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Betonpraxis Holcim (Schweiz) AG Der Weg zum dauerhaften Beton Strength. Performance. Passion.

Betonpraxis - ave-wbv.ch · Autorenteam der Holcim (Schweiz) AG die Gelegenheit genutzt und die «Betonpraxis» um weitere Kapitel er-gänzt. So finden sich in der vorliegenden Auflage

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Betonpraxis

Holcim (Schweiz) AG

Der Weg zum dauerhaften Beton

Strength. Performance. Passion.

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Inhaltsverzeichnis

Copyright by Holcim (Schweiz) AG | Verfasser: Marketing und Technischer Support | 5. Auflage 2008 | Verkaufspreis: CHF 50.–

1 Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung 2

1.1 Zemente 2

1.2 Anmachwasser 11

1.3 Gesteinskörnung 13

1.4 Zusatzmittel 21

1.5 Zusatzstoffe 26

2 Vom Frischbeton zum Festbeton 32

2.1 Zusammensetzung des Betons 32

2.2 Festlegung des Betons 36

2.3 Verarbeitbarkeit und Konsistenz 44

2.4 Herstellung und Transport 46

2.5 Einbringen und Verdichten 49

2.6 Pumpbeton 51

2.7 Spritzbeton 53

2.8 Selbstverdichtender Beton 56

2.9 Leichtbeton 60

2.10 Hochfester Beton 63

2.11 Recyclingbeton 66

2.12 Sichtbeton 69

2.13 Einfluss der Schalungen 72

2.14 Nachbehandlung 75

2.15 Betonieren bei warmer Witterung 78

2.16 Betonieren bei kalter Witterung 82

3 Ursachen und Verhütung von Betonschäden 84

3.1 Entmischungserscheinungen 84

3.2 Rissbildung 85

3.3 Karbonatisierung und Bewehrungskorrosion 92

3.4 Ausblühungen 94

3.5 Angriff durch Frost und Taumittel 96

3.6 Angriff durch Sulfate (treibender Angriff) 99

3.7 Angriff durch chemische Stoffe (lösender Angriff) 100

3.8 Alkali-Kieselsäure-Reaktion 102

3.9 Feuerbeständigkeit 105

Literaturhinweise, Normen, Richtlinien und Empfehlungen 106

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Betonpraxis 1

Vorwort

Vor fünf Jahren erschien die 4. Auflage der «Betonpraxis»,

die sowohl in der Praxis als auch in der Aus- und Weiter-

bildung als ein Standardwerk genutzt wird. Die vorlie-

gende 5. Neuauflage wurde in Bezug auf die neuesten

Forschungsergebnisse im Betonbau grundlegend überar-

beitet und an Entwicklungen im schweizerischen Normen-

wesen angepasst. Wie in den letzten Jahren hat das

Autorenteam der Holcim (Schweiz) AG die Gelegenheit

genutzt und die «Betonpraxis» um weitere Kapitel er-

gänzt. So finden sich in der vorliegenden Auflage neu auch

Angaben zum Leichtbeton, zum Recyclingbeton sowie

zum hochfesten Beton. Damit hat sich der Umfang wie-

derum um einige Seiten erhöht.

Nichts geändert hat sich dagegen an der grundsätzlichen

Zielsetzung der «Betonpraxis». Die Holcim (Schweiz) AG

als Herausgeberin will mit der «Betonpraxis» weiterhin

fundierte Fachkenntnisse und baupraktische Erfahrungen

auf Baustellen in leicht verständlicher Form allen am

Betonbau interessierten Personen vermitteln. Selbstver-

ständlich weist die «Betonpraxis» auch auf die allgemei-

nen Regeln hin und ergänzt diese Hinweise um eine

Auflistung nützlicher Literatur sowie der einschlägigen

Normen, Richtlinien und Empfehlungen.

Die Abteilung Produktentwicklung und -management

der Holcim (Schweiz) AG hat einen erheblichen Aufwand

betrieben, um die «Betonpraxis» an die neuen Entwick-

lungen und Bedingungen im Betonbau anzupassen. Sollte

in einem besonderen Fall zusätzliche Hilfe erwünscht

sein, stehen Ihnen unsere Mitarbeitenden des Verkaufs

und der technischen Fachabteilungen für eine vertiefte

Beratung gerne zur Verfügung. Wir hoffen, mit der

5. Auflage der «Betonpraxis» einen Beitrag zu qualitativ

gutem Beton geschaffen zu haben.

Das Autorenteam

S. Bischof, B. Fleury, Dr. J.-G. Hammerschlag, Dr. P. Lunk,

S. Paulsen, E. Ritschard, B. Schneider, K. Wassmann

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beitbarkeit, Wärmeentwicklung, Dauerhaftigkeit usw., zu

verbessern.

1.1.1 Herstellung

Bei der Herstellung von Portlandzement wird das Roh-

gestein bezüglich Korngrösse und Zusammensetzung

aufbereitet, danach bis zum Sintern gebrannt und das

gebrannte Produkt anschliessend zu feinem, mischbarem

und reaktionsfähigem Zementpulver zerkleinert. Grund-

sätzlich können damit bei der Herstellung von Zement

vier Produktionsstufen unterschieden werden.

Abbau und Brechen des Rohgesteins

Für eine Tonne Portlandzement werden rund anderthalb

Tonnen Rohgestein in Form von Kalkstein und Mergel

oder Ton benötigt, da während des Brennens Kohlen-

dioxid und Wasser aus dem Rohgestein ausgetrieben

werden. Bereits im Steinbruch (Abb. 1.1.1) wird das

Rohgestein im Brecher auf Faustgrösse vorzerkleinert.

Mischen und Mahlen des Rohgesteins zu Rohmehl

Beim nächsten Verfahrensschritt werden die verschiede-

nen Rohmaterialkomponenten zusammengefügt, um die

richtige chemische Zusammensetzung zu erreichen. In

Walzenschüsselmühlen (Abb. 1.1.2) wird das Gestein

weiter zerkleinert und gleichzeitig getrocknet. Es verlässt

die Mühle als feines Rohmehl, das in grossen Homoge-

nisierungssilos bis zur weitgehenden Gleichmässigkeit

durchmischt wird.

Brennen des Rohmehls zu Klinker

Der Brennprozess bei rund 1450 °C ist ein zentraler Schritt

bei der Zementherstellung. Bevor das Rohmehl in den

Drehrohrofen (Abb. 1.1.3) eingeleitet wird, durchströmt

es den Wärmetauscherturm und wird dabei auf fast

1000 °C vorgewärmt. Als glühender Klinker verlässt das

Brenngut den Ofen und wird anschliessend rasch mit Luft

abgekühlt. Als Brennstoff werden Kohle, Öl, Erdgas und

vermehrt auch Alternativbrennstoffe wie z. B. Altreifen

oder Trockenklärschlamm eingesetzt (siehe auch Bafu-

Richtlinie «Entsorgung von Abfällen in Zementwerken»).

Betonpraxis2

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1 Zemente

Zement ist ein hydraulisches Bindemittel. Darunter ver-

steht man einen Stoff, der nach dem Anmachen mit

Wasser sowohl an der Luft als auch unter Wasser dauer-

haft erhärtet. Der sich dabei bildende Zementstein ist

wasserbeständig und weist eine hohe Festigkeit auf. Die

schweizerischen Zemente sind nach SN EN 196 (Prüf-

verfahren) und SN EN 197-1 (Zement: Zusammenset-

zung, Anforderungen und Konformitätskriterien) nor-

miert. Die Zementkonformitätsbewertung ist in SN EN

197-2 geregelt.

Seit der Einführung der europäischen Zementnorm in der

Schweiz werden vermehrt Portlandkomposit- und Hoch-

ofenzemente verwendet. Der verstärkte Einsatz weiterer

Hauptbestandteile wie Kalkstein, gebranntem Schiefer,

Steinkohlenflugasche oder Hüttensand bei der Zement-

herstellung bringt verschiedene Vorteile. Dem Zement-

werk hilft es einerseits seine Rohmaterialreserven zu

schonen, und anderseits vermindert die Reduktion des

Klinkeranteils die Kohlendioxidemissionen. Den Verbrau-

chern hilft die Entwicklung von CEM II- und CEM III-Ze-

menten bestimmte Betoneigenschaften, wie z. B. Verar-

Geschichtliches

Bereits im Altertum benutzten die Römer einen

hydraulisch erhärtenden Mörtel, indem sie tonigen

Kalk brannten und ihn häufig mit Puzzolanerde bzw.

Ziegelmehl versetzten. Zusammen mit geeigneten

Gesteinskörnungen entstand daraus «Opus Cae-

mentitium», der römische Beton, der als Vorläufer

unseres Betons gilt und dem Zement seinen Namen

gab. Der Engländer J. Aspdin führte um 1824 eine

Feinaufbereitung der Rohstoffe Kalkstein und Ton ein

und erzeugte durch Brennen ein dem Zement ver-

gleichbares Produkt. Wegen der Ähnlichkeit des dar-

aus hergestellten Betons zum Portlandstein (dauer-

hafter Kalkstein der Insel Portland), den man in

England häufig für Bauzwecke verwendete, wurde

dieses Produkt als Portlandzement bezeichnet.

1 Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

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Betonpraxis 3

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Mahlen des Klinkers mit Gipsstein und Zusatzstoffen

zu Zement

Damit aus dem Klinker ein reaktionsfähiges Produkt ent-

steht, wird er in einer Mahlanlage (Abb. 1.1.4) zusammen

mit 5% bis 7% Gipsstein gemahlen. Der Gipsstein dient

als Erstarrungsregler. Die Mahlfeinheit steuert die Festig-

keitsentwicklung des Zements massgeblich. Je nach

Zementart wird beim Mahlen Klinker durch mineralische

Zumahlstoffe (Kalkstein, gebrannter Schiefer, Silicastaub,

Hüttensand, Steinkohlenflugasche, siehe Kap. 1.5) ergänzt,

wobei sogenannte Portlandkomposit- und Hochofenze-

mente entstehen. Vorgemahlene Zemente und Zusatz-

stoffe können auch in Mischanlagen zu Zementen mit

speziellen Eigenschaften gemischt werden. In Intensiv-

mischern werden die Komponenten vollständig gemischt

und homogenisiert. Mischanlagen bieten den Vorteil der

Flexibilität: Kurzfristig können von Kleinst- bis Gross-

mengen Just-in-time-Lieferungen produziert und die

Zemente dabei auf die Kundenwünsche abgestimmt

werden (Abb. 1.1.5).

Abb. 1.1.1Schwere Abbaumaschinen im Steinbruch

Abb. 1.1.3Drehrohrofen, das Herzstück eines Zement-werks

Abb. 1.1.2Walzenschüsselmühle zum Feinmahlen des Rohgesteins

Abb. 1.1.4Kugelmühle zum Feinmahlen des Klinkersmit Gipsstein und Zusatzstoffen zu Zement

Abb. 1.1.5Mischanlage für Zemente nach Mass

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Betonpraxis4

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1.2 Prüfung von Zementqualität und Normkonformität

Ein dreigliedriges Qualitätsmanagementsystem garan-

tiert Qualität und Normkonformität der schweizerischen

Zemente:

• Eigenüberwachung (interne Überwachungsprüfung)

• funktionsfähiges und zertifiziertes Qualitätsmanage-

mentsystem

• Fremdüberwachung.

Eigenüberwachung der Zementproduktion

Bei allen Produktionsschritten der Zementherstellung,

vom Steinbruch bis zum Zementversand, werden Mate-

rialproben entnommen und analysiert. Eine lückenlose

Produktionsüberwachung sichert eine gleichmässig

hohe Zementqualität. Durch statistische Auswertung der

Prüfresultate von den Zementversandproben muss der

Nachweis der Normerfüllung nach SN EN 197-1 laufend

erbracht werden. Die SN EN 196 beschreibt die Prüfver-

fahren für Zement und die SN EN 197-2 die Konformitäts-

bewertung.

Qualitätsmanagementsystem

Alle schweizerischen Zementwerke haben ein Qualitäts-

managementsystem aufgebaut und sind nach ISO 9001

zertifiziert (Abb. 1.1.7). So wird sichergestellt, dass alle

Arbeitsabläufe optimiert, rückverfolgbar und nachvoll-

ziehbar sind.

Fremdüberwachung

Eine in SN EN 197-2 geregelte und von einer für die

Zementprüfung akkreditierten Prüfstelle durchgeführte

Fremdüberwachung ergänzt die Eigenüberwachung.

Zertifizierter Zement

Zemente, die die Konformitätsbewertung nach SN EN

197-2 erfüllen, erhalten von einer neutralen Zertifizie-

rungsstelle ein Konformitätszertifikat und müssen mit

dem EG-Konformitätszeichen gekennzeichnet werden

(Abb. 1.1.8).

Sicherheitshinweis

Um der im Volksmund «Maurerkrätze» genannten, aller-

gischen Chromatdermatitis vorzubeugen, werden alle

Zemente in der Schweiz gemäss Chemikalien-Risiko-

Reduktionsverordnung chromatarm hergestellt. Dabei

wird dem Zement ein Chromatreduktionsmittel zudo-

siert, sodass bei Frischmörtel und -beton das im Wasser

gelöste Chromat in eine nicht sensibilisierende Form

überführt wird. Diese vorbeugende Massnahme entbin-

det Zementverbraucher aber nicht davon, sich mit geeig-

neten Schutzhandschuhen und ergänzender Hautschutz-

pflege zu schützen.

1.1.3 Zementarten und Zusammensetzung

nach SN EN 197-1

Die Norm unterscheidet 27 Produkte der Familie der

Normalzemente, die in die 5 Hauptzementarten CEM I

bis CEM V gemäss Abb. 1.1.9 unterteilt werden.

Abb. 1.1.6Silofahrzeug für den Zementtransport

Zert

ifizie

rtes Managementsystem

ISO 9001:2000

Abb. 1.1.7ZertifizierungsmarkeSQS

Abb. 1.1.8EG-Konformitätszeichen

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Betonpraxis 5

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.1.9Zusammensetzungder Zemente ge-mäss SN EN 197-1

1) Die Werte (in M.-%) der Tabelle beziehen sich

auf die Summe der Haupt- und Neben-

bestandteile, d. h. ohne Calciumsulfat oder

Zementzusatzmittel.2) Der Anteil an Silicastaub ist auf 10 M.-%

begrenzt.

95–100 0–5CEM I Portlandzement CEM I

Normo

Protego

Albaro

80–94 6–20 0–5

CEM II

Portlandhütten-zement

CEM II/A-S Provato

65–79 21–35 0–5CEM II/B-S

90–94 6–10 0–5Portlandsilica-staubzement

CEM II/A-D Fortico

80–94 6–20 0–5Portland-puzzolan-zement

CEM II/A-P

65–79 21–35 0–5CEM II/B-P

80–94 6–20 0–5CEM II/A-Q

65–79 21–35 0–5CEM II/B-Q

80–94 6–20 0–5Portland-flugasche-zement

CEM II/A-V

65–79 21–35 0–5CEM II/B-V

80–94 6–20 0–5CEM II/A-W

65–79 21–35 0–5CEM II/B-W

80–94 6–20 0–5Portland-schieferzement

CEM II/A-T

65–79 21–35 0–5CEM II/B-T Riteno

80–94 6–20 0–5Portland-kalkstein-zement

CEM II/A-L

65–79 21–35 0–5CEM II/B-L

80–94 6–20 0–5CEM II/A-LL Fluvio

65–79 21–35 0–5CEM II/B-LL

80–94 6–20 0–5Portland-komposit-zement 3)

CEM II/A-M

65–79 21–35 0–5

65–79 21–35 0–5

CEM II/B-M

CEM II/B-M

Flextremo

Bisolvo

35–64 36–65 0–5

CEM IIIHochofen-zement

CEM III/A Modero 3A

20–34 66–80 0–5CEM III/B Modero 3B

5–19 81–95 0–5CEM III/C

65–89 11–35 0–5CEM IV

Puzzolan-zement 3)

CEM IV/A

45–64 36–55 0–5CEM IV/B

40–64 18–30 18–30 0–5CEM V

Komposit-zement 3)

CEM V/A

20–38 31–50 31–50CEM V/B

K S D 2) P Q V W T L LL

Port

lan

d-

zem

entk

linke

r

tten

san

d

Silic

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ub

Puzz

olan

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Puzz

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Flu

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Hol

cim

Zem

ents

orte

Hauptbestandteile 1)

3) In den Portlandkompositzementen CEM II/A-M und CEM II/B-M, in den

Puzzolanzementen CEM IV/A und CEM IV/B und in den Kompositzementen

CEM V/A und CEM V/B müssen die Hauptbestandteile neben dem Portland-

zementklinker des Zements angegeben werden.4) Stoffe, die als Nebenbestandteile dem Zement zugegeben werden, dürfen

nicht gleichzeitig im Zement als Hauptbestandteil vorhanden sein.

0–5

Hohe Sulfatbeständigkeit

Zemente mit hohem Sulfatwiderstand werden gemäss

nationalem Anhang der Norm mit dem Zusatz «HS»

(high sulfate resistance) nach der Festigkeitsklasse be-

zeichnet. Die folgenden Zemente gelten als Zemente mit

hohem Sulfatwiderstand:

• CEM I mit einem C3A-Gehalt ≤ 3,0 M.-% (Protego)

• CEM III/B (Modero 3B)

• CEM III/C.

Für andere Zemente muss die gleiche Leistungsfähigkeit

bezüglich Sulfatwiderstand gemäss SN EN 197-1 nachge-

wiesen werden.

Page 8: Betonpraxis - ave-wbv.ch · Autorenteam der Holcim (Schweiz) AG die Gelegenheit genutzt und die «Betonpraxis» um weitere Kapitel er-gänzt. So finden sich in der vorliegenden Auflage

Betonpraxis6

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.1.10Dreistoffdiagramm CaO / SiO2 / Al2O3 + Fe2O3

Abb. 1.1.11Zementfestigkeiten gemäss SN EN 197-1,definiert als charakteristische Werte

Niedrige Hydratationswärme

Zemente mit niedriger Hydratationswärme werden mit

dem Kurzzeichen «LH» (low heat) gekennzeichnet. Die

Hydratationswärme darf den charakteristischen Wert

von 270 J/g nicht überschreiten. Die Hydratationswärme

ist entweder nach 7 Tagen nach SN EN 196-8 oder nach

41 h nach SN EN 196-9 zu bestimmen (vgl. Abb. 1.1.13).

1.1.4 Dreistoffdiagramm CaO / SiO2 / Al2O3 + Fe2O3

Abb. 1.1.10 zeigt – bezogen auf die wichtigen Haupt-

oxide CaO, SiO2 und Al2O3+ Fe2O3 – die stoffliche Ver-

wandtschaft der Hauptbestandteile von Zement und

Portlandzementklinker. Mehr als 90 Prozent der Erdrinde

bestehen aus den Elementen dieser Hauptoxide.

Portlandzementklinker (K)

Hüttensand (granulierteHochofenschlacke) (S)

Silicastaub (D)

natürliches undnatürliches, getempertesPuzzolan (P, Q)

KieselsäurereicheSteinkohlenflugasche (V)

Kalkreiche Flugasche (W)

Gebrannter Schiefer (T)

Kalkstein (L, LL)

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100%

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100%

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%

% CaO

% SiO2

% AI 2O 3 + Fe 2O 3

CaO CalciumoxidSiO2 SiliciumdioxidAl2O3 AluminiumoxidFe2O3 Eisenoxid

1.1.5 Mechanische und physikalische Anforderungen

Für jede Klasse der Normfestigkeit sind zwei Klassen für

die Anfangsfestigkeit definiert: eine Klasse mit normaler

Anfangsfestigkeit, die mit «N» gekennzeichnet wird, und

eine Klasse mit hoher Anfangsfestigkeit, gekennzeichnet

mit «R» (Abb. 1.1.11).

Druckfestigkeit 1) Erstarrungs-

[N/mm2] 2) beginn 3)

Festigkeits- Anfangs-

klasse festigkeitNormfestigkeit

2 Tage 7 Tage 28 Tage [Min.]

32,5 N – ≥ 16,0≥ 32,5 ≤ 52,5 ≥ 75

32,5 R ≥ 10,0 –

42,5 N ≥ 10,0 –≥ 42,5 ≤ 62,5 ≥ 60

42,5 R ≥ 20,0 –

52,5 N ≥ 20,0 –≥ 52,5 – ≥ 45

52,5 R ≥ 30,0 –

1) Prüfung nach SN EN 196-1 3) Prüfung nach SN EN 196-3

2) 1 MPa entspricht 1 N/mm2

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Betonpraxis 7

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.1.12Beispiele zur Interpretation der Bezeichnungen

CEMZementgemäss

SN EN 197-1

IZementart

Typ I (Portland-zement)

52,5Festigkeits-klasse 52,5

Rhohe

Anfangs-festigkeit

CEMZementgemäss

SN EN 197-1

IIZementart

Typ II(Portlandkom-positzement)

Aenthält

6–20 M.-%Zusatzstoffe

LLZusatzstoff isthochwertiger

Kalkstein

42,5Festigkeitsklasse

42,5

NnormaleAnfangs-festigkeit

CEMZementgemäss

SN EN 197-1

IIZementart

Typ II (Portlandkom-positzement)

Benthält

21–35 M.-%Zusatzstoffe

Menthält

mehr alseinen

Zusatzstoff

(V-LL)Zusatzstoffe sindkieselsäurereiche

Flugasche und hoch-wertiger Kalkstein

32,5Festigkeits-klasse 32,5

Rhohe

Anfangs-festigkeit

CEMZementgemäss

SN EN 197-1

IIIZementart

Typ III (Hochofen-

zement)

Benthält

66–80 M.-%Hüttensand

als Zusatzstoff

32,5Festigkeits-klasse 32,5

Nnormale

Anfangsfestigkeit

HShoher Sulfat-widerstand

LHniedrige

Hydratations-wärme

–/

–/

/

Portlandzement, CEM I 42,5 N

Normo 4

Portlandzement, CEM I 52,5 R

Normo 5R

Portlandzement mit hohem Sulfatwiderstand, CEM I 42,5 R HS

Protego 4R

1.1.6 Sorten und Eigenschaften der Holcim Zemente

Detaillierte Angaben über die aufgeführten Zemente fin-

den sich insbesondere in der «Produkt-Information» zu

den einzelnen Zementen in der Holcim Zement-Dokumen-

tation. Bei Unklarheiten bezüglich der Eignung eines

bestimmten Zements oder bei der Lösung spezieller

Betonprobleme stehen die Mitarbeitenden der Holcim

(Schweiz) AG zur Verfügung.

Normo 4

Normo 4 ist ein reiner Portlandzement. Er erfüllt alle

Anforderungen an einen Portlandzement CEM I 42,5 N

gemäss SN EN 197-1. Normo 4 kann als Normzement

uneingeschränkt für Beton, Stahlbeton, Spannbeton,

Unterlagsböden, Putz- und Mauermörtel verwendet

werden.

Normo 5R

Normo 5R ist ein reiner Portlandzement. Er erfüllt alle

Anforderungen an einen Portlandzement CEM I 52,5 R

gemäss SN EN 197-1. Normo 5R ist ein baupraktisch her-

vorragend bewährter hochwertiger Portlandzement mit

schneller Anfangserhärtung und hoher Endfestigkeit.

Normo 5R ist nahezu universell im anspruchsvollen

Ingenieurbau sowie auch zur Herstellung vorgefertigter

Betonbauteile einsetzbar.

Protego 4R

Protego 4R ist ein reiner Portlandzement mit hohem

Sulfatwiderstand (HS), hergestellt aus einem Klinker von

besonderer chemischer Zusammensetzung (C3A < 3%).

Er erfüllt alle Anforderungen, die die SN EN 197-1 an die

Festigkeitsklasse CEM I 42,5 R stellt, sowie zusätzlich die

Anforderungen bezüglich hohem Sulfatwiderstand (HS)

gemäss nationalem Anhang zur SN EN 197-1. Als nor-

mierter Zement kann Protego 4R sowohl für unbewehr-

ten Beton als auch für Stahlbeton verwendet werden.

