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BERNHARD AUGUST von LINDENAU Sein Leben in Bildern

BERNHARD AUGUST von LINDENAU · Rosalie, Nele, Lilith, Linus, Paul und all die anderen beschäftigten sich intensiv mit Lindenaus groß - ... Auf der Collage sehen wir ihn mit seinem

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BERNHARD AUGUST von LINDENAUSein Leben in Bildern

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BERNHARD AUGUST von LINDENAUSein Leben in Bildern

Dargestellt von Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 6 des Christlichen Spalatin-Gymnasiums Altenburg im Frühjahr 2016

Friedrich Börngen Lilith Gagelmann Maja Gebhardt Rosalie Harles Andrine Heimer Johann Anders Heller Amelie Hoppe Marlene John Paul Kämpfer Nele Klein Emilia Knechtel Johanne Lohse Emelie Matuszewski Rosalie Matuszewski Linus Meier Ronja Meinhardt Annemarie Peiselt Joel Peter Jonas Reichardt Lydia Schubert Leah Schulze Leonore Ulbricht Conrad Walther Emil Winter Milena Wirth Leonard Witton

Konzept, fachliche und künstlerische Begleitung:

Therese Heller, Malerin und Grafikerin, AltenburgHalina Kirschner, Illustratorin, LeipzigJulia Penndorf, Illustratorin, LeipzigUlrike Weißgerber, Buchgestalterin, Leiterin des Studios Bildende Kunst Jacqueline Glück, freischaffende KunstpädagoginSabine Hofmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lindenau-MuseumIna Strauß, Kunstpädagogin am Christlichen Spalatin-GymnasiumSusanne Reim, Restauratorin am Lindenau-MuseumAngelika Wodzicki, Museumspädagogin am Lindenau-Museum

LINDENAU -MUSEUM ALTENBURG

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Angelika Wodzicki

Lindenau und die Schüler des Christlichen Spalatin-Gymnasiums Altenburg

»Es sind herrliche Sachen; vorzüglich nutzbar für den Unterricht schon vorgerückter junger Leute …« (Erdmann Julius Dietrich an Bernhard August von Lindenau)

Die inzwischen zwölf Jahre währende Kooperation zwischen dem Christlichen Spalatin-Gymnasium Altenburg und dem Lindenau-Museum Altenburg besteht vor allem darin, dass die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums jeweils in der Klassenstufe 6 ihren Kunstunterricht für ein Schul semester in das Lindenau-Museum verlegen. Hier werden sie mit Lindenaus Sammlungen in Theorie und Praxis vertraut gemacht. Die kostbaren italienischen Tafelbilder, 2500 Jahre alte griechische und etruskische Gefäße, eine lehrreiche Gipsabguss-Sammlung mit Werken vornehmlich von der Antike bis zur Renais-sance und eine der schönsten Spezialbibliotheken Thüringens – die historischen Sammlungen des Museums – bilden die Grundlage für den Kunstunterricht.

Im 1. Schulhalbjahr 2015/2016 stand die Person Bernhard von Lindenaus im Fokus der theoretischen und praktischen Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern. Dabei haben wir vor allem auch versucht, Episoden und Begebenheiten aus seinem Leben in die Zeitgeschichte einzuordnen. Da es kaum au-thentische Abbildungen von Begebenheiten aus Lindenaus Leben gibt, haben wir in die Trickkiste gegriffen. In Lindenaus Briefen an seine Zeitgenossen und in Berichten über ihn haben wir nach auf-schlussreichen Zitaten gesucht. Stiche und Radierungen aus alten Reiseberichten und Galeriewerken, auch die verschiedenen Stadtansichten haben den Schülern dabei geholfen, das 19. Jahrhundert und damit Lindenaus Welt besser zu verstehen.

Rosalie, Nele, Lilith, Linus, Paul und all die anderen beschäftigten sich intensiv mit Lindenaus groß-artigen Leistungen als Astronom und als Staatsmann, seinem sozialen Wirken, seinen Reisen und sei-nem politischen Handeln und vor allem auch mit seinem Traum – eine Bildungsanstalt für die Men-schen seiner Vaterstadt zu bauen.

Vier Künstlerinnen, die Museumspädagoginnen, die Kunstpädagogin, die Restauratorin und eine Wissenschaftlerin des Museums arbeiteten mit den Schülerinnen und Schülern an drei Projekttagen in vier Arbeitsgruppen. Dabei entstanden 26 großformatige Collagen. Jede einzelne erzählt eine Epi-sode aus Bernhard von Lindenaus Leben von seiner Kindheit auf dem Altenburger Pohlhof bis zu seiner ungewöhnlichen Beerdigung.

Die entstandenen Arbeiten haben uns, aber vor allem auch die Besucher der Sonderausstellung „Ein ebenso schöner, wie geistreicher Mann …“ – Bernhard August von Lindenau im Dienste der Wettiner (24. April bis 28. August 2016), deren Bestandteil sie waren, begeistert.

Deshalb möchten wir diese außergewöhnlich lebendige Biografie in Bildern in einem Büchlein veröffentlichen, welches den Besuchern aller Altersgruppen einen vergnüglichen und spannenden Einblick in Lindenaus Leben geben soll.

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KINDHEIT, JUGEND UND STUDIUMBEGINN DER DIENSTZEIT Bernhard August von Lindenau wurde am 11. Juni 1779 auf dem Altenburger Pohlhof geboren, einem Rittergut, das ebenso wie Windischleuba und Nobitz im Besitz der Familie war. Der Vater Johann August von Lindenau (1749–1817) übte als Altenburger Landschaftsdirektor hohe politische Funktionen aus und zog sich gern in seine Studierstube zu Akten und Büchern zurück. Die Mutter Agnes Frederike Caroline von Lindenau, geborene Senfft von Pilsach (1751–1810), wird als sehr schön, klug und hart beschrieben, als eine Frau, die nach Paul von Ebart aber, wenn sie es wollte, auch sehr liebenswürdig sein konnte. Sie soll eine sehr gute Hausfrau und vortreffliche Köchin gewesen sein, die in der Familie ein strenges Regiment führte.

Lindenau wuchs mit seinem älteren Bruder August Friedrich (1778–1808) und seinem jüngeren Bruder Friedrich Wilhelm (1781–1859) sowie der Schwester Therese (1782–1847), der jüngsten unter den Geschwistern, auf. Als die Französische Revolution 1789 in Paris ausbrach, war Lindenau gerade einmal zehn Jahre alt. Die tiefgreifenden macht- und gesellschaftspolitischen Veränderungen, welche dieses Ereignis in ganz Europa mit sich brachte, spürt man deutlich in den Grundgedanken Lindenaus, die er im Laufe seines Lebens lebte, als Minister erarbeitete und in seinen Sammlungen zu vermitteln be-müht war.

Die Geschwister wurden von einem Hauslehrer unterrichtet und sollen sehr begabt und frühreif gewesen sein. So ging Lindenau schon mit vierzehn Jahren zusammen mit seinem älteren Bruder August von 1794 bis 1798 an die Universität in Leipzig. Sie studierten Jura, Kameralistik und Mathema-tik. Bernhard ergänzte den Fächerkanon um das Studium der Astronomie. Sowohl der Hauslehrer als auch die Eltern hatten mit den beiden Söhnen ihre liebe Not, da durch deren Vergnügungen die Schulden der Familie unkontrolliert stiegen.

