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Sammelreferat BEMERKUNGEN ZU EINIGEN NEUEN PUBLIKATIONEN UBER DIE DIFFERENZIERUNG DER EIZELLE von $EOSEF SPEK (Heidelberg) Eingegangen ara 15. September 1938 In diesem Artikel hube ieh nicht die Absicht, rein referierend alle die neueren Beobaehtungen iiber die Differenzierungsvorg/~nge in doe Eizelle zu- sammenzutragen, wie wir dus in unseren Sammelreferaten zu machen pflegen. Zu einem Sammelreferat dieser Art ist der Zeitpunkt nicht giinstig, da manche wichtige Diskussionen liber dus Thema erst vor kurzem uu worden sind und sich noch nicht richtig auswirken konnten. Ich mSchte vielmehr in diesem Aufsatz zu Ausfiihrungen anderer Autoren iiber die Ph~nomene der Differenzierung der Eizelle, insbesondere der bipolaren Differenzierung SteUung nehmen, in denen meine diesbeztiglichen Ansichten und Versuche zum Teil in ganz verzerrter Form wiedergegeben worden sind. Insbesondere die polemischen Er6rterungen, die E. l~ie s in seiner Histophysiologie ~) iiber die Differenzierungs- vorg~nge bringt, seheinen mir in wesentlichen Punkten eines Kommentars zu bediirfen. Ehe wir auf die Diskussion der Hauptfragen der bipolaren Differenzierung eingehen, m5chte ich kurz noch eJnige Punkte einer neuen Arbeit von E. Ries 2) besprechen, die sich aueh mit dem Differenzierungsproblem besch/~ftigt. Ries versuchte die Probleme hier von einer anderen, mehr ehemischen Seite anzu- packen. Er probierte an tierischen Eiern vor und nach der Befruchtung, sowie an i~lteren Entwicklungsstadien eine Reihe histochemischer Reaktionen aus, suchte, soweit diese Reaktionen positiv ausfielen, nach Beziehungen zwischen ihnen bzw. ihrer Lokalisation und ihrem zeitlichen Auftreten und den Ph/s menen der Differenzierung und nach kausalen Zusammenh~ngen zwischen den dureh dioe Reaktionen angezeigten chemisehen Vorg/~ngen. Er versuchte Vitamin C in den Eiern mit Hilfe der Reaktion von A. Giroud und E. P. Leblond, Gluta- thion mit Nitroprussidnatrium, Peroxydasen mit der Benzidinreaktion von M. Prenant, Oxydasen (bzw. ,,Phenolasen") mit a-Naphtol und Dimethyl- paraphenylendiamin nachzuweisen und fiihrte auch seine Boe iiber die Wiederf/~rbung von Leukobasen von Farbstoffen in den Zellen und die Ent- f/~rbung reduzierbarer Farbstoffe weiter fort. Ausgefiihrt wurden die Reaktionen an Eiern und Entwicklungsstadien von Chaetopterus variopedatus, Platynereis dumerilii, Aplysia limacina, Pleurobranchaea meckeli, Paracentrotus lividus und Ciona intestinalis. Man sieht, dal~ es sich bel den ~ngewandten Reaktionen zum Teilum fermentehemisehe Reaktionen handelt. Die differente Vertei]ung der Fermente in den sieh differenzierenden Organismen ist ein Ph/s welehem der Ent- wieklungsphysiologe sieher die grSBte Beaehtung sehenken muB. Theoretisehe i) E. Ries, Histophysiologie. Akad. Verlagsges. Leipzig, 1938. 3) E. Ries, Publieazioni della Stazione Zoologiea di ~apoli 1937.

Bemerkungen zu Einigen neuen Publikationen über die Differenzierung der Eizelle

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Sammelreferat

BEMERKUNGEN ZU EINIGEN NEUEN PUBLIKATIONEN UBER DIE DIFFERENZIERUNG DER EIZELLE

von $EOSEF SPEK (Heidelberg)

Eingegangen ara 15. September 1938

In diesem Artikel hube ieh nicht die Absicht, rein referierend alle die neueren Beobaehtungen iiber die Differenzierungsvorg/~nge in dœ Eizelle zu- sammenzutragen, wie wir dus in unseren Sammelreferaten zu machen pflegen. Zu einem Sammelreferat dieser Art ist der Zeitpunkt nicht giinstig, da manche wichtige Diskussionen liber dus Thema erst vor kurzem uu�9 worden sind und sich noch nicht richtig auswirken konnten. Ich mSchte vielmehr in diesem Aufsatz zu Ausfiihrungen anderer Autoren iiber die Ph~nomene der Differenzierung der Eizelle, insbesondere der bipolaren Differenzierung SteUung nehmen, in denen meine diesbeztiglichen Ansichten und Versuche zum Teil in ganz verzerrter Form wiedergegeben worden sind. Insbesondere die polemischen Er6rterungen, die E. l~ie s in seiner Histophysiologie ~) iiber die Differenzierungs- vorg~nge bringt, seheinen mir in wesentlichen Punkten eines Kommentars zu bediirfen.

Ehe wir auf die Diskussion der Hauptfragen der bipolaren Differenzierung eingehen, m5chte ich kurz noch eJnige Punkte einer neuen Arbeit von E. R i e s 2) besprechen, die sich aueh mit dem Differenzierungsproblem besch/~ftigt. R i e s versuchte die Probleme hier von einer anderen, mehr ehemischen Seite anzu- packen. Er probierte an tierischen Eiern vor und nach der Befruchtung, sowie an i~lteren Entwicklungsstadien eine Reihe histochemischer Reaktionen aus, suchte, soweit diese Reaktionen positiv ausfielen, nach Beziehungen zwischen ihnen bzw. ihrer Lokalisation und ihrem zeitlichen Auftreten und den Ph/s menen der Differenzierung und nach kausalen Zusammenh~ngen zwischen den dureh diœ Reaktionen angezeigten chemisehen Vorg/~ngen. Er versuchte Vitamin C in den Eiern mit Hilfe der Reaktion von A. G i r o u d und E. P. L e b l o n d , Gluta- thion mit Nitroprussidnatrium, Peroxydasen mit der Benzidinreaktion von M. P r e n a n t , Oxydasen (bzw. ,,Phenolasen") mit a-Naphtol und Dimethyl- paraphenylendiamin nachzuweisen und fiihrte auch seine Bœ iiber die Wiederf/~rbung von Leukobasen von Farbstoffen in den Zellen und die Ent- f/~rbung reduzierbarer Farbstoffe weiter fort. Ausgefiihrt wurden die Reaktionen an Eiern und Entwicklungsstadien von Chaetopterus variopedatus, Platynereis dumerilii, Aplysia limacina, Pleurobranchaea meckeli, Paracentrotus lividus und Ciona intestinalis.

Man sieht, dal~ es sich bel den ~ngewandten Reaktionen zum Teilum fermentehemisehe Reaktionen handelt. Die differente Vertei]ung der Fermente in den sieh differenzierenden Organismen ist ein Ph/s welehem der Ent- wieklungsphysiologe sieher die grSBte Beaehtung sehenken muB. Theoretisehe

i) E. Ries, Histophysiologie. Akad. Verlagsges. Leipzig, 1938. 3) E. Ries, Publieazioni della Stazione Zoologiea di ~apoli 1937.

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Betrachtungen hat man dartiber schon vielfach angestellt, aber das Ausschlag- gebendœ w/~re nattirlieh, zun/~chst einmal gesiehertes experimentelles Tatsachen- material zusammenzutragen. Im besonderen verdient sicher auch alles, was sich fiber die Oxydations-Reduktionsvorg/~nge in der Zelle ermitteln 1/~l~t, die grSgte Beachtung, ebenso die Beziehungen zwischen diesen Prozessen und dem Vorkommen von Glutathion und Vitamin C. Man darf nur bei den ,,histoehemi- schen Reaktionen" nie die prinzipie]le Frage aus den Augen lassen, welche Beweiskraft man den Reaktionen zuschreiben darf, und ob man - - ein noch heiklerer Punkt - - aus einer Lokalisation der I~eaktionen in den Zellen sehr weitgehende Schliisse ziehen darf. So ist z. B. die Reaktion auf Vitamin C an sich gewig keine spezifische Reaktion auf die Askorbins/~ure, weil andere Sub- stanzen von ~hnlichem Reduktionsverm5gen die essigsaure LSsung des Silber- nitrats auch sehw/~rzen miigten. Ob solche Substanzen in den Zellen vorhanden sind oder nicht, kann man, zumal in Zellen, die ein kompliziertes Gemisch von nicht analysierten Dottersubstanzen enthalten, nicht im voraus wissen, sondern mur auf zum Teil recht umst/~ndlichen Umwegen empiriseh ermitteln. A. G i r o u d und C. P. L e b l o n d , welche die Reaktion ausgearbeitet haben, konnten durch eine Serie von Kontro]len sœ wahrscheinlich machen, da6 bei i h r e n Obj e k t e n die Reduktion der anges~uerten l0 proz. SilbernitratlSsung unter den Bedingungen des Versuches wirklich dureh Vitamin C verursaeht war. Solehe Kontrollen hat aber R ies an seinen Objekten t~berhaupt nicht ausgefiihrt, und sie mti6ten meiner Ansicht nach schon deswegen bei jedem Objekt aufs neue wiederholt werden, weil aueh die Umsts unter denen sieh die Reaktion abspielt, in jeder Zelle andere sind. So wfirde z. B. schon eine lokale Neutralisation der Essigs/~ure des Reagens durch a]kalische Zellsubstanzen einen wesentlichen Punkt des Gi roudschen Rezeptes in Frage stellen. Ein einziger Kontrollversuch, der auf a n d e r e m Wege zeigen wiirde, dag wirklich Vitamin C in den bœ Zellen enthalten ist, wiirde aueh den Riesschen Befunden eine ganz andere Beweiskraft verleihen.

Tritt die t~eduktion des Silbernitrats lokalisiert an gewissen Zellstrukturen, wie z. B. dem Chondriom der bœ Zellen auf, so glauben G i r o u d und L e b l o n d 1) selbst, dag diese Lokalisation nur sekund~r zustande gekommen ist. Primer dtirfte ihrer Meinung nach das Vitamin C diffus im Protoplasma verteilt sein. Jene Ze]lstrukturen halten sie nur fiir ,,un point d'appel pour le d›244 de l 'argent reduit".

