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244 © 2007 Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 11 (2007), Heft 5
Fachthemen
1 Einleitung
Für die 38,7 Mio. Wohneinheiten inDeutschland sind zukunftssichereökonomische, ökologische und sozia-le Lösungen gesucht. Die These die-ses Beitrages ist: „Kostengünstiger,umweltverträglicher und nutzungsge-rechter Umgang mit den deutschenWohnbauten bedeutet zum GroßteilBestandsmodernisierung aber auchBestandsersatz – die ganzheitlich-nachhaltige Lösung des Objekt-Ein-zelfalls muss der nachhaltigen Über-prüfung standhalten!“.
2 Makrobedeutung des nachhaltigenUmgangs mit Wohnbauten
Nachhaltige Gebäude müssen mit ih-rer Bau- und Anlagentechnik heutekostengünstig, umweltgerecht und so-zialverträglich sein.
In der Nachhaltigkeitsdebatte istdie Energieeffizienz aktuell einemaßgebende und immer bedeutenderwerdende Eigenschaft von ganzheitli-chen Gebäuden. Rohstoffknappheit,problematische CO2-Emmissionenund steigende Energiekosten zwingenzur Energie-Einsparung und damitzur Planung und zum Bau energieeffi-zienter Gebäude. Der Bewertung vonWohngebäuden in Bezug auf dieNachhaltigkeit liegen ökologische,ökonomische und soziologische As-pekte zu Grunde.
Unter den Aspekt der Soziologiefallen die Gebäudeeigenschaften unddie Nutzungsgerechtigkeit, die sichim Besonderen auf den demographi-
schen Wandel und den Anspruch an„Wohnen für Alle“ bezieht. Für Nut-zer immer wichtiger werdende Aspek-te sind der Schutz vor Lärm und Ge-räuschbelastung sowie der Schutz ge-gen Überhitzung im Sommer inWohngebäuden. Ein weiterer wichti-ger Aspekt für die Nutzung einesWohngebäudes ist die möglichst ho-he Ausnutzung der Grundrissflächedurch „schlanke“ umgebende Wand-konstruktionen.
Die rechnerische, wirtschaftlicheund technische Nutzungsdauer einesWohngebäudes beträgt heute 80 bis100 Jahre. Dabei sollen Wohngebäu-de kostengünstig, gesundheits- undumweltverträglich sowie für die Be-wohner von hoher Wohnqualität undnutzungsgeeignet sein. Schon bei derPlanung einer Bestandsmodernisie-rung oder eines Bestandsersatzes sol-
len alle denkbaren ökonomischen,ökologischen und soziologischen As-pekte für die Zukunft abgewogenwerden. Das zukünftige Ziel ist dienachhaltige Werterhaltung im Wohn-gebäudebestand und -neubau.
Nachhaltigkeit bedeutet auch ei-ne Abkehr von einseitig ökonomi-schen Betrachtungen der Investi-tionskosten hin zu ganzheitlich ver-tretbaren Lebenszykluskosten überdie Nutzungsdauern von Wohnge-bäuden.
Der Gebäudebestand bedarf inder Regel einer Anpassung an heutegültige Wertvorstellungen, die oftschon langfristig orientiert sind. Soist z. B. die „energetische Modernisie-rung“ ein wichtiger Bestandteil einerBestandsverbesserung. Sie verlängerteinerseits die Lebensdauer und redu-ziert andererseits die Energiekostenund den CO2-Ausstoß. Des Weiterenwird die Lebens- bzw. die Wohnqua-lität in der Regel verbessert.
Beim Bauen im Bestand undbeim Neubau ist es zudem wichtig,neue Baustoffe und Bauteile harmo-
Bestandsmodernisierung und Bestands-ersatz – ein Vergleich der Nachhaltigkeit unter besonderer Berücksichtigung von „nachhaltigem Mauerwerk“
Martin Pfeiffer
DOI: 10.1002/dama.200700345
Die deutsche Gesellschaft, Politik, Wohnungs- und Bauwirtschaft verstärken die not-wendigen Bemühungen zum nachhaltigen Umgang mit dem baulichen Bestand desWohnungs- und Nichtwohnungsbaus in der Zukunft. Das Bauministerium lässt aktuellzur „Zukunft Bau“ und zum „Leitbild Bauwirtschaft“ intensiv forschen.