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Betonpraxis8

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Portlandkalksteinzement, CEM II/A-LL 42,5 N

Fluvio 4

Portlandschieferzement, CEM II/B-T 42,5 N

Riteno 4

Portlandsilicastaubzement, CEM II/A-D 52,5 R

Fortico 5R

Portlandhüttenzement, CEM II/A-S 32,5 R

Provato 3R

Weisser Portlandzement, CEM I 52,5 N

Albaro 5

Albaro 5

Albaro 5 ist ein reiner, weisser Portlandzement, herge-

stellt aus einem Klinker von besonderer chemischer Zu-

sammensetzung. Er erfüllt alle Anforderungen an einen

Portlandzement CEM I 52,5 N gemäss SN EN 197-1.

Albaro 5 ist ein baupraktisch hervorragend bewährter,

hochwertiger und reiner Weisszement mit hoher Anfangs-

und Endfestigkeit. Albaro 5 kann wie normaler Portland-

zement CEM I 52,5 N uneingeschränkt für Beton, Stahl-

beton, Betonfertigteile, Betonwaren, Putz- und Mauer-

mörtel verwendet werden.

Provato 3R

Provato 3R ist ein Portlandhüttenzement mit rund 15%

ausgewähltem, hochwertigem Hüttensand (getrocknete,

gemahlene Hochofenschlacke). Durch sorgfältige Ab-

stimmung der Rohstoffe sowie deren getrennte Vermah-

lung entsteht ein der SN EN 197-1 entsprechender Port-

landhüttenzement CEM II/A-S 32,5 R mit guten Verarbei-

tungs- und Festigkeitseigenschaften. Provato 3R eignet

sich für Beton, Stahlbeton, Sicht- und Pumpbeton, für

Unterlagsböden, Putz und Mauermörtel sowie für was-

serdichten Beton.

Fortico 5R

Fortico 5R ist ein Portlandsilicastaubzement, dem rund

8% eines kieselsäurereichen Silicastaubs (Mikrosilica) zu-

gemahlen werden. Er erfüllt alle Anforderungen an einen

Portlandsilicastaubzement CEM II/A-D 52,5 R gemäss

SN EN 197-1. Fortico 5R ist ein sehr hochwertiger Zement,

der auch sehr hohe Anforderungen bezüglich Festigkeit

und Widerstand gegen den Angriff aggressiver Stoffe

erfüllt. Fortico 5R eignet sich allgemein für die Beton-

vorfabrikation, den Ingenieurbau, für unterirdische

Betonkonstruktionen und besonders für Spritzbeton.

Fluvio 4

Fluvio 4 ist ein der SN EN 197-1 entsprechender Port-

landkalksteinzement CEM II/A-LL 42,5 N. Er enthält

rund 17% eines ausgewählten, hochwertigen Kalksteins.

Das feine Kalksteinkorn wirkt als «Schmiermittel», ver-

bessert die Verarbeitbarkeit und vor allem die Pumpbar-

keit. Fluvio 4 wirkt sich positiv auf das Wasserrückhalte-

vermögen aus, vermindert die Entmischungsgefahr und

fördert die Betondichtigkeit und damit die Dauerhaftig-

keit. Fluvio 4 hat ein breites Anwendungsspektrum: Be-

ton und Stahlbeton für Wohnungs-, Büro- und Gewerbe-

bau, Sichtbeton, Pumpbeton, wasserdichter Beton, Putz-

und Mauermörtel, Unterlagsböden und Betonwaren.

Portlandkompositzement, CEM II/B-M (V-LL) 32,5 R

Flextremo 3R

Riteno 4

Riteno 4 ist ein Portlandschieferzement mit rund 25%

gebranntem, reaktivem Schiefer. Durch sorgfältige Ab-

stimmung der Rohstoffe und deren gemeinsame Ver-

mahlung entsteht ein Portlandschieferzement CEM II/B-T

42,5 N, der alle Anforderungen gemäss SN EN 197-1

erfüllt. Riteno 4 zeichnet sich durch positive Eigenschaf-

ten wie moderate Wärmeentwicklung, ausgezeichnetes

Wasserrückhaltevermögen, gute Grünstandfestigkeit

und erhöhte Dauerhaftigkeitseigenschaften aus. Riteno 4

hat ein breites Anwendungsspektrum: Beton-, Stahl- und

Spannbetonbau für Wohnungs-, Büro- und Gewerbebau,

Sichtbeton sowie Betonwaren, Mörtel und Estriche.

Flextremo 3R

Flextremo 3R ist ein der SN EN 197-1 entsprechender

Portlandkompositzement CEM II/B-M (V-LL) 32,5 R, der

durch sorgfältige Abstimmung von Zementklinker, hoch-

wertigem Kalkstein, kieselsäurereicher Steinkohlenflug-

asche sowie pulverförmigem Zusatzmittel hergestellt

wird. Er erfüllt alle Anforderungen, die die SN EN 197-1

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Betonpraxis 9

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Portlandkompositzement, CEM II/A-M (V-LL) 42,5 R

Flextremo 4R

Individueller Kundenzement

Zement nach Mass

Hochofenzement, CEM III/B 32,5 N HS LH

Modero 3B

Hochofenzement, CEM III/A 32,5 N

Modero 3A

Flextremo 4R

Flextremo 4R ist ein der SN EN 197-1 entsprechender

Portlandkompositzement CEM II/A-M (V-LL) 42,5 R, der

durch sorgfältige Abstimmung von Zementklinker,

hochwertigem Kalkstein, kieselsäurereicher Steinkohlen-

flugasche sowie pulverförmigem Zusatzmittel hergestellt

wird. Er erfüllt alle Anforderungen, die die SN EN 197-1

an die Festigkeitsklasse 42,5 R stellt. Flextremo 4R ist ein

Spezialzement, der für die Herstellung von selbstverdich-

tendem Beton (SCC) entwickelt wurde. Seine besondere

Zusammensetzung erlaubt es, SCC praxisgerecht auch in

kalten Jahreszeiten in Transportbetonwerken und Ort-

betonanlagen sowie in der Betonvorfabrikation ohne

bzw. unter geringer Zudosierung von Zusatzmitteln her-

zustellen.

Modero 3B

Modero 3B ist ein Hochofenzement, der rund 70% ausge-

wählten, hochwertigen Hüttensand (Hochofenschlacke)

enthält. Er erfüllt alle Anforderungen der SN EN 197-1 an

die Klasse CEM III/B 32,5 N HS LH. Modero 3B besitzt

dank des hohen Hüttensandanteils eine niedrige Hydrata-

tionswärme und eignet sich besonders für massige Bau-

teile. Sein hoher Sulfatwiderstand ermöglicht sicheres

Bauen in aggressiven betonangreifenden Böden und

Wässern. Dies macht den Modero 3B auch zu einem ide-

alen Zement für spezielle Anwendungen im Tief- und

Wasserbau.

an die Festigkeitsklasse 32,5 R stellt. Flextremo 3R ist ein

Spezialzement, der für die Herstellung von selbstverdich-

tendem Beton (Self Compacting Concrete, SCC) entwickelt

wurde. Seine besondere Zusammensetzung erlaubt es,

SCC praxisgerecht in Transportbetonwerken und Ort-

betonanlagen ohne bzw. unter geringer Zudosierung

von Zusatzmitteln herzustellen.

Modero 3A

Modero 3A ist ein Hochofenzement, der rund 50% ausge-

wählten, hochwertigen Hüttensand (Hochofenschlacke)

enthält. Er erfüllt alle Anforderungen an einen Hochofen-

zement CEM III/A 32,5 N gemäss SN EN 197-1. Modero

3A kann das Aussinterungs- und Ausblühverhalten güns-

tig beeinflussen und eignet sich besonders gut für Mörtel

zum Verlegen und Verfugen von Natursteinplatten sowie

für die Sanierung alter Bausubstanz und historischer

Bauten. Auch bei schwach betonschädlichen Wässern

und Böden empfiehlt sich der Einsatz von Modero 3A.

Zement nach Mass

Massgeschneiderte Zemente für spezielle Anwendungen

werden in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden

entwickelt, um technisch und wirtschaftlich optimale

Lösungen zu erarbeiten. Auf diese Weise können die

unterschiedlichen Anforderungen spezieller Objekte (z. B.

Zement für feuerfesten Beton) und von besonderen

Produktionsprozessen (z. B. in der Vorfabrikation) besser

erfüllt werden.

Portlandkompositzement, CEM II/B-M (V-LL) 32,5 R

Bisolvo 3R

Bisolvo 3R

Bisolvo 3R ist ein speziell entwickelter Portlandkomposit-

zement, der kieselsäurereiche Flugasche und hochwerti-

gen Kalkstein enthält. Durch sorgfältige und optimale

Abstimmung der Ausgangsstoffe und eine gemeinsame

Vermahlung bzw. homogene Vermischung entsteht ein

Portlandkompositzement CEM II/B-M (V-LL) 32,5 R nach

SN EN 197-1, der eine einfache Herstellung sowohl eines

selbstverdichtenden als auch eines normalen Vibrier-

betons ermöglicht.

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Betonpraxis10

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.1.13Hydratationswärmen von CEM I-Zementenunterschiedlicher Festigkeitsklassen, geprüftnach SN EN 196-9 (teiladiabatisches Langa-vant-Verfahren). CEM I 32,5 erfüllt die Bedin-gung für LH-Zemente (≤ 270 J/g nach 41 h)

1.1.7 Hydratation des Zements

Mit Wasser angemacht, beginnt Zement chemisch zu

reagieren. Man nennt dies die Hydratation des Zements.

Sie ist mit erheblicher Wärmeentwicklung, der soge-

nannten Hydratationswärme, verbunden (Abb. 1.1.13)

und führt schliesslich zum Abbinden und mit fortschrei-

tender Erhärtung zum Zementstein.

1.1.8 Zementlagerung und Haltbarkeit

Zement nimmt bei längerer und/oder ungeschützter

Lagerung Feuchtigkeit auf, was zur Klumpenbildung und

einer Minderung des Erhärtungsvermögens führt. Lassen

sich die Klumpen noch zwischen den Fingern zerdrücken,

ist die Festigkeitsminderung vernachlässigbar klein. In

Säcken lässt sich Zement nur eine beschränkte Zeit

lagern. Sackzement lagert man am besten in trockenen

Schuppen. Vorübergehend im Freien gestapelter Sack-

zement muss auf einer belüfteteten Kantholzunterlage

gelagert werden (Abb. 1.1.15). Abdeckfolien dürfen die

Zementsäcke nicht unmittelbar berühren, da bei Kondens-

wasserbildung die Säcke feucht werden.

0

0

50

100

150

200

250270

300

350

400

450

CEM I 52,5

CEM I 42,5

CEM I 32,5

Hyd

rata

tion

swär

me

[J/g

]

Zeit [h]24

4148 72 96 120 144 168

Abb. 1.1.14Zementstein unter

dem Rasterelek-tronenmikroskop(weisser Strich als

Vergleichsmassstab= 0,005 mm)

Sicherheitshinweis

Zement ist ein hydraulisches Bindemittel. Bei Feuch-

tigkeits- oder Wasserzutritt kommt es zu einer alkali-

schen Reaktion. Die Berührung mit der Haut soll nach

Möglichkeit vermieden werden. Gelangt Zement ins

Auge, muss es sofort gründlich mit Wasser ausgespült

werden, und nötigenfalls ist der Arzt zu konsultieren.

Sicherheitsdatenblätter sind unter www.holcim.ch

verfügbar.

PlanegegenWegfliegensichern

Abdeck-planeoder -folie

Kanthölzer

Abb. 1.1.15Sacklagerung im Freien

Abb. 1.1.16Schüttdichte von Zement

Schüttdichte von Zement

Lose eingefüllt 900–1250 kg/m3

(je nach Zementtyp)

Gepresst durch bis 2200 kg/m3

Lagerung (je nach Lagerungsdauer,

-bedingungen und Zementtyp)

Durch die Zementhydratation entstehen im Wesentlichen

zwei neue mineralische Stoffe (Abb. 1.1.14):

• kleine nadelförmige Gebilde aus Calciumsilikathydraten

(abgekürzt CSH) von leicht schwankender Zusammen-

setzung, die sich miteinander verfilzen und damit ein

dichtes Gefüge erheblicher Festigkeit bilden

• grosse plattige Calciumhydroxid-Kristalle – chemische

Formel: Ca(OH)2

–, die keinen Beitrag zur Festigkeit er-

bringen, jedoch infolge ihrer hohen alkalischen Wirkung

die Bewehrung vor Korrosion schützen.

Die beiden Reaktionsprodukte der Zementhydratation

wirken sich positiv (+) oder negativ (–) aus:

CSH + Druckfestigkeit

+ Dichtigkeit

+ Dauerhaftigkeit

Ca(OH)2 + Bewehrungsschutz gegen Korrosion (pH > 12)

– wasserlöslich

– Kalkausblühungen

– Reaktionspartner bei Sulfat-Angriff und

Alkali-Kieselsäure-Reaktion.

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Betonpraxis 11

Abb. 1.2.2Zugabewasser aus der Trinkwasser-versorgung

1.2 Anmachwasser

Unter Anmachwasser versteht man die gesamte im

Frischbeton enthaltene Wassermenge, die bei der Er-

mittlung des wirksamen Wasserzementwerts zu berück-

sichtigen ist. Das Anmachwasser setzt sich zusammen

aus:

• dem Zugabewasser

• der Oberflächenfeuchte der Gesteinskörnung

• gegebenenfalls dem Wasseranteil der Zusatzmittel

und Zusatzstoffe (Silicastaub-, Pigmentsuspensionen

usw.), wenn die Gesamtmenge mehr als 3 l/m3 beträgt.

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Oberflächen- Wasseranteil Zugabe- Kernfeuchte

feuchte in Zusatzmit- wasser

teln/-stoffen

Gesamtwassergehalt

wirksamer Wassergehalt

Der Gesamtwassergehalt ergibt sich aus dem Anmach-

wasser und der Kernfeuchte. Gesteinskörnungen mit po-

rigem Gefüge saugen zusätzlich Wasser auf – die Kern-

feuchte. Gemäss SN EN 206-1 muss die Kernfeuchte

nicht für die Ermittlung des wirksamen Wassergehalts

berücksichtigt werden. Bei poriger Gesteinskörnung ist

der Einfluss der Kernfeuchte auf die Konsistenz des Frisch-

betons und den Wasserzementwert zu berücksichtigen.

Das Anmachwasser hat zwei betontechnologische Auf-

gaben. Es wird einerseits für die Hydratation des Zements

und anderseits für die Herstellung eines weichen, ver-

dichtungswilligen Betons benötigt.

1.2.1 Anforderungen an das Zugabewasser

nach SN EN 1008

Als Zugabewasser ist Trinkwasser ohne jegliche Prüfung

geeignet (Abb. 1.2.2). Alle anderen Arten von Wasser wie

• Restwasser aus Wiederaufbereitungsanlagen der

Betonherstellung

• Grundwasser

• natürliches Oberflächenwasser und industrielles

Brauchwasser

müssen jedoch geprüft werden und dürfen nicht erhebli-

che Mengen an Stoffen enthalten, die

Abb. 1.2.1Zusammensetzung des Gesamtwassergehalts

• das Erhärten des Betons verzögern oder verhindern

(z. B. Zucker, Humussäuren)

• unkontrolliert Luftporen einführen und dadurch die

Festigkeit des Betons mindern (z.B. Algen, Öle und

Fette, Schwebstoffe, verschiedene anorganische

Salze)

• zur Korrosion der Bewehrung führen.

Abwasser ist für die Herstellung von Beton nicht

geeignet.

Das Zugabewasser soll klar, farb- und geruchlos sein und

beim Schütteln keinen bleibenden Schaum bilden. Alka-

lien weisen auf einen grossen Salzgehalt hin, der im

Beton und Mörtel allgemein tief gehalten werden sollte.

Es dürfen keine ins Gewicht fallenden organischen Ver-

unreinigungen vorhanden sein. Viele betonschädigende

Stoffe sind im Anmachwasser harmloser als in Wasser,

das später auf erhärteten Beton einwirkt. Sulfat- und

kohlensäurehaltige Wässer gelten beispielsweise als be-

tonaggressiv, d. h. Festbeton kann von aussen her ge-

schädigt oder zerstört werden. Als Zugabewasser können

sie sich aber durchaus eignen.

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Betonpraxis12

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.2.3Recyclinganlage

mit Auswasch-schnecke

1.2.2 Restwasser

Restwasser aus Wiederaufbereitungsanlagen der Beton-

herstellung (Abb. 1.2.3) oder kombiniertes Wasser, d. h.

eine Mischung aus dem erwähnten Restwasser und Was-

ser aus einer anderen Quelle, müssen nach SN EN 1008

untersucht werden. Dies gilt besonders bei Betonen mit

erhöhten Anforderungen.

Einschränkend gilt: Restwasser darf als Zugabewasser für

unbewehrten, bewehrten und vorgespannten Beton

verwendet werden, wenn die folgenden Anforderungen

erfüllt sind:

• die zusätzliche Menge von Feinstoffen, die bei der

Verwendung von Restwasser erzielt wird, muss

10

5

9

2

3

8

11

12

4

7

1

6

7

1 Beton-Auswaschschnecke

2 Schneckensteuerung

3 Feststoffaustrag (Sand/Kies)

4 Überlauf für Feinstoff-Wasser-Gemisch

5 Aufgabetrichter

6 Betonbecken

7 Wirbeleinrichtung

8 Leitung zur Wasserwaage im Mischturm

9 Leitung zum Waschgalgen für Fahrmischer

10 Spülleitung für Schneckentrichter

11 Frischwasserzufuhr

12 Niveauschalter für Frischwasserzufuhr

weniger als 1 Prozent der Gesamtgewichtsmenge

der in der Mischung enthaltenen Gesteinskörnung

betragen

• der mögliche Einfluss des Restwassers muss bei

besonderen Anforderungen an den Beton, wie z. B.

bei Sichtbeton, Spannbeton, selbstverdichtendem

Beton, aggressiven Umgebungseinflüssen ausge-

setztem Beton usw., berücksichtigt werden

• die Menge des verwendeten Restwassers muss

möglichst gleichmässig über eine Tagesproduktion

verteilt werden

• für hochfesten Beton und Luftporenbeton sollte

Restwasser nicht verwendet werden.

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Betonpraxis 13

Abb. 1.3.1Alte und neue Terminologie sowie zusätzliche,in der «Betonpraxis» verwendete Begriffe

1.3 Gesteinskörnung

Mit der Einführung der SN EN 12 620 wurde ein neuer

Begriff für Zuschlag (engl.: aggregates, franz.: granu-

lats) eingeführt. Unter Gesteinskörnung versteht man

in der Regel ein Gemisch aus Sand und Kies unterschied-

licher Korngrösse. Das Gemisch aus den einzelnen Korn-

gruppen bildet das Gerüst des Betons und sollte mög-

lichst hohlraumarm aufgebaut sein. Eine qualitativ gute

Gesteinskörnung hat gegenüber dem umgebenden, kit-

tenden Zementstein verschiedene Vorteile:

• höhere Festigkeit

• bessere Dauerhaftigkeit

• keine Volumenveränderung infolge Feuchtigkeit,

somit Reduktion des Schwindmasses im Beton

• Aufnahme von Hydratationswärme und damit dämp-

fende Wirkung auf den Abbindeprozess.

Abb. 1.3.1 stellt die alten Begriffe nach Norm SIA 162 den

neuen nach SN EN 12 620 gegenüber und verweist auf

die Terminologie der «Betonpraxis».

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Alte Terminologie Neue TerminologieZusätzliche, in der «Beton-

praxis» verwendete Begriffe

Zuschlag Gesteinskörnung

Sand, Brechsand (D ≤ 4 mm) feine Gesteinskörnung (D ≤ 4 mm) Sand, Brechsand

Kies, Splitt (D > 4 mm) grobe Gesteinskörnung (D > 4 mm) Kies, Splitt

Recyclinggranulat Recycling-Gesteinskörnung Granulat

Feinanteile (D ≤ 0,02 mm) Feinanteile (D ≤ 0,063 mm)

Mehlkornanteil (D ≤ 0,125 mm) Mehlkornanteil (D ≤ 0,125 mm)

Fraktion, Körnung (z. B. 4/8) Korngruppe d/D (z.B. 4/8)

Zuschlagstoffgemisch (z. B. 0/32) Korngemisch (z. B. 0/32)

Sieblinie, Siebkurve Kornzusammensetzung

D Sieblochweite des oberen Begrenzungssiebs der Korngruppe in mm

d Sieblochweite des unteren Begrenzungssiebs der Korngruppe in mm

1.3.1 Eigenschaften

Die wichtigsten Eigenschaften der Gesteinskörnung sind:

• Kornzusammensetzung

• Petrografie, Kornform und Oberflächenbeschaffen-

heit

• Sauberkeit

• Rohdichte, Schüttdichte und Feuchtigkeitsgehalt

• Wasseraufnahme.

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Betonpraxis14

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.5Begrenzungs- und Prüfsiebe

Abb. 1.3.2Schlecht abgestuftes Korngemischmit zu vielen groben Gesteinskörnern: Der Zementleim vermag die verbleibendenHohlräume nicht auszufüllen

Abb. 1.3.3Gut abgestuftes Korngemisch:Genügend Zementleim, um alle Körner zuumhüllen und die Hohlräume auszufüllen

Abb. 1.3.4Schlecht abgestuftes Korngemischmit zu vielen feinen Gesteinskörnern:Beansprucht viel Zementleim oder zu vielAnmachwasser (starkes Bluten)

Grund- und Ergänzungssiebsatz 1 zur Bezeichnung der Korngrösse

Prüfsiebsatz der Kornzusammensetzung

0

0,063 0,125 0,25 0,5 1 1,4 2 2,8 4 5,6 8 11,2 16 22,4 31,5 45 63

1 2 4 8 16 31,5 635,6 11,2 22,4 45

Kornzusammensetzung

Die Anforderungen an die Kornzusammensetzung sowie

die wichtigsten Eigenschaften von Gesteinskörnungen

enthält die SN EN 12 620 «Gesteinskörnungen für

Beton». Im nationalen Anhang der SN EN 206-1 sind

die Anforderungen an die Gesteinskörnungen in Abhän-

gigkeit der Beanspruchung des Betons und der Umge-

bungsbedingungen, denen der Beton ausgesetzt ist

(siehe Kap. 2.2, «Expositionsklasse»), aufgeführt.

Die Kornzusammensetzung einer Gesteinskörnung ist

bestimmend für die Packungsdichte (den Hohlraum-

anteil) des Korngerüsts. Zusammen mit der Oberflächen-

beschaffenheit, der spezifischen Oberfläche und der

Kornform der Einzelkörner ist die Kornzusammensetzung

massgebend für den Wasserbedarf und für die Verarbeit-

barkeit des Betons verantwortlich.

Der Kornaufbau eines Korngemischs wird vom Mengen-

verhältnis der einzelnen Korngruppen bestimmt (Abb.

1.3.2 bis 1.3.4). Durch Aussieben des Gemischs mit ge-

normten Quadratlochsieben (Drahtgeflecht, Lochblech,

Kunststoff, Gummi) verbleibt auf jedem Sieb ein be-

stimmter Rückstand. Massgebend ist die volumetrische

Verteilung der Durchgänge mit ihren verschiedenen

Korndurchmessern. Da aber weitestgehend alle Korn-

gruppen einer Gesteinskörnung annähernd gleiche Roh-

dichten aufweisen, ist die übliche Darstellung in Massen-

prozenten bei der Angabe der Kornzusammensetzung

ausreichend (Abb. 1.3.12 bis 1.3.14).

Die verbindlichen Begrenzungssiebe für die Bezeichnung

der Korngruppen (Grund- und Ergänzungssiebsatz 1) und

der Prüfsiebsatz zur Bestimmung der Kornzusammen-

setzung sind in Abb. 1.3.5 dargestellt.

