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Nikolai Belozwetoff DIE RITTERSCHAFT DES HEILIGEN GRALS ____________________________________________ I. Die Ritterschaft des heiligen Grals als eine Strömung des christlichen Okkultismus. In der Finsternis der neutestamentlichen Geschichte, über dem Taile? des irdischen Alltags, von der Morgensonne des Christentums bestrahlt, erhebt sich der leuchtende Gipfel des heiligen Berges. Wie ein erhabener Traum der fest schlafenden Menschheit, voll unsäglicher Schönheit, von edlen Rittern bewohnt, steht auf dem Berge die Gralsburg. Dort leuchtet der emporgehobe Kelch in den Händen des Königs und eine schneeweisse Taube steigt von den himmlischen Höhen in die heilige Schale hernieder. Und es neigen sich hingebungsvoll die Ritter, das heilige Abendmahl empfangend, und ihre Antlitze leuchten, voller Weisheit, Tugend und Kraft. - Ist dieser göttliche Traum, der sich über alles Irdische so majestätisch erhebt, nur ein Traumbild? - so fragt in uns unsere Sehnsucht. -Ist es nur ein erhabenes Traumbild? Oder verbirgt sich vielleicht hinter diesen schönen Traumgestalten eine höhere Wirklichkeit? Wer das Wesen der Träume kennt, wird auch wissen, dass hinter jedem inhaltsvollen Traume immer etwas Geistiges steht. Und je bedeutender ein Traum ist, desto geistreicher ist sein verborgener Inhalt. Und so ganz besonders reich ist der verborgene Inhalt dieses schönsten Traumes der christlichen Menschheit, dieser Sage vom heiligen Gral. Auch hinter diesem erhabenen Traume verbirgt sich eine höhere Wirklichkeit. Der Traum vorn Grale ist nur ein äusserer Vorhang, der das heilige Schauspiel von unseren sinnlichen Blicken verdeckt. Und hinter diesem ersten Vorhange gibt es noch zwei andere. Doch es sind in den christlichen Zeiten immer Menschen dagewesen, vor denen diese Vorhänge aufgingen, so dass sie das göttliche Schauspiel auf der Bühne der geistigen Weleten schauen durften. Wenn auch der heilige Berg, wo die Gralsburg steht, uns zunächst als Traum erscheint, so ist es dennoch ein ganz besonderer Traum, ein Traum, den viele Menschen in den ersten christlichen Jahrhunderten geträumt haben. Und darunter waren auch solche Seelen, die hinter dem ersten Vorhang dieses Traumes schauen durften, und ihn als eine lebendige Imagination erlebten. Und zwar waren es die Ritter der Tafelrunde, die Ritter von König Arthurs Hof. Und ausser denjenigen, die diese gemeinsame Imagination des Grals erlebten, waren auch solche, für die sie zu einer Inspiration wurde. Diese einzelnen schauten die Gralsburg nicht nur von aussen, sondern auch von innen. Sie waren es, die in die Gemächer der Gralsburg in den würdigen Ritterkreis eintraten. Und diese einzelnen, für die der Gral zu einem inspirativen Erlebnisse wurden, die aus der heiligen Schale das Abendmah aempfangen durften und vor denen auch der zweite Vorhang aufging, waren die Gralsritter, die Ritter des heiligen Kelches. Und endlich waren darunter auch solche Seelen, die das heilige Abendmahl nicht nur empfingen, sondern es auch erteilten, indem sie den Gral auch intuitiv erlebten. Und diese Außerwählten, vor denen sich auch der dritte Vorhang auftat, sodass sie in das Allerheilgste eintreten durften, waren die Gralskönige. Was die übrige Menschheit anbetrifft, so ist für sie dieser imaginative, inspirative und intuitive Gehalt des Gralsmysteriums von allen drei Vorhängen verdeckt, wobei der äusserste Vorhang aus der Lebensubstanz der keltischen Volksseele gewoben ist, derjenigen keltischen Volksseele, die sich hingeopfert hat um der schlafenden Menschheit die Möglichkeit zu gewähren, diesen erhabenen Gralstraum zu träumen.

Belozwetoff Die Ritterschaft des heiligen Grals

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Vortrag über den Gral

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Nikolai Belozwetoff DIE RITTERSCHAFT DES HEILIGEN GRALS ____________________________________________

I. Die Ritterschaft des heiligen Grals als eine Strömung des christlichen Okkultismus. In der Finsternis der neutestamentlichen Geschichte, über dem Taile? des irdischen Alltags, von der Morgensonne des Christentums bestrahlt, erhebt sich der leuchtende Gipfel des heiligen Berges. Wie ein erhabener Traum der fest schlafenden Menschheit, voll unsäglicher Schönheit, von edlen Rittern bewohnt, steht auf dem Berge die Gralsburg. Dort leuchtet der emporgehobe Kelch in den Händen des Königs und eine schneeweisse Taube steigt von den himmlischen Höhen in die heilige Schale hernieder. Und es neigen sich hingebungsvoll die Ritter, das heilige Abendmahl empfangend, und ihre Antlitze leuchten, voller Weisheit, Tugend und Kraft. - Ist dieser göttliche Traum, der sich über alles Irdische so majestätisch erhebt, nur ein Traumbild? - so fragt in uns unsere Sehnsucht. -Ist es nur ein erhabenes Traumbild? Oder verbirgt sich vielleicht hinter diesen schönen Traumgestalten eine höhere Wirklichkeit? Wer das Wesen der Träume kennt, wird auch wissen, dass hinter jedem inhaltsvollen Traume immer etwas Geistiges steht. Und je bedeutender ein Traum ist, desto geistreicher ist sein verborgener Inhalt. Und so ganz besonders reich ist der verborgene Inhalt dieses schönsten Traumes der christlichen Menschheit, dieser Sage vom heiligen Gral. Auch hinter diesem erhabenen Traume verbirgt sich eine höhere Wirklichkeit. Der Traum vorn Grale ist nur ein äusserer Vorhang, der das heilige Schauspiel von unseren sinnlichen Blicken verdeckt. Und hinter diesem ersten Vorhange gibt es noch zwei andere. Doch es sind in den christlichen Zeiten immer Menschen dagewesen, vor denen diese Vorhänge aufgingen, so dass sie das göttliche Schauspiel auf der Bühne der geistigen Weleten schauen durften. Wenn auch der heilige Berg, wo die Gralsburg steht, uns zunächst als Traum erscheint, so ist es dennoch ein ganz besonderer Traum, ein Traum, den viele Menschen in den ersten christlichen Jahrhunderten geträumt haben. Und darunter waren auch solche Seelen, die hinter dem ersten Vorhang dieses Traumes schauen durften, und ihn als eine lebendige Imagination erlebten. Und zwar waren es die Ritter der Tafelrunde, die Ritter von König Arthurs Hof. Und ausser denjenigen, die diese gemeinsame Imagination des Grals erlebten, waren auch solche, für die sie zu einer Inspiration wurde. Diese einzelnen schauten die Gralsburg nicht nur von aussen, sondern auch von innen. Sie waren es, die in die Gemächer der Gralsburg in den würdigen Ritterkreis eintraten. Und diese einzelnen, für die der Gral zu einem inspirativen Erlebnisse wurden, die aus der heiligen Schale das Abendmah aempfangen durften und vor denen auch der zweite Vorhang aufging, waren die Gralsritter, die Ritter des heiligen Kelches. Und endlich waren darunter auch solche Seelen, die das heilige Abendmahl nicht nur empfingen, sondern es auch erteilten, indem sie den Gral auch intuitiv erlebten. Und diese Außerwählten, vor denen sich auch der dritte Vorhang auftat, sodass sie in das Allerheilgste eintreten durften, waren die Gralskönige. Was die übrige Menschheit anbetrifft, so ist für sie dieser imaginative, inspirative und intuitive Gehalt des Gralsmysteriums von allen drei Vorhängen verdeckt, wobei der äusserste Vorhang aus der Lebensubstanz der keltischen Volksseele gewoben ist, derjenigen keltischen Volksseele, die sich hingeopfert hat um der schlafenden Menschheit die Möglichkeit zu gewähren, diesen erhabenen Gralstraum zu träumen.