Bild 1. Nachhaltigkeitsaspekte zum Bauen (IFB 2007)
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nisch, d. h. nach Lebensdauer, Einbauund Materialverhalten zu integrieren.Damit kann die bautechnische Quali-tät verbessert, können Ressourcen ein-gespart und der Materialkreislauf har-monisiert werden. Die Recyclingfähig-keit wird erhöht. Rückbau oderAbbruch können durchaus mit Wie-derverwertung verbunden sein. Inso-fern verlangt Werterhaltung auch lang-fristige Überlegungen zur Nachhaltig-keit der Maßnahmen.
In Deutschland gibt es ca. 38,7Millionen Wohneinheiten, gut 85 %davon wurden vor 1990 erstellt. ZweiDrittel, nämlich 26 Millionen Wohn-einheiten, können modernisiert wer-den. Bezogen auf das Gesamtbauvo-lumen wird künftig weit über dieHälfte der Aufgaben das Bauen imBestand sein. Natürlich ist jede Bestandsmodernisierungs- oder Be-standsersatz-Qualität unterschiedlich,z. B. nach Anspruch, Kriterien, Bau-jahr und Bauart, unterschiedlich in derSolidität, im Baumaterial, in der Kon-struktion, in der Verarbeitung, in derGestaltung (z. B. Denkmalschutz undStrömungen) usw.
3 Modernisierungsmaßnahmen
(1) Bauliche Maßnahmen, die denGebrauchswert der Wohnungen er-höhen, sind insbesondere Maßnah-men zur Verbesserung:– des Zuschnitts der Wohnung– der Belichtung, Beleuchtung und
Belüftung– des Schallschutzes– der Energieversorgung, der Wasser-
versorgung und der Entwässerung– der sanitären Einrichtungen– der Beheizung und der Kochmög-
lichkeiten– der Funktionsabläufe in Wohnun-
gen– der Sicherheit vor Diebstahl und
Gewalt.Zu den baulichen Maßnahmen,
die den Gebrauchswert der Wohnun-gen erhöhen, kann der Anbau gehö-ren, insbesondere soweit er zur Ver-besserung der sanitären Einrichtun-gen oder zum Einbau eines notwendi-gen Aufzugs erforderlich ist. DerGebrauchswert von Wohnungenkann auch durch besondere baulicheMaßnahmen für behinderte und alteMenschen erhöht werden, wenn dieWohnungen auf Dauer für sie be-stimmt sind.
– mittelfristige Amortisation der Inve-stition
– hohe Qualität der Ergebnisse usw.Die Nutzungsphase einer einmal
gewählten Wohnsituation beträgt inder Regel 25 bis 30 Jahre. In dieserZeit ändern sich die Lebenssituation,das Arbeits-, das private und das fa-miliäre Umfeld, die Nutzungsge-wohnheiten und der persönliche Ge-schmack. Aber auch die Ansprüchean den Wohnkomfort wandeln sich,und mit zunehmendem Alter auch diekörperliche Situation. Das führt imAllgemeinen schon bei der Instand-haltung zu kleinen Veränderungen,wird aber bei entsprechendem Anlassauch zu umfangreicheren Moderni-sierungsmaßnahmen führen.
Dabei werden Maßnahmen derModernisierung der Wohnsituationund der Anlagentechnik weitgehendmit energiesparenden Maßnahmenverbunden sein. Vor allem deshalb,weil die Energieeinsparung mit güns-tigen Förderprogrammen verbundenist und sich dadurch das Verhältnisvon Kosten zu Einsparung erheblichverbessert. Aber auch die bessereQualität der Anlagentechnik, z. B. beiThermischen Solaranlagen, lässt in-zwischen eine positive Bilanz erwar-ten.
So kann die Modernisierung mitder Änderung der Nutzungsgewohn-heiten einhergehen, aber auch beimKauf eines Hauses vorgenommenwerden, um dem Anspruch der neuenEigentümer zu entsprechen.
