 5 und - 2 1 1 ppm aufweist. In der THF-Lösung ist kein unumgesetztes P2H4 mehr feststell-bar.

3. Die weitere Zugabe von Butyllithium bewirkt ein Zusammenballen des roten Öles zu einem orange-farbenen Kristallbrei (P2H4 : n-C4HgLi & 4,5 : 1). Während dieses deutlich exothermen Reaktions-schrittes findet keine Gasentwicklung statt.

4. Die Reaktion des orangefarbenen Kristall-breis mit weiterem Metallierungsmittel ergibt schließlich einen gelblich-weißen, flockigen Nieder-schlag (P2H4: w-C^HgLi « 2 , 5 : 1 ) , der nach dem 3 1 P-NMR-Spektrum aus Trilithium-heptaphosphid (1) (siehe S. 1693) besteht.

Das Reaktionsgas enthält hauptsächlich PH3 sowie außerdem w-C4Hio und geringe Mengen mitgerisse-ner Lösungsmittel (Tetrahydrofuran, Hexan).

Analoge Umsetzungen in Monoglyme bzw. n-Hexan ergaben die gleichen Hauptprodukte. Eine bevorzugte Reaktion von Butyllithium mit dem Solvens Tetrahydrofuran [5] ist daher auszuschlie-ßen. Auch bei umgekehrter Reihenfolge der Zu-sammengabe der Reaktanden (Eintropfen der P2Hi/THF-Lösung in vorgelegtes Butyllithium) wurden keine anderen Reaktionsprodukte beobach-tet.

Als Primärschritt findet zweifellos eine Metallie-rung des Diphosphans gemäß Gl. (1) statt :

P2H4 + %-C4H9Li -> LiP2H3 + n-C4Hio (1)

Ein Hinweis auf die Bildung von Lithium-tri-hydrogendiphosphid ist die anfänglich auftretende weiße Fällung, die sich unter Gasentwicklung wieder auflöst. Versuche, die betreffende Substanz zu iso-lieren oder 3 1P-NMR-spektroskopisch zu charak-terisieren, waren bisher ohne Erfolg. Das Primär-produkt reagiert offensichtlich sofort mit über-schüssigem Diphosphan unter Disproportionierung und Ummetallierung weiter:

LiP 2 H 3 + P2H4 -> LiP3H4 + P H 3 (2)

Das dabei entstehende PH 3 wird teilweise durch Butyllithium in LiPH2 überführt [6], das seinerseits in die Metallierungsreaktion eingreift (siehe Ab-schnitt b). In gleicher Weise wie das Diphosphid

LiP2H3 reagiert dann auch das Triphosphid LiP 3 Hi mit weiterem Diphosphan unter Disproportionie-rung, so daß nacheinander Tetraphosphide, Penta-phosphide usw. resultieren. Da in Phosphanen allge-mein PH-Gruppierungen acider als PH2-Gruppen sind [4, 7] und daher auch vorrangig metalliert werden sollten, finden nicht nur bevorzugt Ketten-verzweigungen statt, sondern es können neben monocyclischen auch mehrfachcyclische Verbin-dungen gebildet werden. Dieser Prozeß setzt sich nun so lange fort, bis nur noch Phosphide vorliegen, deren Nucleophilie nicht mehr ausreicht, um weitere niederhomologe Phosphane - insbesondere Diphos-phan - unter Disproportionierung anzugreifen. Nur so ist bei portionsweiser Zugabe von Butyllithium verständlich, daß die PH3-Entwicklung auch trotz Anwesenheit von nicht-umgesetztem P2H4 schon nach kurzer Zeit zum Stillstand kommt und erst wieder einsetzt, wenn weiteres w-GjHgLi zugegeben wird. Da als Endprodukt Trilithium-heptaphosphid (1) entsteht, muß dieses tricyclische Phosphid (siehe S. 1694) im Vergleich zum LiP 2 H 3 oder L iP 3 Hi eine stark reduzierte Nucleophilie aufweisen, d.h. in besonderer Weise befähigt sein, sich durch Vertei-lung der negativen Ladung auf das verzweigte P-Gerüst zu stabilisieren (siehe S. 1694).

Neben der angegebenen Reaktionsfolge von Metallierungs- und Disproportionierungsreaktionen findet in untergeordnetem Maße auch noch eine Bildung von n-Butylphosphan und Lithium-di-hydrogenphosphid, das nach Abschnitt b) sofort wieder verbraucht wird, statt:

P2H4 + 7i-C4H9Li -> 7i-C4H9PH2 + L i P H 2 (3)

Dagegen kann eine Reaktion unter H2-Eliminierung und Kettenverlängerung, wie sie von Issleib und Mitarb. [8] bei der Metallierung von C6H5PH2 beobachtet worden ist, im vorliegenden Fall aus-geschlossen werden, da im Reaktionsgas kein Was-serstoff nachzuweisen war.

