Berkmann, Alexander - ABC Des Anarchismus[1]

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    iNHALTPiC

    Vorwort

    Einfhrung

    Bedeutet

    Anarchismus

    Gewaltanwendung?

    Was ist

    Anarchismus?

    Ist Anarchie

    mglich?

    Wird der

    kommunistische

    Anarchismus

    funktionieren?

    chtkommunistische

    Anarchisten

    arum Revolution?

    Wichtig ist die

    Idee

    Vorbereitung

    Die Organisation

    er Arbeiterschaft

    fr die soziale

    Revolution

    Prinzipien und

    Praxis

    Konsum und

    Warenaustausch

    Produktion

    Verteidigung der

    Revolution

    Anmerkungen

    er war Alexander

    Berkman?

    Die Schriften

    @bc des @narchismus

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    lexander Berkmans

    @bc des @narchismus

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    orwort

    ch halte den Anarchismus fr die vernnftigste und am besten durchfhrbareonzeption einer in Freiheit und Harmonie lebenden Gesellschaft. Ich binberzeugt, da er im Laufe der weiteren menschlichen Entwicklung mit Sicherheit

    rwirklicht wird.r Zeitpunkt dafr wird von zwei Faktoren abhngen: Erstens davon, wann diestehenden Bedingungen fr einen groen Teil der Menschheit physisch und geistnertrglich werden, und zweitens davon, in welchem Mae die anarchistischennsichten verstanden und akzeptiert werden.nsere gesellschaftlichen Institutionen basieren auf bestimmten Vorstellungen uolange diese hingenommen werden, sind die Institutionen nicht gefhrdet. Dieacht der Regierung bleibt erhalten, weil die Menschen der Meinung sind, daolitische Autoritt und gesetzlicher Druck notwendig sind. Der Kapitalismuseibt solange bestehen, wie dieses System als vernnftig und richtig erachtetrd. Eine Aushhlung der Ideen, die fr die schlechten und bedrckendenbensbedingungen der heutigen Zeit mitverantwortlich sind, fhrt letzten Endes

    um Zusammenbruch des Regierungssystems und des Kapitalismus. Fortschritt bestearin, da berholtes abgeschafft und durch ein angemessenes Konzept ersetzt wilbst dem beilufigen Beobachter mu auffallen, da die Grundvorstellungen dersellschaft zur Zeit einer radikalen nderung unterliegen. Der Weltkrieg und dussische Revolution sind die Hauptursachen dafr. Der Krieg hat den verderblicharakter des kapitalistischen Wettbewerbs und die tdliche Unfhigkeit dergierungen aufgedeckt, Streitigkeiten zwischen den Nationen, oder besser gesagwischen den herrschenden Finanzcliquen zu schlichten. Weil die Menschen ihrenauben an die alten Methoden verlieren, sind die Gromchte jetzt sogarzwungen, Abrstung und sogar ein Verbot von Kriegen zu diskutieren. Noch vor cht langer Zeit traf auch nur die Andeutung einer solchen Mglichkeit auf Hohnd Spott. Ebenso bricht allmhlich der Glaube an andere etablierte Institution

    usammen. Der Kapitalismus funktioniert noch, aber an seiner Zweckmigkeit urechtigkeit zweifeln stndig wachsende Bevlkerungsgruppen. Die russischevolution hat Ideen und Gefhle verbreitet, die die grundlegenden Vorstellunger kapitalistischen Gesellschaft unterminieren, insbesondere die ber Wirtschand die der Unantastbarkeit des Privateigentums. Denn nicht nur in Ruland hat ktober eine Vernderung bewirkt, in der ganzen Welt hat er die Massen beeinflur beliebte Aberglaube, da das Bestehende permanent sei, ist fr immerrschttert.r Krieg, die russische Revolution und die Nachkriegsentwicklung haben das ihrazu beigetragen, da viele vom Sozialismus enttuscht sind. Es trifftuchstblich zu, da der Sozialismus genauso wie das Christentum die Welt erobeat und sich dabei selbst zerstrt. In den meisten europischen Lndern regieretzt sozialistische Parteien oder sind an der Regierung beteiligt, aber dienschen glauben nicht mehr, da diese Parteien sich von den bourgeoisen Regimenterscheiden. Sie haben das Gefhl da8 der Sozialismus versagt hat undandlungsunfhig geworden ist. In hnlicher Weise haben die Bolschewistenwiesen, da marxistisches Dogma und leninistische Prinzipien nur zu Diktatur aktion fhren knnen.r die Anarchisten ist das alles nicht berraschend. Sie haben schon immerhauptet, da der Staat auf die individuelle Freiheit und die Harmonie in dersellschaft einen verderblichen Einflu hat und da nur die Abschaffung der auwang beruhenden Autoritt sowie der materiellen Ungleichheit unsere politischertschaftlichen und nationalen Probleme lsen kann. Aber ihre Argumente, obwoh

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    urch lebenslange Erfahrung gesttzt, erschienen der gegenwrtigen Generation aine Theorie, bis die Ereignisse der letzten zwei Jahrzehnte die Richtigkeit dnarchistischen Position demonstrierten. Das Versagen des Sozialismus undolschewismus hat dem Anarchismus den Weg geebnet.e Literatur ber den Anarchismus ist zahlreich, aber sie wurde grtenteils vm Weltkrieg geschrieben. Die in der jngsten Vergangenheit gewonnenenrkenntnisse sind so bedeutend, da die anarchistische Position und Argumentatindert werden mu Obwohl die grundlegenden Lehrstze selbst unverndertibehalten werden knnen, erscheint es aufgrund von Tatbestnden aus dergenwrtigen Geschichte geboten, sie bezglich ihrer praktischen Anwendung zu

    odifizieren. Die Erfahrungen der russischen Revolution erfordern vor allem einues Verstndnis verschiedener wichtiger Probleme, darunter hauptschlich der sens und der Aktivitten der sozialen Revolution.udem sind Bcher ber den Anarchismus, von einigen Ausnahmen abgesehen, fr deurchschnittsleser kaum verstndlich. Allgemein besteht die Schwche der Bchere sich mit sozialen Fragen befassen, darin, da sie unter der Annahmeschrieben sind, der Leser sei schon in erheblichem Umfang mit der Sachertraut, was im allgemeinen auch berhaupt nicht zutrifft. Das Ergebnis ist, dur sehr wenige Bcher soziale Probleme in einfacher und verstndlicher Weisehandeln.us diesem Grunde erscheint mir eine Neudarstellung der anarchistischen Positiou diesem Zeitpunkt geboten - eine fr jeden verstndliche Neudarstellung mitsonders einfachen und klaren Begriffen. Das ergibt ein ABC des Anarchismus.t diesem Ziel vor Augen wurden die folgenden Seiten geschrieben.

    aris 1928

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    Einf hrung

    ch mchte Ihnen etwas ber Anarchismus erzhlen.ch mchte Ihnen sagen, was Anarchismus ist, denn ich glaube, es ist gut, wenn wissen. Auch deswegen weil so wenig darber bekannt ist und das, was man im

    lgemeinen durch Hrensagen wei meistens falsch ist.ch mchte Ihnen darber erzhlen, weil ich glaube, da Anarchismus die schnstnd grte Sache ist, die Menschen je erdacht haben; er allein kann Ihnen Freihnd Wohlstand geben und Frieden und Freude fr die Welt bringen.ch mchte Ihnen darber in so einfacher und schlichter Sprache erzhlen, da eine Miverstndnisse geben kann. Groe Worte und hochtrabende Stze verwirrenur. Unkompliziertes Denken verlangt eine einfache Sprache. Aber bevor ich Ihnerzhle, was Anarchismus ist, mchte ich Ihnen sagen, was er nicht ist.as ist erforderlich, weil so viele Lgen ber den Anarchismus verbreitet wordend. Sogar intelligente Menschen haben oft vllig falsche Vorstellungen. Manchute reden ber Anarchismus, ohne auch nur das Geringste darber zu wissen. Unanche verbreiten Lgen ber den Anarchismus, weil sie nicht wollen, da Sie di

    ahrheit darber erfahren.r Anarchismus hat viele Feinde, die natrlich die Wahrheit verschweigen werdearum der Anarchismus Feinde hat, und wer sie sind, werden Sie spter in diesemuche erfahren. Ich kann Ihnen aber schon jetzt sagen, da weder Ihr politischehrer noch Ihr Arbeitgeber, weder der Kapitalist noch der Polizist aufrichtig hnen ber den Anarchismus sprechen werden. Die meisten von ihnen wissen auchchts ber ihn, aber alle hassen ihn. Ihre Zeitungen und Publikationsorgane - apitalistische Presse - sind ebenfalls gegen ihn.lbst die meisten Sozialisten und Bolschewisten stellten ihn falsch dar. Es islerdings wahr, da die Mehrheit unter ihnen es auch nicht besser wei Aber die es besser wissen, sagen oft nicht die Wahrheit und setzen Anarchismus mitufruhr und Chaos gleich. Sehen Sie selbst, wie unredlich viele in diesem Punkt

    nd: Die grten Lehrer des Sozialismus - Karl Marx und Friedrich Engels - hablehrt, da der Anarchismus aus dem Sozialismus hervorgeht. Sie sagten, da err Sozialismus kommen mu aber da auf den Sozialismus der Anarchismus folgenrd und da dieser fr die menschliche Gesellschaft eine noch freiere und bessbensform darstelle als der Sozialismus. Die Sozialisten, die auf Marx und Engchwren, beschimpfen den Anarchismus beharrlich als Chaos und Aufruhr, all digt Ihnen, wie ignorant und unredlich sie sind.

    r bedeutet nicht Bomben, Aufruhr oder Chaos.r bedeutet nicht Raub und Mord.r bedeutet nicht einen Krieg jeder gegen jeden.r bedeutet nicht eine Rckkehr zur Barbarei oder in die Anfnge der Menschheit

    narchismus ist das genaue Gegenteil all dessen. Anarchismus heit da Sie freiin werden; da niemand Sie versklaven, Sie herumkommandieren, Sie berauben odbrauchen wird.as bedeutet, da Sie die Freiheit haben werden, das zu tun, was Sie wollen, una Sie nicht gezwungen werden, etwas gegen Ihren Willen zu tun.as bedeutet, da Sie die Mglichkeit haben, ohne Einmischung anderer so leben nnen, wie Sie es wnschen.as bedeutet, da Ihr Nachbar die gleiche Freiheit hat wie Sie, da jedereselben Rechte und Freiheiten besitzen wird.as bedeutet, da alle Menschen Brder sind und wie Brder in Frieden und Harmo

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    ben werden.as heit da es keine Kriege geben wird und keine Gewaltanwendung einer Gruppegen die andere, kein Monopol, keine Armut, keine Unterdrckung und keinusnutzen des Mitmenschen.urz gesagt: Anarchismus heit die Gesellschaftsform, in der alle Mnner undrauen frei sind und in der alle die Vorteile eines geregelten und sinnvollenbens genieen.st das berhaupt mglich? fragen Sie. und wie?Nicht bevor wir alle Engel werden, bemerkt Ihr Freund.so sprechen wir es durch! Vielleicht kann ich Ihnen zeigen, da wir vernnfti

    in und wie anstndige Leute leben knnen, ohne da uns Flgel wachsen mssene Bolschewisten tun dasselbe, obwohl ihr grter Lehrer, Lenin, gesagt hat, duf den Bolschewismus der Anarchismus folgen und da man dann besser und freierben wird.arum mu ich Ihnen erst einmal sagen, was Anarchismus auf keinen Fall bedeutet

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    Bedeutet Anarchismus

    Gewaltanwendung?

