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Bericht zur Prfifung 1994 fiber Pensionsversicherungsmathematik Edgar Neuburger (Miinchen) In der Zeit vom 26. bis 28. September 1994 fiihrte der Berichterstatter zusammen mit Herrn Dipl. Math. Hartmut Engbroks ein Grundlagenseminar der DGVM iiber Pensionsversicherungsmathe- matik durch, das vom IVS-Institut der Versicherungsmathematisehen Sachverst/indigen fiir Alters- versorgung anerkannt wird. Im AnschluB an dieses Seminar bestand die Mfglichkeit, vor dem IVS-Institut als Teil der Gesamtpriifung dieses Fachgebiet priifen zu lassen. Die erfolgreiehe Teil- nahme an dieser Teilpriifung stellt eine Priifung im Sinne vonw4 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der DGVM bzw. im Sinne von w Abs. 1 Buchst. b der Satzung der DAV dar und bot daher den Teilnehmem die M6glichkeit, eine der Aufnahmebedingungen fOr die Mitgliedschaft in der DGVM bzw. in der DAV zu erf'tillen. 57 von 70 Teilnehmern haben die Priifung mit Erfolg bestanden. Den erfolgreichen Teilnehmern wird ihre Priifungsurkunde anl/iBlich der Mitgliederversammlung der DGVM bzw. der DAV am 28. April 1995 in Leipzig iiberreicht werden. Die Priifung bestand aus einer dreistiindigen Klausur, in der vier Aufgaben zu 16sen waren. Aufga- ben und Mustedfsungen 1 und 2 stammen von Herrn Hartmut Engbroks, Aufgaben und Musterlf- sungen 3 und 4 vom Berichterstatter. Insgesamt muflten mindestens 40 Punkte von 120 mfglichen Punkten erreicht werden. Aufgabe ! (30 Punkte) a) Im Klub herrschen strenge Sitten. Aus dem Klub scheidet sofort aus, wer 1. ein Bierglas umstfBt oder 2. eine ausgeliehene CD nicht am n/ichsten Tage zuriickbringt; jeweils zum Ende des Jahres scheidet aus, wer 3. mehrfach denselben Witz erz/ihlt, 4. wiederholt die Anwesenden griiBt, wenn er den Klubraum betritt, oder 5. wer 3 Jahre dem Klub angehfrt hat. Am Beginn des vergangenen Jahres hatte der Klub 108 Mitglieder. Im Laufe des Jahres gab es 13 F~ille gemfiB Ziff. 1, 8 Ffille gemfiB Ziff. 2, 20 F/ille gem/iB Ziff. 3 und keinen Fall gemfiB Ziff. 4. Am Ende des vergangenen Jahres hatte der Klub 114 Mitglieder. Ermitteln Sie die H/iufigkeiten des Ausscheidens aus den Griinden 1 bis 4 und betrachten Sie diese als Sch/itzwerte fiir die entsprechenden, von der Dauer der Klubmitgliedschaftunabhfingi- gen partiellen Ausscheidewahrscheinliehkeiten. Bestimmen Sie die globalen Ausscheidewahr- scheinlichkeiten aus den partiellen Ausscheidewahrscheinlichkeiten. Geben Sie die Ausscheide- ordnung for den Klub an. Hinweis: Beachten Sie die in den Klubregeln vorgesehenen Ausscheidetermine! b) Die gem/iBZiff. 2 oder 3 ausgeschiedenen Klubmitgliederwechseln fiber in den Bewfihrungsklub, dessen Mitglieder grunds/itzlich keine Witze erz/ihlen und keine CDs verleihen. Im iibrigen gelten die Regeln des Klubs. Klubzeiten werden im Hinblick auf die 3-Jahresfrist angerechnet. Bestimmen Sie aus den unter a) hergeleiteten partiellen Wahrscheinlichkeiten die globalen Aus- scheidewahrscheinlichkeiten und die Ausscheideordnung fiir den Bew/ihrungsklub. c) Im Bew~hrungsklub gemiiB b) werden jfihrlich vorschiissig Beitrfige in Hfhe von 100 DM f'rillig. Bestimmen Sie den Barwert dieser Beitr~ge fiir einen Jugendlichen, der neu in den Klub gem~iB a) eintritt. Beaehten Sie, dab im Klub keine Beitr/ige erhoben werden. Der Rechnungszins betr/igt 10%. Interpretieren Sie diesen Barwert in der Terminologie der Pensionsversicherungsmathema- tik. 213

Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

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Bericht zur Prfifung 1994 fiber Pensionsversicherungsmathematik

Edgar Neuburger (Miinchen)

In der Zeit vom 26. bis 28. September 1994 fiihrte der Berichterstatter zusammen mit Herrn Dipl. Math. Hartmut Engbroks ein Grundlagenseminar der DGVM iiber Pensionsversicherungsmathe- matik durch, das vom IVS-Institut der Versicherungsmathematisehen Sachverst/indigen fiir Alters- versorgung anerkannt wird. Im AnschluB an dieses Seminar bestand die Mfglichkeit, vor dem IVS-Institut als Teil der Gesamtpriifung dieses Fachgebiet priifen zu lassen. Die erfolgreiehe Teil- nahme an dieser Teilpriifung stellt eine Priifung im Sinne vonw 4 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der DGVM bzw. im Sinne von w Abs. 1 Buchst. b der Satzung der DAV dar und bot daher den Teilnehmem die M6glichkeit, eine der Aufnahmebedingungen fOr die Mitgliedschaft in der DGVM bzw. in der DAV zu erf'tillen. 57 von 70 Teilnehmern haben die Priifung mit Erfolg bestanden. Den erfolgreichen Teilnehmern wird ihre Priifungsurkunde anl/iBlich der Mitgliederversammlung der DGVM bzw. der DAV am 28. April 1995 in Leipzig iiberreicht werden. Die Priifung bestand aus einer dreistiindigen Klausur, in der vier Aufgaben zu 16sen waren. Aufga- ben und Mustedfsungen 1 und 2 stammen von Herrn Hartmut Engbroks, Aufgaben und Musterlf- sungen 3 und 4 vom Berichterstatter. Insgesamt muflten mindestens 40 Punkte von 120 mfglichen Punkten erreicht werden.

Aufgabe ! (30 Punkte)

a) Im Klub herrschen strenge Sitten. Aus dem Klub scheidet sofort aus, wer

1. ein Bierglas umstfBt oder 2. eine ausgeliehene CD nicht am n/ichsten Tage zuriickbringt;

jeweils zum Ende des Jahres scheidet aus, wer

3. mehrfach denselben Witz erz/ihlt, 4. wiederholt die Anwesenden griiBt, wenn er den Klubraum betritt, oder 5. wer 3 Jahre dem Klub angehfrt hat.

Am Beginn des vergangenen Jahres hatte der Klub 108 Mitglieder. Im Laufe des Jahres gab es 13 F~ille gemfiB Ziff. 1, 8 Ffille gemfiB Ziff. 2, 20 F/ille gem/iB Ziff. 3 und keinen Fall gemfiB Ziff. 4. Am Ende des vergangenen Jahres hatte der Klub 114 Mitglieder. Ermitteln Sie die H/iufigkeiten des Ausscheidens aus den Griinden 1 bis 4 und betrachten Sie diese als Sch/itzwerte fiir die entsprechenden, von der Dauer der Klubmitgliedschaft unabhfingi- gen partiellen Ausscheidewahrscheinliehkeiten. Bestimmen Sie die globalen Ausscheidewahr- scheinlichkeiten aus den partiellen Ausscheidewahrscheinlichkeiten. Geben Sie die Ausscheide- ordnung for den Klub an.

