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GENERALDIREKTION WISSENSCHAFT Direktion A: Mittel- und langfristige Studien Abteilung für Wirtschafts-, Währungs- und Haushaltangelegenheiten BRIEFING ECON 513 DE/rev. 1 BESTEUERUNG VON TABAKWAREN Bei den dargelegten Ansichten handelt es sich um die des Verfassers, die nicht unbedingt der Position des Europäischen Parlaments entsprechen Brüssel, 30.08.2001 PE 305.060/rev1

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GENERALDIREKTION WISSENSCHAFT Direktion A: Mittel- und langfristige Studien

Abteilung für Wirtschafts-, Währungs- und Haushaltangelegenheiten

BRIEFING

ECON 513 DE/rev. 1

BESTEUERUNG

VON TABAKWAREN

Bei den dargelegten Ansichten handelt es sich um die des Verfassers, die nicht unbedingt der Position des Europäischen Parlaments entsprechen

Brüssel, 30.08.2001 PE 305.060/rev1

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TABAKSTEUER

2 PE 305.060/rev.1

Dieses Dokument wird in Englisch (Original), Französisch und Deutsch veröffentlicht.

Zusammenfassung Der dritte Bericht der Kommission über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Zigaretten und andere Tabakwaren, KOM(2001)113, enthält Änderungsvorschläge zu bestehenden EU-Gesetzgebung bezüglich der Besteuerung von Tabakwaren. Hauptziel dieses Vorschlags ist der Abbau der noch immer gravierenden Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, durch die das reibungslose Funktionieren des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt werden kann. Die vorliegende Unterlage enthält einen kurzen Überblick über das Thema. Darin wird allgemein verständlich dargestellt, wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt innerhalb der Europäischen Union Verbrauchsteuern auf Tabakwaren erhoben werden, und es werden die möglichen Auswirkungen der kürzlich vorgelegten Änderungsvorschläge erörtert. Herausgeber: Europäisches Parlament

L-2929 Luxemburg

Verfasserin: Manuela Goretti

Redakteur: Ben Patterson

Generaldirektion Wissenschaft – Direktion A

Abteilung für Wirtschafts-, Währungs- und Haushaltsangelegenheiten

Tel.: (00-352) 4300 24114

Fax: (00-352) 4300 27721

E-Mail: [email protected]

Nachdruck und Übersetzung – ausser zu kommerzielle Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird. Fertigstellung des Manuskripts im Juni 2001.

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INHALT

1. EINFÜHRUNG: WIE SINNVOLL IST DIE BESTEUERUNG VON TABAK? ......................................... 5

2. BESTEUERUNG VON TABAKWAREN IN DER EU ................................................................................... 7

2.1. EINNAHMEN UND STEUERSÄTZE ........................................................................................................................ 7 2.2. RECHTSVORSCHRIFTEN ZUR BESTEUERUNG VON TABAKWAREN ...................................................................... 9

3. BESTEUERUNG VON ZIGARETTEN.......................................................................................................... 11

SCHAUKASTEN: BERECHNUNG DER ZIGARETTENSTEUER.......................................................................................... 12 3.1. EIGENSCHAFTEN UND SYSTEMIMMANENTE PROBLEME................................................................................... 13 3.1.1. Große Unterschiede in den Steuersätzen............................................................................................... 13 3.1.2. Verhältnis zwischen spezifischer und Ad-Valorem-Verbrauchsteuer................................................... 13 3.1.3. Auswirkungen der "57%-Regel" ............................................................................................................ 15

3.2. BEWEGUNG VON VERBRAUCHSTEUERPFLICHTIGEN WAREN ........................................................................... 16 DIE AKTUELLEN BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BEFÖRDERUNG VON VERBRAUCHSTEUERPFLICHTIGEN WAREN INNERHALB DER UND IN DIE EU WURDEN IM JAHRE 1992 IM ZUGE DER ABSCHAFFUNG VON STEUERKONTROLLEN AN GRENZEN INNERHALB DES BINNENMARKTES EINGEFÜHRT.................................................................................. 16 3.3. BETRUG UND SCHMUGGEL ............................................................................................................................... 16 3.3.1. Konvergenz der Steuersätze................................................................................................................... 17 3.3.2. Gleichgewicht zwischen freiem Handel und effizienter Kontrolle........................................................ 18

3.4. VORSCHLÄGE DER KOMMISSION ...................................................................................................................... 18 3.4.1. Der spezifische Verbrauchsteuermindestsatz von 70 € in Verbindung mit der 57%-Regel ................. 19 3.4.2. Der spezifische Verbrauchsteuermindestsatz von 100 € als Alternative zur 57%-Regel..................... 19 3.4.3 Eine Mindestverbrauchsteuer auf Billigzigaretten................................................................................ 20 3.4.2. Die Beitrittsländer.................................................................................................................................. 20

3.5. MÖGLICHE ALTERNATIVEN ZUM VORSCHLAG DER KOMMISSION ................................................................... 20 3.5.1. Die absolute Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten................................................... 21 3.5.2. Die Methode der steuerlichen Mindestinzidenz .................................................................................... 22

4. VERBRAUCHSABGABEN AUF ANDERE TABAKERZEUGNISSE ...................................................... 25

4.1. AKTUELLE REGELUNGEN ................................................................................................................................. 25 4.2. ZIGARREN UND ZIGARILLOS............................................................................................................................. 25 4.3. FEINSCHNITTTABAK FÜR DAS DREHEN VON ZIGARETTEN ............................................................................... 27 4.4. ANDERE TABAKWAREN .................................................................................................................................... 30

ANHANG I: TABAKINDUSTRIE............................................................................................................................. 31

ANHANG II: NICHT-PREISABHÄNGIGE KONTROLLMAßNAHMEN........................................................ 33

BRIEFINGS AUS DER REIHE WIRTSCHAFTSFRAGEN ................................................................................. 35

AKTUELLE ARBEITSDOKUMENTE AUS DER REIHE WIRTSCHAFTFRAGEN ..................................... 35

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TABELLEN UND ABBILDUNGEN

ABB. 1: ANSTIEG DER ZIGARETTENPREISE = RÜCKGANG DES VERBRAUCHS ......................................... 6

ABB. 2: EINNAHMEN AUS DER BESTEUERUNG VON TABAKWAREN (IN MILLIONEN €) ........................ 7

ABB. 3: JÄHRLICHER PRO-KOPF-KONSUM AN ZIGARETTEN .......................................................................... 7

ABB. 4: ERTRAG AUS VERBRAUCHSTEUERN AUF ZIGARETTEN (IN € PER 1000 ZIGARETTEN)............ 8

ABB. 5: EINNAHMEN AUS TABAKSTEUERN ALS PROZENTUALER ANTEIL AM BRUTTOINLANDSPRODUKT (1999) ......................................................................................................................... 8

ABB. 6: JÄHRLICHER PRO-KOPF-ZIGARETTENKONSUM IN GRIECHENLAND............................................ 8

ABB. 10: PROPORTIONALE VERBRAUCHSTEUER GEGENÜBER DER SPEZIFISCHEN VERBRAUCHSTEUER ALS PROZENTUALER ANTEIL AM KESS .................................................................... 14

ABB. 11: VERBRAUCHSTEUERANTEIL AM ZIGARETTENENDPREIS (IN € PER 1000 ZIGARETTEN DER GÄNGIGSTEN PREISKLASSE) .................................................................................................................................... 15

QUELLE: EUROPÄISCHE KOMMISSION, GENERALDIREKTION STEUERN UND ZOLLUNION (2001) ......... 15

TABELLE 2: RICHTWERTE FÜR DIE EINFUHR VON BEREITS BESTEUERTEN WAREN (TABAKWAREN)......................................................................................................................................................... 16

ABB. 12: ZIGARETTENSTEUERN INNERHALB DER EU (12): VERHÄLTNIS DER STANDARDABWEICHUNG ZUM ARITHMETISCHEN MITTELWERT DES EFFEKTIVEN STEUERSATZES........................................................................................................................................................................................ 18

TABELLE 3: GESCHÄTZTER ANSTIEG DER ZIGARETTENPREISE ALS ERGEBNIS DER VORSCHLÄGE DER KOMMISSION ..................................................................................................................................................... 19

ABB. 14: GESCHÄTZTE PREISSCHWANKUNGEN IM FALLE DER ABSOLUTEN HARMONISIERUNG... 22

ABB. 15: GESAMTBESTEUERUNG VON ZIGARETTEN ALS PROZENTUALER ANTEIL AM KESS.......... 23

ABB. 16: GESAMTBESTEUERUNG IN DEN MOEL ALS PROZENTUALER ANTEIL AM KESS................... 23

ABB. 17: GESCHÄTZTE PREISSCHWANKUNGEN BEI DER METHODE DERGERINGSTEN STEUERBELASTUNG................................................................................................................................................. 24

ABB. 18: SPEZIFISCHE VERBRAUCHSABGABEN AUF ZIGARREN UND ZIGARILLOS (IN € JE 1000) .... 25

ABB. 19: AD-VALOREM-VERBRAUCHSTEUER AUF ZIGARREN UND ZIGARILLOS ALS PROZENTUALER ANTEIL AM KESS ...................................................................................................................... 26

ABB. 20: FEINSCHNITTTABAK ALS PROZENTUALER ANTEIL AM GESAMTABSATZ VON TABAK IM JAHR 1999 ..................................................................................................................................................................... 28

ABB. 21: SPEZIFISCHE VERBRAUCHSTEUERN AUF FEINSCHNITTTABAK IN EURO PRO KILO ........... 28

ABB. 22: AD-VALOREM-VERBRAUCHSTEUER AUF FEINSCHNITTTABAK ALS PROZENTUALER ANTEIL AM KESS ....................................................................................................................................................... 29

TABELLE 4: ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE FÜR DIE VERBRAUCHSABGABEN AUF FEINSCHNITTTABAK ................................................................................................................................................ 30

ABB. 23: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN IN DER TABAKINDUSTRIE DER EU.......................................... 31

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1. EINFÜHRUNG: WIE SINNVOLL IST DIE BESTEUERUNG VON TABAK?

Bereits im Jahre 1776 würdigte Adam Smith in seinem Werk Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen die Besteuerung von Tabakwaren als ideale Einnahmequelle.

Zucker, Rum und Tabak sind nirgendwo zum Leben notwendige Waren. Ihr Verbrauch ist indes schon alltäglich geworden, weshalb sie sich auch für Steuerzwecke besonders gut eignen1

Heute generieren fast alle Regierungen dieser Erde durch die Besteuerung von Tabakwaren beachtliche Einnahmen. Tabakprodukte verfügen als Besteuerungsobjekt über zwei beachtenswerte Vorteile:

• Die Eintreibungskosten sind im Vergleich zu den realisierbaren Einnahmen gering.

• Die Nachfrage ist relativ unabhängig vom Preis. Eine Anhebung der Tabaksteuern bewirkt im Allgemeinen eine Erhöhung der aus diesem Besteuerungsobjekt resultierenden Einnahmen, da jede Reduzierung der Nachfrage proportional gesehen geringer ist als die Erhöhung der Steuer.