    e haben sicherlich gehrt, da Anarchisten Bomben werfen, da sie an Gewalt

    auben und da die Anarchie Aufruhr und Chaos bedeutet. ist nicht berraschend, wenn Sie so denken sollten. Die Presse, die Kirche ude andere Autoritt hmmern es Ihnen stndig ein. Aber die meisten diesernstitutionen wissen es besser, und sie haben Grund Ihnen nicht die Wahrheit zuagen. Es wird Zeit, da Sie diese hren.ch habe die Absicht, mit Ihnen offen und ehrlich zu sprechen, und Sie knnen mim Wort nehmen, denn ich bin zufllig einer jener Anarchisten, die alswaltttig und zerstrerisch gelten. Ich mte darber Bescheid wissen und habuch keinen Grund etwas zu verbergen.Bedeutet Anarchismus nun wirklich Aufruhr und Gewalt? fragen Sie.Nein, mein Freund. Es ist der Kapitalismus und die Regierung, die Unruhe undwalt erzeugen: Anarchismus ist das genaue Gegenteil er ist fr Ordnung ohnegierung und fr Frieden ohne Gewalt.Aber ist so etwas mglich? wenden Sie ein.nau darber wollen wir sprechen. Aber zuerst wird Ihr Freund wissen wollen, onarchisten nie Bomben geworfen oder Gewalt angewandt haben. Ja, Anarchisten haomben geworfen und manchmal Gewalt angewendet.Na, siehst! wird Ihr Freund ausrufen. Das dachte ich mir.ber lassen Sie uns nicht voreilig sein. Wenn die Anarchisten manchmal Gewaltngewendet haben, heit das dann unbedingt, da Anarchismus Gewalt bedeuten muellen Sie sich selbst diese Frage und versuchen Sie, sie ehrlich zu beantwortnn ein Brger eine Soldatenuniform anzieht, dann mu er vielleicht Bomben wernd Gewalt anwenden. Wrden Sie dann sagen, da Brgertum fr Bomben und Gewalt

    eht?ese Unterstellung wrden Sie entrstet von sich weisen. Das heit werden Sientworten, da ein Mensch unter bestimmten Bedingungen eventuell Gewalt anwendeu. Dieser Mensch knnte ein Demokrat, ein Monarchist, ein Sozialist, Bolschewder Anarchist sein. Sie wrden der Meinung sein, da dieses fr alle Menschen le Zeiten zutrifft. Brutus ttete Csar, weil er befrchtete, sein Freund hte Absicht, die Republik zu verraten und Knig zu werden; nicht darum, weilrutus Csar nicht liebte, sondern er Rom mehr liebte. Brutus war keinnarchist. Er war ein loyaler Republikaner.lhelm Tell, berichtet die Volkskunde, erscho den Tyrannen, um sein Land von nterdrckung zu befreien. Tell hatte nie etwas ber Anarchismus gehrt. Ichrwhne diese Ereignisse, um auf die Tatsache hinzuweisen, da seit Urzeiten da

    chicksal Despoten in Form einer Gewalttat freiheitsliebender Menschen ereilte,e gegen die Tyrannei rebellierten. Im allgemeinen waren die Attentteratrioten, Demokraten oder Republikaner, manchmal Sozialisten oder Anarchistenhre Taten waren eine individuelle Rebellion gegen Unrecht und Ungerechtigkeitnarchismus hat damit nichts zu tun. gab Zeiten im alten Griechenland in denen das Tten eines Despoten als hchsugend galt. Das moderne Recht verurteilt solche Taten, aber das menschlichefhl scheint sich in dieser Beziehung von frher nicht zu unterscheiden. Daswissen der Welt emprt sich nicht ber Tyrannenmorde. Auch wenn sie ffentliccht gebilligt werden, so verzeiht doch die Menschheit im Herzen solche Taten t oft insgeheim darber erfreut. Gab es nicht tausende patriotischer Jugendli

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    n Amerika, die bereit waren, den deutschen Kaiser zu ermorden, den sie fr denginn des Ersten Weltkrieges verantwortlich machten? Hat das franzsische Gericht erst vor kurzem den Mann freigelassen, der Petljura ttete, um Tausende vnnern, Frauen und Kindern zu rchen, die bei Petljuras Judenverfolgungen indruland ermordet wurden?n jedem Land und zu allen Zeiten hat es schon Tyrannenmorde gegeben; das heitnner und Frauen liebten ihr Land so sehr, da sie bereit waren, ihr Leben dafu opfern. Meistens waren es Menschen, die keiner politischen Partei oder Ideenhingen, sondern nur die Tyrannei haten Gelegentlich waren es religiseanatiker wie der fromme Katholik Kullmann, der Bismarck zu tten versuchte, od

    e die irregeleitete Schwrmerin Charlotte Corday, die whrend der franzsischvolution Marat ttete. In den Vereinigten Staaten wurden drei Prsidenten vonnzelgngern ermordet. Lincoln wurde l865 von John Wilkes Booth, einem Demokraus den Sdstaaten, erschossen; Garfield im Jahre 1888 von dem Republikanerharles Jules Cuiteau; und McKinleyim Jahre 1901 von Leon Czolgosz. Nur einer drei war Anarchist. ist nur natrlich, da das Land mit den schlimmsten Tyrannen auch die grtenzahl von Tyrannenmorden aufweist. Nehmen Sie z. B. Ruland. Wegen der totalennterdrckung der Redefreiheit und der Presse unter den Zaren konnte dasspotische Regime nicht anders gemildert werden, als da dem Tyrannen die Furor Gott eingejagt wurde.ne Rcher waren meistens Shne des Hochadels, idealistische Jugendliche, die reiheit und das Volk liebten. Da alle anderen Wege versperrt waren, sahen siech gezwungen, zu Pistole und Dynamit Zuflucht zu nehmen, mit der Hoffnung,adurch die miserablen Zustnde in ihrem Land zu mildern. Sie waren bekannt alshilisten und Terroristen. Sie waren keine Anarchisten.n modernen Zeiten sind individuell ausgefhrte politische Gewalttaten hufigers in der Vergangenheit. Die Suffragetten in England haben oft daraufurckgegriffen, um ihre Forderungen nach Gleichberechtigung zu propagieren undurchzusetzen. Seit Ende des Krieges haben in Deutschland Mnner mit sehronservativen Ansichten mit Hilfe solcher Methoden gehofft, die Monarchie wiedenfhren zu knnen. Ein Monarchist hat Karl Erzberger, den preuischennanzminister, ermordet; auch der Auenminister Walter Rathenau wurde von eine

    ann derselben politischen Partei umgebracht.e Tat eines serbischen Patrioten, der noch nie etwas von Anarchismus gehrtatte, nmlich die Ermordung des sterreichischen Thronfolgers war der eigentlirund oder zumindest eine Entschuldigung fr den Eintritt in den Weltkrieg. Inutschland, Ungarn, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal und in jedem andereuropischen Land haben Mnner unterschiedlichster politischer Richtungen aufwalt zurckgegriffen, ganz zu schweigen von dem politischen Massenterror, deron organisierten Gruppen wie den Faschisten in Italien, dem Ku Klux Klan inmerika oder der katholischen Kirche in Mexiko praktiziert wird.e sehen also, da das Monopol der politischen Gewaltanwendung nicht bei dennarchisten liegt. Der Anteil, der von Anarchisten begangenen Gewalttaten istrgleichsweise winzig gegenber dem von Leuten anderer politischer Richtungen

    e Wahrheit ist, da Gewaltanwendungen seit undenkbaren Zeiten in allen Lndernd in jeder sozialen Bewegung ein Teil des Kampfes gewesen ist. Selbst derazarener, der gekommen war, um das Evangelium des Friedens zu predigen, vertrie Geldwechsler gewaltsam aus dem Tempel.e ich schon sagte, besitzen die Anarchisten nicht das Monopol fr Gewalt. Dernarchismus lehrt im Gegenteil Frieden und Harmonie, Nichteinmischung undnantastbarkeit des Lebens und der Freiheit. Anarchisten sind ebenso menschliche der Rest der Menschheit, vielleicht sogar mehr. Sie empfinden Unrecht undngerechtigkeit strker, entrsten sich schneller ber Unterdrckung und daher zuweilen nicht ausgeschlossen, da sie in Form einer Gewalttat protestierenolche Taten sind aber Ausdruck eines individuellen Temperaments und nicht eine

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    stimmten Theorie.e werden vielleicht fragen, ob das Festhalten an revolutionren Ideen Menschecht zwangslufig zu Gewaltttigkeit fhrt. Ich glaube das nicht, denn wir habsehen, da Methoden der Gewalt auch von Leuten mit sehr konservativen Ansichtngewandt worden sind. Wenn Menschen mit genau entgegengesetzten politischennsichten in gleicher Weise handeln, dann ist es wenig berzeugend, wenn man Idr diese Taten verantwortlich macht.eiche Resultate haben die gleiche Ursache aber man darf diese Ursache sicherlcht in den politischen berzeugungen suchen, sondern eher im individuellenmperament und im allgemeinen Verhltnis zur Gewalt.

    ie mgen recht haben, was das Temperament betrifft, sagen Sie. Es leuchtet n, da revolutionre Ideen nicht die Ursache fr politische Gewalttaten sind,onst mte jeder Revolutionr solche Taten begehen. Aber rechtfertigen diesensichten teilweise nicht jene, die solche Taten ausfhren? Auf den ersten Bliag es so aussehen. Aber wenn Sie genau darber nachdenken, dann werden Sieststellen, da dieser Gedanke vllig falsch ist. Der beste Beweis dafr ist, narchisten, die die gleiche Meinung ber Regierung und die Notwendigkeit ihrerbschaffung haben, in der Frage der Gewaltanwendung oft vllig uneinig sind. Sorurteilen die auf Tolstoi zurckgehenden Anarchisten und die meistenndividualistisch eingestellten Anarchisten politische Gewaltanwendung, whrendndere Anarchisten sie billigen oder zumindest rechtfertigen.arber hinaus haben viele Anarchisten, die einst an die Gewalt alsropagandamittel glaubten, ihre Meinung gendert und untersttzen diese Methodecht mehr. Es gab beispielsweise eine Zeit, in der die Anarchisten individuellwalttaten, bekannt als Propaganda der Tat, befrworteten. Sie erwartetender, da Regierung und Kapitalismus durch solche Taten zum Anarchismus bekehrrden, noch glaubten sie, da die Beseitigung eines Despoten den Despotismusbschaffen wrde. Nein, der Terrorismus wurde als ein Mittel angesehen, daslgemeines Unrecht rcht, dem Feind Angst einflt und die Aufmerksamkeit auf bel lenkt, gegen das der Terrorakt gerichtet war. Doch die meisten Anarchistenauben heute nicht an die Propaganda der Tat und untersttzen Handlungen diert nicht.e Erfahrung hat sie gelehrt, da mgen diese Methoden in der Vergangenheit

    elleicht auch gerechtfertigt und ntzlich gewesen sein, sie unter den heutigedingungen unntig und fr die Verbreitung ihrer Ideen sogar schdlich sind. Dber ihre Ideen dieselben geblieben sind, heit das, da nicht der Anarchismushre Einstellung zur Gewalt formte. Das beweist, da nicht bestimmte Ideen oderTheorien zur Gewalt fhren, sondern da andere Prozesse sie mit sich bringenr mssen darum an anderer Stelle suchen, um die richtige Erklrung zu findene wir gesehen haben, wurden politische Gewaltakte nicht nur von Anarchisten,ozialisten und Revolutionren jeder Schattierung begangen, sondern auch vonatrioten und Nationalisten, von Demokraten und Republikanern, von Suffragettenon Konservativen und Reaktionren, von Monarchisten und Royalisten und sogar vligisen Eiferern und frommen Christen.r wissen jetzt, da nicht eine bestimmte Idee oder Ismen sie zu ihren

    andlungen veranla8,t hat, denn die unterschiedlichsten Ideen und Ismen habeneselben Taten hervorgebracht. Als Grund habe ich das individuelle Temperamentnd das allgemeine Verhltnis zur Gewalt angegeben.er ist der springende Punkt. Wie ist das allgemeine Verhltnis zur Gewalt? Wirden die Sache nur verstehen, wenn wir diese Frage korrekt beantworten knnennn wir ehrlich sind, mssen wir zugeben, da jeder von uns an Gewalt glaubt ue auch praktiziert, wenngleich er sie bei anderen auch verurteilen mag. In deat basieren smtliche von uns untersttzten Institutionen und das gesamte Leber gegenwrtigen Gesellschaft auf Gewalt.as ist das, was wir Regierung nennen? Ist sie etwas anderes als organisiertewalt? Das Gesetz schreibt Ihnen vor, was Sie zu tun oder Sie nicht zu tun hab

