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Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“ Erscheinungsjahr 2006 Regie: Pierre-Henry Salfati Eddy Rosner (ca. 1966) Vorbemerkungen: Eddie (auch: Adolf, Ady) Rosner war zwischen 1930 – 1976 einer der bekanntesten Jazzmusiker in Europa (Deutschland, Frankreich, Polen und der Sowjetunion). Er war Trompeter, Komponist, Arrangeur und Leiter von Big-Bands in verschiedenen Ländern. Das Leben des Jazzmusikers Rosner vereint die Schrecken von Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Der Musiker wurde 1910 in Berlin geboren und war jüdischer Abstammung. Sein musikalisches Talent wurde schon sehr früh entdeckt. Neben dem Besuch der Realschule war er Schüler am Stern’schen Konservatorium in Berlin, das als Talent-Schmiede galt. Dort begann der Junge 1916 eine Ausbildung auf der Violine, die 1927 an der Hochschule für Musik in Berlin mit großer Auszeichnung beendet wurde. Er wollte keine klassische Konzertkarriere einschlagen, sondern wandte sich dem Jazz zu. Deshalb wählte der Musiker sich auch die Trompete als weiteres Instrument aus, die er innerhalb kurzer Zeit meisterhaft

Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“...Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“ Erscheinungsjahr 2006 Regie: Pierre-Henry Salfati Eddy Rosner (ca. 1966) Vorbemerkungen: Eddie

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Page 1: Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“...Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“ Erscheinungsjahr 2006 Regie: Pierre-Henry Salfati Eddy Rosner (ca. 1966) Vorbemerkungen: Eddie

Bemerkungen zu „Le Jazzman du Goulag“

Erscheinungsjahr 2006

Regie: Pierre-Henry Salfati

Eddy Rosner (ca. 1966)

Vorbemerkungen: Eddie (auch: Adolf, Ady) Rosner war zwischen 1930 – 1976 einer

der bekanntesten Jazzmusiker in Europa (Deutschland, Frankreich, Polen und der

Sowjetunion). Er war Trompeter, Komponist, Arrangeur und Leiter von Big-Bands in

verschiedenen Ländern. Das Leben des Jazzmusikers Rosner vereint die Schrecken

von Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Der Musiker wurde 1910 in Berlin geboren und

war jüdischer Abstammung. Sein musikalisches Talent wurde schon sehr früh

entdeckt. Neben dem Besuch der Realschule war er Schüler am Stern’schen

Konservatorium in Berlin, das als Talent-Schmiede galt. Dort begann der Junge 1916

eine Ausbildung auf der Violine, die 1927 an der Hochschule für Musik in Berlin mit

großer Auszeichnung beendet wurde. Er wollte keine klassische Konzertkarriere

einschlagen, sondern wandte sich dem Jazz zu. Deshalb wählte der Musiker sich auch

die Trompete als weiteres Instrument aus, die er innerhalb kurzer Zeit meisterhaft

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beherrschte. Bereits 1928/1929 hatte er Engagements bei den „Weintraub‘s

Syncopators“. Festes Mitglied in dieser berühmten Band war der Trompeter dann

zwischen 1930 – 1933. Durch die Machtergreifung der Nazis wurde er aus

Deutschland vertrieben, suchte seine Jazzkarriere in Belgien und in Holland

fortzusetzen. 1935 ging Rosner wegen Visa-Problemen dann nach Polen. Von dort aus

unternahm der Emigrant bis 1938/1939 auch Tourneen ins europäische Ausland, so

z.B. nach Frankreich. 1939 emigrierte Eddie in die Sowjet-Union. Dort war er dann

Jazz-Star, Gulag-Häftling und wieder Musik-Star. 1973 emigrierte Rosner wieder nach

Berlin zurück, 1976 starb Rosner an einer Herz-Attacke dort.

Pierre-Henry Salfati hat 1999 einen Film in Englisch über den Musiker gedreht, der

im Jahr 2000 mehrere Filmpreise – darunter den Emmy Award für Dokumentarfilme -

erhielt. 2006 wurde der Film in Frankreich in französischer Sprache auf DVD

veröffentlicht. Diese Version wird hier besprochen. Gertrud Pickhahn/Maximilian

Preisler haben ein beeindruckend recherchiertes Buch über Eddie Rosner unter dem

Titel „Von Hitler vertrieben, von Stalin verfolgt – Der Jazzmusiker Eddie Rosner“

im be.bra-Wissenschafts-Verlag 2010 veröffentlicht. Für alle Jazz-Fans, die nicht der

französischen Sprache mächtig sind, ist dieses Buch als Lektüre zu empfehlen.