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Betonpraxis 15

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.7Aussieben und Waschen von Gesteinskör-nern in einem Kieswerk

Abb. 1.3.6Kornformen und ihre Eigenschaften

Petrografie, Kornform und Oberflächenbeschaffenheit

Poröses und zu weiches Material beeinträchtigt die Qua-

lität des Betons (SN 670 115). Die Kornform (Abb.1.3.6),

aber auch die Kornabstufung und die Oberflächenbe-

schaffenheit bestimmen im Wesentlichen den Wasser-

bedarf und die Verdichtbarkeit.

Die Praxis hat gezeigt, dass Korngemische mit ausschliess-

lich gebrochenen Korngruppen gebrauchstauglich sind.

Gebrochene Gesteinskörnungen können z. B. die Druck-,

Zug- und Abriebfestigkeit des Betons verbessern, bein-

trächtigen aber seine Verarbeitbarkeit. Aufgrund der in

der Schweiz nur noch beschränkt abbaubaren Kiesab-

lagerungen (Ausscheidung von Kiesgewinnungszonen)

müssen künftig vermehrt gebrochene und Recycling-

Gesteinskörnungen eingesetzt werden. Dies ist mit einer

entsprechenden Anpassung des Zementleimvolumens

jedoch gut machbar.

Sauberkeit

Verunreinigte Gesteinskörnungen vermindern die Beton-

qualität: beispielsweise Störung des Abbindeverhaltens,

Schwächung des Frostwiderstands. Deshalb wird die

Gesteinskörnung bei der Aufbereitung gewaschen

(Abb. 1.3.7).

natürlich gebrochen

Kornform kugelig nicht kugelig kubisch nicht kubisch

(stengelig/plattig) (stengelig/plattig)

Kantigkeit rund kantig

Oberflächen-glatt rau

rauigkeit

Kornoberfläche

Wasserbedarfzunehmend

Verarbeitbarkeitabnehmend

Verdichtbarkeit

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Betonpraxis16

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.8Klassierung der Gesteinskörnung nach ihrerRohdichte

Gesteinskörnung Rohdichte [kg/m3] Gesteinskörnungsart Anwendung

Normale ≈ 2650–2800 Fluss- oder Gletscherablagerungen, Bewehrter und unbewehrter

Gesteinskörnung gebrochene Gesteine Beton, Betonwaren

Schwere ≥ 3000 Baryt (Schwerspat), Eisenerz, Beton für Strahlenschutz

Gesteinskörnung Hämatit, Stahlgranulat

Leichte ≤ 2000 Blähton, Bims, Leichtbeton, Dämmbeton,

Gesteinskörnung Blähschiefer, Blähglas Überbeton

Harte ≥ 2500 Quarz, Korund, Siliciumkarbid Hartbetonbeläge,

Gesteinskörnung abriebfester Beton

Sand 0 – 3 mm locker gefülltSand/Kies 0 – 8 mm locker gefülltSand/Kies 0 – 30 mm locker gefüllt

Feuchtigkeitsgehalt [%]1,5

2,0

1,9

1,8

1,7

1,6

1,5

1,4

1,3

3,0 4,5 6,0 7,5 9,0 10,5 12,0 13,5

Sch

ütt

dic

hte

[kg

/dm

3 ]

Abb. 1.3.9Typischer Zusammenhang zwischenMaterialfeuchte und Schüttdichte vonKorngruppen

Rohdichte, Schüttdichte, Feuchtigkeitsgehalt und

Wasseraufnahme

Die Ursprungsmineralien und die Porigkeit der Gesteins-

körnung bestimmen deren Rohdichte (Abb. 1.3.8), die zur

Stoffraumrechnung benötigt wird. Die Schüttdichte ist

die Masse von lose geschüttetem Material pro Volumen-

einheit. Der Feuchtigkeitsgehalt setzt sich aus der Ober-

flächen- und Kernfeuchte zusammen, wobei die Kern-

feuchte bei der Betonherstellung in der Regel eine ver-

nachlässigbare Rolle spielt, sodass der Feuchtigkeitsgehalt

mit der Oberflächenfeuchte gleichgesetzt werden kann.

Dieser muss jedoch bei Betonen mit niedrigem w/z-Wert

sowie bei Betonen mit erhöhtem Widerstand gegen Frost

oder Frost-Tausalz berücksichtigt werden. Während der

Feuchtigkeitsgehalt einer groben Gesteinskörnung bis zu

drei Massenprozente betragen kann, liegt die Sandfeuch-

tigkeit in der Regel bei vier bis acht Massenprozenten.

Der Feuchtigkeitsgehalt ist in der Stoffraumberechnung

bei der Gesteinskörnung und beim Zugabewasser zu

berücksichtigen.

Die enge Beziehung zwischen Feuchtigkeitsgehalt, gera-

de jenem des Sandes, und der Schüttdichte ist in Abb.

1.3.9 dargestellt.

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Betonpraxis 17

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.12Regelanforderungen an die Kornzusammen-setzung von feiner Gesteinskörnung (Sandeund Brechsande)

Abb. 1.3.11Grenzabweichungen für die vom Herstellerangegebene typische Kornzusammen-setzung von feinen Gesteinskörnungen fürallgemeine Zwecke

Feine Gesteinskörnungen (Sand, Brechsand)

Es gibt keine absoluten Anforderungen an die Korn-

zusammensetzung. Die Hersteller geben eine mittlere

«typische Kornzusammensetzung» ihres Sandes an und

müssen diese mit vorgegebenen Grenzabweichungen

gemäss Abb. 1.3.11 einhalten und dabei den in Abb.

1.3.12 angegebenen Anforderungen der oberen Sieb-

grösse D entsprechen.

0Obere Siebgrösse

Sieb

du

rch

gan

g [M

.-%

]

D 1,4 D 2 D

20

40

60

80

100≤ 99%

≥ 95%

≥ 85%

Grenzabweichungen für den

Siebgrösse Siebdurchgang

[mm] [Massen-%]

0/4 0/2 0/1

4 ± 5 – –

2 – ± 5 –

1 ± 20 ± 20 ± 5

0,250 ± 20 ± 25 ± 25

0,063 ± 3 ± 5 ± 5

Abb. 1.3.10Definition und Beispiele für die Begriffe «feine Gesteinskörnung» (Sand, Brechsand), «grobe Gesteinskörnung» (Kies, Splitt) und«Korngemisch»

1.3.2 Definitionen nach SN EN 12 620

Bei den Gesteinskörnungen wird zwischen feinen (Sand,

Brechsand) und groben (Kies, Splitt) Gesteinskörnungen

sowie Korngemischen unterschieden, wie in Abb. 1.3.10

zusammengestellt.

Bezeichnung Definition Beispiele

Feine Gesteins-D ≤ 4 mm

0/1

körnung und d = 0

0/2

(Sand, Brechsand) 0/4

eng gestuft 2/8

D/d ≤ 2 oder 8/16Grobe Gesteins-

D ≥ 4 mm D ≤ 11, 2 mm 16/32körnung

d ≥ 2 mm weit gestuft(Kies, Splitt)

D/d > 2 und 4/32

D > 11,2 mm

KorngemischD ≤ 45 mm

0/32und d = 0

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Betonpraxis18

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.15Absolutgrenzwerte und Grenzabweichun-gen für den Siebdurchgang durch das mittle-re Sieb für grobe Gesteinskörnungen

≤ 99%

≤ 99%

≤ 90%

≤ 60%

≥ 20%

≤ 90%

≤ 60%

≥ 20%

≥ 50%

≥ 50%

≥ 85%

Abb. 1.3.16Korngemische. Die Absolutgrenzwerte nachSN EN 12 620 sind blau, bewährte Kornzu-sammensetzungen rot gekennzeichnet

0,125 0,5 2 4 8 1622

31,5 63

D 2 D45

1,4 D

0

20

40

60

80

100

0,125 0,5 2 4 8 1622

31,545

0

20

40

60

80

100

Sieböffnung [mm]

D 2 D1,4 DSieböffnung [mm]

Sieb

durc

hga

ng

[M.-

%]

Sieb

durc

hga

ng

[M.-

%]Grenzabweichung für

Absolutgrenz- den von den Herstellenden

Mittleres Sieb werte angegebenen typischen

D/d [mm] [M.-%] Siebdurchgang

< 4 D/1,4 25 bis 70 ± 15

≥ 4 D/2 25 bis 70 ± 17,5

Wenn das wie angegeben errechnete mittlere Sieb nicht vorhanden ist,

muss das nächstliegende Sieb der Reihe verwendet werden.

≥ 98%

≥ 85%

≥ 98%

Grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt)

Bei groben Gesteinskörnungen ist zwischen eng gestuf-

ten und weit gestuften zu unterscheiden (Abb. 1.3.10).

• Bei eng gestuften groben Gesteinskörnungen wird

lediglich eine Anforderung an den zulässigen Über-

und Unterkornanteil gestellt.

• Bei weit gestuften groben Gesteinskörnungen sind

neben den Anforderungen an den zulässigen Über-

und Unterkornanteil auch jene an den Absolutgrenz-

wert und die Grenzabweichung für den Siebdurchgang

eines zwischen den Begrenzungssieben liegenden

mittleren Siebs einzuhalten (Abb. 1.3.15). Abb. 1.3.13Beispiel für eng gestufte (16/32) grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt)

Abb. 1.3.14Beispiel für weit gestufte (4/32) grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt)

1 1,4 2 2,8 4 5,6 8 11,2 16 22,4 31,5 45 63

d/2 d D 1,4 D 2 D

20

40

60

80

100

≤ 5%

≥ 98%

≤ 15%

≥ 9o%

≤ 99%

≤ 70%

≥ 25%

1 1,4 2 2,8 4 5,6 8 11,2 16 22,4 31,5 45 63d/2 d D 1,4 D 2 D

20

40

60

80

100

≤ 5%

≥ 98%

≤ 20%

≥ 85%

≤ 99%

Sieböffnung [mm]

Sieb

durc

hga

ng

[M.-

%]

Sieböffnung [mm]

Sieb

durc

hga

ng

[M.-

%]

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Betonpraxis 19

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Korngemische

Bei Korngemischen handelt es sich um Gemische aus fei-

nen und groben Gesteinskörnungen, die nach geeigneten

prozentualen Anteilen zusammengesetzt werden und

Absolutgrenzwerten genügen müssen (blauer Bereich in

Abb. 1.3.16). In der Praxis bewährte Kornzusammenset-

zungen liegen in den rot gekennzeichneten Bereichen

der Abb. 1.3.16.

Geometrische, physikalische und chemische

Anforderungen

Die Gesteinskörnung nimmt im Beton den weitaus gröss-

ten Volumenanteil ein. Wesentliche Eigenschaften, wie

etwa die Frostwiderstandsfähigkeit, werden deshalb

massgeblich von den Eigenschaften der verwendeten

Gesteinskörnung beeinflusst. Deshalb können neben den

Anforderungen an die Kornzusammensetzung einer Ge-

steinskörnung in Abhängigkeit ihrer Verwendung auch

verschiedene geometrische, physikalische und chemische

Anforderungen gestellt werden. Die Dauerhaftigkeit

wird über die petrografische Prüfung nachgewiesen

(SN 670 115).

Korngruppen

Im Allgemeinen werden Gesteinskörnungen in definier-

ten Korngruppen hergestellt und verwendet (Abb. 1.3.17).

Bei der Verwendung von gebrochenen Korngruppen

muss die Eignung durch systematische, schlüssige Vor-

versuche nachgewiesen werden.

Die Korngruppe 4–8 mm hat einen wesentlichen Einfluss

auf die Verarbeitbarkeit und den Wasserbedarf. Sie wird

deshalb als «Sperrkorn» bezeichnet. Ihr Anteil im Korn-

gemisch ist möglichst gering zu halten. Bei Kornzusam-

mensetzungen, in denen einzelne Korngruppen praktisch

ganz oder teilweise fehlen, spricht man von «Ausfall-

körnungen». Die Kornzusammensetzung hat dort einen

horizontalen oder nur leicht ansteigenden Verlauf (Abb.

1.3.18). Der Einsatz von «Ausfallkörnungen» kann erfor-

derlich sein für Pumpbeton, zur Verbesserung der Ver-

dichtbarkeit, zur Optimierung des Kieshaushalts usw.

Beispiele von Begriffe nach

Korngruppen SN EN 12 620

≤ 0,063 mm Feinanteile

≤ 0,125 mm Mehlkorn

Natürliche Korn-

gruppen (rund)

0 – 4 mm Sand feine Gesteinskörnung

4 – 8 mm Kies

8 – 16 mm Kiesgrobe Gesteinskörnung

16 – 32 mm Kies

≥ 32 mm Grobkies

Natürlich Korn-

gruppen (gebrochen)

0 – 4 mm Brechsand feine Gesteinskörnung

4 – 8 mm Splitt

8 – 16 mm Splitt

16 – 22 mm Splittgrobe Gesteinskörnung

≥ 22 mm Schotter

Industriell hergestellte

Gesteinskörnung/Recy-

cling-Gesteinskörnung

Betonbrechsand

0 – 4 mm Mischabbruch- feine Gesteinskörnung

brechsand

Betongranulat

> 4 mm Mischabbruch- grobe Gesteinskörnung

granulat

Abb. 1.3.17Gebräuchliche Korngruppen

Abb. 1.3.18Kornzusammensetzung einer Ausfallkörnung

0,125 0,5 2 4 8 1622

31,5125

0

20

40

60

80

100

Sieböffnung [mm]

Sieb

durc

hga

ng

[M.-

%]

Ausfallkörnung:es fehlt 4–8 mm

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Betonpraxis20

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.3.19Richtwert des Mehlkorngehalts (Zement,Zusatzstoffe und Anteile der Gesteins-körnung ≤ 0,125 mm) in Abhängigkeit vomGrösstkorn der Gesteinskörnung.Für Pumpbeton (Kap. 2.6), selbstverdichten-den Beton (Kap. 2.8) und Sichtbeton (Kap.2.12) sind diese Richtwerte gegebenenfallsanzupassen

Abb. 1.3.20Ausbruchmaterial aus dem Tunnelvortriebkann bei vorhandener Eignung als Gesteins-körnung verwendet werden

Mehlkorngehalt

Die Korngruppe 0–4 mm muss bei der Aufbereitung in

der Regel aus verschiedenen Komponenten zusammen-

gesetzt werden (z.B. Natursand gewaschen/Brechsand

trocken und/oder Brechsand gewaschen). Die Korngrup-

pe 0–4 mm ist wegen ihres hohen Oberflächenanteils an

der Gesteinskörnung die Schlüsselkomponente für die

Qualität eines Korngemischs.

Durchmesser des Grösstkorns [mm] 8 16 22,5 32 45 63

Mehlkorngehalt [kg/m3 Beton] 450 400 375 350 325 300

Ein optimaler Mehlkorngehalt

• erhöht die Schmierfilmmenge ohne nennenswer-

te Erhöhung des Anmachwassers

• gewährt eine verbesserte Verarbeitbarkeit des

Betons

• verbessert das Wasserrückhaltevermögen und

verhindert das «Bluten» des Betons während und

nach der Verarbeitung

• verhindert eine Entmischung beim Einbringen

und erleichtert das Verdichten des Betons

• erhöht die Gefügedichte und damit die Wasser-

dichtigkeit

• verbessert die Wirksamkeit von Zusatzmitteln.

Dabei muss beachtet werden, dass es sich bei den

Feinanteilen nicht um quellfähige Tonmineralien

handeln darf.

Die entscheidende Rolle spielen dabei der Mehlkorn-

gehalt (Zement, Zusatzstoffe und Anteile der Gesteins-

körnung ≤ 0,125 mm) und der Feinanteil (≤ 0,063 mm).

Der Mehlkorngehalt soll den in Abb. 1.3.19 angegebenen

Richtwerten nach SN EN 206-1 entsprechen.

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Betonpraxis 21

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.4.1Gebräuchliche Abkürzungen und Hauptwir-kungen der Zusatzmittel nach SN EN 934-2

1.4 Zusatzmittel

1.4.1 Definition und Klassierung

Zusatzmittel sind Zusätze zum Beton, die durch chemi-

sche und/oder physikalische Wirkungen die Eigenschaf-

ten des Betons beeinflussen. Je nach Art des eingesetz-

ten Zusatzmittels können sowohl die Eigenschaften des

Frischbetons, z. B. das Erstarrungsverhalten und die Ver-

arbeitbarkeit, als auch die Eigenschaften des erhärteten

Betons, wie z. B. die Festigkeit und die Dauerhaftigkeit,

gezielt verändert werden.

Für den Einsatz von Zusatzmitteln gibt es technologische

und wirtschaftliche Gründe. So lässt sich z. B. mit dem

anteiligen Ersatz von Anmachwasser durch Fliessmittel

eine gute Verarbeitbarkeit einstellen, der Kapillarporen-

anteil vermindern und somit eine verbesserte Dauerhaf-

tigkeit erzielen.

Die Wirksamkeit der Betonzusatzmittel ist u. a. abhängig

von der Zugabemenge, der Zementart, dem Zementge-

halt, dem äquivalenten Wassergehalt sowie der gewähl-

ten Konsistenz bzw. Verarbeitung, den Mischbedingun-

gen und der Temperatur.

In SN EN 934-2 «Zusatzmittel für Beton, Mörtel und

Einpresshilfen» werden die Zusatzmittel bezüglich An-

forderungen, Konformität, Kennzeichnung und Beschrif-

tung definiert. Ihre Verwendung regelt Ziffer 5.2.6 der

SN EN 206-1.

Als Wirkstoffe für Zusatzmittel werden eine Vielzahl

anorganischer und organischer Substanzen verwendet.

Jeder Wirkstoff kann dabei mit jedem Zement sehr

unterschiedlich reagieren, sodass sich eine gewünschte

Eigenschaft nicht immer realisieren lässt. Deshalb erfor-

dert die Anwendung von Zusatzmitteln Vorversuche vor

der eigentlichen Betonherstellung.

In Abb. 1.4.1 sind die gebräuchlichen Zusatzmittel mit

ihren Hauptwirkungen und Anwendungsgebieten aufge-

führt.

Zusatzmittel Abkürzung Hauptwirkungen und Anwendungsgebiete

Betonverflüssiger BV Verminderung des Wasseranspruchs und/oder Verbesserung

der Verarbeitbarkeit (Betonwaren)

Fliessmittel FM Starke Verminderung des Wasseranspruchs und/oder Verbesserung der

Verarbeitbarkeit. Auch zur Herstellung von Beton mit fliessfähiger Kon-

sistenz (leicht verarbeitbare Betone, Pumpbetone, SCC, dauerhafte Betone)

Luftporenbildner LP Einführung kleiner, gleichmässig verteilter Luftporen zur Erhöhung des

Frost- und Frosttaumittelwiderstands (Betondecken, Kunstbauten)

Verzögerer VZ Abbinde-Verzögerung des Betons (Betonieren bei hohen Temperaturen)

Erstarrungsbeschleuniger SBE Abbinde-Erstarrungsbeschleunigung des Betons (Spritzbeton)

Erhärtungsbeschleuniger HBE Erhärtungsbeschleunigung des Betons (Vorfabrikation)

Dichtungsmittel DM Verminderung der kapillaren Wasseraufnahme (Betonwaren)

Stabilisierer ST Erhöhung des inneren Zusammenhalts, Verbesserung der Kohäsion (SCC)

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Betonpraxis22

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.4.2Einfluss von Fliessmitteln auf das Ausbreit-mass und den w/zeq-Wert

1.4.2 Dosierung

Zusatzmittel werden überwiegend flüssig und in sehr ge-

ringen Mengen zugegeben. Die Zugabemenge, bezogen

auf das Zementgewicht, liegt im Allgemeinen im Bereich

von 0,2 bis 2 M.-%. Bei Dosierungen von mehr als 3 l/m3

Beton muss die darin enthaltene Wassermenge bei der

Berechnung des w/z-Werts berücksichtigt werden. Eben-

so muss bei Verwendung von Luftporenmitteln der Zu-

wachs an eingeführter Luft im Stoffraum mitberechnet

werden.

Dosierungen unter 0,2 M.-% sollten nicht verwendet

werden; ansonsten sind sie in einem Teil des Zugabe-

wassers aufzulösen. Bei diesen kleinen Mengen treten

erhebliche Dosierungenauigkeiten auf. Unterdosierun-

gen verringern meist deutlich den angestrebten Effekt.

Überdosierungen können dagegen unerwünschte

Effekte, wie Abbindeverzögerung, Druckfestigkeits-

verluste oder Entmischungen, mit sich bringen.

1.4.3 Die wichtigsten Typen von Zusatzmitteln

Betonverflüssiger (BV) und Fliessmittel (FM)

Betonverflüssiger und Fliessmittel sind die am häufigsten

gebrauchten Zusatzmittel. Die Wirkung dieser Produkte

ist in Abb. 1.4.2 anschaulich dargestellt: Verflüssiger ver-

bessern bei gleichem w/z-Wert die Verarbeitbarkeit des

Betons ➀ oder vermindern bei gleicher Verarbeitbarkeit

den Wasseranspruch und damit den w/z-Wert ➁, was zu

einer Erhöhung von Festigkeit und Dichtigkeit führt. Eine

gleichzeitige Verbesserung der Verarbeitbarkeit und Ver-

minderung des w/z-Werts ist ebenfalls möglich ➂. Nicht

zuletzt wird ein Verflüssiger eingesetzt, um die Beton-

rezeptur hinsichtlich Verarbeitbarkeit und Festbeton-

eigenschaften zu optimieren.

Als mögliche Nebenwirkung der Verflüssiger ist die Ver-

zögerung des Abbindens zu nennen. Überhaupt spielen

hinsichtlich der Zusatzmittelwirkungen die Eigenschaf-

ten des Zements sowie die Betonrezeptur eine wichtige

Rolle. Deswegen ist zu empfehlen, die Auswirkungen

an gegebenen Zusatzmittel-Zement-Kombinationen zu

überprüfen.

Fliessmittel auf der Basis von Polycarboxylatether (PCE)

haben eine höhere Verflüssigungswirkung im Vergleich

zu herkömmlichen Fliessmitteln.

Luftporenbildner (LP)

Die Aufgabe der Luftporenbildner ist es, Millionen von

kleinen Luftporen mit etwa 10 bis 300 µm Durchmesser

zu bilden. Die kleinen, gleichmässig verteilten Luftporen

wirken im Zementleim wie Kugellager und machen den

Beton homogener und plastischer. Sie wirken zudem ver-

flüssigend, d. h. die Verarbeitbarkeit wird verbessert, Ent-

mischen und Sedimentieren werden reduziert. Dadurch

wird die Frost- und Frost-Taumittelbeständigkeit des

Betons (siehe auch Kap. 3.5) wesentlich erhöht, seine

Verarbeitbarkeit verbessert und das Bluten vermindert.

Wegen ihrer besonderen chemischen Natur haben

Luftporenbildner die Fähigkeit, stabile Luftporen der

gewünschten Grösse einzuführen und zu stabilisieren.

Faustregel

1 Volumenprozent zusätzlich eingeführte Luftporen

ermöglicht eine Wassereinsparung von etwa 5 Litern

je m3 Frischbeton und erzielt im Hinblick auf die Ver-

arbeitbarkeit die gleiche Wirkung wie etwa 10 bis

15 kg Mehlkorn.

600

550

500

450

400

350

Au

sbre

itm

ass

[mm

]

0,40 0,50 0,60w/zeq-Wert [–]

mit

FM

ohne FM3

2

1

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Betonpraxis 23

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.4.4Wirkung von Verzögerer (VZ) und Beschleu-niger (HBE) auf die Druckfestigkeit(schematische Darstellung)

Ein unerwünschter Effekt ist die Abnahme der Druck-

festigkeit.