Nach seinem Studium in Leipzig kehrte Lindenau nach Altenburg zurück und trat 1798, dem Willen des Vaters und der Familientradition folgend, in den Staatsdienst ein. Die Position eines Assessors bei der Altenburger Kammer versprach nicht nur Einblick in die Finanzen des Altenburger Landesteiles, sondern auch in das Berg- und Hüttenwesen, die Bau- und Postverwaltung und das Münzwesen.

Obwohl die jungen Herren in Altenburg wieder bei den Eltern wohnten, änderte sich an dem Lebensstil der beiden Brüder, Bernhard und August, nichts. Luise von der Gabelentz (1841–1901), deren Großmutter Christiane Auguste eine Schwester von Lindenaus Vater war, berichtet, dass Lindenau einmal 40 weiße Westen anfertigen ließ, damit die Mutter den Verschleiß nicht bemerkte. Der junge Lindenau genoss mit seinem Bruder das Altenburger Nachtleben in vollen Zügen, und ganz Altenburg wusste es, aber niemand verriet etwas den Eltern.

Während seiner Dienstzeit in Dresden schreibt Lindenau in seinen biografischen Notizen im Rückblick auf seine Jugend, dass ihn trübe Ereigniße aus dieser Unbekümmertheit herauszogen. 1808 starb sein Bruder August; Bernhard von Lindenau widmete sich nun ganz der Arbeit und der Astronomie.

Kameralistik Das Wort leitet sich vom lateinischen Wort camera „Zimmer, Gewölbe“ ab. Übertragen steht es hier für die „fürstliche Schatzkammer“. Kamera-listik bezeichnet die Buchführung der Verwaltung der öffentlichen Unternehmen. Die Kameralisten waren hohe Beamte im Kammerkol-legium eines deutschen Fürsten.

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Kindheit auf dem Pohlhof Conrad Walther

Bernhard August von Lindenau wurde am 11. Juni 1779 auf dem Pohlhof in Altenburg geboren. Franz Volger schreibt 1896 in seinem Lebensbild über Bernhard von Lindenau vom Pohlhof als einem alten Rittersitz seit dem 14. Jahrhundert und einem im Mittelalter direkt an der Stadtmauer gelegenen Freihof. 1574 ging das Rittergut in den Besitz Paul Martin Pohlheims aus Österreich über, von dem sich der Name Pohlhof herleitet. Die Familie von Lindenau erwarb den Pohlhof 1742. Heute ist er das letzte erhaltene Rittergut der Stadt Altenburg.

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Kindheit auf dem Pohlhof Leonard Witton

Luise von der Gabelentz schreibt in ihren Memoiren über den Hauslehrer der Geschwister: Für den häuslichen Unterricht der Kinder wurde Hofmeister Klöber angestellt, der die Grundlagen in alten Sprachen und der Mathematik legte.Was konnte Bernhard mit seinen Geschwistern alles unternehmen, wo es doch noch keinen elektrischen Strom gab? Für unsere Kinder, die heute in einer multimedialen Welt aufwachsen, keine leichte Frage. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern sind wir auf viele Möglich-keiten des Zeitvertreibes gekommen: Tauziehen, Ballspielen, Klettern …

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Studium in Leipzig Ronja Meinhardt

Dem excessiven Lebenswandel – Spiel, Alkohol, Vergnügungen – konnte der sie nach Leipzig begleitende Hofmeister nicht Einhalt gebieten. [...] Zur besseren Aufsicht der Söhne verlegten nun die Eltern ebenfalls ihren Wohnsitz nach Leipzig, so berichtet Luise von der Gabelentz über Bernhard und August von Lindenau als Studenten in Leipzig.Grundlage dieser Schülerarbeit ist die Kopie einer kolorierten Radierung von Carl Täubert. Darauf zu sehen ist die Leipziger Pleißenburg mitder kurfürstlichen Sternwarte. Die Pleißenburg war ein landesherrlicher Gebäudekomplex, der sich ursprünglich über das Gelände des heutigen Neuen Rathauses, des Stadthauses, der Deutschen Bank und dem Burgplatz erstreckte und nach seiner Lage am Pleißemühlgraben benannt war. Einzig der Sockel des Schlossturmes ist erhalten, um den herum das Neue Rathaus errichtet wurde. Die von 1787 bis 1790 errichte-te Sternwarte wurde von 1794 bis 1861 von der Universität genutzt. Lindenau verbrachte viel Zeit in der kurfürstlichen Sternwarte mit seiner Leidenschaft, der Astronomie. Auf der Collage sehen wir ihn mit seinem Bruder August und einem Mitstudenten, wie sie sich gemeinsam mit den Eltern das beeindruckende Bauwerk anschauen.

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Wieder zurück in Altenburg Lydia Schubert

Auch nachdem Bernhard und August aus Leipzig wieder nach Altenburg zurückgekehrt waren, machten sie es ihren Eltern nicht leicht und stellten genügend Dummheiten an. Luise von der Gabelentz schreibt zu den Bemühungen der Eltern, ihre Söhne zu überwachen: Das war allerdings ein schweres Vorhaben u. gelang den Eltern ziemlich schlecht. Sie räumten den Söhnen das Parterrezimmer ein, verlangten, sie sollten jeden Abend mit den Eltern Whist spielen u. zu Abend essen, u. wenn sie sich schlafen legten, schloßen sie die Söhne ein u. legten sich im Gefühl vollster Sicherheit zur Ruh. Kaum aber war die Thüre ins Schloß gefallen u. die Eltern [hatten] sich ins Schlafzimmer begeben, als die beiden jungen Herrn zum Fenster hinausstiegen u. ihrem Vergnügen bis zum Morgen nachgingen.Bernhard und sein Bruder August waren gerade 19 Jahre alt, und wir haben uns vorgestellt, wie sie es geschafft haben, aus dem Fenster zu klettern.

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Lindenau als Assessor vor der fürstlichen Landesregierung am Brühl in Altenburg Emilia Knechtel

1799 tritt Lindenau in den Staatsdienst ein und ist bis 1801 Assessor im Kammerkollegium in Altenburg. Er wird 1801 zum Kammerrat ernannt, lässt sich aber beurlauben, um sich mathematisch-astronomischen Studien widmen zu können. In seinen eigenhändigen biografischen Notizen schreibt Lindenau um 1834 über diese Zeit: Ziemlich leichtsinnig nur im Strudl der Vergnügungen wurden die ersten Jahre meiner Dienstzeit verlebt.Die Collage zeigt im Hintergrund das Gebäude der fürstlichen Landesregierung. Dieses Gebäude existiert noch heute. Im Vordergrund flattern um den vergnügten Lindenau die Arbeitsunterlagen im Wind.

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ASTRONOM UND BEAMTERDie Arbeit an der Kammer ließ Lindenau offenbar so viel Freiheit, dass er astronomische Studien be-ginnen konnte. Anleitung bekam er von Georg Gottlieb Leberecht von Hardenberg (1732–1822), einem Amateurastronom und ehemaligen Oberstallmeister von Herzog Ernst II. (1745–1804). Allgemein er-freute sich die Astronomie in jener Zeit großer Beliebtheit. Neue Planeten wurden entdeckt, und das Land musste vermessen werden, damit die Steuern berechnet werden konnten.