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Cover der DVD

Buch über Eddie Rosner

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Filminhalt: 1976. Der Dokumentarfilm beginnt mit Gedanken von Eddy Rosner über

sein Leben in der Sowjetunion (1939- 19713). Aus dem Off heraus hört man die

Stimme einer Sprecherin, die diese fiktiven Gedanken darlegt. Verwundert äußert sich

Eddie über seine Glanzzeit in Russland, in der er als „Zar – der Strauß des Jazz“ in

Russland bezeichnet wurde. Ein einfacher, jüdischer Trompeter ist so berühmt

geworden wie der Kaiser (Zar) und der Komponist Richard Strauss.

Wie gut seine neue Big-Band 1941 (zwei Jahre nach der Emigration in die Sowjet-

Union) war, zeigt dann der folgende Original-Filmausschnitt mit südamerikanischer

Musik. Messerscharfe Big-Band-Klänge, pulsierende Rhythmen, tolle Soli-Einlagen

und komödiantisches Können kennzeichnen die Band in Russland. Einfach gut sind

auch die Tricks der russischen Filmer, die dieses Showkonzert abgelichtet und

trickreich montiert haben.

Die älteste Tochter von Eddie Rosner – Erika Rosner-Kovalick – gibt einen kurzen

Einblick in die jungen Jahre des Trompeters. Er spielte im Alter von 19 Jahren bereits

mit den „Weintraub‘s Syncopators“ zusammen. Die „Weintraub´s“ faszinierten das

damalige Berlin durch ihre musikalische und stilistische Vielseitigkeit. Musikalische

Genies wie Friedrich Hollaender, Paul Abraham oder Franz Wachsmann (späterer

zweimaliger Oscar-Gewinner für Film-Musik) waren Mitglieder der Syncopators.

Klassik-Parodien, lateinamerikanische Tänze, Wiener Walzer, französische Kabarett-

Chansons, aber vor allen Dingen Swing und Chicago-Jazz wechselten einander ab.

Komödiantische Einlagen der Bandmitglieder, Verkleidungen, schmissige Musik und

Nonsens-Texte (Mein Gorilla hat ne Villa im Zoo, Ich kauf mir eine Rakete usw.)

waren Kennzeichen der Band. Mit der Gruppe war Rosner 1932 im Rahmen von

Schiffsreisen, die eine Reederei durchführte, als Konzert-Band auch in Amerika. Das

Trompetenspiel des jungen Mannes war einer der Höhepunkte der Konzerte der

Weintraub´s, besonders seine Fähigkeit, zwei Trompeten gleichzeitig zu spielen.

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Eddie Rosner (mit Violine) bei einem Konzert auf dem Überseedampfer

„Hamburg“ mit den Weintraub Syncopators

Übrigens haben Jörg Süßenbach/Klaus Sanders im Jahr 2000 einen Dokumentarfilm

mit dem Titel „Bis ans andere Ende der Welt – Die Geschichte der Weintraub’s

Syncopator’s“ gedreht. Sollte ich diesen Film auf DVD bekommen, – er lief bei ARTE

und dem WDR - werde ich ihn mit Vergnügen besprechen. Ich wollte immer schon

genauer wissen, woher Max Raabe und das Palastorchester einen Teil ihrer

Inspirationen her haben.

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Weintraub’s Syncopator’s mit Freunden in Stuttgart, Eddie Rosner vorne links mit

hellem Trenchcoat 1931 (Quelle: be-bra Wissenschaftsverlag)

Zu den Schreckensbildern der Machtergreifung Hitlers und den Hass-Tiraden seines

Propaganda-Ministers Goebbels erzählt die Sprecherin einen Teil der

Lebensgeschichte des Jazz-Stars. Interessant ist die Anekdote wie der Name Eddie

zustande kam. Gebürtig war er als Adolf Rosner, doch 1933 wollte er nicht wie der

Mann heißen, der bereits die Ideen der Judenverfolgung propagiert hatte und den Jazz

als entartet bezeichnete. Deshalb der Namenswechsel.

1928 – 1933 unternahmen die Weintraub’s viele Tourneen durch Europa, so z.B. durch

Skandinavien, Belgien und Frankreich. In Brüssel kam es zum Zusammentreffen mit

Louis Armstrong, der damals dort tourte. In mehreren Jazz-Lokalen unterhielt man

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sich. Louis widmete Rosner ein Foto mit der Bemerkung, dass er in Europa keinen

besseren Trompeter getroffen hätte und bezeichnete ihn als „den weißen Louis

Armstrong“. Etwa 1933 trennten sich die Wege der Weintraub’s und Eddie. Er spielte

weiterhin in Belgien und Holland mit verschiedenen Gruppen, ging dann aber nach

Visa-Schwierigkeiten nach Polen, wo er eine neue Band in Krakau aufbaute. Mit

Mitgliedern dieser Band ging Rosner auch auf Tournee 1936 nach Frankreich, wo er

für die amerikanische Firma Columbia auch acht Jazztitel aufnahm. Es könnte auch

sein, dass es zu einem Treffen mit Django Reinhardt kam.