Im Festbeton bleiben die im Frischbeton gebildeten Poren

erhalten. Sie nehmen beim Gefrieren des Betons das ver-

drängte Kapillarwasser zum Teil auf und und bieten

Ausdehnungsraum für das gefrierende Wasser, was eine

Volumenvergrösserung von 9% bewirkt. Sie vermindern

somit die Gefahr des Zersprengens des Betons infolge

des Eisdrucks (Abb. 1.4.3).

Verzögerer (VZ)

Verzögerer verlangsamen das Abbinden und erlauben

damit eine Verlängerung der Verarbeitung von Betonen.

Ihre wichtigsten Anwendungsgebiete sind:

• Betonieren bei hohen Temperaturen

• Transport von Beton über grosse Distanzen

• Betonieren grosser Bauteile (Kubaturen, Flächen)

• Vermeidung von Arbeitsfugen bei eingeplanten Ar-

beitsunterbrechungen (nahtloser Anschluss von neu-

em Beton an früher eingebrachten Beton).

Beton, der Verzögerer enthält, erhärtet zu Beginn etwas

langsamer (Abb. 1.4.4). Seine 28-Tage-Festigkeit bei 20 °C

ist in der Regel etwas höher als die eines Betons, dem

kein Verzögerer beigegeben wurde. Wegen seiner an-

fänglich langsameren Erhärtung ist ein verzögerter

Beton besonders sorgfältig nachzubehandeln. Da die

Wirkung stark von der Art des Verzögerers, aber auch

vom verwendeten Zement und von der Temperatur

abhängt, sind umfassende Erstprüfungen – auch bei ver-

schiedenen Temperaturen – erforderlich. Bei Überdosie-

rung kann die Wirkung der Verzögerer umschlagen, sie

können dann zu Beschleunigern werden.

Faustregel

Jedes Volumenprozent Luftporen führt zu einem

Druckfestigkeitsverlust von bis zu 5 N/mm2.

Luft

WasserEis

Luft

Zeit [Tage]Beschleunigter BetonReferenzbeton (ohne Zusatzmittel)Verzögerter Beton

40

30

20

10

00,5 1 2 7 14 28 56

Druc

kfes

tigke

it [N

/mm

2 ]

bei T = 20 °C

Abb. 1.4.3Expansion durch Volumenvergrösserung. Eisbeansprucht 9 Vol.-% mehr Raum als Wasserim flüssigen Zustand (schematische Darstel-lung)

Für den erwünschten Luftgehalt von 3 bis 8% im Beton

– je nach Grösstkorn –, genügen meist sehr geringe

Luftporenbildnermengen. Allerdings hängt die entste-

hende Luftporenmenge nicht allein von der Art und der

Dosierung des Luftporenbildners ab, sondern auch von

einer Vielzahl anderer Faktoren, wie Zementart, Gesteins-

körnung und Kornzusammensetzung, Konsistenz, Tem-

peratur, Mischintensität und Mischdauer, dem Vorhan-

densein anderer Zusatzmittel usw. Bei kombiniertem

Einsatz von Luftporenbildner und Verflüssiger sollte der

Verflüssiger erst nach dem Luftporenbildner zudosiert

werden. Die Verträglichkeit neuer Kombinationen muss

unbedingt durch Erstprüfungen nachgewiesen werden.

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Betonpraxis24

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.4.5Vorschriftsmässiges Tanklager für Zusatz-mittel in einem Transportbetonwerk

Beschleuniger (SBE, HBE)

Beschleuniger bewirken eine Beschleunigung des Erstar-

rens bzw. Erhärtens und damit eine schnellere Wärme-

entwicklung. Sie sollen für eine raschere Hydratation sor-

gen, um den Beton früher ausschalen, abheben, belasten

oder dem Frost aussetzen zu können. Die Wirkung der

Beschleuniger ist sehr von ihrer chemischen Natur, aber

auch von der chemischen Zusammensetzung des Zements

abhängig. Bei einer Überdosierung kann das Erstarren

und Erhärten verzögert statt beschleunigt werden (Wir-

kung wird gegenteilig). Beschleuniger bewirken oft eine

mehr oder weniger starke Herabsetzung der Endfestig-

keit des Betons (Abb. 1.4.6).

Wegen ihrer schwer kontrollierbaren Wirkungen werden

Beschleuniger nur bei ganz spezifischen Betonanwen-

dungen eingesetzt. Erstarrungsbeschleuniger (SBE) fin-

den Verwendung bei:

• Spritzbeton

• Betonieren in fliessenden Gewässern

• Wasserinfiltrationen und Wassereinbrüchen.

Erhärtungsbeschleuniger (HBE) werden eingesetzt für:

• Betonieren bei tiefen Temperaturen

• Betonieren mit kurzen Ausschalungsfristen

• Betonwaren

• Betonfertigteile (im Elementwerk)

• Reprofilierungen und Reparaturen

• Einsetzen von Ankern und Steinschrauben.

Zusatzmittel können die Betoneigenschaften sowohl im

Frischbeton als auch im Festbeton erheblich beeinflussen.

Dies ist oft mit komplexen chemischen und/oder physi-

kalischen Reaktionen verbunden. Deshalb sollen Zusatz-

mittel verschiedener Wirkungsweise nicht miteinander

gemischt werden und Zusatzmittel gleicher Wirkungs-

weise, aber verschiedener Hersteller nicht miteinander

kombiniert werden. Um die am besten geeigneten Zusatz-

mittel in richtiger Dosierung für ein Betonsystem aus Ze-

ment, Zusatzstoff, Wasser und Gesteinskörnung zu fin-

den, sind Erstprüfungen unabdingbar.

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Betonpraxis 25

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.4.6Wirkungen der vier wichtigstenZusatzmittelgruppen

Abb. 1.4.7Zusatzmittel mit Gütesiegel sind giftklasse-frei, wasserlöslich und biologisch abbaubar

Die Wirkung der vier wichtigsten Zusatzmitelgruppen

auf ausgewählte Frisch- und Festbetoneigenschaften

werden in Abb. 1.4.6 qualitativ dargestellt.

Wirkung auf Verflüssiger Beschleuniger Verzögerer Luftporenbildner

BV/FM SBE/HBE VZ LP

Verarbeitbarkeit ++ – + +

Entmischen/Bluten + o – +

Erstarren beschleunigend o ++ o o

verzögernd – o ++ –

Pumpfähigkeit + o o –

Frühfestigkeit + ++ – –

Endfestigkeit + – + –

Permeabilität + – o +

Frostbeständigkeit + – – ++

Schwinden und Kriechen ++ – o o

Betonieren bei kaltem Wetter + + – o

Betonieren bei warmem Wetter + – + o

++ gewünschter positiver Effekt + möglicher positiver Effekt o vernachlässigbarer Effekt – möglicher negativer Effekt

1.4.4 Zusatzmittel und Umwelt

Bei gut einem Drittel aller in der Schweiz verarbeiteten

Betone werden Zusatzmittel verwendet. Es sind Chemi-

kalien, die in der öffentlichen Diskussion über die Um-

weltrelevanz von Stoffen immer wieder hinterfragt wer-

den. Der Fachverband Schweizerischer Hersteller von

Betonzusatzmitteln (FSHBZ) hat Kriterien zur Beurtei-

lung der Umweltverträglichkeit von Zusatzmitteln erar-

beitet. Zusatzmittel, die den Kriterien genügen, dürfen

mit dem Gütesiegel des FSHBZ ausgezeichnet werden

und geben damit Bauherrschaften, Planenden und

Bauunternehmen die nötige Sicherheit im umweltkon-

formen Umgang mit Zusatzmitteln.

Verflüssiger bilden mengenmässig die wichtigste Gruppe

der Zusatzmittel, machen sie doch mehr als drei Viertel

des gesamtschweizerischen Verbrauchs an Zusatzmitteln

aus. Sofern sie das Gütesiegel des FSHBZ tragen, sind sie

giftklassefrei, gut wasserlöslich und können biologisch

abgebaut werden.

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Betonpraxis26

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.5.1KIassierung der

Zusatzstoffe

1.5 Zusatzstoffe

1.5.1 Definition und Klassierung

Zusatzstoffe sind in der Regel feinkörnige Mineralien, die

bestimmte Eigenschaften des Betons verbessern können.

Dies sind vorrangig die Verarbeitbarkeit des Frischbetons

und die mechanischen Eigenschaften sowie die Dichtig-

keit des Festbetons. Manche Zusatzstoffe dienen auch

der Verminderung der Wärmeentwicklung während des

Abbindens und Erhärtens des Betons. Im Gegensatz zu

Betonzusatzmitteln ist die Menge der dem Beton zugege-

benen Zusatzstoffe so gross, dass sie bei der Stoffraum-

rechnung immer zu berücksichtigen ist. Manche Zusatz-

stoffe werden bereits im Zementwerk durch gemeinsames

Vermahlen mit dem Klinker in den Zement eingebracht.

Dafür sprechen gute Gründe, denn dadurch wird sowohl

eine genaue und gleichbleibende Dosierung als auch

eine homogene Verteilung der Zusatzstoffe erreicht. Ze-

ment und Zusatzstoff sind in einem präzise definierten

und normgerechten Zementsystem integriert, das bei der

Berechnung des w/z-Werts und des Mindestzementge-

halts als Ganzes angesehen wird. Beispiele dafür sind die

Zemente Fluvio (Zusatzstoff: Kalkstein), Fortico (Zusatz-

stoff: Silicastaub), Riteno (Zusatzstoff: gebrannter Schiefer)

sowie Provato bzw. Modero (Zusatzstoff: Hüttensand).

Oft werden Zusatzstoffe erst im Transportbetonwerk der

Mischung zugefügt. Dies hat den Vorteil, dass man das

Verhältnis von Zusatzstoff zu Zement frei wählen und

damit genau den Anforderungen, die an eine bestimmte

Betonrezeptur gestellt werden, anpassen kann. Aller-

dings sind damit auch einige Nachteile verknüpft. Die

getrennte Lagerung der Zusatzstoffe verlangt zusätzliche

Silos und Dosiereinrichtungen sowie zusätzliche Kontrol-

len. Manche Zusatzstoffe neigen bei längerer Lagerung

zur Knollenbildung. Die Herstellung eines homogenen

Frischbetons kann eine längere Mischdauer erfordern.

Die SN EN 206-1 unterscheidet zwei Typen von Beton-

zusatzstoffen. Zusatzstoffe des Typs I enthalten inerte

Stoffe (z. B. Gesteinsmehl, Pigmente), die keine chemi-

sche Bindung eingehen. Als Zusatzstoff des Typs II wer-

den latent hydraulische und puzzolanische Stoffe wie

Steinkohlenflugasche oder Silicastaub bezeichnet, die

dank der puzzolanischen Reaktion zur Festigkeits-

bildung des Zementsteins beitragen. Gebrannter Schiefer

verfügt als Zusatzstoff sowohl über puzzolanische als

auch hydraulische Eigenschaften. Er findet aber nur als

Zementzusatzstoff Verwendung.

Bezeichnung Chemische Reaktion Wirkung Zusatzstoffe

Inert Keine oder höchstens Füllereffekt, d.h. vermindert Porosität Kalksteinmehl

Typ I oberflächliche Reaktion und verbessert Verarbeitbarkeit Quarzmehl

Verbessert Rissverteilung Fasern aller Art

(plastisches Schwinden)

Färbt Pigmente

Puzzolanisch Reaktion mit Calcium- Vermindert Porosität Steinkohlenflugaschen

Typ II hydroxid und Wasser Erhöht Dauerhaftigkeit Silicastaub

unter Bildung von Vermindert Frühfestigkeit Gebrannter Schiefer

zementhydratähnlichen Senkt Hydratationswärme Natürliche Puzzolane

Stoffen Erhöht Endfestigkeit Thermisch aktivierte Puzzolane

Latent hydraulisch In Gegenwart von Vermindert Porosität Hüttensandmehl (getrocknete

Typ II Anregern (Alkali, Kalk, Erhöht Dauerhaftigkeit und gemahlene Hochofen-

Sulfat) und Wasser erfolgt Vermindert Frühfestigkeit schlacke)

Bildung von zement- Senkt Hydratationswärme

hydratähnlichen Stoffen Erhöht Endfestigkeit

Hydraulisch Reaktion mit Wasser unter Verbessert Verarbeitbarkeit, Gebrannter Schiefer

Typ II Bildung von zement- Füllereffekt, d.h. vermindert Hydraulischer Kalk

hydratähnlichen Stoffen Porosität

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Betonpraxis 27

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Die übliche Klassierung der Zusatzstoffe richtet sich, wie

Abb. 1.5.1 zeigt, nach ihrem chemischen Verhalten im

Zementleim und/oder nach ihrer Wirkung im Beton. Eine

weitere Einteilung der Zusatzstoffe bezieht sich auf

deren chemische Zusammensetzung (siehe dazu das

Dreistoffdiagramm Abb. 1.1.10 in Kap. 1.1 «Zemente»).

1.5.2 Inerte Zusatzstoffe

Kalkstein- und Quarzmehl

Kalkstein- und Quarzmehl verbessern aufgrund ihrer

geringen Korngrösse, ihrer Kornzusammensetzung und

Kornform den Kornaufbau des Betons im Mehlkorn-

bereich. Sie werden zugesetzt, um beispielsweise bei

Gesteinskörnungen mit mehlkornarmen Sanden einen

für die Verarbeitbarkeit und für ein geschlossenes

Gefüge ausreichenden Mehlkornanteil einzubringen.

Kalkstein- und Quarzmehl sollten auf ihre Eignung für

den vorgesehenen Zweck geprüft werden. Mit dem

Fluvio 4 steht ein idealer Zement zur Verfügung, dem

speziell ausgewählte und geprüfte Kalksteinqualitäten

beigemahlen werden.

Fasern

Bei den Fasern für die Betonherstellung unterscheidet

man zwischen Stahlfasern, Kunststofffasern und Glas-

fasern. Erstere finden Verwendung in Betonen mit erhöh-

ten Anforderungen an seine Verformbarkeit, Duktilität

und Biegezugfestigkeit. Stahl- oder Drahtfasern werden

im Stahlfaserbeton für hochbelastete Industriefuss-

böden eingesetzt, Hochleistungsstahlfasern zum Beispiel

Abb. 1.5.2Verschiedene Arten von Stahlfasern

Abb. 1.5.3Polypropylenfasern

im ultrahochfesten Feinkornbeton. Ihre erfolgreiche

Anwendung setzt eine auf die konkrete Bauaufgabe aus-

gerichtete Beratung durch einen spezialisierten

Ingenieur voraus. Die Wirkung der Stahlfasern hängt

erheblich von ihrer Länge, ihrem Durchmesser und ihrer

Form ab. Die Dosierung beträgt in der Regel 20 bis 80 kg

Stahlfasern pro Kubikmeter Beton. Die Zugabe von

Stahlfasern zur Betonmischung benötigt besondere

Dosiervorrichtungen, um eine homogene Verteilung

sicherzustellen. Eine gewisse Verschlechterung der

Verarbeitbarkeit ist in Kauf zu nehmen. Die Empfehlung

SIA 162/6 (1999) orientiert über Stahlfaserbeton.

Polypropylenfasern, die einzigen unter den organischen

Fasern mit einer breiteren Anwendung, werden dem

Beton beigemischt, um Frühschwindrisse zu vermeiden.

In Beton mit erhöhtem Feuerwiderstand werden sie zur

Abminderung des Wasserdampfdrucks im Zementstein

eingesetzt (siehe Kap. 3.9). Pro Kubikmeter Beton sind

etwa 1 bis 2 kg Fasern notwendig. Das Einmischen ist

relativ einfach und erfordert keine speziellen Vorkehrun-

gen oder Einrichtungen. Kunstofffasern mit erhöhtem

E-Modul werden auch gegen Frühschwindrisse oder er-

gänzend zur Stahlfaser im ultrahochfesten Feinkornbeton

eingesetzt.

Alkaliresistente Glasfasern werden zur Bewehrung von

dünnen Betonplatten in der Vorfabrikation eingesetzt.

Ihre Anwendung erfordert die Erfahrung eines anerkann-

ten Spezialisten.

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Betonpraxis28

Die Anforderungen an Steinkohlenflugaschen als

Betonzusatzstoff sind in SN EN 450 geregelt. Aus

Umweltschutzgründen müssen die Steinkohlen-

flugaschen auch die Vollzugshilfe des Bafu zur

Begrenzung ihrer Schwermetallgehalte erfüllen.

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.5.4Mit Pigmenten ein-

gefärbteBetonsteine aus

Albaro 5 (weisserPortlandzement)

Anorganische Pigmente

Anorganische Pigmente werden zum Einfärben von Beton

und Mörtel verwendet (Abb. 1.5.4). Den hohen Anforde-

rungen bezüglich Beständigkeit und Korngrössenvertei-

lung genügen praktisch nur Oxidpigmente. Pigmente

haben keine chemische Wirkung im Beton. Wegen ihres

meist höheren Wasserbedarfs bedingen sie einen höhe-

ren Wasserzementwert, sofern dieser Effekt nicht durch

den Einsatz eines Fliessmittels kompensiert wird.

Die Pigmentdosierung, meist wenige Prozente bezogen

auf die Zementmasse, richtet sich nach der gewünschten

Farbintensität und wird vom Lieferanten angegeben.

Auch die besten Farbpigmente verhindern nicht, dass die

Farbe des Betons mit der Zeit etwas stumpfer wird.

Reste von gefärbtem Beton müssen sorgfältig aus Mischer,

Transportfahrzeug und Umschlaggeräten entfernt werden,

um die nachfolgenden Betonchargen nicht zu verunrei-

nigen.

1.5.3 Puzzolanische Zusatzstoffe

Allen puzzolanischen Zusatzstoffen ist gemein, dass sie

im erhärtenden Beton bei Gegenwart von genügend

Wasser langsam mit dem aus dem Zement abgespalte-

ten Calciumhydroxid reagieren, zementhydratähnliche

Stoffe bilden und dadurch zur Festigkeitsbildung beitra-

gen. Diese puzzolanische Reaktion verringert die Beton-

porosität und verbessert damit die Dauerhaftigkeit des

Betons. Betone mit puzzolanischen Zusätzen (ausgenom-

men Silicastaub) erhärten etwas langsamer als solche

ohne, besonders bei tiefer Temperatur. Nachbehandlungs-

dauer und Ausschalfristen sind gegebenenfalls angemes-

sen zu verlängern.

Wie bereits erwähnt, werden in der SN EN 206-1 puzzo-

lanische Zusatzstoffe als Betonzusatzstoffe des Typs II

bezeichnet. Um eine ausreichende Alkalität der Poren-

lösung bei Stahl- und Spannbeton zu gewährleisten,

sind maximale Zusatzstoffmengen definiert (Abb. 1.5.5).

Ebenso ist in der Norm die Anrechenbarkeit der Zusatz-

stoffe des Typs II auf den Wasserzementwert sowie den

Mindestzementgehalt mit einem k-Wert-Ansatz geregelt

(Abb. 1.5.7).

Steinkohlenflugaschen

Steinkohlenflugaschen fallen als Nebenprodukt in ther-

mischen Kraftwerken an. Ihre Qualität hängt von der ver-

wendeten Kohle sowie von der Art des Kraftwerks und

seiner Betriebsweise ab und kann deshalb in weiten

Grenzen schwanken. Die Verwendung von Steinkohlen-

flugasche aus verlässlicher Herkunft hat sich jedoch als

wertvoller Betonzusatz durchgesetzt. Als Beispiel einer

solchen Steinkohlenflugasche sei Hydrolent genannt.

Die Herstellung einwandfrei gefärbter Bauteile bedarf

grosser Erfahrung. Die Verwendung von Weisszement

(Albaro 5) und hellem Sand sind Voraussetzungen, um

gleichmässig gefärbte, helle Betonoberflächen zu

erzielen. Hingegen spielt die Farbe des Kieses eine

untergeordnete Rolle.

Abb. 1.5.5Maximale Zusatzstoffmengen des Typs II zurGewährung der Alkalität

Bei Verwendung von CEM I mit Steinkohlenflugasche und/

oder Silicastaub müssen zur Gewährleistung der Alkalitätf ≤ 0,66 · z – 3 · s

der Porenlösung folgende Bedingungen erfüllt sein:s ≤ 0,11 · z

f Steinkohlenflugaschegehalt [kg/m3] s Silicastaubgehalt [kg/m3]

z Zementgehalt [kg/m3]

Die meist hohe Feinheit der Steinkohlenflugaschen und

deren charakteristische Kornform, die Kügelchen (Abb.

1.5.6), bewirken eine Verbesserung der Verarbeitbarkeit

des Frischbetons. Auch die Dauerhaftigkeit und Dichtig-

keit des Betons werden erhöht, wenn eine Steinkohlen-

flugasche von hoher puzzolanischer Aktivität mit der

gebotenen Sorgfalt bezüglich Betonzusammensetzung

und Nachbehandlung verwendet wird. Da Steinkohlen-

flugaschen die Hydratationswärmeabgabe der erhär-

tenden Betone stark reduzieren, lassen sich mit ihr Tem-

peraturspitzen in massigen Betonbauteilen vermindern.

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Betonpraxis 29

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Abb. 1.5.6Charakteristische Kornform von Steinkohlen-flugasche (Rasterelektronenmikroskop-Auf-nahme)

Abb. 1.5.7Maximal anrechenbare Zusatzstoffmengendes Typs II auf den Wasserzementwert undden Mindestzementgehalt bei Verwendungvon CEM I und CEM II/A-LL

CEM I 1) CEM II/A-LL 2)

f ≤ 0,33 · z f ≤ 0,25 · z

Steinkohlenflugasche (f) f ≤ kf · (zmin – 200) f ≤ kf · (zmin – 200) · 0,8

f + z ≥ zmin f + z ≥ zmin

Silicastaub (s) 3)s ≤ 0,11 · z

nicht erlaubtks · s + z ≥ zmin

p ≤ 0,25 · z p ≤ 0,25 · z

Puzzolanische Zusatzstoffe (p) 3) p ≤ kp · (zmin – 200) p ≤ kp · (zmin – 200) · 0,8

p + z ≥ zmin p + z ≥ zmin

h ≤ 0,5 · z

Hüttensandmehl (h) 4) kh · h + z ≥ zmin nicht erlaubt

h + z ≥ zmin

w/zeq äquivalenter Wasserzementwert w/(z + kf · f + ks · s + kp · p + kh · h)

k-Wert für Flugasche nach SN EN 450 kf = 0,4

k-Wert für Silicastaub nach SN EN 13 263 ks = 1,0

k-Wert für Puzzolan kp = 0,4

k-Wert für Hüttensandmehl nach SN EN 15 167 kh = 0,5

1) Der k-Wert-Ansatz gilt nicht für die Expositionsklassen XA2 und XA3.

2) Der Kalksteingehalt im Zement ist mit 17 M.-% zu berücksichtigen, was zu einem Abminderungsfaktor von 0,8 führt

(1 – (17/(100 – 17)) = 0,8). Der k-Wert-Ansatz gilt ausschliesslich für Betone der Expositionsklassen XC1 bis XC4, XD1 und

XF1. Die Anforderungen des Nationalen Anhangs NC (www.sia.ch/206-1) müssen eingehalten werden.

3) Die Eignung puzzolanischer Zusatzstoffe (Typ II) gilt als nachgewiesen, wenn eine Europäische Technische Zulassung, die

sich ausdrücklich auf die Verwendung von Zusatzstoffen in Beton nach EN 206-1 bezieht, vorliegt oder die Anforderungen

des Nationalen Anhangs NB (www.sia.ch/206-1) eingehalten werden. Ferner gelten die Anforderungen des Nationalen

Anhangs NC (www.sia.ch/206-1).

4) Der k-Wert-Ansatz sollte vornehmlich für Betone des Tiefbaus und nicht für jene des Hochbaus (Expositionsklassen XC1

bis XC4, XD1 und XF1) erfolgen. Die Anforderungen des Nationalen Anhangs ND (www.sia.ch/206-1) müssen eingehal-

ten werden.