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    nd wenn Sie ihm nicht gehorchen, dann werden Sie mit Gewalt dazu gezwungen. Wiskutieren jetzt nicht, ob es richtig oder falsch ist, ob es so oder nicht soin sollte. Im Augenblick interessiert uns nur die Tatsache, da es so ist, datzten Endes jede Regierung, alle Gesetze und jede Autoritt auf Zwang undwalt, auf Bestrafung oder Angst vor Bestrafung beruhen.ogar die geistige Autoritt wie die Amtsgerichte der Kirche und die Autorittottes beruhen auf Zwang und Gewalt, denn es ist die Furcht vor Gottes Zorn undrafe, die Macht auf Sie ausbt, Sie zu Gehorsam und an Dinge zu glauben zwingon denen Sie nicht berzeugt sind.ohin Sie auch blicken, Sie werden feststellen, da unser gesamtes Leben auf

    walt oder der Angst davor aufgebaut ist. Von frhester Kindheit an sind Sie dwalt der Eltern oder der Erwachsenen ausgesetzt. Zu Hause, in der Schule, imro, in der Fabrik, auf dem Feld oder in der Werkstatt haben Sie immer jemandehorsam zu sein und seine Autoritt zwingt Sie, seinen Willen auszufhren.as Recht, Sie zu zwingen, nennt man Autoritt. Angst vor Bestrafung wurde zurflicht gemacht und heit Gehorsam.n dieser Atmosphre des Zwangs und der Gewalt, der Autoritt und des Gehorsamsr Pflicht, Angst und Bestrafung wachsen wir alle auf; wir atmen sie unser ganben lang ein. Wir sind derart durchtrnkt mit dem Geist der Gewalt, da wir nnnehalten und fragen, ob Gewalt richtig oder falsch ist. Wir fragen nur, ob sigal ist und ob das Gesetz sie zult.e stellen das Recht der Regierung zu tten, zu beschlagnahmen und einzusperrecht in Frage. Wenn eine Privatperson und nicht die Regierung sich der Dingechuldig machen wrde, so wrden Sie diese als Mrder, Dieb und Schurkennprangern. Aber solange die verbte Gewalt gesetzlich ist, billigen Sie sie nterwerfen sich ihr. Also protestieren Sie in Wirklichkeit nicht gegen diewalt, sondern gegen Leute, die Gewalt ungesetzlich anwenden.ese erlaubte Gewalt und die Angst vor ihr beherrschen unsere gesamtendividuelle und kollektive Existenz. Autoritt kontrolliert unser Leben von deege bis zum Grab - elterliche, priesterliche und gttliche, politische,rtschaftliche, gesellschaftliche und moralische Autoritt. Welchen Charakter utoritt auch haben mag, immer derselbe Vollstrecker bt Macht ber Sie mittelngst vor Bestrafung in dieser oder jener Form aus. Sie haben Angst vor Gott un

    m Teufel, vor dem Priester und dem Nachbarn, vor Ihrem Arbeitgeber undorgesetzten, vor dem Politiker und dem Polizisten, dem Richter und demfngniswrter, vor dem Gesetz und vor der Regierung. Ihr ganzes Leben bestehtus einer langen Kette von ngsten - ngsten, die ihren Krper qulen und Ihreele zerreien. Auf diesen ngsten beruht die Autoritt Gottes, der Kirche, detern, der Kapitalisten und der Herrscher. Gehen Sie in sich und prfen Sie, och die Unwahrheit sage. Wie sollte es sonst mglich sein, da sogar unter Kindr zehnjhrige Jonny seine jngeren Geschwister dank seiner greren physischeraft herumkommandiert, genauso, wie Jonnys Vater ihn wiederum auf Grund seinereren Kraft und wegen Jonnys Abhngigkeit bezglich des Unterhaltsrumkommandiert. Sie bestehen auf der Autoritt der Priester und Prediger, da auben, da diese den Zorn Gottes auf Ihr Haupt lenken knnen. Sie fgen sic

    m Willen des Vorgesetzten, des Richters und der Regierung, da diese die Machtaben, Ihnen Ihre Arbeit zu nehmen, Ihr Geschft zu ruinieren, Sie ins Gefngniu werfen - eine Macht brigens, die Sie Ihnen selbst gegeben haben.uf diese Weise regiert Autoritt Ihr gesamtes Leben - die Autoritt derrgangenheit und der Gegenwart, der Toten und der Lebenden - und ihr Leben istauernder Angriff und Verletzung Ihrer Persnlichkeit, stndige Unterwerfung deinung und dem Verlangen anderer.e rchen sich an anderen, ber die Sie Herrschaft oder auf die Sie physischender moralischen Zwang ausben knnen, indem Sie Ihnen Gewalt antun und sierletzen genauso wie man mit Ihnen verfhrt. Auf diese Weise ist Leben eincheuliches Flickenmuster aus Autoritt, Herrschaft und Ergebenheit, Befehl un

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    horsam, Zwang und Unterwerfung, Herrschen und Beherrschen, Gewalt und Macht iausend und einer Gestalt geworden.undert es Sie da noch, da sogar Idealisten in dem Netz dieser Gedankenwelt voutoritt und Gewalt gefangen sind und oft durch ihre Gefhle und die Umwelt zuindlichen Handlungen getrieben werden, die vllig im Widerspruch zu ihren Ideehen?r sind immer noch Barbaren, die auf Macht und Gewalt zurckgreifen, um diegenen Schulden, Schwierigkeiten und Probleme zu bereinigen. Gewalt ist diethode der Unwissenheit, die Waffe der Schwachen. Diejenigen, die vielnschliche Gte und Verstand besitzen, haben keine Gewalt ntig, da sie

    nwiderstehlich sind aufgrund ihrer berzeugung richtig zu handeln. Je weiter wns vom Urmenschen und vom Zeitalter des Handbeils entfernen, desto weniger werr auf Macht und Gewalt zurckgreifen. Je aufgeklrter der Mensch wird, destoniger wird er Druck und Zwang ausben. Er wird sich aus dem Staub erheben undufrecht stehen: Er wird sich vor keinem Zaren im Himmel oder auf der Erderbeugen. Er wird erst dann vollkommen menschlich sein wenn er zu herrschenrschmht und sich weigert beherrscht zu werden. Er wird erst wirklich frei senn es keine Herren mehr gibt.narchismus ist das Ideal eines solchen Zustands; einer Gesellschaft ohne Gewalnd Zwang, in der alle Menschen gleich sein und in Freiheit, Frieden und Harmonben werden.as Wort Anarchie stammt aus dem Griechischen und bedeutet ohne Macht, ohne Gewder Regierung, weil Regierung der Urquell fr Gewalt, Einschrnkung und Zwangt.narchie* bedeutet daher nicht Aufruhr und Chaos, wie Sie anfangs dachten. Sie radezu das Gegenteil davon: Sie bedeutet keine Regierung, also Freiheit undnabhngigkeit. Aufruhr ist ein Produkt von Autoritt und Zwang. Freiheit ist duell der Ordnung.ine sehr schne Idee, werden Sie sagen, aber nur Engel sind dafr geschaffeann lassen Sie uns abwarten, ob wir uns die Flgel wachsen lassen knnen, die r diese ideale Gesellschaftsform brauchen.

    Anarchie bezieht sich auf den Zustand. Anarchismus ist die Theorie oder Lehre darber.

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    Was ist Anarchismus?

    Knnen Sie mir kurz erklren, fragt Ihr Freund, was Anarchismus ist?ch werde es versuchen. Kurz gesagt, der Anarchismus lehrt, da wir in einersellschaft frei von Zwang irgendwelcher Art leben knnen.

    n Leben ohne Zwang bedeutet natrlich Freiheit; das heit frei zu sein von Drnd Zwang, die Mglichkeit so zu leben, wie es Ihnen gefllt.olch ein Leben knnen Sie aber nicht fhren, bevor Sie nicht die Institutionenbschaffen, die Ihre Freiheit einschrnken und in Ihr Leben eingreifen, sowie dustnde, die Sie anders handeln lassen, als Sie eigentlich wollen.lche Institutionen und Zustnde sind das? Lassen Sie uns prfen, was wirbschaffen mssen, um ein freies und harmonisches Leben fhren zu knnen. Wenn rst einmal wissen, was abgeschafft und durch was es ersetzt werden mu, dannrden wir auch einen Weg zur Verwirklichung finden. Was mu also abgeschafftrden, um die Freiheit zu erlangen?uerst natrlich einmal das, was am meisten in Ihr Leben eingreift, was Ihreandlungsfreiheit strt oder einschrnkt; das, was Ihnen die Freiheit nimmt und

    nders zu leben zwingt, als Sie es nach eigener Wahl tun wrden.as ist die Regierung.nn Sie sie genau berprfen, werden Sie erkennen, da die Regierung derchlimmste Strenfried ist; mehr als das, der grte Verbrecher, den die Mensch gekannt haben. Sie fllt die Welt mit Gewalt Betrug und Tuschung, mitnterdrckung und Elend aus. Wie ein groer Philosoph einmal sagte: Ihr Atem ift. Sie verdirbt alles, was sie anfat. Ja, die Regierung bedeutet Gewalt ut ein bel, geben Sie zu, aber knnen wir ohne sie auskommen?nau darber wollen wir diskutieren. Wenn ich Sie jetzt frage, ob Sie einegierung brauchen, so bin ich sicher, da Sie nein sagen wrden, aber da dienderen sie brauchen.ber wenn Sie einen der anderen fragen, wird er wie Sie antworten: Er wird sa

    a er sie nicht braucht, aber da sie fr die anderen notwendig ist.arum glaubt jeder, da er auch ohne Polizist anstndig genug ist, aber da dernppel fr andere bentigt wird?ie Menschen wrden einander berauben und ermorden, wenn es keine Regierung unin Gesetz gbe, sagen Sie.nn sie es wirklich tun wrden, warum wre das so? Wrden sie es einfach um dergngens willen oder aus einem bestimmten Grund tun? Wenn wir ihre Beweggrndntersuchen, dann werden wir vielleicht ein Heilmittel entdecken.ellen Sie sich vor, da Sie, ich und ein paar andere Schiffbruch erlitten htnd uns auf einer Insel voll von Frchten aller Art wiederfinden. Natrlich wrr erst einmal gemeinsam Nahrung sammeln. Aber angenommen, einer von uns wrderklren, da alles ihm gehre und keiner nur einen Bissen bekommt, bevor er ihcht einen Tribut gezahlt htte. Wir wren entrstet, nicht wahr? Wir wrden ine Ansprche lachen. Wenn er versuchen sollte, deswegen Schwierigkeiten zuachen, wrden wir ihn vielleicht ins Meer werfen, und geschhe ihm recht, nichahr? Nehmen Sie weiterhin an, da8, wir selbst und unsere Vorvter eine Inselultiviert und mit allem versehen htten, was zu Leben und Wohlstand notwendigt, und dann kme einer daher und wrde behaupten, da alles ihm gehre. Wasrden wir sagen? Wir wrden ihn ignorieren, nicht wahr? Vielleicht wrden wir agen, da er seinen Beitrag leisten und sich an der Arbeit beteiligen kann. Abngenommen, da er auf seinem Eigentumsrecht besteht und ein Stck Papier vorzend nachweist, da alles ihm gehre. Was wrden wir sagen?r wrden ihm sagen, da er verrckt ist, und wieder unserer Arbeit nachgehen

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    ber wenn er eine Regierung hinter sich stehen htte, dann wrde er sie zum Scheiner Rechte anrufen, und die Regierung wrde Polizisten und Soldatenntsenden, die uns vertreiben und dem rechtmigen Eigentmer seinen Besitzurckgeben wrden.as ist die Funktion der Regierung, dafr ist sie da und so handelt sie stndigauben Sie nun immer noch, da wir uns ohne dieses Ding, das sich Regierungnnt, gegenseitig berauben und ermorden wrden? Ist es nicht eher so, da wir ner Regierung rauben und morden? Weil die Regierung unseren rechtmigen Besicht schtzt, sondern - im Gegenteil - ihn uns sogar zum Vorteil derer wegnimme kein Recht darauf haben, wie wir schon in frheren Kapiteln gesehen haben.