Etwa 1938-1939 lernte der Trompeter seine spätere erste Frau Ruth Kaminska kennen,

die die Tochter der polnischen Filmschauspielerin Ida Kaminska war, die in einem

kurzen Filmausschnitt porträtiert wird.

Im September 1939 wurden die Schrecken des Hitler-Regimes auch in Warschau

spürbar, wo Eddie zu dieser Zeit spielte und wohnte. Im Nachtclub „Esplanade“

überstand er gemeinsam mit seiner Freundin Ruth die Bombardierung von Warschau

unter einem Piano. Mit einigen seiner Bandmitglieder, seiner frisch angetrauten

Ehefrau und ihrer Familie machte sich der Bandleader bald darauf auf, Polen zu

verlassen und nach Russland zu emigrieren. In Belorussland (heute : Republik

Weißrussland mit der Hauptstadt Minsk) erhielt der Emigrant vom jazzbegeisterten

ersten Sekretär Ponomarenko der kommunistischen Partei den Auftrag ein staatliches

Jazzorchester zu gründen. Mitglieder des Orchesters waren geflohene deutsche und

polnische Musiker, aber auch russische Musiker zählten zur Band, die der Leiter in

Nacht-/Jazzclubs rekrutierte. Der russische Funktionär stellte dem Orchester einen

Luxuszug zur Verfügung, damit die Band von Ort zu Ort reisen konnte, um ihre

vaterländischen Pflichten als Truppenbetreuer nachzukommen. Das Repertoire

bestand aus Jazzstücken wie „Caravan“, „Tiger Rag“ oder dem „St. Louis Blues“.

Daneben wurden natürlich russische Weisen und eigene Kompositionen von Rosner

jazzmäßig integriert. Im Rahmen ihrer Tourneen gab man auch für Stalin in Sotschi

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als einzigem Zuhörer ein Konzert, das den Wohlgefallen des Diktators fand. Mit

Eddie Rosners Band erreichte die Swing-Musik in der UdSSR ihren Höhepunkt

Fotos des Eddie Rosner-Orchesters in der Sowjet-Union

Große Einschnitte kamen während des Krieges auf Eddie Rosner zu. Zwölf seiner

Musiker (von 26 Musikern) schlossen sich der sogenannten Anders-Armee an, um

Polen von den Faschisten zu befreien. Im privaten Bereich ist zu erwähnen, dass seine

erste Tochter Erika geboren wurde.

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Der Bandleader musste sich neue Musiker suchen, damit er auftreten konnte. Mit

Hilfe seines Gönners Ponomarenko gelang es ihm, verschiedene exzellente russische

Jazz-Musiker in das Ensemble zu integrieren. Mit diesem neuen Orchester trat Rosner

in ganz Russland auf, aber auch vor amerikanischen Soldaten spielte er Konzerte. 1945

spielte die Band bei Kriegsende vor einem begeisterten Publikum in Gorki-Park in

Moskau. Bis 1946 hielt der Erfolg an.

Doch die politische Situation in Russland hatte sich entscheidend gewandelt. Aus der

Waffenbrüderschaft Russland mit Amerika entwickelte sich langsam eine Feindschaft.

Fremden und ausländischen Kulturangeboten wurde in der Sowjet-Union mit

Misstrauen begegnet. In der Regierungszeitschrift Izvestija erschien ein Artikel, in

dem Rosner persönlich angegriffen wurde. Der Trompeter wurde als drittklassiger

Zirkus-Musiker bezeichnet. Die Jazz-Standards, die gespielt wurden, erschienen nicht

mehr zu der russischen Kultur zugehörig. Seine Musik wurde als Schund bezeichnet.

Zitat: „Das sowjetische Volk fordert von der Kunst gedanklichen Ideenreichtum,

wahre Meisterschaft. Auf sowjetischen Bühnen hat Abgeschmacktes und Billiges

nicht zu suchen….

Ein ehemaliger KGB-Mitglied –Vladimir Vinogradov – erklärt die Politik und den

Zeitgeist der damaligen Nachkriegsepoche. Zitat: „Zu dieser Zeit gab es in Russland

eine Kampagne gegen den Kosmopolismus, gegen den westlichen Einfluss im

Allgemeinen. Dies hatte nicht nur Auswirkungen auf Politik und Ideologie

sondern auch in der Kunst“.