SteinkohlenflugascheHydrolent

Hydrolent ist eine speziell ausgesuchte kieselsäurereiche

Steinkohlenflugasche gemäss SN EN 450. Hydrolent lässt

sich bei verschiedenen Bauaufgaben als Betonzusatzstoff

zur allgemeinen Verbesserung der Verarbeitungseigen-

schaften von Frischbeton, aber auch zur Erzielung spezi-

fischer Festbetoneigenschaften verwenden.

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Betonpraxis30

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Silicastaub

Silicastaub, auch Kieselsäurestaub oder Mikrosilica ge-

nannt, entwickelt wegen seiner extrem hohen Feinheit

und seines sehr hohen Kieselsäuregehalts eine sehr grosse

puzzolanische Aktivität. Infolge seiner extremen Feinheit

kann Silicastaub gewisse Probleme bei der Dosierung

und bei der Homogenisierung der Betonmischung verur-

sachen. Bei nicht sachgerechter Handhabung kann sich

eine übermässige Feinststaubentwicklung einstellen, die

die Luftreinhalteverordnung verletzt. Dem kann durch

nachfolgende Verwendungsarten entgegengewirkt wer-

den:

• als in den Zement integrierter Bestandteil (z. B. Port-

landsilicastaubzement CEM II/A-D, Fortico 5R)

• als Silicastaub-Slurry (in Wasser aufgeschlämmtes

Produkt)

• als granulierter Silicastaub.

Die Zugabe von Silicastaub zur Betonmischung ver-

schlechtert deren Verarbeitbarkeit und verändert nach-

haltig deren rheologische Eigenschaften (Fliesseigen-

schaften). Durch den Zusatz besonderer Fliessmittel lässt

sich eine ausreichende Verarbeitbarkeit erzielen. Um

unangenehme Überraschungen beim Einbringen des

Frischbetons zu vermeiden, sind Versuche zur Verarbeit-

barkeit erforderlich.

Silicastaub wird in der Schweiz vorwiegend im Spritzbe-

ton sowie im Hochleistungsbeton eingesetzt. Abb. 1.5.7

gibt Auskunft über die dabei maximal anrechenbaren

Mengen auf den Mindestzementgehalt und den Wasser-

zementwert.

Natürliche Puzzolane

Natürliche Puzzolane – dazu zählt auch Trass – unter-

scheiden sich je nach Herkunft stark in ihren Eigenschaf-

ten.

1.5.4 Latent hydraulische Zusatzstoffe

Latent hydraulische Zusatzstoffe werden so genannt,

weil sie in der Gegenwart bestimmter Anreger, beispiels-

weise von geringen Mengen alkalisch reagierender

Stoffe, aber auch von Sulfaten, langsam von selber mit

Wasser unter Bildung von zementhydratähnlichen

Stoffen reagieren und sich wie Zemente verfestigen.

Hüttensande

Hüttensande – granulierte, getrocknete und auf mindes-

tens die Feinheit von Zement gemahlene Hochofenschla-

cken – fallen als Nebenprodukt der Roheisenherstellung

(Verhüttung) an. Ihre Qualität kann grossen Schwankun-

gen unterliegen. Wegen der notwendigen, relativ auf-

wendigen Investitionen zur Aufbereitung der Hochofen-

schlacke ist hochwertiger Hüttensand nur beschränkt

auf dem Markt verfügbar. Die Anforderungen und Kon-

formitätskriterien sowie die Konformitätsbewertung für

Hüttensandmehl sind in SN EN 15167 geregelt. Hütten-

sande werden in der Regel gemeinsam mit dem Klinker

gemahlen und hierbei auch getrocknet. Es entstehen

sogenannte Schlackenzemente (Portlandhüttenzement,

Abb. 1.5.8Stark belastete Stütze aus Hochleistungs-beton mit Fortico 5R

Mit einer auf die Zementmasse bezogenen Dosierung

von 5 bis 10% Silicastaub gemäss SN EN 13263 lassen

sich nachhaltige Verbesserungen der Betoneigen-

schaften erzielen:

• gesteigerte Kohäsion und stark erhöhtes Wasser-

rückhaltevermögen im Frischbeton, damit keine

Entmischung

• Verminderung des Rückpralls beim Spritzbeton

• bedeutende Erhöhung der Betonfestigkeit; erlaubt

die Herstellung von hochfestem Beton

• erhebliche Verminderung der Betonporosität,

damit eine wesentliche Verbesserung der Dauer-

haftigkeit: erhöhter Widerstand gegen Frost-,

Frosttaumittel- und Sulfatangriff sowie gegen

andere chemisch aggressive Stoffe

• verlangsamter Karbonatisierungsfortschritt, damit

verbesserter Korrosionsschutz der Bewehrung.

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Betonpraxis 31

Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

Vorteilhafte Eigenschaften von Hüttensandmehl ent-

haltenden Betonen:

• geringe Hydratationswärme und langsamere

Wärmeabgabe; daher Einsatz bei massigen Beton-

bauteilen und bei hoher Umgebungstemperatur

• dichteres Zementsteingefüge; damit deutlich erhöh-

ter Widerstand des Betons gegenüber dem Angriff

von Sulfaten, Chloriden und anderen aggressiven

Stoffen

• höhere Endfestigkeit des Betons, bei allerdings

etwas verminderter Anfangsfestigkeit

• verminderte Ausblühungsgefahr (bei hohem Schla-

ckengehalt)

Hochofenzement), die je nach Hüttensandgehalt unter

unterschiedlichen Namen und Normbezeichnungen in

den Handel gelangen (siehe Kap. 1.1). Hüttensandhaltige

Zemente erhärten umso langsamer, je höher ihr Hütten-

sandgehalt ist und erfordern eine Verlängerung der

Nachbehandlung und der Ausschalfristen. Dennoch

besitzen sie in der Anwendung eine Reihe von Vorzügen,

die sie für spezifische Betonanwendungen interessant

machen.

Je nach vorgesehenem spezifischen Verwendungszweck

werden hüttensandhaltige Zemente der Provato- bzw.

der Modero-Reihe angeboten, die sich hauptsächlich hin-

sichtlich ihres Schlackengehalts unterscheiden.

1.5.5 Hydraulische und puzzolanische Zusatzstoffe

Gebrannter Schiefer

Ölschiefer ist ein natürlich vorkommendes Sediment-

gestein, das brennbare organische Anteile (sogenanntes

Kerogen) enthält. Aufgrund dieser organischen Anteile

kann Ölschiefer bei rund 800 °C eigenständig (d. h. ohne

jegliche Energiezusätze) verbrannt werden. Dabei ent-

steht feinkörniger, gebrannter, reaktiver Schiefer, der aus

verschiedenen anorganischen Bestandteilen zusammen-

gesetzt ist, die puzzolanische, aber auch hydraulische

Eigenschaften besitzen.

Gebrannter Schiefer wird nur als Zementzusatzstoff ein-

gesetzt. Zemente mit gemahlenem, gebranntem Schiefer

verhalten sich ähnlich zu Zementen mit Puzzolanen. Sie

zeichnen sich durch eine moderate Wärmeentwicklung,

ein ausgezeichnetes Wasserrückhaltevermögen, gute

Grünstandfestigkeit und erhöhte Dauerhaftigkeit aus.

Zusatzstoffe, wie Hüttensandmehl, Kalksteinmehl und

gebrannter Schiefer, ermöglichen bei gemeinsamer Ver-

mahlung mit Portlandzementklinker eine breite Palette

an Portlandkompositzementen. Durch die Kombination

der Eigenschaften von Zusatzstoff und Klinker ergeben

sich Zemente, die sich durch besonders günstige Verar-

beitungseigenschaften und hohe Dauerhaftigkeit aus-

zeichnen.

Abb. 1.5.9Schieferbruch

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Betonpraxis32

Vom Frischbeton zum Festbeton

2 Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.1.1Kriterien für dieDauerhaftigkeit

des Betons,zugehörige

Steuergrössen und Auswirkungen

2.1 Zusammensetzung des Betons

Die Zusammensetzung des Betons bestimmt massgeb-

lich seine Eigenschaften. Durch die Veränderung von Art

und Menge seiner fünf möglichen Komponenten Zement,

Gesteinskörnung, Wasser, Zusatzstoffe und Zusatzmittel

können Betone für alle denkbaren Bauaufgaben herge-

stellt werden. Beton soll im Allgemeinen eine Nutzungs-

dauer von 50 Jahren gewährleisten. Neben den spezifi-

schen Eigenschaften, wie der Festigkeit, ist die Dauerhaf-

tigkeit eines Betons besonders wichtig. Der Beton sollte

über die vorgesehene Nutzungsdauer gegenüber allen

inneren und äusseren Einflussfaktoren fest, dicht und

beständig sein, um den Anforderungen an die Gebrauchs-

tauglichkeit zu genügen. Darüber hinaus sollte die wäh-

rend des Abbindeprozesses des Zements entstehende

Alkalität des Betons dauerhaft erhalten bleiben (Kap. 1.1

«Zemente»), um die eingebettete Bewehrung sicher vor

Korrosion zu schützen.

Beton ist unter üblichen Umweltbedingungen bei einer

auf den Verwendungszweck abgestimmten Wahl und

Zusammensetzung der Ausgangsstoffe, bei sachgerech-

ter Herstellung, Verarbeitung, Verdichtung und entspre-

chender Nachbehandlung ein dauerhafter Baustoff. In

Abb. 2.1.1 sind die wichtigsten Kriterien der Dauerhaftig-

keit von Betonbauwerken, zugehörige Steuergrössen und

ihre Auswirkungen aufgeführt. Die Mindestanforderungen

an die Zusammensetzung des Betons sind in SN EN 206-1

entsprechend seiner geplanten Nutzung festgelegt, wie

in Kap. 2.2 «Festlegung des Betons» beschrieben wird.

Kriterien für die Dauerhaftig-Steuergrössen Auswirkung

keit von Betonbauwerken

abgestimmte stetige hohe Packungsdichte der Gesteinskörnung

statisch ausreichende und Kornzusammensetzung verringert den Wasseranspruch und das

nach oben begrenzte niedriger w/z-Wert Hohlraumvolumen

Druckfestigkeit niedriger w/z-Wert Verminderung des Wassergehalts im Beton

und damit der Porosität des Zementsteins

hohe Dichtheit Verwendung von Betonver- Erhöhung der Druckfestigkeit und Dichtheit

flüssigern oder Fliessmitteln des Betons

optimale Alkalität Einsatz von Zusatzstoffen Nachverdichtung und -erhärtung des Zementsteins

wie Steinkohlenflugasche, durch puzzolanische Zusatzstoffe

Undurchlässigkeit gegen- Silicastaub Verbesserung der Kontaktzone zwischen Zement-

über schädigenden Medien stein und Gesteinskörnung durch Silicastaub

gute Homogenisierung durch aus-

Beständigkeit gegenüber reichend lange und wirksame optimale Ausnutzung aller Betonkomponenten

Angriffen aus der Umge- Mischzeit

bung (Frost, Taumittel, Einführung künstlicher Luftporen Widerstand gegen Frost und Taumittel

chemische Stoffe) (Luftporenbildner)

optimale Verdichtung des Betons Dichtes Betongefüge ohne Entmischungen

Begrenzung der Schwindnei- Verringerung des Verdichtungsporenanteils

gung des Betons zur Reduk- ausreichende Nachbehandlung optimale Hydratation des Zements, Dichtheit

tion der Rissbildungsgefahr insbesondere der Betonoberfläche (Angriffsfläche

aller Medien)

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Betonpraxis 33

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.1.3Einfluss des w/zeq-Werts auf die 28-Tage-Druckfestig-keit von Beton mitNormo 4 (CEM I 42,5 N).Bei Verwendunganderer Zementeist die entsprechen-de Holcim Produkt-Information zukonsultieren

Abb. 2.1.4Einfluss des w/zeq-Werts auf denChloriddiffusions-koeffizientenbei einem 28-tägigen Beton

Festigkeit

TieferWasserzementwert

HoherWasserzementwert

Wassersaugen

wenig viel

schwach stark

Bluten

schwach stark

Frischbeton

abgeson-dertesWasser

Beständigkeit

KeineAbplatzung

Farbe

Schwinden

hoch niedrig

Abplatzung

DunklereOberfläche

HellereOberfläche

üblicher Anwendungsbereich (0,45–0,60)

w/zeqeq-Wert [–]

Dru

ckfe

stig

keit

[N/m

m2 ] 70

60

50

40

30

20

100,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1

Abb. 2.1.2Einfluss des w/z-Werts auf Betoneigenschaften

0,30

10

20

30

40

50

0,4 0,5

w/zeq-Wert [–]

Ch

lori

d-D

iffu

sion

skoe

ffiz

ien

t[·

10–1

3m

2 /s]

0,6 0,7 0,8

Bedeutung des Wasserzementwerts

Ein zentraler Kennwert des Betons ist sein Wasserzement-

wert (Abb. 2.1.2 bis 2.1.4). Um den frischen Beton gut

verarbeiten zu können, muss beim Anmachen im Allge-

meinen mehr Wasser zugegeben werden, als für die

Hydratation des Zements erforderlich ist. Dieses soge-

nannte Überschusswasser wird nicht chemisch gebunden

und führt zur Kapillarporosität des Zementsteins. Mass-

gebend für die Gesamtporosität des Zementsteins ist

jedoch nicht die absolute Wassermenge, sondern die auf

eine bestimme Zementmenge entfallende relative Was-

sermenge. Der Wasserzementwert w/z bzw. der äquiva-

lente Wasserzementwert w/zeq (Abb. 1.5.7) bestimmt

massgeblich über die Zementsteinporosität die Fest-

betoneigenschaften. Der äquivalente Wasserzementwert

ist das Massenverhältnis des wirksamen Wassergehaltes

zur Summe aus Zementgehalt und k-fach anrechenbaren

Anteilen von Zusatzstoffen.

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Betonpraxis34

Vom Frischbeton zum Festbeton

Bedeutung des Zementgehalts

Zement und Wasser bilden den Zementleim. Im Frischbe-

ton muss der Zementleim die Gesteinskörner umhüllen

und verbleibende Hohlräume ausfüllen. Vollständig ver-

dichteter Konstruktionsbeton mit ausreichendem Zusam-

menhaltevermögen soll ein Mindestzementleimvolumen

von rund 260 l/m3 bei einem Grösstkorn von 32 mm auf-

weisen. Der erforderliche Zementgehalt im Beton wird

mit abnehmendem w/z-Wert und bei gebrochener Ge-

steinskörnung, d. h. mit steifer werdendem Zementleim,

grösser (Abb. 2.1.5). Bei genügendem Zementgehalt wird

während des Abbindens so viel Calciumhydroxid Ca(OH)2

gebildet, dass durch dessen hohe Alkalität und die erreich-

te geringe Betonporosität die eingebettete Stahlbeweh-

rung zuverlässig vor Korrosion geschützt wird. So emp-

fiehlt sich eine Anhebung des Zementgehalts bei Beton

mit erhöhten Anforderungen an die Sichtfläche (Kap.

2.12), bei Pumpbeton (Kap. 2.6) oder selbstverdichten-

dem Beton (Kap. 2.8). Auch bei Verwendung von kantiger

anstelle der sonst in der Schweiz üblichen runden Ge-

steinskörnung ist die Erhöhung der Zementleimmenge

erforderlich.

Abb. 2.1.6Schlechte Packungsdichte, hohe Porositätbei Beton mit nur einer Korngruppe(schematische Darstellung)

Abb. 2.1.7Gute Packungsdichte, niedrige Porositätbei Beton mit gut abgestuftem Korngemisch(schematische Darstellung)

Abb. 2.1.5Zementleimvolumen in Abhängigkeit desGrösstkorns

0 8 16 32 63150

200

250

300

350

400

Dmax [mm]

Zem

entl

eim

volu

men

[l/

m3 ]

vibrierter Beton

kantige Gesteinskörnung

runde Gesteinskörnung

Niedrige Betonporosität

Ein Korngemisch mit wohlabgestimmter, kontinuierlicher

Kornzusammensetzung führt zu einem Beton mit guter

Verarbeitbarkeit, namentlich hoher Kohäsion und gerin-

ger Entmischungsneigung (Bluten, Sedimentation). Der

Wasseranspruch des Korngemischs als auch der für eine

gute Verarbeitbarkeit erforderliche Zementleimgehalt

werden begrenzt (Abb. 2.1.6 und 2.1.7). Der daraus resul-

tierende Festbeton hat damit eine niedrige Porosität,

was ihm eine hohe Dauerhaftigkeit verleiht. Korngemi-

sche mit Ausfallkörnungen (fehlende Korngruppen zwi-

schen der feinsten und der gröbsten Gruppe, Abb. 1.3.18)

sind deshalb nur dann zu verwenden, wenn damit ande-

re Vorteile, wie z.B. eine verbesserte Pumpbarkeit, erzielt

werden.

Porosität im Zementstein

Zementstein besitzt aufgrund des Aufbaus der Hydrata-

tionsprodukte kein absolut dichtes Gefüge. So ist der

Zementstein immer von Gelporen durchsetzt, die etwa

25% bis 30% seines Volumens einnehmen. Oberhalb

eines Wasserzementwerts von etwa 0,4 kommen Kapil-

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Betonpraxis 35

Vom Frischbeton zum Festbeton

Stoffraumrechnung

In der Praxis wird der Anteil der einzelnen Betonkompo-

nenten (Zement, Wasser, Gesteinskörnung, Luft, Zusatz-

mittel, Zusatzstoffe) an der Mischung durch die Stoffraum-

rechnung bestimmt. Man errechnet hierbei den Volumen-

teil jeder Komponente an einem Kubikmeter (1 m3 =

1000 l) verdichteten Betons. Den Volumenteil der ein-

Masse [kg]Volumen [l] =

Dichte [kg/l]

Abb. 2.1.9

Schema zur Berechnung der Komponenten für einen

Kubikmeter verdichteten Betons nach SN EN 206-1,

C30/37; XC4, XF1, XD1; Dmax32; Cl 0,20; C2

Vorgabe Betonkomponenten Gehalt Dichte Stoffraum Rechenweg

SN EN 206-1 [kg/m3] [kg/l] [l/m3]

zmin = 300 Zement 320 3,1 103

max. w/z = 0,50 Gesamtwasser 157 1,0 157 0,49 · 320 = 157 (w/z = 0,49)

Luftporen (2,0%) – – 20

Zementleimvolumen 103 + 157 + 20 = 280

Trockene Gesteins- 1944 2,7 720 1000 – 280 = 720

körnung 0–32 mm (Gesamtvolumen minus

Zementleimvolumen)

Abb. 2.1.8Grösse der Zementsteinporen und geeigneteUntersuchungsmethoden

[m]

10–1

10–2

10–3

10–4

10–5

10–6

10–7

10–8

10–9

10–10

Poren Untersuchungsmethoden

cm

Verd

ich

tun

gsp

oren

Luft

por

en

Au

ge

Kap

iller

por

en

Elek

tron

enm

ikro

skop

ind

irek

te M

eth

oden

Mik

rosk

op

Gel

por

en

mm

µm

nm

zelnen Komponente erhält man aus deren Masse, indem

diese durch die Dichte der Komponente dividiert wird:

larporen hinzu, deren Anteil und Grösse mit zunehmen-

dem Wasserzementwert stark ansteigen. In Mörtel und

Beton können ausserdem Luft- und Verdichtungsporen

auftreten. In Abb. 2.1.8 wird ein Überblick von Grössen

der verschiedenen Porenarten und über mögliche

Untersuchungsmethoden gegeben.

Die Anteile der einzelnen Ausgangsstoffe ergeben sich

aus den Anforderungen an den Frisch- und Festbeton

gemäss Kapitel 2.2 «Festlegung des Betons».

Der Volumenteil der Luftporen, sowohl der natürlich ent-

stehenden Luftporen (bei weichem Beton in der Regel 1

bis 2%) als auch der künstlich eingeführten, muss in der

Stoffraumrechnung mit berücksichtigt werden. Abb. 2.1.9

zeigt ein Schema zur Berechnung der Komponenten für

einen Kubikmeter verdichteten Betons nach SN EN 206-1,

C30/37; XC4, XF1, XD1; Dmax32; Cl 0,20; C2 (vgl. auch

Abb. 2.2.2).

Zusatzmittel werden ab einer Gesamtzugabemenge

von über 3 l/m3 auf den Wasserzementwert angerechnet

und müssen beim Zugabewasser berücksichtigt werden.

Im Beispiel in Abb. 2.1.9 wurden trockene Gesteinskör-

nungen angenommen. Um die effektiv notwendige

Menge an Gesteinskörnungen zu erhalten, muss bei

jeder Korngruppe das als Feuchtigkeit im Korngemisch

enthaltene Wasser (im Allgemeinen 4 bis 6% beim Sand;

1 bis 3% beim Kies) hinzuaddiert werden. Zieht man die

Gesamtmenge des als Feuchtigkeit in der Gesteinskör-

nung enthaltenen Wassers vom Anmachwasser ab,

erhält man die notwendige Zugabewassermenge.

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Betonpraxis36

Festlegen des Beton nach Beton nach

Betons Eigenschaften Zusammensetzung

Festlegen der Verfassende, Ausschreibende

Anforderungen (Planende, Ingenieure, Architekten)

Betonzusammen- Betonherstellende

setzung (Transportbetonwerke,Verfassende,

Erstprüfung Baustellenanlagen)Ausschreibende

Produktionskontrolle Betonherstellende

Konformität Betonherstellende Herstellende/Verfassende

Annahmeprüfung Betonverarbeitende (Bauunternehmen)

Abb. 2.2.1Verantwortlichkeiten für die Festlegung desBetons nach SN EN 206-1

Abb. 2.2.2Festlegung für Beton nach Eigenschaften

2.2 Festlegung des Betons

Betone nach SN EN 206-1

Verantwortung

Die SN EN 206-1 ist eine Produktenorm, die die Anforde-

rungen an die Ausgangsstoffe, die Festlegung des Betons,

die Eigenschaften von Frisch- und Festbeton und deren

Nachweis, die Lieferung von Frischbeton, die Verfahren

der Produktionskontrolle, die Konformitätskriterien sowie

die Beurteilung der Konformität definiert. Die Norm gilt

für alle normal verdichteten Betone, mithin Normalbeton,

Leichtbeton und Schwerbeton, jedoch nicht für Spezial-

betone.

Beton ist nach SN EN 206-1 entweder als Beton nach

Eigenschaften oder als Beton nach Zusammensetzung

festzulegen. Der Verfasser der Festlegung des Betons

muss sicherstellen, dass alle relevanten Anforderungen

für die Betoneigenschaften in der dem Hersteller zu über-

gebenden Festlegung enthalten sind. Zudem sind alle

Anforderungen an Betoneigenschaften festzulegen, die

für den Transport nach der Lieferung, das Einbringen, die

Verdichtung, die Nachbehandlung oder weitere Behand-

lungen erforderlich sind. Dabei werden die Verantwort-

lichkeiten aufgeteilt: die der Ausschreibenden, im Wesent-

lichen also Architekten, Planer und Ingenieure, die der

Betonhersteller und die der bauausführenden Firmen

(Abb. 2.2.1).

Beton nach Eigenschaften

Beton nach Eigenschaften ist Beton mit festgelegten

Eigenschaften und gegebenenfalls zusätzlichen Anforde-

rungen, für deren Bereitstellung und Erfüllung der Her-

steller verantwortlich ist. Die grundlegenden Anforderun-

gen nach SN EN 206-1 beinhalten die Druckfestigkeits-

klasse, Expositionsklasse, den Nennwert des Grösstkorns

der Gesteinskörnung, die Chloridgehaltsklasse und die

Konsistenz (Abb. 2.2.2). Für Leichtbeton ist zusätzlich die

Rohdichteklasse oder der Zielwert der Rohdichte, für

Schwerbeton zusätzlich der Zielwert der Rohdichte fest-

zulegen.

Beton nach Zusammensetzung

Beton nach Zusammensetzung ist Beton mit festgelegter

Zusammensetzung und gegebenenfalls vorgegebenen

Ausgangsstoffen, für deren Einhaltung der Hersteller ver-

antwortlich ist.

