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Wohin bewegt sich die Kita?Bestell-Nr. 15587
(Neu) zugewanderte FamilienBestell-Nr. 15589
TPS spezial Frühjahr 2018Tägliche AbenteuerBestell-Nr. 15590
Kinder unter KindernBestell-Nr. 15593
Was ist Erziehung?Bestell-Nr. 15591
Gesundes ArbeitenBestell-Nr. 15592
Ästhetische Bildung Sinnliche WahrnehmungBestell-Nr. 15588
Multiprofessionelle TeamsBestell-Nr. 15583
Spiel mit WasserBestell-Nr. 15580
Kommunikationim TeamBestell-Nr. 15575
Kita in der digitalen WeltBestell-Nr. 15586
Verantwortung in der PädagogikBestell-Nr. 15582
Kinder befragenBestell-Nr. 15577
TPS spezial Frühjahr 2017Portfolios in der KitaBestell-Nr. 15578
Ruhen und SchlafenBestell-Nr. 15576
HerzensbildungBestell-Nr. 15585
Systemische PädagogikBestell-Nr. 15581
Alle
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Jetzt bestellen!
TPS spezial Herbst 2017 Bindung und FeinfühligkeitBestell-Nr. 15584
Bildung und MachtBestell-Nr. 15579
KindheitsforschungBestell-Nr. 15574
Weitere Themen:
Eltern beteiligen?Bestell-Nr. 15573
Mathematik – Denken – PhilosophierenBestell-Nr. 15572
Rahmenbedin-gungenund RessourcenBestell-Nr. 15571
Tönen – tanzen – musizieren
Demokratisches HandelnBestell-Nr. 15569
Einzelpreis für Abonnenten:
Heft: 5,60 €
Einzelpreis für Nichtabonnenten:
Heft: 9,50 €
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www.klett-kita.de
Unser Kundenservice berät Sie gern:
Telefon: 0711 / 6672 - 5800 | [email protected]
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Theorie und Praxis der SozialpädagogikLeben, Lernen und Arbeiten in der Kita
Nr.
8/20
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Nr.
1559
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Kita-Preis 2018Ein ganzes Dorf im Einsatz für Kinder
Erfolge feiernQualitätsmanagement als Herzenssache
Qualität Sichern, was gut ist
Alle Augen auf euch!Kinder sagen, was eine gute Kita für sie ist
Liebe Leserin, liebe Leser,
haben Sie Ihre TPS gleich wiederer-kannt? 1972 änderte sich der Titel unserer Zeitschrift – aus Evangeli-scher Kinderpflege wurde Theorie und Praxis der Sozialpä-dagogik – eben TPS. Ich selbst habe, wie auch eini-ge Leser und Leserinnen, unsere TPS in den acht-ziger Jahren mit orange-farbenen Deckblatt (so nannten wir früher ein Cover) zum ersten Mal in der Hand gehabt und sie hat mir jahrzehntelang in der Kita Orientierung gegeben. Einige gestalterische Wandlungen hat sie schon durchlebt, immer mit dem
Ziel, Ihnen interessante Themen und wichtige Fragen so aufzuberei-ten, dass Sie das Heft gern zur Hand nehmen und es gut nutzen können. So ist das mit der Qualität – sie ist nicht ein für alle Male festzuschrei-ben und ewig gültig. Was Qualitäts-
entwicklung und Qua-litätssicherung in Kitas heißt, welchen Schwung ein solcher Erneuerungs-prozess bringen kann, davon berichten Ihnen un-sere Autoren und Autorin-
nen in diesem Heft. Kitas hoff en auf finanzielle Unterstützung durch das „Gute-Kita-Gesetz“, aber sie warten nicht untätig, sondern tun dort, wo sie sind, das, was sie können zur Verbesserung der Kitas!
Herzlich grüßt SieIhre
Martina Teschner Leitende Redakteurin
Qualität im
Wandel
Martina Teschner [email protected]
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EDITORIAL
KONTEXT
JENS MÜLLER · CHRISTA DZIALLAS
4 Der glückliche SisyphosQualitätsentwicklung in der Kita – mehr als eine Bürde
KERSTIN KREIKENBOHM
8 Das QM arbeitet für mich und nicht ich für das QM!
Qualitätsmanagement lebendig und hilfreich
AYLIN HÖPER
14 „Ein Geschenk für unser Team!“Der Weg zum Gütesiegel
RAHEL DREYER · JANNES BOEKHOFF
23 Qualität unter DruckFachkräftemangel als Herausforde-rung für die Qualitätsentwicklung – ein Positionspapier
IRIS NENTWIG-GESEMANN · ELENA BAKELS · BASTIAN WALTHER
34 Alle Augen und Ohren auf euch!Kinder als Akteure der Qualitäts-entwicklung in Kitas
Inhalt
GLÜCKLICH
4
KINDERBLICK
34
ELTERN-INIS
11
Unsere Titelthemen sind farbig gekennzeichnet.