Xhnliche Erw/~gungen mtissen wir liber die Beweiskraft einer Lokalisation von fermentehemisehen Reaktionen auf bestimmte Zellstrukturen anstellen. Besitzen n/tmlich diese Strukturelemente (etwa Granula) ein starkes Adsorptions- verm6gen, dann kSnnen sie entweder sehon das angewandte Reagens, oder dann die etwa durch die Oxydationswirkung der Fermente entstandenen gefgrbten Substanzen, selbst wenn diese prim/tr tiberall in der ganzen Zelle entstehen wiirden, ira Augenblick vollst/tndig an sieh reigen. Die Saehlage ist dann etwa so, wie wenn man zu einer LSsung dieser Substanzen im Reagenzglas etwa SiO 2 bringen wiirde. Im Augenb]ick wiirde der Farbstoff aus der L6sung verschwinden und die Si02-Broeken intensiv anf/~rben. Solange der Farbstoff in der Zelle diffus verteilt u n d n o e h n i e h t a d s o r b i e r t i s t , kann man ihn bei den in Frage kommenden Konzentrationen jedenfalls iiberhaupt nicht sehen. Das bat l~ies bel sœ Uberlegungœ nieht bedaeht. Wiirde der Farbstoff in diffuser Verteilung adsorbiert werden, dann wiirde diese diffuse Speicherung wahr-

1) A. Giroud et C, P. Leblond, C. r, Soc, de Biol. 115, S, 706 (1934).

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scheinlich aueh nieht mehr in eine lokalisierte iibergehen. Der Einwand von A. Ch. H o l l a n d e (1924) u. a., den R i e s widerlegen zu k6nnen glaubte, besteht also jedenfalls zu Recht. J a ich mSchte sogar glauben, da6 Zellen, die wie die Aplysia-Eier so stark adsorbierende Granulen besitzen, zum Nachweis der normalen Verteilung der in Frage kommenden Fermente ira Protoplasma mit den erw~hnten Reaktionen iiberhaupt unbrauchbar sind.

R i e s konnte den Befund von M. A. H e r w e r d e n , dag die Oxydase- reaktion (Bl~uung durch das entstehende Indophenolblau) an den befruehteten Seeigeleiern intensiver ausf~]lt als an den unbefruchteten, best/~tigen. An seinem ]~[aterial scheint der Untersehied noch viel auffs gewesen zu sein. Aueh hier hat aber J. R u n n s t r S m 1) sehon 1930 mit Reeht den Einwand gemaeht, dag die sts Bls nicht von einer Vermehrung der Oxydase herzuriihren braueht, sondern wahrscheinlieh nur die Auswirkung der sts Adsorption aller basisehen Farbstoffe naeh der Befruchtung ist. Auf die zitierte griindliche Arbeit von J. R u n n s t r S m mit ihrem weit ausholenden Programm m6chte ich hier besonders aufmerksam maehen, denn sie zeigt so recht, wie wenig eigent]ich al]e die auch von R i e s angewandten Reaktionen auf Fermente an sich besagen, wenn man sie nicht im Rahmen von nach allen Riehtungen ausgebauten zell- physiologischen Versuchen betrachtet.

Die Peroxydase- (Benzidin-) Reaktion erscheint in den Aplysia-Eiern auf die Sehollen des Eiweigdotters, bel den Ciona-Eiern in besonders auff/~lliger Weise auf die bel Cynthia gelb granu]ierten Eibezirke bzw. Zellen lokalisiert. Aueh bel Bewertung dieser ]etzterw~hnten Lokalisierung stogen wir auf die gleiche Schwierigkeit wie bei den anderen Reaktionen. Denn auch bei den Ascidien-Eiern weig man, dag in den erws Zellen, we]ehe die Benzidin- Reaktion geben, spezifische Substanzen enthalten sind, welche die Reagentien bzw. die Reaktionsprodukte nur zu adsorbieren brauchen, um das von R i e s beschriebene Bild entstehen zu lassen.

I m einzelnen mSchte ich die R iessehen Versuche hier nicht besehreiben; eine genauere Beurteilung derselben ist nur bel Beriicksichtigung der Begleit- umsts der Versuche und des Illustrationsmaterials m6glieh. Ich m6ehte daher den Leser ausdriicklieh auf die Originalarbeit verweisen.

Nur zu einigen Punkten wi]l ieh hier noeh von allgemeineren entwicklungs- physiologisihen Gesiehtspunkten Stellung nehmen. In den Eiern der opistho- branchen Schnecke Aplysia b]eibt, wie erws die starke Schw~rzung dureh Silbernitrat (Vitamin C-Reaktion) auf die sogen. Speichergranula, die in einer Sehieht quer zur Ei-Achse liber dem Aquator angeordnet sind, loka]isiert. Da bei den Eiern einer anderen opisthobranehen Schneeke (Pleurobranchaea) die Vitamin C-Reaktion negativ bleibt, aber die gleiehen Organe angelegt werden, wird man einer etwaigen entwicklungsmeehanischen Bedeutung der erw~hnten ]okalisierten Reaktion mit Skepsis gegeniiberstehen.

Hs man alle die bel Aplysia-Eiern festgestellten loka]isierten Reaktionen zusammen, dann ergeben sie eine hiibsche Demonstration des Teilphs der bipo]iren Differenzierung, auf welches ich immer wieder hingewiesen habe, dag ns durch sie im Ei eine Reihe von Querzonen entsteht, von denen jede spezifische stoffliche Eigenschaften hat. Wenn die Reaktionen, welehe die paral]el zum Aquator iibereinanderliegenden Etagen von Granulen geben, chemiseh vielleieht auch nieht das bedeuten sollten, was R i e s glaubt, so bleibt auf alle Fs eine physikalisehe Spezifits derselben tibrig, welehe dureh die

1) J. I~unnstr6m, Protoplasma, 10, 137 (1930).

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Riesschen Figurœ 4, 7 B, 9 und 11 in der markantesten Weise demonstriert wird. R i e s schenkt diesen Gesetzm/iBigkeiten kaum Beachtung. Sowie das Thema der bipolaren Differenzierung angeschnitten wird, dann will es ihm nicht mehr gelingen, den Tatsachen gereeht zu werden. - - Eine andere Erkl~rung dieser auff~lligen Ordnung in den Eizellen kann dabei wœ er, noch sonst jemand zurzeit geben.

In seiner oben zitiertœ Arbeit (1937) und seinem Bueh bringt R i e s immer wieder vor, dal? doeh das ursprfingliche geometrisch einfaehe, symmetrische Bild der bipolar differenzierten Eizellen sp/iter gar nieht mehr unvœ erhMten bleibt, dag sp/~ter sekund~re Verschiebungen und Verlagerungen der ausgesonderten Substanzen entstehen, oder dag das Gesamtbild der Differen- zierung bel manchen Eiern, wie etwa denen der Aseidien ein kompliziertes Mosaik darstellt, an welehes man mit dem ein�9 Sehema einer bipolaren Dif�9 zierung gar nieht herankomme. Aber wer die Entwieklungsgeschiehte der ver- sehiedenen Typen von Eizellen mit bipolarer Differenzierung kennt, konnte doch aueh niemals erwarten, dag bel der immer weiter fortschreitenden Auf- teilung der gesetzm~gig auseinandergewanderten Eisubstanzen auf oft sehr in/tquale Tochterzellenpaare und den eigenartigen Zellverlagerungen der ur- spr/ingliehe Verteilungsmodus iiberall unver~ndert erhalten bleiben werde, so dal~ er dann mn Ende aller Verlagerungen immer noeh der gleiehe ist wie ira ungeteilten Ei. So œ Vorstellung ist ja aueh von niemandem vertreten worden.

Die unersehSpfliehe Reihe von Variationen, in denen sieh die bipolare Differenzierung bei den Eiern der versehiedenen Tiere darbietœ ist eine ganz grandiose Seite des Phgnomens. Die groBe MannigfMtigkeit kommt zungchst sehon dadureh zustande, dag qualitativ so versehiedenartige Zellstoffe wandern, und dag die Mengenverh/~ltnisse der wandernden Substanzen von FMI zu FM1 andere sind. Aber hierzu kommen ]a sp/~ter sieher noeh andere modifizierende Faktoren, die dann die Endergebnisse der Differenzierung so sehr divergieren lassen. Dag solehe sekund/~re Modifikationen existieren, sprieht in keiner Weise gegen die Bedeutung der bipolaren Differenzierung selbst, denn wenn nieht zuerst einmal diese eine sehr gesetzm/~gige Ausgangssituation schaffen wfirde, dann wtirden die modifizierenden Faktoren wohl tiberhaupt keine Bedeutung erlangen.

Wie gesetzm/~gige Umwaehsungen von Gruppen der Zellen mit saurera und alkalischem Protoplasma kausal indirekt mit den Ph~nomenen der bipolaren Differenzierung zusa.mmenh/ingen k6nnen, habe ieh an Vorg/tngen bel Schwamm- larven gezeigt:).

Zwisehen der bipolaren Differenzierung und der Riehtung, sowie dem ganzen System der Furehungsebenen konnte bisher noeh keine Beziehung ge- funden werden. Sic kSnnen den sieh bipolar differenzierenden Zellk6rper in allen Richtungen durehsehneiden. Das Furehungsmosaik ist ja aber fiir d e n definitiven Ausgang der Entwieklung nieht das Entseheidende. Das haben ja sehon die Versuehe der alten Entwieklungsmeehaniker zur Geniige gezeigt.

Beziiglieh des komplizierten Differenziœ der Ascidien-Eier ist R i e s w. e. der Ansieht, dag dieses mit einer bipolaren Differenzierung kaum etwas gemein habœ k6nne. Aber ob das Differenzierungsbild des Aseidien Beziehungen zu einer bipolaren Differenzierung aufweist, und wie weit diese Beziehungen gehen, kann doeh R i e s gar nieht entseheiden, ohne aueh nur untersucht zu haben, ob eine bipolare Differenzierung bei Ascidien-Eiern iiber-

1) J. Spek, Protoplasma 30, 352 (1938).

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haupt vorkommt und wie sie verls Ieh habe in den letzten Woehen meines Aufenthaltes an der Biologischen Station in Woods Hole, Mass. im Jahre 1933 aueh Untersuehungen an den Eiern von Cynthia (Styœ partita, dem klassisehen Objekt von E. G. C o n k l i n begonnen, die aber leider nicht mehr zu Ende gefiihrt und aueh seither nieht wieder aufgenommen werden konnten. Das eine wiehtige Ergebnis hat ten sie aber schon gezeitigt, da6 auch bel dem Cynthia-Ei die Ursache der tiefgreifenden Umgruppierung der vorher konzentriseh verteilten Eisub- stanzen naeh der Reifung einœ scharf aasgeprs bipolare Differenzierung ist, die wieder in der Weise zustande kommt, daB alkalische Substanzen, die sp~ter das Ektoderm liefern, naeh dem Richtungsk6rperpol wandern, wiihrend der saure Dotter naeh dem gœ Pol verlagert wird. Die fibrigen Substanzen von mittlerem p l i kommen in die Xquatorzone zu liegen. Die Kom- plikation gegenfiber dem ein�9 Verlauf einer bipolaren Wanderung von Eisubstanzen besteht darin, da6 sich aus irgendeinem Grunde die letzterw~hnten Substanzen der Aquatorzone nieht in einer gleiehm~LBigen, dureh den ganzen Eik6rper gehenden Querzone ausbreiten k6nnen, sondern von der Oberfl/~ehe her nur in Form des bekannten naeh einer Seite spitz auslaufenden Keils in das Eiinnere vorspringen. Eine eindeutige Erkl~rung kann ich hierftir noeh nieht geben. Ich mSehte jetzt nur anftihren, daB uns bœ der Sto�9 ira Cynthia-Ei insofern ein neuœ Faktor entgegentritt, als die Substanzen des gelben Hofes mit den Substanzen ihrer neuen Umgebung nicht ohne weiteres mischbar sind, und daher zwisehen ihnen und der Umgebung GrenzflAehen entstehen. Das hat zur Folge, da6 die kolloiddispersen Teilchen des gelben Bezirkes nieht frei nach diesem oder jenem Pole wandern k6nnen. Wahrschein- lieh werden die ,,Keile" passiv geformt durch Zusammendr~ngung der frei beweglichen alkalischen und sauren Kolloide tiber und unter ihnœ Es miigte auch erst festgestellt werden, oh die Viskosit/~t des Substrates, in dem sieh die Wanderung der Eisubstanzen bel der bipolaren Wanderung vollzieht, in allen Regionen des Eies gleieh ist. W/~re sie im Zentrum des Eies oder auf der einen Seite gr6ger, so miigte das zu einer erhebliehen Alteration des normalen Brides einer bipolarœ Differenzierung ftihren. Meine Untersuehungen waren damals kaum begonnen. Das Resultat steht aber lest, daB gesetzm~Bige Zu- sammenh/~nge zwisehen der bipolaren Differenzierung und dem von R i e s er- 6rterten Differenzierungsmosaik sehr wohl bestehen.