Vom Frischbeton zum Festbeton

SN EN 206-1

C25/30

Druck-festigkeits-

klasse

XC4XF1

Expositions-klasse

C3

Konsistenz-klasse

Dmax = 32

Grösst-korn

Cl 0,20

Chlorid-gehalts-

klasse

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Betonpraxis 37

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.2.3Druckfestigkeitsklassen für Normal-, Schwer- (links) sowie Leichtbeton(rechts) nach SN EN 206-1. Angegeben sind die charakteristischenMindestdruckfestigkeiten unter Berücksichtigung des 5%-Fraktilwerts

Zylinder 1) 2) Würfel 1) 3)

Druckfestig-fck,cyl fck,cube

keitsklasse[N/mm2] [N/mm2]

LC 8/9 8 9

LC 12/13 12 13

LC 16/18 16 18

LC 20/22 20 22

LC 25/28 25 28

LC 30/33 30 33

LC 35/38 35 38

LC 40/44 40 44

LC 45/50 45 50

LC 50/55 50 55

LC 55/60 55 60

LC 60/66 60 66

LC 70/77 70 77

LC 80/88 80 88

1) Lagerung der Probe unter Wasser, Prüfalter 28 Tage

2) Zylinder: Durchmesser = 150 mm, Länge = 300 mm

3) Würfel: Kantenlänge = 150 mm

Leic

htb

eton

Hoc

hfe

ster

Leic

htb

eton

Nor

mal

- u

nd

Sch

wer

bet

onH

och

fest

er B

eton

Zylinder 1) 2) Würfel 1) 3)

Druckfestig-fck,cyl fck,cube

keitsklasse[N/mm2] [N/mm2]

C 8/10 8 10

C 12/15 12 15

C 16/20 16 20

C 20/25 20 25

C 25/30 25 30

C 30/37 30 37

C 35/45 35 45

C 40/50 40 50

C 45/55 45 55

C 50/60 50 60

C 55/67 55 67

C 60/75 60 75

C 70/85 70 85

C 80/95 80 95

C 90/105 90 105

C 100/115 100 115

1) Lagerung der Probe in Wasser, Prüfalter 28 Tage

2) Zylinder: Durchmesser = 150 mm, Länge = 300 mm

3) Würfel: Kantenlänge = 150 mm

Druckfestigkeitsklasse

Der Beton wird anhand seiner Druckfestigkeit in ver-

schiedene Druckfestigkeitsklassen eingeteilt. Dabei wird

zwischen den Druckfestigkeitsklassen für Normal- und

Schwerbeton und für konstruktiven Leichtbeton unter-

schieden. Um die unterschiedlichen Prüfmethoden inner-

halb Europas zu berücksichtigen, werden je Druckfestig-

keitsklasse die charakteristische Mindestdruckfestigkeit

sowohl für den Zylinder als auch für den Würfel angege-

ben.

Rohdichte

Entsprechend seiner ofentrockenen Rohdichte wird Beton

als Normalbeton, Leichtbeton oder Schwerbeton definiert:

• Leichtbeton ≥ 800 bis ≤ 2000 kg/m3

• Normalbeton > 2000 bis ≤ 2600 kg/m3

• Schwerbeton > 2600 kg/m3.

Rohdichteklassen für Leichtbeton

Wird Leichtbeton anstelle der Festigkeit nach seiner Roh-

dichte in Klassen eingeteilt, ist Abb. 2.2.4 anzuwenden.

Rohdichteklasse D1.0 D1.2 D1.4 D1.6 D1.8 D2.0

≥ 800 >1000 >1200 >1400 >1600 >1800Rohdichtebereich

bis bis bis bis bis bis[kg/m3]

≤ 1000 ≤ 1200 ≤ 1400 ≤ 1600 ≤ 1800 ≤ 2000

Abb. 2.2.4Klasseneinteilung von Leichtbeton nach derRohdichte

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Betonpraxis38

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.2.5Prüfung der Druckfestigkeit am Würfel

Abb. 2.2.6Normlagerung der Proben unter Wasser

≈ 80 ≈ 95 100 ≈107

h: ø = 2ø = 150 mm 200 mm 150 mm 100 mm

WürfelZylinder

[%]

Einfluss der Probekörpergrösse

Die Druckfestigkeit von Beton wird in der Schweiz in der

Regel an einem Betonwürfel mit der Kantenlänge 150 mm

bestimmt, der bis zum Prüfzeitpunkt, z. B. 28 Tage, unter

Wasser gelagert wird (Abb. 2.2.5 und 2.2.6).

Abb. 2.2.7Die Druckfestigkeit hängt von Grösse undGeometrie der Prüfkörper ab. Die aufgeführ-ten Vergleichswerte gelten für 28 Tage altenBeton; rot gekennzeichnet ist ein Würfel miteiner Kantenlänge von 150 mm

Die Druckfestigkeit von Betonwürfeln nimmt unter sonst

gleichen Verhältnissen und der Verwendung üblicher

Druckprüfmaschinen mit zunehmender Kantenlänge

bzw. Würfelgrösse ab. Die Zylinderdruckfestigkeit liegt 15

bis 20% tiefer als die Würfeldruckfestigkeit. Dabei ist zu

beachten, dass diese Verhältnisse nur für ein Alter von 28

Tagen und bei Normlagerung gelten (Abb. 2.2.7).

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Betonpraxis 39

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.2.8Die Expositionsklassen gemäss SN EN 206-1

Expositionsklasse

Für die Festlegungen der Dauerhaftigkeit stehen gemäss

SN EN 206-1 insgesamt 5 Expositionsklassen zur Verfü-

gung, die jeweils in bis zu vier weitere Klassen unterglie-

dert sind. Unterschieden werden Einwirkungen auf die

Bewehrung im Beton:

• Expositionsklasse XC (Carbonation): Beanspruchung

durch Karbonatisierung

• Expositionsklasse XD (Deicing): Beanspruchung durch

Chlorideinwirkung aus Taumittel

sowie auf den Beton selbst:

• Expositionsklasse XF (Freezing): Beanspruchung durch

Frost mit/ohne Taumitteleinwirkung

• Expositionsklasse XA (Chemical Attack): Beanspruchung

durch chemische Angriffe.

Die Expositionsklasse X0 (kein Angriffsrisiko) gilt nur für

Betone ohne Bewehrung oder eingebettetes Metall in

Innenräumen oder im Boden, bei denen kein Frost- oder

chemischer Angriff vorliegt. Die verschiedenen Exposi-

tionsklassen mit ihren unterschiedlichen Angriffsgraden

sind in Abb. 2.2.9 dargestellt.

Bei der Planung von Bauteilen bzw. Bauwerken sind so-

wohl die lastunabhängigen wie auch die lastabhängigen

Einwirkungen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit zu

berücksichtigen. Bauwerke gelten als dauerhaft, wenn

sie während der vorgesehenen Nutzungsdauer ihre Funk-

tion hinsichtlich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit

ohne wesentlichen Verlust der Nutzungseigenschaften

bei einem angemessenen Instandhaltungsaufwand

erfüllten. Die Expositionsklasse definiert den Grad des

Angriffs durch Umwelteinflüsse, dem Beton und Beweh-

rung ausgesetzt sind – ohne Berücksichtigung der Ein-

wirkungen durch Lasten.

Die Dauerhaftigkeitsbemessung in der europäischen und

schweizerischen Betonnorm erfolgt nach einem soge-

nannten deskriptiven Konzept. Es basiert auf den Exposi-

tionsklassen und auf zugeordneten Massnahmen, wie

z. B. Betonzusammensetzung, stichprobenartigen Dauer-

CO2 (Karbonatisierung) XC

Tausalz (Chloride) XD

Frost- und Frost-Tausalz-Angriff XF

Chemischer Angriff XA

haftigkeitsprüfungen (SN EN 206-1, Tabelle NA. 3) oder

der Betondeckung der Bewehrung. Für die Betonzusam-

mensetzung werden dabei folgende Anforderungen an

den Beton festgelegt:

• maximaler Wasserzementwert

• Mindestzementgehalt

• Luftgehalt des Betons

• Verwendung von zulässigen Zementarten

• Anrechnungsregeln für Betonzusatzstoffe (k-Wert-

Konzept).

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Betonpraxis40

Abb. 2.2.9Expositionsklassen nach SN EN 206-1

Vom Frischbeton zum Festbeton

DauerhaftigkeitsprüfungenSIA 262/1 Anhang A: Wasserleit-fähigkeit und Porosität von BetonSIA 262/1 Anhang B: Chloridwider-stand von BetonSIA 262/1 Anhang C: Frost-Tausalz-Widerstand von Beton

Grenzwerte und Prüfhäufigkeiten fürdie Dauerhaftigkeitsprüfungen sind inSN EN 206-1, Tab. NA.5 festgelegt.

A

B

C

1

23

4

0,65 280

0,65 280

0,60 280

0,50 300

0,50 300

0,50 300

0,45 320

0,50 300

0,50 300

0,50 300

0,45 340

max

imal

er W

asse

r-ze

men

twer

t(w

/z)

Min

dest

zem

ent-

geha

ltin

kg/

m3

Bauteile ohne Bewehrung oder eingebettetes Metall in nicht Beton

Beton, der Bewehrung oder anderes Metall enthält, und der Luft und

Beton, der Bewehrung oder anderes Metall enthält, und der chlorid-

Durchfeuchteter Beton, der erheblichem Angriff durch Frost-Tau-

unbewehrte Fundamente ohne Frost,unbewehrte Innenbauteile

bewehrte Innenbauteile, Bauteile die ständigin Wasser getaucht sind

Fundamente

vor Regen geschützter Beton im Freien;offene Hallen, Feuchträume

Aussenbauteile mit direkter Bewitterung;Beleuchtungsmasten, Balkone

Betonoberflächen, die chloridhaltigemSprühnebel ausgesetzt sind; Einzelgaragen

Bauteile, die chloridhaltigem Industrieabwasserausgesetzt sind; Schwimmbäder

Teile von Brücken mit Spritzwasser; Betonbeläge,Parkdecks

vertikale Aussenbauteile, die Regen und Frostausgesetzt sind

vertikale Bauteile, die Frost und Taumittel(Sprühnebelbereich) ausgesetzt sind

horizontale Aussenbauteile, die Regen und Frostausgesetzt sind

horizont. und vertik. Bauteile, die Frost und Taumittel(Sprüh- und Spritzwasserbereich) ausgesetzt sind

kein Korrosions- oder Angriffsrisiko X0

Bewehrungskorrosion durchKarbonatisierung XC

trocken oder ständig feucht

nass, selten trocken

mässige Feuchte

wechselnd nass und trocken

Bewehrungskorrosion durchChloride XD

mässige Feuchte

nass, selten trocken

wechselnd nass und trocken

Frostangriff mit und ohneTaumittel XF

mässige Wassersättigungohne Taumittel

mässige Wassersättigungmit Taumittel

hohe Wassersättigungohne Taumittel

hohe Wassersättigungmit Taumittel

X0

XC1

XC2

XC3

XC4

XD1

XD2

XD3

XF1

XF2

XF3

XF4

Bauwerksteile, die chemischem Angriff durch na-türliche Böden und Grundwasser ausgesetzt sind. Essind die Grenzwerte zu beachten

chemisch schwach angreifendXA1

chemisch mässig angreifendXA2

chemisch stark angreifendXA3

Angr

iff a

uf

Klas

seUmgebung Anwendungsbeispiele (informativ)

Beton, der chemischem Angriff durch natürliche Böden und Grund- Betonangriff durch aggressivechemische Umgebung XA

Bew

ehru

ngBe

ton

1

AnforderungenBei Grösstkorn 32 mm und ohneAnrechnung von ZusatzstoffenMindestzementgehalt + 20 kg/m3

Erhöhte Anforderungen an dieGesteinskörnungMindestluftgehalte im Frischbetonsowie Mindestzementgehalte inAbhängigkeit vom Grösstkorn desBetons gemäss Abb. 3.5.3

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Betonpraxis 41

Vom Frischbeton zum Festbeton

Zulassungsvermerke1 Zulassung gemäss Ergänzung

NB SN EN 206-1

Hersteller: Holcim (Schweiz) AG

Hersteller: Holcim (Süddeutschland) GmbH

a

b

X

CEM

II/B

-LL

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X X X XXX X X

X X XXX X X

X X XXX X X

X X X

X

X

X

X

XX X X

X X XX X

X XX

X XX

X X

X

X

XX

X

X

X

X

X

X

X X X X X

X X

XX

X1 X1

X1

X1 X1

X X

X X X

X X

Prüf

unge

n/An

ford

erun

gen

CEM

IN

orm

o, A

lbar

o,Pr

oteg

o

CEM

II/B

-TRi

ten

o

CEM

II/A

-LL

Flu

vio

CEM

II/A-

M(V

-LL)

Flex

trem

o 4R

CEM

II/A

-DFo

rtic

o

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

CEM

II/A

-M(D

-LL)

X

X

X

X

X

X

X

X

X

CEM

III/

AM

oder

o 3A

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X1X1

X1

X1X1

CEM

III/

BM

oder

o 3B

CEM

II/A

-SPr

ovat

o

CEM

II/B-

M(V

-LL)

Flex

trem

o 3R

zulässige Zementarten

angreifender Umgebung

Feuchtigkeit ausgesetzt ist

haltigem Wasser einschliesslich Tausalz ausgesetzt ist

Wechsel ausgesetzt ist

wasser ausgesetzt ist

Bei der Expositionsklasse XA sind Fachleute zur Festlegung der Betonzusammensetzungund/oder Prüfung beizuziehen.

Erfolgt wegen des Sulfatgehalts im Grundwasser oder Boden die Zuordnungzu den Expositionsklassen XA2 oder XA3, sind Zemente mit einem hohen Sulfatwiderstand

gemäss SN EN 197-1:2000 zu verwenden.

A

A

A B

A B

C 3 4

C 3 4

C 3 4

2a a

b

3

Bis

olvo

3R

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Betonpraxis42

Für jedes Bauobjekt müssen sämtliche Expositions-

klassen bauteilbezogen festgelegt werden. Oft ist ein

Bauteil mehreren Expositionsklassen ausgesetzt, die die

Planenden festlegen müssen. Die Betonhersteller müssen

den Beton nach der jeweils massgebenden Expositions-

klasse auswählen. Weitere Informationen können dem

Flyer «Expositionsklassen – Anwendungsbeispiele» der

Holcim (Schweiz) AG entnommen werden.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.2.10Expositionsklassen am Beispiel eines Hoch-baus (Prinzipskizze)

Grösstkorn

Zur vollständigen Beschreibung des Betons ist die Festle-

gung des Grösstkorns erforderlich. Das Grösstkorn ist da-

bei so zu wählen, wie es die Verarbeitung, die Bewehrung

und die Abmessungen des Bauteils es zulassen bzw. ver-

langen. In der Regel liegt es bei 32 mm. Für höhere Be-

wehrungsdichten oder kleinere Bauteile kann das Grösst-

korn auf 16 bzw. 8 mm begrenzt werden.

Chloridgehaltsklasse

Im Allgemeinen kann von einem Einhalten der höchsten

Anforderungsklasse, nämlich jener für Spannbeton, aus-

gegangen werden.

Konsistenzklasse

Für die Verarbeitung des Betons ist die Auswahl der

geeigneten Konsistenz ebenfalls von Bedeutung. Ab-

hängig von den in der Schweiz üblichen Prüfmethoden

der Konsistenzmessung (Ausbreitmass, Verdichtungs-

mass nach Walz und Setzmass) wurden den einzelnen

Messbereichen nun entsprechende Konsistenzklassen

(Abb. 2.2.12) zugeteilt.

Ausschreibung für Beton

Im Normenpositionenkatalog (NPK) sind für Ausschrei-

bungen von Betonen nach Eigenschaften sogenannte

Einheitsbetone festgelegt. Mit diesen Einheitsbetonen

können die meisten Betonarbeiten im Hoch- und Tiefbau

ausgeschrieben werden, da alle Expositionsklassen und

die wichtigsten, d. h. in der Praxis üblichen, Druckfestig-

keitsklassen abgedeckt werden (Abb. 2.2.13).

Mögliche ExpositionsklassenXC XD XF XA

Bauteile/Anwendungsbeispiel 1 2 4 3 1 3 4 1 2 3 BemerkungAussenbauteile x x NPK E oder G*

Aussenbauteile x x NPK C

Innenbauteile x NPK A

Einstellhalle (ohne Frost) x x NPK F oder G*

Aussenparking, Betonstrassen x x x NPK F oder G*

Bauteile im Grundwasser x x x (x) (x) (x) Je nach Umgebung

Fundamente x x NPK A

* Beton ohne künstliche Luftporen; NPK = Normpositionenkatalog; (x): es gelten beson-

dere Empfehlungen für den max. w/z-Wert und den Mindestzementgehalt

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Betonpraxis 43

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.2.12Konsistenzklassen nach SN EN 206-1. In der Schweiz angewandte Prüfmethodenund Konsistenzbeschreibung nach Holcim

Abb. 2.2.13Beispiele für die Ausschreibung von Betonnach Eigenschaften

Ausbreitmass Verdichtungsmass Setzmass Konsistenzbeschreibung

Klasse Wert [mm] Klasse Wert Klasse Wert [mm] nach Holcim

C0* ≥ 1,46 erdfeucht

F1* ≤ 340 C1 1,45 bis 1,26 S1 10 bis 40 steif

F2 350 bis 410 C2 1,25 bis 1,11 S2 50 bis 90 plastisch

F3 420 bis 480 C3 1,10 bis 1,04 S3 100 bis 150 weich

F4 490 bis 550 S4 160 bis 210 sehr weich

F5 560 bis 620 S5* ≥ 220 fliessfähig

F6* ≥ 630 sehr fliessfähig

* Wegen fehlender Empfindlichkeit der Prüfverfahren nicht zu empfehlen.

Eine allgemein verbindliche Korrelation zwischen den Konsistenzklassen existiert nicht, jedoch hat

die Praxis eine annähernde Gleichwertigkeit gezeigt.

Abb. 2.2.11Chloridgehaltsklassen nach SN EN 206-1

Betonverwendung Chloridgehalts- Höchster zulässiger

klasse Chloridgehalt, bezogen

auf den Zement [M.-%]

Unbewehrter Beton Cl 1,0 1,0

Stahlbeton Cl 0,20 0,2

Spannbeton Cl 0,10 0,1

Bezeichnung NPK A NPK B NPK C NPK D NPK E NPK F NPK G1)

Grundlage Beton nach Beton nach Beton nach Beton nach Beton nach Beton nach Beton nach

SN EN 206-1 SN EN 206-1 SN EN 206-1 SN EN 206-1 SN EN 206-1 SN EN 206-1 SN EN 206-1

Festigkeitsklasse C25/30 C25/30 C30/37 C25/30 C25/30 C30/37 C35/45

Expositionsklasse XC1, XC2 XC3 XC4 XF2 XF3 XF4 XF4

Nennwert Grösstkorn Dmax32 Dmax32 Dmax32 Dmax32 Dmax32 Dmax32 Dmax32

Chloridgehaltsklasse CI 0,10 CI 0,10 CI 0,10 CI 0,10 CI 0,10 CI 0,10 CI 0,10

Konsistenzklasse C3 C3 C3 C3 C3 C3 C3

Vom Betontyp abgedeckte XC1, XC2 XC3 XC4 XC4 XC4 XC4 XC4

Expositionsklassen XF1 XF2 XF3 XF4 XF4

XD1 XD1 XD1 XD3 XD3

XD2 XD2 XD2

zmin [kg/m3] 280 280 300 300 300 340 340

w/zmax [–] 0,65 0,60 0,50 0,50 0,50 0,45 0,45

1) Beton ohne oder mit wenig künstlich eingeführten Luftporen nach Tabelle NA.3 der Norm SN EN 206-1

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Betonpraxis44

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.3.1Verdichtungsmass

nach Walz

Abb. 2.3.2Ausbreitmass

Abb. 2.3.3Setzmass (Slump)

2.3 Verarbeitbarkeit undKonsistenz

Bedeutung der Verarbeitbarkeit

Von der Verarbeitbarkeit des Betons hängt es wesentlich

ab, wie gut und wie leicht und mit welchen Kosten er

sich auf der Baustelle umschlagen, fördern und in die

Schalung einbringen und verdichten lässt. Vom guten

Einbringen, der einwandfreien Umhüllung der Beweh-

rung mit Beton und namentlich vom guten Verdichten

hängen aber auch entscheidend die Qualität des erhärte-

ten Betons, seine Festigkeit und vor allem seine Dauer-

haftigkeit ab.

Definitionen von Verarbeitbarkeit und Konsistenz

Der Begriff Betonverarbeitbarkeit lässt sich nicht präzise

definieren. Man versteht darunter ein Bündel von ver-

schiedenen Eigenschaften, wie Konsistenz, Kohäsion

(Zusammenhalt) bzw. Entmischungsneigung, Fliess-

verhalten und Abziehbarkeit (Finishverhalten), die alle

voneinander abhängen. Die Konsistenz, unter der man in

wissenschaftlichem Sinne die innere Reibung der festen

Teilchen des Betons untereinander und mit dem Anmach-

wasser versteht, lässt sich mit verschiedenen Prüfmetho-

den praxisgerecht charakterisieren.

Konsistenz-Prüfmethoden: «Walz», Ausbreitmass,

Setzmass

Die in der Schweiz am meisten verwendeten Konsistenz-

Prüfmethoden sind das Verdichtungsmass nach Walz, das

Ausbreitmass, sowie das Setzmass (im englischen Sprach-

gebiet Slump genannt). Die genannten Prüfmethoden

(Abb. 2.3.1, 2.3.2, 2.3.3) sind nicht im gesamten Konsis-

tenzbereich gleichermassen geeignet. Aus Abb. 2.2.12

sind die gebräuchlichen Bezeichnungen für die ver-

schiedenen Konsistenzbereiche, die hierfür geeigneten

Prüfmethoden sowie die für den betreffenden Bereich

charakteristischen Messwerte ersichtlich.

Die Verarbeitbarkeit bei Betonierbeginn überprüfen

Die Art der Betonkomponenten sowie die Herstellung

beeinflussen das Messergebnis etwas. Gleiche Konsistenz-

messwerte von Beton aus verschiedenen Werken bürgen

daher nicht unbedingt für gleiche Verarbeitbarkeit. Es ist

deshalb angezeigt, bei Beginn des Betonierens die Verar-

beitbarkeit praktisch zu überprüfen und, falls notwendig,

die Konsistenz zu korrigieren. Insbesondere muss beim

Wechsel der Betonkomponenten die für das gegebene

Bauteil geeignete Konsistenz mit einer Erstprüfung neu

festgelegt werden.40

0m

m

200

S

d1a =

d1 + d2

2d 2

S

200

100

300 mm

[mm]

c = 400/(400 – s) [–]

c = Verdichtungsmass

a = Ausbreitmass

s = Setzmass [mm]

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Betonpraxis 45

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.3.4Einfluss der Zeit auf die Konsistenz nachdem Anmachen des Betons bei 15 °C

Abb. 2.3.5Auswirkungen einer Konsistenzänderungauf den Wassergehalt und die Festigkeit. DieAngaben sind ungefähr (Faustregeln)

0 30 9060 120

1,00

1,02

1,04

1,06

1,08

1,10

1,12

1,14

1,16

1,18

1,20

1,22

1,24

Zeit nach Herstellung [Minuten]

Kon

sist

enz:

Ver

dic

htu

ngs

mas

s [–

]

Verflüssigende Zusatzmittel verbessern die Konsistenz

Mit der Anwendung von verflüssigenden Zusatzmitteln,

namentlich aber von Fliessmitteln, ist es möglich, Beton

mit einem w/z-Wert von 0,5 und weniger herzustellen,

der gleichwohl eine plastische bis weiche Konsistenz hat

(siehe auch Kap. 1.4).