2 TPS 8 | 2018
WERKSTATT
STEPHANIE HAAN
11 Bitte keine Grundsatzdiskussionen!Qualität in Eltern-Kind-Initiativen
KERSTIN KREIKENBOHM
17 Lass uns die Perspektive wechseln!Eine Kita entwickelt ein Beschwerdemanagementsystem
CLEMENS WEEGMANN
29 Fehlerkultur – ahoi! Sind wir bereit für mehr Kita-Qualität?TopKita geht einen neuen Weg der Qualitätsentwicklung
BARBARA GÄRTNER
40 Ein ganzes Dorf auf Kurs für KinderVernetzung als Schlüssel zur Qualität
SPEKTRUM
COLJA BAHRENBERG
46 Containment ist gefragtAufgaben und Krisen in den ersten Lebensjahren bewältigen
THOMAS BÖHME
50 Und was glaubst du?Religiöse Erziehung und Bildung in der Pluralität – BETA-Fachtagung
EVA DOUMA
52 500 Euro für jedes Kind in Deutschland. Monatlich!Bietet ein Kindergrundeinkommen mehr Bildung, Gerechtigkeit und Chancen für alle?
58 Rezensionen
8
Mit seinem Bündnis „Zethau bewegt sich“ hat das Kinderhaus Ankerplatz jetzt einen zweiten Platz im Wettbewerb um den Deutschen Kita-Preis belegt.
DilemmaEVA DOUMA
60 „Das geht gar nicht!“Die Kita-Mitarbeiterin als Babysitterin
62 Termine63 Autorinnen & Autoren64 Vorschau · Impressum
40
Bei einem Kita-Kind babysitten? Mit klaren Rollen einem Dilemma entkommen
60
Besuchen Sie uns unter www.klett-kita.de•
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Der glückliche Sisyphos Qualitätsentwicklung in der Kita ist mehr als eine Bürde. Sie gibt Struktur, hilft bei der Orientierung und bringt nach einem Prozess auch Ergebnisse hervor. Ja, Sie haben richtig gehört – gut gemacht hat Qualitätsentwicklung viele Vorzüge!
JENS MÜLLER · CHRISTA DZIALLAS
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KONTEXT
tiv. Wir verstehen Qualitätsentwicklung als eine Möglichkeit der Weiterentwicklung der eigenen Arbeit, der Arbeit der Kita und damit für eine bessere Gestaltung des Alltags für Familien und Bildungsmöglichkeiten für Kinder. Das stellen wir Ihnen in unterschiedlichen Dimensionen nachfolgend vor. Und am Ende werden wir anhand der Interpretation von Albert Camus zeigen, dass auch die Arbeit des Sisyphos als positiv und selbstbestimmt angesehen werden kann.
Wer macht Qualität?Qualität und ihre Entwicklung beschäftigt und betrifft unterschiedliche Personen und Akteure. Sie alle haben (aus ihrer jeweiligen Perspektive) eigene Erwartungen und Forderungen. Wichtig ist dabei sich bewusst zu machen, dass jede Person einen eigenen Qualitätsbegriff (bewusst oder unbewusst) formt. Qualität ist somit relativ (von der Person abhängig) und sozialkonstruktivistisch, da jeder sich Qualität unter anderem auf Grundlage der eigenen Biografie, der Qualifikation und der aktuellen Lebenslage und Lebenswelt erschließt.
Das Thema der Qualitätsentwicklung ist seit über 20 Jahren im Feld der früh
kindlichen Bildung präsent. Da die frühkindliche Bildung ein vielgestaltiges Feld ist – unter anderem durch ihre Träger und Einrichtungsstrukturen –, bestehen große Unterschiede, wie und ob Qualität in der Kita systematisch entwickelt wird. Die Bandbreite reicht von großen Trägern, die Qualitätsmanagementsysteme etabliert und damit Prozesse definiert haben, nach denen gearbeitet werden muss und die in regelmäßig anstehenden Audits nachgewiesen werden müssen; bis zu kleineren Einrichtungen, die sich mit der Qualität ihrer Arbeit und ihrer Einrichtung beschäftigen, dies aber nicht regelmäßig oder systematisch nach einheitlichen Standards tun. Was hat Qualitätsentwicklung aber mit Sisyphos zu tun?