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So wird für uns die Sage vom heiligen Grale zum aüssersten Vorhange, der dieses okkulte Mysterium des Christentum verdeckt, aber auf eine solche Weise verdeckt, dass man ahnen kann, was hinter diesem Schleir im Verborgenen wirkt. Und zwar sind es die Geheimnisse des christlichen Okkultismus, die hinter den drei Verhängen der Gralssage sich verbergen. 2 Bevor man aber den Versuch macht hinter den Schleier dieses Gralsmysteriums zu schauen, ist es wesentlich sich zu fragen, was man unter dem christlichen Okkultismus zu verstehen hat. In den breiten öffentlichen Kreisen gibt es einen Vorurteil gegenüber jeglichen Okkultismus. Der Okkultismus wird von den meisten unserer Zeitgenossen aus dem Grunde verworfen, weil es im Allgemeinen unter den sogenannten Okkultisten sehr viele minderwertige und verdächtige Persönlichkeiten gibt. Und man muss schon zugeben, dass tatsächlich in der heutigen okkulten Literatur erschreckend viel Unsauberes und Abscheu erweckendes uns entgegentritt. Und man kann sogar empfinden, wie ein Verwesungsgeruch von den meisten okkulten Schriften ausgeht und die Seelen anzustecken droht. Ist aber der wahre christliche Okkultismus daran schuld, dass es einen falschen, antichristlichen Okkultismus gibt? Wird jemand die Menschheit als solche verwerfen, weil unter den Menschen auch degenerierte Menschenfresser zu finden sind? Werden wir nicht bei einer Bewertung der Menschheit, uns auf das Allerhöchste, auf das Allervollkommenste innerhalb des Menschengeschlechtes berufen, auf Christus, der ja auch ein Mensch wurde? Dasselbe gilt auch für den Okkultismus. Denn wie das ganze Menschengeschlecht ein stofflich in Erscheinung getretener Baum des Lebens ist, so ist der Okkultismus ein auf der Erde aufgewachsener Baum der Erkenntnis. Der Okkultismus ist seiner Herkunft nach im höchsten Sinne uralt und adlig, denn er stammt von der Ewigkeit. Im Vergleich mit seinem erhabenen Aristokratismus, ist die heutige Wissenschaft, trotz aller ihrer Errungenschaften und Leistungen eben ein Parvenu. Doch lehrt uns die Erfahrung, dass die alten adligen Geschlechter in besonders starkem Masse der Degeneration ausgesetzt sind. So ist es auch mit dem Okkultismus. Nur dann kann der Okkultismus seine uralte adlige Würde behalten, wenn er mit der Ewigkeit, von der er stammt, innerlich verbunden bleibt. Verliert er den Zusammenhang mit der höheren Welt, so muss er unbedingt degenerieren. Denn in nichts Anderem besteht die Degeneration, als in einer Trennung von der höheren geistigen Welt. Die Degeneration tritt dann ein, wenn ein Wesen oder eine Strömung sich von der geistigen Welt lösen. Die Regeneration dagegen geschieht dann, wenn ein Wesen oder eine Strömung sich mit der geistigen Welt wieder verbindet. Und wie der Lebensbaum des Menschengeschlechtes in seinen Zweigen umsomehr verdorrt, je weiter sich diese Zweige von der Offenbarungsquelle der geistigen Welt entfernen, so ist es auch mit dem Erklenntnisbaume des Okkultismus. Wie es auf dem Lebensbaume des Menschengeschlechtes solche Zweige gibt die mehr verdorrt und solche die weniger verdorrt und verhältnismässig frisch und lebensfähig sind, so ist es auch mit dem Erkenntnisbaume, den wir Okkultismus nennen. Neben der Regeneration findet im Okkultismus auch eine Degeneration statt. Und es gibt im Okkultismus auch völlig degenerierte Zweige, die sich zu den regenerierende Zweige, die sich zu den regenerierenden Zweige ungefähr so verhalten, wie ein Affe zum Urmenschen Adam. Und zwar sind es solche Zweige, die sich schon in einer sehr entfernten Vergangenheit von der Offenbarungsquelle der geistigen Welten lösten. Für ein tiefores Verständnis der vorhandenen okkulten Strömungen, ist es wichtig, zu untersuchen auf welche Weise die erwähnte Loslösung von den geistigen Welten zustandekam. Es gibt zwei Arten des Verbundenseins einer okkulten Strömung mit der höheren Welt. Entweder sind die Okkultisten mit dem Offenbarungsstrome der geistigen Welt unmittelbar verbunden, wodurch nicht nur eine Tradition des vererbten Wissens, sondern auch ein immerwährender Zustrom von neuen Offenbarungen möglich wird, von Offenbarungen, welche die betreffende okkulte Strömung frisch und lebensfähig erhalten. Da nun der Gegenstand dieser Offenbarungen der geistigen Welten

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Niemand anderss als Christus ist, kann diese erste Art des Okkultismus, der aus der Offenbarungsquelle der geistigen Welt trinkt, als dar christliche Okkultismus bezeichnet werden. Jedoch kann es durchaus geschehen, dass die Anhänger einer okkulten Strömung keinen direkten persöhnlichen Zugang zu den höheren Geheimnissen mehr behalten und dass daher in dieser Strömung nur noch eine Tradition des okkulten Wissens und keine neue Offlenbarungen bestehen bleiben. 3 Die okkulten Strömungen dieser zweiten Art werden von diejenigen Persöhnlichkeiten geleitet, die im Besitze der alten vererbten Weisheit sind. Und da diese vererbte Weisheit noch aus denjenigen Zeiten stammt, als Luzifer der okkulten Lehrer der Menschheit war, kann die Strömung, die ihr dient als luziferischer Okkultismus bezeichnet werden. Nun besteht ein wesentlicher Unterschied darin, wie der Mensch zu seinem okkulten Wissen gelangt, jenachdem, ob er zur christlichen oder zur luziferischen Strömung des Okkultismus gehört. Im christlichen Okkultismus ist es die geistige Welt selbst, die dem Einzuweihenden ihre Forderungen und Bedingungen stellt. Und nur im Falle, wenn diese Forderungen und Bedingungen erfüllt werden, eröffnon sich dem Einzuweihenden die höheren Geheimnisse. Die geistige Welt ist es, die in diesem Falle ihre Geheimnisse hütet und die Würdigen selbst auserwählt. Niemand, der einer Einweihung unwürdig ist, vermag sie auf diese Weise zu erlangen, doch bleiben anderseits für Niemand, der wirklich der Einweihung würdig ist, die Tore des Tempels geschlossen. Anders verhalten sich die Dinge im luziferischen Okkultismus, wo die okkulte Weisheit im Besitze der Menschen und nicht der Götter sich befindet. Der Mensch, und nicht Gott stellt in diesem Falle den Einzuweihenden vor Prüfungen, der Mensch, und nicht Gott bestimmt, wer der Einweihung würdig ist. Daher ist in diesem Falle ein Missbrauch der geistigen Vorrechte möglich. II. Das Mysterium des heiligen Grals. Das Mysterium des heiligen Grals ist mit demjenigen geheimnisvollen Ereignisse verbunden, das wir als das heilige Abendmahl in den Evangelien geschildert finden. Nun werden aber in den Evangelien zwei Abendmahle geschildert: das erste, das ein Abendmahl der Verkündigung ist, fand vor Gethsemane und Golgatha statt; das andere, das ein Abendmahl der Erfüllung genannt worden kann, ereignete sich erst nach der Auferstehuug des Christus. Durch das Kreuz von Golgatha sind die beiden Abendmahle von einander getrennt doch auch mit einander verbunden. Zwischen ihnen liegt das grosse Mysterium einer Vereinigung des Christus mit der Erde, wodurch das zweite Abendmahl möglich wurde, wo in Erfüllung kommen sollte alles dasjenige, was auf dem ersten Abendmahl verkündet wurde. Das ist der bedeutsamste Augenblick, wo dem verstorbenen Heilande der Speerstoss vom römischen Söldner Longinus versetzt wird und wo das heilige Blut von der Erde aufgenommen wird. Das eine ist mit dem anderen, wie die Ursache mit der Wirkung verbunden. Der Speerstoss, durch den der bereits Verstorbene getötet werden soll, wird auf eine geheimnisvolle Weise zur grössten Wohltat für den ganzen Erdplaneten, denn durch ihn wird die geistige Kommunion der Erde ermöglicht. Und so entsteht für uns das tiefe Problem: wie konnte ein Speerstoss der einen Mord beabsichtigte, zum höchsten Segen der Erde und der Ganzen Menschheit worden? Vertieft man sich in dieses Problem, so wird man finden, dass dieser geheimnisvolle Zusammenhang zwischen dem allergrössten Verbrechen und allergrössten Segen mit dem Wesen der okkulten Intuition verbunden ist. Wie wir wissen, besteht diese okkulte Intuition in einem gegenseitigen Durchdrungensein zweier oder mehrerer Wesen im Geiste. Wichtig ist es aber in diesem Falle, dass ein solches gegenseitiges Durchdrungensein nur im Geiste wohltuend ist. Der intuitiv Erkennende soll sich