Im Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg ist das Interesse an astronomischen Fragen noch größer, denn hier befindet sich seit 1791 auf dem Seeberg, nahe Gotha, eine modern ausgestattete Sternwar-te. Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts hatte der von Herzog Ernst II. zum Leiter der Sternwarte be-rufene Franz Xaver von Zach (1754–1831) die Gothaer Einrichtung zu einer wahren Drehscheibe der europäischen Astronomie entwickelt.

Lindenau reist immer öfter nach Gotha, um Zach bei seinen Beobachtungen zu helfen. Als der Lehrmeister die Sternwarte 1804 verlässt, übernimmt Lindenau die Leitung und die Verantwortung für die Herausgabe der berühmten astronomischen Zeitschrift „Monatliche Correspondenz zur Beförde-rung der Erd- und Himmelskunde“.

Bis 1818 arbeitet er als Astronom. Während dieser Zeit lernt er die berühmtesten Kollegen in ganz Europa kennen. Er reist 1812 über Hamburg, Bremen, Amsterdam nach Paris und von dort weiter über Spanien nach Italien. Überall besucht er die Astronomen, die für die „Monatliche Correspondenz“ schreiben.

Während der Befreiungskriege gegen Napoleon kommt Lindenau erneut nach Paris. Er ist Gene-raladjutant des Weimarer Herzogs Carl August (1757–1828), der das gute Netzwerk des Altenburgers nutzen will. Das Soldatenleben gehört jedoch nicht zu den Tätigkeiten, die Lindenau liebt. Mit Graf Vitzthum, dem anderen Adjutanten des Herzogs, kommt es nach Streitigkeiten zu einem folgen-schweren Duell. Lindenau wird lebensgefährlich getroffen und nur gerettet, weil Freunde ihm helfen: der preußische General und Astronom Karl von Müffling (1775–1851) und der französische Mathemati-ker Jean-Baptiste Joseph Delambre (1749–1822).

Lindenau ist aber auch Finanzbeamter und wird schrittweise vom Kammerrat zum Kammerherrn und Vizepräsident der Kammer befördert. Weil der Staat dringend Geld braucht, sind ab 1817 Linde-naus Fähigkeiten als Staatsdiener gefordert. Der Herzog beruft ihn 1820 zum Minister. Das Amt beglei-tet er bis zur Auflösung des Staates Sachsen-Gotha-Altenburg 1826, um dann in den sächsischen Staatsdienst einzutreten.

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Die Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha. Bertuch und Lindenau Marlene John

Bereits während des Studiums in Leipzig widmet sich Lindenau besonders begeistert der Mathematik und der Astronomie. Ab 1801 wird er Assistent Franz Xaver von Zachs, des Leiters der Sternwarte auf dem Seeberg. Damit verbunden sind auch Vermessungsarbeiten des Landes. 1808 wird Lindenau offiziell als Zachs Nachfolger zum Leiter der Sternwarte berufen. Sicherlich besuchte ihn hier auch der Verleger Friedrich Johann Justin Bertuch, denn beide arbeiteten an der Herausgabe der Zeitschrift „Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde“. Wichtige Ergebnisse Lindenaus astronomischer Arbeit sind die Barome trischen Tafeln (erschienen 1810 in der „Monatlichen Correspondenz“) sowie seine Venustafeln (1810 publiziert), die Marstafeln (1811) und die Merkurtafeln (1816), die die Bahnen der Planeten beschreiben, was für alle Seeleute nützlich war.

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Festsaal auf Schloss Friedenstein in Gotha Emelie Matuszewski und Amelie Hoppe

Ab 1811 ist Lindenau nicht nur Astronom, sondern auch Kammerherr und als solcher verpflichtet, an der Tafel des Herzogs zu speisen, wenn dieser das wünscht. Doch selbst als Minister und Geheimer Rat (ab 1820) liebt er die offiziellen Verpflichtungen am Hof nicht. Er schreibt am 15. Dezember 1821 an seine Cousine Marianne von der Gabelenz über seine Zeit in Gotha:Im ganzen sehe ich vom Hof und der hiesigen Gesellschaft nur sehr wenig; den Geburtstag des Herzogs ausgenommen, war ich seit meiner Rückkehr aus Altenburg keinen Abend außer meinen vier Pfälen […]. Des Hofes Festlichkeiten, wo Bälle, Concerte, Commoedien, an der Tagesordnung sind, gehen unbesucht von mir vorüber […].

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Die Sternwarte Göttingen. Lindenau besucht Carl Friedrich Gauß Johann Anders Heller

Carl Friedrich Gauß, Mathematiker, Astronom und Physiker ist seit 1807 Universitätsprofessor in Göttingen und Direktor der dortigen Sternwar-te. Bernhard von Lindenau unterhält Kontakte zu den großen Astronomen und Wissenschaftlern seiner Zeit. Meistens korrespondieren die Astronomen schriftlich, denn alle senden ihre Beobachtungsergebnisse nach Gotha, damit Lindenau sie, mathematisch bearbeitet, in der „Monatlichen Correspondenz“ veröffentlichen kann. Die direkten Besuche bei den Kollegen festigen die Beziehungen. Bei jeder Station seiner verschiedenen Reisen suchte Lindenau die dortige Sternwarte auf.

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Lindenau notiert um 1834 zu diesen Reisen: 1812. durchreißte ich Holland, Frankreichund einen Theil von Spanien u. Italien, woich mit den berühmtesten Mathematikernu. Astronomen der damaligen Zeit,nament-lich in Paris mit LaPlace, Lalgrange, Delambre,Monge, Poisson, Arago, Biot, Bouvard,Humboldt, Prony ec. in nähere Verbindung trat. […]Der Aufenthalt auf dem Seeberg, dasdortige freie, geistige Wirken, die

Abgeschiedenheit von allem Weltlichen,die Verbindung mit der ganzenwissenschaftlichen Welt, mein freund-schaftliches Verhaeltnis zu den dreiersten noch lebenden deutschen Astronomenund Mathematikern, GaußOlbers, Bessel und das ungestörtegeistige Wohlseyn jener Zeit, machendiese Periode meines Lebens zu derschönsten u. glücklichsten.

Die Sternwarte Göttingen. Lindenau besucht Carl Friedrich Gauß Joel Peter

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In Paris. Das Observatorium Rosalie Harles

Während seines Aufenthaltes in Paris 1812 hat Lindenau Zugang zum Observatorium, das bereits seit dem 17. Jahrhundert eine hervorragende Forschungsstätte war. Lindenau besucht außerdem das Bureau des Longitudes und die Sitzungen der berühmten französischen Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er später wird. Dazu gibt es Stadtbesichtigungen und abendliche Gesprächsrunden. In einem Brief vom 23. März 1812 an den Gothaer Gymnasialprofessor Friedrich Christian Kries schreibt Lindenau über seine Besuche bei Kollegen und in den Pariser Salons wie dem der Gräfin Rumford:Den Morgen laufe ich herum, meine Mittage sind mit Ausnahme von Donnerstag sämtlich bestimmt, u. die Abende das heißt von 10– 1 verbringe ich allmal, entweder bei La Place oder bei Delambre oder bei der Gräfin Rumfort zu, wo ich sicher bin jedesmal meinem Geist sehr interessante Menschen zu finden.