Eine Aufgabe ohne Ende?In der griechischen Sage trickst Sisyphos die Götter aus und wird zur Strafe damit beauftragt, bis in alle Ewigkeit einen Stein den Berg hochzuschieben, der gleich wieder ins Tal rollt, wenn er oben angekommen ist. Eine endlose Aufgabe, die nicht erfüllbar ist – immer wieder fängt Sisyphos von vorne an. Geht es uns mit der Qualitätsentwicklung in Kitas nicht ähnlich? Die Analogie mit der SisyphosSage hat natürlich ihre Grenzen. Sie, als Mitarbeitende der Einrichtungen und Träger, haben niemanden ausgetrickst und demzufolge ist auch die Qualitätsentwicklung keine Strafe. Aber die nicht enden wollende Aufgabe und die Regelmäßigkeit, mit der Qualitätsentwicklung zu leisten ist, erinnern durchaus an eine SisyphosArbeit. Wenn es so beschrieben wird, hat man das Bild einer Last vor Augen: eine unendliche Anforderung – es ist nie ein Ende oder ein Abschluss in Sicht. Auch wenn diese Aspekte der Qualitätsentwicklung sicherlich viele kennen, das Bild, das wir Ihnen vermitteln wollen, ist nicht so negaFo
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Was ist eigentlich Qualität? In einem professionellen Kontext ist es jedoch sinnvoll, eine gemeinsame Definition für die weitere Diskussion zu haben. Als Grundlage dafür beschreibt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter Qualität wie folgt: „Qualität ist eine Gesamtheit von Merkmalen eines Produktes, einer (Dienst)Leistung, die sich auf vereinbarte und festgelegte Kriterien bezieht; sie ist keine absolute, unveränderliche Größe.“ Die Gesamtheit von Merkmalen des Produktes oder der Dienstleistung sind im Feld der Kindertageseinrichtungen alle Prozesse, die die Bildung, Betreuung, Erziehung des Kindes ermöglichen und realisieren. Die vereinbarten und festgelegten Kriterien sind die verschiedenen Gesetze, allen voran das Grundgesetz, das SGB VIII und die länderspezifischen Gesetze, sowie die Konzeption der Einrichtung, die bei der Anmeldung des Kindes als Grundlage garantiert werden. Der letzte Teil der Definition ist besonders interessant. Hier wird betont, dass Qualität keine absolute und unveränderliche Größe ist, da sie vom Akteur oder der Akteurin, dessen oder deren Perspektive und der
Wer war eigentlich Sisyphos?
Stärker als zwei Bullen und schlau-er als 100 Füchse soll Sisyphos gewesen sein, glaubt man der Sage der griechischen Mythologie. Mehr noch: Der mächtige König von Korinth war so clever, dass er sogar den Tod überlistete! Doch von vorn: Göttervater Zeus hatte, schwer verliebt, die schöne Aigina entführt und Sisyphos, schwer ge-sprächig, hatte das Aiginas Vater erzählt. Keine gute Idee! Zeus war so wütend, dass er Thanatos, den Tod, zu Sisyphos schickte, um den Verräter ohne Umwege in die Un-terwelt zu bringen. Das was dem lebenslustigen Sisyphos gar nicht
recht und er überlistete den Tod. Wie ihm das gelang? Sagen wir so: Es war viel Ouzo im Spiel. Irgend-wann kommt aber alles raus! Und nach vielen weiteren Wirren wurde Sisyphos folgendermaßen bestraft: Unter größten Anstrengungen musste er einen Felsblock den Berg hinaufrollen. Sobald er fast den Gipfel erreicht hatte, entglitt ihm der Stein und rollte wieder ins Tal. Also alles wieder von vorn, bis in alle Ewigkeit. Die Sisyphos-Ar-beit wurde zum geflügelten Wort, wenn eine schwere Aufgabe trotz dauerhafter Anstrengung niemals fertig wird.
5TPS 8 | 2018
KONTEXT
Situation abhängt. Um den Qualitätsbegriff weiter auseinanderzunehmen, unterteilt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter diesen in vier Qualitätsbereiche. Jene können noch um weitere Ebenen wie in der folgenden Aufzählung ergänzt werden.
