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146 F. A. Fluckiger, Bemerk. ub. d. botanische Nomenclatur d. Pharmacopoe. tungen derselben dahin berichtigen, dass selbst schon die ganz frisch hergestellten alkoholischen Ltisungen niemals Chlorophyll , sondern steta Chlorophyllan enthalten : Die LSsung wird niemals reingriin, sondern im giinstigstan Falle gelbgriin und die spectroscopische Priifung zeigt die Chlorophyhncharaktere in ausgepragtestem Maaase, mit Xinkstaub erhitzt, wird die Losung jedoch griin. Es ist dies, wenn wir von dem noch fraglichen Befunde bei Bo- nelia viridis absehen, das einzige Thier, in dem bislang ein dem Chloro- phyll der Pflanzen ausserordentlich nahestehender Farbstoff, - er entsteht ja daraus einfach durch Oxydation - oder dieses selbst gefunden wwde , da wir nach B r a n d t ' s Untersuchungen , * die griin gefhbten Infusorien wohl als symbiotisch mit Algen vergesellschaf- tete Wesen auffassen mussen. Ich behalte mir vor, im nbhsten Sommer auch andere griin- g e f ~ b t eRaupen und Kafer (Cetonia aurata , Cerambyx moschatus und andere) auf Chlorophyll zu untersuchen. Bus das regelmasaig griingefbbte Cajeput61 habe ich, um der immer noch von einigen Seiten aufgestellten Behauptung, dass die grhe Farbe von Chlorophyll herrtihre , zu begegnen , in den Kreis meiner Beobachtungen gezogen. In don mir vorliegenden Proben fand ich jedoch niemals auch nur die geringsten Anzeichen vorhan- denen Chlorophylls, die griine Farbe ist daher unbestreitbar auf den iibrigens sehr geringen Kupfergehalt des Oels zuruckzufiihren. Bemerkungen uber die botinische Nomenclatur der Pharmacopoe. Von F. A. Fluckiger. Herr Geh. Rath Prof. Dr. G a p p e r t , Director des botanischen Oartens in Breslau, vertjffentlichte voriges Jahr die Schrift: ,,Un- sere officinellen Pflanzen" als Nachtrag zu seinen friihern lehrreichen Arbeiten auf diesem Oebiete. Die 12 Seiten des vor- liegenden Heftes werden in folgender Weise eingeleitet : ,, Bei der immer mehr schwindenden Theilnahme an officinellen Gewachsen, 1) vergl. Fig. 4 auf Seito 139. 2) Uober daa Zusammedeben von Thieren und dlgen, Sitzungsber. d. 3) vergl. auch F l u c k i g e r, Pharmacognosie des Pflanzenreiohes. p. 150 Ges. naturforschender Freunde. Berlin, November 1881.

Bemerkungen über die botanische Nomenclatur der Pharmacopöe

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146 F. A. Fluckiger, Bemerk. ub. d. botanische Nomenclatur d. Pharmacopoe.

tungen derselben dahin berichtigen, dass selbst schon die ganz frisch hergestellten alkoholischen Ltisungen niemals Chlorophyll , sondern steta Chlorophyllan enthalten : Die LSsung wird niemals reingriin, sondern im giinstigstan Falle gelbgriin und die spectroscopische Priifung zeigt die Chlorophyhncharaktere in ausgepragtestem Maaase, mit Xinkstaub erhitzt, wird die Losung jedoch griin.

Es ist dies, wenn wir von dem noch fraglichen Befunde bei Bo- nelia viridis absehen, das einzige Thier, in dem bislang ein dem Chloro- phyll der Pflanzen ausserordentlich nahestehender Farbstoff, - er entsteht ja daraus einfach durch Oxydation - oder dieses selbst gefunden wwde , da wir nach B r a n d t ' s Untersuchungen , * die griin gefhbten Infusorien wohl a l s symbiotisch mit Algen vergesellschaf- tete Wesen auffassen mussen.

Ich behalte mir vor, im nbhsten Sommer auch andere griin- g e f ~ b t e Raupen und Kafer (Cetonia aurata , Cerambyx moschatus und andere) auf Chlorophyll zu untersuchen.

Bus das regelmasaig griingefbbte Cajeput61 habe ich, um der immer noch von einigen Seiten aufgestellten Behauptung, dass die g r h e Farbe von Chlorophyll herrtihre , zu begegnen , in den Kreis meiner Beobachtungen gezogen. In don mir vorliegenden Proben fand ich jedoch niemals auch nur die geringsten Anzeichen vorhan- denen Chlorophylls, die griine Farbe ist daher unbestreitbar auf den iibrigens sehr geringen Kupfergehalt des Oels zuruckzufiihren.