Bei meinen Vitalfs an sieh differenzierenden tierisehen Eiern bin ieh nieht einfaeh darauf ausgegangen, neue Differenzierungsbilder zu entdeeken. Wenn wir an bestimmten Entwieklungsstadien der Tiere zeigen kSnnen, dag sehon vor den ara ungefs Pr~parat erkennbaren Differenziœ an@re Differenzierungen mit Vitalf/~rbungen nachweisbar sind, so ist das allein meiner Ansieht naeh noeh ein sehr geringer Gœ solange wir sowohl das gef~rbte, Ms aueh das ungef~rbte Differenzierungsbild nieht erkls kSnnen. ErSffnet uns dagegen die Vitalf~rbung irgendwie einen Einbliek in die ehemisehen oder physikalisehen Gesetzm/~gigkeiten der Differenzierung, dann wird damit ihre Bedeutung sehon unvergleichlieh grS6er; und da ieh bei meinen Versuehen mit den pH-Indikatoren zu der Uberzeugung gekommen war, da6 sie uns etwas iiber die physikalisehen Gesetzm/tgigkeiten und iiber die Ursaehen der Differen- zierungsvorg/tnge aussagen, habe ieh auf ihr Studium soviel Miihe verwandt. Jede l~ngst bekannte Differenzierungserseh› war und ist mir hoehwill- kommen, wenn ieh sie mit meinen Arbeitsmethoden analysieren und erkl~ren kann. Wenn also R i e s in seinem Bueh vers feststellt, dag ieh doeh mit

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meinen Fgrbungen nur l~ingst bekannte Differenzierungen naehgewiesen hgtte, so zeigt er damit nur, dalt er den tieferen Sinn meiner Versuehe v™ verkannt hat. ‡ diesem Punkt setzt er einfaeh mein Programm dem gleich, mit welehem er selbst an das 8tudium der Aplys ia-Eier herangegangen ist.

Mit kam es bei meinen Untersuchungen, ganz gleieh, ob ieh alte oder neugefundene Differenziœ234 zum Gegenstand meiner Analysen machte, auf die L6sung der alten Grundprobleme der Differenzierung des Eies an, und ich m u r daran erinnern, dag es vor meinen Untersuehungen nieht einmal fiir den allereinfachsten Typ einer Differenzierung des tierischen Eies in eine dotterfreie oder dotterarme animale und in die dotterreiehe vegetative Hglfte eine physikalisehe Erklgrung gegeben hat.

An anderer Stelle sehreibt dann Riesl), dag R i e s und G e r s e h glauben, dal3 die bipolare Differenzierung sieh wohl in allen Fgllen auf eine Sonderung von. Bild�9 und Dottermaterial zuriiekfiihren lgf~t. ,,Zuriiekffihren" kann hier nieht ,,damit erklgren" heiBen, denn wie ich eben sagte, konnte selbst der einfachste Typ einer Sonderung von Bildungsplasma und Dotternlaterial bisher nur durch meine Theorie der bip01aren Differenzierung erklgrt werden, die R i e s ja gerade angreift. Aber ich glaube, daft man, wenn man sieh einmal wirkUch a l le die heute bekannten Details bipolarer Differenzierungen vor Augen h/tlt, bald erkennen roui3, dal3 man mit der Formulierung von R i e s und G e r s c h einfaeh nieht auskommt. Erinnern wir uns doch nur, wie viele Fragen beim genauen Studium der bipolaren Differenzierungen aufgeworfen worden sind: Warum geht die diffuse oder konzentrische Verteilung der Eisubstanzen naeh der Reffung iiberhaupt in die bipolare iiber? Warum kommt es denn liber- haupt zu so gesetzm/iltigen Wanderungen der Eisubstanzen ? Warum entstehen die physikalisch und oft aueh chemiseh ganz spezifisch besehaffenen Querzonen ira Ei ? Warum sind diese ausnahmslos in der gleichen gesetzm~Sigen Reihenfolge angeordnet ? Warum ist diese Reihenfolge so, dag daraus ftir manche ehemische Faktoren wie das p l i ein kontinuierlicher Gradient entsteht ? Warum ist naeh der bipolaren Differenzierung das Protoplasma selbst ara animalen Pol anders als ara vegetativen ? Warum gelangen die determinierend wirkenden animalen Substanzen vorwiegend in die animale, und die vegetativen in die vegetative H~lfte oder Zone des Eies ? R i e s und G e r s e h (oder vielleicht auch nur Ries) glauben antworten zu k6nnen: das kommt von der Sonderung des Bildungs- plasmas vom Nahrungsdotter her! Aus meinen ErklS~rungen der bipolaren Diffe- renzierung hat sieh auf all diese Fragen eine sehr bestimmte Antwort ergeben.

Sehon ein einziges Vitalf/~rbungsbild einer bipolaren Differenzierung, n~tmlieh die Brillantkresylviol• des Eies von Columbella avara zeigt sofort die ganze Unzul~nglichkeit der Riesschen Formulierung. In diesen Eizellen f~trben sieh im Brillantkresylviolett so viele Substanzen in verschiedenen Farbt6nen an, sels der betr. Indikator tiberhaupt Farbt6ne zeigt, und alle sind einem idealen Farbgradienten gem/tft angeordnet, sowohl die vielen versehieden- artigen Dottersubstanzen, als aueh die hyalinen Substanzen des Protoplasmas. Es gibt eben nieht blof~ e i n e n Nahrungsdotter, sondern viele Dottersubstanzen, von denen jede anderswo lokalisiert wird, und as gibt nicht nur e in ,,Bildungs- plasma", sondern das Hyaloplasma nimmt in jeder Querschieht, soweit wir es nur verfolgen k6nnen, einen anderen Farbton an, m u r also andere Substanzen enthalten.

~) E. Ries (1937) S. 364. Protoplasma. XXXI 40

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Aber selbst bei Objekten, wie bei dem Ei von Nereis Dumerilii, bei denen es irn ersten Augenbliek so aussieht, als ob bei der VitMfi~rbung mit Indikatoren das ganze Plasma gleiehgef/~rbt sel, und desgleichen der ganze Dotter (in einem anderen Farbton), und Ms ob es in der ganzen Zelle nichts anderes g/~be, ergibt sich, wenn wir die Analyse weiterftihren, und uns die Sache nieht gar zu leicht machen, dag die Einfachheit nur vorgets ist. Bel langer Anf/~rbung und unterbroehener Furchung erscheint eine anders gef/~rbte Aquatorialzone, deren Farbton sich wieder einem Gradienten gemgB zwisehen den des animalen Plasmas und den des Dotters einfiigt. Diese Eizone kommt in die Zelle des groBen Wimper- kranzes hinein. Kann wirklich jemand ernstlich versuchen, diese Di�9 mit dem Riessehen Satz zu erkl/iren: Das ist eben auf die Sonderung von Bildungsplasma und Nahrungsdotter zurtickzuftihren.

Wieviel Substanzen sieh in einer Zelle vital anfgrben lassen, ist ZufMlssache Das geht sehon da,raus hervor, dal] sieh z. B. in einem Indikator nur eine, im anderen vier oder fiinf anfgrben kSnnen. Vergleiehen wir das Vitalfgrbungsbild von den Eiern der Nereis Dumerilii mit denen der nahe verwandten .Nereis limbata~), dann zeigt sieh hier schon ein viel komplizierteres Differenzierungsbild. So fgrbt sieh in BrillantvitMrot zwisehen den Dottersehollen in der Gegend des vegetativen Poles noeh eine diffus verteilte saure Substanz in œ anderem Rosa stark an. Zwischen den Dotterschollen ist aber zungehst aueh noch ein Rest vom alkalischen Bildungsplasma vorhanden. Bei dœ noch weiter fort- sehreitenden bipolaren Differenzierung der Furchungszellen wird aber stets nur dieses, niemals auch die ersterwfi.hnte diffuse Substanz naeh dem animMen Pol zu abgesondert. Andererseits gibt es noeh besondere alkalisehe Granulen in den Eiern von Nereis limbata. Man mag sic aueh DotterkSrnehen nennen, aber zum Unterschied von dœ sauren Dottersehollen wandern sie ihrem p l i entsprechend immer an das entgegengesetzte Ende der Eizelle. Wtirden noch andere, kolloiddispersœ Substanzen in geringer Menge so, wie diesœ mikroskopiseh dispersen Granulen ganz nach dem animalen Pole wandern, so wtirden wir von ihrer Anwesenheit im tibrigen gefgrbten Protoplasma, wenn sie sieh selbst nicht anfgrben lassen, gar niehts merken.

K o m m t es darauf an, festzustellen, ob in den Eizellen eine Wanderung von alkalischen und sauren kolloiddispersen Teilehen oder gr6Beren mikroskopi- sehen TrSpfchen oder KSrnchen existiert, wie ieh das fiir die bipolare Differen- zierung annehme, dann ist es hierftir natiirlieh ganz gleich, ob man das an wandernden Teilchen des Protoplasmas oder an wandernden fein- oder grob- dispersen Dotterpartikeln nachweisen kann. Existiert ein elektrisehes Feld in der Zelle, dann mtissen, wenn es stark genug ist, Mie geladenen Teilchen in ihm wandern. Was fiir eine physiologische Bedeutung diese Teilchen haben, ob sic ,,lebendes Protoplasma" oder ,,rotes Deutoplasma" sind, ob sie determinierende Stoffe oder ggnzlieh belanglose Zellsubstanzen sind, ist dabei nattirlich vSllig gleichgiiltig. D a s P r i n z i p de r D i f f e r e n z i e r u n g kann an allen Kategorien dieser Stoffe demonstriert werden, wenn sie sich mit Indikatoren anfgrben.