    nn Sie morgen frh aufwachen und erfahren sollten, da es keine Regierung mehbt, wrde dann ihr erster Gedanke sein, auf die Strae zu strzen und jemandmzubringen?in, Sie wissen, da das Unsinn ist. Wir sprechen ber gesunde, normale Menschranke gehren in die Obhut von rzten und Psychiatern und sollten inrankenhuser gebracht und behandelt werden.nn Sie oder Herr Johnson aufwachen und keine Regierung mehr vorfinden, so wir eher so sein, da Sie beide sich eifrig bemhen werden, Ihr Leben den neuendingungen anzupassen. ist natrlich auch sehr gut mglich, da Sie Essen fordern werden, wenn Sienschen sehen, die sich vollstopfen, whrend Sie hungrig sind; und Sie wrdenamit vollkommen recht haben. Genauso wrde es jeder andere tun. Das heit, dae Menschen nicht fr jemanden eintreten wrden, der all die guten Dinge desbens an sich reit. Sie mchten daran Anteil haben. Das heit auch, da diermen sich weigern wrden, weiterhin in Armut zu leben, wahrend die anderen inuxus schwelgen. Das heit, der Bauer wird nicht zulassen, da tausende Hektarand brachliegen, whrend er nicht ber genug Boden verfgt, um sich und seineamilie zu ernhren. Das heit, das keinem erlaubt wird, das Monopol an Land odn den Produktionsmitteln an sich zu reien. Das heit, da privates Eigentum an Lebensgrundlagen nicht mehr lnger toleriert wrde. Es wrde als das grterbrechen angesehen, wenn einige mehr besen en als sie selbst in mehreren Lerbrauchen knnen, whrend ihre Nachbarn nicht genug Brot fr ihre Kinder habeas heit, da alle Menschen am gesellschaftlichen Reichtum teilhaben und

    itragen, diesen Reichturn zu schaffen.as heit nichts weiter, als da zum erstenmal in der Geschichte Recht,rechtigkeit und Gleichberechtigung statt des Gesetzes siegen wrden.e sehen also, die Abschaffung der Regierung hat auch die Beseitigung von Monond Privateigentum an den Produktions- und Vertriebsmitteln zur Folge.araus folgt, mit der Abschaffung der Regierung verschwinden auch Lohnsklavereind Kapitalismus, da sie ohne Untersttzung und Schutz der Regierung nichtstehen knnen. hnlich wie der verrckte Anspruch des Mannes, von dem ich vorprach, der ein Monopol auf der Insel ohne Hilfe der Regierung nicht durchsetzeonnte.r Zustand, in dem Freiheit eine Regierung ersetzt, wre Anarchie. Und dort, weichberechtigte Nutznieung an die Stelle von Privateigentum tritt, wre

    ommunismus. wre ein kommunistischer Anarchismus.Oh, Kommunismus, ruft Ihr Freund aus, aber Sie sagten doch, Sie wren keinolschewist!in, ich bin kein Bolschewist, denn ein Bolschewist will eine starke Regierungder einen mchtigen Staat, wogegen der Anarchist Staat oder Regierung ganz undar abschaffen will.Aber sind die Bolschewisten keine Kommunisten? fragen Sie. Doch, dieolschewisten sind Kommunisten, aber sie brauchen ihre Diktatur, ihre Regierungm die Menschen zu zwingen, im Kommunismus zu leben. Anarchistischer Kommunismut dagegen ein freiwilliger Kommunismus, ein Kommunismus aus freier Wahl.

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    ch verstehe den Unterschied, das wre natrlich wunderbar, gibt Ihr Freund zAber halten Sie das wirklich fr mglich?

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    Ist Anarchie mglich?

    s wre nur mglich, sagen Sie, wenn wir ohne Regierung leben knnten. Aberht das?elleicht knnen wir Ihre Frage am besten beantworten, wenn wir Ihr eigenes Le

    ntersuchen.lche Rolle spielt die Regierung in Ihrem Leben? Hilft sie Ihnen leben? Ernhreidet und beherbergt sie Sie? Brauchen Sie sie als Hilfe bei der Arbeit oderim Spiel? Wenn Sie krank sind, rufen Sie dann den Arzt oder die Polizei? Kannhnen die Regierung grere Fhigkeiten geben, als Sie bereits von Natur aussitzen?trachten Sie Ihr tgliches Leben und Sie werden feststellen, da die Regierunn Wirklichkeit keine Rolle darin spielt, auer, wenn es darum geht sich in Ihrreigenen Angelegenheiten einzumischen, Sie zu gewissen Dingen zu zwingen oderhnen andere zu verbieten. Sie zwingt Sie zum Beispiel, Steuern zu zahlen und su untersttzen, ob Sie wollen oder nicht. Sie zwingt Sie, eine Uniform anzulegnd in die Armee einzutreten. Sie greift in Ihr persnliches Leben ein,

    ommandiert Sie herum, bt Zwang auf Sie aus, schreibt Ihnen Ihr Verhalten vor handelt Sie im allgemeinen so, wie es ihr gefllt. Sie sagt Ihnen sogar, was auben mssen und straft Sie, wenn Sie anders denken oder handeln. Sie bestimmas Sie essen und trinken drfen und verhaftet oder erschiet Sie bei Ungehorsae befiehlt Ihnen und beherrscht jeden Schritt in Ihrem Leben. Sie behandelt Se ein unartiges, unmndiges Kind, das die strenge Hand eines Behters brauchtber wenn Sie ungehorsam sind, dann werden Sie trotzdem von ihr verantwortlichmacht.r werden spter auf die Einzelheiten eines Lebens in der Anarchie eingehen unhen, welche Bedingungen und Institutionen in einer solchen Gesellschaftsformstehen, wie sie funktionieren und welche Auswirkungen sie wahrscheinlich auf nschen haben werden.

    tzt wollen wir erst einmal sicherstellen, ob solch ein Zustand mglich und obnarchie praktizierbar ist.e verluft das Leben eines Durchschnittsmenschen heute? Die meiste Zeitrbringen Sie damit, Ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das Verdienen desbensunterhalts beansprucht Sie so sehr, da Ihnen kaum Zeit bleibt zu leben nd das Leben zu genieen. Weder die Zeit noch das Geld. Sie haben Glck, wenn berhaupt eine Unterhaltsquelle, einen Job, haben. Ab und zu kommt eine Flauteann gibt es Arbeitslosigkeit und Tausende werden entlassen - jedes Jahr, in jeand.ese Zeit bedeutet: Kein Einkommen, keine Lhne. Ihre Folgen sind Sorgen undntbehrung, Krankheit, Verzweiflung und Selbstmord. Armut und Kriminalitt breich aus. Um die Armut zu mildern, bauen wir Wohlfahrtsheime, Armenhuser, freirankenhuser, die Sie mit Ihren Steuern unterhalten. Um Verbrechen zu verhindend Kriminelle zu bestrafen, sind Sie es wieder, die Polizei, Detektive,aatstruppen, Richter, Rechtsanwlte, Gefngnisse und Gefngniswrter finanziessen. Knnen Sie sich etwas Unsinnigeres und etwas Unpraktischeres vorstellene Gesetzgeber beschlieen Gesetze, die Richter interpretieren sie, dierschiedenen Beamten fhren sie aus, die Polizei verfolgt und verhaftet denriminellen und schlielich kommt er in den Gewahrsam des Gefngniswrters.ahllose Personen und Institutionen sind eifrig damit beschftigt, denrbeitslosen Mann vom Stehlen abzuhalten und ihn zu bestrafen, wenn er es dochrsucht. Dann wird er mit den zum Leben ntigen Dingen versorgt, deren Mangelber berhaupt erst dazu fhrt, da er das Gesetz bertrat. Nach krzerer oder

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    ngerer Zeit wird er wieder freigelassen. Falls es ihm nicht gelingt, Arbeit znden, beginnt derselbe Kreislauf von Diebstahl, Verhaftung, Gerichtsverhandlund Gefngnis wieder von vorn.es ist zwar eine grobe aber doch treffende Beschreibung der unsinnigenschaffenheit unseres Systems; dumm und ineffektiv. Und Gesetz und Regierungchtzen dieses System.t es nicht merkwrdig, da die meisten Menschen glauben, nicht ohne Regierunguskommen zu knnen, wo doch in Wirklichkeit unser Leben berhaupt keinerbindung mit ihr und keinen Bedarf an ihr hat und nur dann in Konflikt gert,nn das Gesetz und die Regierung in Erscheinung treten?

    Aber werden wir Sicherheit und ffentliche Ordnung, wenden Sie ein, ohne Gesnd Regierung haben? Wer wird uns gegen Kriminelle schtzen?n Wahrheit stellt in Wirklichkeit das, was man Gesetz und Ordnung nennt, dierte Unordnung dar, wie wir in den vorangegangenen Kapiteln gesehen haben. Dasschen Ordnung und Frieden, das wir haben, verdanken wir dem gesundennschenverstand, den die Menschen meist trotz Regierung in gemeinsamen Bemhunntwickeln. Brauchen Sie etwa eine Regierung, die Ihnen sagt, nicht vor einahrendes Auto zu laufen? Mu Sie Ihnen vorschreiben, nicht von derrooklyn-Brcke oder dem Eiffelturm zu springen?r Mensch ist ein soziales Wesen: Er kann nicht allein existieren; er lebt inmeinden oder Gesellschaften. Gemeinsame Bedrfnisse und gemeinsame Interessenhren zu bestimmten Ordnungen, die uns Sicherheit und Wohlbefinden bieten. Einolche Zusammenarbeit ist frei, freiwillig; sie bedarf keines Zwanges durchrgendeine Regierung. Sie treten einem Sport- oder Gesangverein bei, weil Ihreigungen in dieser Richtung liegen, und Sie arbeiten mit anderen Mitgliedernusammen, ohne da Sie jemand dazu zwingt. Der Wissenschaftler, derchriftsteller, der Knstler und der Erfinder suchen ihresgleichen zur Anregungnd gemeinsamen Arbeit: Die Einmischung irgendeiner Regierung oder Autoritt kahre Vorhaben nur behindern.hr ganzes Leben lang erfahren Sie, da ihre Bedrfnisse und Neigungen dienschen zu Vereinigungen, gegenseitigem Schutz und Hilfeleistungen fhren. Dast der Unterschied zwischen Dingen regeln und Menschen regieren, zwischen etwareiwillig oder aus Zwang tun. Es macht den Unterschied zwischen Freiheit und

    wang aus, zwischen Anarchismus und Regierung, denn Anarchismus bedeutetreiwillige Zusammenarbeit anstatt erzwungener Teilnahme. Er meint Harmonie undrdnung anstelle von Einmischung und Unordnung.Aber wer wird uns vor Verbrechen und Verbrechern schtzen? fragen Sie. Fragene sich lieber, ob uns die Regierung wirklich davor schtzt. Schafft und hlt gierung nicht selbst die Zustnde aufrecht, die das Verbrechen frdern?ultivieren nicht Einmischung und Gewalt, worauf alle Regierungen beruhen, denist der Intoleranz und Verfolgung, des Hasses und von noch mehr Gewalt? Steigas Verbrechen nicht mit dem Anwachsen der durch die Regierung verursachten Armnd Ungerechtigkeit an? Ist die Regierung nicht selbst die grte Ungerechtigkend das grte Verbrechen?riminalitt ist das Ergebnis wirtschaftlicher Bedingungen, sozialer

    ngerechtigkeit, von Unrecht und bel, deren Eltern Regierung und Monopol sinde Regierung und das Gesetz kann den Kriminellen nur strafen. Durch sie wird erbrechen weder gutgemacht noch verhindert. Das einzig richtige Heilmittel gegriminalitt wre die Beseitigung ihrer Ursachen, aber gerade das kann diegierung niemals tun, denn sie ist ja dazu da, die dafr verantwortlichendingungen zu bewahren. Kriminalitt kann nur dadurch ausgemerzt werden, da me sie hervorrufenden Zustnde abschafft. Eine Regierung kann das nicht.narchismus beseitigt die Zustnde. Kriminalitt als Ergebnis von Regierung, vousgebter Unterdrckung und Ungerechtigkeit, von Ungleichheit und Armut, wirdnter einer Anarchie verschwinden. Diese Punkte bedingen den bei weitem grtenrozentsatz des Verbrechens.