Insgesamt verläuft die Umsetzung von Diphos-phan mit Butyllithium zu Trilithium-heptaphos-phid (1) nach Gl. (4), die durch quantitative Er-fassung des gebildeten PH 3 bestätigt wurde:

9 P 2 H 4 - f 3 w-GjHgLi ->

Li3P7 + 11 P H 3 + 3 n-C4H10 (4) 1

Zur präparativen Gewinnung von 1 werden die Reaktionspartner zweckmäßigerweise im Verhält-

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1692 M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1692

nis P2H4 : w-C4H9Li = 2,5:1 umgesetzt (Einzelhei-ten siehe „Experimentelles"). Anschließende Auf-arbeitung bei Raumtemperatur ergibt reines Li3P7 • 3 T H F in einer Ausbeute von 5 9 % .

b) Reaktion von Diphosphan-4 mit Lithium-dihydrogenphosphid

Als weiteres Metallierungsmittel für Diphosphan erschien Lithiumdihydrogenphosphid [6] besonders geeignet, da es in einer Verdrängungsreaktion voll-ständig nach Gl. (5) reagieren sollte:

P2H4 + L iPH 2 -> LiP 2 H 3 + PH 3 t (5)

Wie wir bei Umsetzung der Reaktanden in Monoglyme (1.2-Dimethoxyethan) bei — 2 0 °C fan-den, entsteht in einer Folge von Metallierungs- und Disproportionierungsreaktionen auch in diesem Fall als Endprodukt Trilithium-heptaphosphid (1):

9 P2H4 + 3 LiPH 2 Li 3 P 7 + 14 P H 3 (6) 1

Da 1 in Monoglyme nur mäßig löslich ist, fällt es in der zweiten Reaktionshälfte zunehmend aus, wäh-rend gleichzeitig die zunächst lebhafte PH3-Ent-wicklung deutlich nachläßt. Nach entsprechender Aufarbeitung wird reines Li3P? • 3 Monoglyme in 90%-iger Ausbeute gewonnen (Einzelheiten siehe ,,Experimentelles'').

Bei Änderung der Stöchiometrie (P2H4: LiPH2 > 3 : 1 ) oder tieferer Reaktionstem-peratur ( — 7 8 °C) werden andere - zum Teil noch wasserstoffhaltige - Lithiumpolyphosphide gebil-det, die zur Zeit näher untersucht werden. Über die Metallierung von Diphosphan mit Kaliumdihydro-genphosphid wird in Kürze gesondert berichtet.

c) Reaktion von Trilithium-heptaphosphid (1) mit Trimethylchlorsilan

Durch reduktive Spaltung von weißem Phosphor mit Na/K-Legierung und anschließende Umsetzung mit Trimethylchlorsilan konnten Fritz und Hölde-rich [3] unter anderem das Silylphosphan (Me3Si)3P? erhalten, dessen Käfigstruktur auch durch Röntgen-strukturanalyse [9] gesichert ist. Liegt im Tri-lithium-heptaphosphid (1) das gleiche P?-Gerüst (siehe S. 1694) vor, so sollte bei Reaktion mit Trimethylchlorsilan das bekannte Silylderivat ent-stehen :

Li3P7 + 3 Me3SiCl -> (Me3Si)3P7 + 3 LiCl (7)

Wir fanden, daß Verbindung 1 mit Me3SiCl in siedenden Solventien (Toluol, Monoglyme, T H F ) unter weitgehender Zersetzung reagiert. Dies ist ein indirekter chemischer Beweis, daß 1 in Lösung bei den betreffenden Reaktionstemperaturen keine fixierte Struktur aufweist (siehe S. 1694). In hetero-gener Reaktion (Suspension in Toluol) und bei tiefer Temperatur (—50 °C) dagegen verläuft die Silylie-rung von 1 gemäß Gl. (7) praktisch quantitativ. Nach Aufarbeitung und Kristallisation aus n-Pentan kann reines (Me3Si)3P7, das in allen Eigenschaften mit einem authentischen Präparat [3] identisch ist, in 88-proz. Ausbeute gewonnen werden (Einzel-heiten siehe „Experimentelles").

d) Reaktion von Tr is (trimethylsilyl )-heptaphosphan-3 mit Methylalkohol

Wie unsere Untersuchungen zur Synthese von a,co-PH-substituierten Organylphosphanen [1, 10] gezeigt haben, ist die Solvolyse entsprechender Silylverbindungen ein besonders schonendes Dar-stellungsverfahren für leicht zersetzliche höhere Phosphane. Die dem Li3P7 zugrunde liegende Phos-phorwasserstoffverbindung, das Heptaphosphan-3, P7H3 (2), sollte daher durch Methanolyse von (Me3Si)3P7 in organischen Solventien bei tiefer Temperatur in reiner Form präparativ zugänglich sein:

(Me3Si)3P7+ 3MeOH - > P 7 H 3 + 3Me3Si0Me (8) 2

Kleine Mengen dieses Phosphorhydrids haben wir schon vor einigen Jahren [2] in den Hydrolyse-produkten von Calciumphosphid und in denThermo-lysaten von Diphosphan massenspektrometrisch nachweisen können; eine nähere Untersuchung der Eigenschaften stand aber noch aus.