Aueh liber diese Fragen entwiekelt R i e s eigenartig'e Vorstellungen. Von der Feststellung ausgehend, daB in einer Eizelle erhebliche pH-Untersehiede existiœ kSnnen, sehreibt er auf S. 62 Seines Buehes: ,,Dabei beruhen aber diese pH-Untersehiede ira animalen und vegetativen Material tieriseher Zellen nieht, wie S p e k annahm, auf einer kataphoretischen Sonderung saurer und basiseher Kolloide, s o n d e r n n a e h V e r s u c h e n v o n l~ies u n d G e r s c h

1) j . Spek, Protoplasma 21, 394 (1934).

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v o r a l l e m au f de r S o n d e r u n g e ine s b e s o n d e r s s a u r e n E i w e i B d o t t e r s , was n e u e r d i n g s d u r c h Z e n t r i f u g i e r v e r s u e h e v o n Chr . P. R a v e n b e s t ~ t i g t w e r d e n k o n n t e . " So viel Worte, so viel Widerspriiehe! Niemand wird einsehen, weshalb eine Dottersubstanz nieht auch kataphoretiseh wandern kann, noch dazu, wenn sie sehr sauer ist, also jedenfMls eine L` hat. Weiter- hin muB sich doeh wohl der sehr saure Dotter ,,vor Mlem" von etwas alkMischerem sondern, wenn dadurch pH-Differenzen entstehen sollen (uud diese alkalischen Substanzen wandern eben naeh der entgegengesetzten Seite der Zelle ab). Dureh Zentrifugierungsversuehe kann man h8ehstens entscheiden, ob die verlagerbaren Substanzen eine Bedeutung ftir die Entwieklung h` niemals aber, ob sie kataphoretiseh wandern oder nieht. Zentrifugierbarkeit einer Eisubstanz ent- scheidet auch noch nicht so ohne weiteres, ob sie eine Dottersubstanz ist oder nicht, da auch Substanzen von anderer physiologischer Bedeutung zentrifugierbar sind. R a v e n selbst hat nirgend behauptet, dag seine Ergebnisse etwas liber Existenz oder Niehtexistenz einer kataphoretisehen Wanderung von Substanzen in der Zelle aussagen. Zu welehen Ergebnissen er in der Frage der Zentrifugierbar- keit der wandernden Eisubstanzen und der Bewertung der vital f/~rbbaren Sub- stanzen gelangt ist, werden wir sp~tter noeh sehen.

Sind in einer sieh bipolar differenzierenden Eizœ wie etwa der von Chaetopterus oder Columbella viele verschieden` Dottersubstanzen in mikro- skopisch disperser Form vorhanden und f~rben sich mit rien Indikatoren an, dann ist es natiirlieh leieht, F~rbungsunterschiede zwisehen den versehiedenen Kategorien derselben, gesetzm/~Bige Verlagerungen und eine gesetzm~Bige Neuordnung zu erkennen. Viel sehwerer wird dus sehon, wenn man versueht, analoge Vorg/~nge auch am hyalinen Protoplasma selbst zu erkennen, da es sieh doeh jetzt aussehlieBlieh um gef~rbte Partikel ultramikroskopischer Gr6[ten- anordnung handelt. Eine etwaige Differenzierung dieser Art wird sieh ira F/~rbungs- bild unter allen Umst~nden viel unauffglliger auswirken. Wenn sieh nur eine Substanz anf/~rbt, etwa eine Mkalisehe, und ihrœ Konzentrat ion allm~hlieh, etwa naeh dem I~iehtungsk6rperpol hin zunimmt, dann wird sieh dus nur in einer Zunahme der I n t e n s i t ~ t der F~trbung im alkMisehen Farbton /~uBern. Dus Konzentrationsgef~lle wird nur solange erhalten bleiben, bis diese Substanz an einem Pol dicht zusammengedr/~ngt ist. War die Substanz im Ei nur in geringer Menge vorh` dann entsteht sehlieBlieh eine kleine, ftir dus Auge gleieh- m~Big gef~rbte Kalot te derselben an dem einen Zellpol, wie in dem Ei der Tinten- fisehe, war sie in groBen Mengen vorhanden, dann f/~rbt sieh naeh beendeter Zusammensehiebung ein ganz groBer Hof ira Ei, etwa die ganze animale Eih~lfte gleiehm~13ig in ihrem Farbton an, wie beim Nereis-Ei. (In den ultramikroskopi- sehen Zwisehenr/~umen, zwisehen den Teilchen dieser Substanz, kSnnen n` aueh noch andere alkalisehe Stoffe liegen.)

F~rben sieh mehrere Substanzen des hyMinen Protoplasmagemisehes an und ordnen sieh regelm~Big naeh ihrem p l i an, dann wird man einen regelm~Bigen Gradienten im F a r b t o n vorfinden, vorausgesetzt, dag die pH-Differenzen noeh innerhalb des Umsehlagsbereiehes des Indikators liegen. Liegt in einem hyMinen alkalisehen Protoplasma ein pl i -Gradient der Art vor, daB der Indikator sehon beim niedrigsten p l i dus Maximum seiner Farbversehiebung naeh der MkMisehen Seite zeigt, dann ist dariiber hinaus eine weitere Versehiebung des Farbtones natiirlieh gar nieht mehr mSglieh, selbst wenn dus p l i der Substanzen im Gradienten noeh weiter steigt. H/~tten sieh die Autoren, welche in den letzten Jahren kritisehe Betraehtungen tiber die bipolare Differenzierung angestellt

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haben, diese Dinge von vornherein klargemacht, dann w/~re ihr Bliek nicht immer nur an den Dottersubstanzen hgngengeblieben, und sie w/~ren vielleieht nicht so aehtlos an dem vorbeigegangen, was sieh ara Hyaloplasma der vital gef~rbten Eizellen w~hrend der Differenzierung naehweisen lgBt. Ein Konzen- trationsgef~lle einer alkalisehen Plasmasubstanz habe ieh w~thrend der Stoff- wanderung im Cephalopoden-Ei mit Kresyleehtviolett in vollendeter Seh6nheit demonstrieren k6nnenl), ein weniger auff/~lliges bei dem mit Brillantkresylviolett gef/~rbten Ei von Nereis limbata2). Ein au6erordentlieh starkes Konzentrations- gef/~lle einer leieht diffusiblen alkalisehen Substanz lieg sieh in Teleostier-Eiern w/~hrend der bipolaren Differenzierung an serienweise expipettierten Plasma- tropfen der versehiedenen Ei-Regionen bzw. dureh Injektionen von Indikatoren unzweifelhaft naehweisen3). Ein augerordentlieh sehSner Gradient des ~ Farb- tones 1/~6t sieh bei der sehon oben erw/~hnten F/~rbung der Eier von Columbella avara bis nahe an den Dotterlappen verfolgen. In neuerer Zeit hat E. A r n o l d (1938) ~) seh5ne Gradienten ira Farbton der Indikatorenf~rbung bei den sieh bipolar differenzierenden Embryonen des Kaninehens gefunden. Diese Gradienten verdanken ihre Entstehung wahrseheinlieh einer bipolaren Wanderung leieht diffusibler Stoffe, die man sehwerlieh Itir Dottersubstanzen erkl/~ren kann. Aueh die lokale Anreieherung der hyalinen alkalisehen Substanzen zwisehen den Tr6pfehen der animalen Zellen der Sehwammlarven und der sehSne Konzen- trationsgradient derselben kann kaum anders als dureh polare Abwanderung dieser Substanzen aus dem ganzen Eik6rper entstanden seinS).

Alle diese lehrreiehen F/~lle dfirften bei der Diskussion dieser Fragen nieht immer wieder iibergangen werden. Es ist mir unverst~ndlieh, wie man angesichts all dieser Beobaehtungen noeh daran zweifeln kann, dag bei der bipolaren Differenzierung nieht nur eine Wanderung mikroskopiseher Gebilde, sondern aueh eine den gleichen Gesetzm/~6igkeiten unterworfenœ Wanderung kolloid- disperser Teilehen stattfindet. Aueh Chr. P. Raven6) , der in seiner Arbeit die Frage wieder aufwirft, ob aueh kolloiddisperse Teilehen bei der bipolaren Differen- zierung wandern und dureh die Vitalf/trbung erfagt werden k6nnen, h~tte doeh zum mindesten den einen extremen Fall erw~thnen miissen, dag sieh eine der seh6nsten bipolaren Differenzierungen in einem Eik6rper (ngmlieh dem von Loligo) vollzieht, in welehem in dem betreffenden Farbstoff gef/~rbte ,,ge- formte" Dotterelemente tiberhaupt nicht vorhanden sindT.) Dieser Befund 1/~gt eine andere als meine Deutung gar nicht zu. Wiehtig seheint ffir diese Frage auch die Beobaehtung zu sein, dag sieh in den Eiern von manehen Knoehenfisehen und in /~lteren Entwieklungsstadien einiger Sehw~tmme die Dottersehollen w~hrend der bipolaren Differenzierung aufl6sen, d .h . zu einem mikroskopiseh homogenen Sol werden. Aber die Teilehen dieses Sols verteilen sieh nieht anders, als es vorher die groben (geformten) Dottersehollen taten. Kein Befund kann besser als dieser zeigen, dag zwisehen der Wanderung der mikroskopisehen und

1) J. Spek, Areh. f. Entwm. 131, 362 (1934). 2) J. Spek, Protoplasma ~1, 394 (1934). ~) J. Spek, Protoplasma 1S, 497 (1933). ~) E. Arnold, Protoplasma 29, 321 (1937). 5) J. Spek, Protoplasma 30, 352 (1938). 6) Chr. ]?. Raven, Aeta Neerlandiea Morphologiae I, 337, 1938. 7) Die wenigen mikroskopiseh erkennbaren gef~rbten K6rnehen, welehe in den mit

Kresyleehtviolett gef~rbten Loligo-Eiern z. T. zu sehen sind, scheiden sieh erst naeh lAngerer F/irbung de novo aus. Sie seheinen an der Wanderung nieht teilzunehmen.

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der der Mieellen des Dotters oder des Protoplasmas kein prinzipieller Unterschied vorhanden ist.

Aueh die Frage, ob bei der Vitalf/~rbung der Eizellen wirklieh ,,lebendes" Protoplasma angef~rbt werden kann, oder ob die Farbstoffe evtl. nur an ,,rotes" Dottermaterial herankommen, ist leider nur zu oft in sehr einseitiger Weise diskutiert worden. Ehe wir der Frage etwas kritiseher auf den Grund gehen, welehe von den Zellsubstanzen denn eigœ als ,,lebendes" Protoplasma anzusehen sind, und welehe niebt, m6chte ieh einigœ allgemeine Betraehtungen voraussehieken.