Grundsätzlich sollten bei diesenMaßnahmen in der Art und der Pro-dukt- und Ausführungsqualität auchdie Baunutzungskosten Beachtungfinden, um diese langfristigen Belas-tungen zu reduzieren. Nutzungskos-ten im Hochbau sind nach DIN18960 „Alle in baulichen Anlagenund deren Grundstücken entstehen-den regelmäßig oder unregelmäßigwiederkehrenden Kosten von Beginnihrer Nutzbarkeit bis zu ihrer Beseiti-gung.“
Die Nutzungskosten sind geglie-dert in:– Kapitalkosten– Verwaltungskosten– Betriebskosten– Instandsetzungskosten (Bauunter-
haltungskosten).Die Entscheider der Wohnungs-
wirtschaft müssen also jeweils imEinzelfall entscheiden, ob Bestands-
(2) Bauliche Maßnahmen, diedie allgemeinen Wohnverhältnisseverbessern, sind insbesondere dieAnlage und der Ausbau von nichtöffentlichen Gemeinschaftsanlagenwie Kinderspielplätze, Grünanlagen,Stellplätze und andere Verkehrsanla-gen.
(3) Bauliche Maßnahmen, dienachhaltig Einsparungen von Heiz-energie bewirken (energiesparendeMaßnahmen), sind insbesondereMaßnahmen zur:– wesentlichen Verbesserung der
Wärmedämmung von Fenstern,Außentüren, Außenwänden, Dä-chern, Kellerdecken und oberstenGeschossdecken
– wesentlichen Verminderung desEnergieverlustes und des Energie-verbrauchs der zentralen Heizungs-und Warmwasseranlagen
– Änderung von zentralen Heizungs-und Warmwasseranlagen innerhalbdes Gebäudes für den Anschluss andie Fernwärmeversorgung, dieüberwiegend aus Anlagen derKraft-Wärme-Kopplung, zur Ver-brennung von Abfall oder zur Ver-wertung von Abwärme gespeistwird
– Rückgewinnung von Wärme– Nutzung von Energie durch Wär-
mepumpen– Nutzung von Energie durch Wär-
mepumpen- und Solaranlagen(ModEnG § 4).
Maximal 1 % des Wohnungsbe-standes wird bisher jährlich neu ge-baut, d. h., bisher ist die Bestands-modernisierung der ZukunftsmarktNr. 1.
Modernisierung geht in der Re-gel über Instandsetzung und Instand-haltung hinaus. Es geht darum, verän-derten Nutzungswünschen zu ent-sprechen, die sich beispielsweisedurch die Lebensumstände ergebenhaben.
In diesem Zusammenhang ste-hen die energetische Modernisierungder Bausubstanz und der Anlagen-technik heute im Vordergrund. In vie-len Fällen besteht eine Zurückhal-tung der Eigentümer zur Durchfüh-rung der notwendigen Maßnahmen.
Folgende Angebote können Ab-hilfe schaffen:– umfassende Beratung– Planung aus einer Hand– Ausführung aus einer Hand– Förderung der Maßnahmen
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modernisierung oder -ersatz die Pro-blemlösung für das jeweilige Objektist.
4 Förderung durch Gebäude-sanierungsprogramm
Das gestartete CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm der „FörderinitiativeWohnen, Umwelt, Wachstum“ von derBundesregierung und der KfW wurdevereinfacht und weiterentwickelt. Zu-sätzlich wurden neue Fördertatbestän-de sowie eine Zuschussvariante imCO2-Gebäudesanierungsprogrammeingeführt. Für die Finanzierung derProgramme beabsichtigt der Bund biseinschließlich 2009 Hausmittel zurVerfügung zu stellen.
5 Exkurs „Nachhaltiges Mauerwerk“am Beispiel Außenwand
5.1 Allgemeines
Bei Außenwänden aus Mauerwerkexistieren im Wesentlichen zwei Kon-struktionsprinzipien – die monolithi-sche und die funktionsgetrennte Au-ßenwand. Diese unterscheiden sichdadurch, dass die monolithische Au-
ßenwand alle Funktionen mit einerSchicht aus Mauerwerk – die funk-tionsgetrennte Wand die äußerste Er-scheinungsbildfunktion über eineSchicht, den Wärmeschutz über dieDämmschicht und alle weiterenFunktionen über eine Schicht ausMauerwerk – erfüllt.