Diese zweite Eigenschaft der Besteuerung von Tabakwaren wird jedoch seit kurzem in einem anderen Licht gesehen, wenn sie auch aus fiskalischer Sicht einen äußerst begrüßenswerten Umstand darstellt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass vor allem die Besteuerung von Zigaretten mittlerweile nicht mehr nur als ein Instrument zur Generierung von Einnahmen, sondern auch als ein Mittel zur Reduzierung des Zigarettenkonsums und somit zur Förderung der Volksgesundheit angesehen wird. In der Tat besteht ein gewisses Konkurrenzverhältnis zwischen diesen beiden Handlungsabsichten. Einerseits ist die Tatsache, dass die Nachfrage nach Tabakprodukten nur in geringem Umfang über den Preis zu beeinflussen ist, auf die suchterzeugenden Eigenschaften dieser Genussmittel zurückzuführen, andrerseits hängen die

1 Buch V, Kapitel 3 (Staatsschulden).

Die Theorie von Adam Smith beruhte darauf, dass er bei Gebrauchsgütern zwischen "lebensnotwendigen Waren" und "Luxuswaren" unterschied. Unter "lebensnotwendigen Gütern" verstand er (...) nicht nur solche, die unerlässlich zum Erhalt des Lebens sind, sondern auch Dinge, ohne die achtbaren Leuten, selbst der untersten Schicht, ein Auskommen nach den Gewohnheiten des Landes nicht zugemutet werden sollte. (...) Alle anderen Dinge bezeichne ich als Luxus, wobei ich keineswegs die Absicht habe, mit dieser Bezeichnung auch nur den geringsten Vorwurf gegen den mäßigen Ge- und Verbrauch solcher Waren zu erheben., Adam Smith, a.a.O, Buch V, Kapitel 2 Die Quellen der allgemeinen oder öffentlichen Einnahmen eines Landes, S. 748. In diesem Sinne bezeichnete Smith Salz als ein Beispiel für ein lebensnotwendiges Gut und Zucker als eine Luxusware.

Was die Besteuerung von Verbrauchsgütern angeht, so war er der Meinung, dass, (...) eine Verbrauchsteuer auf lebensnotwendige Waren mithin genauso wirkt wie eine direkte Besteuerung der Löhne (...), ibid S. 748;

Da die Höhe des Arbeitslohns teils durch die Nachfrage nach Arbeitskräften, teils durch die üblichen Preise für die existenznotwendigen Dinge bestimmt wird, muss alles, was diesen Durchschnittspreis erhöht, zwangsläufig zu einer Anhebung des Lohnes führen, damit der Arbeiter auch weiterhin in der Lage ist, soviel von diesen Waren zu kaufen, wie er erhalten sollte aufgrund des Entwicklungstrends der Nachfrage nach Arbeitskräften (...), ibid, S. 748.

Anders verhält es sich mit Steuern auf Dinge, die ich Luxuswaren nenne, selbst wenn es sich um solche der ärmeren Schichten handelt. Wenn nämlich die Preise der besteuerten Waren anziehen, so führt das nicht unbedingt zu einem Lohnanstieg. So wird beispielsweise eine Steuer auf Tabak die Löhne nicht erhöhen, obwohl er für arm und reich gleichermaßen zum Luxus gehört. Denn obwohl Tabak in England mit dem Dreifachen und in Frankreich mit dem Fünfzehnfachen seines ursprünglichen Preises besteuert wird, wirken sich diese hohen Abgaben anscheinend nicht auf den Lohn aus., ibid. S. 749

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Finanzen einer ganzen Reihe von Staaten von den Einnahmen aus Tabaksteuern ab. Derzeit stammen etwa 10% aller Staatseinnahmen Chinas aus Tabaksteuern2.

Sicherlich wird die Nachfrage der Raucher nach Tabak in bestimmtem Umfang vom Preis beeinflusst. Immerhin hat es den Anschein, dass die Anhebung der Tabaksteuer über einen bestimmten Grenzwert in der Tat eine schrittweise Verminderung des Konsums nach sich zieht. So haben zum Beispiel mehrere Anhebungen der Tabaksteuer in Kanada zwischen 1982 und 1992 einen steilen Anstieg der realen Verkaufspreise von Zigaretten nach sich gezogen, was zu einer beachtlichen Reduktion des Zigarettenkonsums führte (Abb.1)

Abb. 1: Anstieg der Zigarettenpreise = Rückgang des Verbrauchs

Quelle: Weltbank

2 "China's addiction to tobacco revenue", Brief von Prof. Tsung O.Cheng, Financial Times, 23. Mai 2001.

Der reale Verkaufspreis von Zigaretten und der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch, Kanada, 1969 - 1995

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2. BESTEUERUNG VON TABAKWAREN IN DER EU

2.1. Einnahmen und Steuersätze

Innerhalb der EU stellt die Besteuerung von Tabakwaren eine wichtige Einnahmenquelle dar. Diese Einnahmen variieren jedoch zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten sehr stark.

Abb. 2: Einnahmen aus der Besteuerung von Tabakwaren (in Millionen €)

Quelle: Europäische Kommission, nationale Quellen (1999).

Diese Zahlen sind im Zusammenhang mit den Daten zum Verbrauch (Abb. 33), den Daten zu den Steuersätzen (Abb. 4) und den Daten zu den Einnahmen als prozentualer Anteil am Bruttoinlandsprodukt (Abb. 5) zu sehen.

Abb. 3: Jährlicher Pro-Kopf-Konsum an Zigaretten

(Produktion + Importe - Exporte) / Bevölkerungsanteil der Einwohner, die 15 Jahre und älter sind Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak 2000 (Zahlen aus 1995)

Abb. 3 zeigt, dass der Konsum nachzulassen beginnt, wenn die Steuern auf Zigaretten mehr als 100 € je tausend Stück betragen, vgl. Abb. 4. In Ländern wie Schweden, Finnland, Dänemark 3 Für Luxemburg sind keine Daten zum jährlichen Zigarettenkonsum verfügbar.

4064

6758

11667

344570

5685 6677

713 845 1007 1023 1157 12431603 1710

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

14000

LU FI SE IE PT DK AT BE NL EL ES UK FR IT DE

1351

1813 1910 1933

2428 2468

4313

2236 22892088207920732058

1202

05001000150020002500

30003500

40004500

5000

SE FI IT DK UK FR AT PT NL IE DE BE ES EL

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und im Vereinigten Königreich liegen die Abgaben jenseits dieser Grenze und der Zigarettenkonsum ist relativ niedrig.

Abb. 4: Ertrag aus Verbrauchsteuern auf Zigaretten (in € per 1000 Zigaretten)

Quelle: Europäische Kommission (2001).

Abb. 5: Einnahmen aus Tabaksteuern als prozentualer Anteil am Bruttoinlandsprodukt (1999)

Quelle: Europäische Kommission (1999)

Länder wie Spanien und Portugal haben im Gegensatz dazu viel geringere Steuersätze bei höherem Konsum. Die Einnahmen machen 0,73% bzw. 0,97% des BIP aus.

In Griechenland, das ebenfalls niedrige Steuersätze und hohe Verbrauchsquoten aufweist, belaufen sich die Einnahmen auf 1,46% des BIP. Griechenland hat den höchsten Pro-Kopf-Konsum in der Europäischen Union und steht weltweit nach Polen an zweiter Stelle. Abbildung 6 gibt den signifikanten Anstieg am Pro-Kopf-Verbrauch wieder, der zwischen 1970 und 1995 stattfand. In den letzten fünfzig Jahren wurden mehr als 410.000 Todesfälle auf das Rauchen zurückgeführt.

Abb. 6: Jährlicher Pro-Kopf-Zigarettenkonsum in Griechenland

51 55 58 59 6073 78 80 82 86

105 110124

149

233

0

50

100

150

200

250

ES EL PT LU IT AT NL BE DE FR SE FI DK IE UK

0,73%

1,00%

1,46%

0,57%

0,97%

0,47%0,32%0,42%

0,43%0,53%

0,59%0,59%

0,50%

0,61%0,63%

1,90%

0,00%

0,25%

0,50%

0,75%

1,00%

1,25%

1,50%

1,75%

2,00%

SE UK NL FI FR BE AT DE IT DK ES PT IE EL LUEU15

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9 PE 305.060/rev.1

Quelle: Weltbank, Länderprofile für Tabakkonsum 2000, (Zahlen aus 1995).

Irland und Luxemburg müssen besonders behandelt werden. In Irland ist die Nachfrage nach Tabak unelastischer Natur. Deshalb zählen sowohl die Verbrauchs- als auch die Einnahmequoten zu den höchsten in der EU - und das bei Steuersätzen, die über der Schwelle von 100 € liegen. In Luxemburg sind die Steuersätze vergleichsweise niedrig, der prozentuale Anteil der Einnahmen am BIP ist jedoch der höchste in der Europäischen Union. Die Vermutung liegt nahe, dass dieses Phänomen nicht so sehr auf einen massiven Tabakkonsum in Luxemburg selbst zurückzuführen ist, sondern vielmehr auf grenzübergreifende Einkäufe von Verbrauchern in Belgien, Frankreich und Deutschland, wo die Steuersätze höher sind.

Diese Zahlen zeigen, dass Länder mit hohen Steuersätzen anscheinend das beste von zwei Welten erhalten:

• Hohe Verbrauchsteuern begrenzen den Tabakkonsum.

• Gleichzeitig ist der Punkt noch nicht erreicht, an dem höhere Steuersätze fallende Bruttoeinnahmen nach sich ziehen, wenn auch die neuesten Daten aus dem Jahr 2000 rückläufige Zahlen für das Vereinigte Königreich zeigen.

2.2. Rechtsvorschriften zur Besteuerung von Tabakwaren

In Artikel 93 (Ex-Artikel 99) des Vertrages ist die rechtliche Grundlage für die Besteuerung von Tabakwaren verankert. Dort heißt es:

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit die Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes (...) notwendig ist.

Die grundlegende Struktur der Verbrauchsabgaben auf Tabakerzeugnisse wurde 1972 durch die Richtlinie 72/464/EWG festgelegt. Diese wurde bis zur Verabschiedung einer zweiten Richtlinie (79/32/EWG) Ende 1978 13 Mal abgeändert. Schließlich erfuhren beide Richtlinien im Rahmen des Programms zur Förderung des Gemeinsamen Binnenmarktes durch die Richtlinie 92/78/EWG eine erneute Abänderung. Nun werden all diese Richtlinien von einem konsolidierten Text (KOM(95)59 EG) erfasst.

Jährlicher Zigarettenkonsum in Griechenland

Jährlicher Pro-Kopf-Konsum (Zigaretten)

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In diesem Text werden vier Kategorien von steuerbaren Tabakwaren definiert:

• Zigaretten,

• Zigarren und Zigarillos,

• Rauchtabak (Feinschnitttabak für das Drehen von Zigaretten) und

• Rauchtabak (sonstige).

Was die Steuersätze angeht, so sprach sich die Kommission in ihren ursprünglichen Vorschlägen, KOM(87)0325 und KOM(87)0326, für eine absolute Harmonisierung aus. Bei Tabakwaren entsprach der vorgeschlagene Steuersatz dem arithmetischen Mittel. Bei Zigaretten ergab sich der vorgeschlagene Steuersatz aus dem durchschnittlichen spezifischen Steuersatz, der zum damaligen Zeitpunkt bei 19,5 ECU je tausend Zigaretten lag, plus dem durchschnittlichen Proportionalsteuersatz, der damals 53 % zzgl. MwSt. betrug. Letzten Endes wurden jedoch in der Richtlinie 92/79/EWG über Zigaretten und in der Richtlinie 92/80/EWG über andere Tabakwaren nur Mindeststeuersätze festgesetzt:

• Zigaretten: 57% des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern; • Tabak für selbstgedrehte Zigaretten: 30% des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern oder 20 ECU pro Kilogramm;

• Zigarren und Zigarillos: 5% des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern oder 7 ECU pro 1000 Stück bzw. pro Kilogramm;

• Pfeifentabak: 20% des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern oder 15 ECU pro Kilogramm.

Die aktuelle Gesetzgebung besteht in erster Linie aus drei Richtlinien des Rates:

� der Richtlinie 92/79/EWG4 des Rates über die Annäherung der Zigarettensteuern;

� der Richtlinie 92/80/EWG5 des Rates über Annäherung der Steuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten;

� der Richtlinie 95/59/EG über Steuern, die keine Umsatzsteuern sind und den Konsum von Tabakwaren beeinflussen.