Wir wissen, dag die Eizellen von vielen Tieren, besonders die von Meeres- tieren sieh bei leichter vitaler Anf~rbung mit basisehen Farbstoffen gut und normal weiterentwiekeln. Es bedarf aber nur einer kurzen Uberf/irbung, dann wird die Entwieklung vSllig anormal, und die Zellen fangen sogar an, abzusterben. Wiirden bei der Vitalfs nieht lebenswiehtige Substanzen blockiert werden, dann w/~re diese Erseheinung ganz unverst/indlich. Eine Anreicherung der Farb- stoffe an , , totem" Dottermaterial k6nnte doeh wohl kaum das Leben der Zellen gef/~hrden, denn tiefergreifende physikalische Zustands/inderungen rufen die betreffenden Farbstoffe in den Zellen nicht hervor.

W/thrend der embryonalen Entwieklung setzt, sobald mach vollzogener Furehung die histologische Differenzierung beginnt, ein rapider Verbraueh aller deutoplasmatisehen Einlagerungen ein. Verhindert man naeh der Darmbildung die Nahrungsaufnahme, dann dtirfte vielfaeh aueh der letzte Rest der Reserve- stoffe verbraueht werden, jedenfalls ist bald nichts mehr von ihnen naehweisbar, auch wenn sie ursprtinglich in leicht erkennbarer Form vorlagen. Solehe Em- bryonen (Larven vieler Seetiere) sind vital am allerbesten und intensivsten f~rbbar. Besonders die ja an sieh stets sehr dotterarmen Ektodermzellen fs sieh in diesen Stadien in satten Farben an, und was sich in den Zellen anf/~rbt, bat aueh histologisch ganz das Aussehen, als ob es Protoplasma sei.

Bel manehen Eizellen mit diskoidaler Furehung, wie denen der Cephalo- poden, ist die bei der bipolaren Differenzierung sieh absondernde Masse des , ,Keimplasmas", welehes alle in formativer Hinsicht wichtigen Substanzen des Eies iiberhaupt enth~lt und alsbald die mannigfaltigsten formativen Leistungen vollbringt, so klein, daB es sehr unwahrscheinlich ist, da6 in ihr noehmals groBe Mengen von Dottersubstanzen enthalten sein kSnnen. Da sieh aber diese winzige hyaline Plasmakappe vital sehr stark anf/~rbt, miigte man das ja annehmen, wenn man glaubt, dag sieh iiberhaupt nur deutoplasmatisehe Substanzen vital anf/~rben lassen. Meiner Ansieht naeh bleiben in der Kappe des Keimplasmas dem Gradientencharakter der bipolaren Sto�9 entsprechend nur Spuren von Deutoplasma zuriiek und sind ara ehesten in den in sehr geringer Menge vorhandenen leieht gerinnbaren sauren, globulinartigen Substanzen der Plasmakappe zu suehen, die sieh, solange sie eingebettet sind in die Masse des stark f~rbbaren alkalisehen Protoplasmas, gerade n i c h t an�9 lassen.

Ira Ei der Nereis-Arten 1/igt sieh die sehon wiederholt erw/~hnte alkalisehe Substanz des Hyaloplasmas, welehe von den ~lteren Stadien der Furchung an fast vSllig auf die Zellen der animalen Keimh~tlfte beschr~nkt ist, vital in basisehen Ii~dikatoren und Methylrot leieht anf/trben. Sie sieht aus, als ob sie ,,das" Proto- plasma sei und kommt aueh in die aktivsten Zellen hinein. Chr. P. R a v e n bat (a. a. 0.) versucht, sie dureh Zentrifugierung zu sehiehten. Ob sieh aus einer Zentrifugierbarkeit eindeutige Sehlfisse ergeben hs mSehte ich dahin- gestellt sein lassen. Aber jedenfalls ist es ihm selbst bel der �9 biologische Ver-

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suche schon reeht starken Zentrifugierung von 5500 Umdrehungen pro Minute nicht gelungen, die f/trbbare Substanz von nicht fi~rbbarem Plasma zu sondern. Weder auf diese, noch auf andere Weise lieg sich bisher ein Beweis erbringen, dag in dem f/trbbaren HyMoplasma noch irgendeine Dottersubstanz enthMten ist.

Die Unterscheidung: P r o t o p l a s m & - Deutoplasma ist physiologisch be- griindet. Den Reservesubstanzen kommt im Zellbetrieb zweifellos eine Rolle zweiten Ranges zu. Die Kriterien der deskriptiven Cytologie und der Mikro- chemie reichen wohl auch zur ersten groben Sichtung der Komponenten des ZellinhMts naeh diesen Gesichtspunkten aus. Wenn wir nun aber versuchen wtirden, aile einigermaBen definierbaren Kolloide des ungef~rbten und des vital gef/~rbten Protoplasm&s tiberhaupt, vor allem auch Mle submikroskopisch dispersen in den beiden Kategorien: P r o t o p l a s m a - Deutoplasma unterzu- bringen, dann miissten wir bald erkennen, dag einerseits die Kriterien zur Unter- scheidung rein dispergierter Reservesubstanzen - - etwa gelSster Dottersub- stanzen - - von ebenso verteilten Zellkolloiden anderer physiologischer Bedeutung recht unscharf sind, andererseits die ganze Einteilung des Zellinhalts in Proto- p l ~ s m a - Deutoplasma unzul~nglich ist, denn es gibt Kolloide in der Zelle, die man nieht als Protoplasma bezeichnen kann, die aber auch sicher keine Reservesubstanzen sind. Die Formulierung: Lebendes P r o t o p l a s m a ~ t o t e s Deutoplasm~ ist auch insofern von vornherein anfechtbar, als man keine Substanz in der Zelle an sich als ,,lebendig" bezeichnen kann, auch nieht ein besonders kompliziertes, nur fiir die betreffende Zelle spezifisches EiweiB, welches sich in dieser Form vielleicht nur in dieser lebenden Zelle erhalgen kann. Leben resultiert erst &us der Gesamtheit der in gesetzm~giger Ordnung zusammen- wirkenden physiologischen Einzelph~nomene der Zelle. In iihnlichem Sinne ist es auch gewagt, den Begriff Protoplasm~ nur fiir eine Zellsubstanz etwa ein Eiweig in Anspruch zu nehmen.

In manehen diffus vital gef~rbten Zellen kann man sehen, dag sich das Protoplasma gelegentlieh in eine farblose , ,Grundmasse" und die sieh etwa von der Oberfls zuriiekziehenden gef~irbten Substanzen sondert. Manche Forscher haben da nun gleieh erkl~trt: Die farblose Substanz ist das Protoplasma, die gef~rbte ist eine ,,deutoplasmatisehe Einlagerung". In m~nehen F~llen �9 diese Deutung stimmen, ohne Analyse ist sie aber auf glle F~lle voreilig. Denn einerseits kommen in der Grundmassœ maneher Zellen sieher auch Substanzen vor, die sieh unter 10hysiologisehen Verhs nur /tuBerst sehwer oder gar nieht anfarben lassen. Sic haben nur eine untergeordnete physiologisehe Bedeu- tung, sind jedenfalls kein Protoplasma. Zu ihnen reehne ieh z. B. manche Mukoide, die in vielen Eizellen reiehlich enthalten sind. Weiterhin m6ehte ich hier auf die eigenartigen EiweiBkSrper in den Zellen hinweisen, fur welche die ameri- kanisehen Autoren R. R. B e n s l e y und N. L. H o e r r 1) dureh interessante neue Untersuehungen das Interesse der Cytologen wieder geweckt h~ben. Die Autoren f~nden, dag man aus dœ Leberzellen von Kaninchen und Meersehweinehen, wenn man sic vorher bei niedrigen Temperaturen trocknet, mit den iiblichen schwaehen LSsungsmitteln fiir EiweigkSrper betr~ehtliehe Mengen von Eiweig herauslSsen kann, dag aber die Zellen trotzdem ihre Individualits behalten, ja dag der unl6sliehe Rest der Zelien s0gar immer noch die Gestalt und das typische mikroskopisehe Bild der betreffenden Zellart zeigt. Er besteht aus schwerlSslichœ wenig hydratisierten EiweiBk6rpern, die, wenn man sic in 10proz. Ammoniak 10st und mit ve~'d. Essigs~ure wieder ausseheidet, in Form

1) R. R. Bensley and N. L. Hoerr , Anatomical Record 60 (1934).

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spezifiseh gebauter Gebilde wie P1/ittehen, Fibrillen usw. erseheinen. Die ameri- kanisehen Autoren spreehen von , , s t r u c t u r e p r o t e i n s " (Ellipsin) und glauben diese mit dem ,,Plastin" von J. R e i n k e und tt . i ~ o d e w a l d (1881) ~) identi- fizieren zu k6nnen. Die meisten Forseher sind heute geneigt, diesen ,,structure proteins" eine Bedeutung fiir die Entstehung stabilerer Zellstrukturen zuzu- sehrœ dagegen glaubt man, dag* sic pl�9 inaktiv sind. Das aktive, labile Eiweii] soll in sie eingebettet sein. Gewisse Erw/igungen, die aber sieher noeh besserer Beweise bediirfen, spreehen dafiir, dag aueh die structure proteins vital nieht f/~rbbar sind.

Andererseits gibt es vielerlei Substanzen, die viellœ ehemiseh noeh r ie l einfaeher gebaut sind als viele Dottersubstanzen und ira Bild der vital gef/trbten Zelle sieher kein imponierende�9 Aussehen haben als diese, t rotzdem aber von aul~erordentlieher physiologiseher und besonders aueh entwieklungs- physiologischer Bedeutung sein kSnnen und etwas ganz anderes sind als Reserve- stoffe. Zu diesen Substanzen gehSren z. B. jene eigenartigen leiehtdiffusiblen alkalisehen Substanzen, die aueh dureh die Membran der intakten Zelle langsam hindureh diffundieren k6nnen, sieh in Bromkresolpurpur, Phenolrot und zum Teil aueh in Kresolrot im Farbton der alkalisehen Seite anf~rben und offenbar in den versehiedenartigsten Zellen in ~hnlieher Form vorliegen. Ihr Vœ bedeutet fur die Zelle binnœ kurzem den Tod, ftir manche Eizellen zun/~ehst die EinbuBe der Befruehtungsf/~higkeit. In den Eizellen der Knoehenfisehe liœ sie sich von jungen Ooeyten bis zu alten Furehungsstadien verfolgen, und bei der bipolaren Differenzierung wandern sie in gesetzmggigster Weise fast quanti tat iv in das Keimplasma hinein. Diese leieht diffusiblen Stoffe lassen sieh vital oft sehr gut anf/~rben, ihre Existenz ist j a iiberhaupt erst dureh F~rbungs- versuche mit Indikatoren nachgewiesen worden. Ich halte sie nieht fiir ,,Proto- plasma" oder hoehmolekulare EiweigkSrpœ desselben, wohl abe�9 kSnnten sie unentbehrl�9 Vorstufen von diesen sein, welehe dureh irgendwelehe spezifisehe Eigensehaften sehon spezifisehe physiologisehe Bedeutung besitzen. - - K o m m t an schon vielzellig gewordenen EmbryonalkSrpern noeh eine bipolare Differen- zierung des ganzen K6rpers zustande wie bel den S~ugetieren, odœ kommt es bei der Entstehung von Anlagen einzelner Organe zu einer lokalen bipolaren Differenzierung, dann kann diese ja wohl nur dureh gesetzm/~Bige Wanderung von Stoffen entstehen, die dureh die Zellmembranen hindureh vert Zelle zu Zelle wandern ki~nnen. Ieh verweise hier noehmals auf die oben erw/~hnte Arbeit von E. A r n o l d und meine Beobaehtungen an Sehwammlarven, welehe zeigen, wœ entwieklungsphysiologisehe Bedeutung die leiehtdiffusiblen Plasma- komponenten haben kSnnten.