Bemerkungen uber die botinische Nomenclatur der Pharmacopoe.

Von F. A. Fluckiger.

Herr Geh. Rath Prof. Dr. G a p p e r t , Director des botanischen Oartens in Breslau, vertjffentlichte voriges Jahr die Schrift: ,,Un- s e r e of f ic ine l len P f l a n z e n " als Nachtrag zu seinen friihern lehrreichen Arbeiten auf diesem Oebiete. Die 12 Seiten des vor- liegenden Heftes werden in folgender Weise eingeleitet : ,, Bei der immer mehr schwindenden Theilnahme an officinellen Gewachsen,

1) vergl. Fig. 4 auf Seito 139. 2) Uober daa Zusammedeben von Thieren und dlgen, Sitzungsber. d.

3) vergl. auch Flu c k i g e r, Pharmacognosie des Pflanzenreiohes. p. 150 Ges. naturforschender Freunde. Berlin, November 1881.

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halte ich es im Interesse der systematischen Botanik und der heu- tigen Pharmacie fast fiir geboten , durch eine Zueammenstellung aller etwa bis 1870 in der medicinisch-pharmaceutischen Welt noch bekannteren Arten und der von ihnen stammenden Droguen, vide dieser heut nur mehr oder weniger beachteten Pflanzen der Ver- gessenheit zu entreissen und hier mbglichst genau aufzufiihren. - Zur Hebung dieses Interessee wird jedenfalls nicht beigetragen durch das Verfahren der neuen Reichspharmacoptie, die Autoren der in ihr aufgefiihrten Arten wegzulassen , ein nicht zu billigendes Vorgehen, welches in weitem Naasse Unsicherheit dartiber hervorruft , welche Art denn eigentlich gemeint sei, wie z. B.: (Die Nummern von mir beigesetzt) “

1) Unter Aloe l i n g u a gehen elf verschiedene Arten! - Es giebt eine Aloe v u l g a r i s von DeCando l l e , eine andere von W i l l - d e n o w eine dritte von Lamarck .

2) Copaifera o f f i c i n a l i s ist ohne Autorangabe ein Sammel- name, der eine ganze Anzahl Arten und Formen umfaast.

3) Unter E u g e n i a c a r y o p h y l l a t a sind 2 weit von einander entfernte Pflanzen, die eino von T hu n b e r g , die andere von S w a r t z , beschrieben worden. Von der Thunberg’schen Art stammen die Gewfirznelken, wiihrend die Swartz’sche Art (Sy z y g i u m Jambola- num DC.) Mr die Pharmacie ohne Bedeutung ist.

4) Malva v u l g a r i s ist je nach dem Autor Malva s i l v e s t r i s L., M. r o t u n d i f o l i a L., M. n e g l e c t a Wallr., oder umfasst mehrere dieser Arten gemeinsam.

5) Unter Men tha c r i s p a haben L i n n 6 , R o t h und T e n o r e 3 verschiedene Arten gemeint.

6) P i n u s a u s t r a l i s ist je nach dem Autor eine afrikanische, mediterrane oder nordamerikanische Fichtenart.

7) Mel i lo tus o f f i c ina l i s ohne Autorenangabe umfasst EO ziem- lich alle mitteleuropiiischen gelbbliihenden Meliloten. Me l i lo t u s a l t i s s ima von S c h u l t e s ist die weissbliihende M. a lba Dear., X. a l t i s s i m a Thu i l l . die gelbbltihende Art.

8) Q u e r c u s R o b u r ; 2 Arten, pedunculata Willdenow und Ro- bur Willd.

9) Unter L a c t u c a v i r o s a verstanden L i n n 6 , Hab l i z l und T h u n b e r g 3 sich sehr fern stehende Species.

10) Yon Verbascum p h l o m o i d e e existirt eine LinnB’sche und eine Sprengel’sche Art.