Sechs Qualitätsbereiche á Prozessqualität meint die Qualität
der Interaktionen zwischen den verschiedenen Akteursgruppen: Kinder – pädagogische Fachkräfte, Fachkräfte – Eltern und ähnliche.
á Strukturqualität meint die Quali-tät der Räume, der Zeitstrukturen, der Angebotsstrukturen, der zur Verfügung stehenden Materialien (Rahmenbedingungen).
á Orientierungsqualität meint die kognitive Fachkompetenz der Fachkräfte, also deren Bild vom Kind, von kindlicher Entwicklung und von Eltern und Erziehungs-partnerschaft.
á Ergebnisqualität meint das Ergeb-nis der Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsprozesse, also beispiels-weise dem, was Kinder erlebt, erfahren und gelernt haben.
á Organisations- und Manage-mentqualität meint die Qualität der Leitung und des Organisati-onsmanagements der Einrichtung, die durch die Gestaltung der Rahmen bedingungen auf die päd-agogischen Prozesse unmittelbar Einfluss hat, so Petra Strehmel und Daniela Ulber.
á Pädagogische Qualität meint die realisierte Arbeit der päda-gogischen Fachkräfte, auf der Grundlage aller vorhergegangen Qualitätsdimensionen, die das „Wohlbefinden“ und die „Förderung und Bildung“ des Kindes bezie-hungsweise dessen Wohlbefinden als Ziel hat, so Wolfgang Tietze.
á Soziale Qualität meint die Quali - tät der Gesellschaft, die durch unterschiedliche Partizipations-möglichkeiten, zum Beispiel an Bildung für die Mädchen und
Jungen oder an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter, deutlich wird, wie Peter Herrmann und Sabine Herrenbrück schreiben.
Wege der systematischen QualitätsentwicklungWie geht man nun in der Praxis mit diesen unterschiedlichen Dimensionen von Qualität um? Wie entwickelt man sie weiter? Wie wird man den Anforderungen der unterschiedlichen Akteure gerecht? Und auf was konzentriert man sich? Leider, oder zum Glück, gibt es nicht DAS Qualitätsentwicklungsverfahren, das für alle funktioniert und uneingeschränkt empfohlen werden kann. Die folgende Aufzählung ist darum exemplarisch und zeigt bewusst die Unterschiedlichkeiten der verschiedenen Qualitätsentwicklungsverfahren.
A Die Kindergarteneinschätzskala (KES-R) kam Ende der 1990er Jahre auf den deutschen Markt und ist eine Übersetzung eines USamerikanischen Instrumentes. Das Verfahren folgt einer eher entwicklungspsychologischen Logik; anhand von Merkmalen und einer jeweils siebenstufigen Skala werden verschiedene Qualitätsbereiche durch die Beobachtung einer geschulten externen Person erfasst. Die Beobachtung, die in einer KitaGruppe realisiert wird, dauert mehrere Stunden. Anschließend erfolgt ein Gespräch. Das Verfahren wird aufgrund seiner Eindeutigkeit des Beobachtungsergebnisses geschätzt, da sowohl für die Gruppe als auch für einzelne Qualitätsbereiche ein numerisches Ergebnis vorliegt, das den Weiterentwicklungsbedarf anzeigt, so Wolfgang Tietze.
B Ganz anders funktioniert der Kronberger Kreis (1998). Dieses eher einer pädagogischen Logik folgende Verfahren definiert nicht final, was gute Qualität ist, sondern ist eine Arbeitshilfe, um in Teams und
mit anderen Akteuren wie Eltern gemeinsam zu erarbeiten, was jeweils gute Qualität für verschiedene Bereiche sein und wie diese entwickelt werden kann. Bei einer so freien Arbeitsweise liegt viel Verantwortung beim Team und der Leitung um den (nicht immer kurzen) Qualitätsentwicklungsprozess zu gestalten.
C Qualitätsmanagementssysteme wie derum sind normbasiert (zum Beispiel nach der deutschen Industrie norm DIN EN ISO 9001; hier folgend thematisiert), haben ein systemisches Organsiationsverständnis und erfassen daher nur bedingt pädagogische, sondern schwerpunktmäßig organisationale Abläufe. Auf Grundlage von Normvorgaben werden pro Einrichtung oder vielfach auch pro Träger Prozesse definiert und Dokumentationssysteme etabliert. Nach diesen wird gearbeitet und dokumentiert. Beispielsweise wird klar geregelt, wie mit Beschwerden umgegangen wird, wann diese an die Leitung und den Träger weitergegeben werden und wer die BeschwerdeKlärung vornimmt.