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    wisse andere Verbrechen werden noch einige Zeit fortbestehen, und zwar solchee auf Eifersucht, Leidenschaft und dem heute die Welt beherrschenden Geist vowang und Gewalt beruhen. Aber diese Abkmmlinge von Gewalt und Besitzanspruchrden unter gesunden Verhltnissen gleichzeitig mit dem Vergehen der sierdernden Atmosphre auch allmhlich verschwinden.narchie wird daher weder Kriminalitt zchten, noch den Boden fr ihr Gedeihenreiten. Gelegentlich vorkommende antisoziale Handlungen werden als berbleibsr frheren Zustnde und Verhaltensweisen betrachtet werden und eher wie einrankhafter Geisteszustand als wie ein Verbrechen behandelt.e Anarchie wrde den Kriminellen zuallererst verpflegen und ihm Arbeit

    rschaffen, anstatt ihn zuerst zu beobachten, zu verhaften, vor Gericht zuringen und einzusperren, um ihn dann endlich zu verpflegen und zustzlich auchoch die vielen anderen, die ihn beobachten und verpflegen mssen. Sicherlichigt gerade dieses Beispiel, wie viel empfindsamer und unkomplizierter das Lebm Anarchismus als das heute wre.e Wahrheit ist, da die gegenwrtige Lebensweise unpraktisch, kompliziert,rwirrend und in jeder Hinsicht unbefriedigend ist. Darum gibt es so viel Elennd Unzufriedenheit. Der Arbeiter ist unzufrieden, auch der Bo. ist nichtcklich, denn er lebt in stndiger Angst vor schlechten Zeiten, die denrlust seines Besitzes und seiner Macht mit sich bringen knnen. Das Gespenst ngst vor der Zukunft verfolgt die Schritte der Armen genauso wie die der Reichr Arbeiter hat sicherlich durch eine Umwandlung des Zustands mit Regierung unapitalismus in einen ohne Regierung, d.h. Anarchie, nichts zu verlieren.e Mittelklassen sind in ihrer Existenz fast genauso bedroht wie dierbeiterschaft. Sie sind auf den guten Willen der Hersteller und Grohndler, droen Industriekonzerne und des Kapitals angewiesen und deswegen stndig vonankrott und Ruin bedroht.lbst der groe Kapitalist hat bei einem Wechsel des gegenwrtigen Systems in narchistisches wenig zu verlieren, da darin Leben und Wohlstand eines jedenarantiert werden; die Angst vor dem Wettbewerb wrde mit der Abschaffung desrivateigentums verschwinden. Jedem einzelnen wrde es unbehindert mglich seinin Leben entsprechend seiner Mglichkeiten bis zum uersten auszuschpfen unu genieen.

    nzu kommt noch das Bewutsein von Frieden und Harmonie, das Gefhl, das mit dnabhngigkeit von finanziellen und materiellen Sorgen entsteht; die Erkenntnisa Sie in einer freundlichen Welt ohne Neid oder Geschftsrivalitten leben, dhre Gedanken stren; in einer Welt von Brdern; in einer Atmosphre der Freihend des allgemeinen Wohlstands. ist fast unmglich, sich all die groartigen Mglichkeiten auszudenken, diech den Menschen in einer Gesellschaft des kommunistischen Anarchismus erffnerden. Der Wissenschaftler knnte sich vllig seiner geliebten Forschung widmehne sich um sein tgliches Brot sorgen zu mssen. Dem Erfinder wrde jede Anlaur Verfgung stehen, um mit seinen Entdeckungen und Erfindungen dienschlichkeit zu frdern. Der Schriftsteller, der Dichter, der Knstler - siele wrden auf den Flgeln der Freiheit und gesellschaftlichen Harmonie zu

    reren Leistungen getragen.rst dann wrden Gerechtigkeit und Recht zu dem werden, was sie eigentlich seinollen. Unterschtzen sie nicht die Rolle dieser Empfindungen im Leben einesnschen oder eines Volkes. Wir leben nicht von Brot allein. Richtig, nur wenn nsere krperlichen Bedrfnisse befriedigen knnen, ist unsere Existenz gesicheber deren Befriedigung macht nur einen Teil des Lebens aus. Unser gegenwrtigeultursystem hat, indem es Millionen ausstt, den Bauch sozusagen zum Mittelpus Universums gemacht. Da eine vernnftige Gesellschaftsform so geartet ist, dle reichlich versorgt werden, stellt die Erhaltung der bloen Existenzfinitionsgem kein Problem dar, d.h. der gesicherte Unterhalt ist solbstverstndlich und frei verfgbar wie die Luft zum Atmen. Die Gefhle

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    nschlicher Sympathie, fr Gerechtigkeit und Recht wrden sich entwickeln knnfriedigt werden, sich erweitern und wachsen knnen. Sogar heute ist der Sinn rechtigkeit und Fairne in den Herzen der Menschen, trotz jahrhundertelangerpression und Perversion noch lebendig. Er ist nicht ausgerottet worden und kauch nicht ausgerottet werden, weil er dem Menschen wie ein Instinkt angeborent, so stark wie der Selbsterhaltungstrieb und genauso wichtig fr unser Glckt. Denn nicht alles Elend auf der heutigen Welt ist durch Fehlen von materielohlstand bedingt. Die Menschen knnen Hunger eher ertragen als das Wissen umngerechtigkeit. Das Gefhl, ungerecht behandelt zu werden, wird sie genausochnell und vielleicht noch schneller zu Protest und Rebellion treiben als Hung

    unger kann die unmittelbare Ursache fr eine Rebellion oder einen Aufstand seiber dahinter steht die schlummernde Feindschaft und der Ha der Massen gegenne, durch deren Hand sie Ungerechtigkeit und Unrecht erleiden mssen. Inahrheit spielen Recht und Gerechtigkeit eine weit wichtigere Rolle in unseremben, als allgemein angenommen wird. Die das bestreiten wollen, wissen ber dinschliche Natur genauso wenig wie ber die Geschichte. Tagtglich sehen Siemmer wieder Menschen, die sich ber etwas empren, was sie als Unrecht ansehenas ist nicht richtig, lautet der instinktive Protest eines Menschen, der sicngerecht behandelt fhlt. Sicherlich hngt die Auffassung von Recht und Unrechdes einzelnen von seiner Tradition, Umgebung und Erziehung ab.ber welche Vorstellungen er auch haben mag, ihn lt sein naturgegebener Instiles ablehnen, was er als falsch und ungerecht ansieht.uch historisch gesehen bleibt das wahr. Mehr Aufstnde und Kriege sind fr diedee von Recht und Unrecht, als aus materiellen Grnden begonnen worden. Marxisgen einwenden, da unsere Ansichten ber Recht und Unrecht ebenfalls durchkonomische Bedingungen geformt werden, aber das ndert nichts an der Tatsache,a der Sinn fr Recht und Gerechtigkeit Menschen bis hin zu Heldentum undlbstaufopferung begeistert hat.e Christen und Buddhisten wurden nie von materiellen berlegungen geleitet,ondern nur von ihrer Hingebung an Recht und Gerechtigkeit. Die Bahnbrecher neudeen haben Verleumdung, Verfolgung und sogar den Tod nicht aus egoistischenotiven auf sich genommen, sondern weil sie von der Gerechtigkeit ihrer Sacheberzeugt waren. Menschen wie Johann Hus, Luther, Bruno, Savonarola, Galilei un

    ahllose andere religise und dem Sozialismus ergebene Idealisten kmpften undarben fr die von ihnen als gerecht erkannte Sache. Ebenso haben Menschen inssenschaft, Philosophie, Kunst, Dichtung und Erziehung von Sokrates bis hin ie moderne Zeit ihr Leben in den Dienst der Wahrheit und Gerechtigkeit gestellm Bereich des politischen und sozialen Fortschritts haben sich die edelstennschen, beginnend mit Moses und Spartakus, Idealen wie Freiheit und Gleichheiweiht. Die unwiderstehliche Macht eines Idealismus findet sich nicht nur beirausragenden Individuen. Die Massen wurden dadurch immer schon begeistert.ispielsweise begann der amerikanische Unabhngigkeitskrieg mit einer allgemeimprung in den Kolonien ber die Ungerechtigkeit einer Besteuerung, die ohnegliches Mitspracherecht vom Mutterland festgesetzt wurde. Zweihundert Jahre lrsuchten Christen das Heilige Land in Kreuzzgen fr die Christenheit zu

    robern. Dieses religise Ideal begeisterte sechs Millionen Menschen, sogar Armon Kindern, die im Namen von Recht und Gerechtigkeit unsagbaren Mhsalen, Seucnd Tod trotzten. Sogar im letzten Weltkrieg, so kapitalistisch er in Ursache urgebnis auch gewesen ist, kmpften Millionen Menschen im tiefen Glauben, da er eine gerechte Sache, fr Demokratie und zur Beendigung aller Kriege gefhrturde. So hat der Sinn fr Gerechtigkeit und Recht die Menschen individuell undollektiv in ihrer gesamten Geschichte, sowohl der weit zurckliegenden als aucr modernen, zu Taten der Selbstaufopferung und Hingabe begeistert und sie weiber die Eintnigkeit des tglichen Lebens erhoben. Es ist natrlich tragisch, eser Idealismus sich in Verfolgung und Gewalt uerte, aber die Bsartigkeit r Egoismus der Knige, Priester und Herrscher, die Unwissenheit und der

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    anatismus fhrte dazu. Trotzdem war der Geist, von dem die Menschen erflltaren, der von Recht und Gerechtigkeit. Die in der Vergangenheit gemachtenrfahrungen beweisen, da dieser Geist immer lebendig bleibt und im gesamtenreich des menschlichen Lebens einen machtvollen und beherrschenden Faktorarstellt.e gegenwrtigen Zustnde schwchen und verflschen dieses hchst edle Merkmalr Menschen, pervertieren seine Manifestation und verdrehen es in Richtung vonntoleranz, Verfolgung, Ha, und Streit. Aber wenn der Mensch erst einmal von dorrumpierenden Einflssen materieller Interessen befreit ist, aus Unwissenheitnd Klassenfeindschaft herausgeholt wird, dann wird sein angeborener Sinn fr

    cht und Gerechtigkeit neue Ausdrucksformen finden, Formen, die zu grererrderlichkeit und gutem Willen, zu individuellem Frieden und sozialer Harmoniehren.ur in der Anarchie knnte sich diese Geisteshaltung voll entwickeln. Befreit vrabwrdigenden und brutalisierenden Kampf um unser tgliches Brot wrden sicha alle in gleicher Weise an Arbeit und Wohlstand teilhaben, die besten Qualits menschlichen Wesens und Verstandes entwickeln knnen und ntzliche Anwendunnden. Der Mensch wrde dann in der Tat zu dem edlen Werk der Natur werden, dar sich bisher nur in seinen Trumen ausmalen konnte.us diesen Grnden ist Anarchie nicht nur das Ideal fr einen bestimmten Menschder eine bestimmte Klasse, sondern fr die ganze Menschheit, weil sie imrweiterten Sinne uns allen dienen wrde. Denn Anarchismus ist der Ausdruck frnen universalen, immerwhrenden Wunsch der Menschheit. Darum mte jeder Mannnd jede Frau ein vitales Interesse haben, die Anarchie zu verwirklichen. Sierden es sicherlich tun, wenn sie nur die Schnheit und Gerechtigkeit diesesuartigen Lebens begreifen knnten. Jedes menschliche Wesen, dem es nicht anfhl und gesundem Menschenverstand mangelt, neigt zum Anarchismus. Jeder, dernter Unrecht und Ungerechtigkeit, unter Bsartigkeit, Korruption und Gemeinheinseres heutigen Lebens leidet, sympathisiert instinktiv mit der Anarchie. Jedessen Herz nicht abgestorben ist im Hinblick auf Gte, Mitleid und Nchstenlieu daran interessiert sein, sie zu frdern. Jeder, der Armut und Elend, Tyrannnd Unterdrckung erduldet, mte das Herannahen der Anarchie begren. Alle, dreiheit und Gerechtigkeit lieben, sollten zu ihrer Verwirklichung beitragen.

    len voran und am strksten mten alle Unterworfenen und Unterdrckten in derlt ein Interesse daran haben. Jene, die Palste bauen und in Elendshtten lebne, die den Tisch des Lebens decken, aber nicht an der Mahlzeit teilnehmenrfen; jene, die den Reichtum der Welt schaffen und enteignet werden; jene, dias Leben mit Freude und Sonnenschein erfllen, aber selbst in den Tiefen derunkelheit verachtet zurckbleiben; der Samson des Lebens, der seiner Kraft durngst und Unwissenheit beraubt ist; der hilflose Riese Arbeiterschaft, dasroletariat der Intelligenz und Muskeln, die Massen in Industrie undandwirtschaft - sie alle mten die Anarchie freudig begren.r sie besitzt der Anarchismus die grte Anziehungskraft; sie sind es, die alrste und an erster Stelle auf den neuen Tag hinarbeiten mssen, der ihnen ihrrbe zurckgeben und Freiheit und Wohlstand, Freude und Sonnenschein fr die ga

    nschheit bringt.ine herrliche Sache, bemerken Sie, aber wird das funktionieren? Und wie solr das erreichen?