5.2 Energieeffizienz (ökologischerAspekt von nachhaltigemMauerwerk)
Auf Grund der zunehmenden Bedeu-tung der Energieeffizienz von Wohn-gebäuden wurden und werden die wärmetechnischen Eigenschaftenvon Außenwänden aus Mauerwerkverbessert. Der Fokus bei der Ent-wicklung z. B. des monolithischenMauerwerks liegt auch auf der Opti-mierung des Wärmeschutzes. EineVerbesserung der wärmetechnischenEigenschaft wird vorrangig durch ei-ne Verringerung der Rohdichte ange-strebt. Je geringer die Rohdichte ist,um so geringer ist auch der Wärme-strom durch das Mauerwerk. DieSchalldämmung eines solchen massi-ven Bauteils ist vorrangig abhängig
von der Rohdichte des Mauerwerks.Eine Verringerung der Rohdichte desMauerwerks führt zwar zu einer Ver-besserung des Wärmeschutzes, abergleichzeitig verschlechtert sich i. d. R.die Schalldämmung des Bauteils. Einweiterer Aspekt sind die statischenEigenschaften. Eine geringe Rohdich-te bedeutet weniger tragenden Mate-rialquerschnitt, was tendenziell zu ei-ner Abnahme der Tragfähigkeit führt.
5.3 Energiebedarf und Emissionen(ökologischer Aspekt vonnachhaltigem Mauerwerk)
Die wesentlichen Anforderungen derEnergieeinsparverordnung (EnEV) inDeutschland werden bei Wohngebäu-den über den Jahres-Primärenergie-bedarf formuliert. Zusätzlich wird ei-ne Anforderung an den spezifischen,auf die Wärme übertragende Umfas-sungsfläche bezogenen, Transmis-sionswärmeverlust gestellt.
In Abhängigkeit von der Art dergewählten Anlagentechnik zur Warm-wasserbereitung ergeben sich unter-schiedliche Anforderungswerte zumJahres-Primärenergiebedarf für Wohn-gebäude. Der Primärenergiebedarfkann als Beurteilungsgröße für öko-logische Aspekte, wie z. B. CO2-Emis-sionen, herangezogen werden, da indiesem Bedarf der gesamte Energie-aufwand für die Gebäudebeheizungeinbezogen wird. Unter Einbeziehungder Anlagentechnik für Heizung undWarmwasser wird unter Berücksichti-gung des Heizwärme- und des Warm-wasserbedarfs der Endenergiebedarfausgewiesen. Diese Größe kann mitdem tatsächlichen Energieverbrauchverglichen werden. Sie stellt somit ei-ne Kennzeichnung für die energeti-sche Qualität eines Wohngebäudesdar. Über diese für den Endverbrau-cher interessante Kenngröße hinauswird die eigentliche Anforderung derEnEV an einen zulässigen Primär-energiebedarf gestellt. Dieser berück-sichtigt auch die Verluste, die bei Er-zeugung und Transport eines Ener-gieträgers entstehen.
5.4 Planungssicherheit (ökonomischerAspekt von nachhaltigemMauerwerk)
Die zunehmende Umweltproblematikund die wachsenden Energiekostenhaben zur Folge, dass Gebäude
Bild 2. Nutzungskosten von Wohngebäuden sind insgesamt höher als die Bau-kosten (IFB 2007)
Bild 3. Isometrien einer monolithischenund einer funktions-getrennten Außenwand(IFB 2007)
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zwangsläufig energieeffizienter ge-plant werden müssen. Dieser Pla-nungsprozess wird nicht nur durchRegelungen des Gesetzgebers, son-dern auch durch zunehmendes ener-gieeffizientes Bewusstsein seitens derBauherrenschaft beschleunigt. Bei densich derzeit darstellenden Zukunfts-prognosen wird deutlich, dass der heu-tige energetische EnEV-Standard zuBau- und Anlagentechnik kurzfristiggehoben wird. In den nächsten Jahrenwerden daher auch die Anforderungenan die Planungssicherheit zur Energie-effizienz von Wohngebäuden steigen.Auf europäischer Ebene ist dazuschon ein wesentlicher Vorstoß er-folgt. Mit Blick in die Zukunft sindheute schon Gebäude, die dem „KfW-60-Standard“ entsprechen, aus kosten-und umwelttechnischen Gründen ver-nünftig. Mittelfristig werden die nochwesentlich energieeffizienteren „Pas-sivhäuser“ planerisch angestrebt.
5.5 Flächeneffizienz (ökonomischerAspekt von nachhaltigemMauerwerk)
Eine Außenwand aus Mauerwerkkann entsprechend der jeweiligenFunktionsschicht optimale Baustoffei-genschaften haben, d. h. im Idealfall,dass die wärmedämmende Schichteine niedrige Wärmeleitfähigkeit undz. B. das Mauerwerk, als tragende undschalldämmende Schicht, eine hoheRohdichte hat. Dadurch ergibt sichbeispielsweise eine geringere Wand-dicke. Eine Verringerung der Wand-dicken derAußenwände eines Wohnge-bäudes bedeutet prinzipiell, dass mehrGrundrissfläche genutzt werden kann.