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unabhängig vom mineralischen Leibe erleben und nur in der physischen Willensorganisation seine Stütze haben. Wenn er dagegen diejenige Kraft, die zu einer okkulten Intuition führt, aus der physischen Willensorganisation, aus der saturnische Wesenheit des Menschen, in den mineralischen Leib verzetzt, wenn er nicht vollbewusst, sondern unbewusst, nicht leibfrei, sondern leibgebunden die okkulte Intuition ausüben will, so wird diese okkulte Intuition zum Verderben. Denn in der sinnlichen Wahrnehmungswelt können die einzelnen Wesen einander nicht durchdringen. In dieser sinnlichen Wahrnehmungswelt nimmt ein jeder Gegenstand seinen bestimmten Platz im Raume ein, und 4 will ein anderer Gegenstand diesen Platz zu gleicher Zeit besetzen, so muss er dein ersten Gegenstand vernichten, ihn gewissermassen ermorden. Auf diese Weise wird die unbewusste, in der sinnlichen Wahrnehmungswelt ausgeübte Intuition zu einem Morde. Darin können wir die Ursache eines Entstehen des Böse in der Welt erblicken. Das Böse, der Mord ist infolge einer auf einem falschen Orte ausgeübten Intuition entstanden. Diejenige Kraft, die in einem leibfreien Zustande zur Intuition führen würde, verursacht auf dem materiellen Plane, in den sinnlichen Wahrnehmungswelt, wo sie sich unbewusst auslebt, ein Mord. Der Erste, der die Intuitionskraft in diesem falschen Sinne ausübte, war der Brudermörder Kain. Seine Bereitschaft zur intuitiven Vereinigung mit Gott, die als Weihrauch seines Opfers in der Bibel geschildert wird, wurde von der geistige Welt zuruckgewiesen und nach unten in die irdische Region herabgeleitet. Und durch dieses zurückgewiesene Opfer, durch diese zurückgewiesene Intuitionskraft wurde Kain zum Mördor und zum Stifter des negativen Karmas der Menschheit. Immer mehr wurde die Menschheit im Laufe ihrer Entwicklung zur wahren Intuition unfähig und daher wurde sie immer fähiger zum Ausüben des Mordes. Und das letzte Glied in dieser Kette des Mordes, in dieser Kette der falsch ausgeübten Intuitionskraft die mit einer unterbewussten Sehnsucht nach der wahren Intuition verbunden ist, war derjenige Speerstoss, den der römische Söldner Longinus dem Christus versetzte. Auch in diesem Speerstosse lebte sich der unbewusste Drang aus, Chrintus intuitiv zu erkennen, sich intuitiv mit ihm zu verbinden. Da aber dieser Drang ein unterbewusster war, wirkte er sich als tödlicher Speerstoss aus. Nun ist aber von allergrösster Wichtigkeit, dass dieser Speerstoss, der das letzte Glied in der Ursachenkette des negativen Karma war, dem Träger des positiven Karma der Menschheit , dem Christus, ersetzt wurde. Das positive Karma besteht in einer Umwandlung des negativen Karma durch ein Erleiden dessen Folgen. So wurde auch in diesem Falle durch ein Erleiden der falsch ausgeübten Intuitionskraft die wahre Intuition erreicht: infolge des Speerstosses ergoss sich das Blut des Heilandes auf die Erde. Die Erde empfing dieses heilige Blut des Abendmahles und wurde durch diese Kommunion zu einer Christin indem ihr Geist mit Christus sich intuitiv verbunden hat. Und Christus wurde dadurch zum Geiste der Erde. Und so verwandelte sich auf eine wunderbare Weise das negative allmenschliche Karma des Brudermordes in das positive Karma der wahren christlichen Kommunion. Und so wurde der tödliche Speerstoss in eine wahre Geistige Intuition umgewandelt. Nun fragt es sich, in welchem Sinne Christus sich mit der Erde verbunden hat, in welchem Sinne der Erdenleib zu seinem Leibe geworden ist. Darauf muss geantwortet werden, dass Christus sich mit der Erde nicht etwa so verbunden hat, wie wir irdischen Menschen mit unseren Leibern verbunden sind, sondern Er hat sich so mit der Erde verbunden, wie der erste Vulkanmensch mit seinem Planeten verbunden sein wird, nämlich in einer okkulten Intuition. Denn auf dem Vulkan wird die ganze Menschheit mit Christus intuitiv verbunden sein und durch Ihn zum Geiste des Vulkans werden, die ganze Menschheit wird sich im Geiste mit Christus durchdringen und durch die Christuskraft die physische Willensorganisation ihres Planeten durchkraften. Alle werden im Auferstehungsleibe, im unsterblichen Phantom eins mit Christus sein. Eben darin besteht die Idee der wahren christlichen Kirche, die auf dem Abendmahle der Verkündigung vom Christus verkündet wurde.

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Jedoch wird schon jetzt durch ein intuitives Sichdurchdrungenwissen mit Christus ein ganz anderes Erlebnis des Erdplaneten möglich, ein Erlebnis das auf dem Vulkane ein natürlicher, dauernder Zustand sein wird, jetzt aber nur durch ein Durchdrungensein mit Christus im Geiste vorgelebt worden kann. Es kann heimlich schon jetzt auf eine geistige Art die ganze Erde als ein Leib, mit dem Christus verbunden ist, erlebt werden. Durch eine okkulte Intuition mit Christus erlangt man ein solches Verhältnis zur Erde und ihren Substanzen, Wein und Brot, dass diese Substanzen als Christusblut und Christusleib erlebt werden, während das eigene Blut und der eigene Leib zum Wein und Brot des Abendmahles wird. 5 Denn die okkulte Intuition ist immer ein gegenseitiges Erkennen zweier oder mehrerer Wesen. Und während in einer okkulten Intuition mit Christus der Christ-durchdrungene Mensch in Wein und Blut das Blut und den Leib des Erlösers empfängt, empfängt Christus das Blut und den Leib des betreffenden Menschen als Wein und Brot, die Ihm dargeboten werden. Alle diese Zusammenhänge sind äusserst wichtig für ein tieferes Verständnis des Gralsmysteriuns, denn es ist des das Gralsgeheimnis das geheimnis eines völlig Sichdurchdrungenwissens des Macrokosmos und des Mikrokosmos in der okkulten Intuition. Bei diesem Sichdurchdrungenwissen wird der Mikrokosmos als eine Gralsschale erlebt, wo Blut und Leib als Wein und Brot dem Heilande dargeboten werden. Der Makrokosmos dagegen wird als Leib des Christus erlebt, wo Wein und Brot zum Blut und Leibe werden. Und darin besteht das höchste Ziel der ganzen Erdenentwickelung, dass der Menschenleib zur Gralsschale werde wo die Kommunion mit Christus sich ereignen könnte, und dass die Erde zum Leibe des Christus werde, dass sie sich völlig durchchriste, was endgultig nur auf dem Vulkane geschehen kann. Dazu ist aber dasjenige notwendig, was als die Vollendung des Grals bezeichnet wird. Diese Vollendung des Grals besteht in eine Überwindung derjenigen Hindernisse, die durch die Erbsunde wie in den einzelnen Menschen, so auch im ganzen Menschengeschlechte wirksam sind. Daher hat die Vollendung des Grals zwei Formen: eine individuelle Vollendung im einzelnen Menschen und eine Vollendung in den Geschlechtern in den kommenden Generationen. Beide Formen der Vollendung des Grals bedeuten eine geistige Arbeit am Blute. Nun fragt es sich worin eine solche Arbeit zu bestehen hat. Für ein Verständnis dieser Arbeit ist es notwendig zu wissen, welche Hindernisse der oktlulten Intuition im Wege stehen. Fragen wir uns, wodurch es für Christus unmöglich wird auf unser Blut zu wirken und es zu durchdringen. Warum kann unser Blut kein Ausdruck für das Christus-Ich sein? Warum muss es ein Ausdruck für unser eigenes, unvollkommenes Ich bleiben? Das ist dadurch verursacht, dass zwischen unserem Blute und dem Christus unser getrübter Astralleib und nicht minder getrübte Ätherleib sich befinden. Dieser Astral- und Ätherleib sind infolge des Sündenfalls für die Christus-Sonne undurchdringlich geworden. Damit das Christus-Ich unser Blut durchdringe, müssen unser Astral- und Ätherleib durch einen Entschluss unseres Ich in einer gewissen Weise umgewandelt werden; sie müssen durch einen Selbstverzicht des Ich für Christus durchsichtig gemacht werden. Nun ist aber ein durchsichtig gewordener Astralleib nichts anderes, als die Offenbarung der göttlichen Weisheit Sophia. Und ebenfalls ist der durchsichtig gewordene Ätherleib eine Offenbarung des nathanischen Jesusprinzips. Demnach ist das Sicheinswissen mit Sophia und mit dem nathanischen Jesus eine Vorbedingung für die Wirkung des Christus auf das menschliche Blut. Dies sind zwei Stufen auf dem Wege der Vollendung des Grals. Dieses Geheimnis offenbart sich in der kosmischen Form das Grals, von welcher Rudolf Steiner in seinem Leipziger Zyklus 1913 "Christus und die geistige Welt" uns erzählt. Und zwar erzählt uns dort Rudolf Steiner wie er den Gral in den Himmelshöhen in der Form des abnehmenden Monden gefunden