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In Paris. Begegnung mit Alexander von Humboldt Milena Wirth

Alexander von Humboldt lebt nach der Rückkehr von seiner spektakulären Reise durch Südamerika in Paris, wo er die Ergebnisse dieser Reise veröffentlicht. Lindenau hat er dafür bereits 1807 um Kartenmaterial gebeten. In Paris kommt es nun zur persönlichen Begegnung der beiden Wissenschaftler. Lindenau besucht aber auch andere Freunde, so den früheren Assistenten auf der Seeberg-Sternwarte, Johann Karl Burkhardt. Wir haben uns vorgestellt, dass er damals immer seinen grünen Stadtführer „Le nouveau conducteur“ mit ausklappbarem Stadtplan dabei hatte. Über seinen Parisaufenthalt berichtet Lindenau ebenfalls in dem Brief vom 23. März 1812 an Friedrich Christian Kries:Jetzt wo ich Husten u. Schnupfen überstanden habe, und an schlechtes Waßer, schlechtes Wetter u. an die merkwürdig schmutzigen Straßen gewohnt bin, geht es mir aber sehr wohl hier in dieser Kaiserstadt, u. ich sehe mit immer vermehrter Trauer dem Tage entgegen wo ich mich von hier trennen werde.

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Paris. Duell im Bois de Boulogne Friedrich Börngen

Bernhard von Lindenau berichtet am 17. November 1814 in einem Schreiben an Friedrich Wilhelm Bessel von dem Duell: Sie wollen den ganzen Hergang wissen; wohl, einem so lieben Freunde wie Sie will ich auch meine Thorheiten gestehen […] denn von allen Gefühlen, ist wohl das, sich einer Unklugheit bestimmt bewusst zu seyn, das aller unangenehmste […]Eine Streitigkeit aehnlicher Art fiel auch am 27. May Abends vor, wo Vitzthum in Gegenwart fremder Officiere gethaene Aeußerung, ich möge Albern-heiten behaupten, mich zu einer thätlichen Beantwortung veranlasste. […] Unser Duell ward für den andern Morgen bestimmt. Merkwürdig war es, dass Vitzthum und ich, in einer Stube wohnend, auch diese Nacht, hart neben einander schliefen und am andern Morgen, um nichts merken zu lassen, unser Frühstück wie gewöhnlich zusammen einnahmen. Um acht Uhr Morgens, fuhren wir mit unsern Secundanten in das, während der Alliirten Aufenthalt in Paris, durch so viele blutige Auftritte, noch berüchtigter gewordene Bois de Boulogne. Die Secundanten stellten uns zwölf Schritte auseinander, gaben uns die Pistolen in die Haende und Vitzthum that als der Beleidigte den ersten Schuss. Er traf, ich schwankte ein paar Augenblicke und stürzte zusammen.

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Lindenau und Emil Braun im Park von Schloss Friedenstein in Gotha Emelie Matuszewski und Amelie Hoppe

Voller Wehmut erinnert sich der fast siebzigjährige Lindenau an seine Zeit in Gotha zurück, als er am 21. Januar 1848 an seinen römischen Kunstagenten Emil Braun schreibt:Lebhaft hat mir Ihre Zuneigung die Zeiten meines Seeberger und Gothaischen Lebens zurückgerufen, die Zeiten, wo sie als Kind, Herzog August, Ihren Vater und mich bei den Spaziergängen im Park begleiteten, wo unsere Fürsten ruhen. Es waren gute, glückliche Zeiten, wo guter Wille und Thätigkeit hinreichten, um die allgemeine Zufriedenheit zu erwerben.Emil Brauns Vater, Friedrich August Braun, war herzoglicher Forstmeister und so gut mit Herzog August befreundet, dass dieser die Patenschaft über den kleinen Emil übernahm. Wir haben uns hier einen Spaziergang im Schlosspark vorgestellt, bei dem Lindenau mit dem jungen Emil Braun eine Bootspartie unternimmt.Lindenau knüpfte bei all seinen Unternehmungen gern an vertraute Kontakte an, weshalb er auch voller Vertrauen die Erweiterung seiner Sammlungen in die Hände des aus der Gothaer Zeit bekannten Emil Braun legte.

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Paris, Museé du Louvre Annemarie Peiselt

1827 kommt Lindenau nach 1812 und 1814 erneut nach Paris, um seinen erkrankten Freund Franz Xaver von Zach zu betreuen. Er ist bei dessen Operation dabei, besucht aber auch wieder das Bureau des Longitudes und die Akademie der Wissenschaften. Im Louvre, der sicher zu seinem Besichtigungsprogramm gehört, fehlen inzwischen wichtige Kunstwerke. Dazu gehört auch der Laookon, den Frankreich nach Napoleons Niederlage an den Vatikan zurückgeben musste. Jedoch hat man zuvor eine Form der berühmten Plastik abgenom-men, sodass Lindenau später einen Gipsabguss davon für seine Altenburger Sammlung in Paris bestellen kann.Die berühmte Sammlung in Paris ist der Öffentlichkeit zugänglich, was für Lindenau beispielgebend ist. Als Minister in Sachsen öffnet er die bedeutende Dresdener Gemäldegalerie für das Publikum. Auch seine eigene Altenburger Sammlung kann gleich nach der Eröffnung 1848 von den Bürgern besichtigt werden.

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ABSCHIED VON GOTHA: FRANKFURT UND DRESDENAls mit Friedrich IV. 1825 der letzte erbberechtigte Gothaer Herzog stirbt, gelingt es Bernhard von Lin-denau trotz der bevorstehenden Teilung des Herzogtums die wertvollen Gothaer Kunst- und Wissen-schaftssammlungen an das Schloss Friedenstein und damit an die Stadt Gotha zu binden.

Im Februar 1827 wird Lindenau als Wirklicher Geheimer Rat in den sächsischen Staatsdienst aufge-nommen, im Herbst des gleichen Jahres reist er als Gesandter des Königreichs Sachsen zum Bundes-tag in Frankfurt am Main, der Versammlung der vielen deutschen Königreiche, Herzogtümer und freien Städte. In Frankfurt lernt er das Städelsche Kunstinstitut kennen, die erste deutsche bürgerliche Kunstsammlung mit angeschlossener Kunstakademie.

1830 wird Lindenau zum leitenden Kabinettsminister in Dresden ernannt. Nach seinem Entwurf tritt die sächsische Verfassung von 1831 in Kraft: Von nun an ist Sachsen eine konstitutionelle Monar-chie, der König ist bei den Regierungsgeschäften an die Mitwirkung der Minister und der beiden Kammern der Ständeversammlung gebunden.

In Dresden wohnt Bernhard von Lindenau in der Klostergasse auf der Neustädter Seite der Elbe bei dem Kunstkenner, Sammler und Mäzen Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), der sein Haus wie ein Kunstmuseum eingerichtet hatte. Wahrscheinlich schon seit seiner Gothaer Zeit sammelte Lindenau ostasiatisches Porzellan, in Dresden kommen noch einige wertvolle Stücke dazu. Doch er beginnt sich auch für Malerei zu interessieren, er wird Mitglied im sächsischen Kunstverein und erwirbt die ersten frühen italienischen Tafelbilder.

Von 1831 bis 1843 ist Lindenau Vorsitzender des aus sechs Ministerien gebildeten sächsischen Ge-samtministeriums. Er leitet eine umfassende Staatsreform ein. Mit besonderem Engagement setzt er sich für die Bildungseinrichtungen in Sachsen ein, wohlwissend, dass die beginnende Industrialisie-rung nur durch sowohl technisch-naturwissenschaftlich als auch ästhetisch-künstlerisch gebildete junge Männer zu bewerkstelligen ist.