1946 versuchte Rosner mit seiner Familie nach Polen auszureisen. Dies wurde als

Fluchtversuch und Landesverrat gewertet. Daraufhin wurde er zu zehn Jahren

Lagerhaft in einem Gulag verurteilt. Dort durchlief der Sträfling die Lager in der

Region Chabarvork, dann im Gebiet Komsomolsk am Amur und dann in der Region

Magadan. Aber der Musiker hatte Glück im Unglück. In jedem der genannten Lager

konnte er mit anderen Häftlingen in Musik-Combos spielen. Eddie brauchte keine

körperlich schweren Straf-Arbeiten verrichten. Im Gegenteil, er konnte sich auf die

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Musik konzentrieren und hatte bessere Lebensbedingungen als die meisten anderen

Lagerhäftlinge. Zeitzeugen und ehemalige Freunde von Rosner in den verschiedenen

Gulags erzählen im Film von den Schrecken der Lagerhaft. In einem solchen Gulag in

Magadan lernte Rosner dann eine neue Lebensgefährtin – Marina Bojko - kennen, die

ihm 1953 eine weitere Tochter schenkte.

Lagerfotos von Eddie Rosner

Im März 1953 verstarb Stalin, der soviel Leid über die Sowjet-Union gebracht hatte.

Für Eddie Rosner war der Tod des Diktators ein Glücksfall. Im Mai 1954 wurde

Rosner nach achtjähriger Haft entlassen. Der Musiker erhielt auch seinen Ehrentitel

„Verdienter Künstler der Belorussischen Sowjetrepublik“ zurück. Nach Moskau

zurückgekehrt, gründete der Trompeter eine neue Big-Band. Der damalige

Schlagzeuger – Boris Matveev – der Band gibt rückblickend eine Zusammenfassung

und Würdigung des Dirigenten. Zitat: „ Eddie hatte auf Grund seines

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Geburtsdatums (1910) nie die Chance sein Genie zu beweisen. Für mich ist er einer

der größten Musiker des 20. Jahrhunderts. Leider waren die Zeiten so“. Die Klasse

seines Orchesters zeigen Originalaufnahmen aus dem Jahr 1966. Auffällig ist seine

musikalische Nähe in diesem Filmausschnitt zu Count Basie, obwohl das Orchester

ganz anders besetzt ist. In den sechziger Jahren kam es auch zur Begegnung mit

Benny Goodman in der Sowjetunion (vgl. die Besprechung des Dokumentarfilmes

„Jazz für die Russen“).

Eddie Rosner 1966 mit seinem Orchester

Der Ruhm Eddie Rosner begann allmählich zu verblassen, da die musikalische

Entwicklung in andere Richtungen tendierte und die politische Förderung seines

Orchesters nachließ. Der Trompeter erhielt einige kleinere Nebenrollen in russischen

Filmen. Ende der sechziger Jahre begann er Ausreiseanträge mit dem Ziel

Deutschland zu stellen. Erst 1973 wurde seine Ausreise für einen Besuch seiner in den

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USA lebenden Schwester Erna genehmigt. Dabei war auch ein sechstägiger Aufenthalt

in Berlin erlaubt worden. Diesen Aufenthalt nutzte er, um in der Bundesrepublik

Deutschland zu bleiben. Eine Auseinandersetzung mit den deutschen Behörden um

Rente und Entschädigung begann. In dem Buch von Pickhan/Preisler sind diese

entwürdigenden Vorgänge akribisch dokumentiert. Versuche ein neues Orchester

aufzubauen und ein Musiklokal zu eröffnen scheiterten. Der Trompeter starb am 8.

August 1976 an den Folgen einer Herz-Attacke.

Anmerkungen K.H.:

Ein bewegender, hoch interessanter Film. Auf Youtube ist eine Vielzahl von Clips mit

Eddie Rosner eingestellt. Leider sind viele Texte und Erläuterungen in Russisch

geschrieben, das ich nicht beherrsche. Bei Amazon finden sich einige

Schallplattenaufnahmen des vom Schicksal so gebeutelten Musikers.

Auf der DVD sind verschiedene Ausschnitte von Musikstücken der verschiedenen

Eddy Rosner Bands zu hören, u.a. Saint Louis Blues (W.C. Handy), Goodbye Love

(Eddie Rosner), Midnite in Harlem (Larry Clinton), Caravan (Juan Tizol, Duke

Ellington), On the sentimental side (johnny Burke), Take your pick and swing

(Jimmy Kennedy, Michael Carr) oder Blue Prelude (Joe Bishop, Gordon Jenkins).

Bei meinen Jazzkollegen im Saarland gibt es tatsächlich einen Musiker, der in der

Sowjetunion 1970 – 1973 bei Eddie Rosner gespielt hat. Ich hoffe demnächst ein

Interview mit ihm hier zu publizieren.