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hat. So wurde für Rudolf Steiner der abnehmende Mond zu einem kosmischen Sinnbilde des Grals aus dem die zwölf Sternbildern das Tierkreises, die zwölf kosmischen Jünger des Christus, den Weindes heiligen Abendmahles empfangen. Denn nicht nur die Menschen, sondern auch die Götter sind auf das grosse Gralsmysterium angewiesen. Das grosse Christusopfer auf Erde ernährt die Götter in den Himmelshöhen, indem sie die kosmischen Folgen dieses grossen Opfers im Ätherleibe der Erde, in der Mondsphäre schauen. Und man könnte sogar sagen, dass das eigentliche Monsalvat im Himmel ist. Denn in seiner ewigen Bedeutung ist Monsalvat ein Sternbild im Himmel. Und ein jeder wahre Ritter des Grals hat in diesem Sternbild seinen ewigen Stern. Denn die Gralsritterschaft ist ein ewiger karmischer Bund, der in den Sternen eingezeichnet ist. Und aus diesen himmlischen Höhen schauen die Götter und die Gralsritter auf das grosse Mysterium, das sich in der Mondsphäre vollzieht. Und zwar schauen sie das Bild der Gottesmutter Sophia mit dem Kinde, mit dem nathanischen Jesus auf den Schosse. 6 Denn wahrlich ist die Goitesmutter Sophia mit dem Kinde, mit dem nathanischen Jesus ein allmenschlicher Ausdruck des Grals, ein heiliges Gefäss, das im Laufe von vielen Generationen zubereitet wurde, damit es in sich die Sonne der Welt, den Christus aufnehme. Doch hat der abnehmende Mond auch eine andere Bedeutung, und zwar ist er ein Sinnbild für die Umwandlung des Bösen in das Gute. Der abnehmende Mond stellt diejenige Mondphase dar, wo das sichtbare Licht des Vollmonds in das unsichtbare Licht des Neumondes umgewandelt wird. Es können jedoch alle Bedeutungen des Grals zusammengefasst werden, wenn wir sagen: In der Person des nathanischen Jesus, der auf dem Schosse der Sophia ruht, bildet die gesamte Menschheit dasjenige heilige Gefäss worin die Sonne der Welt heruntersteigen kann um durch das Mysterium des Abenmahls das Böse in das Gute umzuwandeln. Und wie wir bereits erwähnt haben, ist diese Umwandlung des Bösen in das Gute im Abendmahlmysterium nichts anderes, als eine Veredlung, eine Christianisierung des menschlichen sündigen Blutes. Und in dieser Veredelurig des Blutes in einzelnen Menschen und in den Geschlechtern besteht die obenerwähnte Vollendung des Grals. III. Die Gralsritterschaft. In einer altchritlichen Sage wird dle wahre Tatsache wiedergegeben, laut welcher der geheime, dreizehnte Schüler des Christus, Joseph von Arimathia es war, der das heilige Blut des Erlösers in die Schale, aus welcher Christus und Seine Jünger den Wein des Abendmahls getrunken haben, empfangen und aufbewahrt habe. Diese Schale war es auch, die Melchisedek der Priester des allmnächtigen Gottes, dem Abraham überreichte und die durch viele Generationen bis zum heiligen Abendmahle aufbewahrt wurde. Und nachdem Joseph in dieses heilige Gefäss das Blut des Erlösers auffing, wurde es von EngeIn nach Gallien hinübergetragen und von der Nachkommenschaft des Josephs auf dem heiligen Berge, in der Gralsburg aufbewahrt. Und jedesmal, als die Ritter der heiligen Schale sich zum Tische versammelten, stieg nach dem Gebet des Königs eine schneeweisse Taube auf den Gral hernieder und es vollzog sich das Wunder der christlichen Kommunion.: der Gral fullte sich mit der leuchtenden Gnade des Christus, und jeder Ritter, der aus der Schale trank, wurde gekräftigt und geheiligt, wie in der Tugend, so auch in der Weisheit, wie in der Weisheit, so auch in der Kraft. Wenn es nun zutrifft, dass Joseph von Arimathia für das Blut das Erlösers dasselbe Gefäss benutzte, aus dem Christus und Seine Jünger den Wein des heiligen Abendmahle getrunken haben, so entsteht von als selbst die Frage: auf welche Weise konnte Joseph zum Besitze des Heiligtume kommen? Und diese Frage wird leicht zu beantworten sein wenn wir zugeben dass das heilige Abendmahl im Hause des Joseph von Arimathia stattgefunden hat. Denn dadurch, und nur dadurch wird es begreiflich, woher Joseph von Arimathia das heilige Gefäss erhalten konnte, aus dem Christus und Seine Jünger tranken. Er konnte diese heilige Schale benutzen, weil sie ihm gehörte und in seinem eigenen Hause aufbewahrt wurde.

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Begreiflich ist denn auch die Identität aller drei Schalen, der Schale des Melchisedeks, der Schale des Abendmahls und der Schale das heiligen Grals. Joseph von Arimathia war diejenige Persönlichkeit, die als letzte den aus den Zeiten Abrahams von Generation zu Generation übergehenden Kelch besass. Und er war es auch, der diesen heiligen Kelch seiner Nachkommenschaft übergab. Wir wollen hier die Frage nicht berühren, ob dieser Kelch als ein äusserer Gegenstand vorhanden ist. Wer das Abendmahl als ein auch äusseres ereignis betrachtet, der wird auch den Kelch als eine Realität der irdischen Welt anerkennen wollen. Doch viel wichtiger ist es für uns zu erfahren was dieser heilige Kelch geistig bedeutet. Um das zu erfahren, muss man erst das innere Verhältnis des Joseph von Arimathia zum Mysterium von Golgatha betrachten. Joseph von Aramithea war eine Persönlichkeit, die die Kreuzigung des Heilandes miterlebt hat, aber nicht auf dem physischen Plane, sondern okkult, geheim, im Geiste. 7 Und im Augenblicke, wo der Speer die Brust des Erlösers traf, erlebte Joseph die intuitive Vereinigung mit Christus. Denn in diesem Augenblicke wurden für ihn der Wein und das Brot zum Blute und Leibe des Erlösers. Und indem er die makrokosmische Bedeutung des grossen Christusopfers erlebte, wurde er selbst zu einem Gefäss aus dem die Götter Wein und Brot empangen konnten, wurde er selbst zu einem lebendigen Grale. Dadurch wurde aber sein irdischer Leib dermassen veredelt, dass Joseph der Ahnherr des ganzen Gralsgeschlechtes werden konnte. Aus diesem Grunde vermochte er die Tradition die von Abraham ausging, als die Vererbungskraft des Grals fortzusetzen. Denn wie wir wissen, war Abraham diejenige Persönlichkeit, von welcher der Vererbungsstrom bis in das Neue Testament hinein führte. Und in diese von Abraham ausgehende und sich immer mehr und mehr veredelnde Vererbungslinie war nichts anderes, als die Linie des alttestamentlichen eugenetischen Okkultismus, der durch den Besitz des heiligen Grales symbolisiert wurde. Und die wichtige Tatsache, dass Joseph von Arimathia denselben Kelch besass, den noch Abraham in seinem Besitze hatte, deutet darauf hin, dass er ebenfalls der Träger der Geheimnisse des alttestamentlichen eugenetischen Okkultismus war und dann auch zum Träger des neutestamentlichen eugenetischen Okkultismus wurde, nachdem er die Kreuzigung des Heilandes okkult im Geiste miterlebte. So war er es, der die Tradition des eugenetischen Okkultismus in die neutestamentliche Zukunft hineinzutragen hatte. Und er war es ebenfalls der zum ersten Gralskönig wurde indem er den Gral in sich selbst vollendete und seiner allmenschlichen Vollendung einen Anfang gab. Diese Vollendung des Grals in den kommenden Geschlechtern des Joseph von Arimathia war von der individuellen Vollendung desselben Grals bedingt und anderseits war die individuelle Vollendung des Grals von seiner Vollendung in den Geslechtern abhängig. Nur derjenige Diener des Grals, der sich mit dem Christus-Ich verbunden wusste, war fähig, dem Grale auch eugenetisch zu dienen, denn nur derjenie, der eine christliche Einweihung erlangte, konnte dank seines Verkehrs mit den Wesenheiten der geistigen Welt, insbesonders aber mit denjenigen Wesenheiten, die dem Jahve-Elohim dienen, eine Kunde von den Seelen erhalten, die sich durch ihn inkarnieren sollten. Er vermochte bewusst die ihm von Urbeginn durch die Sternbilder verwandten Seelen im Sinne des christlichen eugenetischen Okkultismus zur Erde zurückzurufen. So wurde infolge einer individuellen Vollendung des Grals ein geigtgetragenes Zeugen und Gebähren möglich. Darin äusserte sich die geistige Arbeit an dem Blut in den Generationen. Anderseits aber war nur derjenige fähig dem Grale individuell zu dienen, der in einer solchen geistgetragenen Weise gezeugt und geboren wurde. Und wenn einerseits die Eltern das mystische Erlebnis des Todes haben sollten um zur Magie einer bewussten Geburt fähig zu werden, so mussten anderseits die Kinder durch diese Magie der bewusten Geburt in der Welt erscheinen um nachher zur höchsten Mystik des christlichen Todeserlebnis reif zu