Hinweis: Beachten Sie die in den Klubregeln vorgesehenen Ausscheidetermine!

b) Die gem/iB Ziff. 2 oder 3 ausgeschiedenen Klubmitglieder wechseln fiber in den Bewfihrungsklub, dessen Mitglieder grunds/itzlich keine Witze erz/ihlen und keine CDs verleihen. Im iibrigen gelten die Regeln des Klubs. Klubzeiten werden im Hinblick auf die 3-Jahresfrist angerechnet. Bestimmen Sie aus den unter a) hergeleiteten partiellen Wahrscheinlichkeiten die globalen Aus- scheidewahrscheinlichkeiten und die Ausscheideordnung fiir den Bew/ihrungsklub.

c) Im Bew~hrungsklub gemiiB b) werden jfihrlich vorschiissig Beitrfige in Hfhe von 100 DM f'rillig. Bestimmen Sie den Barwert dieser Beitr~ge fiir einen Jugendlichen, der neu in den Klub gem~iB a) eintritt. Beaehten Sie, dab im Klub keine Beitr/ige erhoben werden. Der Rechnungszins betr/igt 10%. Interpretieren Sie diesen Barwert in der Terminologie der Pensionsversicherungsmathema- tik.

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Page 2: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

L6sung :

1.a)

i) Ermittlung der Ausseheidehiiufigkeiten

1. Ausscheideursache (Bierglas umstoBen)

Bestand unter Risiko: 0,5 x (108 + 114 + 20 + 13) = 127,5. Dabei wurde berfieksichtigt, dab die aufgrund der Ursache 3 ausseheidenden 20 Personen bis zum Jahresende unter Risiko standen und im fibrigen eine Gleichverteilung der Zug/inge und Abgange gegeben war. Realisierte Risiken: 13. Ausscheideh/iufigkeit: 13/127,5 = 10,20%.

2. Ausscheideursache (CD nicht zuriickbringen)

Bestand unter Risiko: 0,5 x (108 + 114 + 20 + 8) = 125. Realisierte Risiken: 8. Ausscheideh/iufigkeit: 8/125 = 6,40%.

3. Ausscheideursache 0Nitz-Wiederholung)

Bestand unter Risiko: 114 + 20 = 134. Realisierte Risiken: 20. Ausscheideh/iufigkeit: 20/134 = 14,93%.

4. Ausscheideursache (BegriiBung)

Kein Fall eingetreten. Ausscheideh/iufigkeit: 0%.

ii) Berechnung dcr globalen Ausscheidewahrscheinlichkeitcn

q(1) = 10,20% x (1 - 0,5 x 6,40%) = 9,87%, q(2) = 6,40% x (1 - 0,5 x 10,20%) = 6,07%, q(3) = 14,93% x (1 - 6,40%) x (1 - 10,20%) = 12,55%, q (4) = 0,00%, q (5) = 0,00% fiir das r und zweite Mitgliedsjahr

= 1 - q (1) - q (2) - q (3) - q (4) = 71,51% ffir das dritte Mitgliedsjahr.

iii) Ausscheideordnung

Mitgliedsjahr Bestand am Beginn

1 100000 2 71 510 3 51137 4 0

1.b)

i) Ermittlung der globalen Ausscheidewahrscheinlichkeiten des Bew/ihrungsklubs

qB(1) = 10,20%, qB (5) = 0,00% fiir das erste und zweite Mitgliedsjahr (ab Eintritt in den Klub gerechnet)

= 1 - qB (1) -- 89,80% fiir das dritte Mitgliedsjahr.

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Page 3: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

ii) Ausscheideordnung

Mitgliedsjahr Bestand am Beginn

1 100000 2 89 800 3 80 640 4 0

1 .c)

Barwert der Beitr~ige an den Bew~ihrungsklub

Wer im Laufe des ersten Jahres aus dem Klub ausscheidet, in den Bew~ihrungsklub iibergeht und diesem am Beginn des zweiten Mitgliedsjahres noeh angeh6rt, hat zu diesem Zeitpunkt einen Beitrag an den Bew~ihrungsklub zu zahlen und, wenn er am Beginn des dritten Mitgliedsjahres noch dem Bew/ihrungsklub angeh6rt, einen weiteren Beitrag. Wer im Laufe des zweiten Jahres aus dem Klub ausscheidet und in den Bew~ihrungsklub iibergeht und diesem am Beginn des dritten Mitgliedsjahres noch angeh6rt, hat einen Beitrag zu zahlen. Damit ergibt sich der Barwert zum Zeitpunkt des Eintritts in den Klub technisch wie ein Anwartschaftsbarwert einer w~ihrend der Zugeh6rigkeit zur Nebengesamtheit Bew~ihrungsklub j~ihdich vorsehiissig f~illigen Rente.