Weiterhin kSrmten zu jenen unseheinbaren, aber evtl. fs Zell- substanzen auch die kolloidalen Fermenttr~ger, die an sich vielleieht ,,belanglose" Pep~ide sind, in Verkettung mit den Fermenten aber f/ir das Zellenleben von eminœ Bedeutung werden, gehSren.

SchlieSlieh sei noeh daran erinnert, dag aueh die Substanzen, welehe in den Eizellen spezifisehe Dffferenzierung auslSsen kSnnen (Organisatoren), wie es seheint, relativ einfaehe organisehe Stoffe sein kSnnen. Aueh sie sind zweifellos kein Protoplasma und werden, wenn sie sich anfs aueh kaum anders aussehen kSnnen als irgendeine fein verteilte Dottersubstanz. Wiirde man also aueh hier versuehen, mit der unzul~nglichen Alternative : P ro top lasma--

1) J. Reinke und H. Rodewald, Die ehemische Zusammensetzung des Proto- pl~smas von Aethalium septicum. Berlin (1881).

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Deutoplasma auszukommen, dann wgre man auf dem besten Wege, gerade eine Kategorie von Zellsubstanzen, welehe entwieklungsphysiologiseh fiir das Problem der bipolaren Differenzierung ganz besonders wiehtig ist, dureh eine verkehrte ]~'ragestellung zu jenen belanglosen Stoffen zweiten Ranges abzusehieben.

EiweiBk6rper sind off gut vital fgrbbar. Ob die EiweiBk6rper, welehe als Hauptkomponenten des lebenden Protoplasmas anzuspreehen sind, dureh eine besondere physikalisehe Besehaffenheit ausgezeiehnet sind, lggt sieh vorl/tufig nieht sagen. Die Vitalf/trbung ist aber jedenfalls niebt an einen bestimmten physikalisehen Zustand gebunden. Manche gut eharakterisierte und leieht fgrbbarœ Dottersubstanzen maehen -wghrend der Waehstumsperiode der Ovarial- eier die ganze Skala von Zustandsgnderungen dureh, ohne dag dadureh ihre vitale Anfgrbbarkeit wesentlieh vergndert wird. Besonders die Behauptung, dag Hydrata t ion von EiweigkSrpern diese un�9 maehen soll t rifft fiir die Eiweigk6rper der lebenden Zelle keineswegs zu. Die Ovarialeier zahlreieher ‡ erleiden, bevor sie das Ovarium verlassen, eine enorme Hydrata t ion ihrer Kolloide, aber aueh sie ist nicht imstande, die vitale Fgrbbarkeit aufzuheben. Es lgl3t sieh aueh nieht behaupten, dag Eiweigk6rper beziiglieh der Vitalfgrbbar- keit den Lipoiden naehstehen.

Aueh meine Ansiehten iiber die Bedeutung der bei der bipolaren Differen- zierung vital fgrbbaren Eisubstanzen ffir die Dœ234 der Keimbezirke sind wiederholt migverstanden worden. Niemals habe ieh behauptet, oder aueh nur stillsehweigend a priori angenommen, dag alle Substanzen des Eies, die si eh vital f~trben lassen, inklusivœ aller Dottersubstanzen organbestimmende Sub- stanzen seien. Ieh habe mieh in diesem Punkte stets der grSBten Vorsieht und Zuriiekhaltung befleigigt, weil ieh glaube, dag ein ideales Objekt zur Entseheidung dieser l~ra~,en, in welehem man dureh das entwieklungsmeehanisehe Experiment bestimmte determinierend wirkende Substanzen unter eindeutigen Verh/~ltnissen naehweisen und auBerdem aueh im VitMf/~rbungsversueh mit Indikatoren anf/trben kann, noeh nieht gefunden ist.

Negative ]3efunde gestattœ bei diesen Versuehen gar keine weitgehenden 1 Sehlugfo gerungen. Denn 1/tgt sieh bei einem sieh bipolar differenzierenden

Keim mit den Vitalf/trbungen mit Indikatoren keine der determinierend wirkenden Substanzen erfassen, so kann das ja einfaeh daran liegen, dag diese Substanzen eben nieht anf/~rbbar sind. Man kann daraus aber sieher n i e h t sehlieBen, dag die Verteilung der determinierend wirkenden Substanzen den fiir die dureh F~rbung naehweisbaren Eisubstanzen geltenden Gesetzm/~/3igkeiten nicht folgt.

Das topographisehe Sehema dœ aus der bipolaren Wanderung der Sub- stanzen resultierenden gesetzm/tgigen Neugruppierung derselben entsprieht vollkommen dem Sehema der Verteilung der ,,animalen" und ,,vegetativen" Stoffe, welehes die Entwieklungsmeehaniker aus ihren Versuehen deduktiv abgeleitet haben (man vgl. etwa die Sehemen von den Konzentrationsgef~llen der animalen und vegetativen Stoffe, welehe Th. B o v e r i far das Ascaris-Ei postuliert bat, mit den Konzentrationsgefs der alkalisehen und sauren Kolloide, welChe ieh nun sehon bei den Eizellen von Tieren Iast aller Klassen besehrieben habe). Das ist ein Befund, iiber welehen sieher kein Entwieklungs- meehaniker so leieht hinweggehen wird, wie E. R i e s es versueht. �9 der alkalisehen Substanzen - - vielleieht die allerunseheinbarste - - k6nnte die ,,animale", irgendeine der sauren die ,,vegetative" sein.

™ ergibt eine theoretisehe I)berlegung, dag sieh beim Abschneiden etwa eines vegetativen Stfiekes der Eizelle vor Beendigung der bipolaren Stoff-

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wanderungen an der Schnittfl/iche viel mehr vegetative Stoffe ~nreichern miil~ten, als dies ira intakten Ei in dieser Querzone der Eizelle der Fall w~re, weil diese vegetativen Stoffe jetzt eben nicht weiter wandern k6nnen. Diese Region der verkleinerten Eizelle mii6te also viel , ,vegetativer" werden a]s normalerweise. (Voraussetzung hierfiir wi~re nur, dal~ die bewegenden Kr~fte nacb dem Schnitt noch erhalten bleiben.) Aus dieser einfachen (dberlegung ergibt sieh ira Prinzip nicht weniger als d ie e r s t e u n d e i n z i g e p h y s i k M i s c h e E r k l ~ r u n g de r ] ~ e g u l a t i o n be l E i z e l l e n . Wir diirfen nicht vergessen, daB diese Regulations- erseheinungen lange Zeit fiberhaupt fiir physikaliscb unerkl~rbar erkli~rt worden sind.

])aB andererseits an der bipolaren Wanderung aueh Stoffe teilnehmen miissen, welche entwieklungsphysiologiseh v611ig bedeutungslos sind, muB immš wieder betont werden. Das kann ja gar nieht anders erwartet werden, wenn bestimmend fiir die Wanderung die Ladung der Teilehen ist.

Es ist schon seit lange bekannt, daB wir uns dureh Zentrifugierungsversuehe einen gewissen Einblick in den Meehanismus der Determination der Eizellen verschaffen k6nnen.

Wir kSnnen dureh Verlagerung ton Eisubstanzen zeigen, ob sie oder andere fiir die Entstehung eines Organes an bestimmter Stelle bestimmend sind. So konnte man feststellen, daI~ gewisse Granulen und andere mikroskopisch disperse Einlagerungen dureh Zentrifugierung verlagert werden kSnnen, ohne daB das eine St6rung der normalen Verteilung der Organanlagen zur Folge hat. Ws es nun so, da6 jede zentrifugierbare Eisubstanz eo ipso als entwicklungsphysio- logiseh wertlos anzusehen w~ire, dann ws die Sache sehr einfaeh: bel der bi- polaren Differenzierung k6nnte man dann durch systelnatisehe Zentrifugierungen aueh ton den vital f~rbbaren Substanzen alle diejenigen ausseheiden, welehe frit die Determinationsph~nomene wertlos w~tren. In Wirklichkeit litBt sieh aber weder der Satz verallgemeinern, da6 irgendwie determinierend wirkende Ei- substanzen in den Eizellen aller Tiere nieht zentrifugierbar sind - - man denke etwa an die determinierend wirkenden Substanzen im gelben Halbmond der Cynthia-Eier, welche wenigstens in toto durch die Zentrifugierung sehr wohl verlagert werden k6nnen - - , noch ist ja Zentrifugierbarkeit oder Nichtzentri- fugierbarkeit eine absolute Eigensch~ft. Je st~rker und je l~nger man zentri- fugiert, um so mehr Zellsubstanzen werden zentrifugierbar, vorausgesetzt, daB die Eizellen sehr starke Zentrifugierung iiberhaupt vertragen. So geniigt es also zut Sichtung der in Eizellen bipolar wandernden Substanzen durehaus nicht, nur zu zentrifugieren und vital zu fs sondern man muB, bes0nders wenn man mit den inodernen Zentrifugen liber die t o n den alten Entwieklungs- meehanikern angewandten Tourenzahlen weit hinausgeht, aueh ilnmer kon- trollieren, ob eine etwaige Abzentrifugierung vital f~trbbarer Substanzen mit diesen Mitteln nieht doch eine Anderung des normalen Entwieklungsmodus zur Folge hat.

Der holl~ndisehe Forseher Chr. P. R a v e n 1) hat das Verdienst, an den Eiern t on Nereis Dumerilii, Chaetopterus variopedatus und Aplysia de�9 zum erstenmal parallel laufende Zentrifugierungs- und Vitalf~trbungsversuche systematisch durchgefiihrt zu haben. Trotzdem ihm hierzu nur ein kurzer Aufenthalt an der Zoologischen Station in Neapel zur Verfiigung stand, ist es ihm gelungen, schon eine ganze Reihe hiibscher Ergebnisse zusammenzutragen.

i) Chr. I ). Raven a. a. O. 1938.