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werden. So sind die höchste Magie der Welt, die geburt-, und die höchste Mystik der Welt, -der Tod-, innig mit einander verbunden. Somit haben wir im Gralsgeschlechte, dessen Ahnherr Joseph von Arimathia war, zweierlei zu unterscheiden; erstens, eine Kontinuität der Offenbarungen, eine immerwährende Tradition der christlichen Einweihung, eine Traditation der Gralskönige, zweitens, eine immer wachsende Veredelung der physischen Leiber in den kommenden Generationen, wodurch diese kommenden Generationen immer fähiger werden soltten, dem heiligen Grale zu dienen. Auf diese Weise mussten die allerfrischesten Zweigen vom Baume der Erkenntnis mit den allerfrischesten Zweigeen vom Baume des Lebens vermählt werden. Dies war das entfernteste Ziel des königlichen Gralsgaschlechtes, dieser echten Aristokratie Europa's, die in gleicher Weise sich wie von der gewöhnlichen Ritterschaft, so auch von dem Träger des mitteleuropäischen Geistes, vom Mönchtum unterschied. 8 Die weltliche Ritterschaft, die ihren höchsten Gipfel in der Königs Arthur Tafelrunde erreichte, zeichnete sich auch durch einen höhen Aristokratisus aus. Der Sohn eines Helden wurde ebenfalls mehr geehrt als der Sohn eines gowöhnlichen Sterblichen. Jedoch waren die Taten eines solchen Helden mehr von einer weltlichen Bedeutung. Gewiss wäre es falsch zu meinen, dass die Ritter vom König Arthur-Hofe nur gewöhnliche Abenteuer erlebten. Viele von ihnen haben die imaginatieve Stufe der Selbsterkenntnis erreicht. Die Taten solcher wurden auf dem Gebiete der Imagination vollbracht. Während diese Ritter im Tagesbewusstsen an den Turnieren teilnahmen, vollbrachten sie im Nachtbewusstsein die allermöglichsten Taten die nichts anderes als Imaginationen auf dem Wege der Selbsterkenntnis waren-. So wird z.B. vom Ritter des Arthur Hofes, von Sir Palomidas erzählt, dass er jahrelang auf seinen einsamen Reisen das bellende Tier verfolgte. In der Sprache der Geisteswissenschaft würden wir heute sagen, dass dieser Ritter Palomidas die Kräfte des ungeläuterten Gemütes in der Gestallt des bellenden Tieres imaginativ erlebte und bekämpfte. Und ebenso imaginativ wurden auch die Schklachten mit Riesen, Drachen und anderen Ungeheuer erlebt. Imaginativ war in dieser Ritterschaft auch die Erkenntnis des Grals. Die Arthurritter durften wohl manchmal den Gral wie in einer Ferne schwebend schauen als sie sich aber versuchten, ihm zu nähern, entschwand er ihren Blicken. Sie vermochten noch nicht aus dem Kelche zu trinken, ihn zu verinnerlichen. Doch auch dieses imaginative Schauen verschwand mit der Zeit aus der Ritterschaft. Und es wurde daher der äussere Aristokratismus immer weniger vom geistigen Aristokratismus begleitet. Das Gegenteil davon tratt uns im Mönchtum der damaligen Zeit entgegen. Wohl lag ja ein wahrer geistiger Impuls diesem Mönchtum zu Grunde, jedoch vermochten die Mönche infolge des asketischen GeIübdes keine geistgetragene Vererbungslinie zu schaffen und das Blut der künftigen Geschlechter zu veredeln. Wohl war in einzelnen Fällen eine individuelle Vollendung des Grales auch unter den Mönchen möglich aber keine Vollendung im den Geslechtern, kein eugenetischer Okkultismus. Während der Ritterschaft immer mehr zu einer aristokratischen Form ohne einen geistigen Inhalt wurde, hat das Mönchtum wohl den geistigen Inhalt behalten, aber es hat sich unfähig erwiesen diesem Inhalte auch eine entsprechende Form zu verleihen. Nun unterschied sich aber das königliche Gralsgeslecht im gleichen Masse wie von der gewöhnlichen Ritterschaft, so auch von dem Möchtum. Von der Ritterschaft unterschied es sich dadurch, dass in ihm dem äusseren Aristokratismus ein innerer geistiger Aristokratismus entsprach; der äusseren Form entsprach ein innerer Inhalt, der äusseren Blutverwandtschaft die innere Geistverwandtschaft. Die Bände des ewigen Karma, die Bände, die in der Sternenschrift des himmlischen Monsalvats eingetragen sind, fanden ihren äusseren Ausdruck in denjenigen Blutbanden, die den Vater und die Mutter mit dem Kinde verbinden.

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Die durchgeistigung des Blutes in den Geschlechtern förderte den Zustrom von neuen geistigen Offenbarungen und diesen Zustrom von neuer Offenbarungen förderte seinerseits die Vergeistigung, die Veredlung des Blutes in den Geschlechtern. Vom Mönchtum unterschied sich das königliche Gralsgeschlecht dadurch, dass es nicht nur dem geistigen Inhalte nach, sondern auch der äusseren Form nach adlig und ritterlich war. Wahrlich kann das königliche Gralsgeschlecht als der echte Adel Europas uns gelten. Von hier aus wurde der übrige weltliche Adel veredelt, indem die vom Montsalvat gesandten Ritter des Grals an verschiedenen Höfen Europas Ehen schlossen. Und man könnte sogar sagen, dass alles, was auch heute noch adlig ist in Europa, irgendwie durch Seitenzweige vom Gralsgeschlechte abstammt. Doch besonders gross erscheint für uns die Bedeutung des königlichen Gralsgeschlechtes, wenn wir wissen, dass das königliche Gralsgeschlecht bis in die sechste Kultur hinein als ein zeigen von Joseph von Arimathia gepflanzter christusdurchdrungener Generationsbaum 9 bestehen sollte um den alten Generationsbaum, der von Adam gepflanzt wurde im Laufe der Zeit zu ersetzen. Denn wie Adam der Ahnherr der vorchristlichen Menschheit war, so sollte Joseph als geheimer Schüler des neuen Adam, Christus ein Ahnher der neuen, christdurchdrungenen Menschheit werden, damit im Iaufe der Zeit immer mehr und mehr Seelen aus dem alten versickernden Vererbungsstrom in den neuen, frischen Vererbungsstrom übergehen konnte. Was aber das Geschlecht der ursprunglichen Gralskönige anbetrifft, so hatte es eine ebensolche Bedeutung für den neuen christlichen Vererbungsstrom, wie die alttestamentlichen Patriarchen für die Vererbung der vorchristlichen Menschheit. Jedoch wurden diese grossen eugenetischen Aussichten dadurch vereitelt, dass das königliche Gralsgeschlecht und mit ihm auch die Quelle der geistigen Offebarungen im X. christlichen Jahrhunderte versickerte. Infolge dieses verhängnisvollen Endes der königlichen Gralsgeschlechter musste auch die weitere Geschichte Europas ganz anders verlaufen, als es ursprünglich von der geistigen Welt vorgeplant wurde. Niemals wurde die französische Revolution haben ausbrechen können, falls die Thröne Europas jahrhundertelang von den geistbegnadeten und würdigen Vertretern der Gralsritterschaft besetzt sein wären. Niemals würde der Hass und die Empörung gegen den regierenden Adel in den niederen Volksschichten so aufflammen, wenn dieser Adel auch im geistigen Sinne adlig wäre. Nur der traurige Umstand dass den äusseren Vorrechtendes Adels keine inneren pflichten entsprachen, verletzte unbewusst das Gerechtigkeitsgefühl der Menge und trieb sie dazu, gegen den unwürdigen, seiner Lage nicht gewachsenen Adel zu rebellieren. Und durch dieser grossen französischen Revolution wurde die ganze soziale Ordnung der Menschheit chaotisiert, sodass wir auch heute noch die verhängnisvollen Folgen dieses politisch-sozialen Umsturzes erleben müssen. Statt von den göttlichen Welten von oben durch die geistbegnadete Aristokratie geführt und harmonisiert zu werden, wird jetzt die Menschheit von den unterirdischen Kräften, die durch den Pöbel wirken, von unten besessen und chaotisiert. Um von den Ursachen dieses tragischen Verlaufes der Weltgeschichte zu erfahren, mussen wir das Schicksal der letzten Gralskönige kennen lernen. IV Die letzten Gralskönige.