Die Wirtschaftlichkeit von Au-ßenwänden aus Mauerwerk ist nichtnur unter dem Aspekt der Minimie-rung der Erstinvestitionskosten ausder Erstellung für das betreffendeWohngebäude, sondern insbesondereunter Berücksichtigung der Nutzungs-kosten über die Nutzungsdauern – wiez. B. Kapital-, Verwaltungs-, Betriebs-(z. B. Heizenergiekosten) und In-standsetzungskosten – zu betrachten(vgl. DIN 18960).
5.6 Standsicherheit (soziologischerAspekt von nachhaltigemMauerwerk)
Eine wichtige nutzungsgerechte An-forderung an bauliche Anlagen wie
z. B. Wohngebäude ist, dass sie übereine ausreichende Standsicherheitgegenüber den verschiedenen stati-schen und dynamischen Einwir-kungsszenarien verfügen, die wäh-rend der geplanten Nutzungsdauerauftreten können. Diese nutzungsge-rechte Anforderung wird mit Hilfevon „deterministischen Sicherheits-faktoren“ in der praktischen Bemes-sung sichergestellt. Neben der Stand-sicherheit ist insbesondere auch dieGebrauchstauglichkeit von Bauteilenund Bauwerken zu berücksichtigen.Dies betrifft bei Bauteilen aus mine-ralischen Baustoffen wie z. B. Mauer-werk insbesondere die Vermeidungvon übermäßiger Rissbildung oderklaffenden Fugen bei geringer Bau-teilausnutzung.
5.7 Sommerlicher Wärmeschutz(soziologischer Aspekt vonnachhaltigem Mauerwerk)
Die im Sommer in Wohngebäudenaus Nutzungssicht auftretendenRaumtemperaturen sind aus bautech-nischer Sicht insbesondere abhängigvon der wirksamen Speicherfähigkeitder Raumumschließungsflächen. Jehöher die wirksame Speicherfähigkeitist, um so geringer sind die Raumtem-peraturen bei ausschließlicher Be-trachtung dieses bautechnischen Zu-sammenhanges.
Die wirksame Speicherfähigkeiteines Bauteils ist insbesondere ab-hängig von dessen Rohdichte. Je hö-her die Rohdichte eines Bauteils ist,um so höher ist auch seine wirksameSpeicherfähigkeit. Zur Sicherstellungeines ausreichenden sommerlichenWärmeschutzes wird bei Wohnge-bäuden grundsätzlich die Einhaltungdes maximal zulässigen Sonnenein-tragskennwerts gemäß DIN 4108-2gefordert.
Ziel einer „soziologischen“ Ge-bäudeplanung muss sein, auch imSommer angenehme Raumtempera-turen in den Gebäuden zu schaffen.Je besser die Wärmedämmung derAußenwände ist, um so geringer istdie von Außen zufließende Wärmedurch die Wandkonstruktionen. Hin-zu kommt die wirksame Speicherfä-higkeit der Raumumschießungsflä-chen. Eintretende Wärme wird durchdie vorhandenen Speichermassenaufgenommen und zu einem späterenZeitpunkt wieder abgegeben. Dieser
Effekt führt zu geringeren Maximal-Temperaturen in Wohngebäuden.Auch die mittleren Temperaturen imTagesverlauf sind dadurch im Wohn-gebäude geringer.
5.8 Schallschutz (soziologischerAspekt von nachhaltigemMauerwerk)
Schallschutz hat eine große Bedeu-tung für die Gesundheit und dieakustische Behaglichkeit für Nutzerin Wohngebäuden. Ein nicht ausrei-chender Schallschutz ist im Nachhi-nein nur sehr aufwendig zu verbes-sern. Deshalb sollten Schallschutz-maßnahmen bereits in der Bedarfs-und Gebäudeplanung zur Nutzungs-gerechtigkeit besondere Berücksich-tigung finden.
5.9 Exkurs-Zusammenfassung zu„nachhaltigem Mauerwerk“ amBeispiel Außenwand
Bei der Bewertung von nachhaltigenAußenwänden und deren Auswirkun-gen auf die Eigenschaften von Wohn-gebäuden sollten nie einzelne Aspek-te isoliert betrachtet werden. Für einenachhaltige Bewertung von Wohnge-bäuden muss vielmehr die Gesamt-heit aller relevanten Eigenschaftenzur ganzheitlich-nachhaltigen Bewer-tungsgrundlage werden.