Die Verarbeitbarkeit nimmt nach dem Anmachen ab

Die Verarbeitungszeit («Offenzeit») wird im Wesentlichen

von der Betonzusammensetzung und der Witterung be-

stimmt. Es ist in der Regel unvermeidlich, dass der Beton

nach dem Mischende langsam anzusteifen beginnt und

sich die Verarbeitbarkeit dadurch verschlechtert (Abb.

2.3.4). Deshalb wird in der Produktion die Transportzeit

des Betons in Form eines Konsistenzvorhaltemasses

berücksichtigt. So kann die vereinbarte Konsistenz zum

Zeitpunkt der Verarbeitung sichergestellt werden. Das

Ansteifen erfolgt bei hoher Betontemperatur sowie bei

rasch erhärtenden Zementen schneller.

Weitere Informationen zu Frisch- und Festbetonprüfun-

gen können dem Flyer «Frisch- und Festbetonprüfungen»

der Holcim (Schweiz) AG entnommen werden.

Frischbetonrohdichte

Unter der Frischbetonrohdichte versteht man die Masse

[kg/m3] von frischem, vorschriftsmässig verdichtetem

Beton einschliesslich der verbleibenden Poren. Sie er-

möglicht eine erste Beurteilung der Betonqualität und

wird durch Wiegen des Probekörpers ermittelt. Bei

gleicher Menge an Zement und Gesteinskörnung lässt

eine niedrige Rohdichte eine geringere Druckfestigkeit

erwarten, da die Rohdichte mit zunehmendem Wasser-

und Porengehalt abfällt.

Konsistenzänderung Wassergehalt Festigkeit

[l/m3] [N/mm2]

Ausbreitmass: – 10 mm + 5 – 1 bis – 3

Verdichtungsmass: – 0,1 + 15 – 3 bis – 8

Setzmass: + 10 mm + 2 bis + 3 – 0,5 bis – 1,5

C3

C2

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Betonpraxis46

2.4 Herstellung und Transport

Dosieren und Mischen der Komponenten

Die Herstellung des Betons steht in engem Zusammen-

hang mit der eingesetzten Maschinentechnik. Die Dosie-

rung hat die Aufgabe, die Komponenten der Beton-

mischung wie Zement, Anmachwasser, Gesteinskörnung,

Zusatzmittel und Zusatzstoffe in bestimmten Mengen

zu dosieren, sodass ein definiertes Mischungsverhältnis

mit grosser Genauigkeit erzielt wird. Zwei Systeme wer-

den eingesetzt, die volumetrische und die massenbezo-

gene Dosierung, wobei letztere genauere Resultate

ergibt. Die Reihenfolge der Zudosierung ist für jede Misch-

anlage durch systematische Vorversuche zu bestimmen.

Sie ist zusammen mit dem Mischer entscheidend für:

• den Aufschluss (Dispergierung) des Zements und der

Zusatzstoffe

• den Mischeffekt

• die Mischintensität

• die optimale Wirkung der Zusatzmittel

• die optimale Umhüllung der Gesteinskörnung mit

dem Feinstmörtel (Zementleim)

• die Anlageleistung

• das schnelle Entleeren

• den Verschleiss.

Bei den Transportbetonwerken wird üblicherweise ein

Zwangsmischer eingesetzt, der diskontinuierlich mit

Einzelchargen arbeitet. Jeder Mischertyp verlangt eine

minimale Chargengrösse. Ein Unterschreiten dieser

Chargengrösse wirkt sich negativ auf die Frischbeton-

qualität aus.

Mischdauer

Die Mischdauer ist vom Mischertyp (z.B. Freifall- oder

Zwangsmischer) abhängig. Sie ist durch Versuche festzu-

legen. Die Mischdauer = «Nassmischdauer» beginnt,

wenn alle Komponenten im Mischer sind. Gemäss SN EN

206-1, Art. 9.8, muss das Mischen der Komponenten so

lange dauern, bis die Mischung gleichförmig erscheint.

Wird während der Mischdauer eine Feinnachdosierung

des Anmachwassers zum Erreichen der vorgegebenen

Frischbetonkonsistenz notwendig, ist die Mischdauer

angemessen zu verlängern.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Empfohlene Mischdauer für die Nassmischzeit Dauer

im Transportbetonwerk [Sekunden]

Vibrierter Beton 60

Beton mit besonderen Eigenschaften (z. B. Luft-

porenbeton, Leichtbeton) 90

Beton mit Silicastaub (Slurry /Granulat) ≥ 120

Selbstverdichtender Beton (Kap. 2.8)

• ohne Flextremo ≥ 120

• mit Flextremo ≥ 90

Empfohlene Mischdauer bei Zugabe von Dauer

Zusatzmitteln im Fahrmischer

Vibrierter Beton ≥ 1 Minute je m3,

mindestens aber

5 Minuten

je Fahrmischer

Abb. 2.4.1Empfohlene Mischdauern

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Betonpraxis 47

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.4.2Typischer Verlauf der Leistungsaufnahmedes Mischermotors während des Mischvor-gangs für vibrierten Beton

Versuche und die Praxis haben jedoch gezeigt, dass noch

andere Faktoren als die Homogenität für die Qualität des

Betons eine wesentliche Rolle spielen. Die in das

Mischgut eingebrachte Energie aktiviert den Zement und

übt einen Einfluss auf die Festigkeitsentwicklung des

Betons aus (Abb. 2.4.2 und 2.4.3).

Dru

ckfe

stig

keit

[%]

30Mischdauer [Sekunden]

60 120 180

28 Tage

144

Leist

ungs

aufn

ahm

e [kW

]

1301151018672584329140

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120

EinlaufderKompo-nenten

Beginn derNassmischzeit

AusreichendeHomogenität erreicht

Ent-leerendesBeton-mischers

Weitere, jedoch unbedeutendeHomogenitätsverbesserung

Dauer des Mischvorgangs [Sekunden]

60 Sekunden

Abb. 2.4.3Schematische Darstellung des Einflusses derMischdauer auf die Festigkeitsentwicklung des Betons

Abb. 2.4.4Blick in einen Doppelwellenmischer

100

80

60

40

20

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Betonpraxis48

Betontransport

Transportbeton ist nach seiner Herstellung im Betonwerk

möglichst rasch auf die Baustelle zu transportieren und

zu verarbeiten, um Qualitätseinbussen zu vermeiden,

denn der Transport birgt die Gefahr einer gewissen Ent-

mischung. Bei Beton mit besonderen Eigenschaften und

bei weicher Konsistenz, bei langen Transportdistanzen

und/oder ungünstigen Strassenverhältnissen sind des-

halb Fahrmischer einzusetzen.

Der Beton muss während des Transports vor Regen,

Sonneneinstrahlung, Fahrtwind, Frost usw. geschützt

werden. Die Fahrzeugtypen sind auch in dieser Hinsicht

sorgfältig auszuwählen. Je nach herrschenden klimati-

schen Bedingungen sind geeignete Massnahmen zu tref-

fen (Abdecken des Betons, Erhöhen der Frischbeton-

temperatur usw.).

Auf der Baustelle müssen der Lieferschein und das

Transportgut mindestens bei der ersten Lieferung vom

Baustellenverantwortlichen kontrolliert werden. Bei

Fahrmischertransporten soll der Beton nach der Ankunft

auf der Baustelle unmittelbar vor dem Entladen 1 bis 2

Minuten nachgemischt werden, besonders wichtig ist

dies bei Luftporenbeton. Im Allgemeinen ist die Zugabe

von Wasser oder Zusatzmitteln bei Lieferung verboten. In

besonderen Fällen darf die Konsistenz unter Verantwor-

tung des Herstellers durch die Zugabe von Wasser und/

oder Zusatzmittel auf den festgelegten Wert gebracht

werden, falls die Grenzwerte, die nach der Festlegung

erlaubt sind, nicht überschritten werden und die Zugabe

von Zusatzmitteln im Entwurf des Betons vorgesehen ist.

Die Mengen des im Fahrmischer zugegebenen Wassers

oder Zusatzmittels müssen in jedem Fall auf dem Liefer-

schein vermerkt werden. Es gelten die Mindestmisch-

zeiten nach Abb. 2.4.1. Eine nachträgliche Wasserzugabe

führt zur deutlichen Verminderung der Druckfestigkeit

und der Dauerhaftigkeit (Abb. 2.4.6). Bei Fahrzeugen

ohne Nachmischmöglichkeit ist jede Veränderung des

Betons zu unterlassen.

Kann der Beton auf der Baustelle nicht sofort entladen

werden, sind vor dem Einbringen in jedem Fall die Eigen-

schaften des Betons (Konsistenz, Luftgehalt usw.) darauf

zu überprüfen, ob sie den getroffenen Vereinbarungen

und Anforderungen noch entsprechen.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.4.5Fahrmischer

075

80

85

90

95

100

5 10

Nachträgliche Wasserzugabe [l/m3]

Dru

ckfe

stig

keit

[%]

15 20 25

Abb. 2.4.6Einfluss nachträglicher Wasserzugabe aufder Baustelle auf die Betondruckfestigkeit

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Betonpraxis 49

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.5.1Fördermittel inAbhängigkeit derKonsistenz

Abb. 2.5.2Verdichtungsauf-wand in Abhängig-keit von der Konsis-tenz des Betons

2.5 Einbringen und Verdichten

Fördern und Einbringen

Je nach Konsistenz und/oder örtlichen Gegebenheiten

werden die in Abb. 2.5.1 genannten Fördermittel einge-

setzt. Die Anlieferungskubatur und die Einbauleistung

müssen aufeinander abgestimmt sein. Das Einbringen

des Betons soll mit gleichbleibender Geschwindigkeit in

möglichst gleichmässig dicken, horizontalen Schichten

erfolgen. Um das Entmischen zu vermeiden, soll die

Schütthöhe höchstens 50 bis 70 cm betragen. Bei Fall-

höhen von über 2 m sollte der Beton durch ein Fallrohr

oder einen Verteilschlauch eingebracht werden.

Verdichten

Bei der Herstellung von dauerhaftem Beton spielt neben

der Nachbehandlung und der Betonzusammensetzung

das sorgfältige Verdichten eine wesentliche Rolle. Die

Vorteile eines gut verdichteten Betons liegen in einer:

• erhöhten Dichtigkeit

• verbesserten Dauerhaftigkeit

• guten Druckfestigkeit

• besseren Haftung zwischen Bewehrung und Beton.

Verdichtungsarten

Die Wahl der Verdichtungsart ist abhängig von der Kon-

sistenz (Abb. 2.5.2). Bei Verwendung gebräuchlicher Kon-

Fördermittel Betonkonsistenz

C1 C2/F2 C3/F3 F4

Förderband

Kübel

Betonpumpe

Kübel mit Fallrohr

Rinne oder Rutsche

sistenzen C3/F3 und C2/F2 werden in der Regel durch

Vibrieren (Rütteln) verdichtet; nur bei sehr niedrigen Kon-

sistenzen C1 wird gestampft. Das Vibrieren erfolgt am

häufigsten mit Vibriernadeln oder mit Aussenrüttlern

(Schalungsvibratoren, Oberflächenfertiger mit Flächen-

vibratoren). Häufig werden die Methoden auch kombi-

niert eingesetzt. Beim Vibrieren werden Schwingungen

erzeugt, die die innere Reibung zwischen den Gesteins-

körnern fast vollständig überwinden. Die Einzelkörner

lagern sich dichter aneinander, die eingeschlossene Luft

entweicht in Form von Luftblasen an die Oberfläche

(natürlicher Luftgehalt nach der Verdichtung noch 1 bis 2

Volumenprozent), die Hohlräume füllen sich mit Feinst-

mörtel, und der Frischbeton verdichtet sich unter der Ein-

wirkung der Schwerkraft. Im Gegensatz zum vibrierten

Beton entfällt bei selbstverdichtendem Beton der Einsatz

von Vibriernadeln (Kap. 2.8) vollständig.

Verdichtungsaufwand

Je nach Konsistenz kann der Verdichtungsaufwand, z.B.

die Verdichtungszeit, erheblich variieren (Abb. 2.5.2). Es

ist darauf zu achten, dass der Beton gemäss seiner Kon-

sistenz und Eigenschaften den individuell benötigten

Verdichtungsaufwand erfährt. Unzureichendes Verdich-

ten kann zu Fehlstellen und zu intensives Verdichten zu

Entmischungserscheinungen führen.

KonsistenzklassenF1 F2 F3 F4 F5 F6 > F6

(SCC)

Stampfen starkes normales wenig leichtes leichtes kein

Verdichten Verdichten Verdichten Verdichten Verdichten Verdichten

(Stochern, Klopfen) (Schwabbeln)

Verdichtungsaufwand

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Betonpraxis50

Vibriernadel

10–15cm

EintauchstellenOberfläche derunverdichteten Schüttung

bereits verdichtete Schicht

Abb. 2.5.4Abstand der Eintauchstellen

Abb. 2.5.5Einbringen «frisch in frisch»

Regeln für gutes Verdichten

• Die Vibriernadel ist rasch in möglichst gleichen Ab-

ständen in den Beton einzuführen und nach kurzem

Verharren im Tiefstpunkt langsam herauszuziehen,

wobei sich die Oberfläche des Betons schliessen muss.

Schliesst sich die Oberfläche nicht mehr, ist die Konsis-

tenz zu steif, das Erstarren des Betons hat bereits be-

gonnen, oder die Vibrierdauer war nicht ausreichend.

• Der Beton soll nicht mit der Vibriernadel verteilt werden.

• Das Vibrieren ist zu beenden, sobald sich an der Ober-

fläche eine dünne Feinmörtelschicht gebildet hat und

grössere Luftblasen nur noch vereinzelt austreten.

• Der Abstand der Eintauchstellen ist so zu wählen, dass

sich die von der Rüttelbewegung erfassten Betonbe-

reiche überschneiden.

• Wird Beton in mehreren Schichten «frisch in frisch»

eingebracht, muss die Vibriernadel etwa 10 bis 15 cm

tief in die bereits verdichtete Schicht eintauchen,

damit eine Verbindung der beiden Schichten gewähr-

leistet ist (Abb. 2.5.4 und 2.5.5).

Nachverdichten

Durch das Nachverdichten des bereits verdichteten, aber

noch nicht erstarrten Betons kann dessen Dichtigkeit

nochmals erhöht werden. Dies gilt vor allem für Beton

mit hohem w/z-Wert und geringem Wasserrückhalte-

vermögen, besonders massige Bauteile sowie für Beton,

der mit hoher Förderleistung eingebracht wurde. Hohl-

räume, die sich durch ein Nachsacken des Frischbetons

unter waagrechten Bewehrungsstäben gebildet haben,

können geschlossen werden. Voraussetzung für das

Nachverdichten ist, dass der richtige Zeitpunkt erfasst

wird und der Beton noch verformbar ist. Dies ist aller-

dings schwierig zu bestimmen. Das Nachverdichten darf

nur durch erfahrenes Fachpersonal ausgeführt werden.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Wirkungsbereich elektrischer Hochfrequenz-

Vibriernadeln (Abb. 2.5.3)

Erfahrungsgemäss ist eine Frequenz von 12 000 Um-

drehungen pro Minute für üblichen Beton am güns-

tigsten. Für feinkörnige Betone ist die Vibrationsfre-

quenz zu erhöhen (bis 18 000 U/Min.).

Faustregel

Abstand der Eintauchstellen =

8- bis 10-facher Durchmesser der Vibriernadel

Durchmesser Durchmesser Abstand

Vibriernadel des Wirkungs- zwischen den

bereichs Eintauchstellen

[mm] [cm] [cm]

< 40 30 25

40 bis 60 50 40

> 60 80 70

Abb. 2.5.3Anhaltswerte für den Durchmesser desWirkungsbereichs und den Abstand derEintauchstellen

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Betonpraxis 51

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.6.1Leistungswerte von Betonpumpen

2.6 Pumpbeton

Einsatzbereich

Das Einbringen von Beton mit Pumpen hat sich als

moderne und kostengünstige Methode durchgesetzt.

Pumpbeton kann praktisch für alle Bauteile eingesetzt

werden, besonders wenn eine hohe Einbringleistung

gefordert und/oder der Einbringort schwer zugänglich

ist. Abb. 2.6.1 orientiert über die Leistungen von Beton-

pumpen. Generell wird zwischen Auto- und stationä-

ren Betonpumpen unterschieden (Abb. 2.6.2 bis 2.6.4).

Für kleine Förderleistungen und/oder Kubaturen eignet

sich die Fahrmischerpumpe.

Anforderungen an Pumpbeton

Bei der Herstellung pumpfähiger Betonmischungen müs-

sen bei der Mischungszusammensetzung bestimmte

Regeln beachtet werden, damit der Frischbeton die für

eine Rohrförderung notwendigen Eigenschaften erhält.

Das Festlegen der Pumpbetonrezeptur sollte von sach-

kundigen Betontechnologen vorgenommen werden.

Beim Entwurf einer pumpfähigen Betonmischung müs-

sen neben den verlangten Festbetoneigenschaften insbe-

sondere die Kornzusammensetzung, der Zement- und

Mehlkorngehalt sowie der Mörtelgehalt und die Konsis-

tenz beachtet werden.

Zement

Für die Herstellung von Pumpbeton eignet sich grund-

sätzlich jeder Zement nach SN EN 197-1. Der Zementge-

halt für eine optimale Förderung des Frischbetons sollte

mindestens 320 kg/m3 betragen. Zemente, die der Beton-

mischung eine hohe Kohäsion verleihen, z.B. Fluvio 4 oder

Fortico 5R, sind besonders geeignet.

Kornzusammensetzung

• Sand: Es sollte eine stetige Kornverteilung im Sand an-

gestrebt werden. Vielfach sind Schwankungen in der

Kornverteilung die Ursache für ungenügende Pump-

barkeit.

• Korngruppe 4–8 mm: Die Pumpbarkeit verbessert sich,

wird die Korngruppe 4–8 mm weggelassen. Ihr Anteil

am Korngemisch ist andernfalls auf 20 M.-% zu be-

grenzen.

• Kornform: Betonmischungen mit mehr als 20 M.-%

gebrochener Gesteinskörner weisen einen höheren

Hohlraumgehalt auf als Betonmischungen mit natür-

lich gerundeten Gesteinskörnern. Deshalb erfordern

Betonmischungen mit gebrochenen Gesteinskörnern

eine höhere Zementdosierung.

Stationäre Pumpen und Autobetonpumpen

Fördermenge pro Stunde 20 bis 150 m3

Förderdistanz üblicher Bereich bis 500 m

extremer Bereich bis 2000 m

Förderhöhe Steigleitung 1) bis 400 m

Fallleitung 1) je nach Situation

1) Am Anfang von Steigleitungen und am Ende von Fallleitungen hat sich der

Einbau von Schiebern bewährt. Sie verhindern bei Betonierunterbrüchen

oder Stopfern das Entleeren der Leitungen.

Abb. 2.6.2Betonieren einer grossen Bodenplatte. Auto-betonpumpe, beschickt durch Fahrmischer

Abb. 2.6.3Betonförderung mit stationärer Betonpumpe(Anhängerpumpe) über feste Pumpleitung

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Betonpraxis52

Abb. 2.6.4Verteilmast,

beschickt durch stationäre Pumpe

über langePumpleitung

Abb. 2.6.5Richtwerte für die

Zusammensetzungvon Pumpbetonmi-schungen mit run-

der Gesteinskör-nung

Zusatzstoffe

Zusatzstoffe, vor allem Steinkohlenflugasche mit ihrer

kugeligen Teilchenform, wie beispielsweise Hydrolent,

verbessern bei Zudosierungen von 30 bis 50 kg pro

Kubikmeter Beton die Pumpbarkeit.

Zusatzmittel

Für den Einsatz von Zusatzmitteln (Kap. 1.4) gelten die

gleichen Regeln wie bei nicht gepumptem Beton. Bei

Zugabe von Luftporenbildnern ist darauf zu achten, dass

diese die Förderleistung der Betonpumpen beeinträchti-

gen können.

Konsistenz

Der Pumpbeton sollte in der Regel folgende Frischbeton-

konsistenzen aufweisen:

• Ausbreitmass (F3): 420 bis 480 mm oder

• Verdichtungsmass nach Walz (C3): 1,04 bis 1,10.

Die erforderliche Konsistenz kann jedoch erheblich von

den Eigenschaften des Sandes abhängen und muss gege-

benenfalls aufgrund von Vorversuchen angepasst werden.

Selbstverdichtende Betone (SCC) sind jedoch immer

pumpbar.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Hinweise für das Pumpen von Beton

• Ein reibungsloser Ablauf ist durch frühzeitige Ab-

sprache zwischen Betonpumpenbetreiber, Bauun-

ternehmen und Betonlieferanten sicherzustellen.

• Die Pumpeninstallation und der Betrieb der Pumpe

fallen unter die Verantwortlichkeit des Pumpen-

betreibers.

• Die Anlieferungsfrequenz und die Förderleistung

der Betonpumpe sind der Einbauleistung der

Verarbeitungsequipe anzupassen.

• Der Transport des Pumpbetons zur Betonpumpe

sollte zur Vermeidung jeglicher Entmischungen

mit Fahrmischern erfolgen.

• Das zuständige Bauunternehmen ist für die fach-

gerechte Verarbeitung und die Nachbehandlung

des Betons verantwortlich.

• Die zum Anpumpen erforderliche «Schmiermi-

schung» in Form eines zementreichen Mörtels

darf nicht für Betontragwerke verwendet werden.

Sicherheitsaspekte beim Einsatz von Betonpumpen

Das Fördern und Einbauen von Pumpbeton birgt Ge-

fahren. Es muss insbesondere geprüft werden, ob:

• die Wand- und Stützenschalungen dem erhöhten

Schalungsdruck des Pumpbetons angepasst sind

• Stromfreileitungen im Einsatzbereich verlaufen

• die Tragfähigkeit des Pumpeninstallationsplatzes

genügt.

Die Anweisungen des Pumpenpersonals sind strikt zu

befolgen.

Grösstkorn 32 mm 16 mm

Feinstmörtelgehalt ≤ 0,125 mm 1) [l/m3] ca. 300 ca. 330

Mörtelgehalt ≤ 2 mm 1) [l/m3] ca. 530 ca. 570

Mehlkorngehalt ≤ 0,125 mm 2) [kg/m3] ≥ 400 ≥ 430

Siebdurchgang bei 2 mm [%] ca. 33 ca. 38

1) Wasser + Zement + Zusatzstoffe + Gesteinskörnung

2) Zement + Zusatzstoffe + Gesteinskörnung (bei gebrochener Gesteinskörnung

sind die Mehlkornghalte um 10% zu erhöhen)

Faserbeton

Die Beigabe von Fasern vermindert die Konsistenz des

Pumpbetons. Ein erhöhter Zementleimgehalt kann dies

wieder ausgleichen.

Leichtbeton

Leichtbetone sind auf ihre Pumpbarkeit mit herkömli-

chen Betonpumpen zu prüfen. In der Regel sind Leicht-

betone mit einer Rohdichte > 1600 kg/m3 pumpbar.

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Betonpraxis 53

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.7.1Übersicht über dieverschiedenenSpritzbetonsysteme

2.7 Spritzbeton

Spritzbeton als Betonierverfahren

Spritzbeton wird nach der Art seiner Verarbeitung be-

zeichnet. Wie der Name sagt, wird er in einem geschlos-

senen überdruckfesten Schlauch und/oder einer Rohr-

leitung zur Einbaustelle gefördert und dort durch

Spritzen aufgebracht. Durch die Wucht des Aufpralls ver-

dichtet sich dabei der Beton. Im Gegensatz zu vibrierten

Betonen, die eingebracht und erst anschliessend verdich-

tet werden, erfolgt beim Spritzbeton beides gleichzeitig.

Beim Auftreffen an der Auftragsfläche prallt ein Teil des

Spritzguts, das Rückprallgut, zurück.