Während seiner Amtszeit als Minister verzichtet Lindenau auf 4/5 seines Gehaltes von jährlich 5000 Talern.

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Dresden. Königliche Gemäldegalerie Johanne Lohse

Schon seit 1829 hat Bernhard von Lindenau die Oberaufsicht über die sächsischen Kunst- und Wissenschaftssammlungen inne, 1840 führt er dort freien Eintritt ein. Wir sehen ihn zusammen mit dem Architekten Gottfried Semper in der alten Gemäldegalerie im sogenannten Stallhof-gebäude (heute beherbergt es das Dresdner Verkehrsmuseum). Erst 1847 erfolgt die Grundsteinlegung für Sempers Galerieneubau am Zwinger (heute Gemäldegalerie Alte Meister), die Fertigstellung des Gebäudes 1855 erlebt Bernhard von Lindenau nicht mehr.

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Dresden. In der Mengs’schen Abguss-Sammlung Jonas Reichardt

Unter Lindenaus Vorsitz wird zwischen 1834 und 1836 die Königlich Sächsische Akademie der bildenden Künste reorganisiert. Der Minister lässt es sich dabei nicht nehmen, Stunden- und Lehrpläne selbst abzufassen, so legt er für die zweite Klasse fest: Zeichnen und Bossiren nach Gypsabgüssen von antiken Fragmenten, Büsten und ganzen Figuren sechs Tage der Woche von 8–12 u. von 2–4 Uhr desgleichen des Abends bei der Lampenbeleuchtung von 5–9 Uhr unter der Leitung der Professoren Krüger, August Richter und Rietschel. Als Modelle dienten den Studenten die Gipsabgüsse im Erdgeschoss des Stallhofgebäudes, die etwa 800 Stücke umfassende Abguss-Samm-lung aus dem römischen Nachlass des Malers Anton Raphael Mengs. Übrigens: In der Zeit zwischen dem Zeichenunterricht lagen nicht etwa Pausen – hier fanden Vorlesungen zu Kunstgeschichte und Anatomie statt.

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Dresden. Lindenau vor dem Leipziger Bahnhof (heute Neustädter Bahnhof) Rosalie Matuszewski

Bernhard von Lindenau, der viele Länder Europas bereiste, schätzt die neue schnelle Verbindung zwischen Dresden und Leipzig sehr, nun muss er nicht mehr mit der Kutsche über holperige Straßen fahren, und der Pferde- und Kutscherwechsel entfällt auch. Und was für Personen gilt, trifft natürlich auch auf Waren zu, deshalb setzt sich Lindenau nachdrücklich für den zweigleisigen Ausbau der Strecke zwischen Leipzig und Hof über Altenburg und Zwickau ein. 1845 wird das Teilstück Leipzig–Zwickau eröffnet: Nur eine Stunde braucht der Zug von Leipzig nach Altenburg. Schon 1849 kann man von Leipzig bis nach München fahren.

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Dresden. Bernhard von Lindenau und Adolph Lange Maja Gebhardt

Ferdinand Adolph Lange, der Begründer der Glashütter Uhrenindustrie, besuchte in Dresden die Volksschule und dann die Polytechnische Schule. Parallel dazu absolvierte er eine Uhrmacherlehre bei Friedrich Gutkaes, danach arbeitete er bei Joseph Thaddäus Winnerl in Paris und kehrte nach einem Aufenthalt in der Schweiz nach Dresden zurück. Er hatte die Idee, preisgünstige Taschenuhren in Sachsen industriell so zu produzieren, wie er es in der Schweiz gesehen hatte. Dazu brauchte er die finanzielle Unterstützung der sächsischen Regierung. Die erste Unterredung dazu führte er mit Bernhard von Lindenau und dem Geheimen Regierungsrat von Weissenbach. Wir haben uns vorgestellt, dass dieses Treffen im Wohnzimmer von Langes Schwiegereltern stattfand.

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REISE NACH ITALIEN UND FRANKREICH 1843/44Am 4. September 1843 verlässt Bernhard von Lindenau mit 64 Jahren den sächsischen Staatsdienst. Seine Ministerpension in Höhe von 3000 Talern stiftet er für wohltätige Zwecke und die Kunstförde-rung im Königreich.

Im Oktober bricht er zu einer Reise nach Frankreich und Italien auf, die reichlich sieben Monate dauern wird. Nachdem er in Marseille und Mailand noch strittige Fragen geklärt hat, die den Nachlass von Franz Xaver von Zach betrafen, fährt er mit dem Dampfschiff von Genua aus nach Sizilien. Von da führt ihn sein Weg nach Neapel, wo er nicht nur das berühmte Real Museo Borbonico, das heutige Archäologische Nationalmuseum, besucht, sondern auch Kunstwerke erwirbt. Der kunstsinnige sächsi sche General-Consul Carl Just (1816–1868) ist ihm dabei ein guter Berater.

Wir wissen nicht genau, wann Bernhard von Lindenau beschlossen hat, antike Kunst und Kunst-werke der italienischen Renaissance zu sammeln; die auf seiner Reise erworbenen Kunstschätze lassen jedenfalls erkennen, dass er ein Konzept verfolgt: Zwei Gründe veranlassten die Sammlung, […]: einmal die eigene Vorliebe für alt-griechisch-mediceisch-italienische Kunst und dann die Thatsache, dass meine Vaterstadt aller plastischen Hilfsmittel entbehrt, um eine Kenntniss schöner Vorbilder der Malerei, Bau- und Bildhauerkunst und damit eine höhere, geläuterte Bildung des Geschmacks zu erhalten, wird er 1848 im Vorwort zum ersten Katalog des Pohlhof-Museums darüber schreiben.

Im Dezember ist er in Rom, hier trifft er Emil Braun (1809–1856) wieder, den er als Minister einst in Gotha kennengelernt hatte. Emil Braun war damals noch ein Knabe, der Sohn des Forstmeisters Fried-rich August Braun. Inzwischen ist Braun der Direktor des Instituto di corrispondenza archeo lo gica, des späteren Deutschen Archäologischen Instituts. Er wird in den nächsten zehn Jahren mit Geduld und Engagement versuchen, Lindenaus Kunstsammelwünsche zu erfüllen, was nicht immer einfach ist, da Lindenau nur sehr ungern mehr Geld als geplant ausgibt.

Im Februar 1844 erreicht Bernhard von Lindenau Paris, hier erwirbt er zahlreiche Gipsabgüsse bei François-Henri Jacquet, dem Leiter der Gipsformerei des Louvre und der Hochschule für Bildende Künste. Auch diese Verbindung wird bis zu Lindenaus Lebens ende fortbestehen, und der Gipsformer, der ab 1848 mit seinem Schwiegersohn eine eigene Werkstatt betreibt, wird noch zahlreiche Stücke nach Altenburg liefern.

Als Bernhard von Lindenau Anfang Mai 1844 in Altenburg eintrifft, hat er für frühe italienische Ta-felbilder, griechische und etruskische Gefäße, Gipsabgüsse, Kunstbücher, Landkarten und Gemälde-kopien sowie die Reisekosten 10535 Taler ausgegeben, für bestellte und in nächster Zeit zu liefernde Kunstwerke wird er noch einmal 3750 Taler bezahlen.