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11) Ononis sp inosa LinnB's ist etwas ganz anderes ale 0. sp in o s a Has s e 1 q u i s t. "

Es ist allerdings iiblich, in jeder botanischen Arbeit, welche auch nur einigermaassen au Wissenschaftlichkeit Anspruch erhebt, die Pflanzen mit den Namen der Autoren auszustatten. Wird dazu auch noch das Werk angegeben, in welchem der angefiihrte Schrift- steller die betreffende Pflanze beschrieben und abgebildet hat, oder das Herbarium, in welchem dieselbe aufbewahrt liegt, dann wird wohl meistens ein Missverstiindniss ausgeschlossen sein. In dieser Weise muss namentlich derjenige verfahren, welcher sich die kritische, systematische Durcharbeitung einer Pflanzengruppe oder irgend einer grijssern Abtheilung des Pflanzenreiches zur Aufgabe macht. Un- bedingt muss dieses Verfahren auch da verlangt werden, wo es sich um weniger allgemein bekannte Pflanzen handelt. So weit und noch ein Stiick weiter bin ich einverstanden mit dem Oebrauche, die botanischen Autoren anzufiihren, doch kann ich mich allerdings nicht erinnern, jemals gehijrt oder gelesen zu haben, dass z. B. in irgend einem Examen vom Candidaten die Kenntniss solcher ,, Autornamen " verlangt worden wiire oder dass davon in Vorlesungen iiber Botanik vie1 die Rede sei, sofern es sich nicht um ganz specielle Systema- tik handelt.

Meines Erachtens durfte die Pharmacopije sich recht wohl auf einen eigenen Standpunkt versetzen. Sic ist kein wissenschaftliches Werk, sondern ein Gesetzbuch, welches allerdings , wie auch andere Clesetzbiicher , auf wissenschaftlichem Boden steht. Sie macht die Drogen namhaft, welchc der Apotheker dem Mediciner zur Verfii- gung halten SOU, und schildert dieselben so u-eit, als es zur Beur- theilung der Identitiit erforderlich ist. Mehr will und SOU die Phar- macopije im wesentlichen nicht leisten. Man kijnnte sogar behaup- ten, dass sie im Unrecht ist, wenn sie Stammpflanzen nennt, welche den deutschen Apothekern und Aerzten so gut wie niemals zu Oe- sichte kommen, d. h. wenigstens nicht in ihrem Berufsleben. Indem die Pharmacopije Bloc, Ammoniacum, Am foetida, Balsamum Copai- ~ a e , Balsamum peruvianum, Benzoi! u. s. w. kurz und mijglichst zu- trcffend schildert, erfiillt sie ihre Aufgabe, thut aber ein iibriges, wenn sie auch noch die Pflanzen erwahnt, von welchen die eben genannten Drogen abstammen. Wie viele Leser der Pharmacopije d d in der Lage, sich von der Itichtigkeit jener botanischen Anga- ben dea Buches zu iiberzeugen? Es ist nur ein Stiick Belehrung,

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welches die Pharmacoptie hier bietet, so dass sie eigentlich schon aus ihrer Rolle fdlt und zur Lchrerin wird, wo sie nur bcfehlen soll. Anders liegen die Dinge doch wohl, wenn es sich um Amyg- dalao, Cortex Frangulae, Cortex Quercus, Folia Althaeae , Folia Uvae ursi, Radix Taraxaci, Tubera Aconiti u. s. w. handelt. Flier ist der Apotheker mbglicherweise doch in der Lage, sich wirklich an die von der Pharmacopbe vorgeschriebeno Pflanze, halten zu kbnnen; die genaue Bekanntschaft mit der lctzteren wird ihm von Nutzen sein und von ihm verlangt werden dihfen.

Es handelt sich also im Grunde um 2 Kategorien von Pflanzen, einerseits namlich einfach urn inlandische oder doch leicht zu@ng- liche und anderseits um exotische , eine Unterscheidung , welcho bei der Ertirterung der von Herrn Geh. Rath Gt ippe r t aufgeworfenen Frage auch nicht ganz iibersehen werden darf. Zu Gunsten des von der Pharmacoptie eingeschlagenen Verfahrens habe ich mich schon einnial in der Beilage zur J’harm. Zeitung vom 26. Februar 1881 geaussert und erlaube mir, darauf zu verweisen, nm Wiederholungen zu vermeiden. Grundsltzlich habe ich in der That wenig beiziifii- gen; wenn sich aber ein so hoch verdienter und so grilndlich orien- tirter Gunner und FUrderer der Pharmacie, wie Herr Oeh. Rath G b p p e r t , in gegentheiligcm Sinne vernehmen Ibst, so ist ea Ptlioht, eine solche gewichtige Stimme nicht zu iiberhtiren und zwar urn 80