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    Wird der kommunistische

    narchismus funktionieren?

    e wir in den vorangegangenen Kapiteln gesehen haben, kann das Leben nicht fre

    nd gesichert, harmonisch und befriedigend sein, wenn es nicht auf den Prinzipion Gerechtigkeit und Fairne beruht. Gleiche Freiheit und gleiche Chancen sinde erste Voraussetzung fr Gerechtigkeit.t Regierung und Ausbeutung sind weder gleiche Freiheiten noch Chancengleichheglich - daher all das bel und Leiden in unserer heutigen Gesellschaft.r kommunistische Anarchismus beruht auf der Einsicht in diese unumstlicheahrheit. Er ist auf dem Prinzip der Nichteinmischung und der Zwanglosigkeitgrndet; in anderen Worten, auf Freiheit und Selbstverwirklichung. Ein Leben eser Basis erfllt die Vorstellungen von Gerechtigkeit vollkommen. Sie werdenlliger Freiheit leben und jeder andere wird die gleiche Freiheit genieen,iner wird also das Recht haben, andere zu ntigen oder zu zwingen, denn Zwangglicher Art stellt eine Einmischung in ihre Freiheit dar.eichermaen steht allen die Mglichkeit der Selbstverwirklichung zu. Monopol rivatbesitz an den Lebensgrundlagen werden daher als Beschrnkung der allenukommenden Chancengleichheit abgeschafft.ur wenn wir dieses einfache Prinzip der gleichen Freiheit und Mglichkeit nichrgessen, werden wir die beim Aufbau des kommunistischen Anarchismus alssellschaftsform auftretenden Probleme lsen knnen.n politischer Hinsicht wird dann kein Mensch eine Autoritt anerkennen, die ihtigen oder zwingen kann. Die Regierung wird abgeschafft.n wirtschaftlicher Hinsicht wird er keinen exklusiven Besitz an denbensgrundlagen zulassen, um sich selbst deren freie Nutzung zu erhalten.as Monopol an Land, der Privatbesitz von Produktionsanlagen, von Vertriebs- un

    ommunikationsmitteln kann daher in der Anarchie nicht toleriert werden. Die zuben ntigen Dinge mssen jedem frei zugnglich bleiben.usammengefat bedeutet kommunistischer Anarchismus also: Die Abschaffung vongierung und von zwangausbender Autoritt in all ihren Spielarten. Gemeinsamegentum - das heit, freie und gleiche Beteiligung an der allgemeinen Arbeit um allgemeinen Wohlstand.ie sagen, da die Anarchie Gleichheit in wirtschaftlicher Hinsicht garantiertmerkt Ihr Freund. Heit das gleiche Entlohnung fr alle? Ja, das heit es.der, was auf dasselbe hinausluft, gleiche Beteiligung am ffentlichen Wohlstann, wie wir schon wissen, ist Arbeit eine Sache der ganzen Gesellschaft. Niemann alles durch eigenes Bemhen allein schaffen. Wenn also die Arbeit sozial iu ihr Resultat, der erwirtschaftete Reichtum, selbstverstndlich auch sozial

    in und der Gemeinschaft gehren. Aus diesem Grund kann niemand einenleinbesitz von gesellschaftlichem Reichtum beanspruchen, in dessen Genu ja aeichermaen kommen sollen.Aber warum wird nicht jeder entsprechend dem Wert seiner Arbeit entlohnt? frae.il es kein Verfahren gibt, mit dem Wert gemessen werden kann. Das ist dernterschied zwischen Wert und Preis. Der Wert einer Sache wird durch ihrenellenwert bestimmt, whrend der Preis angibt, wofr sie auf dem Markt gekauftder verkauft werden kann. Was eine Sache wert ist, kann niemand wirklich sagenolkswirtschaftler geben im allgemeinen den Wert einer Ware als Summe der Arbein, die fr ihre Produktion aufgewendet werden mu; Marx spricht von

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    gesellschaftlich notwendiger Arbeit. Aber offensichtlich ist das kein gerechtastab. Angenommen, ein Tischler arbeitet drei Stunden, um einen Kchenstuhlrzustellen, whrend ein Arzt nur eine halbe Stunde braucht, um eine Ihr Lebenttende Operation auszufhren. Wenn die Summe der aufgewandten Arbeit den Wertstimmt, dann ist der Stuhl mehr wert als Ihr Leben. Das ist natrlichffenkundiger Unsinn. Selbst wenn Sie die Jahre des Studiums und der Praxistzhlen, die den Arzt zu der Operation befhigten, wie wollen Sie dannntscheiden, wieviel eine Operationsstunde wert ist? Der Tischler und der Mauuten auch lernen, bevor sie ihre Arbeit sicher beherrschten, aber Siercksichtigen diese Jahre der Lehrzeit nicht, wenn Sie sie mit einer Arbeit

    auftragen. Auerdem ist die besondere Fhigkeit und Neigung in Betracht zuehen, die jeder Arbeiter, Schriftsteller, Knstler oder Arzt bei seiner Arbeinsetzen mu. Dieser Faktor hngt allein von der einzelnen Person ab. Wie wolle diesen Wert einschtzen? Wert kann deswegen nicht bestimmt werden. Ein undeselbe Sache mag fr eine Person viel wert sein, whrend sie fr eine andere inen oder nur geringen Wert besitzt. Selbst fr ein und dieselbe Person mag su unterschiedlichen Zeitpunkten viel oder wenig wert sein. Ein Diamant, einmlde oder ein Buch mag fr den einen sehr viel und fr den anderen sehr wenirt sein. Ein Laib Brot wird Ihnen viel wert sein, wenn Sie hungrig sind und vniger, wenn Sie es nicht sind. Selbstverstndlich lt sich der wirkliche Werner Sache nicht bestimmen, wenn es sich um eine unbekannte Gre handelt.r Preis jedoch kann leicht ermittelt werden. Wenn es fnf Laibe Brot gibt undhn Personen wollen aber je einen kaufen, dann wird der Brotpreis steigen. Errd aber fallen, wenn zehn Laibe Brot vorhanden sind und fnf Kufer nur je eirwerben wollen. Der Preis hngt von Angebot und Nachfrage ab. Der Warenaustausnhand von Preisen fhrt zu Profitmache, zu bervorteilung und Ausbeutung; innigen Worten: Zu irgendeiner Form des Kapitalismus. Wenn Sie die Profiteseitigen wollen, dann knnen Sie weder ein Preis- noch ein Lohn- oderhaltsystem beibehalten. Das heit, da der Austausch entsprechend dem Wertrfolgen mu. Aber da der Wert unsicher oder nicht bestimmbar ist, mu derarenaustausch auf freier Basis erfolgen, ohne einen gleichen Wert, denn sowas gibt es nicht. In anderen Worten heit das, die Arbeit und ihr Produktssen ohne Preis und ohne Profit frei und entsprechend ihrer Notwendigkeit

    usgetauscht werden. Das fhrt logischerweise zu ffentlichem Eigentum undmeinsamem Gebrauch. Dieses vernnftige und gerechte System ist als Kommunismukannt.Aber ist das gerecht, wenn alle dasselbe bekommen? fragen Sie.r Intellektuelle und der Dummkopf, der Fleiige und der Faule, alle dasselbe?ollte man nicht die Fhigen auszeichnen und besonders anerkennen?assen Sie mich die Gegenfrage stellen, mein Freund, sollen wir den Menschen nostrafen, der von der Natur nicht so grozgig ausgestattet worden ist wie seirkerer und talentierterer Nachbar? Sollen wir zu der ihm von der Naturuferlegten Behinderung noch weitere Ungerechtigkeiten hinzufgen? Alles, was wrnnftigerweise von einem Menschen erwarten knnen, ist doch, da er sein Besut - kann jemand berhaupt mehr tun? Wenn das Beste von John nicht so gut ist

    as seines Bruders Jim, dann ist das Johns Migeschick, aber auf keinen Fall echuld, die bestraft werden mu. gibt nichts Gefhrlicheres als Diskriminierung. In dem Augenblick, in dem Sin weniger Fhigen diskriminieren, legen Sie den Grundstein zu Unzufriedenheitnd Emprung: Sie fordern Neid, Uneinigkeit und Streit heraus. Sie wrden es frutal halten, wenn den weniger Fhigen die bentigte Luft und das Wasser entzorde. Sollte dasselbe Prinzip nicht auch auf die anderen Bedrfnisse der Menscngewendet werden? Trotz allem machen Nahrung, Kleidung und Wohnung nur deneinsten Posten in der Weltwirtschaft aus.cht durch Diskriminierung kann jemand dazu gebracht werden, da er sein Besteut, sondern indem man ihn ebenso wie alle anderen behandelt. Das ist die

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    rksamste Ermutigung und der beste Ansporn. Das ist gerecht und menschlich.Aber was werden Sie mit den faulen Leuten tun, jenen, die nicht arbeiten wolleragt Ihr Freund.as ist eine interessante Frage und Sie werden sicherlich sehr erstaunt sein, wch sage, da es so etwas wie Faulheit in Wirklichkeit nicht gibt. Was wir eineaulen Menschen nennen, ist gemeinhin ein Mensch am falschen Platz. Das heit. chtige Mann ist am falschen Platz. Sie werden immer feststellen knnen, da dn den falschen Platz gestellte Mensch trge und wenig leistungsfhig ist. Denne sogenannte Faulheit und ein groer Teil von Untchtigkeit sind nichts anders geringe Eignung und falscher Einsatz. Wenn Sie etwas machen mssen, wozu Si

    ch aus Mangel an Talent und Begeisterung nicht eignen, werden Sie wenig leistnn Sie gezwungen werden, uninteressante Arbeiten auszufhren, werden Sie faulin.der, der einmal einen Betrieb gefhrt hat, in dem eine groe Anzahl von Menscschftigt war, kann das besttigen. Das Leben im Gefngnis liefert einensonders berzeugenden Beweis fr die Richtigkeit dieser Behauptung - undtztlich stellt die heutige Lebensform fr die meisten Menschen nichts anderess ein greres Gefngnis dar. Jeder Gefngniswrter kann Ihnen besttigen, dafangene immer dann faul und stndigen Bestrafungen ausgesetzt sind, wenn ihneufgaben bertragen werden, fr die sie sich nicht eignen oder interessieren. Aobald diesen widerspenstigen Strflingen eine Arbeit zugewiesen wird, die ihigungen entspricht, dann werden sie Mustermenschen, wie die Gefngniswrtere nennen.uch Ruland hat die Wahrheit dieser Tatsache in bemerkenswerter Weisemonstriert. Dort konnte man erfahren, wie wenig wir ber menschliches Verhaltnd ber den Einflu der Umwelt darauf wissen - wie wir falsche Voraussetzungens schlechtes Verhalten mideuten. Russische Flchtlinge, die im Ausland einendes und unbedeutendes Leben gefhrt hatten, leisteten nach ihrer Heimkehr uachdem sie erkannt hatten, da die Revolution ihren Aktivitten freien Raum garoartiges in ihren Arbeitsgebieten, sie entwickelten sich zu brillantenrganisatoren und Erbauern von Eisenbahnen und Industrien. Unter den heutzutageusland weithin bekannten Namen von Russen gibt es viele, deren Trger unter derheren Lebensbedingungen als faul und nicht leistungsfhig galten, deren

    higkeiten und Energien aber nur kein geeignetes Bettigungsfeld gefunden hattas ist menschliches Wesen: Leistungsfhigkeit auf einem bestimmten Gebietdeutet Neigung und Begabung dafr; Flei und Eifer signalisieren Interesse. Dt der Grund, weswegen in der heutigen Welt die Faulheit so verbreitet und dieistungsfhigkeit so gering ist. Denn wer steht heute schon am richtigen Platzr hat eine Arbeit, in der er aufgeht und die ihn wirklich interessiert?nter den gegenwrtigen Bedingungen hat der Durchschnittsmensch kaum dieglichkeit, sich einer seinen Neigungen und Vorzgen entsprechenden ufgabe zudmen. Die gesellschaftliche Position, in die Sie zufllig hineingeboren werdestimmt im allgemeinen Ihr Gewerbe oder Ihren Beruf im voraus. Der Sohn einesnanziers wird in der Regel nicht Holzfller, obwohl er vielleicht besser mitaumstmmen als mit Bankkonten umgehen kann. Die Mittelklasse schickt ihre Kind

    uf Hochschulen, damit sie rzte, Juristen oder Ingenieure werden. Aber falls Itern Arbeiter sein sollten, die es sich nicht leisten knnen, Sie studieren zassen, werden Sie wahrscheinlich irgendeinen Ihnen angebotenen Job annehmen odrgendein Handwerk erlernen, in dem zufllig eine Lehrstelle frei ist. Ihresondere Situation wird ber Ihre zuknftige Arbeit oder Beruf entscheiden undcht Ihre Begabungen, Neigungen oder Fhigkeiten. Ist es dann noch berraschena die meisten Menschen, und zwar die berwiegende Mehrheit, tatschlich amalschen Platz eingesetzt ist? Fragen Sie die nchsten hundert Menschen, die Ihgegnen, ob sie sich ihre jetzige Arbeit wieder ausgesucht htten oder sie sogibehalten mchten, wenn ihnen die Freiheit gegeben wre zu whlen.unundneunzig von ihnen werden zugeben, da sie lieber eine andere Beschftigu