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Sizilien. Lindenau vor der Tempelruine in Segesta Leah Schulze

Um […] eine Anschauung der Bauweise der Griechen und Römer zu eröffnen, hat Herr von Lindenau eine Anzahl kleiner, in Rom und Neapel mit besonderer Geschicklichkeit theils aus verschiedenem Stein, theils aber auch aus Kork hergestellter Modelle erworben, schrieb der Dresdner Archäo-loge Heinrich Wilhelm Schulz im 1852 erschienenen zweiten Teil des Katalogs für Lindenaus Museum.Aus einer Neapolitanischen Werkstatt stammen die Modelle der beiden sizilianischen Tempel: des Concordiatempels in Agrigent und des Tempels in Segesta.Als Emil Braun 1846 die Lieferung dieser Modelle ankündigt, erinnert sich Bernhard von Lindenau an seinen Sizilienaufenthalt 1843.

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Rom. Lindenau und Emil Braun vor dem Instituto di corrispondenza archeologica Emil Winter

Den Jahreswechsel 1843 zu 1844 verbringt Bernhard von Lindenau in Rom, von wo er Ende Januar über Florenz, Bologna, Parma und Genua nach Frankreich reist.In Rom verbringt er viel Zeit mit Emil Braun, dem Direktor des Instituto di corrispondenza archeologica, das sich auf dem Gelände der Preußi-schen Gesandtschaft auf dem Kapitol befand. Braun ist ein sehr umtriebiger Mann, der sich nicht nur als Archäologe, sondern auch als Kunstagent, Fabrikant und homöopathischer Arzt einen Namen gemacht hat. Legendär sind seine Führungen zu den Sehenswürdigkeiten der „ewigen Stadt“: Wer genau hinschaut, erkennt hinter Lindenaus Kopf den Titusbogen mit dem Forum Romanum und dahinter das Kolosseum.

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WIEDER IN ALTENBURGWieder in Altenburg widmet Bernhard von Lindenau sich neben wichtigen sozialen und wirtschaft-lichen Belangen – der Entwicklung des Eisenbahnwesens, der Arbeitsbeschaffung für die ärmere Be-völkerung – vor allem dem Ankauf weiterer Kunstwerke und der Neuordnung seiner Bibliothek.

1845 beauftragt er den Leipziger Universitätsbaumeister Albert Geutebrück (1801–1868) mit dem Entwurf eines Museumsgebäudes, welches auf dem Grundbesitz seiner Familie, dem Altenburger Pohlhof, gebaut werden soll.

In diesem Jahr übergibt er auch der herzoglichen Rüst- und Antiquitätenkammer seine kostbare Ostasiatika-Sammlung.

Am 4. Januar 1848 eröffnet Lindenau eine Kunst- und Gewerbeschule – anfangs bezeichnet als „An-stalt für Jünglinge aus dem Altenburger Lande zum unentgeltlichen Unterricht im freien Handzeich-nen, im architektonischen Zeichnen, im Modellieren und in der Baukunst“ – im neuerbauten Mittel-gebäude des Pohlhofs.

Ab April 1848 sind Lindenaus Sammlungen – frühe italienische Tafelbilder, originale griechische und etruskische Tongefäße, Gipsabgüsse nach klassischen, hellenistischen und klassizistischen Statu-en und nach Werken der Renaissance, Gemäldekopien, Kunstbücher und Modelle antiker Bauwerke – für Besucher zugänglich. Bereits 1851 wird das Museum um zwei Parterreflügel erweitert. Seine in den nächsten Jahren stattfindenden Reisen nutzt Lindenau immer wieder für die Erweiterung seiner Kunstsammlungen.

1848 wird Bernhard August von Lindenau als Abgeordneter für die konstituierende deutsche Nationalversammlung in Frankfurt am Main gewählt. Er übt diese Funktion bis zum September des gleichen Jahres aus.

Der Gründung eines Vereins zur Errichtung einer Knabenarbeitsschule 1849 folgt 1850 die Eröff-nung dieser Schule in der Pauritzer Gasse. Diese Beschäftigungs- und Lehranstalt sollte den Kindern der armen Volksklassen die Chance auf einen zusätzlichen Erwerb geben und sie vom Betteln abhal-ten. Bereits zu Beginn müssen zahlreiche Gesuche um Aufnahme in die Anstalt unberücksichtigt bleiben.

Am 21. Mai 1854 stirbt Bernhard August von Lindenau auf dem Pohlhof zu Altenburg. Am Himmel-fahrtstag morgens um 4 Uhr wird er unter der Anteilnahme einer riesigen Menschenmenge aus nah und fern auf dem Altenburger Friedhof beigesetzt. Sein Testament löst eine ungeheure Überraschung aus. Die Großartigkeit seines Vermächtnisses und die Weitsicht seiner Bestimmungen bescheren der Stadt ein Museum mit Kunstwerken von unschätzbarem Wert und internationalem Rang. Eine immer-währende Stiftung soll die Ideen Lindenaus zum Nutzen seiner Vaterstadt und des ganzen Landes in der Zukunft bewahren und fortentwickeln.

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Schenkung der Sammlung der Ostasiatika an die Herzogliche Rüst- und Antiquitätenkammer Nele Klein

In Franz Volgers Lebensbild über Bernhard von Lindenau (erschienen 1896) findet sich folgender Hinweis:Kurze Zeit, nachdem Lindenau seinen Wohnsitz nach Altenburg verlegt hatte, fand im dortigen Residenzschloß im Jahre 1845 ein Umbau für die Unterbringung der Herzoglichen Rüst- und Antiquitätenkammer statt. Dieselbe enthielt eine Sammlung von Waffen, Geräthschaften und anderen historischen Denkwürdigkeiten; ein überaus werthvoller Zuwachs ward derselben dadurch zu theil, dass Lindenau sein chinesisches und japanisches Kabinet der Rüstkammer einverleibte.Das turbulente Treiben, das mit großer Sicherheit beim Transport der wertvollen Kunstgegenstände aus dem Pohlhof ins Altenburger Schloss am 6. und 13. Oktober 1845 herrschte, wurde beaufsichtigt von einem Mitarbeiter mit dem schönen Namen Adolph Bratfisch.Conservator Bratfisch hat das Porzellan und die Kostbarkeiten aus Ostasien später übrigens genauestens inventarisiert.

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Die Knabenarbeitsschule in der Pauritzer Gasse Linus Meier

1849 gründet Lindenau den „Verein zur Errichtung einer Knabenarbeitsschule“, um armen Kindern an schulfreien Nachmittagen Arbeit und Verdienst zu verschaffen und sie vom Betteln abzuhalten.Am 3. Januar 1850 wird die Arbeitsanstalt eröffnet. Die 31 Jungen zwischen sieben und vierzehn Jahren verdienen 1 bis 2 Pfennige in der Stunde, gearbeitet wird zwischen 14 und 18 Uhr. Während der wärmeren Zeit sind Gärtner- und Feldarbeiten vorgesehen, ansonsten leichte Handarbei-ten, wozu die Handwerker der Region das Rohmaterial liefern.