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Wie die physische Sonne vor ihrem Untergange besonders glorreich scheint, so war es auch mit der geistigen Sonne des königlichen Gralsgeschlechts. Diese aufleuchtende Abendsonne erblicken wir der Person des vorletzten Gralskönigs, Parsifal. War Joseph von Arimatia der erste, der den Gral individuell vollendete, und dadurch dem königlichen Gralsgeschlechte den Anfang gab, so war es Parsifal, der den Gral in der Zeit seines geistigen Verfalls erneuerteund den erkrankten Gralskönig Amfortas heilte. Es steht vor uns das Schicksal Parsifals als Vorbild der christlichen Einweihung aller Zeiten. Denn es waren in diesem Schicksale Parsifals alle Vorbedingungen einer wahren christlichen Einweihung im vollen Masse erfüllt. Wie wir schon erwähnt haben bestehen diese Vorbedingungen in einer Chrituswirkung auf das menschliche Blut, in einem Durchsichtigwerden für die Chrlistussonne des menshlichen Astral- und Ätherleibes. Es muss der Astralleib zum Abbilde der Sophia und der Ätherleib zum Abbilde des nathanischen Jesus werden, damit Christus im Menschen lebe. Nun ist es in hohen Masse charakteristisch für Parsifal, dass er beide Prinzipien auf eine ganz organische Weise in sich besass. Denn das Prinzip der Sophia wirkte schon in seiner Mutter Herzeleid, als sie ihn zur Welt brachte und dieses Prinzip der Sophia ist auf ihn übergegangen, als er sich von Herzleide trennte. Auch das Abbild des nathanischen Jesus war in Parsifal von Anfang.......???? 10 ewig kindhaftes in seinem Wesen zum Ausdruck kam. Und da das Sophia- und das nathanische Jesusprinzip ihm ganz organisch eigen waren, wurde er selbst zum Gefäss, in welchem sich Christus offenbaren konnte. Denn Parsifal hat den Gral nicht nur imaginativ, nicht nur inspirativ, sondern auch intuitiv erlebt und vollendet. Imaginativ erlebte er den Gral, als er auf seinen Wanderungen das erste Mal in der Gralsburg als der heilige Tor erschien, der nach dem Wesen des heiligen Gralsmysterium noch nicht zu fragen vermochte. Inspirativ erlebte er den Gral als er auf seinen Wanderungen auf dem Himmel seinen eigenen Namen aufgezeichnet fand. Und endlich erlebte er den Gral auch intuitiv, als er sich zum heiligen Amte des Gralskönigs erhob und den Gralsdienst verrichtete. Dank seiner okkult-christlichen Vorbereitung und seiner Einweihung wurde Parsival fähig wie im Sinne das Mechanischen, so auch im Sinne des hygienischen und des eugenetischen Okkultismus zu wirken. Und zwar wirkte er im Sinne des mechanischen okkultismus, als er dem schwarzen Magier Klingsor den Speer der Intuition entriss, indem er die falsch ausgeübte und daher tödliche Intuition in eine geistige, bewusste Shäre erhob, was sein Vorgänger, der Gralskönig Amfortas nicht zu tun vermochte. Denn Amfortas vormochte nicht durch das Böse zum Guten zu gelangen, den Speerstoss in das Mysterium des Abendmahls umzuwandeln. Parsifal aber hat die Intuition, aus dem Bereiche Klingsors, aus dem Bereiche der Sinnlichkeit, wo sie ein Werkzeug des Mordes geworden ist, wieder in den Bereich des Geistes erhoben. Und während Amfortas die Intuition auf dem Plane der Sinnlichkeit, im Garten Klingsors, als einen ahrimanischen Speerstoss erlebtes, erlebte sie Parrzival dank den in ihm wirkenden Kräften der Sophia und des nathanischen Jesus, als eine Vergeistigung des eigenen Blutes, als eine Kommunion mit Christus im eigenen Blut. Und dieser geistige Sieg Parzifals wurde zu einem wichtigen Ereignis auf dem Gebiete des mechanischen Okkultismus, weil durch eine Umwandlung der falschen Intuition in einer wahre Intuition der schwarze Klingsor entkräftigt und gebunden würde. Durch diesen grossen Sieg über Klingsor und seinem Medium Kundri, durch das lange Irren in der Wüste der Einsamkeit wurde Parsifal fähig auch hygienisch zu wirken und den von Klingsor verwundeten

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Amfortas zu heilen, und als er Kraft dieser Heilung zum Gralskönige wurde, vermochte er auch eugenetisch zu wirken, indem er den letzten Gralskönig Lohengrin zeugte. So hat er durch die Macht des mechanischen Okkultismus Klingsor besiegt, durch die Liebe den hygienischen Okkultismus den Amfortas geheilt und durch die Weisheit des eugenetischen Okkultismus den Lohengrin gezeugt. Und so wurde in seinem Leben die heilige Dreieinigkeit dreifach verherrlicht: im mechanischen okkultismus verherrlichte er die Macht des Vaters, im hygienischen Okkultismus die Liebe des Sohnes und im eugenetischen Okkultismus die Weisheit des Heiligen Giestes. Als Vater des letzten Sprosses des königlichen Gralsgeschlechtes, hat er den Lohengrin nicht nur im Geiste gezeugt, sondorn auch im Geiste erzogen. Schon in seinem frühen Jugend hat Lohengrin am geistigen Turnieren teilgenommen. Mit seinem Vater Parsifal hat er im leibfreien Zustande geistige Zweikämpfe geführt, die den Zweck verfolgten seine Willensmuskulatur zu entwickeln und zu stärken. Solche geistige Zweikämpfe waren im königlichen Gralsgeschlechte nicht selten. Sie stellten eine höhere Stufe der Konzentrationsübungen dar. Dennoch muss ein wesentlicher Unterschied zwischen Parsifal und Lohengrin betont werden. Während Parsifal seine Inspirationen von den göttlichen Wesenheiten empfing, wurde Lohengrin von einem verstorbenen Menschoh inspiriert. Daher wird er auch den Schwanritter genannt, was eine okkulte Bezeichnung ist für einen Menschen, der von einem Verstorbenen inspiriert wird. Als eine Wiederverkörperung desjenigen Geistes, der in dem Zauberer Merlin wirkte, hat Richard Wagner viel von diesen okkiulten Zusammenhängen gewusst. Auch ist es okkult durchaus richtig, wenn Richard Wagner den Himmel als die Heimat des Lohengrin und ihn selbst als einen Gralsboten schildert, einem Himmelsboten, den man nicht um 11 seinen Namen fragen darf. Denn als Gralskönig hat Lohengrin eine himmlische Herkunft, deren Geheimnis in den ewigen Steren eingezeichnet ist. Auch seine Taten vollbrachte Lohengrin aus seinem höheren Ich, das mit dem Wesen eines Verstorbenen innig verbunden war. Nach der Sage von Lohengrin, die von Richard Wagner in einer so geistreichen Weise bearbeitet wurde, fragt die junge Gattin Lohengrins, Elsa von Brabant, ihn nach seiner Herkunft, was sie nich tun durfte, denn sie sollte aus einer unmittelbaren Eingebung wissen, wer ihr Gatte ist, und woher seine Taten kommen. Sie sollte auch wissen, wer der Verstorbene ist, der als Schwan in Lohengrin tätig war. Durch ihre Frage beweist Elsa einen Mangel an wahrer Glaubenskraft wodurch eine weitere Ausübung des eugenetischen Okkultismus im königlichen Gralsgeschlechte unmöglich wurde. Zwar vermochte noch Lohengrin den schwarzmagischen tückischen Angriff Telramunds durch eine tödliche Abwehr zu vereiteln, aber der Gral musste ihm verloren gehen. Denn in Wirklichkeit konnte sich alles nicht so abspielen, wie es Richard Wagner im letzten Akte seiner Oper schildert. Es ist auch künstlerisch unwahr, dass ein so edler Ritter, wie Lohengrin, nach der Tötung TeIramunds sich von seiner Gattin Elsa entfernte. Als Ritter, der sich christlich mit ihr verbunden hat, sollte er mit ihr bleiben um ihre grosse Schuld mit ihr zu Teilen. Nur der Verstorbene, der durch diese Ehe in der Welt geboren weden musste, nur der Schwan, dessen Rufe er nicht folgen konnte, wurde ihm genommen. Mit anderen Worten, es ereignete sich alles nicht so, wie es bei Richard Wagner im letzten Akte seiner Oper geschildert wird, sondern so, wie es von Lohengrin im ersten Akte geplant war. Lohengrin blieb der Gatte Elsas und nam an dem Kriege mit Ungarn teil. Da er aber dem Rufe des Grals nicht folgte, wurde der Schwan von ihm genommen. Und es entschwand die heilige Schale den Blicken der Erdenmenschen, und nur der himmlische Gral blieb bestehen. Was geschah aber dadurch, dass der Gral von der Erde in den himmlischen Höhen entschwand? Aus dem Bereiche der Erdemenschen wurde er in den Bereich der dritten Hierarchie erhoben, dorthin, wo die Volksseelen weilen und wurde dort von der keltischen Volkseele in Empfang genommen.