Bei der Umsetzung von (Me3Si)3P7 mit Methanol in Toluol bei — 4 0 °C entsteht sofort ein weißer, voluminöser Niederschlag, ohne daß eine Gasent-wicklung stattfindet. Die farblose Reaktionslösung enthält keine 3 1P-NMR-spektroskopisch nachweis-baren Verbindungen, so daß eine Disproportionie-rung des Pv-Gerüstes unter Bildung von P H 3 oder P2H4 ausgeschlossen werden kann. Der weiße Fest-stoff wird nach Filtration (—20 °C) auf der Fritte blaßgelb. Nach den vorliegenden Untersuchungen (Abschnitt e und S. 1695) besteht er aus reinem Heptaphosphan-3 (2); Ausbeute 8 6 % (Einzelheiten siehe „Experimentelles").

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M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1693

e) Reaktion von Heptaphosphan-3 (2) mit Lithium - dihydrogenphosph id

Nachdem aus Trilithium-heptaphosphid (1) über die entsprechende Silylverbindung das Hydrid P7H3 (2) dargestellt werden konnte, interessierte die Frage, ob die Wasserstoffverbindung 2 wieder zu dem Lithiumsalz 1 metalliert werden kann:

Es zeigte sich, daß eine Suspension von Hepta-phosphan-3 (2) in Monoglyme mit überschüssigem Lithium-dihydrogenphosphid (P7H3 : LiPH2 = 1:4,5) bei — 2 0 °C praktisch quantitativ zu Tri-lithiumheptaphosphid (1) reagiert. Bei Zugabe der LiPH2-Lösung färbt sich das Reaktionsgemisch an-fangs rot, während die Menge an festem Hydrid abnimmt. Anschließend entstehen rote, ölige Tröpf-chen und danach ein roter Feststoff, die im weiteren Verlauf wieder verschwinden. Gegen Ende der Um-setzung fällt weißes Trilithium-heptaphosphid (1) aus, das in 92-proz. Ausbeute isoliert werden kann (Einzelheiten siehe „Experimentelles").

Der Reaktionsablauf läßt vermuten, daß bei der Metallierung von Heptaphosphan-3 eine inter-mediäre Öffnung des P7-Gerüstes stattfindet, das anschließend wieder recyclisiert. Die betreffenden Vorgänge werden zur Zeit näher untersucht.

Die Reaktion von P7H3 mit tt-GjHgLi in Tetra-hydrofuran bei — 6 0 °C führt ohne Gasentwicklung gleichfalls zurück zu 1 ; als Nebenprodukte werden geringe Mengen W-C4H9PH2 und PH3 gebildet.

/) Reaktion von Trilithium-heptaphosphid (1) mit Methylbromid

Ähnlich wie mit Trimethylchlorsilan sollte Tri-lithium-heptaphosphid (1) auch mit Alkylhalo-geniden zu entsprechenden Trialkvl-heptaphospha-nen-3, P7R3, reagieren.

Nach orientierenden Untersuchungen zur Um-setzung von 1 mit Methylbromid (—60 °C, Tetra-hydrofuran) entsteht als Hauptprodukt das Tri-methyl-heptaphosphan-3, P7Me3 (3), neben etwas (PMe)ö. Verbindung 3 wurde massen- und NMR-

spektroskopisch eindeutig als Organylphosphan mit P7-Gerüst charakterisiert. Das 3 1P{ 1H}-NMR-Spek-trum zeigt zwei Hochfeldgruppen bei — 1 5 5 und — 9 5 ppm für die P-Atome im Dreiring bzw. das einzelne Brückenkopf-Atom (siehe S. 1694), deren chemische Verschiebungen mit denen im (Me3Si3)P? [3] weitgehend übereinstimmen, während die Signal-gruppe für die zweibindigen P-Kerne bei + 60 ppm im Vergleich zur Silylverbindung tieffeldverschoben ist.

Versuche zur Optimierung des Darstellungsver-fahrens von 3 sind im Gange.