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Lindenau in Berlin Paul Kämpfer

Mit allergrößtem Interesse verfolgt Lindenau die Entstehung von Museen überall in Europa, vor allem in Deutschland. Bis zu seinem Lebens-ende unterhält er regen Kontakt zum Geheimen Rat von Olfers, dem Generaldirektor der königlichen Museen zu Berlin.Lindenau besucht noch vor der Eröffnung das Neue Museum und äußert sich in einem Brief an von Olfers vom 26. September 1851 über-schwänglich:Schönheit und Reichthum Ihres neuen Museums beschäftigt mich fortwährend und wünsche ich Ihnen Glück, mit der Leitung und Haus führung einer solchen Schöpfung beauftragt zu seyn, so wünsche ich unserm gemeinsamen deutschen Vaterlande Glück, in diesem Museum einen Kunstschatz alter und neuer Zeit zu besitzen, wie es in diesem Umfang und in dieser Vereinigung nirgends vorhanden ist.

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Lindenaus Beerdigung Leonore Ulbricht

Bernhard August von Lindenau stirbt am 21. Mai 1854.In ihrer Gedenkrede zum 100. Todestag Lindenaus 1954 erwähnt Erika von Watzdorf-Bachoff, eine Großnichte Lindenaus und letzte Besitzerin des Altenburger Pohlhofs: Für seine Beerdigung hatte Lindenau ganz genaue Bestimmungen getroffen, die treu befolgt wurden. Bei Sonnenaufgang, ohne allesAufsehen, wollte er, nur in ein Leinentuch gehüllt, der mütterlichen Erde übergeben und am Grabe seiner Eltern, nahe der Gottesackerkirche,beigesetzt werden. Am bescheidenen Grabdenkmal der Lindenaus sollte, unter seinem Namen und den Daten seiner Geburt und seines Todesstehen: „Heimgegangen in froher Erwartung eines höheren Lebens“.Nur das „ohne Aufsehen“ konnte nach dem Willen der trauernden Stadt Altenburg nicht erfüllt werden, denn an diesem Himmelfahrtstage von1854, früh 4 Uhr, folgte ein unabsehbarer Zug dem großen Menschenfreund auf seinem letzten Wege zum Friedhof.

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Das Pohlhof-Museum Lilith Gagelmann

Leider gibt es keine Abbildungen davon, wie es in Lindenaus Museum auf dem Pohlhof überhaupt ausgesehen hat, jedoch Beschreibungen. Franz Volger, dessen Lebensbild über Lindenau 1896 erschien, verweist auf eine Begebenheit, die uns schmunzeln lässt.Der Kunsthistoriker und Philosoph Dr. Max Schasler schreibt 1869 über einen Besuch im Pohlhof:„Das Gebäude bildet ein Quadrat von etwa 60 Fuß Seitenlänge und enthält außer dem Parterre noch ein zweites Stockwerk; alle Lokalitäten, die Treppenaufgänge mit eingeschlossen, sind derart mit Kunstsachen angefüllt, dass kein leeres Plätzchen an den Wänden mehr zu entdecken ist, die Beschauer, welche die Räume im vorsichtigen Gänsemarsch oder wie auf der Indianerfährte genau Einer hinter dem Andern durchwandern müssen, haben die allergrößte Vorsicht anzuwenden, um nicht – wenn sie zu ihrem Hintermann Bemerkungen machen wollen – bei der Wendung rechts oder links eine seltene etrurische Vase herabzureißen oder einer antiken Venus den Arm abzubrechen …“

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Das Lindenau-Museum heute Andrine Heimer

1876 erfüllt die Herzogliche Landesregierung endlich Lindenaus Testament und erbaut ein neues, größeres Museumsgebäude am Fuße des Altenburger Schlossparks. Dessen Baumeister Julius Robert Enger kam übrigens aus Dresden und war ein Schüler des berühmten Architekten Gottfried Semper.Das heutige Museum beherbergt alle Sammlungen Lindenaus, seit 1971 auch wieder die Museumsschule, die Lindenau bereits 1848 gegründet hatte. Das Kapital der Lindenau-Zachschen Stiftung, zu der die Museumsschule gehörte, ging während der Inflation 1923 verloren, was zur Schließung dieser Lehranstalt führte. Das heutige Studio Bildende Kunst ermöglicht Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen der Region, vor den originalen Kunstwerken im Museum zu lernen und praktisch-künstlerisch im Studio zu arbeiten.Die Schüler des Christlichen Spalatin-Gymnasiums haben seit mehr als einem Jahrzehnt in Klassenstufe 6 ihren Kunstunterricht im Lindenau- Museum und in der dazugehörigen Jugendkunstschule.

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Bernhard August von Lindenau (1779–1854)

11. Juni 1779Geboren auf dem Pohlhof in Altenburg als Sohn des Landschafts-direktors Johann August von Lindenau und seiner Ehefrau Agnes, geborene Senft von Pilsach.

1793–1798Jura-, Kameralistik- und Mathematikstudium an der Universität Leipzig.

1798–1801Assessor im Kammerkollegium in Altenburg.

1801Ernennung zum Kammerrat.

1801Der Astronom Franz Xaver von Zach beruft Lindenau auf die Seeberg-Sternwarte bei Gotha. 1804 übernimmt Lindenau deren Leitung, zunächst interimistisch, ab 1806 definitiv.

1810Ernennung zum Kammerherrn.Beginn einer langjährigen Freundschaft mit dem Astronomen und Mathematiker Carl Friedrich Gauß.

1812Reise nach Paris, Südfrankreich und Oberitalien.

1813Lindenau erhält den renommierten Lalande-Preis des Pariser „Institut de France“ als Anerkennung für die Publikation der für Astronomen und Seeleute wichtigen Venus- und Marstafeln (1810 und 1811). Im gleichen Jahr veröffentlicht er die Merkurtafeln.

1813/14Lindenau nimmt als Generaladjutant Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar an den Befreiungskriegen teil.

1814 Lindenau wird bei einem Duell im Bois de Boulogne bei Paris schwer verwundet.

1817Ernennung zum Vizepräsidenten der herzoglichen Kammer in Altenburg.Aufnahme in die Pariser Akademie der Wissenschaften. Es folgen später weitere Mitgliedschaften in wichtige Akademien in Berlin, Halle, London, Stockholm, St. Petersburg und Palermo.Tod des Vaters. Bernhard von Lindenau erbt gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm die Rittergüter Pohlhof und Windischleuba.

1818–1827Vizelandschaftsdirektor des Altenburger Landtages.

1820Ernennung zum Geheimen Rat und Minister durch Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg.

1822–1826Nach dem Tod Herzog Augusts Staatsverwaltung für den regierungs-unfähigen Bruder Friedrich IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg.

August/September 1823Erste Reise zu Herzogin Charlotte Amalia und Franz Xaver von Zach nach Genua.

1826Ehrenbürger von Gotha.Zweite Reise nach Genua. Zach setzt Lindenau als Universalerben ein.

1827–1829Gesandter des Königs von Sachsen am Bundestag in Frankfurt am Main, 1828 zugleich Gesandter am Niederländischen Hof in Den Haag.

1827–1848Landschaftsdirektor (Landtagspräsident) und Obersteuerrat des Herzogtums Sachsen-Altenburg.

1829Reise in die Niederlande und nach Dänemark.Berufung in den Geheimen Rat nach Dresden.Oberaufsicht über die Kunst- und Wissenschaftssammlungen sowie über die Straf- und Versorgungsanstalten des Königreichs.

1830Ernennung zum leitenden Kabinettsminister.

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1831Sachsen erhält eine Verfassung, für die Lindenau einen Entwurf ausgearbeitet hatte.