Diese Richtlinien sehen vor, dass die Sätze und Strukturen der Verbrauchsabgaben alle drei Jahre von der Kommission überprüft werden müssen. Der letzte Bericht KOM(2001)133 vom 14.03.2001 ist das Ergebnis einer gründlichen Überprüfung der Sätze und Strukturen der Verbrauchsabgaben auf Tabakwaren und wird von einem Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der derzeit gültigen Rechtsvorschriften für Tabakwaren ergänzt. Außerdem schlägt die Kommission eine Abänderung der derzeit gültigen Richtlinien6 zwecks Verlängerung des Überprüfungszeitraumes auf vier Jahre vor.

4 in der durch Richtlinie 1999/81/EG vom 29. Juli 1999 geänderten Form 5 in der durch Richtlinie 1999/81/EG vom 29. Juli 1999 geänderten Form 6 Artikel 4 der Richtlinie 92/79/EWG und Artikel 4 der Richtlinie 92/80/EWG

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3. BESTEUERUNG VON ZIGARETTEN

In der Gemeinschaft hergestellte und aus Nicht-Mitgliedstaaten eingeführte Zigaretten sind folgenden Regeln unterworfen:

• Es wird eine proportionale (ad valorem) Verbrauchsabgabe fällig, die einem Prozentsatz des höchsten Kleinverkaufspreises7 unter Bezugnahme auf die gängigste Preisklasse entspricht. Ebenso wird eine spezifische Verbrauchsteuer in Form eines festen Betrages je tausend Zigaretten fällig. Der Betrag der spezifischen Verbrauchsteuer darf 5% des Gesamtbetrages der proportionalen und der spezifischen Steuer nicht unterschreiten. Er darf nicht weniger als 5% und nicht mehr als 55% der gesamten Steuerlast betragen, die sich aus proportionalen und spezifischen Steuern sowie der Mehrwertsteuer zusammensetzt.

• Die Steuersätze müssen für alle Zigaretten einheitlich sein - ungeachtet der Höhe ihres Verkaufspreises.

• Die Mehrwertsteuer wird auf der Grundlage des Standardsatzes des gesamten Preises einschließlich aller Verbrauchsabgaben berechnet.

• Die gesamte Mindestverbrauchsabgabe auf Zigaretten (proportionale und spezifische Verbrauchsteuern exklusive Mehrwertsteuer) muss mindestens 57% des Kleinverkaufspreises für Zigaretten der gängigsten Preisklasse betragen – und zwar auf der Grundlage von Zahlen, die am 1. Januar jeden Jahres ermittelt werden (die 57%-Regel).

Aus all diesen Gründen ist die Berechnung der tatsächlichen Steuersätze auf eine beliebige Packung Zigaretten eine komplexe Angelegenheit, vgl. hierzu Schaukasten B auf der nächsten Seite.

7 Im Vereinigten Königreich wird der Kleinverkaufspreis für Zigaretten folgendermaßen definiert:

(a) mindestens-

(i) der empfohlene Kleinverkaufspreis, wie er zum fraglichen Zeitpunkt für Zigaretten dieser Kategorie im Vereinten Königreich gültig ist und

(ii) jeder Kleinverkaufspreis, der auf der Verpackung der fraglichen Zigaretten zum fraglichen Zeitpunkt angezeigt wird. Werden unterschiedliche Preisangaben gemacht, so ist die höchste zugrunde zu legen.

hilfsweise:

(b) wird ein derartiger Kleinverkaufspreis nicht empfohlen oder auf der Packung angezeigt, so ist der höchste Kleinverkaufspreis, zu dem Zigaretten dieser Kategorie zum fraglichen Zeitpunkt im Vereinten Königreich normalerweise verkauft werden, zugrunde zu legen.

(vgl. hierzu Finance Act 2000, Kap. 17, § 13, in Abänderung von § 5 des Tobacco Products Duty Act 1979).

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Schaukasten: Berechnung der Zigarettensteuer

Der Endverkaufspreis einer Packung Zigaretten besteht aus den folgenden vier grundlegenden Elementen:

1. dem Kleinverkaufsgrundpreis vor Steuern für die Zigaretten selbst,

2. einer spezifischen Verbrauchsteuer, die in € je 1000 Stück berechnet wird,

3. einer proportionalen oder Ad-Valorem-Verbrauchsteuer, die einem Prozentsatz des Endpreises der gängigsten Preisklasse einschließlich sämtlicher Steuern (1+2+3+4) entspricht,

4. der Mehrwertsteuer, die auf der Grundlage des Preises einschließlich sämtlicher Verbrauchsabgaben berechnet wird (1+2+3).

Die Berechnung des Kleinverkaufsendpreises einschließlich sämtlicher Steuern (KESS) einer beliebigen Zigarette besteht daher aus mehreren Schritten. Die Methode ist besser zu verstehen, wenn man Anteile des Marktendpreises zwischen der Steuerbehörde und dem Hersteller/Einzelhändler aufteilt, als wenn man von einem Preis vor Steuern ausgeht, auf den dann die Steuern aufgeschlagen werden.

Wenn man beispielsweise von einem Mehrwertsteuersatz von 20%, einem Ad-Valorem-Verbrauchsteuersatz von 50% und einer spezifischen Verbrauchsteuerabgabe von 20 € je 1000 Stück ausgeht,

• so kann der KESS, der Kleinverkaufspreis einschließlich sämtlicher Steuern, für die gängigste Preisklasse z.B. auf 120 € per 1000 geschätzt werden.

• Dann kann der Anteil der Mehrwertsteuer an diesem Preis berechnet werden: @ 20% = 20 €. • Dann kann der Anteil der Ad-Valorem-Verbrauchsteuer als ein Prozentsatz des KESS berechnet werden: @50% = 60 €.

• Zur Berechnung des Grundpreises sind schließlich die Steuern – d.h. MwSt., Ad-Valorem-Verbrauchsteuer, spezifische Verbrauchsabgabe – vom KESS abzuziehen: 120 € weniger (20 € + 60 € + 20 €) = 20 €.

• Die daraus resultierenden Sätze für Verbrauchsteuern werden auf alle Zigaretten angewandt.

Abb. 7: Aufgliederung des Zigarettenendpreises (Beträge dienen nur der Illustration)

16,6

16,6

50

16,6

0%

20%

40%

60%

80%

100%

MwSt.

Proportionale Verbrauchsteuer

Spezifische Verbrauchsteuer

Kleinverkaufsgrundpreis

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TABAKSTEUER

13 PE 305.060/rev.1

3.1. Eigenschaften und Systemimmanente Probleme

3.1.1. Große Unterschiede in den Steuersätzen

Leider schließt das Mindestniveau für die Harmonisierung der Steuersätze auf EU-Ebene extreme Disparitäten bei den Gesamtsteuersätzen und bei den Preisen nicht aus. Im Vereinigten Königreich ist die Last der Verbrauchsabgaben in Euro um 400% größer als in Spanien. Abbildung 3 zeigt, dass der in Euro angegebene Ertrag aus Verbrauchsabgaben pro 1000 Zigaretten im Vereinigten Königreich, in Irland, Dänemark, Finnland und Schweden mehr als 100 € beträgt, während er in Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Luxemburg deutlich unter 70 € liegt.

Diese Unterschiede können zu weitläufigen grenzüberschreitenden Bewegungen der besteuerten Zigaretten führen – und zwar sowohl legaler Natur zum persönlichen Verbrauch als auch illegaler Natur für den Weiterverkauf. Beide Kategorien haben Auswirkungen auf die Einnahmen und schädigen die Wettbewerbsposition der legalen Händler, vgl. hierzu Abschnitt 3.3.

Abb. 8: Auswirkungen einer Ad-Valorem-

Verbrauchsteuer von 60% Abb. 9: Auswirkung einer spezifischen Verbrauchsteuer von 300 €

Diese Diagramme zeigen die Auswirkungen der verschiedenen Arten von Verbrauchsteuern auf die Preisunterschiede zwischen zwei Marken: eine mit einem Kleinverkaufsgrundpreis vor Steuern von 50 €, die andere mit einem Kleinverkaufsgrundpreis vor Steuern von 200 €. Der Unterschied zwischen den beiden Grundpreisen beträgt 150 €, was 300% des Grundpreises der billigeren Marke entspricht.

In Abb. 8 werden beide Marken mit einer Abgabe von 60% belastet. Der Unterschied zwischen den beiden Preisen inklusive Verbrauchsteuer beträgt immer noch 300% des Preises der billigeren Marke einschließlich Verbrauchsteuer, in Euro ausgedrückt steigt er jedoch auf 375 €.

In Abb. 9 werden die gleichen Marken mit einem pauschalen, spezifischen Verbrauchsteuersatz von 300 € pro tausend Stück belastet. Die Unterschiede der Beträge einschließlich der Verbrauchsabgaben liegen weiterhin bei 150 €. Dieser Betrag entspricht nun aber weniger als 43% des Preises der billigeren Marke nach Steuern.

3.1.2. Verhältnis zwischen spezifischer und Ad-Valorem-Verbrauchsteuer

Die Auswirkungen jeglicher Schwankungen des Grundpreises, wie z.B. ein Anstieg der Herstellungskosten, auf den Endpreis hängen von dem Verhältnis zwischen den spezifischen und den proportionalen Komponenten der Verbrauchsabgaben sowie vom Mehrwertsteuersatz ab.

200

300

300

50

0

100

200

300

400

500

600

Billige Marke Teure Marke

Grundpreis Verbrauchsabgabe

20075

300

500

100

200

300

400

500

600

Billige Marke Teure Marke

Grundpreis Verbrauchsabgabe

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TABAKSTEUER

14 PE 305.060/rev.1

Den gegenwärtigen Rechtsvorschriften zufolge kann jedes Mitgliedsland das Verhältnis zwischen proportionaler und spezifischer Verbrauchsteuer frei bestimmen, sofern es die 57%-Regel einhält. In der Praxis versucht jede Regierung, dieses Verhältnis so festzulegen, dass es so gut wie möglich an die Bedingungen des nationalen Marktes angepasst ist. Wo der proportionale Steueranteil und der Mehrwertsteuersatz vergleichsweise hoch sind, schlägt sich der "Steuermultiplikator" als größere absolute Auswirkung auf den Preis nach Steuern nieder, wenn sich der Basispreis verändert. Dieser Umstand verbessert die Wettbewerbssituation von billigeren Zigaretten (siehe Abb. 8). Wo im Gegensatz dazu der spezifische Anteil relativ hoch ist, spiegeln sich Veränderungen im Basispreis proportional gesehen weniger stark im Preis nach Steuern wieder. Dadurch wird die Wettbewerbssituation von vergleichsweise teuren Zigaretten verbessert, siehe Abb. 9.

Aus diesem Grund entschieden sich Länder wie das Vereinigte Königreich für einen maximalen spezifischen Anteil und begünstigten so die teuren Produkte. In Italien, wo billigere Marken hergestellt werden, werden Ad-Valorem-Verbrauchsteuern erhoben, die fast so hoch sind wie die Mindestverbrauchsteuerinzidenz von 57%.

Abbildung 10 zeigt die verschiedenen Kombinationen von spezifischen und Ad-Valorem-Steuern in allen Mitgliedstaaten, wobei die Berechnung als prozentualer Anteil am KESS erfolgt.

Abb. 10: Proportionale Verbrauchsteuer gegenüber der spezifischen Verbrauchsteuer als prozentualer Anteil am KESS

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion, 2001.

Tabelle 1: Verbrauchsteuer als prozentualer Anteil am KESS

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion (2001).