mehr, als er keinesmegs allein stehti Herr Geh. R. 6 6 p p c r t riigt zunachst , dass die Pharmamptie

durch ihr Verfahren nicht zur Hebung des botanischen Intereases an den officinellen Pflanzen beitrage. So richtig diese Bemerkung auch ist, so w-enig belangreich scheint sie mir an dieser Stelle zu sein. Der Pharmacoptic liegt jene allerdings sehr wiinschenswcrthe Hebiing eines freilich selir schtinen Interesses sicherlich nicht ob und ich glaube auch, dass fur dasselbe in der neuesten einschlagen- den Literatur Deutschlands anderweitig recht vie1 geleistet worden ist, so dass es kaum von vie1 Gewicht wiire, wenn die Pharmaco- ptie auch noch direct dam beitrage.

Feiner bedauert Herr Geh. Rath Gt ippe r t , dass dieselbe in weitem Maasse Unsicherhoit dariiber hervorrufe, welche Art im gege- benen Falle gemeint sei, und fiihrt die oben aufgezahlten 11 hi - spiele an. Besehen wir uns diese naher, so ergiebt sich Folgendes.

Zu 1: In Betreff der AloB driickt sich die Pharmacoptie mit Recht wenig bestimmt aus und legt mehr darauf Gewicht, die

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Waare zu schildern, als ihre Abstammung fest zu setzen. Einmal nimmt der Hottentotte, wenn die Noth ihn gelegentlich zu diesem Erwerbe treibt, die erste beste AloB in Arbeit, so dass niemand in Betreff der Species genau unterrichtet ist. Dann aber ist sogar zu bemerken, dass im Sinne der neuesten Bearbeitung des Genus A106 die beiden Arten A. v u l g a r i s und A. l i n g u a nicht mehr genannt werden miissten. Leider aber legte B a k e r (Journal of the Lin- nean Society. Botany. Vol. XVIII. p. 148) seine sichtende Hand z u spat an das entsetzliche Chaos der Benennungen der Aloe -Arten, als dass seine Arbeit iioch fur die Pharmacopoea Germanica hatte benutzt werden kijnnen. Urn iibrigens auf A. lingua (jetzt G a s t e - r i a d i s t i c h a Haworth) zuriickzukommen, so lie@ cs fiir den Kri- tiker doch gewiss am nachsten , Thunberg’s Benennung zu berfick- sichtigen, da er es war, der zuerst iiber die jetzt d e i n officinelle Cap - Aloe berichtete. Und die zu verschiedenen Zeiten aiifgestellte Aloe vulgaris diirfte schliesslich nahe zusammenfallen. Alle diese Aloe-Arten des Caplandes geben, wie es scheint, eine und dieselbe Waare und damit miissen wir uns wohl beruhigen; niemand ist zur Zeit zu genaueren Nachweisen im Stande.

Zu 2: Es ist mir nicht bekannt, dass C o p a i f e r a o f f i c ina l i s nur ein Sammelname sei ; ich mcine, dass iibereinstimmend darunter die LinnB’sche Art (C. Jaquini Desfontaines) verstanden wird, auch giebt es eine Anzahl vie1 verbreiteter Abbildungen, z. B. hei Hayne und in der Diisseldorfer Sammlung, welche gerade diese Art dar- stsllen. Es will mir also durchaus nicht einleuchten, dass die Phar- macop& durch Nennung der C. officinalis ohne den Autor zu Zwei- feln Anlaea gebe. Vielleicht w5re es noch besser gerechtfertigt, nach den Reweisen zu fragen, welche dafiir vorliegen, dass Balsam von Copaifera officinalis gesammelt werde!

Zu 3 : Welche E u g e n i a c a r y o p h y l l a t a die Gewiirznelkcn liefert, ist fur keinen Botaniker zweifelhaft; dass einmal von Swartz versucht worden ist, denselben Namen dem vormaligen Syzygium jam- bolanum DC. beizulegen, hat doch kaum noch irgend welches Inter- esse. Dieser letztere Baum ist in Europa ausserst wenig bekannt und ohm alle practische Bedeutung , wahrend der Gewiirznelkenbaum in allen betreffenden Kreisen hinlanglich gekannt ist; wo ware da eine Unsicherheit denkbar , wenn die Pharmacop6e sich erlaubt , den Ea- men Thunberg wegzulassen! Allerdings ist wohl der Name C,aryo- phyllus aromaticus oder aromatica geliaufiger , aber eine irgendwie

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umfassendere Beriicksichtigung der Synonymen liegt doch erst recht ausserhalb der Aufgabe der Pharmacopae. I n dieser Hinsicht durfte sie sich gewiss mit Recht an diejenigen Bezeichnungen halten, welche gegenwiirtig in den besten einschleigen Werken angenom- men, d. h. an die Spitze gestellt sind. Diese lassen das Genus Caryophyllus nicht gelten.