In festgelegten Rythmen, meistens einmal im Jahr, werden Audits durchgeführt, in denen die Arbeit nach den vorher festgelegten Prozessen anhand der Dokumentation überprüft wird. Damit verbunden ist ein Zertifikat, das regelmäßig extern überprüft wird (beispielsweise alle 3 bis 5 Jahre). Dieses Verfahren ist weit verbreitet, da gerade große Träger Vorteile darin sehen, bestimmte Kernprozesse, wie Beobachtung und Dokumentation, zu vereinheitlichen. Die Verantwortung für die pädagogische Qualität verbleibt bei den pädagogischen Fachkräften.
D Einen anderen Weg ist das Land Brandenburg gegangen. Dieses hat 2010 ein Selbstevaluationsinstru-ment entwickelt, das aus zwei Arten von Evaluationsbogen besteht. Mit dem ICHBogen können die pädagogischen Fachkräfte ihr Handeln beschreiben und ihre Weiterentwick
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KONTEXT
lungspotenziale erfassen. Mit dem WIRBogen können Gruppen oder Einrichtungsteams ihre Arbeit reflektieren und wiederum Entwicklungspotenziale ausfindig machen. So kann auf Grundlage der Selbstevaluationen das individuelle Handeln, aber auch das des Teams erfasst und weiterentwickelt werden. Diese Prozesse können dann wiederum für die Konzeptions und Organisationsentwicklung genutzt werden (Ministerium für Bildung, Jugend und Sport – MBJS des Landes Brandenburg 2015).
Des Pudels KernFür welche Standards und Instrumente Sie sich auch entscheiden – als Kern aller Bestrebungen Qualität zu entwickeln können folgende Aufgaben für das KitaTeam benannt werden:
á Zentral ist die generelle Bereitschaft zu einem themengerichteten Austausch über das eigene sowie das gemeinsame Qualitätsverständnis.
á Es sollten alltägliche, professionelle pädagogische Tätigkeiten kriteriengeleitet hinterfragt werden.
á Auf Grundlage einer IstAnalyse der Organisation und der jeweiligen Fachkompetenz sollten miteinander eigene Vorstellungen von
Tipps und Tricks aus der Praxis
Einige Punkte sollten beim Thema Qualität bedacht werden:
á Keine Überregelung: Werden Sie bei den Definitionen von Qualitä-ten und Prozessabläufen sowie beim Schreiben von Formularen und Vorlagen nicht zu kleinteilig. (Sie müssen sich später daran halten!)
á Bewusste Auswahl: Wenn Sie die Wahl haben, informieren Sie sich, welches Qualitätsentwick-lungsverfahren zu Ihnen und Ihrer Einrichtung sowie Ihrer Situation
perfekt passt. Entscheiden Sie sich bewusst für ein Instrument oder lassen Sie sich beraten. Es ist die Grundlage Ihrer Qualitäts-entwicklung und darum ausge-sprochen wichtig.
á Im Zweifelsfall streichen: Überlegen Sie, ob Sie bei der Nutzung eines Qualitätsent-wicklungsverfahrens immer alle Details in Reinform realisieren wollen. Streichen Sie Punkte oder Passagen, die Ihnen unnötigen Mehraufwand machen –
Sie können später immer noch Punkte dazunehmen.
á Zertifizierung erwägen: Eine Zertifizierung und ein Siegel können hilfreich für die Außen-darstellung sein. Die zugrunde-liegende Norm verpflichtet Sie zu abgestimmten Qualitätsstandards und diese werden extern kontrol-liert. Das alles fordert von Ihnen allerdings Zeit und auch Geld – deshalb sollten Sie unbedingt gut überlegen, ob das für Sie infrage kommt.
welchem Thema arbeiten kann oder soll – und wann Interventionen und Diskussionen nötig sind.