Berechnung des Barwerts mit v = 1/1,1

100 DM x [0,0607 x (1 - 0,5 • 0,102) x (v + v x (1 - 0,102) x v)

+ (1 - 0,0987 - 0,0607 - 0,1255) x v x 0,0607 x (1 - 0,5 x 0,102) x v

+ 0,1255 x (v + v x (1 - 0,102) x v)

+ (1 - 0,0987 - 0,0607 - 0,1255) x v x 0,1255 x v]

= 100 DM • [0,0607 x 0,949 x 1,65124

+ 0,65009 x 0,0607 x 0,86273

+0,1255 x 1,65124

+0,65009 x 0,1255 x 0,90909] = 41,06 DM.

Aufgabe 2 (30 Punkte)

Die Porzellanfabrik Scherbenfrei GmbH hat ihre betriebliche Altersversorgung durch eine Ruhe- geldordnung geregelt. Danach erh/ilt jeder Mitarbeiter bei Beendigung des Dienstverh~iltnisses wegen Eintritt von Invalidit~it oder Erreichen der Altersgrenze 65 ein Ruhegeld, wenn er im Versor- gungsfall mindestens 3 voile Jahre im Dienst der Firma gestanden hat. Die H6he der Rente betr~igt nach einer ruhegehaltf'~ihigen Dienstzeit von bis zu 10 Jahren 150 DM monatlich und erh6ht sich fiir das 11. bis 30. Jahr der ruhegehaltf'~ihigen Dienstzeit um je 10 DM monatlich; als ruhegehaltf'~i- hige Dienstzeit z~ihlt dabei jedes im Dienst der Porzellanfabfik Scherbenfrei GmbH zuriickgelegte Dienstjahr, wobei ein Rest yon mehr als sechs Monaten als weiteres volles Jahr gewertet wird. a) Bestimmen Sie den im Rahmen der Berechnung des Teilwertes nach w EStG zum 31.12. 1994 maBgebenden Rentenvektor R fiir den Leistungsanw~irter Josef Tiichtig, geb. am 14. 11. 1953, der am 1.8.76 in die Firma Scherbenfrei eintrat. Wfihlen Sie dabei eine Methode, die keine systema- tische Fehlbewertung im Bestand zur Folge hat und begriinden Sie Ihren Ansatz. b) Geben Sie eine Formel fiir den Teilwert der Pensionsverpflichtung der Firma Scherbenfrei gegeniiber dern unter a) genannten Leistungsanwfirter unter Verwendung der Bar- und Kommuta- tionswerte in der Schreibweise der RICHTTAFELN zum 31.12. 1994 unter Beachtung der Bestim- mungen des w 6a EStG an.

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Page 4: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

L6sung-

2.a)

Bei der ,,Lebensaltersmethode" wird jedem Alter der Rentenwert zugeordnet, der durchschnitflich bei Eintritt eines Versorgungsfalles w/ihrend des jeweiligen Lebensalters maBgebend ist; hilfsweise kann in einem Bestand derjenige Rentenbetrag je Alter in Ansatz gebracht werden, er in der Mitte des Lebensjahres oder an einem fiir alle Mitglieder des Bestandes festen Kalendertag (z. B. am Bewertungsstiehtag) im Versorgungsfall f~llig wiirde. Naeh tier ,,Stichtagsmethode" wird jedem Stichtag der Rentenwert zugeordnet, der durchsehnittlich bei Eintritt des Versorgungsfalles w/ihrend des folgenden Jahres mal3gebend ist; hilfsweise kann in einem Bestand derjenige Rentenbetrag in Ansatz gebracht werden, tier in der Mitte des folgenden Jahres oder zu einem fiir alle Mitglieder des Bestandes in Relation zum Geburtstag einheiflich gew/ihlten Zeitpunkt eines Lebensjahres (z. B. am Geburtstag) im Versorgungsfall f'~illig wiirde. Der so ermittelte Rentenbetrag wird dem Alter am Stiehtag zugeordnet. Im folgenden wird die Auswertung fiir den Mitarbeiter Josef Tiichtig nach der Lebensaltersmethode jeweils zur Mitte des Lebensjahres, d. h. jeweils zum 14. Mai eines Jahres, durchgefiihrt. Dabei ergibt sich folgender Rentenvektor:

Alter mal3gebendes Datum Rentenbetrag

23 14. 05.1977 0 24 14. 05. 1978 0 25 14. 05.1979 0 26 14. 05. 1980 150 27 14. 05.1981 150 28 14. 05. 1982 150 29 14. 05.1983 150 30 14. 05. 1984 150 31 14. 05. 1985 150 32 14. 05. 1986 150 33 14. 05. 1987 160 34 14. 05.1988 170 35 14. 05. 1989 180 36 14. 05.1990 190 37 14. 05. 1991 200 38 14. 05. 1992 210 39 14. 05. 1993 220 40 14. 05.1994 230 41 14. 05. 1995 240 42 14. 05. 1996 250 43 14. 05. 1997 260 44 14. 05. 1998 270 45 14. 05.1999 280 46 14. 05. 2000 290 47 14. 05. 2001 300 48 14. 05. 2002 310 49 14. 05. 2003 320 50 14. 05. 2004 330 51 14. 05. 2005 340 52 14. 05. 2006 350 53 14. 05. 2007 350 54 14. 05. 2008 350 55 14. 05. 2009 350 56 14. 05. 2010 350 57 14. 05. 2011 350

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Page 5: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

Alter maBgebendes Datum Rentenbetrag

58 14. 05. 2012 350 59 14. 05. 2013 350 60 14. 05. 2014 350 61 14. 05. 2015 350 62 14. 05. 2016 350 63 14. 05. 2017 350 64 14. 05. 2018 350 65 14. 11. 2018 350

2.b)

Das versicherungstechnische Alter am Stichtag betrfigt 41 Jahre. Der Finanzierungsbeginn erfolgt gem/iB w EStG im Alter 30.

Fiir den Teilwert gilt die Formel

11V3o = A41 - A3o x a,~l~W]

mit

A41 = 12 x[230 x a~'~ + 10 x ( ~ ' ~ - ~ ^ x DJ-2~l D~.I]J

und

\ D,o ~o3o]["

Aufgabe 3 (30 Punkte)

1. Ein Untemehmen gewfihrt seinen Mitarbeitern zum Zeitpunkt des Ausseheidens aus dem Unter- nehmen wegen Erreichen der Altersgrenze oder wegen vorzeitiger Invaliditfit die folgende Zu- sage:

a) eine lebensl~inglich j/ihrlich vorschiissig zahlbare Rente vom Betrag R, b) zum Ende des Jahres des Todes des Berechtigten den versicherungsmathematischen Barwert

zum Ende dieses Jahres.

Geben sie explizit den Barwert dieser Zusage zum Zeitpunkt des Ausscheidens als geschlossenen Ausdruck an.

2. L6sen Sie Nr. 1 dieser Aufgabe mit der Modifikation, dab b) von Nr. 1 ersetzt wird durch:

b) zum Ende des Jahres des Todes des Berechtigten den versicherungsmathematischen Barwert zum Ende dieses Jahres, falls der Berechtigte zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war.

Hinweis: Verwenden Sie die Rekursionsformeln fiir den Barwert und gewinnen Sie hieraus einen geschlossenen Ausdruck.

3. Wie Nr. 2 mit tier zusdtzlichen Leistung, dab

- ab Tod des Berechtigten eine lebenslfinglich j~hrlich im voraus zahlbare Ehegattenrente R w gew~hrt wird,

- zum Ende des Jahres des Todes des Ehegatten tier versicherungsmathematische Barwert der Ehegattenrente zum Ende dieses Jahres ausbezahlt wird.

Hinweis: Verwenden Sie die kollektive Methode.