ES EL IT FR FI LU BE SE AT DE NL PT DK UK IE

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

Spezifisch Ad Valorem

Mitglied-

staatES EL IT FR FI LU BE SE AT PT DE NL DK UK IE

Ad-Valorem Verbrauchsteuer als prozentualer Anteil am KESS

54.00% 53.86% 54.26% 54.50% 50.00% 46.84% 45.84% 39.20% 42.00% 26.00% 21.60% 20.51% 21.22% 22.00% 18.89%

Spezifische Verbrauch-steuer als prozentualerAnteil am KESS

3.39% 3.64% 3.73% 3.92% 8.00% 10.17% 11.16% 11.27% 15.03% 40.20% 33.47% 36.49% 40.45% 42.61% 43.45%

Gesamte Mindestver-brauchsteuer

57.39% 57.50% 57.99% 58.42% 58.00% 57.01% 57.00% 50.47% 57.03% 66.20% 55.07% 57.00% 61.67% 64.61% 62.34%

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3.1.3. Auswirkungen der "57%-Regel"

Wenn der Gesamtsteuersatz der Verbrauchsabgaben bereits beim Mindestwert von 57% liegt oder sich diesem Wert nähert, so kann ein Anstieg im Grundpreis dazu führen, dass der Gesamtanteil der Verbrauchsabgaben unter 57% fällt, was eine Anhebung der Verbrauchsteuern notwendig macht. Dieser Fall tritt auch ein, wenn der Betrag des Endpreises vergleichsweise hoch ist, was dazu führen kann, dass die Anhebung zu einer Vergrößerung der Disparitäten im Endpreis führt, siehe hierzu Abb. 11.

So hat Schweden z.B. trotz extrem hoher Zigarettenpreise und eines beachtlichen Verbrauchsteueraufkommens große Schwierigkeiten, die Vorschrift über den Mindestsatz zu erfüllen. Die gesamte Verbrauchsteuermindestinzidenz setzt sich aus der Summe der spezifischen (11,27%) und der proportionalen (39,20%) Komponente zusammen und beträgt in Schweden somit nur 50,47%. Aus diesem Grund wurde Schweden im Hinblick auf den Verbrauchsteuergesamtsatz von 57% eine befristete Ausnahmeregelung gewährt. Diese läuft zum 31. Dezember 20028 ab.

Abb. 11: Verbrauchsteueranteil am Zigarettenendpreis (in € per 1000 Zigaretten der gängigsten Preisklasse)

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion (2001)

Zusätzlich veränderte sich in Deutschland vor kurzem der Kleinverkaufsgrundpreis für Zigaretten in der gängigsten Preisklasse. Gleichzeitig hob die deutsche Regierung die spezifischen Verbrauchsabgaben an und reduzierte die proportionalen Verbrauchsteuern. Als Gesamtergebnis fiel die Inzidenz des gesamten Verbrauchsteuermindestsatzes auf 55,07% und blieb somit unter dem Grenzwert von 57%. Gemäß der derzeit gültigen Rechtslage muss Deutschland spätestens bis Januar 20039 eine Anpassung der Steuersätze vornehmen.

8 Richtlinie 1999/81/EG, Artikel 1, Punkt 2, in Abänderung von Richtlinie 1992/79/EWG 9 Richtlinie 1999/81/EG, Artikel 1, Punkt 1, in Abänderung von Richtlinie 1992/79/EWG.

0

100

200

300

400

UK IE SE DK FI DE FR BE NL AT LU IT EL ES PT

Gundpreis plus MwSt. Verbrauchsteuer

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3.2. Bewegung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren

Die aktuellen Bestimmungen über die Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren innerhalb der und in die EU wurden im Jahre 1992 im Zuge der Abschaffung von Steuerkontrollen an Grenzen innerhalb des Binnenmarktes10 eingeführt.

Waren, die noch nicht für den Verbrauch freigegeben sind, können innerhalb der Grenzen des Binnenmarktes im Rahmen eines Systems bewegt werden, anhand dessen die Besteuerung ausgesetzt wird. Es werden also keine Steuern erhoben. Verbrauchsabgaben und Mehrwertsteuern müssen erst dann entrichtet werden, wenn diese Waren schließlich für den Verbrauch freigegeben werden – und zwar zu den Sätzen, wie sie an das Finanzministerium des Mitgliedstaates gezahlt werden müssen, in dem dieser Fall eintritt.

Sobald die Waren voll besteuert sind, können vom einzelnen Endverbraucher unbegrenzte Mengen von einem Land ins andere verbracht werden, ohne dass weitere Steuern fällig werden. Unabdingbare Voraussetzung hierbei ist, dass die Waren für den persönlichen Verbrauch bestimmt sind und von den Privatpersonen selbst befördert werden. Es wurden Richtwerte für die entsprechenden Mengen festgesetzt und man geht allgemein davon aus, dass die dargestellten Bedingungen erfüllt sind, wenn diese Richtwerte nicht überschritten werden, vgl. hierzu Tabelle 2.

Dänemark, Schweden und Finnland wurden Ausnahmeregelungen eingeräumt. Diese Länder behielten bei Produkten, die aus den Mitgliedstaaten eingeführt werden, die klassischen Steuerbefreiungen im grenzüberschreitenden Reiseverkehr bei11.

Tabelle 2: Richtwerte für die Einfuhr von bereits besteuerten Waren (Tabakwaren)

800 Zigaretten 400 Zigarillos 200 Zigarren 1 kg Tabak

3.3. Betrug und Schmuggel

Im allgemeinen System sind die Mitgliedstaaten befugt, die effektiven Verbrauchsteuersätze selbst festzulegen, sofern die Mindestsätze der Gemeinschaft eingehalten werden. Diese Flexibilität zieht in bezug auf die Zigarettenpreise beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten nach sich, siehe hierzu Abb. 4, was seinerseits einen starken Anreiz für Schmuggel und andere Formen des Betrugs darstellt, vor allem im Fall von Zigaretten.

Im jüngsten Bericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)12, sind einige der wichtigsten Kategorien derartiger Betrugsfälle aufgelistet:

10 Richtlinie 92/12/EWG über die allgemeinen Vereinbarungen für Produkte, auf die Verbrauchsteuern erhoben

werden, sowie über den Besitz, den Transport und die Kontrolle derartiger Produkte. Es gab zwischenzeitig einige kleinere Änderungen.

11 300 Zigaretten oder 150 Zigarillos oder 75 Zigarren oder 400 g Tabak in allen Fällen mit der Ausnahme von Dänemark, wo die Steuerbefreiung für Zigaretten im grenzüberschreitenden Reiseverkehr für Personen, die sich weniger als 24 Stunden außerhalb Dänemarks aufhielten, bei lediglich 100 Stück liegt.

12 Bericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung, Europäische Kommission, Erster Bericht über die Operativen Tätigkeiten, 1. Juni 1999 – 31. Mai 2000

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TABAKSTEUER

17 PE 305.060/rev.1

� die Einfuhr von gefälschten amerikanischen oder europäischen Zigarettenmarken, vor allem aus der Volksrepublik China;

� Schwarzhandel mit unbesteuerten Zigaretten, die aus Drittstaaten eingeführt wurden;

� Schwarzhandel mit in Europa hergestellten Zigaretten, die gar nicht oder niedrig besteuert sind;

� illegaler Transit.

Vor allem nimmt der Schwarzhandel mit Zigaretten stark zu, die aus Drittstaaten importiert wurden, und zwar hauptsächlich aus den mittel- und osteuropäischen Ländern, in denen die Zigarettenpreise niedrig sind. Es werden große Mengen Zigaretten in Containern in die EU verbracht, wobei der Inhalt dieser Container am Zoll falsch deklariert wird. Auf diese Art und Weise wird jegliche Steuerpflicht umgangen.

Der District Court des Eastern Districts von New York hielt erst vor kurzem die erste Anhörung im Fall der "Europäischen Kommission gegen die Gesellschaften RJR Nabisco Inc und Philip Morris Inc." ab. Am 3. November 2000 reichte die Kommission Klage gegen diese beiden amerikanischen Zigarettenhersteller ein, weil sie verdächtigt werden, am großangelegten Zigarettenschmuggel auf dem europäischen Binnenmarkt beteiligt zu sein.

Der Schwarzhandel innerhalb des europäischen Binnenmarktes kann eine ganze Anzahl verschiedener Formen annehmen. Hier einige Beispiele:

• Es ist möglich, dass Zigarettensendungen ein Lager unter dem Steuerregime der Verbrauchsteueraussetzung verlassen. In diesem Fall wurden sie entweder fälschlicherweise für den Export deklariert und auf dem Schwarzmarkt verkauft oder sie wurden tatsächlich exportiert und dann in die Europäische Gemeinschaft zurückgeschmuggelt.

• Es ist möglich, dass Zigaretten in Mitgliedstaaten der EU mit niedrigen Steuersätzen erworben, in ein Land mit hohen Steuersätzen verbracht und dort verbotenerweise weiterverkauft werden.

1999 standen Zigaretten an der Spitze der Liste der Schmuggelwaren. Der Zigarettenschmuggel machte 14% aller bekannt gewordenen Fälle und der involvierten Beträge aus, gefolgt von Molkereierzeugnissen und Kraftfahrzeugen.

Die Betrugsfälle auf dem Tabaksektor haben drei negative Auswirkungen:

• Einnahmeverluste: Im Vereinigten Königreich wurden die Einnahmeverluste des Staatshaushalts im Jahr 1999 zum Beispiel auf 2,5 Millionen GBP beziffert.

• Schädigung des legalen Handels: Schätzungen zufolge bestanden im Jahr 1999 ca. 18% des Zigarettenmarkes im Vereinigten Königreich aus geschmuggelter Ware. Sogar im Niedrigsteuerland Italien lag der Prozentsatz zwischen 12% und 15%. Ein derartig billiges, illegales Angebot stellt einen unlauteren Wettbewerb für die legalen Händler dar.

• Schädigung der Gesundheit: Die weitverbreitete Verfügbarkeit billiger, unbesteuerter Zigaretten unterminiert die offiziellen Kampagnen zur Bekämpfung des Rauchens.

Das Ausmaß der Betrugsfälle auf dem Sektor Tabakwaren lenkt das Augenmerk auf mindestens zwei kritische Themen.

3.3.1. Konvergenz der Steuersätze

Der wesentliche Anreiz für den Zigarettenschmuggel innerhalb des Binnenmarktes wäre gar nicht erst entstanden, wenn die ursprünglichen Vorschläge der Kommission für die Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze im Jahre 1992 angenommen worden wären. Diese

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TABAKSTEUER

18 PE 305.060/rev.1

waren für die Mitgliedstaaten aufgrund der folgenden fundamentalen Gegensätze jedoch nicht akzeptabel:

• dem Ausmaß, in dem Verbrauchsteuern als wichtige Einnahmenquelle fungierten;

• dem Ausmaß, in dem sie bei Anti-Raucher-Kampagnen eingesetzt wurden, und, vielleicht der kritischste Punkt von allen

• dem Ausmaß, in dem die Struktur der nationalen Tabakwarenindustrien in manchen Ländern vom Verhältnis zwischen spezifischen und Ad-Valorem-Verbrauchsteuern beeinflusst wird.

Seit 1993 gibt es in der Tat eine Konvergenz der Zigarettensteuern innerhalb der EU. Das Verhältnis der Standardabweichung zum arithmetischen Mittelwert fiel von ca. 6,5% auf knapp unter 6%, wenn die Divergenz seit 1998 auch wieder marginal zugenommen haben mag, vgl. Abb. 12. Außerdem sind Zigarettensteuern in signifikantem Umfang besser konvergiert als andere Steuern, vor allem sind sie einheitlicher als die Steuern auf Arbeit.