Eigenschaften, Spektren und Struktur von U3P7 (1)

Li3P7 • 3 Monoglyme (Li3P7 • 3 Tetrahydrofuran) ist ein weißer, röntgenamorpher Feststoff, der unter Inertgas bei Raumtemperatur beständig ist. Bei Kontakt mit Luftsauerstoff tritt Selbstentzündung ein. Mit Wasser erfolgt stürmische Zersetzung unter Feuererscheinung und Bildung von PH3. 1 löst sich sehr gut in Tetrahydrofuran, gut in Monoglyme und ist unlöslich in Benzol, Toluol, w-Hexan, Diethyl-ether und Diglyme. Im ölpumpenvakuum wird ein Teil des gebundenen Solvens abgespalten, wobei je-doch gleichzeitig eine partielle Zersetzung statt-findet. Offensichtlich ist zur Stabilisierung von Li3P7 die Addition von drei Lösungsmittelmolekülen erforderlich. Verbindung 1 wurde durch Elementar-analyse, 3 1 P-NMR-Spektrum und Molekülschwin-gungsspektren eindeutig als Verbindung mit tri-cyclischem P?-Gerüst charakterisiert.

Die Elementaranalyse belegt die Zusammenset-zung LisP? • 3 Solvens. Detaillierte Aussagen zur Struktur ergeben sich aus dem temperaturabhängi-gen 3 1P-Kernresonanzspektrum.

Das 3 1 P-NMR-Spektrum von 1 (siehe Abb. 1) zeigt bei — 60 °C drei scharf voneinander getrennte Signalgruppen bei -57 , -103 und - 1 6 2 ppm im Intensitätsverhältnis 1 : 3 : 3 , die den Habitus eines feinaufgespaltenen Quartetts, Tripletts bzw. Du-bletts besitzen. Das Pseudotriplett weist eine deut-liche Linienverbreiterung auf, die wahrscheinlich auf das Quadrupolmoment des 7Li-Kerns und/oder die Jp_7L1-Kopplung zurückzuführen ist. Dies folgt aus der vergleichsweisen Untersuchung des isotopen-substituierten 6Li3P7, dessen 3 1 P-NMR-Spektrum infolge des kleineren Quadrupolmomentes des 6Li-Kerns und der kleineren Jp_6Li-Kopplungskonstante

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1694 M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1694

^JJM^J -IBDD -3ED0 -5ED0

-HO -BD -IED -IE0 ppn

Abb. 1. 31P-NMR-Spektrum von Li3P? (1) in d8-Tetrahydrofuran (gesättigt bei —78 °C) in Abhängig-keit von der Temperatur.

auch in der,, Triplett"- Gruppe hohe Auf lösung zeigt. Über die Darstellung und die vollständige Spektren-analyse von 6Li3P7 wird in Kürze gesondert berich-tet. Insgesamt ähnelt das 3 1 P-NMR-Spektrum von 1 dem der Silylverbindung (Me3Si)3P7 [3] mit dem Unterschied, daß die Lage der „Quartett"- und „Triplett"-Gruppe zueinander vertauscht ist. Alle kernresonanzspektroskopischen Befunde sind nur mit der in Abb. 2 gezeigten tricyclischen Struktur vereinbar, die auch im (Me3Si)3P7 [3, 9] sowie im Sr3Pi4 [11] und Ba 3 Pi 4 [12] vorliegt. Das „Dublet t " bei hohem Feld und das Tieffeld-„Quartett" ent-sprechen den P-Atomen im Dreiring bzw. dem einzelnen Brückenkopf-Atom, während das Pseudo-triplett durch die unmittelbar an Lithium gebunde-nen P-Kerne hervorgerufen wird.

Überraschenderweise ist der Habitus des 3 1 P-NMR-Spektrums von 1 temperaturabhängig. Oberhalb von etwa — 3 5 °C setzt eine zunehmende Linienverbreiterung ein, bis bei Raumtemperatur

nur noch ein uncharakteristischer, breiter Signal-berg erkennbar ist. Weitere Temperatursteigerung ergibt bei -f- 50 °C als Durchschnittsspektrum ein Singulett bei — 1 1 9 ppm, das bei -f-80°C (in Monoglyme) völlig scharf wird. Beim anschließen-den Abkühlen bildet sich das Tieftemperaturspek-trum wieder zurück.

Die reversible Temperaturabhängigkeit ist auf einen dynamischen Prozeß zurückzuführen, der in dieser Form erstmals bei einem anorganischen Molekül beobachtet wurde. Der Vorgang ist als schnelle und reversible Valenzisomerisierung (ent-artete Cope-Umlagerung) bekannt [13] und in der organischen Chemie am Beispiel des Bullvalens [14-16] eingehend untersucht worden. D a ß das P? 3 - -Ion und das Bullvalen diesbezüglich ähnliche Eigen-schaften zeigen, beruht zweifellos auf dem Vor-liegen gleicher Strukturelemente in beiden Mole-külen: Beide Verbindungen enthalten jeweils einen Dreiring, der die Aktivierungsenergie der Cope-Umlagerung merklich erniedrigt, sowie außerdem eine 3-zählige Symmetrieachse und drei leicht be-wegliche Elektronenpaare.