Außenwände aus Mauerwerkhaben als Teil der Bautechnik erheb-lichen Einfluss auf die grundlegendenEigenschaften von Wohngebäuden,wie beispielsweise Wärmeschutz,Schallschutz, Nutzflächeneffizienzusw. Ziel bei der Wahl der richtigenAußenwandkonstruktionen ist, An-forderungen, die sich aus diesen Ei-genschaften ergeben, nachhaltig zuerfüllen, um damit mit der Anlagen-technik die Nachhaltigkeit des Wohn-gebäudes zu steigern.
6 Bestandsmodernisierung„Energetische Gebäudemoderni-sierung“ am Beispiel Mehr-geschosswohnungsbau Karlsruhe
6.1 Kenndaten des Gebäudes
Baujahr: 1969 bis 1971Modernisierung: 2000 bis 2001Umfang: Komplettmodernisierung:Dach, Fassade, Fenster, Türen,Heizung, Sanitär, Wärmedämmung Lüftungsanlage mit Brandschutz
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Gesamtwohnfläche: 25002 m2
Modernisierungskosten: 3130000,– €Kosten für die Lüftung: 198000,– €Anteil der Lüftung: ca. 6 %Warmmiete vor der Modernisierung:3,70 €/m2 pro MonatWarmmiete nach der Modernisie-rung: 4,75 €/m2 pro MonatAnteil der Lüftung a. d. Miet-erhöhung: 0,06 €/m2
6.2 Projektbeschreibung
Im Rahmen des EnSan-Forschungs-projekts „Energetische Verbesserungder Bausubstanz“ wurden die Gebäu-de der Bördeler-/Bonhoeffer-Straßein Karlsruhe in wesentlichen Teilenmodernisiert. Im Altzustand war u. a.auch eine Lüftungsanlage installiert,die aber aufgrund der starken Ge-räuschentwicklung als massiv störendempfunden wurde. Darüber hinauslief diese Anlage nur in bestimmtenIntervallen, so dass Bauschädennicht zu vermeiden waren. Die Kanal-verzüge in den Wohnungen entspra-chen nicht den aktuellen Brand-schutzanforderungen. Aufgabe wares, die vorhandene Intervalllüftung zueiner funktionierenden mechani-schen Lüftungsanlage umzurüsten,die geräuscharm aber wirkungsvollarbeitet. Neben der Sicherstellungder Anforderungen an Schallschutzund Lufthygiene sollte eine hervorra-gende Energieeffizienz sowie eine Er-höhung des Wohnkomforts nachhal-tig erreicht werden.
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6.3 Lüftungstechnik
Bezüglich der Nachströmung kamein neu entwickeltes Fensterventilmit Volumenstrombegrenzung (sog.Sturmsicherung) zur Ausführung, dasunterhalb der Rollladenkästen einge-baut wurde. Diese Sturmsicherunggewährleistet, dass bei einem erzeug-ten Unterdruck von ca. 8 Pa etwa28,5 m3 Frischluft pro Stunde und beieiner entsprechenden Windbelastung
max. 30 bis 32 m3/h nachströmen. ImRahmen der Untersuchung wurdendiese Daten bestätigt.
6.4 Fazit zur Bestandsmodernisierung
– Nach dem Umbau erreichten dieBauten EnEV-Standard.
– Senkung des Heizenergiever-brauchs von 24–30 ltr./m2/a auf 5–7 ltr./m2/a
– dauerhafte Vermeidung von Schim-melpilzbefall
– individuell eingestellte Luftmengepro Wohnung
– Geräuscharmut durch Schallschutz– Erfüllung der Brandschutzanforde-
rungen– bessere Lufthygiene– Erhöhung des Wohnkomforts– Energieeffizienz– rechnerische Jahresheizkennzahl
vorher 12.0 l/m2 und– rechnerische Jahresheizkennzahl
nachher 5,6 l/m2.Im Rahmen dieses Objektes fiel
einzelfallbezogen die Entscheidungauf eine kostengünstige umweltver-trägliche sowie nutzungsgerechte unddamit nachhaltige Bestandsmoderni-sierung – im Klartext die Wertschöp-fungskette nach der Modernisierungüber die weitere Nutzungsdauer istnachhaltig.