3.3.2. Gleichgewicht zwischen freiem Handel und effizienter Kontrolle

Als Folge der enormen illegalen Bewegungen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren auf dem Binnenmarkt wurde der Ruf nach der Wiedereinführung von Kontrollen an den Innengrenzen laut, so z.B. die Überprüfung von Waren, die von Frankreich in das Vereinigte Königreich befördert werden. Diesen Forderungen hielt man von offizieller Seite bislang stand. Die häufigste Antwort waren vielmehr verbesserte globale Kontrollsysteme und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden.

Das angemessene Gleichgewicht zwischen Handelserleichterungen und effizienten Kontrollmaßnahmen ist Gegenstand einer anhaltenden Überprüfung vonseiten der hochrangigen Gruppe der EU zur Betrugsbekämpfung auf dem Tabak- und Alkoholsektor. 1998 wurde das langfristige Aktionsprogramm der Gemeinschaft mit dem Namen Fiscalis13 ins Leben gerufen, um das Funktionieren der indirekten Besteuerungssysteme auf dem Binnenmarkt durch eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu verbessern.

Abb. 12: Zigarettensteuern innerhalb der EU (12): Verhältnis der Standardabweichung zum arithmetischen Mittelwert des effektiven Steuersatzes

3.4. Vorschläge der Kommission

In ihrem jüngsten Bericht über die Strukturen und die Sätze von Verbrauchsteuern auf Zigaretten und andere Tabakwaren14 hielt die Kommission eine ganze Reihe von Änderungen am

13 Entschließung 888/98/EG 14 KOM (2001)133 Band I, vom 14.3.2001.

0 %

1 %

2 %

3 %

4 %

5 %

6 %

7 %

8 %

9 %

1 9 9 0 1 9 9 1 1 9 9 2 1 9 9 3 1 9 9 4 1 9 9 5 1 9 9 6 1 9 9 7 1 9 9 8 1 9 9 9

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TABAKSTEUER

19 PE 305.060/rev.1

gegenwärtigen System für notwendig. Diese werden im Zusammenhang mit dem Bericht offiziell in einem Richtlinienentwurf15 vorgestellt.

3.4.1. Der spezifische Verbrauchsteuermindestsatz von 70 € in Verbindung mit der 57%-

Regel

Was Zigaretten anbelangt, so befassen sich die ersten Vorschläge mit der Einführung eines festen, in Euro angegebenen Mindestbetrages – eine Maßnahme, die bereits im Jahr 1992 vom Europäischen Parlament in seiner Stellungnahme16 zum vorgeschlagenen System befürwortet wurde. Die Mitgliedstaaten müssten die folgenden Mechanismen anwenden:

• die Verbrauchsteuermindestinzidenz (spezifischer und Ad-Valorem-Anteil) in Höhe von 57% des Kleinverkaufspreises der gängigsten Preisklasse nach Steuern; sowie

• eine Mindestverbrauchsteuer (spezifischer und Ad-Valorem-Anteil zusammen) von 70 € je 1000 Zigaretten.

Der vorgeschlagene Mindestsatz für die spezifischen Verbrauchsteuer liegt unter dem Mittelwert von 90 € je 1000 Zigaretten. Die neue Vorschrift würde sich dementsprechend nur auf die Mitgliedstaaten auswirken, die die 57%-Regel erfüllen und gleichzeitig angesichts ihrer relativ niedrigen Preise in der Lage sind, die effektiven Beträge der Verbrauchsteuern sehr niedrig zu halten. Besonders die fünf Mitgliedstaaten Spanien, Italien, Griechenland, Portugal und Luxemburg müssten ihre Verbrauchsteuern anheben. Die höchste Anpassung müsste mit ca. 27% in Spanien vorgenommen werden. Um wirtschaftliche Probleme in diesen Ländern zu vermeiden, schlägt die Kommission jedoch eine phasenweise Einführung vor.

Tabelle 3: Geschätzter Anstieg der Zigarettenpreise als Ergebnis der Vorschläge der Kommission

(bei gleichbleibendem Verhältnis zwischen spezifischen und Ad-Valorem-Steuern)

Land Anstieg in Prozent (die am meisten gerauchte Marke)

Spanien 27 Griechenland 18 Italien 18 Portugal 16 Luxemburg 11

Quelle: Internes Memorandum der Kommission

3.4.2. Der spezifische Verbrauchsteuermindestsatz von 100 € als Alternative zur 57%-Regel

Der Vorschlag enthält auch eine ständige Regelung für Länder mit höheren Steuersätzen, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung der 57%-Regel haben, wie z.B. Schweden.

Die Mitgliedstaaten müssten die folgenden Mechanismen anwenden:

• entweder die Verbrauchsteuermindestinzidenz (spezifische und Ad-Valorem- Verbrauchsabgabe zusammen) von 57% des Kleinverkaufspreises der gängigsten Preisklasse nach Steuern; oder

15 KOM (2001)133 Band II, vom 14.3.2001 16 vgl. ABl. C94 vom 13.4.92. Der ursprüngliche Vorschlag des Ausschusses berücksichtigte die 57%-Regel und

ein spezifisches Minimum. Im konsolidierten Text war jedoch nur noch die Einhaltung entweder der 57%-Regel oder der spezifischen Mindestverbrauchsteuer vorgesehen.

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TABAKSTEUER

20 PE 305.060/rev.1

47,1%

39,5% 39,2%42,1%

45,0%

43,1%

31,3%

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

Tschechien Estland Ungarn Polen Rumänien Slovakei Slovenien

• eine Mindestverbrauchsteuer (spezifischer und Ad-Valorem-Anteil zusammen) von 100 € je 1000 Zigaretten für die Kategorie mit der stärksten Nachfrage.

3.4.3 Eine Mindestverbrauchsteuer auf Billigzigaretten

In der Vergangenheit bestand die Gefahr, dass durch das plötzliche Auftreten sehr billiger Zigaretten bestimmte Inlandsmärkte in Aufruhr gerieten. Da das Niveau der Verbrauchsteuern bei allen Zigaretten in der Regel unter Bezugnahme auf den Preis der gängigsten Preisklasse festgesetzt wird, ließ das System keinen Spielraum für die Erhebung zusätzlicher Steuern auf billigere Marken. Aus diesem Grund gab es Sonderregelungen, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumten, eine Mindestverbrauchsteuer auf die Marken zu erheben, die nicht zur gängigsten Preisklasse zählten, solange die gesamte Steuerbelastung dadurch nicht auf über 90% der gesamten Steuerinzidenz der Marken in der gängigsten Preisklasse stieg.

Quelle: International Tobacco Growers Association (ITGA), 2000

Es stellte sich jedoch heraus, dass auch mittels dieser Lösung drastische Preissenkungen und ein Anstieg der Marktanteile der Produkte der unteren Preiskategorien nicht vermieden werden konnten. Deshalb schlägt die Kommission eine Änderung dieser Vorschrift17 vor, um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, bei der Erhebung einer Mindestverbrauchsteuer auf Zigaretten größere Flexibilität walten zu lassen. In erster Linie wird die Obergrenze von 90% auf 100% angehoben (d.h. die erhobene Verbrauchsteuer darf nicht höher sein als die Verbrauchsteuer auf Zigaretten der gängigsten Preisklasse).

3.4.2. Die Beitrittsländer

Für die Länder, die momentan über Kandidatenstatus verfügen, ist ebenfalls eine Übergangszeit vorgesehen, die mit ihrem Beitritt beginnt. Der Grund hierfür liegt in den niedrigen Verbrauchsteuern der Beitrittsländer, die weit unter dem EU-Durchschnitt liegen, wie Abbildung 13 zeigt. Kein mittel- und osteuropäisches Land erfüllt derzeit die 57%-Regel.

3.5. Mögliche Alternativen zum Vorschlag der Kommission

Die jüngsten Vorschläge der Kommission stellen nur eine von mehreren Möglichkeiten für die Reform der Tabakbesteuerung dar. Zwei weitere Alternativen bestehen z.B. in der Rückkehr zu den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission18 bzw. in dem Vorschlag, der kürzlich von der

17 Artikel 16 (5) der Richtlinie 95/59/EG. 18 KOM (87) 0325 und KOM (87) 0326.

Abb.13: Verbrauchsteuerinzidenz in den MOEL als prozentualer Anteil am KESS

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Confederation of European Cigarette Manufacturers (CECCM) und dem Groupement des Industries du Tabac de l’Europe (GITES)19 vorgebracht wurde.

3.5.1. Die absolute Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission zielte auf die absolute Harmonisierung der Verbrauchsteuern durch die Einführung einheitlicher Beträge und Sätze für spezifische Verbrauchsabgaben in allen Mitgliedstaaten ab.

Dabei wurden die Multiplikatoreneffekte berücksichtigt, wie sie sowohl von der Ad-Valorem-Verbrauchsabgabe als auch von der Mehrwertsteuer hervorgerufen werden. Aus diesem Grund wurden diese beiden Steuern wie ein einziger, kombinierter Steuersatz behandelt.

Dann wurden der für diesen Vorschlag gültige Betrag ebenso wie der anzuwendende Steuersatz auf der Basis des reinen arithmetischen Mittelwerts der aktuellen Zigarettensteuersätze in der Europäischen Union bestimmt. Der arithmetische Mittelwert wurde als die gerechteste Methode angesehen, da er jedem Mitgliedstaat ungeachtet seiner Größe die gleiche Bedeutung einräumt. Im Sinne einer gewissen Flexibilität schlug die Kommission jedoch vor, bei der Festlegung der aus mehreren Elementen bestehenden Proportionalsteuer einen Spielraum von einem Punkt für die Abweichung des Ad-Valorem-Anteils vom Durchschnittssatz einzuräumen. Was die spezifische Komponente angeht, so wäre diese in regelmäßigen Abständen und in Übereinstimmung mit den Inflationsraten angepasst worden.

Geht man von den aktuellen Sätzen der Verbrauchsteuern in der EU aus, so würde das spezifische Element auf 38,3 € je 1000 Zigaretten und die proportionale Komponente, d.h. Mehrwert- und Ad-Valorem-Steuer, auf 54% des KESS festgesetzt und läge also zwischen 53% und 55%.

Abbildung 14 zeigt ebenfalls, dass dieser Vorschlag das Potenzial hätte, die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern zu reduzieren. In erster Linie würden die Preisdifferenzen zwischen Portugal und dem Vereinigten Königreich um 33% verringert. In Finnland und Schweden würden sich die Preise nicht nennenswert verändern. In den drei Mitgliedstaaten mit hohen Zigarettenpreisen - Vereinigtes Königreich, Irland und Dänemark - würden die Preise wegen der niedrigeren Gesamtinzidenz der Verbrauchsteuer fallen. In allen anderen Ländern würden die Preise steigen. Hiervon besonders betroffen wären die Mitgliedstaaten mit niedrigen Preisen wie Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und Luxemburg gewesen, in denen der Preisanstieg wegen des höheren spezifischen Anteils mehr als 30% betragen.

Dieser Vorschlag hätte ein Besteuerungsniveau zur Folge, das im Großen und Ganzen mit dem Ziel der Reduzierung der Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten kompatibel wäre und mit der Gesundheitspolitik der Kommission in Einklang stehen würde.

Dennoch ist eine Verständigung über einen Vorschlag für die absolute Harmonisierung der Verbrauchsteuern weitaus schwieriger zu erzielen als über die einfache Einführung einer Regelung für einen spezifischen Verbrauchsteuermindestsatz. Aus diesen Grund könnte der aktuelle Vorschlag, auch wenn er qualitativ weit hinter dem ersten Vorschlag zurückbleibt, als pragmatischer Schritt auf dem Weg zum übergeordnetem Ziel der absoluten Harmonisierung angesehen werden.

19 vorgestellt von Herrn De Vroey, dem Direktor der Repräsentanz von British American Tobacco, auf der Sitzung

der Kangaroo Arbeitsgruppe Besteuerung, Faire und Schädliche Besteuerungsmechanismen vom 10. Januar 2001.