Im Verlauf der intramolekularen Umlagerungen im Li3P7 werden ständig P-P-Bindungen gespalten und neu geknüpft, wobei sich das P73~-Ion infolge der 3-zähligen Symmetrieachse immer wieder zurückbildet. Durch drei reversible Cope-Umlage-rungen mit gleichem statistischem Gewicht (siehe Abb. 2) verwandeln sich die P-Atome des Dreirings nacheinander in Brückenkopf-Atome, während gleichzeitig die zunächst zweibindigen P-Atome unter Wanderung der Elektronenpaare zu Dreiring-atomen werden. Weitere entsprechende Umlagerun-gen können jedes der sieben Phosphoratome in jede

Abb. 2. Struktur und Valenztautomerie des P73--Ions.

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M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1695

nur mögliche Position überführen, so daß insgesamt 7 !/3 = 1680 valenztautomere Formen existieren. Bei Raumtemperatur ist dieser dynamische Prozeß schnell bezüglich der NMR-Zeitskala, so daß alle sieben P-Atome gleichwertig werden und als Durchschnitts-3 1P-NMR-Spektrum von 1 ein Sin-gulett resultiert. Die entsprechende freie Aktivie-rungsenthalpie dürfte aufgrund des Temperatur-bereichs, in dem die Linienverbreiterung auftritt, zwischen 10 und 15 kcal/mol betragen. Das P73_-Ion ist demnach bei Raumtemperatur durch 1680 strukturgleiche Valenztautomere zu beschreiben und stellt damit das erste anorganische Molekül mit ideal fluktuierenden Bindungen dar. Im Unter-schied zu 1 sind im 3 1P{ 1H}-NMR-Spektrum von (Me3Si)3P7 (in Toluol) bis 100 °C erwartungsgemäß keine Hinweise auf einen entsprechenden dynami-schen Prozeß feststellbar.

Die Molekülschwingungsspektren von festem Li 3 P 7 • 3 Monoglyme zeigen für das P7 3 _-Gerüst fol-gende Banden (in c m - 1 ) :

IR (KJ-Preßling): 470 sst, 448 sst, 414 st, 384 schw, 358 m, 308 m, 276 schw;

Raman: 465 m Sch, 442 m Sch, 424 st, 387 m, 355 schw, 313 m, 282 m, 234 sschw.

Sie weisen eine relativ gute Übereinstimmung mit den entsprechenden Spektren von Ba3Pi4 [17] auf, so daß damit auch schwingungsspektroskopisch das Vorliegen der tricyclischen Struktur gemäß Abb. 2 gesichert ist.

Eigenschaften und Charakterisierung von P7H3 (2) Heptaphosphan-3 (2) fällt bei der Darstellung als

weißer, flockiger Festkörper an, der nach dem Trocknen hellgelb ist und schwer von letzten Lösungsmittelspuren befreit werden kann (siehe „Experimentelles"). 2 ist bei Raumtemperatur unter Inertgas beständig; bei etwa 300 °C tritt Zersetzung unter Rotfärbung ein. Bei Kontakt mit Luftsauerstoff findet äußerlich keine Veränderung statt, doch ist anschließend im Massenspektrum ein Peak für P7H 3 0 [18] beobachtbar. Nach längerer Einwirkung von Wasser kann die Bildung von Phosphorsäuren nachgewiesen werden. Die röntgen-amorphe Substanz ist völlig unlöslich in n-Hexan, Toluol, a-Methylnaphthalin (bis 150 °C), Diethyl-ether, Tetrahydrofuran, Dioxan, Monoglyme, Di-methylformamid, Acetonitril (bis 100 °C), Dimethyl-sulfoxid, Hexamethylphosphorsäure-triamid, Me-

thanol und Schwefelkohlenstoff. Auch Diphosphan-4 und geschmolzener weißer Phosphor (bei 60 °C) lösen keine nachweisbaren Mengen von Heptaphos-phan-3.

Das Massenspektrum von 2 (12 eV, 110 °C) zeigt einen intensiven Peak bei m/e = 220, der dem Mole-külion P7H3+ entspricht. Daneben sind noch Signale für P7H5+ und Phosphanionen mit zwei bis sechs P-Atomen beobachtbar, die durch Thermolyse, Fragmentierung oder Wasserstoffeinfang gebildet werden. Bei höherer Probentemperatur (150-200 °C) treten außerdem Peaks für die Ionen von Octa- und Nonaphosphanen auf, und der Substanzrückstand ist nach der Messung tiefrot gefärbt. Obwohl das cyclische Heptaphosphan-3 thermisch wesentlich beständiger als Diphosphan-4 ist, unterliegt es bei höheren Temperaturen demnach gleichfalls der für Phosphane charakteristischen Disproportionierung.