Bem.: Beachten Sie, dab mit dem Barwert, der bei "rod des Berechtigten zu zahlen ist, der Barwert der gesamten Verpflichtung gemeint ist, also tier Barwert der Rente selbst und der Barwert der Anwartschaft auf Ehegattenrente! Diese ungew6hnliche Zusage wurde zur mathematischen Ver- einfachung gewfihlt.

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Page 6: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

4. Um mit der Riiekstellungsbildung friiher beginnen zu k6nnen,/indert eines Tages das Untemeh- men seine Zusage. Es gewiihrt nun seinen Mitarbeitern eine Zusage, die als Leistungen ab Ausseheiden nach Erreichen der Altersgrenze als Aktiver oder infolge vorzeitiger Invalidit~it eine lebenslanglich j/ihrlich vorschiissig zahlbare Rente vom Betrag R vorsieht. Zus/itzlich wird bei Tod als Rentner zum Ende des Jahres des Todes des Berechtigten der versicherungsmathema- tische Barwert der Verpfliehtung zum Ende dieses Jahres gew/ihrt. Berechnen Sie die Teilwerte mV., m = 0, 1 . . . . . n, und die jiihrlich gleichbleibende und vorschiissig zahlbare fiktive Priimie Pz dieser Zusage (x: Eintrittsalter; z: Pensionsalter; n : = z - x).

5. Wie Nr. 4, jedoch mit der Modifikation, dab zum Ende des Jahres des Todes des Berechtigten der versicherungsmathematische Barwert der Verpflichtung zum Ende dieses Jahres nur gew/ihrt

�9 wird, wenn der Berechtigte zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war. 6. Wie Nr. 5 mit der zusiitzlichen Leistung, dab ab Tod des Berechtigten, gleichgiiltig ob als Aktiver

oder Rentner, eine lebensliinglich j/ihrlich vorschiissig zahlbare Ehegattenrente R w gewiihrt wird, und dab zum Ende des Jahres des Todes des Ehegatten der versicherungsmathematische Barwert der Ehegattenrente zum Ende dieses Jahres gew~hrt wird.

Bem.: Vgl. die Bermekung in Nr. 3.

L6sung:

1. Sei x das Alter des Berechtigten zum betrachteten Stichtag, mad stelle roB, den Barwert der Verpflichtung nach m Jahren dar. Dann gelten bekanntlich die Rekursionsformeln

(*) mB,=mf,~+vP~+m~+lB ,, , B . = 0 , m = 0 , 1 . . . . . n - l ,

wobei die einzelnen GrfBen die folgende Bedeutung haben:

n = co - x, mit oJ = SchluBalter (q| = 1).

mi~,x: Erwartungswert der gesamten Leistung, die durch Erreichen des Alters x + m ausgelfst werden kann, diskontiert auf den Beginn des Jahres,

v: Diskontierungsfaktor, p~: Bestandsverbleibewahrscheinlichkeit des Rentnerbestandes:

= pi z bis zur Altersgrenze,

= p, ab der Altersgrenze.

Nun gilt nach Aufgabenstellung mit qx = 1 -- Px:

mf'.x = R + vqx+mm+lB~, m = 0 , 1 , . . . , n - 1 .

Es folgt unter Beachtmag von P,+m + q~+m = 1 Ym:

mB, = R + vq~+mm+lB~ + vp~+mm+lB ~

Damit = R + v ~ + l B ,, m = 0 , 1 . . . . . n - 1 .

n_lBx = R, ._2B~ = R(1 + v),

1 - v " oB~=R(1 + v + . . . + v " - l ) = R = R a ~ = : R a ~ 1).

1 - v

oBz stellt also den finanzmathematischen Barwert fiir eine jiihrlich vorschiissig fiir n Jahre zahlbaren Rente vom Betrag R dar.

2. Es gelten wieder die Gleichungen (*), hier mit

mr. = R + vqx+mh~+m+ 1/2 m+ 1Bx, m = 0 , 1 , . . . , n - - 1 .

Es folgt: mBx = R + Vqx+mhx+m+l/2 m+lB~ + vpx+mm+lB x

= R + v p ' ~ + ~ m + l B , , m = 0 , 1 . . . . , n - I

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Page 7: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

mit

P'x+m = P*+m + q~+mh~+m+l/2 = 1 -- q,+m(1 -- hx+m+l/2) Vm.