Ist Sisyphos glücklich?Und wie hat es Sisyphos nun geschafft, an dieser immer wiederkehrenden Aufgabe nicht zu verzweifeln? Camus beschreibt Sisyhos trotz allem als einen glücklichen Menschen – weil er in seinen Möglichkeiten selbstbestimmt ist, den Stein den Berg hinaufzurollen und dabei den Stein als „seine Sache“, seine Aufgabe begreift. Diese Haltung kann auch Ihnen, als pädagogischen Fachkräften, für die komplexe Arbeit der Qualitätsentwicklung helfen. Als die eigene Aufgabe angenommen, können Sie diese nach Ihrer Einschätzung erfassen und gestalten, für die und mit den Mädchen und Jungen, Müttern und Vätern und für sich selbst. „Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos. Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache“, so schrieb Albert Camus. ◀
Qualität für verschiedene Bereiche der Organisation entwickelt werden.
á Die Bedarfe der Adressaten und Adressatinnen sollten erfasst werden. Mit den Adressaten der Arbeit und anderen relevanten Akteurinnen sollten gemeinsame Qualitätsvorstellungen und Realisierungsmöglichkeiten entwickelt werden.
á Das Team sollte sich von Dritten, der Fachberatung, anderen Einrichtungen und Fachbüchern inspirieren lassen um neue Ideen zu guter Qualität zu bekommen.
Diese Punkte zusammengedacht führen zu einem permanten Qualitätsverbesserungsprozess, der die Bedarfe alle Akteursgruppen sowie Wissen über gute Qualität berücksichtigt. Das ist aufgrund der ständigen Veränderungen in der Organsationsumwelt nötig (neues Wissen, neue Gesetze und Verordnungen, neue Mädchen und Jungen und damit neue Eltern, Veränderungen im Sozialraum).
Die Einrichtungsleitung hat für die Initiierung, Begleitung und Lenkung dieser zirkulären Prozesse eine Schlüsselposition. Sie sollte im Blick haben, wie sie mit ihrem Team zu
Die Literaturliste kann bei der Redaktion an-gefragt werden: [email protected]
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KONTEXT
Das QM arbeitet für mich – nicht ich für das QM!Wenn das Audit geschafft ist und das Siegel an der Wand hängt, wollen viele Fachkräfte erst einmal nichts mehr von Qualitätsmanagement wissen – die Identifikation damit bleibt aus. Wie kann ein Qualitätsmanagementsystem stattdessen lebendig werden und die Arbeit der Pädagogen unterstützen? Antworten finden Sie in diesem Beitrag.KERSTIN KREIKENBOHM
QE = Qualitäts -
entwicklung
QMS = Qualitäts-
management- system
QM = Qualitäts -
management
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KONTEXT
Qualitätsmanagement (QM) ist besser als sein Ruf! Doch überall stöhnen Menschen
auf, wenn die Rede auf QM kommt. á Das ist nur bergeweise Papier
kram, der im Regal rumsteht! á Da wird mir vorgeschrieben, wie
ich arbeiten soll! á Das kostet jede Menge Zeit und
bringt nichts! á Die wollen mich damit kontrollie
ren und manipulieren!
Bekannte Vorurteile – oder, was noch schlimmer wäre, Ergebnis schlechter Erfahrungen mit QMSystemen, die der Praxis nicht dienlich sind? Die Frage ist ja immer, von wem und zu welchem Zweck die Systeme entwickelt wurden und wie sie zur Anwendung kommen. Vielerorts sind mittlerweile Zuschüsse und Budgets an QEProzesse (Qualitätsentwicklung) gekoppelt – die Gefahr besteht, dass der inhaltliche Anspruch darunter leidet. Nach dem Motto: Hauptsache, die Plakette hängt an der Wand und dann ist Ruhe. Manche Träger möchten ihre Häuser standardisieren und sich mit Unmengen von Dokumentationen gegenüber den Kostenträgern rechtfertigen. Dafür stellen sie jedoch selten die entsprechenden Ressourcen bereit. Leidet die Prozessqualität, dann erhält QM zurecht einen schlechten Ruf bei pädagogischen Kräften an der Basis. Viele Fachkräfte fühlen sich durch vorgeschriebene Evaluationsmaßnahmen kontrolliert und sehen ihre Fachlichkeit infrage gestellt. Befürchtungen werden geäußert: „Da kommt jemand von außen, bewertet meine Arbeit und sagt mir, was ich ändern soll.“ Es kann nur funktionieren, wenn es ein gemeinsames Ziel, nämlich die Verbesserung der Arbeit beziehungsweise der Bedingungen zum Wohle aller Beteiligten gibt.
Stichwort: BeteiligungIm Wort Beteiligte steckt schon ein Faktor für gelingende QMSysteme: Fachkräfte und auch Kinder und ihre Eltern sollten unbedingt bei der Ent
den, sondern die Fachkraft kann sich ganz auf die neuen Familien konzentrieren.