Die Molekülschwingungsspektren von P7H3 wei-sen folgende Banden (in cm - 1 ) auf:

IR (KJ-Preßling): 2250 m, 1045 schw, 865 m, 836 m, 620 schw Sch, 601 schw, 462 m, 451 m, 389 schw, 333 schw, 281 schw;

Raman: 2248 st, 504 m-schw, 445 m, 430 sschw, 409 schw Sch, 387 st, 356 st.

Die P-H-Valenzschwingungsbande bei 2248 c m - 1

im Ramanspektrum zeigt zwei angedeutete Schul-tern bei 2263 bzw. 2275 cm - 1 , die auf eine gering-fügige Störung der Symmetrie des Moleküls hin-weisen. Während die H - P - H - und H - P - P - D e f o r -mationsbanden im IR-Spektrum zwischen 1045 und 601 c m - 1 auftreten, sind sie im Ramanspektrum in-folge zu geringer Intensität nicht beobachtbar. Die Valenz- und Deformationsschwingungen des P7-Gerüstes weisen weitgehende Ähnlichkeit mit denen im Lithiumsalz 1 (siehe oben) auf.

Insgesamt bestätigen alle vorhegenden Befunde, daß im Heptaphosphan-3 das gleiche tricyclische P7-Gerüst wie im (Me3Si)3P7 [3, 9] vorliegt.

Experimentelles Die Arbeiten wurden unter strengem Ausschluß

von Luf t und Feuchtigkeit in einer Atmosphäre von hochreinem Stickstoff ausgeführt. Die verwendeten Lösungsmittel waren getrocknet und mit Inertgas gesättigt. 3 1 P-NMR-Spektren wurden mit dem Kernresonanzspektrometer H X 90 E der Fa. Bru-ker-Physik AG, Massenspektren mit dem Gerät CH 5 der Fa. Varian M A T , IR-Spektren mit dem

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1696 M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1696

Perkin-Elmer Gitterspektrometer 457 und Raman-Spektren mit dem Cary 82 Laser-Raman-Spektro-photometer der Fa. Varian M A T aufgenommen.

Diphosphan Die Darstellung erfolgte durch Hydrolyse von

Calciumphosphid unter milden Bedingungen und Auftrennung der flüchtigen Reaktionsprodukte durch fraktionierte Kondensation und Hoch-vakuumdestillation [19]. Das Umfüllen geschah mit Hilfe der Kanülentechnik [20]. Alle Arbeiten mit Diphosphan wurden unter Ausschluß von Tages-licht bei schwachem Rotlicht ausgeführt.

n-Butyllithium Es wurde eine ca. 15-proz. Lösung von ?i-Butyl-

lithium p.a. in Hexan (Fa. Merck) verwendet. Den genauen Gehalt bestimmte man durch Titration mit 0,1 N HCl.

Lithium-dihydrogenphosphid LiPH 2 • 1 Monoglyme wurde durch Metallierung

von PH3 mit n-Butyllithium in Monoglyme nach Schäfer, Fritz und Hölderich [6] dargestellt.

Trilithium-heptaphosphid (1) a) Aus P2II4 und n-Butyllithium

In einem 50 ml-Rundkolben mit Durchstich-kappen-Aufsatz und Seitenhahn wird eine Lösung von 4,0 g (60,6 mmol) Diphosphan in 10 ml Tetra-hydrofuran auf — 2 0 bis — 2 5 °C gekühlt. Dazu tropft man unter starkem Rühren innerhalb von 1 h mittels einer gekühlten Spritze 15 ml (24,8 mmol, Überschuß) einer 15-proz. Lösung von w-Butyl-lithium in Hexan (bei Zugabe aus einem Tropf-trichter verstopft das Auslaufrohr durch Abschei-dung von LiPH 2 [6], das von der leichter beweg-lichen Spritze abgeklopft bzw. abgestreift werden kann). Ünter Entwicklung von PH3, das über ein angeschlossenes Hg-Sicherheitsventil austreten kann, entsteht zunächst ein orangefarbener Nieder-schlag, der sich bei weiterer Zugabe von Butyl-lithium als rotes Öl absetzt, das sich schließlich zu gelben Flocken zusammenballt. Zur Vervollständi-gung der Umsetzung wird unter Erwärmen auf Raumtemperatur 2 h nachgerührt; anschließend ist der Niederschlag weiß. Man filtriert über eine G2-Fritte von der gelben Lösung ab, kühlt die Fritte auf — 70 °C und wäscht 3-5-mal mit je 10 ml Tetra-hydrofuran ( — 7 0 °C) nach. Das Trocknen erfolgt bei Raumtemperatur durch mehrmaliges kurzzeiti-ges Durchleiten von Argon bei 500-600 Torr; Aus-heute 1,8 g weißes Li 3 P 7 • 3 T H F (59%).