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Nun wissen wir aber, dass die Volksseelen sich durch die Phantasie der Völker offenbaren. Sie sind es, die die Sagen und Märchen inspirieren. Und als der Gral in diese Sphäre erhoben wurde, hörte er auf Geschichte zu sein und wurde zu einer Sage. Und nicht mehr auf Erden vollbrachten seitdem ihre Taten die Ritter des heiligen Grals, sondern in der Phantasie der inspirierten Dichter. So geschah es, dass die tausendjährige eugenetische Tradition des königlichen Gralsgeschlechte in Lohengrin und Elsa von Brabant ihren tragischen Abschluss fand. Wenn man sich nun die Frage aufwirft, was mit denjenigen Individualitäten geschehen ist, die als letzte Gralskönige im X. Jahrhundert lebten, und wenn man mit dieser Frage die nächsten Jahrhunderte durchforscht, so findet man, dass diejenige Individualität die als Parsifal in der Gralsburg wirksam war, wiederum im XII. Jahrhundert unter der Regierung Friederich Barbarossas sich inkarniert und zwar mit der Mission, dasjenige als eine Sage auferstehen zu lassen, was sie selbst einst als eine irdische Wirklichkeit erlebt und getan hat. Um diese mission zu erfüllen, müsste diese Parsifal-Individualität in ihrem Leben mit ganz besonderen Eigenschaften ausgestattet sein. ihr Schicksal musste sich so gestallten, dass sie sich ganz und gar auf die Kräfte des eigenen Gedächtnisses angewieson fühlte. Sie musste als ein hochbegabter Analfabet durch das Leben gehen, was eine völlige Unabhängigkeit der Gedächtniskräfte vom geschriebenen Wort bewlrkte. So kam eine ungeheuere Vertiefung der Gedächtniskräfte bei dieser Parzival-individualität zustande. Und zwar entwickelte sich ihr Gedächtnis in zwei verschiedenen Richtungen. Einerseits ging für dieses gewaltige Gedächtnis nichts verloren, was auf die Parzivalindividualitüt von aussen her wirkte, besonders aber alles dasjenige was als dichterisches Wort in der damaligen Zeit erklang. Anderseits aber entwickelte sich in dieser Seele die Fähigkeit, infolge der Anregungen, die als das Poetische Wort von aussen her ihr Ohr erreichten, sich an das letzte Leben zu erinnern. 12 So fühlte sich diese Parsifalindividualität vor der Aufgabe gestellt unter denjenigen Gestalten, die von aussen als Helden verschiedener Volksagen an sie herantraten, sich selbst zu erkennen und künstlerisch das Erkannte zu gestalten. Denn ausser der ernormen Gedächtniskraft besass die Individualität Parsivals in dieser neuen Inkarnation auch noch eine glänzende poetische Begabung. Und diese poetische Begabung wurde noch dadurch befruchtet, dass diese Parsivalindividualität in ihrem neuen Leben dank ihrer unzählichen Reisen, die sie als ein wandernder Ritter unternahm, sich besonders stark mit der deutschen Volksseele verbunden hatte. Und so konnte denn die deutsche Volksseele als eine Vermittlerin zwischen der Parsifal-individualität und der keltischen Volksseele auftreten, derjenigen Volksseele, die die Trägerin der Gralssage geworden war. So wurde dem neuerschienenen Parsifal der Impuls zu einer poetischen Selbsterkenntnis gegeben, und indem er nach dieses Selbsterkenntnis trachtete, schuf er eine grosse Parsifalsdichtung, die als ein Vorbild des wahren geistigen Rittertums vor der mitteleuropäischen Menschheit stehen sollte. Jedoch genügte es noch nicht, dass die edele Vergangenheit auf diese Weise auferweckt wurde. Würde die Individualität des Parsifals allein wirken müssen, so müsste das Ergebnis ihrer poetischen Selbsterkenntnis dennoch mit dieser Individualität zusammen verloren gehen. Daher musste noch eine andere Individualität hier mitwirken, damit das Auferweckte auch aufbewahrt werden könne. Diese andere Iiidividualität müsste mit der Parsifalindividualität innigst verbunden sein, sie müsste karmisch sich verpflichtet fühlen dies zu tun. Und diese karmische Verpflichtung gegenüber dem Grale konnte nur derjenige haben, der im vorigen Leben diesen Gral verloren hatte, nähmlich Lohengrin. Wie die Auferweckung so auch die Aufbewahrung des Grals musste aber eine der Zeitentsprechende Form erhalten. Jetzt konnte man vom Gral nur träumen, aber diese Träume hatten noch einen unermesslich grossen Wert für die gesamte Entwicklung der Menschheit. Und so erschienen wieder im XII. Jahrhundert in Deutschland Parsifal und Lohengrin, als Dichter und Gönner, als poetischer Auferwecker und als poetischer Aufbewahrer des Grals.

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So erkennen wir den wiedererschienenen Parsifal in der Persönlichkeit Wolfram von Eschenbachs und den wiedererschienenen Lohengrin in der Persönlichkeit des Landgrafen Hermann von Thüringen, an dessen Musenhof in Wartburg der Dichter weilte. V. Die Gralsritterschaft in der Gegenwart und in der Zukunft. Obwohl die irdische Generationslinie des königlichen Gralsgeschlechtes versickert war, blieb es als ein himmlischer karmischer Bund im Geiste wie zuvor bestehen. Daher ist es wichtig sich danach zu fragen wie die Schicksale dieses karmischen Bundes sich in der irdischen Zeit nach dem Abschluss des Gralsgeschlechtes auswirkten. Es ist ohneweiteres begreiflich, dass diejenigen Seelen, die dem Gralsgeschlechte angehörten, sich im Laufe der nächsten Jahrhunderten auf Erden inkarnieren mussten. Und da sie keine ihrem Wesen entsprechende Vererbungslinie vorfinden konnten, mussten sie sich eben mit einem gewöhnlichen Abstammung begnügen, gewissermassen in den alten Adam hineingeboren werden. Mit dem allmählichen Absterben des europäischen Adels und seinen ritterlichen Traditionen, mit dem Aufkommen der neuen Demokratie mussten diejenigen Seelen, die dem Gralsgeschlechte angehörten, immer unabhängiger von den Blutsbanden werden, sofern diese zufällige Blutsbände ihrem Wesen schon nicht mehr entsprechen. Und je demokratischer das soziale Leben sich gestaltete, umso unabhängiger von der irdischen Leiblichkeit mussten auch diejenigen karmischen Bande werden, die alle diese Gralsritter mit einander verbanden. Andere Formen mussten hier auf Erden für die himmlische Bande der Seele gefunden werden, die auf eine Ausübung das eugenetischen Okkultismus verzichteten und ihre Kräfte hauptsächlich dem hygienischen Okkultismus widmenten. Eine solche okkult-hygienische christliche Strömung innerhalb der europäischen Menschheit ist das Rosenkreuzertum. Dieses Rosenkreuzertum hat das Milieu geschaffen, wo sich die ehemaligen Gralsritter 13 als geistige Brüder zusammen finden konnten. Die ewigen Bande zwischen den Seelen dieser ehemaligen Gralsritter konnten sich zwar nicht mehr in den Blutsbanden ausleben, wohl aber in denjenigen rein geistigen Banden, welche die einzelnen Brüder im Rosenkreuzertum mit einander vereinten. Und auch in unserer Gegenwart muss sich ein solchces Milieu bilden, wie es das Rosenkreuzertum in vergangenen Jahrhunderten war, wo sich die ewigen Gralsritter zusammenfinden können um die, unterbrochene Generationslinie der Gralsritterschaft wieder herzustellen. In den irdischen, ungelauterten Vererbungsstrom müssen diese Seelen untertauchen um die Vergangenheit mit der Zukunft wieder zuverbinden; sie müssen in diesen Vererbungsstrom so untertauchen wie es ein Taucher tut, der in die Meeresstreifen untertaucht um ein versunkenes Schiff an eine Kette zu fesseln und es vom Mooresgrund an das Tageslicht heraufzuziehen. Diese hohe Mission wird dadurch erschwert, dass die dazu berufenen in einem Milieu zunächst wirken müssen, das ihnen völlig fremd ist. Sie, die einst in innerer Liebe unter verwandten Seelen aufwachsen durften, mit allen leiblicher und geistigen Gaben beschenkt, die eine eugenetische Abstammung geben kann, müssen in einer eisigen Einsamkeit die Wege zum Geiste finden und auf ein Wunder hoffen, das ihnen helfen könnte, in einer ihnen so fremden Umgebung einander aufzusuchen. Unter solchen Schwierigkeiten und Opfern müssen sie den heroischen Versuch unternehmen, dasjenige wieder gut zu machen, was im X. christlichen Jahrhunderte verfehlt wurde und was die Menschheit im Laufe eines ganzen Jahrtausends entbehren musste. Um diese Mission dieser Seelen in ihrer Bedeutung zu erfassen, müssen wir einiges erwähnen, was sich auf die geistgetragene Vererbung bezieht.