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    orziehen. Armut und materielle Vorteile oder auch nur ein Hoffen auf materiellorteile halten die meisten Menschen am falschen Arbeitsplatz fest. leuchtet ein, da eine Person ihr Bestes nur geben kann, wenn sie sich fr drbeit interessiert, wenn sie sich dazu auf natrliche Weise hingezogen fhlt unn sie ihr gefllt. Dann wird sie fleiig und tchtig sein. Die Dinge, die deandwerker in der Zeit vor dem modernen Kapitalismus erstellte, waren Gegenstnr Freude und Schnheit, weil der Handwerker seine Arbeit liebte. Knnen Sie vm modernen Arbeitstier in der modernen Fabrik erwarten, da es schne Dingerstellt? Es ist Teil der Maschine, ein Rdchen in der seelenlosen Industrie uine Arbeit erfolgt mechanisch und erzwungen. Hinzu kommt noch das Gefhl des

    rbeiters, nicht fr sich selbst, sondern fr den Profit eines anderen zurbeiten, er hat diesen Job oder hat zumindest kein anderes Interesse daran, aa er ihm seinen wchentlichen Lohn garantiert. Das Ergebnis ist Drckebergereangelnde Leistungsfhigkeit und Faulheit.as Aktivittsbedrfnis ist einer der fundamentalsten menschlichen Triebe. Wenne ein Kind beobachten, werden Sie seinen starken Instinkt erkennen zu handelnch zu bewegen oder etwas zu tun. Kraftvoll und stetig. Genauso steht es mit dsunden Menschen. Seine Energie und Vitalitt fordern Ausdrucksmglichkeiten.statten Sie ihm, die von ihm selbstgewhlte Arbeit oder geliebte Dinge zu tuno wird sein Eifer weder berdru noch Drckebergerei kennen. Das knnen Sie beabrikarbeiter beobachten, der das Glck hat, einen Garten oder ein Stck Land sitzen, wo er Blumen oder Gemse zchten kann. So erschpft er von seinerackerei auch sein mag, hat er doch noch Freude an der hrtesten Arbeit, die eum eigenen Vergngen und aus freier Wahl ausfhrt.m Anarchismus wird jeder die Mglichkeit haben, der seinen natrlichen Neigungnd Fhigkeiten entsprechenden Beschftigung nachzugehen. Anders als dietubende Plackerei heute wird Arbeit dann zum Vergngen werden. Faulheit wirdnbekannt und die mit Interesse und Liebe geschaffenen Dinge werden Gegenstnder Schnheit und Freude sein.Aber kann denn Arbeit jemals zum Vergngen werden? fragen Sie.rbeit bedeutet heute Schufterei und ist unangenehm, ermdend und langweilig. Awhnlich ist es nicht die Arbeit, die so hart ist: Die Bedingungen, unter dene zur Arbeit gezwungen werden, machen diese so hart. Besonders die lange Zeit

    e unhygienischen Werksttten, die schlechte Behandlung, die unzureichendezahlung usw. Sogar die unangenehmste Arbeit knnte durch eine Verbesserung derbeitsbedingungen erleichtert werden. Nehmen wir beispielsweise dieanalreinigung. Es ist eine schmutzige und erbrmlich bezahlte Arbeit. Aber nhr zum Beispiel an, da Sie anstatt 5 Dollar pro Tag 20 Dollar dafr bezahltkmen. Dann wrden Sie Ihren Job sofort als viel einfacher und angenehmermpfinden. Die Zahl der Bewerber fr diese Arbeit wrde sofort ansteigen. Dasdeutet doch, da Menschen nicht faul sind und harte oder unangenehme Arbeitencht scheuen, wenn diese nur angemessen belohnt werden. Aber solch eineschftigung wird als niedrig erachtet und man sieht auf sie herab. Warum gilte als niedrig? Ist sie nicht auerordentlich ntzlich und unbedingt notwendigrden nicht ohne Straen- und Kanalreiniger Epidemien ber unsere Stadt kommen

    anz gewi sind diese Menschen, die unsere Stadt sauber und rein halten, wahreohltter und fr unsere Gesundheit und unser Wohlergehen noch wichtiger als deamiliendoktor. Vom Standpunkt der Ntzlichkeit fr die Gesellschaft ist derraenreiniger ein Berufskollege des Arztes: Der letztere behandelt uns, wenn rank sind, whrend der erstere dafr sorgt, da wir gesund bleiben. Trotzdemchaut man zu dem Arzt auf und achtet ihn, wohingegen der Straenreinigerringschtzig behandelt wird. Warum? Weil die Arbeit des Straenreinigerschmutzig ist? Aber der Chirurg mu oft noch viel schmutzigere Arbeitenurchfhren. Warum wird also der Straenreiniger verachtet? Weil er wenigrdient.n unserer perversen Zivilisation werden alle Dinge am Mastab Geld gemessen.

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    tzlichste Arbeit leistende Menschen stehen auf der untersten sozialen Stufe,nn ihre Beschftigung schiecht bezahlt wird. Sollte jedoch etwas geschehen, wazu fhrt, da die Straenreiniger l00 Dollar pro Tag erhalten, whrend deroktor 50 Dollar verdient, dann wrde der dreckige Straenreiniger sofort in chtung und der gesellschaftlichen Rangordnung steigen, aus dem schmutzigenrbeiter wrde der vielumworbene Mann mit dem guten Einkommen werden.e sehen also, da heute - in unserem auf Profit ausgerichteten System - diezahlung, die Entlohnung, die Lohnskala und nicht etwa Wichtigkeit odertzlichkeit den Wert einer Arbeit ebenso wie den Wert des Menschen bestimmenne vernnftige Gesellschaftsordnung - unter anarchistischen Bedingungen - wr

    n solchen Dingen vllig andere Mastbe in der Beurteilung anlegen. Menschenrden dann entsprechend ihrer Bereitwilligkeit, der Gesellschaft ntzlich zuin, eingeschtzt.nnen Sie sich vorstellen, welch gewaltige Vernderungen solch eine neue Haltut sich bringen wrde? Jeder sehnt sich nach Achtung und Anerkennung seitensiner Mitmenschen: Das ist ein Elixier, ohne das wir nicht leben knnen. Sogarfngnis konnte ich beobachten, wie der gerissene Taschendieb oderldschrankknacker nach Anerkennung durch seine Freunde lechzte und wie sehr erch bemhte, ihre Hochachtung zu erlangen. Die Meinung unserer Mitmenschen bens beherrscht unser Verhalten. Die soziale Atmosphre bestimmt zu einem hohenrad unsere Wertvorstellung und unser Verhalten. Ihre persnliche Erfahrung wirhnen zeigen, wie wahr das ist. Sie werden darum auch nicht berrascht sein, wech behaupte, da sich in einer anarchistischen Gesellschaft die Menschen eher e am meisten ntzliche und schwierige Arbeit als um den leichteren Job bemherden. Wenn Sie das bercksichtigen, werden Sie keine Bedenken mehr bezglichaulheit und Drckebergerei haben. Zudem knnte auch das hrteste und lstigsteagewerk unter leichteren und besseren Arbeitsbedingungen erledigtwerden, als eute der Fall ist. Wenn der kapitalistische Arbeitgeber es vermeiden kann, wirr kein Geld ausgeben, um seinen Angestellten die Arbeit angenehmer und leichteu machen. Er wird Verbesserungen nur einfhren, wenn er sich dadurch grerenwinn erhofft, aber aus rein humanitren Grnden wird er sich nicht inxtraausgaben strzen. Gleichwohl mchte ich Sie an dieser Stelle daran erinnera intelligentere Arbeitgeber allmhlich begreifen, da es sich auszahlt, wenn

    e ihre Fabriken verbessern, sie in sanitrer und hygienischer Hinsicht ausbaund allgemein die Arbeitsbedingungen erleichtern. Sie erkennen, da das eine gunlage ist: Das Ergebnis ist steigende Zufriedenheit und folglich eine grereistungsfhigkeit ihrer Arbeiter. Das Prinzip ist gut. Heute wird es natrlichur zum Zweck des greren Profits ausgenutzt. Aber im Anarchismus wrde es nicm des persnlichen Profits willen angewandt werden, sondern im Interesse dersundheit des Arbeiters und zur Erleichterung seiner Arbeit. Unser technischerortschritt ist so gro und anhaltend, da der grte Teil der Schwerstarbeiturch moderne Maschinen und arbeitssparende Anlagen getan werden knnte. In viendustrien, wie zum Beispiel dem Bergbau, werden neue Sicherheitsvorkehrungen uanitre Anlagen nicht eingefhrt, weil den Arbeitgebern das Wohlergehen derrbeitnehmer gleichgltig ist und weil sie die dafr notwendigen Ausgaben nicht

    achen wollen. In einem System aber, das nicht profitorientiert ist, wrde diechnische Wissenschaft nur das Ziel im Auge haben, die Arbeit sicherer, gesndichter und angenehmer zu machen.Aber wie leicht Sie die Arbeit auch machen, es ist doch kein Vergngen, achtunden am Tag zu arbeiten, wendet Ihr Freund ein.a haben Sie vollkommen recht. Aber haben Sie jemals nachgedacht, warum wir achunden pro Tag arbeiten? Wissen Sie, da vor noch gar nicht so langer Zeit dienschen zwlf bis vierzehn Stunden pro Tag schufteten und da das noch heute ickstndigen Lndern wie China und Indien der Fall ist? kann statistisch nachgewiesen werden, da hchstens drei Stunden Arbeit pro usreichen wrden, um die Menschen zu ernhren, zu beherbergen, zu kleiden und

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    cht nur mit dem unbedingt Notwendigen auszustatten, sondern auch mit allemodernen Lebenskomfort. Der P unkt ist doch der, da heute nicht einer von fnfnschen produktive Arbeit leistet. Die gesamte Welt wird von einer kleinennderheit von Schwerarbeitern ausgehalten.chauen wir uns zuerst einmal die in der heutigen Gesellschaft verrichteten Arton Arbeit an, die unter anarchistischen Bedingungen unntig wren. Nehmen Sie rmee- und Marineeinheiten der ganzen Welt und berlegen Sie, wie viele Millionnschen fr ntzliche und produktive Arbeiten freigestellt wren, wenn erstnmal der Krieg abgeschafft sein wrde, was in der Anarchie selbstverstndlichr Fall wre.