Zu 4: Es ist zuzugeben, dass die hier vorziigsweise gemeinte Malva schon 1824 durch Wallroth als M. n e g l e c t a und erst 1838 dnrch Fries als M. v u l g a r i s bezeichnet worden ist. Aber gerade der Umstand, dass der letztere Name nicht ausschliesslich nur die von Wdlroth gemeinte Form bedeutet , mag zur Entschuldigung die- nen , dass die Pharmacopbe hier gegen dm Prioritiatsrecht gesiindigt hat. Practisch gesprochen ist es ja ganz und gar gleichgiiltig, von welcher der einheimischen Formen der Krautersammler seine Mal- venbltitter nimmt und der Apotheker wird auch kaum in die Lage kommen, sich zu iiberzeugen, ob er M. neglecta Wallr., M. rotundi- folia LinnB’s oder anderer Botaniker vor sich hat, da ja sogar die vie1 stiirker abweichenden Blatter der M. silvestris zuliissig sind.

Zu 5: Bei M e n t h a c r i s p a ist das Interesse der Pharmacoph darauf beschrankt, eine Minze vorznschreiben, welche den so hbchst eigenthitmlichen Krauseminzgeruch besitzt. Indem sie keinen Autor- namen nennt, geht die Pharmacopae den Streite iiber die Herkunft einer solchen Mentha aus dem Wege; sie iiberlkst ganz und gar den Rotanikern oder Pharmacognosten die Erbrterung der Frage, ob die Krauseminze niir eine Culturform oder eine ,,gute Species ‘‘ sei, was allerdings nicht ohne Interesse ist. Der GleichfUrmigkeit der Droge in ausserlicher Hinsicht W i t die Pharmacop6e noch 80 weit Riicksicht, als sie Mentha viridis mit flacher , nicht krauser, Blatt- spreite ausschliesst ; alles tibrige, was sich in systematischer Hinsicht an den Namen Mentha crispa kniipft, kann und soll der Pharma- copbe gleichgatig sein , sobald ihre Krauseminze daa richtige Car- vol enthat.

Zu 6 : Obgleich 3 Botaniker der Reihe nach 3 verschiedene Fichten mit dem Namen P i n u s a u s t r a l i s belegt haben, so ist doch sicherlich kein auch nur halbwegs Kundiger dariiber im Zwei- fel, dass heute darunter einzig die nordamerikanische, von Mi c hau x aufgestellte Art gemeint ist. Diesen Bescheid finden weniger gut unterrichtete Pharmaceuten ausnahmslos auch in allen Werken , an welche sie sich zu diesem Behufe etwa wenden mbgen. Schon vor

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50 Jahren h n n t e z. B. die d a d s ausgezeichneta und sogar heute noch oft brauchbare medicinisch - pharmacentische Flora von K o s t e l e t z k y nur jene eine Pinus australis.

Zu 7: Wenn gegen M e l i l o t u s o f f i c ina l i s die Einwendung erhoben wird, dass diese Angabe, ohne Autornamen, so ziemlich alle mitteleuropaischen gelbbliihenden Meliloten umfasse, so darf bemerkt werden, dass es sich eigentlich wohl nix um deutsche derartige Pflanzen handelt. Und solcher giebt es im ganzen - zwei, namlich M. officinalis Desrousseaux und M. altissimus Thuillier, also genau die von der Pharmacopoe vorgeschriebenen Stammpflanzen ihrer Herba Neliloti. Dass Schultes unter Melilotus altissiinus eine dritte, nkdich eine weissblilhende Art verstanden wissen wollto , kann fiir uns niclit in Betracht kommen, clenn die PharmacopGe fordert ausdriicklich gelbe Bluthen und liraftigen Wohlgeruch. Damit ist N. dtissimus S c h u l t e s (Synonym: M. alba Desrousseaux) bestimmt ausgeschlossen und mit vollem Rochte jede aromatische Form mit gelber Bliithe zugelassen, sei sie nun von den Systematikern so oder so getauft worden.