b) Aus P2H4 und Lithium-dihydrogenphosphid In einem 250 ml-Rundkolben mit Seitenhahn so-

wie Tropftrichter mit Druckausgleich und Durch-stichkappen-Aufsatz wird eine Lösung von 4,65 g

(70,5 mmol) Diphosphan in 10 ml Monoglyme bei — 2 0 °C unter starkem Rühren langsam mit einer Lösung von 4,55 g (35,0 mmol, Überschuß) LiPH2 • 1 Monoglyme in 80 ml Monoglyme ver-setzt (1-2 Tropfen/s). Dabei findet während der ersten Reaktionshälfte eine Farbänderung über gelb nach rot und eine lebhafte Entwicklung von PH3 statt, das über ein angeschlossenes Hg-Sicherheits-ventil austreten kann. Nachdem etwa die Hälfte der LiPH2-Lösung zugetropft ist, läßt die Gasent-wicklung deutlich nach und setzt nur bei Zugabe von weiterem Metallierungsmittel jeweils wieder für kurze Zeit ein. Gleichzeitig wird die Reaktions-lösung orange-gelb, und es fällt ein gelblich-weißer Feststoff aus. Zur Vervollständigung der Umsetzung wird noch 30 min bei — 2 0 °C und 2 h bei Raum-temperatur nachgerührt; anschließend ist der Niederschlag weiß. Man zieht gelöstes PH3 und etwa die Hälfte des Lösungsmittels im Vakuum ab. Dann wird einige Zeit bei — 2 5 °C stehen gelassen. Filtration in der Kälte, zweimaliges Auswaschen mit je 10 ml Monoglyme ( — 2 5 °C) und Trocknen wie bei a) ergibt 3,6 g weißes LisP7 • 3 Monoglyme (90%).

CisHgoLiaOeP? (508,0) Ber. C 28,37 H 5,95 Li 4,10 P 42,68, Gef. C 28,36 H 5,72 Li 3,96 P 42,65.

Tris( trimethylsilyl)-heptaphosphan-3 Zu einer Suspension von 5,16 g (10,2 mmol)

Li3P7 • 3 Monoglyme in 60 ml Toluol werden bei — 5 0 °C unter starkem Rühren innerhalb von 15 min 3,64 g (33,5 mmol, Überschuß) frisch destilliertes Trimethylchlorsilan getropft. Zur Vervollständi-gung der Umsetzung wird 30 min bei — 5 0 °C und 10 h b e i — 3 0 °C nachgerührt. Man saugt den Nieder-schlag in der Kälte ab, wäscht zweimal mit je 10 ml Pentan nach und zieht nach Vereinigung des Fil-trats und der Waschflüssigkeit das Lösungsmittel-gemisch und überschüssiges MesSiCl im Vakuum bei 0 °C vollständig ab. Der gelbe Einengrückstand wird mit 50 ml w-Pentan aufgenommen und rest-liches LiCl abfiltriert, das zweimal mit je 5 ml n-Pentan ausgewaschen wird. Nach Vereinigung von Filtrat und Waschflüssigkeit engt man die Lösung auf die Hälfte ein und läßt über Nacht bei — 2 5 °C zur Kristallisation stehen. Die abgeschie-denen weißen, stäbchenförmigen Kristalle werden rasch abfiltriert, zweimal mit je 5 ml w-Pentan (—30 °C) gewaschen und bei 10~2 Torr getrocknet; Ausbeute 3,90 g (88%) (Me3Si)3P7 vom Schmp. 140 °C (Lit. [3]: 140 °C).

Heptaphosphan-3 (2) Eine Lösung von 8,09 g (18,5 mmol) (Me3Si)3P7 in

150 ml Toluol wird bei — 4 0 °C unter starkem Rühren innerhalb von 15 min mit 1,99g (62,0 mmol, Über-schuß) Methylalkohol versetzt. Zur Vervollständi-gung der Umsetzung rührt man 2 h bei — 4 0 °C nach. Anschließend wird der weiße Niederschlag in

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M. Baudler et al. • Trilithium-heptaphosphid 1697

der Käl te (—20 °C) filtriert, wobei nach Ablaufen des Lösungsmittels Verfärbung nach blaßgelb ein-tritt. Dreimaliges Auswaschen mit je 10 ml w-Pentan (—20 °C) und Trocknen bei Raumtemperatur er-gibt 3,51 g hellgelbes P7H3, das noch Lösungsmittel-spuren ( «0,07 mol) enthält (Ausbeute 86%).