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Ries hat nun in seiner Arbeit von 1937 und in seinem Bueh die Ergebnisse von R a v e n , bevor R a v e n s Arbeit noch erschienen war, gleich zu polemischen ErSrterungen verwendet, ohne vorher erst einmal sachlich mitzuteilen, was R a v e n nun eigentlich gefunden hat und was er selbst daraus folgert. Aus den fliiehtig hingewoffenen Aul]erungen von R ies mu6 der Leser den Eindruck bekommen, daB das, was R a v e n in seinen Zentrifugierungsversuchen ,,ganz neuerdings" feststellen konnte, fiir das Studium der bipolaren Di�9 eine grolle Uberraschung ist, und dal~ aus ihnen s e lb s t sehon hervorgeht, dal~ alles, was ira Ei f/~rbbar ist, blol] ,Dot ter" sein muB. Eine Uberraschung kSnnen aber die Zentrifugierungsergebnisse R a v e n s deswegen nicht genann™ werden, weil die Zentrifugierbarkeit der Dotterelemente des Eies von Chaetopterus perga~~tentaceus von Fr. Li l l ie 1) sehon vor 32 Jahren (1906), die Zentrifu$derbar- keit der Eiweil]- und {31tropfen des Eies von Nereis limbata von L. V. He i l - b r u n n 2) sehon vor 17 Jahren (1921) beschrieben worden ist, und sieher niemand bel den nahe verwandten Neapler Formen ein wesentlieh anderes Ergebnis erwarten konnte. Ira Ei von Nerei8 Dumerilii ist nur der Dotter zentri�9 Das vital gut f/~rbbare animale Plasma liel~ sich, wie schon erw/~hnt wurde, selbst bel 5500 Umdrehungen in der Minute nieht sehiehten. Ira Ei von Chaeto- pterus variopedatus l~l~t sieh aul]er den Dotterelementen noch eine fein verteilte Substanz abzentrifugieren, deren Identit~t mit der von mir bel Ch. pergamentaceus besehriebenen diffusen alkalisehen Plasmasubstanz mit naeh allem, was R a v e n mitteilt, zweifelhaft erseheinta).

Was nun ail die eben erw/~hnten vital f/trbbaren und zentrifugierbaren Substanzen dieser Eier bedeuten, das kann natiirlich wieder erst dureh Kontrolle (tes Entwicklungsverlaufs festgestellt werden. 1)iese Kontrolle ist fiberhaupt erst der entscheidende Punkt der Beweisftihrung. Sie ist die Kehrseite der Ravenschen Versuehe, und diese Kehrseite hat R ies in seiner Darstellung sogar in seinem Buch einfaeh fortgelassen!

R a v e n konnte feststellen, dal] naeh der Zentrifugierung der Eier der gena¡ Arten von Nereis und Chaetopterus die Furehung derselben einiger- mal]en nach dem normalen Sehema und in unver~tnderter Lagebeziehung zu dem RiehtungskSrperpol weitergeht, dal~ auch noch Larven entstehen, daB diese aber in den meisten F~llen stark anormal sind, daB an ihnen die stoffliche Differen- zierung, die Proportionen und die Lagerung ihrer Organanlagen v6llig gest6rt erscheinen. R a v e n schreibt darfiber zusammenfassend: ,,Die in zentrifugierten Kulturen entstandenen Trochophora-Larven waren bel diesen Arten immer in der fiberwiegenden Mehrzahl stark abnorm: die Wimperkr/mzœ waren sehleeht ausgebildet oder fehlten ganz, der Darm zeigte abnorme Lage und sehleehte Differenzierung. Bel Behandlung mit Vitalfarbstoffen zeigte sieh, dal3 Bezirke mit saurer und alkaliseher Reaktion des Plasmas in sehr abnormer Weise neben- einanderlagen. Zellgruppen mit saurera Plasma konnten ganz oberfl/~ehlieh

1) Fr. Lillie, Journ. exp. Zool. 8 (1906). 2) L. V. Heilbrunn, Journ. exp. Zool. 84 (1921). 3) Um m6glichst rasch eine F~trbung der zentrifugierten Eier zu erzielen, bat

Raven st/*rkere Konzentrationen der FarblSsungen, als bel Vitalf/~rbungen iiblieh ist, an- gewandt. Bel diesem Verfahren bes~eht die Gefahr, da6 sieh in Farbs~offen wie Kresyl- eehtviolet~, Neutralrot, Nilblausulfat die schwerlSsliche Farbbase in den alkalischen Plasma- bezirken rasch in Form von K6rnehen ausscheidet; sie k6nnen mikroskopisch wie reine Granulationen aussehen,= haben aber sonst z. T. besondere optisehe Eigensehaften und nehmen an der bipolaren Wanderung nicht teil.

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liegen, andererseits fanden sich Ansammlungen Mkalisehen Materials ira Kein�87 innern. Wesentlieh ist nun aber vor Mlem, dag niemMs eine Larve beobaehtet wurdœ deren Darm aus Zellen mit alkalisehem Plasma aufgebaut waren, wghrend umgekehrt oberflgehlieh liegende Zellen mit sauer reagierendem Inhal t niemais ein bewinlpertes ektodermales Epithel bildetœ Dies seheint darauf hinzuweisen, daB das Vorhgndensein von saurem EiweiBdotter fiir die Differenzierung zu Darmepithel unerlgl~lieh ist, wghrend andererseits die Differenzierung zu be- wimpertem Hauptepithel von dem Vorhandensein alk` Plasmas abh/tngig ist: Obgleich die Anzahl meinœ Versuehe zu gering ist, um mir in dieser Frage ein absehliegendes Urteil zu gestatten, bilden sic doeh einen Hinweis darauf, dag die dureh Zentrifugieren verlagerbaren Plasmaeinsehliisse wenigstens bei Chaetopteru~" und Nereis ftir die Morphogenese (bzw. Histogenese) nieht bedeutungslos sind. Der Naehweis, dag die ,,bipolare Differenzierung" ira Sinne von S p e k vor allem dureh eine Verlagerung der mikroskopisehen Einsehliisse des Plasmas zustande kommen diirfte, darf daher nicht als ein Beweis fiir die Bedeutungslosigkeit dieses Vorganges ffir die Morphogenese gedeutet werden."

Die genauere AnMyse der dureh Verlagerung der Eisubstanzen verursaehten Abnormit~ten mtigte jetzt noeh abgewartet werden, ehe man bestimmtere Deutungen versuehen kann.

R a v e n erwartete iibrigens, dag naeh Verlagerung der zentri�9 und f~rbbaren Zellsubstanzen etwa bei Chaetopteru~ ira ungef~rbten ZellkSrper gleieh eine neue dureh Vitalfs naehweisbare bipolare Differenzierung entstehen soll. Dies k6nnte doeh aber nur dadureh zustande kommen, dag sieh jetzt mit einemmal noeh andere Zœ anf/~rben, also mehr als normalerweise. So etwas ist aber naeh allen bisherigen empiriseh gewonnenen Erfahrungen von vornherein ganz unwahrseheinlich.

R i e s sehreibt in seinem Bueh noch, dag die Zentrifugierungsversuehe von R a v e n ara Nereis-Ei im Gegensatz stehen zu meinen. In Wirklichkeit habe ieh aber Zentrifugierungsversuehe ara Nereis-Ei mit dem Programm R a v e n s i i b e r h a u p t n i e h t a u s g e f f i h r t . Mir kam es bei mœ Zentrifugierungs- versuehen am Nereis-Ei lediglieh darauf an, festzustellen, ob an den Ovarial- eiern von Nereis vor und nach ihrem Glasigwerden Untersehiede in der Zentri- �9 naehweisbar seien, woraus man auf Untersehiede in der Viskosit~t oder anderœ physikMisehe Zustands~nderungen h~tte sehliegen kSnnen. Hierzu waren die verh/iltnism~Big sehwaehen Zentrifugierungen, welehe ieh angewandt habe, gerade riehtig. Dœ zentrifugiert man in solehen Fgllen zu stark, daim erhglt man 1oei den meisten Objekten sehlieBlieh in M1 den miteinander ver- glichenen Stadien vollstgi:dige Sehiehtung, und sehwiiehere relative Untersehiede in der Zentrifugierbarkœ entgehen einem auf diesœ Wœ Der Frage, ob es aueh heim fertigen Ni von Nereis Dumerilii wirklieh m6glieh ist, den Dotter dureh geniigend starke Zentrifugierung abzuzentri�9 bin ieh gar nieht weiter naehgegangen, weil ieh an dem Resultat naeh dem positiven Befunde von H e i l b r u n n bei Nereiy limbata von vornherein nieht zweifelte.

Dag diœ fertigen, unbefruehteten Nereis-Eier eine r e l a t i v h0he Viskositgt haben, hat L. V. H e i l b r u n n ebenfalls sehon verzeiehnet und dieser Befund konnte aueh von H: J. F r y und M. E. P a r k s 1) bestgtigt werden.

R a v e n ist bei seinen Zentrifugierungsversuehen auf viœ hShere Touren- zahlen hinaufgegangen als ieh. Aber aueh abgesehen davon, diirften sieh seine Versuehe nieht ohne weiteres mit meinen vergleiehen lassen, da ieh meine in

1) H. J. Fry ~nd M. E. Parks, Protoplasma ~l, 473 (1934).

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einem kalten Winter in ungeheiztenl Raum bei etwa + 60 C ausgefiihrt habe, R a v e n dagegen seine inl Neapeler Hochsommer.

An den Aplysia-Eiern konnte R a v e n alle vitalf~rbbaren Substanzen durch Zentrifugieren verlagern, sowohl die Dotterelemente, als aueh eine fein verteilte alkalisehe Substanz des Protoplasmas. Uber die entwieklungsphysio- logisehe Bedeutung dieser Stoffe liel3 sieh aber niehts Genaueres ermitteln, da sie nach der Zentri�8 ihre bipolare Wanderung wieder aufnehmen und meist sehon vor Beginn der Furehnng einigermaBen die normale Verteilung derselben wieder hergestellt ist, worauf dann auch normale Entwicklung erfolgt. Die b i p o l a r e D i f f e r e n z i e r u n g d i e s e r E i e r f i b e r s t e h t a l so s e l b s t den s c h w e r e n E i n g r i f � 9 de r Z e n t r i f u g i e r u n g , sie i s t st~Lrker a ls die A u s w i r k u n g e n des E i n g r i f f s , sie k a n n d i e se w i e d e r a u s g l e i e h e n . D i e s e M 6 g l i e h k e i t h a b e ich s e h o n vo r J a h r e n in t h e o r e t i s c h e n B e t r a c h t u n g e n v o r a u s g e s a g t . R a v e n b a t sie j e t z t an e i n e m in- s t r u k t i v e n B e i s p i e l e x p e r i m e n t e l l d e m o n s t r i e r e n k S n n e n .

Zum Sehlu6 dieser Betrachtungen m6ehte ieh nur noeh auf einen der eigen- artigen Widersprtiche in den Riesschen Darstellungen hinweisen. In seiner Arbeit von 1937 und inl zweiten Teil seines Buehes vertr i t t er die Ansieht, da6 die wiehtigsten Stoffe wie das Vitamin C und all~ histoehemiseh naehweisbaren Fermente in Dotterelementen bzw. in Substanzen liegen sollen, die wahrseheinlieh alle miteinander zentrifugierbar sind. (Da6 die Dotterelemente des Aplysia-Eies zentrifugierbar sind, hat ja R a v e n gezeigt.) An anderer Stelle, wo er die gleiehen Elemente im Rahmen der bipolaren Differenzierung betraehten roui3, da sieht er sie mit einem Male mit anderen Augen an. Je tz t versueht er die Vita.lf~rbungen und die bipolare Differenzierung selbst damit zu bagatellisieren, da6 er (dem Sinne naeh) sagt, dag ja ~lles ,,nur" Dotter sei, was sieh anf~rbe und scndere. So f/ihrt eine Auffassung vcn l~ies die andere ad absurdum, und beide werden hn gleiehen Bueh vorgetragen.