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22 PE 305.060/rev.1

Abb. 14: Geschätzte Preisschwankungen im Falle der absoluten Harmonisierung

Quelle: Aktuelle Preise: Europäische Kommission (2001); geschätzte Preise: eigene Berechnung20

3.5.2. Die Methode der steuerlichen Mindestinzidenz

Vor kurzem wurde vonseiten der CECCM und von GITES der Vorschlag gemacht, die aktuelle Rechtslage zur Besteuerung von Zigaretten dahingehend zu verändern, dass eine Kombination aus Mindestverbrauchs- und Mehrwertsteuer als Alternative zur aktuellen Vorschrift über den Mindestverbrauchsteuersatz von 57% eingeführt wird. In diesem Modell würden alle Steuern auf Zigaretten Berücksichtigung finden und die Länder mit hohen Steuersätzen würden somit in die Lage versetzt werden, die Rechtsvorschriften der EU erfüllen zu können, ohne dass sie entweder ihre Verbrauchsteuersätze weiter anheben oder eine Ausnahmeregelung beantragen müssten.

Dieses Modell schlägt die Festlegung der gesamten Belastung auf 57% + dem EU-Mehrwertsteuermindestsatz vor. Angesichts der Tatsache, dass der normale Mehrwertsteuermindestsatz in der EU derzeit einem nominalen Satz von 15% entspricht, was seinerseits einem effektiven Steuersatz von 13,04% gleichkommt, würde die Gesamtbelastung mindestens bei 57% + 13,04% = 70,04% liegen. Bei Anwendung dieser Methode würde Schweden in die Lage versetzt werden, die neue Vorschrift über den Mindestsatz zu erfüllen, da der gesamte Mindestsatz aller Verbrauchsabgaben in Höhe von derzeit 50,3% durch die Berücksichtigung des effektiven Mehrwertsteuersatzes von 20% auf 70,3% angehoben werden würde.

20 Die in Abb. 14 wiedergegebenen Preisangaben beruhen auf Schätzungen auf der Basis des aktuellen

Kleinverkaufsgrundpreises von Zigaretten der gängigsten Preisklasse und der Erhebung einer spezifischen Steuer von 38,3 € sowie einer proportionalen Steuer (Ad-Valorem-Verbrauchsabgabe + MwSt.) von 54%.

PT ES EL IT LU AT NL BE FR DE FI DK SE IE UK

0

50

100

150

200

250

300

350

400

derzeit 87,29 88,64 95,77 103,29 104,12 127,18 137,04 140,80 147,88 148,00 189,21 201,21 208,16 238,71 361,38

geschätzt 119,82 138,80 139,99 140,13 156,35 155,98 163,79 161,75 162,05 183,44 181,86 163,43 216,91 192,21 244,33

PT ES EL IT LU AT NL BE FR DE FI DK SE IE UK

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TABAKSTEUER

23 PE 305.060/rev.1

Abb. 15: Gesamtbesteuerung von Zigaretten als prozentualer Anteil am KESS

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion (2001).

Abb. 16: Gesamtbesteuerung in den MOEL als prozentualer Anteil am KESS

Quelle: International Tobacco Growers Association (ITGA), 2000.

Außerdem geht man davon aus, dass dieses System die Länder mit Kandidatenstatus begünstigt, indem es ihnen eine sanfte Integration ermöglicht. In der Tat haben diese Länder eine niedrige Verbrauchsteuerbelastung, während jedoch der Mehrwertsteuersatz dieser Staaten ohne Ausnahme über dem EU-Mindestsatz liegt (Abb. 16). Aus diesem Grund dürfte es ihnen leichter fallen, die 70,04%-Vorschrift als die derzeitige 57%-Regel zu erfüllen.

Die Notwendigkeit, Preisunterschiede zu reduzieren und eine größere Konvergenz der Verbrauchsteuern zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne eines besseren Funktionieren des Binnenmarktes zu garantieren, findet jedoch in diesem Vorschlag keine Berücksichtigung.

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

MwSt.-Satz 16,0% 18,0% 20,0% 15,3% 18,7% 16,0% 18,0%

Verbrauchsteuer 31,3% 39,2% 39,5% 42,1% 43,1% 45,0% 47,1%

Slovenia Poland Hungary Estonia Slovakia Romania Czech

0,00%

10,00%

20,00%

30,00%

40,00%

50,00%

60,00%

70,00%

80,00%

90,00%

MwSt.-Satz 10,71 13,79 13,79 14,53 14,89 15,25 15,97 16,67 16,67 17,08 17,36 18,03 20,00 20,00

Verbrauchsteuer 57,01 55,07 57,39 66,20 64,61 57,50 57,00 62,34 58,00 58,42 57,00 58,00 61,67 50,47

LU DE ES PT UK EL NL IE IT FR BE FI DK SE

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TABAKSTEUER

24 PE 305.060/rev.1

Abb. 17: Geschätzte Preisschwankungen bei der Methode dergeringsten Steuerbelastung

Quelle: Aktuelle Preise: Europäische Kommission (2001); Geschätzte Preise: eigene Berechnung21..

Abbildung 17 gibt die geschätzten Preisveränderungen wieder, wie sie von den neuen Rechtsvorschriften hervorgerufen würden. Es ist festzustellen, dass die wichtigste Auswirkung in einer allgemeinen Abnahme der effektiven Tabakbesteuerung bestehen würde, die ihrerseits zu einem KESS führen würde, der in Portugal 52,06 € entsprechen und somit 40% unter dem aktuellen Niveau liegen würde. Im Vereinigten Königreich würde er 229,38 € betragen und um 37% abnehmen. Außerdem würde sich die Kluft zwischen diesen beiden Mitgliedstaaten um fast 2% erweitern, da die neuen Prozentsätze immer noch auf sehr unterschiedliche Preisniveaus angewendet werden müssen.

Diese signifikante Preisreduzierung würde selbstverständlich einen Anstieg des Zigarettenkonsums nach sich ziehen, was eine Zunahme der vom Tabakkonsum hervorgerufenen Gesundheitsschäden bedingen würde. Gleichzeitig würden die immer noch beträchtlichen Preisunterschiede innerhalb der Mitgliedstaaten das Potential für Schmuggel und Betrug verstärken.

21 Die Preise in Abb. 17 beruhen auf Schätzungen auf der Grundlage des aktuellen Kleinverkaufsgrundpreises von

Zigaretten der gängigsten Preisklasse und der Belastung mit einer globalen Steuer (Verbrauchs- und Mehrwertsteuer), die 67,7% des KESS entspricht.

PT IT EL ES AT DK BE FR LU NL FI DE IE SE UK

0

50

100

150

200

250

300

350

400

geschätzt 52,06 81,00 80,79 79,09 103,56 114,17 111,79 112,20 104,08 114,69 140,42 142,67 155,16 190,33 229,38

derzeit 87,29 103,29 95,77 88,64 127,18 201,21 140,8 147,88 104,12 137,04 189,21 148 238,71 208,16 361,38

PT IT EL ES AT DK BE FR LU NL FI DE IE SE UK

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TABAKSTEUER

25 PE 305.060/rev.1

4. VERBRAUCHSABGABEN AUF ANDERE TABAKERZEUGNISSE

4.1. Aktuelle Regelungen

Der Weltmarkt für Zigarren, Rauchtabak und Tabakprodukte, die nicht für das Rauchen bestimmt sind, bleibt im Vergleich zu Zigaretten ein kleiner Markt. Aufgrund der niedrigen Verbrauchszahlen und der arbeitsintensiven Eigenschaften von Zigarren und Zigarillos ist das Besteuerungsniveau dieser Produkte immer noch vergleichsweise gering.

Die Mitgliedstaaten der Europäische Gemeinschaft müssen auf Tabakerzeugnisse, die keine Zigaretten sind, eine Verbrauchsabgabe erheben, die folgendermaßen aussehen kann:

• entweder eine Ad-Valorem-Steuer, die auf der Grundlage des höchsten Kleinverkaufspreises pro Produkt ermittelt wird

• oder eine spezifische Abgabe in Form eines bestimmten Betrages pro Kilogramm bzw. pro festgesetzter Stückzahl, wie es bei Zigarren und Zigarillos der Fall ist,

• oder eine Kombination beider Mechanismen, die einen Ad-Valorem-Anteil mit einem spezifischen Anteil verbindet22.

Der anzuwendende Steuersatz bzw. der anzuwendende Mindestbetrag wird für jede Kategorie von Tabakerzeugnissen einzeln festgelegt.

4.2. Zigarren und Zigarillos

Was Zigarren und Zigarillos betrifft, so sollte ab dem 1. Januar 2001 die gesamte Verbrauchsabgabe, die von den einzelnen Mitgliedstaaten erhoben wird, mindestens 5% des KESS entsprechen oder mindestens 10 € pro 1000 Stück bzw. Kilogramm betragen.

Abb. 18: Spezifische Verbrauchsabgaben auf Zigarren und Zigarillos (in € je 1000)

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion, 2001.

Unter der Voraussetzung, dass sie die für die Verbrauchsteuern vorgeschriebenen Mindestsätze oder –beträge erfüllen, können die Mitgliedstaaten das Verhältnis zwischen dem spezifischen und dem Ad-Valorem-Steueranteil frei bestimmen. So können nationale Belange bei der Festsetzung der Steuersätze berücksichtigt werden. Wie Abbildung 18 zeigt, gibt es in nur drei Ländern mit hohen Preisen, nämlich im Vereinigten Königreich, in Irland und Schweden, eine

22 Artikel 2 der Richtlinie 99/81/EG in Abänderung von Artikel 3 der Richtlinie 92/80/EWG abgeändert wird

13,29

65,67

26,56

158,51

224,82

0255075100125150175200225

AT BE DE DK EL ES FI FR IE IT LU NL PT SE UK

Page 26: BESTEUERUNG VON TABAKWAREN - europarl.europa.eu · Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak 2000 (Zahlen aus 1995) Abb. 3 zeigt, dass der Konsum nachzulassen beginnt, wenn die Steuern

TABAKSTEUER

26 PE 305.060/rev.1

rein spezifische Verbrauchsabgabe auf Zigarren. Deutschland und Dänemark haben sich für eine Mischlösung entschieden, während alle anderen Länder eine Ad-Valorem-Verbrauchsteuer erheben, siehe hierzu Abbildung 19. Unter den letzteren veranschlagen Belgien, Luxemburg und die Niederlande nur den Mindestsatz von 5%.

Abb. 19: Ad-Valorem-Verbrauchsteuer auf Zigarren und Zigarillos als prozentualer Anteil am KESS

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion, 2001.

Die Kommission schlägt vor, dass der in Euro angegebene Mindestbetrag für den spezifischen Steueranteil an die Inflationsrate vom 1. Januar 2003 angepasst und auf 11 € festgelegt wird. Für den Ad-Valorem-Anteil wurden keine Änderungen vorgeschlagen. In der Tat sind bei diesen Erzeugnissen aufgrund der relativ arbeitsintensiven Herstellungsprozesse vergleichsweise niedrige Besteuerungsniveaus vertretbar.

Bei Zigarren und Zigarillos liegt das primäre Ziel der Kommission eher in der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den verschiedenen Tabakwarenkategorien als in der Förderung des Prozesses der Steuerharmonisierung.

Da der Zigarrenkonsum in der Tat weniger als 1 % des gesamten Tabakverbrauchs in der EU ausmacht, erweitert die Zigarrenindustrie ständig ihre Produktpalette, um auf diese Art einen möglichst großen Kundenkreis anzusprechen. So stellte sich beispielsweise vor kurzem die Einführung von zigarettenähnlichen Zigarren und von aromatisierten Zigarren als effektive Maßnahme zur Förderung der Verkaufszahlen heraus, wenn Zigarren auch niemals als vollständiger Ersatz für Zigaretten angesehen werden.