P7H3 (219,8) Ber. P 98,62 H 1,38 C0.00, Gef. P 95,60 H 1,57 C 2,42.

Mol.-Masse 220 (massenspektrometr.).

Reaktion von Heptaphosphan-3 (2) mit Lithium-dihydrogenphosphid

Zu einer Suspension von 0,83 g (3,7 mmol) P7H3 • 0,07 Pentan (siehe oben) in 20 ml Monoglyme wird bei — 2 0 °C unter starkem Rühren innerhalb von 15 min eine Lösung von 2,17 g (16,7 mmol,

Überschuß) LiPH 2 • 1 Monoglyme in 30 ml Mono-glyme getropft. Unter PH3-Entwicklung und zu-nehmendem Verbrauch von Heptaphosphan-3 ent-steht ein rot gefärbtes Reaktionsgemisch, aus dem sich zunächst rote, ölige Tröpfchen und danach ein roter Feststoff abscheiden, die im weiteren Verlauf der Reaktion wieder verschwinden. Nach Zugabe von etwa zwei Dritteln der LiPH2-Lösung hört die Gasentwicklung allmählich auf, und es bildet sich ein gelblich-weißer Niederschlag von 1. Nach-reaktion und Isolierung wie oben (siehe S. 1696); Ausbeute 1,73 g weißes Li3P7 • 3 Monoglyme (92%).

Wir danken dem Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Fonds der Chemischen Industrie für die Förde-rung dieser Arbeit.

[1] 90. Mitt.: M. Baudler und G. Reuschenbach, Phosphorus and Sulfur, im Druck.

[2] M. Baudler, H. Ständeke, M. Borgardt, H. Strabel und J. Dobbers, Naturwissenschaften 53, 106 (1966).

[3] G. Fritz und W. Hölderich, Naturwissenschaften 62, 573 (1975).

[4] P. Junkes, M. Baudler, J. Dobbers und D. Rack-witz, Z. Naturforsch. 27 b, 1451 (1972).

[5] U. Schöllkopf in Methoden der organischen Chemie (Houben-Weyl-Müller), 4. Aufl., Bd. 13/1, S. 19, G. Thieme Verlag, Stuttgart 1970.

[6] H. Schäfer, G. Fritz und W. Hölderich, Z. Anorg. Allg. Chem. 428, 222 (1977).

[7] M. Baudler, B. Kloth, U. M. Krause und H. D. Skrodzki, in Vorbereitung.

[8] K. Issleib, A. Balszuweit und P. Thorausch, Z. Anorg. Allg. Chem. 437, 5 (1977).

[9] W. Hönle und H. G. von Schnering, Z. Anorg. Allg. Chem. 440, 171 (1978).

[10] M. Baudler, B. Carlsohn, D. Koch und P. K. Medda, Chem. Ber. 111, 1210 (1978).

[11] W. Dahlmann und H. G. von Schnering, Natur-wissenschaften 59, 420 (1972).

[12] W. Dahlmann und H. G. von Schnering, Natur-wissenschaften 60, 429 (1973).

[13] W. J. le Noble, Highlights of Organic Chemistry, Marcel Dekker, Inc., New York 1974.

[14] G. Schröder, Angew. Chem. 75, 722 (1963); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 2, 481 (1963).

[15] G. Schröder, J. F. M. Oth und R. Merönyi, Angew. Chem. 77, 774 (1965); Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 4, 752 (1965).

[16] W. v. E. Doering und W. R. Roth, Angew. Chem. 75, 27 (1963); Angew. Chem., Int, Ed. Engl. 2, 115 (1963).

[17] H. G. von Schnering in Homoatomic Rings, Chains and Macromolecules of Main-Group Ele-ments (A. L. Rheingold), S. 340, Elsevier Scien-tific Publishing Company, Amsterdam-Oxford-New York 1977.

[18] M. Baudler, H. Ständeke, J. Dobbers, M. Bor-gardt und H. Strabel, Naturwissenschaften 53, 251 (1966).

[19] M. Baudler, H. Ständeke, M. Borgardt, H. Stra-bel, J. Dobbers, A. Schultes und D. Rackwitz, in G. Brauer: Handbuch der Präparativen Anorga-nischen Chemie, 3. Aufl., Bd. 1, S. 514, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1975.

[20] F. Feher, G. Kuhlbörsch und H. Luhleich, Z. Naturforsch. 14b, 466 (1959); Z. Anorg. Allg. Chem. 303, 294 (1960).