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Beobachtungen iiber Xerophthalmie bei Ratten. Von Dr. Ejler Holm. (Aus dem hygienischeninstitut in !~openhagen[Direk~. : Prof. Dr. L. S. Fridericia].) In den ersten Jahren, da man sieh mit der Xerophthalmiekrank- heir bei Ratten besehgftigte, interessierte man sich haupts~ehlieh ffir die Nahrungsbesehaffenheit und die Vitarninstoffe, aber sehr wenig ffir die Augensymptome selbst, welehe bei diesen Tieren auftraten. Man hat doeh yon 1915 eine Besehreibung yon Goldschmidt, der Jour- nale fiber 7 Ratten verSffentlieht hat; diese waren weiBe l~atten, welche noeh im Wachstum waren. A]s erstes Augensymptom nennt er Haar- ausfall auf den Augenlidern etwa 3 Wochen naeh eingeleitetem Ver- suche. Darauf Enophthalmus gleichzeitig mit dem AufhSren des Waehs- turns. Zuletzt entsteht Unklarheit auf der Cornea, nnd nach z. B. 7 Wochen bek0mmt die Cornea ein mattfettJges Aussehen, und Infil- trate erscheinen darauf. Ma]ory Stephenson und Anne Clarlc erstatteten 1920 Bericht fiber Versuche mit im ganzen 49 l~atten bei einem Anfangsgewicht yon 40--50 g. Was die k]inisehen Verhaltnisse be~rifft, berichten sie nieht viel, fanden aber keine Augensymptome bei den l~atten, welche inner- halb 50 Tagen starben; darauf eine wachsende Anzahl mit Augen- symptomen vor dem Tod. Selbst bei den l~ngstlebenden fanden sie nicht Augensymptome bei allen. Osborne und Mendel (1921) fanden schlechte Augen bei 50% von den :Ratten, we]che Kost ohne fettauf- 16sbare Vitaminen bekamen. Sie sahen oft das Augenteiden kommen, ehe die Tiere mit dem Abnehmen des Gewichts angefangen batten, wi~hrend etwa der halbe Tell der Fglle noch auf dem maximalen Ge- wicht stand. Was die Augensymptome ~nbelangt, erldi~ren sie sieh einig mit ,,British report on accessory food factors" yon 1919. Dem- zufolge fangen sie gew6hnlich mit Gesehwulst an einem oder beiden Augen an, worauf ein katarrhaliseher und inf]ammierter Zustand der Conjunctivae folgt. Der Zustand verschlimmert sich schnell, und das Sekret, das zuerst h~tmorrhagisch ist, wird oft purulent. Wenn es nicht behandelt wird, kann die Cornea miteingezogen werden, und totale Blindheit ist die Folge.

Beobachtungen über Xerophthalmie bei Ratten

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Page 1: Beobachtungen über Xerophthalmie bei Ratten

Beobachtungen iiber Xerophthalmie bei Ratten. Von

Dr. Ejler Holm. (Aus dem hygienischen institut in !~openhagen [Direk~. : Prof. Dr. L. S. Fridericia].)

In den ersten Jahren, da man sieh mit der Xerophthalmiekrank- heir bei Ratten besehgftigte, interessierte man sich haupts~ehlieh ffir die Nahrungsbesehaffenheit und die Vitarninstoffe, aber sehr wenig ffir die Augensymptome selbst, welehe bei diesen Tieren auftraten. Man hat doeh yon 1915 eine Besehreibung yon Goldschmidt, der Jour- nale fiber 7 Ratten verSffentlieht hat; diese waren weiBe l~atten, welche noeh im Wachstum waren. A]s erstes Augensymptom nennt er Haar- ausfall auf den Augenlidern etwa 3 Wochen naeh eingeleitetem Ver- suche. Darauf Enophthalmus gleichzeitig mit dem AufhSren des Waehs- turns. Zuletzt entsteht Unklarheit auf der Cornea, nnd nach z. B. 7 Wochen bek0mmt die Cornea ein mattfettJges Aussehen, und Infil- trate erscheinen darauf.

Ma]ory Stephenson und Anne Clarlc erstatteten 1920 Bericht fiber Versuche mit im ganzen 49 l~atten bei einem Anfangsgewicht yon 40--50 g. Was die k]inisehen Verhaltnisse be~rifft, berichten sie nieht viel, fanden aber keine Augensymptome bei den l~atten, welche inner- halb 50 Tagen starben; darauf eine wachsende Anzahl mit Augen- symptomen vor dem Tod. Selbst bei den l~ngstlebenden fanden sie nicht Augensymptome bei allen. Osborne und Mendel (1921) fanden schlechte Augen bei 50% von den :Ratten, we]che Kost ohne fettauf- 16sbare Vitaminen bekamen. Sie sahen oft das Augenteiden kommen, ehe die Tiere mit dem Abnehmen des Gewichts angefangen batten, wi~hrend etwa der halbe Tell der Fglle noch auf dem maximalen Ge- wicht stand. Was die Augensymptome ~nbelangt, erldi~ren sie sieh einig mit ,,British report on accessory food factors" yon 1919. Dem- zufolge fangen sie gew6hnlich mit Gesehwulst an einem oder beiden Augen an, worauf ein katarrhaliseher und inf]ammierter Zustand der Conjunctivae folgt. Der Zustand verschlimmert sich schnell, und das Sekret, das zuerst h~tmorrhagisch ist, wird oft purulent. Wenn es nicht behandelt wird, kann die Cornea miteingezogen werden, und totale Blindheit ist die Folge.