Diese Rekursionsformeln fiihren zu der geschlossenen Darstellung

oB~ = R a~ 2~ mit

n - 1 (2)

a, = Y. V~kP'~ k=O

und k - I

kP'x = 1-I P',+i j = 0

und stellen also den Barwert einer lebensl~inglieh j~ihrlich im voraus, zahlbaren Rente vom Betrag R auf die Grundlage einer Bestandsverbleibewahrscheinlichkeit p', dar.

3. Es gelten wieder die Gleichungen (*), hier mit

R w v l / 2 .a h a(I) mf.x=R+vq~+mh~,+m+i/2n~+IB~+... ~+m..x+m+i/2.y(x+m)+i/2. Es folgt

l~t w v l / 2 o h a(1) mBx = R + vqx+mhx+m+ 1/2 m+ IBx + "" - ,qx+m..x+m+ 1/2 ~y(x+m)+ 1/2 -t- vPx+mm+ 1Bx ~(1) "i = R(1 + wv 1/2 qx+mhx+m+l/2 ~y(x+m)+ 1/21 "1- vP'x+m m+ xBx

mit R w

W ~ - . R

Diese Rekursionsformeln fiihren zu der geschlossenen Darstellung

oB, = R a~ 3~ mit

n--1 a~x3) y~. vkkp, (1 1/2 (1)

= + W V q x + k h x + k + 1/2 ay (x+k)+ 1/2) k=O

= a~ 2) + w a~ mit

n - 1 ~w= Z Vk+l/2 , h (1) kPx q x + k x + k + 1/2 ay (x+k)+ 1 /2 ,

k=O

dem Barwert der Anwartschaft eines Rentners des Alters x auf eine lebensl~inglich j~ihrlich im voraus zahlbaren Ehegattenrente yore Betrag 1 mit Auszahlung des Anwartschaftsbarwertes auf Ehegatten am Ende des Jahres des Beginns der Ehegattenrente (!) und Auszahlung des Renten- barwerts der Witwenrente zum Ende der Ehegattenrente.

Bern.: Diese etwas iibertrieben erscheinende LeistungshShe wurde wegen der mathematischen Einfachheit halber gew~ihlt; es ist durchaus empfehlenswert, sich den Barwert auch fiir den Fall anzuschreiben, dab bei Tod des Berechtigten nur der Barwert der Rente des Berechtigten selbst und nicht auch der Barwert der Anwartschaft auf Ehegattenrente ausbezahlt wird.

4. Bern.: Im folgenden gilt n = z - x, mit z: Pensionsalter, im Gegensatz zu 1 his 3.

Der Teilwert mVx eines rnit Alter x eingetretenen Berechtigten stellt sich nach m Jahren auf

m L = roB, -- P, a l . m mit

mB~: Barwert der Verpflichtung zum Alter x + m, P~: j~ihrlich gleichbleibende Pr~imie der Verpflichtung

sowie

~- Aktivenbarwert. a x �9

219

Page 8: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

Pz berechnet sich gemiil3

und mBz gem~iB

mit

und

5. Wie 4 mit der Ersetzung

e x ~- OBx a

a x

n - m

V kPx+~ Lx+m+k r o B = R y~ k �9 k = 0

k - 1

dg,"= I-I p:+j j = O

Lx+k = vl/2 ix+k ~111 ~ 1/2 ( l )

~-- a z

f. k < n

f. k = n

Lx+k = vt/Z ix+k ~2~ f. k < n a x + k + 1/2

=a~ 2~ f. k = n

6. Wie 4 mit der Ersetzung

Lx+k t/2 �9 o) h (1) = v [ix+k ax+k+tt2 + W q~+k x+k+l/2 ay(x+k)+x/2 = a ~ ~

f. k < n f. k - - n

Aufgabe 4 (30 Punkte)

1. Das Bilanzgleichungssystem fiir den Barwertvektor B einer (Renten- oder Kapital-)Verpflich- tung lautet bekanntlich

P o B = L ,

mit Koeffizientenmatrix

1 - v p z + t

Po =

-- vpx+n-1 1

und Leistungsvektor L (explizit definiert, also unabhiingig yon B), sowie x: Eintrittsalter, x + n: Pensionsalter, v: Diskontierungsfaktor und Pz: Bestandsverbleibewahrscheinlichkeit.