á Der Prozess, in dem das Team durch die Forderung zum QMS genötigt war, eine Regelung zu finden, hat bewirkt, dass die Mitarbeitenden sich austauschen. Sie mussten sich positionieren und einen Konsens finden. Aus diesen Diskussionen geht das Team gestärkt hervor – sowohl nach innen, als auch nach außen.
á Es empfiehlt sich, Checklisten anzulegen und Protokollformulare. Beispielsweise für das Erstgespräch sowie Dokumentationsbogen für den Verlauf der Eingewöhnung oder relevante Entwicklungsbereiche des Kindes zu erstellen. Diese werden standardisiert vom Team genutzt und sollten für einen schnellen Zugriff bereitliegen.
Standards helfen weiterJede Kita sollte ihren eigenen Standard entwickeln können – gemessen an ihrem Bedarf und ihren Möglichkeiten. Ohne einen definierten Standard dokumentieren Fachkräfte beliebig – mit unterschiedlichen Werkzeugen (Karteikarten, LoseBlattSammlungen, Gruppenbuch). Doch wenn diese Beobachtungen relevant werden, hat keiner einen Überblick und auch kaum jemand Zugriff auf die Informationen. Jede Fachkraft hat eine eigene Auffassung davon, was dokumentiert werden muss oder wie intensiv Beobachtungen stattfinden sollten. In Einrichtungen kursieren Beobachtungsbogen aus grauer Vorzeit neben Neuerscheinungen des Fachhandels und Eigenkreationen. Es braucht viel Zeit und Arbeit, bis ein Team einen Standard für sein Haus entwickelt und definiert hat. Zunächst muss es klären:
á Wie ist der IstStand?“ Wer beobachtet und dokumentiert was? Können wir von den bisherigen Methoden und Werkzeugen etwas für das ganze Haus übernehmen?
wicklung von Qualität beteiligt werden. Nicht als Ausführende, sondern als Gestaltende. Ein QMSystem, das dies ermöglicht, kann den Fachkräften nur dienen. Es ist daher nur legitim, wenn ein Handbuch fordert: „Ablauf und Gestaltung der Eingewöhnungsphase sind schriftlich geregelt“ oder „Die Kita verfügt über ein standardisiertes Beobachtungs und Dokumentationsverfahren“. Diese Ausführungen finden sich im Bundesrahmenhandbuch für das Evangelische Gütesiegel der BETA (Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e. V.) wieder. Die Formulierung überlässt es hier jedem Haus, Forderungen auf die eigene Art und Weise umzusetzen und darüber zu entscheiden. Sie fordert die Mitarbeit jedoch auch ein. Am Beispiel Eingewöhnung soll dies exemplarisch einmal durchgespielt werden.
Beispiel Eingewöhnung á Wie berücksichtigen wir die
Individualität des Kindes? á Wie beziehen wir die Eltern ein?
Wie reflektieren wir mit ihnen die Eingewöhnung?
á In welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten tauschen wir uns im Team aus?
á Wie fließen die Ergebnisse in unsere pädagogische Arbeit ein?
Hier setzt der QEProzess ein, das Team geht in den Dialog: Tauscht sich aus, wie bisher die Eingewöhnung in den Gruppen praktiziert wurde, formuliert gemeinsame Ziele, Ansprüche, Methoden und einigt sich am Ende auf einen verbindlichen Weg. Mit dieser neuen schriftlich formulierten Regelung und mit Verweisen auf mögliche Vorlagedokumente und Nachweise können sich die Mitarbeitenden identifizieren. Im besten Fall erleichtert dies die Praxis. Dann beginnt das QMS:
á Der Eingewöhnungsablauf muss nicht jedes Jahr neu erfunden werFo
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KONTEXT
á Wie und wie viel wollen wir beobachten? Geplant oder ungeplant?
á Was muss dokumentiert werden? Warum ist das wichtig?
á Wie nutzen wir unsere Dokumentation bisher?
Dabei lautet die Kernfrage: Wie muss unser Beobachtungs und Dokumentationssystem geschaffen sein, damit es uns bei der Arbeit unterstützt und nicht nur zusätzlich zeitlich belastet? Damit kanalisiert das Team dieses Thema und bekennt sich am Ende zu einem System, das durchlässig und leistbar ist.