Diese Innovationen auf dem Zigarrenmarkt weisen jedoch auch ein gewisses Potenzial für Betrug und unlauteren Wettbewerb auf. So wurden die Mitgliedstaaten erst vor kurzem aufgrund der derzeit gültigen Definition von Zigarren und Zigarillos dazu verpflichtet, auf zigarettenähnliche Produkte die Verbrauchsteuersätze von Zigarren (5%) anstelle der für Zigaretten geltenden Sätze (57%) anzuwenden. Abgesehen von der Farbe verfügt das betreffende Produkt über die gleiche Funktion, den gleichen Geschmack, den gleichen Filter und die gleiche Aufmachung wie eine Zigarette oder ein Zigarettenersatz.

5,00%

1,00%

10,00%

26,00%

22,00%

28,86%

26,21%

13,00%

12,50%

23,00%

5,00% 5,00%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

AT BE DE DK EL ES FI FR IE IT LU NL PT SE UK

Page 27: BESTEUERUNG VON TABAKWAREN - europarl.europa.eu · Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak 2000 (Zahlen aus 1995) Abb. 3 zeigt, dass der Konsum nachzulassen beginnt, wenn die Steuern

TABAKSTEUER

27 PE 305.060/rev.1

Die Umhüllung ist mit Feinschnitttabak anstatt entripptem Mischtabak gefüllt und der Herstellungsprozess gleicht dem von Zigaretten. Das Produkt ist hauptsächlich bei jungen Kunden recht beliebt, was offensichtlich auf den niedrigeren Steuersatz zurückzuführen ist, und konkurriert nun mit Zigaretten.

In den Rechtsvorschriften der EU werden Zigarren und Zigarillos folgendermaßen definiert:

1. Tabakrollen, die ganz aus natürlichem Tabak bestehen;

2. Tabakrollen, die ein äußeres Deckblatt aus natürlichem Tabak haben;

3. Tabakrollen mit einem äußeren Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe und mit einem Umblatt, beide aus rekonstituiertem Tabak, wenn mindestens 60 Gewichtshundertteile der Tabakteile eine Breite und eine Länge von mehr als 1,75 mm haben und das Deckblatt spiralförmig mit einem spitzen Winkel von mindestens 30° zur Längsachse der Zigarre aufgelegt ist;

4. Tabakrollen mit einem äußeren Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe aus rekonstituiertem Tabak, wenn ihr Stückgewicht ohne Filter und ohne Mundstück mindestens 2,3 g beträgt und wenn mindestens 60 Gewichtshundertteile der Tabakteile eine Breite und eine Länge von mehr als 1,75 mm haben und ihr Umfang auf mindestens einem Drittel ihrer Länge 34 mm oder mehr beträgt.

Um zu gewährleisten, dass der niedrigere Mindestsatz für Zigarren auf die Produkte beschränkt bleibt, für die er ursprünglich vorgesehen war, schlägt die Kommission vor, die Definition von Zigarren und Zigarillos unter Punkt 3 und 4 folgendermaßen zu ändern:

(3) Tabakrollen, die mit entripptem Mischtabak gefüllt sind und ein äußeres Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe sowie ein Umblatt, beide aus rekonstituiertem Tabak, aufweisen, wobei das äußere Deckblatt das Erzeugnis vollständig umhüllt – gegebenenfalls auch den Filter, nicht aber das Mundstück bei Zigarren mit Mundstück – und deren Stückgewicht ohne Filter und Mundstück mindestens 1,2 g beträgt und deren äußeres Deckblatt spiralförmig in einem spitzen Winkel von mindestens 30° zur Längsachse der Zigarre aufgelegt ist.

(4) Tabakrollen, die mit entripptem Mischtabak gefüllt sind und deren äußeres Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe ist, aus rekonstituiertem Tabak besteht und das Produkt vollständig umhüllt – gegebenenfalls auch den Filter, nicht aber das Mundstück bei Zigarren mit Mundstück – und deren Stückgewicht ohne Filter und Mundstück 2,3 g oder mehr und ihr Umfang auf mindestens einem Drittel ihrer Länge mindestens 34 mm beträgt.

4.3. Feinschnitttabak für das Drehen von Zigaretten

Der Marktanteil von Feinschnitttabak am gesamten Tabakmarkt beträgt in der EU nur ungefähr 10%, wobei sich der Absatz auf die Benelux-Staaten, Deutschland und Frankreich konzentriert. In den Benelux-Ländern dreht fast die Hälfte der Raucher ihre Zigaretten selbst. Andere wichtige Märkte für Feinschnitttabak sind die skandinavischen Länder, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich. In Südeuropa sind die Verkaufszahlen von Feinschnitttabak nahezu zu vernachlässigen, siehe hierzu Abbildung 20.

Ab 1. Januar 2001 muss der gesamte Verbrauchsteuermindestsatz in jedem Mitgliedstaat entweder 25 € pro Kilogramm oder 30% des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern betragen.

Page 28: BESTEUERUNG VON TABAKWAREN - europarl.europa.eu · Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak 2000 (Zahlen aus 1995) Abb. 3 zeigt, dass der Konsum nachzulassen beginnt, wenn die Steuern

TABAKSTEUER

28 PE 305.060/rev.1

Abb. 20: Feinschnitttabak als prozentualer Anteil am Gesamtabsatz von Tabak im Jahr 1999

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

NL LU BE FI DK SE DE FR UK AT EL PT IE ES IT Quelle: Verband der D eutschen Rauchtabakindustrie

Wie Abbildung 21 zeigt, wird in Dänemark, Irland, Schweden und im Vereinigten Königreich nur eine spezifische Verbrauchsteuer veranlagt, die weit über dem Mindestsatz liegt. Mit der Ausnahme von Deutschland, den Niederlanden und Finnland, wo eine Mischbesteuerung Anwendung findet, werden in allen anderen Ländern Ad-Valorem-Verbrauchsteuern erhoben, siehe Abb. 21.

Abb. 21: Spezifische Verbrauchsteuern auf Feinschnitttabak in Euro pro Kilo

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion (2001).

Im Fall von Feinschnitttabak zum Drehen von Zigaretten, in der englischen Umgangssprache "RYO" für "Roll Your Own" genannt, waren die wettbewerbsschädigenden Auswirkungen der momentan gültigen Bestimmungen über die Verbrauchsteuermindestinzidenz dieser Kategorie auf den gesamten Tabakwarenmarkt das vorrangigste Anliegen der Kommission.

60,70

3,62

133,77

21,26

73,88

161,59

15,45

0

25

50

75

100

125

150

AT BE DE DK EL ES FI FR IE IT LU NL PT SE UK

Page 29: BESTEUERUNG VON TABAKWAREN - europarl.europa.eu · Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak 2000 (Zahlen aus 1995) Abb. 3 zeigt, dass der Konsum nachzulassen beginnt, wenn die Steuern

TABAKSTEUER

29 PE 305.060/rev.1

Abb. 22: Ad-Valorem-Verbrauchsteuer auf Feinschnitttabak als prozentualer Anteil am

KESS

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion (2001).

Allem Anschein nach profitiert vor allem der Absatz von RYO-Tabak von den Steuer- und Preisanstiegen im Tabakwarensegment. In der Tat ist der Verkaufspreis von Feinschnitttabak vergleichsweise gering und verfügt deshalb über eine im Allgemeinen nicht signifikante Steuerinzidenz. Der Kern der Konsumenten von RYO-Tabak zählt zu den niedrigen Einkommensgruppen, deren Kaufmotivation in der Regel von einem guten Preis-Leistungsverhältnis beeinflusst wird. Jede Vergrößerung des Preisunterschiedes zwischen Zigaretten und RYO-Tabak kann bis zu einem gewissem Maße rückläufige Absatzzahlen nach sich zu ziehen. Dementsprechend zeigen RYO-Konsumenten, die preis-orientierte Kaufentscheidungen treffen, die Bereitschaft, wieder Zigaretten zu kaufen, wenn die Zigarettenpreise fallen oder die Einkommen steigen.

Außerdem wurde in den letzten Jahre der Konsum von Feinschnitttabak mehr und mehr eine Frage des Lifestyle, was zur Folge hat, dass eine steigende Zahl von Konsumenten der mittleren und oberen Einkommensklassen entsprechende Produkte erwirbt.

Aus diesem Grund gibt es wegen der Verzerrungen auf dem europäischen Binnenmarkt sowie der Gesundheitsschäden, die durch den Genuss von Zigaretten und Feinschnitttabak gleichermaßen verursacht werden, ungeachtet der unterschiedlichen Merkmale von Zigaretten und Feinschnitttabak kaum eine Rechtfertigung für so große Unterschiede bei den Steuersätzen dieser beiden Kategorien.

Dementsprechend spricht sich die Kommission dafür aus, dass der Mindestsatz für Tabak für selbstgedrehte Zigaretten an die 57%-Regel angeglichen wird, die auch für Zigaretten Gültigkeit besitzt. Im Detail würde die Mindestinzidenz für Tabak für selbstgedrehte Zigaretten wegen der Unterschiede zwischen diesen beiden Produkten von 30% auf 39% steigen und damit 2/3 der Verbrauchsteuermindestinzidenz von Zigaretten betragen. Die in Euro angegebenen Mindestbeträge für diese Kategorie würden stattdessen mit der Inflation angepasst und die spezifische Verbrauchsteuer auf 34 € angehoben werden. Diese Anpassung würde schrittweise in einem Dreijahreszeitraum erfolgen, dessen einzelne Abschnitte in Tabelle 4 dargestellt werden.

54,00%

18,12%

14,66%

31,50%

51,00%

37,50%

59,00%

37,55%

47,00%

30,00%

50,00%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

AT BE DE DK EL ES FI FR IE IT LU NL PT SE UK

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TABAKSTEUER

30 PE 305.060/rev.1

Diese schrittweise Angleichung lässt den Mitgliedstaaten, die diese Vorschriften noch nicht erfüllen und deren Steuersätze sich auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen, genügend Zeit zur Anpassung der Steuerniveaus. Um diese Vorschrift zu erfüllen, werden insbesondere Portugal und Luxemburg in den nächsten drei Jahre ihre Verbrauchsteuersätze ändern müssen.

Tabelle 4: Änderungsvorschläge für die Verbrauchsabgaben auf Feinschnitttabak

� 01.01.2002: Mindestsatz in Höhe von 33% des KESS oder 28 € pro Kilogramm;

� 01.01.2003: Mindestsatz in Höhe von 36% des KESS oder 31 € pro Kilogramm;

� 01.01.2004: Mindestsatz in Höhe von 39% des KESS oder 34 € pro Kilogramm.

Quelle: KOM (2001) 133.

4.4. Andere Tabakwaren

Bei den anderen Tabakwaren beläuft sich der gesamte Mindestsatz der Verbrauchsteuern gegenwärtig auf 20% des KESS bzw. auf 19 € pro Kilogramm. Wegen des geringen Marktanteils dieser Produkte – hauptsächlich Kau- und Schnupftabak, wobei Schnupftabak den größeren Anteil einnimmt23 – schlägt die Kommission lediglich vor, den Mindestbetrag der spezifischen Verbrauchsteuer an die Inflationsrate anzupassen. Deshalb würde dieser zum 1. Januar 2003 auf 20 € festgelegt, während der Satz für die Ad-Valorem-Steuer unverändert beibehalten würde.

23 Richtlinie 92/41/EWG untersagt in Abänderung von 89/622/EWG die Vermarktung bestimmter Tabaktypen für

den oralen Konsum wegen ihrer krebserzeugenden Eigenschaften.