Bei der Suehe naeh den Ursaehen der bipolaren Differenzierung der Eizelle, habe ieh etwaigen Str6mungserseheinungen, die dureh Oberfl/~ehenspannungs- differenzen verursaeht sein k6nnten, stets die gr6gte Aufmerksamkeit gesehenkt, besonders bei Eizellen, welehe bel der bipolaren Differenzierung Formver- /~nderungen erleiden. Der eharakteristisehe Verlauf der dureh Oberflgchen- spannungsdifferenzen verursaehten PlasmastrSmungen, das Str6mungsbild der- selben, erm6glieht es vielfach, diese von Plasmastr6mungen, welche a n d e r e Ursaehen haben mtissen, zn unterseheiden, leh kam zu dem Resultat, da6 an manehen der von mit untersuehten Eizellen w/~hrend der bipolaren Wanderung dureh Oberfl/tehenspannungsdifferenzen hervorgerufene Plasmastr6mungen vor- fibergehend a u f t r e t e n k6nnen, daB sie aber h6ehstens eine leiehte Modifikation der dureh die Wanderung der Substanzen naeh den beiden Polen des Eies ent- standenen Differenzierung herbeiftihren k6nnen. Bei Fiseheiern setzen sie tiber- dies meist erst ein, wenn die in ihrem Verlauf so absolut andœ Wanderungen der Eisubstanzen naeh den beiden Polen schon fast vollst~ndig v o 11 z o g e n sind. Auf Oberfl~ehenspannungsdifferenzen ffihrte ieh die sehwaehen Str6mungen zurfiek, welehe die font/Lnenartige Anordnung der Granulen ira Keimplasma des Corregonus-Eies entstehen lassen, und die Bewegungen bei der zeitweiligen Einsehntirung des Eik6rpers der Stiehlinge und anderer Fisehe (vgl. Fig. 5 der Taf. V I I I in Bd. 18 dieser Zeitsehr. und den Text auf S. 525 des gleiehen Bandes). Viel mehr ist von Str6mungen d i e s e r A r t aueh bei Vor- ffihrung von Verfilmungen der Differenzierung mit Zeitraffung nieht zu sehen.

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Sie sind aber insofern fiir die Analyse der Stoffwanderung wertvoll, weil in ihnen die b i p o l a r e W a n d e r u n g der E i s u b s t a n z e n s e l b s t zum Teil direkt als Bewegung zu erkennen ist, ws ja bei normaler Betraehtung diese Wan- derung zu langsam ist, als dag man sie direkt als , ,StrSmung" erkennen k6nnte.

R i e s sehreibt nun fiber diese Dinge auf S. 263 seines Buehes den Satz: , , S p e k versueht dagegen eine Plasmastr6mung auszusehlie6en, obgleieh eine solche z. B. auf Zeitrafferfilmen amFisehei sehr deutlieh erkennbar ist." Dadureh, dag hier ,,PlasmastrSmungen dureh Oberfl/tehenspannungsdifferenzen" = Plasma- str6mungen iiberhaupt gesetzt werden, wird der ganze Sinn meiner l~~berlegungen verf/~lseht. Ob im iibrigen der R iessehe Satz als Wiedergabe meiner Ansichten und des derzeitigen Standes der Dinge gelten kann, mag der Lesœ entseheiden.

Bisher konnten die bipolaren St0ffwanderungen auf keine andere Weise erkls werden, als dag es sieh um ein elektrisches Phs handeln muB, um ein Wandern geladener Teilehen kolloidaler oder mikroskopiseher Gr6gen- ordnung in einem elektrisehen Feld, welehes auf die gesetzm~tBige (regional versehiedene) Aufladung der inneren Grenzfls der Eizelle und etwaige Zell- strSme zuriiekgeftihrt wurde. Sehwerewirkung, Diffusionserseheinungen und Oberfl~ehenspannungsdifferenzen k6nnen nieht die bewegende Kraf t sein, wenn sie aueh bisweilen den Verhuf der Stoffwanderungen komplizieren k6nnen. So ist die Messung der Ladung der Plasmateilehen in den beiden Hauptport ionen des Protoplasmas der Eizelle und die Bestimmung des Grenzfls unbedingt erforderlieh ftir den Absehlug der Beweisftihrung.

Dœ Stand der elektrometrischen Untersuehungen ist zurzeit noeh sehr wenig befriedigend. Weder konnten sehwerwiegende Fœ bisher gekl~rt oder gar beseitigt werden, noeh herrseht Klarheit tiber prinzipielle Fragen dœ Methoden.

Fiihrt man mit einer KC1-L6sung gefiillte Kapillaren ~) in Eizellen ein, dann sehliegt sieh die AnstiehsteUe je naeh Umst~nden versehieden gut. Is t ihr Ver- schluP-unvollsts dann strSmen sofort jene leiehtdiffusiblen alkalisehen Zell~~bstanzen aus der Zelle heraus. Ihre Konzentration nimmt also im Zell- innern ab und au{~erhalb der Zelle zu. Die Miindung der in die Zelle eingefiihrten Kapillare liegt jeweils in einem Gemisch von mehr oder weniger feindispersen Teilehen v e r s e h i e d e n e r Ladung. Bei sehwaehem iJberdruek tr i t t etwas KC1- L6sung aus der Pipettenmiindung aus und bildet einen Hof um ihn. In ihn diffun- dieren sofort jene rasehdiffusiblen alkalisehen Zellstoffœ ein, und zwar tiberall zun/iehst n u r diese (sie sind ja aueh zwisehen dem Dotter noeh vorhanden). Sie diffundieren aueh in die Kapillaren hinein.

DaB man bei manehen Zellen, wie etwa dem Frosehei, t rotzdem es so sehr versehiedenartige Regionen aufweist, iiberall nur negative Ladung und kaum differierende Werte gefunden bat, mug einen schon sehr miBtrauiseh maehen. Allerdings kommt man ja an die Ladung aller grobdispersen, , ,geformten" Dotterelemente jedenfalls gar nieht heran, es sei denn, daB sie dureh Wegfangen

v o n Ionen der SalzlSsung die Situation ver/~ndern. - - Es sel aueh daran erinnert, dag verletzte Gewebe an der Mterierten Stelle immer negativ werden. Bei Einfiihrung von Glasnadeln oder Kapillaren in Zellen treten kolorimetriseh naehweisbare Mengen von S~uren (aeid of injury) entgegen friiheren anders lautenden Angaben nieht auf;

Aueh bei der Vœ der KC1-L6sungen mii6te man mehr Vorsicht walten lassen. Vielfaeh werden sie in Konzœ in dte Zelle eingefiihrt,

1) Aueh KC1-Agar-Kapillaren sind von den genannten Fehlerquellen nieht frei.

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die sicher nicht der Konzentration des Salzes in der Zelle entspreehen. Weiterhin diirfen wir nicht vergessen, dag bel Extrazusatz von KC1 zum Augenmedium die st~rksten Potentialdifferenzen ara Zellk6rper entstehen kSnnen, die man je gemessen hat, wenn das Salz (bzw. eine Ionenart derselben) !okal oder lokal st/~rker in die Zelle eindiffundiert. Kommt KC1 mit der Pipette in der N/~he der Oberfl/~che in den Zellk6rper und von dort an die Zellmembran, dann kSnnen sich an dieser unter Umst/~nden die gleichen Vorg~nge abspielen wie im erw/thnten Versuch, nur in umgekehrter Richtung.

Ffir unsere theoretischen Betraehtungen miigte man die Potentialdifferenz zwisehen den Kolloidteilchen und dem Dispersionsmittel kennen, aber die hat ja noch niemand gemessen.

Die Messungen der Potentialdifferenz zwisehen dem Innern der Eizelle und dem AuBenmedium durch die Membran hindureh sind ausgerechnet an Eizellen (Froseheiern) ausgeffihrt worden, die noeh von zwei Hfillen, ni~mlich der abgehobenen Eimembran und dem Reste der Gallerthiille umgeben waren, die be ide n i c h t bzw. n i c h t g a n z e n t f e r n t w u r d e n . So waren also diese Eier noeh umgeben von dem mit den diffusiblen alkalisehen Stoffen, Salzen usw. erffillten perivitellinen Saftraum, der Membran und dem Rest der mit den gleichen oder anderen Stoffen durchtr~nkten Gallerte. Zum Einstogen in den Zellk6rper mfissen beim genannten Objekt relativ grobe Glaskapillaren benfitzt werden. Die Schliegung der Einstichstelle ist wieder je naeh den Umst~nden versehieden. Nun st61~t man also die eine Kapillarenspitze in den Zellk6rper und migt di~ Potentialdifferenz naeh dem Au6enmedium. Was man aber mi6t, ist in Wirklichkeit nieht einfaeh die Grenzfl~chenspannung, die uns interessiert, sondern die Potentialdifferenz zwisehen der (wahrseheinlich entgegengesetzt geladenen) Plasmamasse unter der Membran, der Ladung der Membran und etwaigen Ladungen an den Grenzfl/~chen des perivitellinen Saftraumes und denen der Gallerte. Dag wir mit diesen Messungen vorli~ufig noeh reeht wenig anfangen kSnnen, ist klar.

Den ersten Vorstog auf diesem Gebiet hat in neuerer Zeit W. D o r f r ~ a n ~) gemacht. Seine Versuche sind aber noch von allen den oben aufgez/thlten Fehler- quellen belastet, ja, diese werden von D o r f m a n tiberhaupt noch nicht diskutiert, so dag ieh es auch noch ffir ganz verfriiht halte, schon jetzt weitgehende Schlu6- folgerungen aus ihnen zu ziehen. Ich will aber gerne anerkennen, dag sie fiir den Aufbau weiterer Versuehe sehr wertvoll werden kSnnen. R ie s bewertet sie in seinen polemisehen Ausffihrungen so, als ob sie die letzten absehliegend~n Arbeiten einer zwanzigjiihrigen Untersuchungsreihe seien und als ob es fiber das Prinzip der Messungen und die dabei zu berficksiehtigenden Fehlerquellen gar keine Diskussion mehr gebe. Ieh glaube, dag wir auch diese Fragen ohne Geduld nieht 16sen werden. Um nicht miBverstanden zu werden, m6chte ieh aber hervorheben, dag D o r f m a n selbst in seiner Darstellung stets sehr vor- siehtig und zuriickhaltend ist.

Absehlie6end glaube ich feststellen zu k6nnen, dag kein einziger der Ein- w/~nde gegen meine Deutung der bipolaren Differenzierung der Kritik standh/~lt, und dag mir kein Grund vorzuliegen seheint, das bisherige Programm zu ihrer experimentellen Erforschung in irgendeinem wesentlichen Punkt abzugndern.

1) W. A. Dorfman, Protoplasma 21, 245 (1934) und 25, 427 (1935).