Das System regelt für unsere Kita: á welche Methoden in Zukunft in
welchen Intervallen beziehungsweise zu welchem Zeitpunkt für welche Altersstufen genutzt werden. Eine Matrix sorgt für Übersichtlichkeit.
á wie Alltagsbeobachtungen und Gespräche notiert werden. Es können Vorlagen erarbeitet werden, die freie Felder für die nötigen Informationen enthalten.
á wo die Beobachtungen und Dokumentationen abgelegt werden, sodass der Zugriff datenschutzrechtlich gesichert – innerhalb des Hauses aber auch gewährleistet ist.
á wie diese Menge an Informationen genutzt werden kann – sprich: wie fließt sie in die Arbeit ein und nutzt ihr damit?
QM bringt also nichts Neues hervor – es fordert lediglich die gesamte Organisation und das Team heraus, sich mit dem, was man sowieso schon seit Jahren tut, als Team und Träger zu beschäftigen.
Schwachstellen aufdeckenEs geht darum, die eigene Kita und damit auch das eigene Verhalten zu evaluieren, zu verbessern, zu regeln und damit Vereinbarungen verbindlich festzuhalten. Verborgene oder schlummernde Schwachstellen anzupacken und gemeinsam zu verbessern bringt eine wohltuende Klarheit und hilft, die internen Abläufe
Wer profitiert von guter Qualität? Natürlich die Kinder! In der Kita Aschhausen halten sie die QM-Prozesse hoch.
zu verbessern. Die Klarheit bezieht sich auch auf die Zusammenarbeit zwischen Träger und Leitung: Auch hier zwingt das QMS zum Dialog, zur Positionierung und Regelung.
Kontinuierlich besser werdenDie Arbeit wird transparenter und das gemeinsame Streben nach dem Siegel an der Hauswand steigert die Wertschätzung der Arbeit der Kita. Allerdings braucht ein gutes QMS, das nicht nur der Außendarstellung, sondern der Qualität der Arbeit dient, die notwendigen Ressourcen zum Aufbau und dessen kontinuierlicher Verbesserung.
Ohne Beteiligung durch Dienstbesprechungen, Kleingruppenarbeiten, Reflexionen, Stunden am PC und das Knowhow geht es nicht! Hier muss in Leitungs und Verfügungsstunden investiert werden, da sonst nicht nur die Motivation und die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern auch die Qualität der Arbeit auf der Strecke bleibt – und das dient niemandem. ◀ Fo
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10 TPS 8 | 2018
KONTEXT
Bitte keine Grundsatzdiskussionen!Nicht alle Träger sind gleich. Deshalb ist ein individuelles Qualitätsmanagement gefordert. Wie das bei einer Eltern-Kind-Initiative aussehen kann und was die Politik für die Einrichtungen und ihre Selbstevaluation alles tun sollte, erklärt unsere Autorin hier.
STEPHANIE HAAN
Qualität in Eltern-Kind-Initiativen
Die Qualität muss stimmen – deshalb wird von Kitas heute erwartet, dass sie Qualitäts
managementsysteme (QMS) einführen. Doch was ist unter Qualität zu verstehen und welchen Auftrag soll die institutionelle Betreuung übernehmen? Das ist genau festgelegt: Die Bildungs und Erziehungspläne sowie Fördervoraussetzungen und rechtliche Vorgaben legen sowohl ein Bild vom Kind als auch pädagogische Standards und Rahmenbedingungen fest, an denen sich die Kitas orientieren sollen. Allerdings: Bei der Umsetzung dieser Standards scheint es oft Probleme zu geben, wie aus bundesweiten Evaluationen wie der NubbekStudie oder dem Bertelsmann Länderreport hervorgeht. Die Qualität einzelner Einrichtungen sollte also dringend verbessert werden.
Arbeitgeber und Kunde in PersonalunionQualitätssicherung muss in jeder Kita ein Thema sein, die Umsetzung in der Alltagspraxis ist jedoch komplex. Vor allem der Mangel an
á Zeit á Beteiligung und á Veränderungsbereitschaft
sind Stolpersteine, die Qualitätsmanagement erschweren. Hier sind Träger und Einrichtungen gefragt.
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WERKSTATT
Wohin bewegt sich die Kita?Bestell-Nr. 15587
(Neu) zugewanderte FamilienBestell-Nr. 15589
TPS spezial Frühjahr 2018Tägliche AbenteuerBestell-Nr. 15590
Kinder unter KindernBestell-Nr. 15593
Was ist Erziehung?Bestell-Nr. 15591
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