Zu 8: Die Berechtigung der Frage nach der Bedcutung der laconischen Q u e rc 11s R o b u r der Pharmacopae ist einzuraumen. 1st Q. Robur im urspriinglichen Sinne von LinnB, d. h. nilr als Stiel- eiche, gemeint oder ist Q. Robur hier in der iimfassendern Bedeu- tung mit DeCandolle als allc deutschen Eichen einschliessend ge- braucht? Dariiber giebt die Pharmacopoe freilich keine Auskunft ; wenn man aber die hiichst untergeordnete Rolle der Eichenrinde in der Pharmacie bedenkt, so kann davon keinc Rede sein, dass das pharmaceutische Gesotxbuch irgend einen Grund gehabt hltte , die Rinde einer bestimmten Form der in Deiitschland wachsenden Eichen auszuschliessen und eino andero zu bevorzugen. Auch ist niemand im Stande, die Rinden von Quercus pedunculata Ehrhart und Q. ses- siliflora Smith in den von der Pharmacopoe verlangten Altersstufen zu unterscheiden i n d ware dieses auch moglich, so bliebe es practisch ohne allen Belang ; der Gerbsauregehalt h h g t ohne Zweifel nicht von der aussern Gestalt der Eiche ab. Meines Erachtens spricht bei nur einiger Ueberlegung alles dafiir, dass die Pharmacopoe unter Q. Robur alle in Deutschland wild wachsenden k’ormen der Eichen versteht und mit Recht verstehen dad.

Ware es moglich, dass dieser Name missverstanden werden konnte ? Sollten die heutigen Systematiker

Also auch hier keine Unsicherheit!

Zu 9: L a c t u c a virosa.

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Quelle dor Hippmaure im Ham. 153

und Pharmaceuten in der Auffassung jenes Namens nicht genau ubereinstimmen? Zur Ehre der beschreibenden Botanik halte ich denselben fiir vollkommen sichergestellt und unzweideutig.

Zu 10: Verbascum phlomoides. Die Anforderungen der Pharmacopbe an die Wollblumen sind doch wohl bestimmt genug gefasst, um Verwechselungen und Missverstiindnisse auszuschliessen. Was das Sprengel’sche V. phlomoides betrifft, so dient mir zur Beruhigung, dass dasselbe in keinem Werke angefiihrt ist, welches hier irgend in Betracht kammen kann. Dasselbe fehlt sogar in der neuesten Monographie des Genus Verbascum von F r a n c h e t (ange- fithrt in meinor Pharmacognosie, p. 746.) Urn wieviel mehr werden w i r also S p r e n g e 1 ’ s Verbascum phlomoides ignoriren diirfen !

Zu 11: Ononis spinosa. Kbnnte es bei einem so gemeinen Strauche mSglich sein, den Namen anders zu verstehen als fin Sinne LinnB’s und der PharmacopSe? Auch hier darf Ononis spinoaa ,, Ha s s e 1 q u i s t ‘‘ ru hig der Vergessenheit ilberlassen werden, da sie, wie es scheint, gar nicht der europtiischen Flora angeh6rt. Was in ganz Mitteleuropa iiberall unter 0. spinosa verstanden wird, scheint mir ausser Zweifel zu sein.

Ich bin in den vorliegenden Bemerkungen nicht auf eine Wi- derlegung der von Herrn Geh. Rath (38ppert erhobenen, an sich ja ganz richtigen Einwendungen ausgegangen, nur begriinden meine Er6rterungen, wie ich denke, den Schluss, dass jene Einwiirfe gegen das Verfahren der Pharmacop8e nicht vie1 beweisen. Ich halta dafiir, dass dieselbe sehr wohl von dem allgemeinen Gebrauche der Autorennennung abgehen durfte; im Falle der Mentha crispa (und auch der If. piperita) ware die Angabe eines Autors sogar bedenk- lich gewesen, w%hrend allcrdings fur die iibrigen Pflanzen die Bei- fiigung der betreffenden Autoren ganz - harmlos gewesen wLe. (3erade darum konnte sie unterbleiben.

B. Nonatsber icht

Physiologische Chemie. Quelle der Hipyursliire im Earn von Dr. C. Schotten. Nachdem die Untersuchungen von Salkowski, Schultzen, Meissner, Shepard, Weyl und Anrep festgestellt haben, dass im Harne, sowohl eines hungernden Menschen, a h auch