    n jedem Land versorgen die Arbeiter Millionen, die nichts zum Wohlstand desandes beitragen, die nichts schaffen und keinerlei ntzliche Arbeitverrichtenese Millionen sind nur Verbraucher, ohne in irgendeiner Weise Hersteller zuin. In den Vereinigten Staaten gibt es beispielsweise bei einer Bevlkerung v0 Millionen einschlielich der Bauern weniger als 30 Millionen Arbeiter. In dgel ist die Situation in jedem Land gleichartig.t es da noch erstaunlich, da die Arbeiter viele Stunden lang schuften mssennn unter 120 Menschen nur 30 Arbeiter sind? Die groen Unternehmerkreise mithren Angestellten, Assistenten, Agenten und Handlungsreisenden, die Gerichte mhren Richtern, Protokollfhrern, Gerichtsvollziehern usw.; die Legionen vonnwlten mit ihren Angestellten; die Miliz und Polizei; die Kirchen und Klstere Wohlfahrtsvereine und Armenhuser; die Gefngnisse mit ihren Wrtern, Beamtnd den unproduktiven Gefangenen; die Armee der Werbeleute und ihren Helfern,ren Aufgabe es einzig und allein ist, Sie zum Kauf von etwas zu verfhren, wae nicht haben wollen oder brauchen knnen, ganz zu schweigen von den zahllosenschen, die luxuris in absolutem Miggang leben. Sie gehen in die Millionendem Land.nn also all diese Millionen sich einer ntzlichen Arbeit widmen wrden, mtech dann der Arbeiter acht Stunden pro Tag schinden? Wenn 30 Mnner acht Stundr die Erledigung einer bestimmten Aufgabe bentigen, in wieviel Stunden wenigrden 120 Mnner dieselbe Aufgabe bewltigen? Ich will Sie nicht mit Statistiklasten, aber die vorhandenen Daten reichen fr den Nachweis aus, da dreiunden physischer Anstrengung pro Tag und Person ausreichen wrden, um die in

    anzen Welt anfallenden Arbeiten zu erledigen.nnen Sie berhaupt daran zweifeln, da selbst die hrteste Arbeit zum Vergngrde, wenn anstelle der gegenwrtigen verfluchten Schinderei nur drei Stunden ag dafr aufgewendet werden mten, dazu noch unter den besten sanitren undygienischen Bedingungen in einer Atmosphre der Brderlichkeit und Achtung vorrperlicher Arbeit?ber der Tag ist nicht schwer vorauszusehen, an dem die Anzahl dieser wenigenunden noch weiter vermindert wird. Denn wir verbessern unsere technischenthoden stndig und erfinden fortlaufend neue arbeitssparende Maschinen.chnischer Fortschritt bedeutet weniger Arbeit und greren Komfort, vergleiche das Leben in den USA mit dem in China oder Indien und Sie werden diesenusammenhang leicht erkennen. In diesen beiden Lndern arbeiten die Menschen vi

    unden, nur um ihr berleben zu sichern, whrend in Amerika selbst derurchschnittsarbeiter einen viel hheren Lebensstandard bei weniger Arbeitsstunnieen kann. Der Fortschritt der Wissenschaft und neue Erfindungen geben unshr Muse fr unsere Lieblingsbeschftigungen.ch habe mit groben Strichen die Mglichkeiten eines Lebens in einem vernnftigystem umrissen, in dem der Profit abgeschafft wurde. Es ist nicht ntig, auf deinsten Einzelheiten dieser Gesellschaftsordnung einzugehen. Es ist genug gesorden, um zu zeigen, da kommunistischer Anarchismus greren materiellenohlstand in Verbindung mit einem Leben in Freiheit fr jeden und alle bedeutetr knnen uns ein Bild von der Zeit machen, in der Arbeit eine angenehme bungnen freudigen Einsatz der krperlichen Kraft darstellt, um die Bedrfnisse de

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    lt zu befriedigen. Die Menschen werden dann auf unsere Zeit zurckblicken undcht verstehen knnen, da Arbeit jemals Schinderei sein konnte; sie werden anm Verstand einer Generation zweifeln, in der weniger als ein Fnftel derwohner darunter litt, im Schweie seines Angesichts das Brot fr die anderenrdienen zu mssen, whrend diese dem Miggang frnten und ihre Zeit, ihresundheit und den Reichtum der Menschen verschwendeten. Sie werden staunen, damaIs die uneingeschrnkte Befriedigung der menschlichen Bedrfnisse nicht alslbstverstndlich angesehen wurde oder da Menschen, die eigentlich alle dasseuchten, darauf verfielen, sich durch Hader untereinander das Leben zu erschwernd unausstehlich zu machen. Sie werden es nicht glauben knnen, da8 das ganze

    asein der Menschheit aus einem stndigen Kampf um Nahrung in einer mit Luxusngefllten Welt bestand, ein Kampf, der der groen Mehrheit weder Zeit noch Krur Erfllung ihrer Herzenswnsche lie.Aber fhrt ein Leben in der Anarchie bei wirtschaftlicher und sozialer Gleichhcht zu allgemeiner Gleichmacherei? fragen Sie.in, mein lieber Freund, ganz im Gegenteil Gleichheit bedeutet nicht gleichenge, sondern gleiche Mglichkeit. Das heit zum Beispiel nicht, da, wenn Herchmidt fnf Mahlzeiten pro Tag braucht, Herr Mller auch so viele haben mu. Wrr Mller nur drei Mahlzeiten haben mchte, whrend Herr Schmidt fnf verlangann mgen sie verschiedene Mengen konsumiert haben, aber beide Mnner haben gee gleiche Mglichkeit, so viel zu essen, wie sie bentigen, das heit, so viehr Krper braucht.gehen Sie nicht den Fehler, die Gleichheit in der Freiheit mit derufgezwungenen Gleichheit in einem Gefangenenlager zu verwechseln. Wahrenarchistische Gleichheit bedeutet freie Nutzung, nicht Quantitt. Sie fordertcht, da jeder dasselbe essen, dasselbe trinken oder dieselbe Kleidung tragenu, dieselbe Arbeit verrichten oder den gleichen Lebensstil haben mu. Weit dantfernt; in Wirklichkeit ist das genaue Gegenteil richtig. Bedrfnisse undorliebe der einzelnen Menschen weichen voneinander ab, ebenso wie sich ihrelust unterscheidet. Die gleiche Mglichkeit sie zu befriedigen, macht die waheichheit aus.it entfernt von Gleichmacherei ffnet gerade diese Gleichheit die Tren zurrtmglichen Vielfalt in Ttigkeit und Entwicklung der Menschen. Da der

    harakter der Menschen unterschiedlich ist, fhrt nur die Unterdrckung seinerannigfaltigkeit zu Gleichmacherei, Eintnigkeit und Langeweile. Gerade dieglichkeit, die eigene Individualitt ungehindert ausdrcken und ausleben zunnen, gibt der Entwicklung natrlicher Unterschiede und Variationen Raum.an sagt, da keine zwei Grashalme einander gleichen. Um wieviel weniger tun esann menschliche Wesen. Auf der ganzen Welt gibt es keine zwei Menschen, dienander genau gleich sind, nicht einmal in ihrem ueren Erscheinungsbild; nocnterschiedlicher sind sie in ihrer physiologischen, geistigen und krperlichenruktur. Trotz dieser Vielfalt und der tausendundeinen Unterscheidungsmerkmalewingen wir die Menschen heute zur Uniformitt. Unser Leben und unsere Gebruchnser Verhalten und unsere Sitten, sogar unsere Gedanken und Gefhle werden inne Einheitsform gepret bis sie nicht mehr unterscheidbar sind. Der

    utorittsgeist, Gesetze, geschriebene und ungeschriebene, Traditionen undwohnheit zwingen uns in eine gemeinsame Schablone und machen den Menschen zumllenlosen Automaten ohne Unabhngigkeit oder Individualitt. Diese moralischend intellektuelle Knechtschaft wirkt strker als jeder physische Zwangrstrerisch auf unsere Menschlichkeit und Entfaltung. Wir alle sind ihre Opfend nur die ungewhnlich Tchtigen zerbrechen ihre Ketten, aber auch sie knnene nicht vllig abstreifen.e Autoritt der Vergangenheit und Gegenwart bestimmt nicht nur unser Verhalteondern beherrscht auch unsere Gedanken und Seelen und erstickt fortwhrend jedymptom der Nichtanpassung, unabhngiger Verhaltensweisen und unorthodoxerinungen. Die ganze Wucht der gesellschaftlichen Verurteilung trifft den Mann

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    der die Frau, die die konventionelle Verhaltensweise herausfordern. Unbarmherzache wird an dem Widerspenstigen gebt, der dem ausgetretenen Pfad nicht folgell, oder dem Ketzer, der die gngigen Glaubensstze anzweifelt. In derssenschaft und Kunst, in der Literatur, Dichtung und Malerei fhrt diesesinnung im Endergebnis zu Anpassung und Angleichung, zu Nachahmung desablierten und Anerkannten, zu Uniformitt und Einfrmigkeit, zu stereotyperusdrucksweise. Aber noch schlimmer wird Nichtkonformitt im Alltagsleben und inserem tagtglichen Umgang bestraft. Dem Maler und Schriftsteller mag einerausforderung der Sitten und Vorrechte gelegentlich verziehen werden, denntztlich findet ihre Rebellion nur auf Papier oder Leinen statt; sie wirkt nur

    uf einen verhltnismig kleinen Kreis. Diese Knstler werden entweder gar nicachtet oder als Spinner abgetan, die wenig Schaden anrichten knnen, aber andt es mit dem Menschen der Tat, der seine Herausforderung der akzeptierten Norn die Gesellschaft hinaustrgt. Er ist nicht harmlos. Er ist gefhrlich wegen acht des Vorbilds und schon allein durch seine Gegenwart; Eine Verletzung dersellschaftlichen Regeln durch ihn kann weder ignoriert noch vergeben werden. rd als Feind der Gesellschaft angeprangert.es ist der Grund, da revolutionre Gedanken in exotischer Dichtung oder inochintellektuellen philosophischen Dissertationen verziehen werden und dieffizielle und inoffizielle Zensur passieren knnen, denn sie sind fr diereitere ffentlichkeit weder zugnglich noch verstndlich. Aber drcken Sieeselbe abweichende Haltung populr aus, dann werden Sie sich sofort konfrontihen mit der geifernden Denunzierung durch alle jene Krfte, die fr dierhaltung des Etablierten eintreten.rzwungene Willfhrigkeit hat schlimmere und abstumpfendere Wirkung als dassartigste Gift. Zu allen Zeiten war sie das grte Hindernis fr dennschlichen Fortschritt, sie engte den Menschen mit tausend Verboten und Tabusn, belastete seine Seele und sein Herz mit berlebten Mastben und Regeln,ngte seinen Willen mit Geboten des Denkens und Fhlens ein, mit Du sollst unu sollst nicht in bezug auf Verhalten und Handeln. Das gesamte Leben - dieunst zu leben - ist in einer stumpfsinnigen, langweiligen und unbeweglichenchematik erstarrt.rotzdem ist die angeborene Vielfalt der menschlichen Natur so stark gewesen, d

    lbst der Jahrhunderte whrende Proze der Verdummung die menschlicheriginalitt und Einzigartigkeit nicht vllig auslschen konnte. Es ist schonahr, da die groe Mehrheit die eingefahrenen Geleise nicht mehr verlassen kanber einige brechen doch aus dem allgemeinen Trott aus und finden neue Wege, diu herrlichen und begeisternden Perspektiven fhren. Die Welt verurteilt sie,olgt aber allmhlich doch Schritt fr Schritt ihrem Beispiel und ihrer Fhrungnd schliet endlich zu ihnen auf. Wenn die Wegbereiter in der Zwischenzeitstorben sind, bauen wir ihnen Denkmler und verherrlichen diese Menschen, dier zuvor geschmht und gekreuzigt haben, ebenso wie wir fortfahren, ihreachfolger, die Bahnbrecher unserer Tage, zu kreuzigen.nter dem Geist der Intoleranz und Verfolgung verbirgt sich die Gewhnung anutoritt: Der Zwang, sich den herrschenden Mastben anzupassen, der Druck - i

    zug auf Moral und Gesetz - so zu sein und so zu handeln wie alle anderen, jeach Vorschrift und Kodex.e allgemeine Anschauung, Anpassung sei ein natrlicher Charakterzug, istollkommen falsch. Im Gegenteil, der Mensch zeigt seine Ursprnglichkeit undriginalitt bei der ersten besten Gelegenheit, wenn er sich von den ihm vonburt an eingeimpften Gewohnheiten freimachen kann. Wenn Sie beispielsweisender beobachten, werden Sie hchst mannigfaltige Unterschiede in Art undrhalten sowie in der geistigen und psychischen Ausdrucksweise erkennen. Sierden eine instinktive Neigung zur Individualitt und Unabhngigkeit, zurchtanpassung, entdecken, die in offener und versteckter Herausforderung deshnen auferlegten Willens anderer, in Rebellion gegen die Autoritt der Eltern

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    hrer zu Tage tritt. Die gesamte Ausbildung und Erziehung des Kindes ist niciter als ein ununterbrochener Unterdrckungs- und Zerstrungsproze dieserigung, die Auslschung seiner charakteristischen Eigenheiten, seinersonderheit gegenber anderen, seiner Persnlichkeit und Originalitt.uch bis das Kind erwachsen ist verbleibt trotz der jahrelangen Unterdrckung urformung immer noch ein Rest von Originalitt in ihm; dies zeigt, wie tief diurzeln der Individualitt reichen. Nehmen Sie beispielsweise irgendzwei Mensche gleichzeitig Zeugen ein und derselben Katastrophe geworden sind, angenommennes groen Feuers, und alles auch von demselben Ort verfolgt haben. Jeder wirber das Geschehen anders berichten, jeder wird in der ihm eigenen Art Bezge

    rstellen und der beim Zuhrer erweckte Eindruck wird unterschiedlich sein;