1831–1843Lindenau ist Vorsitzender des aus sechs Ministerien gebildeten sächsischen Gesamtministeriums. Unter seiner Leitung wird eine umfassende Staatsreform durchgeführt. Er verzichtet auf den Großteil seines Gehaltes und stiftet später seine gesamte Minister-pension in Höhe von 3000 Talern für wohltätige Zwecke und Kunst - förderung im Königreich Sachsen.Ehrenbürger von Dresden und Leipzig.

1834–1836Unter Lindenaus Vorsitz wird die Kgl. sächs. Akademie der bildenden Künste reorganisiert.

1840Lindenau führt den freien Eintritt in die Kgl. sächs. Sammlungen in Dresden ein und setzt damit sein Anliegen, mittels Kunst und Wissenschaft bildend auf seine Mitmenschen zu wirken, praktisch um.

1843/44Reise nach Italien und Frankreich. Lindenau erwirbt im Laufe dieser Reise mehr als 40 frühe italienische Tafelbilder sowie antike griechi-sche und etruskische Gefäße, ferner Kunstbücher, Landkarten, Gipsabgüsse und Gemäldekopien für rund 8000 Taler.Beginn der Zusammenarbeit mit Emil Braun, dem Leiter des Instituto di corrispondenza archeologica in Rom, der in den Folgejahren die Mehrzahl der Kunstwerke für Lindenaus Sammlung vermittelt.

1844Lindenau übergibt dem Altenburger Josephinum etwa 20 000 Bücher.Ehrenbürger der Stadt Altenburg.

1845Lindenau übergibt der herzoglichen Rüst- und Antiquitätenkammer seine Sammlung chinesischer und japanischer Porzellangegenstände sowie Werke chinesischer Malerei.

4. Januar 1848Eröffnung der Kunst- und Gewerbeschule im neuerbauten Mittel-gebäude des Pohlhofes.

1. April 1848Eröffnung des Pohlhof-Museums, das nach Plänen des Leipziger Architekten Albert Geutebrück (1801–1868) errichtet wurde.

1848Von Mai bis September Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt am Main.

1850Eröffnung der von Lindenau begründeten Knabenarbeitsschule in der Pauritzer Gasse.Reise nach Wien.

1851Anbau von zwei Parterreflügeln zur Erweiterung des Pohlhof-Muse-ums.

1852Reise über Gotha, Frankfurt am Main, Bonn, Brüssel nach Den Haag.

1853Reise nach Paris.

21. Mai 1854Lindenau stirbt auf dem Pohlhof.Seine Kunstsammlungen und 60 000 Taler gehen als Lindenau- Zachsche Stiftung an das Herzogtum Sachsen-Altenburg.

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Die Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung „Ein ebenso schöner, wie geistreicher Mann …“ Bernhard August von Lindenau im Dienste der Wettinerim Lindenau-Museum Altenburg vom 24. April bis 28. August 2016

Begleittexte: Jacqueline Glück, Sabine Hofmann, Susanne Reim, Angelika WodzickiLektorat: Martin FruhstorferLayout: Ulrike Weißgerber

Gesamtherstellung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH

Wir danken dem Thüringischen Staatsarchiv Altenburg für das Scannen der Schüler arbeiten.

LINDENAU-MUSEUM ALTENBURG

Gabelentzstraße 5 | 04600 Altenburg/Thür.Tel.: 034 47 - 89 55 3 [email protected]

Öffnungszeiten:Dienstag bis Freitag: 12–18 UhrSamstag, Sonntag und feiertags: 10–18 Uhr

www.lindenau-museum.de

Das Lindenau-Museum wurde 2001 in das Blaubuch der 23 nationalbedeutsamen Kulturinstitutionen im Osten Deutschlands aufgenommen und ist seit 2002 Mitglied der Konferenz nationaler Kultureinrichtungen. www.konferenz-kultur.de

Gefördert durch den Freistaat Thüringen

LITERATUR

Titz-Matuszak, Ingeborg: Bernhard August von Lindenau (1779–1854) – „Feind der Reaction und der Revolution“. Eine politische Biographie (Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven, 5/1), Weimar 2000.

Emig, Joachim/Titz-Matuszak, Ingeborg (Bearb.): Teil 2: Bernhard August von Lindenau 1779–1854. Reden und Schriften. Eine Auswahl, Weimar 2001.

„Ein ebenso schöner, wie geistreicher Mann…“ – Bern-hard August von Lindenau im Dienste der Wettiner, Lindenau-Museum Altenburg, 2016.

TEXTQUELLEN

Ebart, Paul: Bernhard August von Lindenau, Gotha 1896.

Dietrich, Erdmann Julius: Brief an Bernhard August von Lindenau, 27. Juli 1848, ThStA Altenburg, GAGO-Hs., Nr. 824a, 37/362.

von der Gabelentz, Luise: Memoiren, Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Familienarchiv v. d. Gabelentz, Nr. 876.

Lindenau, Bernhard August von: Brief an Friedrich Wilhelm Bessel, Seeberg, 17. November 1814, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wis senschaften, Bestand der Preußischen Akademie der Wissenschaften (1812–1945), Nachlass Bessel, Bl. 97.

Lindenau, Bernhard August von: Briefentwurf an Emil Braun, Rom, 21. Januar 1848, ThStA Altenburg, GAGO-Hs., Nr. 824e, 309/337.

Lindenau, Bernhard August von: Brief an Marianne von der Gabelenz, Gotha, 15. Dezember 1821, Thüringi-sches Staatsarchiv Altenburg, Familienarchiv v. d. Gabelentz, Nr. 571 A.

Lindenau, Bernhard August von: Brief an Prof. Kries, Gotha, Paris, 23. März 1812, Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Familienarchiv Lindenau, Nr. 16, 35, 36

Lindenau, Bernhard August von: Brief an von Olfers, 26. September 1851, ThStA Altenburg, GAGO-Hs., Nr. 824b, 672/699.

Lindenau, Bernhard August von: Eigenhändige Notizen Lindenaus zu seiner Biographie, um 1834. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbiblio-thek Dresden, Mscr. Dresd. App. 2610.

Lindenau, Bernhard August von: Statuten für die Königlich Sächsische Academie der Bildenden Künste, Dresden, 29.8.1836, Studien-Plan und Stunden-Eintheilung bei der Kunstacademie im Winterhalben Jahr von Michaelis 1836 bis Ostern 1837, pag. 71–72, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Ministerium des Innern, Nr. 17260.

Schasler, Max: Die Dioskuren. Zeitschriftenband 14. 1869. (In: Volger, Franz: Bernhard August von Lindenau als Gelehrter, Staatsmann, Menschenfreund und Forderer der schönen Künste, Altenburg o.J. [1896].)

Schulz, Heinrich Wilhelm: Beschreibung der im neuen Mittelgebäude des Pohlhofs befindlichen Kunst-Gegenstände durch die Herren v. Quandt und Hofrath Schulz mit einem Vorwort des Sammlers. Abtheilung I, Altenburg, 1848. Abtheilung II, Leipzig [1852].

Volger, Franz: Bernhard August von Lindenau als Gelehrter, Staatsmann, Menschenfreund und Forderer der schönen Künste, Altenburg o.J. [1896].

Watzdorf-Bachoff, Erika von: Bernhard von Lindenau, Gedenkrede zu seinem 100jährigen Todestag, Altenburg 1954.

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LINDENAU- MUSEUM

ALTENBURG

Bernhard August von Lindenau Stationen seines Lebens, bebildert von 26 Schülerinnen und Schülern des Christlichen Spalatin-Gymnasiums Altenburg