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In den Kirchenstreiten der ersten christlichen Jahrhunderte spielten eine besonders grosse Rolle zwei theologischen Begriffe, die Begriffe der Wesensgleichheit und der Wesensähnlichkeitt. Der Unterschied zwischen beiden Begriffen, der seinerzeit die Kirchenväter dermassen beschäftigte, dass sie miteinander auch physisch debatierten, wird uns ersichtlich werden, wenn wir denjenigen Unterschied ins Auge fassen, der dem Verhältnisse des himmlischen Vaters zum himmlischen Sohne und den des irdischen Vaters zum irdischen Sohne zugrunde liegt. Denn das erste Verhältnis ist das Verhältnis des Wesensgleichheit während das zweite Verhältnis das einer Wesensähnlichkeit ist. Der himmlische Sohn ist mit dem himmlischen Vater eines gleichen Wesens, während der irdischen Sohn mit einem irdischen Vater nur eines ähnlichen Wesens ist und den Vater nur als ein Anderer wiederholen kann. Nun können wir auch danach fragen, warum der himmlische Sohn mit dem himmlischen Vater eines Wesens ist und warum anderseits der irdische Sohn dem irdischen Vater nur wesensähnlich sein kann. Dies rürht davon her, dass der himmlische Vater und der himlische Sohn miteinander im heiligen Geiste intuitiv vereinigt sind, während im gegenseitgen Verhältnisse des irdischen Sohnes zu einem irdischen Vater der Geist nicht mehr mitspricht. Doch war es nicht immer so. In uralten Seiten, als die Folgen der Erbsunde noch nicht gereift in Erscheinung getreten waren, bestand zwischen dem irdischen Sohne und seinem irdischen Vater noch durchaus eine Art von Wesensgleichheit. Denn es war damals das Verhältnis des Sohnes zum Vater noch vom Geiste getragen. Der Vater und der Sohn wussten sich noch eins im Geiste, und zwar war es in der Generationslinie der Patriarchen der Fall. Das Überschattetsein vom Geiste ermöglichte dem Sohne sich an den Erlebnisse und Taten seines Vaters zu erinnern. Dieses Sicheinswissen im Gedächtnisse war damals ein Abglanz auf Erden des ewigen himmlischen Verhältnisses des Vaters zum Söhne. Doch zog sich der Geist, der dem Sohn mit dem Vater vereinigte, im Laufe der Zeiten allmählich zurück, und die ursprüngliche Wesensgleichheit wurde immer von einer Wesensähnlichkeit ersetzt. Ein vollständiges Getrenntsein vom Geiste und als seine Folge, eine vollständige Entfremdung zwischen dem Vater und dem Sohn trat in derjenigen Zeit ein, als Christus auf Erden erscheinen sollte. Davon wird uns in der alten Judassage berichtet. Nach dieser Sage war Judas dem Geiste schon dermassen fremd geworden, dass er seine Eltern nicht mehr empfinden und 14 erkennen konnte, was sich darin äusserte, dass er seinen eigenen Vater tötete und die eigene Mutter heiratete. Nun hatte aber das Leben, das Sterben und die Auferstehung des Christus zur Folge, dass er in die Menschheit den tröstenden Geist senden konnte. Dadurch war für die Menschheit die Möglichkeit wieder gevwonnen, ein geistiges Band zwischen dem Vater und dem Sohn herzustellen. Vater und Sohn können sich jetzt im Geiste wiederfinden sodass in ihrem gegenseitigen Verhältnisse wieder das himmlische Verhälnis zwischen Vater und Sohn sich abspiegeln kann. Jedoch soll die Kontinuität des Bewusstseins jetzt in den Generationen eine entgegengesetzte Richtung erhalten. Nicht das Gedächtnis, das in die Vergangenheit, sondern der schöpferische Wille, der in die Zukunft schaut, muss jetzt den Sohn mit dem Vater verbinden. Nicht das Gemeinsame in den erinnerungen, wohl aber das Gemeinsame in den Geistigen Missionen soll die neutestestamntliche Wesensgleichheit auszeichnen. Dieselben hohen Ideen, dieselbe schöpferischen Inspirationen, dieselben göttlichen Ziele, die im Vater wirkten, sollen im Sohne wieder aufleben, ohne dass er durch das geschriebene Wort des Vaters Kunde davon habe. Wenn auch alles, was der Vater geschaffen hat, in den Flammen der alles zerstörenden Zeit verbrannt, soll der Sohn auf den direkten Wege einer geistigen Eingebung diese schöpferischen Ideen des Vaters wiederfinden. So soll die Menschheit durch diese geistige Kontinuität der Missionen immer unabhängiger werden für der zerstörenden Macht der Zeit. Von Generation zu Generation soll in ihr der gemeinsame, die Väter mit den Söhnen vereinende Geist weiterwirken. Diese Wesensgleichheit waltete von Anfang an im Gralsgeschlechte und sie ist es auch, die der Zukunft hergestellt werden soll.

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Die Seelen, die eine solche geistige Kontinuität der Geschlechter wieder herstellen sollen, werden schon in unserer fünften nachatlantischen Kulturepoche die sechste Manaskultur vorleben. Sie werden unter der Obhut derjenigen Wesenheit stehen, die der Zeitgeist dieses sechsten Kultur werden soll. Und unser Zeitgeist Michael ist schon jetzt treuer Ritter dieser Wesenheit, die zu den Scharen der heiligen Sophia gehört. Und wenn die sechste Kultur aufblühen wird, wird diese Wesenheit, die dazumal Zeitgeist werden wird, in ihrem Schosse diejenige Gemeinde tragen, die ebenso die siebente Kultur vorleben wird wie sie in unserer Kulturepoche die sechste Kultur vorzuleben hat. Und wie der Geist unserer Kulturepoche im Bilde des Ritters Michael der der göttlichen Sophia dient, veranschaulicht werden kann, so kann der künftige Zeitgeist der sechsten Kulturepoche im Bilde der Sophia der Gottesmutter mit dem Kinde auf dem Schoss vorgestellt werden. Diese Bild der Gottesmutter mit dem Kinde auf dem Schoss sagt uns aber unendlich viel, denn es sagt uns, dass die ganze Selbsterkenntnis der Menschheit in den künftigen Geschlechtern nichts anderes ist, als eine allmenschliche Wiederholung desjenigen Einweihungsweges, den Parsifal gegangen ist. Dieselben Prizipien müssen der ganzen Menschheit in der Zukunft durch das Gralsgeschlecht einverleibt werden, die Parsifal auf eine organische Weise besass, nämlich das Prinzip der Sophia und das Prinzip des nathanischen Jesus. So wird im grossen, im geschichtlichen Werden, in der allmenschlichen Selbserkenntnis dasjenige sich wiederholen, was von Parsifal in der individuellen Selbsterkenntnis vorgelebt wurde: so wird eine allmenschliche Vollendung des Grals durch das ewige Gralsgeschlecht erzielt werden. Im Anblicke dieser erhabenen Zukunft lassen wir den Vorhang über das Gralsmysterium fallen. Und alle glorreiche Gestalten, die vor unseren Geistesblicken standen, allen heiligen Ereignisse, alle grosse Taten schwinden für uns unter diesem Vorhange, auf dem die Sage vom heiligen Gral aufgemalt ist. Doch es bleibt in uns die Sehnsucht nach dem stillen ernsten Geisterlande, nach seinen edlen Sitten, nach seiner himmlischen Güte, nach dem vertrauensvoll uns erwartenden Stern, nach dem Kreise der ewigen Freundschaft, nach der heiligen Labung des Grals. Die Sehnsucht bleibt. ____ 0 ____ 15 Noch einige Gedanken zum Vortrag über den Gral. _____________________________________________ 1) Das Geheimnis vom grossen Weltenabendmahl bildete den Inhalt der Einweihung bei den Gralskönigen. Der Gedanke, dass der Sinn der Weltenevolution in einer Verwandlung von Brot und Wein Leib und Blut besteht, war es, den Joseph von Arimathia erfasste und der ihn innerlich verwandelte. Und die Krankheit des Amfortas war dadurch bedingt, dass er diesen heiligen Gedanken vergessen hat und daher das Abendmahlsmysterium nicht mehr vollbewusst ausüben konnte. 2) Der Augenblick, wo der Leib des Erlösers der Erde anvertraut wurde bedeutet für sie ein Empfangen des heiligen Abendmahls, wodurch ihr finsteres Wesen bekehrt wurde. Dem Anfang dieser inneren

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Bekehrung bildet das Hinabsteigen des Heilands in die Unterwelt. Dadurch haben die Erdentiefen Kenntnis genommen vom grossen himmlischen Ideal. 3) Das grosse Wunder dieser Bekehrung ist mit zwei Geheimnissen verbunden: mit dem Geheimnisse des Longinus und mit dem Geheimnisse des Joseph von Arimathia. Dank dem von Longinus versetzten Speerstoss konnte das Blut des Erlösers aus seiner Wunde herunterfliessen. Dank Joseph wurde dieses Blut für die Menschheit aufgefangen. Longinus war der Träger einer von der Stofflichkeit gebundenen Intuitionskraft, Joseph - ein Träger einer von der Stofflichkeit befreiten Intuitionskraft. Die beiden werden durch Christus verbunden, der den Stoss des negativen Karma erleidet und das Ergebnis dieses Erleidens der positiven Karma-Strömung verleiht. 4) Der Generationsbaum der Gralskönige wächst aus dem Kreuz von Golgatha heraus. Dieses Kreuz von Golgatha vermählt den Baum der Erkenntnis mit dem Baum des Lebens.

5) In der Generationslinie des Abraham wurde auf eine organische Art durch das Blut eine Erkenntnis von Jahve erreicht. In der Generationslinie des Joseph von Arimathia wird auf dieselbe organische Art durch das Blut die Erkenntnis von Christus erreicht. 6) Klingsor ist der ahrimanische Doppelgänger der Gralsritterschaft, Amfortas der menschliche Doppelgänger derselben Ritterschaft und Kundri der luziferische Doppelgänger. Parsifal stürtzt den Ersten, heilt den Zweiten und bekehrt den Dritten.