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Isabel Wason, die 1921 eine gr6Bere Besehreibung mit eingehenden mikroskopisehen und bakteriologisehen Untersuehungen gegeben hat, sehildert das Augenleiden wie folgt: Es zeigt sieh Kongestion der Con- junetivae mit ser6sem oder seropurulentem Exsudat ~m Conjunetivalsaek. Die Augenlider sind geschwollen and rot, und haben oft die Ilaare ver- loren. Corneale Unklarheiten in gr613erem oder minderem Umfange sind in den meisten F~llen zu konstatieren.

Es gibt also nur spgrliehe klinisehe Angaben in der Literatnr, und speziell ist es nicht festgesteIl% ob das Augenleiden der lgatten wirklieh dasselbe ist wie die XerophthMmie beim l~Iensehen. Es ist sogar Zweifel dartiber aufgeworfen. - - Deshalb k6nnten vielleieht einige F~lle, welche zu verfolgen in dem hygienischen Institut der Universitgt ieh Getegen- heit hatte, Interesse haben. Es sind im ganzen etwa 25 gatten, die eine Kost bekommen haben, welehe yon fettauflSsbarem A-Vitamin gereinigt war.

Einige Versuehe waren an beinahe erwachsenen Ratten gemaeht, und bei diesen bekam die Krankheit einen mehr protrahierten Ver- lauf. Bei 10 war das Ge~4eht am Anfang des Versuehes nut 40--50 g; es waren also kleinere gattenjunge wie bei Ntephenson und Clarks F~lten. Bei Mien wurden begimtende Augensyml0tome beobaehtet, viele yon ihnen warden abet get6tet, ehe die Cornea angegriffen war.

I)iese jungen Ratten yon 40---50 g kamen naeh 8--14 Tagen auf das Gewieht der jungen Rat, ten zuriiek, welehe dieselbe Kost bekamen, mit dem Untersehied, dab der gereinigte Fettstoff dureh Butter ersetzt war. Sie fuhren doeh fort, in 4L--5 Woehen an Gewieht zuzunehmen, und blieben dunn auf einem Gewieht stehen, das regelm~Big kaum das Doppelte des Anfangsgewiehtes (80--100 g) war. I)arauf folgte eine Stfllstandsperiode, bis sie naeh im ganzen etwa 40 Tagen krank wurden. Sie wogen dann 2/a des normalen Gewiehts. ~¥~hrend dieser Stillstands- periode sieht man, dab das Aussehen sieh ver~ndert, der Pelz wird struppig mit I-Iaaren yon versehiedener L~inge; er wird diinner und die Ilaare gehen leieht aus.

Die Augem'~nder werden kahl, und die Augen, welehe sonst mit der ganzen gew61bten Cornea frei hervorstehen, liegen tiefer im Kopfe und sind grSBtenteils yon den Augentidern bedeckt.

Auf diese Periode folgt die Gewiehtsverlustperiode. Gleiehzeitig werden sie sehnell sehw~eher und bewegen sieh weniger. Ungef~lar gleiehzeitig - - also zu demselben Zeitpunkt, wie Osborne und Mendel in der tt~lfte der F~lle es beobaehteten - - pflegen die ersten eigentliehen Augensymptome zu erseheinen. Der Zweek meiner Mitteitung ist hauptsi~ehlieh eine klinisehe Besehreibung dieser Symptome, welehe friihere Beobaehter in besonderem Grad nieht interessiert zu haben

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scheinen. Es zeigt sich etwas seh]eimiges Sekret und setzt sieh br~un- liches Sekret an den Canthus internus, und die Cornea ist geneigt, troeken zu werden. Naeh wenigen Tagen kleben die Augen morgens zusammen und sind halb zugesehlossen. Es zeigt sich Geschwulst der Augenlider, und sofort oder wenige Tage sp~ter sieht man eine diffuse Unldarheit oder begrenzte Infiltrate in der Cornea, worauf friiher oder sparer tiefe Uleerationen eintreffen. Nach der Perforation einer solehen geht das Auge zugrunde dutch eine suppurative Panophthalmie. Das Sekret, welches die Augen znsammenklebt, ist anfangs brgunlieh, und wenn es entfernt wird; so dab die Augen ge6ffnet werden kSnnen, findet man im Conjunetivalsaek kleine Partikeln eines eigent~mliehen, halbfesten, gelbbr~unliehen Sekrets, das unter dem Mikroskop Massen yon Bakterien (haupts~chlieh kurze Stgbe) zu enthalten scheint, mit einem Teil Leukocyten und Epithelzellen. Wendet man das untere Augenlid oder ma~ht eine C~nthotomie, so dab die Conjunetivalsehleim- haut frei wird, sieht man, dag sic sehnell ein troeknes, fet.tes Aussehen bekommt, genau so wie bei Xerophthalmie bei Kindern. Zugleieh troeknet die Cornea schnell ein. - - Die weiBen, sogenannten Bitots- Fleeke, die man bei Mensehen auI beiden Seiten der Cornea sehen kann, finder man dagegen nieht, da es bei Ratten keinen unbedeekten Teil der Conjunctiva gibt. - - Die typisehe ,,Xerosis" der ConjunetivM- sehleimhaut finder sieh also sonst bei diesen gat ten ~'ie bei Mensehen mit XerophthMmie, und es ist kanm ein Zweifel dartiber, dab es eine wirkliche XerophthMmie ist, die man bei den Ratten finder, ganz analog der, die man bei Kindcrn sieht.

V. Graefes Archiv ftir Ophthalmologie. Bd. 111, 6