Bild 4. Ansicht des modernisierten Gebäudes
Bild 5. Schnitt durch das Mehrfamilienhaus mit Lüftungsanlage
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7 Bestandsersatz am BeispielMehrgeschosswohnungsbau
Einzelfallbezogen wird sicherlichdurch die deutsche Wohnungswirt-schaft zukünftig oftmals die Entschei-dung für einen kostengünstigen, um-weltverträglichen sowie nutzungsge-rechten und damit nachhaltigen Be-standsersatz anstatt einer Bestands-modernisierung fallen müssen – imKlartext: Die Wertschöpfungskettedes notwendigen Neubaus für einenzu ersetzenden Mehrgeschosswoh-nungsbau über seine weitere Nut-zungsdauer ist dann nachhaltiger alseine alternative Modernisierung desObjektes.
8 Zusammenfassung
Jede „nachhaltige Bestandsmo-dernisierung und jeder nachhaltigeBestandsersatz“ sollte als Einzelfall-betrachtung unter besonderer Be-rücksichtigung aller spezifischenNachhaltigkeits-Aspekte fach- undsachgerecht erfolgen, um „ganz-heitlich-nachhaltig erfolgreich“ zu sein.
Johann Wolfgang von Goethe irrtin seinem Zitat Nr. 4451:
„Drei Dinge sind an einem Ge-bäude zu beachten: Dass es am rech-ten Fleck stehe, dass es wohl gegrün-det, dass es vollkommen ausgeführtsei“, aus wissenschaftlicher Sicht,denn wir werden auch bei höchstenAnsprüchen an die Nachhaltigkeitkeine vollkommenen Gebäude ohneMängel, Unregelmäßigkeiten undSchwachstellen schaffen, aber diehöchstmögliche nachhaltige Qualitätsollte immer angestrebt werden.
Literatur
[1] Ornth, W.: Nachhaltig bauen. Eineneue Dimension von Bauqualität.Heinze Journal 2003, SonderausgabeNachhaltiges Bauen. Celle: HeinzeGmbH.
[2] Deutsche Energie-Agentur GmbH(dena), Berlin.
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[5] IFB-07: Institut für Bauforschung e. V. (Hrsg.), Bearbeiter: Fanslau, D.;Pfeiffer, M.; Zedler, J.: Außenwändeaus Mauerwerk für energieeffizienteGebäude im nachhaltigen Wohnungs-bau. Hannover 2007.
[6] NI-95: Niedersächsisches Minis-terium (Hrsg.): Niedrigenergiehaus-standard im Geschosswohnungsbau.Bearbeitet: vom Institut für Baufor-schung e.V., Hannover 1995.
[7] NI-98: Niedersächsisches Ministeri-um (Hrsg.): Niedrigenergiehäuser inNiedersachsen. Bearbeitet vom Institutfür Bauforschung e.V., Hannover 1998.
[8] NI-01: Niedersächsisches Minis-terium (Hrsg.): Ein- und Mehrfamili-enhäuser in Niedrigenergiebauart –richtig bauen – richtig nutzen. Bear-beitet vom Institut für Bauforschunge.V., Hannover 2001.
[9] NI-02: Niedersächsisches Ministeri-um (Hrsg.): Bauen und Energiesparen.Bearbeitet vom Institut für Baufor-schung e.V., Hannover 2002.
[10] NI-04: Niedersächsisches Ministeri-um für Soziales, Frauen, Familie undGesundheit (Hrsg.): Kostengünstigesund umweltverträgliches Bauen – Bau-Handbuch für Wohneigentümer. Bear-beitet: vom Institut für Bauforschung e.V., Pfeiffer, M., Hannover 2004.
[11] PF-04: Pfeiffer, M. (Hrsg.); Fanslau,D. u. a.: Energiesparhäuser. ForumVerlag Herkert GmbH, Mering 2004.
[12] PF-04.1: Pfeiffer, M. (Hrsg.); Fans-lau, D.; u.a.: Architektur- und Ingeni-eurmanagement. Bauwerk Verlag, Ber-lin 2004.
Autor dieses Beitrages:Prof. Dr.-Ing. Martin PfeifferArchitekt, GF DirektorInstitut für Bauforschung e. V. (IFB)An der Markuskirche 130163 Hannover
Bild 6. Grundriss Wohnung mit Lüftungsanlage
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