Zeigen Sie, dab mit (00V) vPx+t

Qo =

V Px~n- l

die Gleiehung

(*) B = Qo B + L

iiquivalent zur Gleichung Po B = List .

2. Bekanntlich kann ein algebraisches Vektorgleichungssystem

x = f (x)

220

Page 9: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

unter gewissen Voraussetzungen n/iherungsweise dutch das Verfahren der sukzessiven Approxi- mation

x m = f(Xm_l), m > 0 , x o geeignet gew~ihlt,

gel6st werden, d. h., man berechnet, ausgehend von Xo, die Folge x 1 x 2 x 3 . . . . yon der man unter gewissen Voraussetzungen zeigen kann, dab

x = lim x m m ~ c o

existiert und eine L6sung der Gleichung x = f(x) darstellt. Wenden Sie dieses Verfahren auf Gleichung (*) an, d.h., gehen Sie aus yon den Gleichungen

Bm= Qo B=_I + L , m > 0 , Anfangswert Bo,

und gewinnen Sie hieraus einen geschlossenen Ausdruck fiir Bin, m e N o .

3. Zeigen Sie, dab das N~iherungsverfahren nach n + 1 Schritten abgebrochen werden kann, da B,~ = B ,+ IVm > n + 1.

Hinweis: Zeigen Sie, dab Qm = 0 fiir m > n + 1.

4. Zeigen Sie, dab Bn+ ~ unabh/ingig vom gew/ihlten Ausgangsvektor B o ist.

5. Zeigen Sie, dab Po Bn+l = L gilt, d.h., dab Bn§ 1 eine L6sung des Bilanzgleichungssystems darstellt und damit (wegen der Eindeutigkeit der L6sung)

B = B~+~ .

Hinweis: Stellen Sie Po durch Qo dar.

Bem.: Der Barwert einer Verpflichtung kann also in n + 1 Schritten durch die Rekursionsformeln

B m = Q o B , _ I + L , (z. B.) B o = 0

gewonnen werden, ein sehr einfach programmierbares Verfahren, insbesondere, wenn eine Program- miersprache Matrixoperationen zur Verfiigung stellt.

L6sung:

1. Offenbar ist: Qo = 1 - Po, d.h., Po = 1 - Qo, mit 1: Einheitsmatrix.

Damit gilt: Po B = L ~:~ (1 - Qo) B = L r B = Qo B + L .

2. Sei B o beliebig gew~ihlt. Dann folgt aus der Gleichung B m = Qo Bm-i + L:

B1 = Qo Bo+ L .

B2 = Qo B1 + L = QoZBo + Qo L + L ,

B3 = Qo Bz + L = Qo3Bo + Qo 2L + Qo L + L ,

Bm= Qg' Bo + Q L . k

3. Zun/ichst wird gezeigt, dab Q~ = 0 fiir m > n: Die Multiplikation einer Matrix A v o n der Form (00 a,)

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Page 10: Bericht zur Prüfung 1994 über pensionsversicherungsmathematik

mit einer beliebigen Matrix (,o_ .. B

b.o b . yon links •hrt zu

(..o . . . . . t , a n - x b n o . . . a n - l b n n

0 0

also zu einer Matrix, deren letzte Zeile durch Nullen ersetzt ist. Setzt man nun A = B = Qo, und beachtet, dab die letzte Zeile von Qo per definitionem mit Nullen besetzt ist, dann folgt

Q~+ a = 0 und damit aueh Q~' = 0Vm > n + 1. Aus der Darstellung von B= in 2 folgt dann fiir m > n + 1:

BmB~+ 1 = L .

4. Die Behauptung folgt unmittelbar aus der Darstellung von B~ in 3.

5. Po B.+I = (1 - Qo) B.+x

= (1 - Q~)+ ' ) L

= L w e g e n Q~+a = 0 .

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