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TABAKSTEUER

31 PE 305.060/rev.1

ANHANG I: TABAKINDUSTRIE

In von der Industrie in Auftrag gegebenen Untersuchungen wird die wirtschaftliche Bedeutung von Tabak normalerweise an der Zahl der durch die Tabakindustrie geschaffenen Arbeitsplätze gemessen. So beliefen sich z.B. entsprechende Schätzungen in einem Überprüfungsbericht des amerikanischen Bundesrechnungshofes auf 1,8 Millionen vom Tabak abhängige Arbeitsplätze. Diese wurden in die folgenden Kategorien unterteilt:

• direkte Beschäftigung,

• indirekte Beschäftigung und

• Beschäftigungsverhältnisse, die aufgrund der Kaufkraft der Arbeiter und Angestellten in der Tabakindustrie geschaffen werden.

Abb. 23: Anzahl der Beschäftigten in der Tabakindustrie der EU

Quelle: Weltbank, Länderprofile Tabak (2000).

Selbst wenn die Tabakindustrie für viele Menschen Arbeitsplätze schafft, vermitteln doch derartige Zahlen leicht ein irreführendes Bild der wahrscheinlichen wirtschaftlichen Auswirkungen einer veränderten Nachfrage nach Tabakprodukten. Einige Wirtschaftswissenschaftler24 wiesen zurecht darauf hin, dass "Geld, das für Tabakwaren ausgegeben worden wäre, nicht vom Markt verschwinden wird". Die Verlagerung der Ausgaben von Tabak auf andere Produkte und Dienstleistungen könnte zu einem deckungsgleichen Zuwachs der Nachfrage nach diesen Produkten führen.

In der Europäischen Union haben die tabakabhängigen Arbeitsverhältnisse nur einen geringen Anteil am gesamten Arbeitsmarkt inne, vgl. hierzu Abb. 2225. So liegen die Beschäftigungsraten in der Tabakindustrie in Deutschland, Italien, Griechenland und Spanien bei jeweils 0,10%, 0,07%, 0,22% und 0,06%26.

24 Johnson P. R., (1984) The Economics of the Tobacco Industry. Irvine I. J. and Sims W. A. (1997) Tobacco

Control Legislation and Resource Allocation Effects. 25 Beschäftigungszahlen für die Tabakindustrie Luxemburgs standen nicht zur Verfügung. 26 Eigene Berechnung aufgrund der Daten der Weltbank für die Länderprofile für Tabak sowie der Country

Reports on Economic Policy and Traded Practices vom Bureau of Economic and Business Affairs des US-amerikanischen Außenministeriums aus dem Jahr 1999.

687 919 1195 1287 1339 15904500 4900 5135

8000 9293

15845

41000

10005

0

15000

30000

45000

SE FI AT PT IE DK FR BE NL UK ES EL IT DE

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TABAKSTEUER

32 PE 305.060/rev.1

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TABAKSTEUER

33 PE 305.060/rev.1

ANHANG II: NICHT-PREISABHÄNGIGE KONTROLLMAßNAHMEN

Die gesetzgeberischen Maßnahmen zur Tabakbesteuerung sind offensichtlich nur ein Teil der weitergefassten Strategie der Europäischen Union zur Tabakkontrolle.

Im Segment Rohtabak wurde im Rahmen der Gesetzgebung der Gemeinschaft27 ein Gemeinschaftlicher Tabakfonds zur Unterstützung von Forschungsprogrammen und Informationskampagnen in folgenden Bereichen ins Leben gerufen:

• "bessere Unterrichtung der Öffentlichkeit über die schädlichen Auswirkungen des Tabakkonsums in jeder Form (...)",

• "Ausrichtung der Tabakerzeugung auf Sorten und Anbaumethoden, die sich weniger schädlich auf die menschliche Gesundheit auswirken, besser an die Marktbedingungen angepasst sind und einen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten, insbesondere (...) durch Studien zur Umstellung der Rohtabakerzeuger auf andere Anbauprodukte oder andere Tätigkeiten" (Verordnung der Kommission (EG) Nr. 1648/2000).

Der Fonds finanziert sich durch verringerte Prämienzahlungen an die Hersteller und geringere Rückzahlungen der Mitgliedstaaten an die gewerblichen Verbraucher.

Angaben des EAGFL, Abteilung Garantie28, zufolge beträgt der Prämienbetrag für Tabak im Jahr 2001 jedoch 987.000.000 €, während sich der Fonds der Gemeinschaft für Forschung und Information nur auf 15.000.000 € beläuft. In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament vom 15. Mai 2001 kündigte Kommissionspräsident Romano Prodi an, dass die Neustrukturierung der Landwirtschaftspolitik der Gemeinschaft auch das "Auslaufen der Subventionen für Tabakproduzenten beinhaltet"29.

Das Parlament und der Rat haben vor kurzem eine Verständigung über die Richtlinie30 über die Herstellung, Präsentation und den Verkauf von Tabakwaren erzielt (Aktenzeichen des EP-Verfahrens: COD/1999/0244). In der Richtlinie werden Obergrenzen für Teer, Kohlenmonoxid und Nikotin festgelegt. Im Folgenden werden die wichtigsten Bestimmungen für Tabakwaren wiedergegeben:

• Auf allen Tabakwarenverpackungen müssen die Sätze "Passivrauchen schadet Ihrer Gesundheit und der Gesundheit der Menschen in Ihrer Umgebung" und "Rauchen tötet" als allgemeiner Warnhinweis wiedergegeben werden.

• Bezeichnungen wie "mit niedrigem Teergehalt", "ultra leicht" und "mild" werden verboten.

• Verbot von Inhaltsstoffen, die die suchterzeugenden Eigenschaften von Tabak verstärken.

Außerdem unterrichtete die Kommission den Rat von ihrer Absicht, in der ersten Hälfte des Jahres 2001 einen neuen Vorschlag für eine Richtlinie über die Tabakwerbung als Ersatz für die Richtlinie 98/43/EG vorzulegen. Letztere wurde vom Europäischen Gerichtshof im Oktober

27 Ratsverordnung (EWG) Nr. 2075/92 vom 30. Juni 1992 über die gemeinschaftliche Organisation des Marktes

für Rohtabak, abgeändert durch 394R3290, 395R0711, 398R1636, 398R2848, 399R0660 und 300R1336. 28 Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für Landwirtschaft, Abteilung Garantie 29 Debatte über den Kommissionsvorschlag für den Europäischen Rat in Göteborg A Sustainable Europe for a

Better World: A European Strategy for Sustainable Development (Nachhaltigkeit in Europa für eine Bessere Welt: Eine Europäische Strategie für Nachhaltige Entwicklung).

30 Neufassung der Richtlinien 89/622/EWG, 92/41/EWG und 90/239/EWG, im Stadium der dritten Lesung Rat/EP

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TABAKSTEUER

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200031 mit der Begründung außer Kraft gesetzt, dass der Gesetzgeber aufgrund der Bestimmungen über den Binnenmarkt, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr nicht befugt gewesen sei, diese Richtlinie zu verabschieden.

Schließlich wird die Europäische Gemeinschaft32 in den Verhandlungen, die von der Weltgesundheitsorganisation über das Rahmenabkommen für die Tabakkontrolle durchgeführt werden, von der Kommission vertreten. Die zweite Sitzungsperiode dieser Verhandlungen fand vom 30. April bis 5. Mai 2001 in Genf, Schweiz, statt und der Entwurf des Rahmenabkommens befasst sich in seinen Kernpunkten mit den allgemeinen Leitlinien, Zielsetzungen und Auflagen. Ein wesentlicher Teil der Auflagen betrifft die Besteuerung von Tabak.

31 Fall C-376/98, Deutschland gegen das Parlament und den Rat, Urteil des Gerichtshofes der Europäischen

Gemeinschaften vom 5. Oktober 2000 32 Artikel 152 (Ex-Artikel 129) EG besagt: Bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken

und –maßnahmen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt […] 3. Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für das Gesundheitswesen zuständigen internationalen Organisationen.

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TABAKSTEUER

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Briefings aus der Reihe Wirtschaftsfragen

Papierversionen der folgenden Veröffentlichungen können angefordert werden bei: G.B. Patterson, Abteilung Wirtschaft, Währung und Haushalt, Europäisches Parlament, L-2929 Luxemburg. Tel.: (00352) 4300 24114

Nummer Datum Titel Sprachen

ECON 516 Juni 2001 The Finnish Economy EN, FI, FR ECON 515 April 2001 Die deutsche Wirtschaft DE, EN, FR ECON 514 April 2001 Der Euro und die Blinden EN, FR, DE ECON 513 Mai 2001 Tabaksteuer EN, FR, DE ECON 512 Mai 2001 Der Euro: Fälschung und Betrug EN, FR, DE ECON 511 Mai 2001 The Consequences of EMU for The EEA/EFTA countries EN, FR ECON 510 April 2001 Margine di Solvibilità IT, EN ECON 509 März 2001 Stabilitäts- und Konvergenzprogramme: aktuelle Zahlen für

2000/2001 EN, FR, DE

ECON 508 Nov. 2000 The Swedish Economy EN ECON 507 Juli 2000 The Economy of the Netherlands EN ECON 505 Mai 2000 The Portuguese Economy EN ECON 504 Juli 2000 The French Economy EN, FR ECON 503 Mai 2000 The Spanish Economy EN, ES ECON 502 Juni 2000 The "Third Way” EN, FR ECON 501 April 2000 The Danish Economy EN Econ 30 März 2000 The Italian Economy EN, FR, IT Econ 27 Feb. 2000 The Greek Economy EN, FR, GR

Aktuelle Arbeitsdokumente aus der Reihe Wirtschaftfragen

Die folgenden Veröffentlichungen sind im Intranet unter der Adresse http://www.dg4.ep.ec und im Internet unter http://www.europarl.eu.int abrufbar. Wenn Sie eine Druckversion bestellen möchten, wenden Sie sich bitte an: http://[email protected] oder senden Sie ein Fax: (352) 4300-27722

Nummer Datum Titel Sprachen

ECON 126 Jan. 2001 Die wirtschaftliche Situation der Europäischen Union und Ausblick für 2001/2

EN,FR,DE

ECON 125 Jan. 2001 Steuerkoordinierung in der Europäischen Union EN,FR,DE ECON 123 Aug. 2000 Verbesserungen des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs im Euro-

Währungsgebiet EN,FR,DE

ECON 122 April 2000 Strategien für die EU-Wirtschaft EN,FR,DE ECON 121 Nov. 1999 Verbraucherschutzaspekte der UCIT/OGAW Änderungsrichtlinien vom

17.7.1998 EN,FR,DE

ECON 120 Aug. 2000 Wechselkurs und Geldpolitik EN,FR,DE ECON 118 März 2000 Arbeitsweise und Beaufsichtigung der internationalen

Finanzinstitutionen EN,FR,DE

ECON 117 Jan. 2000 Die WWU und die Erweiterung: Überblick über die politischen Aspekte EN,FR,DE ECON 116 Dez.1999 Die Bestimmung der Zinssätze EN,FR,DE ECON 115 Okt. 1999 Optionen für die Wechselkurspolitik der EZB EN,FR,DE ECON 114 Sept. 1999 Der Euro als "Parallel-Währung" 1999-2002 EN,FR,DE ECON 113 Mai 1999 Öffentliche und private Investitionen in der Europäischen Union EN,FR,DE ECON 112 Mai 1999 Die Geldpolitik der EZB gemäss Artikel 105 des Unionsvertrags EN,FR,DE ECON 111 April 1999 Arbeitskosten und Lohnpolitik in der EWU EN,FR,DE ECON 110 rev 1 April 1999 Monetäre Transmission im Euro-Währungsgebiet EN,FR,DE ECON 109 April 1999 Prognose der Entwicklung von Haushaltsdefiziten EN,FR,DE ECON 107 März 1999 Die Durchführbarkeit einer internationalen "Tobin-Steuer" EN,FR,DE