Grundsätzlich wird zwischen dem Trocken- und dem

Nassspritzverfahren unterschieden. Die Verfahren

unterscheiden sich in der Zusammensetzung der Aus-

gangsmischung und den Spritzbetonmaschinen. Beim

Trockenspritzverfahren wird ein sogenanntes Trocken-

gemisch gefördert, dem erst an der Spritzdüse das

Zugabewasser mit oder ohne Beschleuniger zugegeben

wird. Beim Nassspritzverfahren ist das Zugabewasser

bereits im Ausgangsgemisch des Spritzguts enthalten.

Zur Erzeugung des nötigen Aufpralldrucks wird dem

Spritzgut an der Düse Druckluft zugeführt. Weitere

Details zu den unterschiedlichen Verfahren sind in Abb.

2.7.1 aufgeführt.

Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Spritzbeton-

systeme und -verfahren

Die Grösse des Bauvorhabens und die örtlichen Rand-

bedingungen beeinflussen die Wahl der Spritzbeton-

systeme. Kleinere Spritzbetonetappen werden in der

Regel im Trockenspritzverfahren ausgeführt, das bei

beengten Platzverhältnissen Vorteile bietet. Das Nass-

spritzverfahren gelangt aus wirtschaftlichen Überlegun-

gen erst bei grösseren Mengen zur Anwendung (Abb.

2.7.2).

Spritzbeton als Baustoff

Spritzbeton ist in aller Regel Normalbeton, der mit den

Ausgangsstoffen Zement, Sand/Kies, Wasser, Erstar-

rungsbeschleuniger und bei Bedarf Zusatzmitteln und

Zusatzstoffen hergestellt wird. Das Spritzsystem gibt vor,

mit welchem Wassergehalt das Spritzbetongemisch

geliefert bzw. verarbeitet wird.

Verfahren Trockenspritzen Nassspritzen

System-Nummer 1 2 3 4

Wassergehalt der< 5 M.-% ofentrocken keine Anforderung

Gesteinskörnung

Korngrösse 8 (max. 16) mm 4 (max. 8) mm 8 (max. 16) mm

Zement nachSpritzbindemittel (SBM)

ZementBindemittel

SN EN 197-1nach der österreichischen

nach SN EN 197-1Spritzbetonrichtlinie

Zementgehalt ca. 350 kg/m3 ca. 330 kg/m3 ca. 425 kg/m3

Erstarrungsbeginn> 120 Minuten < 3 Minuten > 120 Minuten

ohne Beschleuniger

Beschleuniger ge-ja nein ja

trennt beigegeben?

Herstellungsort Transportbetonvor Ort

Transportbeton

des Spritzguts oder vor Ort oder vor Ort

Fördergerät/Rotor oder

SystemRotor Dosierblas- Betonpumpe

schnecke

Wassergehalt des< 4 M.-%, erdfeucht ofentrocken nass

Spritzguts

Förderart Dünnstrom Dichtstrom

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Betonpraxis54

Abb. 2.7.2Einsatzgebiete von

Spritzbeton und Eignung der

Verfahren

Abb. 2.7.4Mögliche Spritzbetonrezepturen für das

Trocken- und das Nassspritzverfahren (vgl. SN EN 14487)

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.7.3Trockenspritzen: Baugrubensicherung

Verfahren trocken nass

System-Nummer 1 2 3 4

Untertagebau, Vortriebssicherung im Fels (Ausbruchssicherung) + + – ++

Untertagebau, Vortriebssicherung im Lockergestein (Ausbruchssicherung) ++ + ++ –

Untertagebau, einschaliger Ausbau + + – ++

Untertagebau, Abdichten von Wassereinbrüchen + ++ ++ –

Untertagebau, Ausgleich und Tragschicht für Abdichtungen + + – ++

Versiegelung der Felsoberfläche als Verwitterungsschutz ++ – + +

Baugrubensicherung ++ – + +

Instandsetzung und Verstärkung von Betonbauten ++ + ++ –

Bauwerke (Schalen, Kuppeln, Schwimmbassins, Spritzbetonhäuser) ++ + + –

Künstliche Felsen, Rollbrettbahnen, Rodel- und Bobpisten usw. ++ + + –

Spritzbetonrezeptur Trockenspritzen Nassspritzen

Druckfestigkeitsklasse C 25/30 C 35/45

Expositionsklasse XC3 XC3, XA2

Grösstkorn Dmax 8 mm 8 mm

Chloridgehaltsklasse Cl 0,20 Cl 0,20

Konsistenzklasse C0 F4

Zusätzliche Anforderungen:

Verarbeitungszeit 3 Std. 6 Std.

Frühfestigkeit nach 4 Std. – 4 N/mm2

Frühfestigkeit nach 12 Std. 10 N/mm2 –

Zementgehalt 350 kg/m3 425 kg/m3

Zusatzstoffe (Silicastaub) 25 kg/m3

Gesteinskörnung 1650 kg/m3

Sand 0–4 mm 60 M.-% 55 M.-%

Kies 4–8 mm 40 M.-% 45 M.-%

Fliessmittel (FM) nein 1,0 M.-% v. Z.

Verzögerer (VZ) 0,2 M.-% v. Z. 0,4 M.-% v.Z.

Erstarrungsbeschleuniger (SBE) 4,0 M.-% v. Z. 5,0 M.-% v.Z.

Für die Stoffraumrechnung gilt bei:

• Trockenspritzen: Zementgehalt in kg pro 1000 Liter lose geschüttete Gesteins-

körnung.

• Nassspritzen: Die Einwaage aller Betonkomponenten, fertig verdichtet, ergibt

1 m3 fertigen Beton.

Die Eigenschaften des Spritzbetons sind bezüglich Roh-

dichte, Druck-, Zug- und Scherfestigkeit etwa vergleich-

bar mit jenen von Normalbeton. Dank seines besonderen

Gefügeaufbaus ist Spritzbeton aber in der Regel dichter

und frostbeständiger als üblicher Beton gleicher Zu-

sammensetzung. Auch seine hervorragende Haftung auf

der Auftragsfläche und die beliebige Oberflächengestal-

tung zeichnen Spritzbeton aus. Je nach Anforderungen

kann er mit Bewehrungsnetzen mit oder ohne Rückver-

ankerung durch Anker und Dübel zusätzlich gesichert

werden. Dank der einfachen Handhabung gewinnt der

alternative Einsatz von Stahlfasern im Spritzbeton für

verschiedene Anwendungen an Bedeutung. Beispiele für

Spritzbetonzusammensetzungen finden sich in Abb. 2.7.4.

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Betonpraxis 55

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.7.7Aufbringen vonSpritzbeton miteinem Spritzbeton-roboter

Abb. 2.7.8Gestalten mitSpritzbeton: Künst-licher Fels desBärengeheges imZürcher Zoo

Abb. 2.7.5Auskleidung einesBahntunnels mitSpritzbeton

Abb. 2.7.6Sicherung desGebirges mit Spritzbeton

Anwendung

Spritzbeton wird für die Ausführung von bewehrten und

unbewehrten Bauteilen verwendet. Der anteilig häu-

figste Einsatz erfolgt im Untertagebau für Sicherungs-

arbeiten bzw. für den Ausbau. Aber auch zur Auskleidung

von Becken und Kanälen, zur Sicherung von Hängen,

Böschungen und Baugruben (Abb. 2.7.3) oder zur Instand-

setzung schadhafter Bauwerke aus Beton und Mauer-

werk gelangt Spritzbeton zur Anwendung.

Einen Aufschwung erfuhr die Spritzbetontechnik durch

den Einsatz schnell erhärtender Spritzbetone zur Sofort-

sicherung im Untertagebau sowie durch die immer wei-

ter fortschreitende Entwicklung der Applikationstechnik.

Abb. 2.7.7 zeigt einen Spritzbetonroboter.

Keine andere Verarbeitungstechnologie erfordert so

umfangreiche Kenntnisse und praktische Erfahrung wie

der Spritzbeton. Besonders die Wasserdosierung, die

Druckluftförderung und Applikation beeinflussen die

Qualität und Effektivität des Spritzbetons erheblich. Die

Ausführung von Spritzbetonarbeiten ist deshalb im All-

gemeinen Spezialfirmen mit den notwendigen Fachkräf-

ten und Maschinen vorbehalten.

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Betonpraxis56

Abb. 2.8.2Einbringen von selbstverdichtendem Beton

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.8.1Unterschiedliche Volumenverhältnisse vonvibriertem und selbstverdichtendem Beton

Vibrierter Beton Selbstverdichtender Beton (SCC)

Zementleim: 280 l/m3

Gesteinskörnung: 720 l/m3

Grösstkorn 32 mm

Zementleim: 365 l/m3

Gesteinskörnung: 635 l/m3

Grösstkorn 16 mm

Beim SCC liegt der Zementleimgehalt um rund 80 bis 100 Literüber der Menge, die zum Ausfüllen der Hohlräume der Gesteins-körnung notwendig ist. Dieser Überschuss ermöglicht das Fliess-verhalten des Betons.

2.8 Selbstverdichtender Beton

Entwicklung

Selbstverdichtender Beton (engl.: Self Compacting Con-

crete, Kurzform SCC) ist ein neuer Betontyp, der in den

1980er-Jahren in Japan entwickelt wurde und seit länge-

rem in Europa angewendet wird. Selbstverdichtender

Beton zeichnet sich durch ein besonders hohes Fliessver-

mögen aus. Dieser hochviskose Beton fliesst entmi-

schungsfrei, selbst bei Bauteilen mit anspruchsvoller

geometrischer Struktur, füllt Hohlräume selbständig aus

und entlüftet ohne Aufbringen von Verdichtungsenergie.

Der Einsatz eines selbstverdichtenden Betons kann den

Bauablauf erleichtern und baustofftechnische Vorteile

haben, wie z. B. die Herstellung komplexer Bauteile in

einem Arbeitsgang oder hohe Sichtbetonqualität. Ausser-

dem können die Gesamtbaukosten reduziert sowie die

Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Technologische Besonderheiten

Betonkomponenten: Zementleim

Grundsätzlich kann SCC aus einer Mischung von Zement

und Zusatzstoffen (z.B. Steinkohlenflugasche, Kalkstein-

mehl) sowie Zusatzmitteln (Fliessmittel, Stabilisatoren)

oder unter Verwendung von Spezialzementen wie Flex-

tremo oder Bisolvo hergestellt werden. Flextremo hat

den Vorteil, dass die notwendigen Bestandteile des

Zementleims in der optimalen Kombination bereits im

Zement enthalten sind und aufwendige Eignungstests

entfallen können. Grundsätzlich ist für SCC ein höherer

Zementleimgehalt notwendig als für vibrierte Betone.

Dieser rührt zum einen vom hohen Leimbedarf durch

Verwendung von feinkornreichen Sieblinien her, und

wird zum anderen für die Einstellung der besonderen

Fliesseigenschaften des Betons benötigt. Dabei rechnet

man mit einem Leimüberschuss von etwa 80 bis 100

l/m3 gegenüber einem vibrierten Beton, siehe auch

Abb. 2.8.1. Dieser Überschuss ermöglicht das Fliess-

verhalten des Betons.

Betonkomponenten: Gesteinskörnung

Grundsätzlich kann gerundete oder gebrochene Gesteins-

körnung verwendet werden. Die gerundete Gesteins-

körnung hat den Vorteil, dass sie lose geschüttet einen

geringeren Hohlraumgehalt aufweist und entsprechend

weniger Zementleim benötigt. Gebrochene Gesteins-

körnungen haben jedoch den Vorteil, dass sie aufgrund

der grösseren Oberfläche bei gleichem Gewicht leichter

in der Schwebe zu halten sind. Wegen des deutlich er-

höhten Anteils an feiner Gesteinskörnung (Sand) ist es

besonders wichtig, die Feuchte dieser Korngruppe zu

berücksichtigen. Die Aussteuerung der Frischbetoneigen-

schaften ist ohne das Messen und Berücksichtigen der

Sandfeuchte nicht zu gewährleisten.

Um die unterschiedlichen Zusammensetzungen von vib-

riertem und selbstverdichtendem Beton zu verdeutlichen,

finden sich in Abb. 2.8.3 Beispielrezepturen aus der prak-

tischen Anwendung im Transportbetonbereich. Wegen

der erhöhten Ansprüche an die Oberflächenqualität

wird bei vorgefertigten Betonelementen mit deutlich

höheren Zementleimgehalten gearbeitet.

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Betonpraxis 57

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.8.3Beispiele für die unterschiedlichen volume-trischen Anteile eines vibrierten Betonsgegenüber selbstverdichtendem Beton ohneund mit SCC-Zement (Flextremo)

Abb. 2.8.4Setzfliessmass

Frischbetoneigenschaften

Selbstverdichtender Beton hat ein sehr hohes Fliessvermö-

gen, das nicht mit dem üblichen Konsistenzprüfverfah-

ren (Verdichtungsmass, Ausbreitmass, Slump), sondern

nur mit Hilfe des sogenannten Setzfliessmassversuchs

(prEN 12350-8) bestimmt werden kann (Abb. 2.8.4). Die

Messwerte liegen zwischen 600 und 850 mm. Abwei-

chend von den Durchführungsbestimmungen der Norm

wird der Setztrichter in der Schweiz auch mit der kleinen

Öffnung auf die Platte gestellt, um ein Aufschwimmen

des Setztrichters zu verhindern. Liegt die kleine Öffnung

unten, ergeben sich um 20 bis 40 mm grössere Werte für

das Setzfliessmass. Es ist deshalb notwendig, die Versuchs-

durchführung vorgängig festzulegen. Wichtig ist, dass

man sich auf eine einheitliche Variante festlegt.

Der Zusammenhalt des Betons ist wegen der gegenüber

normalen Fliessbetonen deutlich höheren Viskosität des

d1sf =

d1 + d2

2d 2

Betonzusammensetzung Vibrierter Beton SCC SCC mit Flextremo

Dichte Masse Volumen Masse Volumen Masse Volumen

[kg/l] [%] [kg] [l] [%] [kg] [l] [%] [kg] [l]

ZementFlextremo 3R 2,93 440 150

Fluvio 3,06 300 98 380 124

Zusatzstoffe Hydrolent 2,24 70 31

ZusatzmittelFliessmittel 1,10 1,6 6,08 5,53

Stabilisator 1,05 0,2 0,76 0,72

Sand 0/4 2,68 36 687 256 50 849 317 50 864 322

Gesteins- Kies 4/8 2,70 5 96 36 15 256 95 20 348 129

körnung Kies 8/16 2,70 24 461 171 35 598 222 30 522 193

Kies 16/32 2,70 35 673 249

Gesamtgehalt 1917 712 1704 633 1735 645

Wasser 1,00 170 170 185 185 185 185

Luft 0,00 20 20 20

Zementleimvolumen 288 367 355

w/zeq-Wert 0,57 0,47 0,42

Konsistenzklasse F3 F6 (SCC) F6 (SCC)

[mm]

sf = Setzfliessmass

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Betonpraxis58

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.8.5Betonieren mit SCC. Die Einbauequipebesteht nur noch aus einer Person

Zementleims stabil. Die Abstimmung aller Komponenten

bedarf einer guten Vorbereitung und genauer Stoff-

kenntnisse. Deshalb sollte für die anwendungsbezogene

Entwicklung eines geeigneten selbstverdichtenden Be-

tons eine Fachperson beigezogen werden, die auch über

Kenntnisse der speziellen Prüfverfahren zur Beurteilung

des SCC verfügt. Zu beachten ist auch die gegenüber

vibrierten Betonen längere Mischdauer (Abb. 2.4.1).

Einbringen des Betons

SCC verdichtet sich dank seiner besonderen Konsistenz

selbst, der Einsatz von Vibriernadeln erübrigt sich. Vibrie-

ren kann zu Entmischungen führen! Der Beton lässt sich

wie andere Betone transportieren und mit Krankübel

(Abb. 2.8.5) oder Pumpe einbringen. Die Betonoberfläche

bei SCC ist das genaue Spiegelbild der Schalung und zeigt

jede diesbezügliche Unebenheit. Der Schalungstyp muss

daher der Anforderung an die Oberfläche angepasst

werden. Mehraufwendungen für die Dichtheit entfallen

für normale Geschosshöhen (≤ 3,5 m); es können her-

kömmliche Schalungen ohne besondere Vorkehrungen

verwendet werden. SCC weist einen erhöhten Frisch-

betondruck auf. Für übliche Geschosshöhen bis 3,50 m

sind in der Regel keine besonderen Verstärkungsmass-

nahmen erforderlich, wie aus folgendem Rechenbeispiel

hervorgeht:

Rechenbeispiel für eine schwere Rahmenschalung

mit einem zulässigen Druck von 80 kN/m2 (= 8 t/m2):

• Wandhöhe h = 3,20 m

• SCC mit Dichte γ = 2350 kg/m3

Der Schalungsdruck entspricht dem hydrostatischen

Druck:

γ · g · h = 2350 · 10 · 3,20 = 75 200 N/m2 = 75,2 kN/m2

Der effektive Druck liegt damit unter dem zugelas-

senen Druck von 80 kN/m2.

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Betonpraxis 59

Wegen des hydrostatischen Drucks sind bei Schalhöhen

über 3,5 m Spezialisten beizuziehen. Die DIN 18218

«Frischbetondruck auf lotrechte Schalungen» liefert

genaue Hinweise und Empfehlungen. Ferner ist bei SCC

der Auftrieb zu beachten. Grössere Aussparungen,

Einlagen und auf der Decke verlegte Lüftungsleitungen

müssen fachgerecht fixiert werden.

Die Geschwindigkeit des Betoneinbaus beeinflusst we-

sentlich die Oberflächenqualität. Deshalb sollte der

Beton so eingebaut werden, dass er genügend Zeit zum

Entlüften hat. Es muss dem Beton die Möglichkeit des

Fliessens und der selbständigen Entlüftung gegeben

werden. Andernfalls können sich Luftblasen zwischen

Beton und Schalhaut sammeln und zu Lunkern führen.

Auch ist für eine rasche Nachbehandlung des Betons zu

sorgen, da der Beton durch den erhöhten Zementleim-

gehalt eine etwas stärkere Schwindneigung aufweisen

kann (siehe Kap. 3.2).

Anwendungsbeispiele

Selbstverdichtender Beton wurde mit Erfolg bei den ver-

schiedensten Anwendungen eingesetzt. So reicht die

Palette derzeit vom Betonieren von Einfamilienhäusern

(C25/30 bis C45/55) bis zu hochbelasteten Stützen

(C 90/105). Zum einen galten das besondere Fliessverhal-

ten und die selbständige Entlüftung des Betons als Pro-

blemlöser bei extrem hochbewehrten und komplizierten

Bauteilen, zum anderen war es die ausgezeichnete Ober-

flächenqualität des Betons, die aufwendige Nacharbeiten

an Stützen und Elementen überflüssig werden liess.

Auch im Bereich des Untertagebaus hilft der Einsatz von

SCC das «komplizierte» Entlüften des Betons zu verein-

fachen und bewirkt immense Einsparungen bei Lärmbe-

kämpfungsmassnahmen und bei den Inventarkosten.

Weiterführende Informationen zur Planung und Verwen-

dung von SCC finden sich in der Broschüre «Selbstver-

dichtender Beton» der Holcim (Schweiz) AG.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.8.7Vorfabrikation von Standardelementen. SCCeignet sich besonders für die Vorfabrikation

Abb. 2.8.6Mit SCC entfällt das Vibrieren, der Betonmuss nur noch abtaloschiert werden

Abb. 2.8.8SCC erleichtert das Betonieren einer Tunnel-zwischendecke

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Betonpraxis60

Vom Frischbeton zum Festbeton

2.9 Leichtbeton

Leichtbeton wird unterschieden in haufwerksporigen und

in gefügedichten Leichtbeton. Darüber hinaus gibt es

noch Porenbeton, Porenleichtbeton und Schaumbeton.

Die gegenüber Normalbeton verringerte Rohdichte wird

bei Leichtbeton durch die Verwendung einer leichten

Gesteinskörnung erreicht. In der Praxis wird vorwiegend

gefügedichter Leichtbeton eingesetzt, der eine Trocken-

rohdichte zwischen 800 und 2000 kg/m3 und Druckfes-

tigkeiten von 9 bis 55 N/mm2 besitzt. Er wird für die Her-

stellung von Leicht-, Stahlleicht- und Spannleichtbeton

verwendet (SN EN 206-1 und Norm SIA 262).

Leichte Gesteinskörnungen

Typische für Leichtbeton verwendete Gesteinskörnungen

sind:

• Blähton

• Blähglas

• Schaumglas.

Blähton ist ein aus blähfähigem Ton industriell herge-

stellter Leichtzuschlag mit porigem Gefüge. Der Ton wird

getrocknet, gemahlen und bei rund 1200 °C zum Blähen

gebracht und zu kleinen Kügelchen gebrannt. Er zeichnet

sich durch seine runde Kornform und eine geschlossene

Oberfläche aus. Die gewünschten Eigenschaften lassen

sich je nach Einsatzgebiet gezielt produzieren.

Blähglas ist ein rein mineralischer, faserfreier, aus Recyc-

ling-Glas hergestellter Leichtzuschlag mit porigem Ge-

füge. Das gereinigte Altglas wird zu Glasmehl gemahlen

und bei rund 900 °C aufgebläht. Es zeichnet sich durch

seine runde Kornform und eine geschlossene Oberfläche

aus.

Schaumglas ist Recyclingglas, das gemahlen und unter

Zugabe von mineralischen Zuschlagstoffen bei 700 °C bis

800 °C aufgebläht wird. Anschliessend wird es gebrochen

und als Schaumglasschotter eingesetzt.

Betontechnologische Besonderheiten

Wird ein Beton durch äussere Kräfte gleichmässig bean-

sprucht (einachsiger Druck), so stellt sich in seinem Inne-

ren durch den inhomogenen Aufbau (Zementsteinmatrix

und Gesteinskörnung) ein ungleichmässiger Kraftfluss

Abb. 2.9.1Blähton

Abb. 2.9.2Blähglas

Abb. 2.9.3Schaumglas

(Druck- und Zugspannungen) ein, der für Normal- und

Leichtbeton charakteristische Unterschiede aufweist

(Abb. 2.9.4). In der schematischen Darstellung ist zu er-

kennen, dass sich im Normalbeton die Lastabtragung

vorwiegend auf die Gesteinskörner konzentriert und im

Leichtbeton vorwiegend auf die Zementsteinmatrix zwi-

schen den Gesteinskörnern.

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Betonpraxis 61

Vom Frischbeton zum Festbeton

Rohdichte und Druckfestigkeit

Abhängig von der verwendeten Gesteinskörnung und der

Rohdichteklasse werden bei Leichtbetonen unterschiedli-

che Druckfestigkeitsklassen erreicht. Es besteht eine Kor-

relation zwischen der Rohdichte und der Tragfähigkeit von

Leichtbeton: Je niedriger die Rohdichte, umso geringer ist

auch die Druckfestigkeit. Abb. 2.2.3 und 2.2.4 (Kap. 2.2

«Festlegung des Betons») zeigen die Leichtbetondruck-

festigkeits- und Rohdichteklassen nach SN EN 206-1.

E-Modul

Der E-Modul hängt bei Leichtbeton wie bei Normalbeton

von der Druckfestigkeit, der Rohdichte und der verwen-

deten Gesteinskörnung ab. Er liegt bei Leichtbeton im

Bereich von 2000 bis 25 000 N/mm2. Bei gleicher Festig-

keitsklasse beträgt der E-Modul von Leichtbeton nur

etwa 30 bis 70% der Werte von Normalbeton.

Schwinden

Bei der Bemessung von Leichtbeton muss mit einem

höheren Endschwindmass als bei Normalbeton gerech-

net werden. Die Grundschwindmasse von Normalbeton

werden für Leichtbeton bis zur Festigkeitsklasse LC16/18

um den Faktor 1,5, ab LC20/22 um den Faktor 1,2 erhöht.

Kriechen

Bei gleicher Festigkeit und gleicher Beanspruchung durch

Dauerlast, also kriecherzeugender Betonspannung, zeigen

Leichtbetone der mittleren und oberen Festigkeitsklasse

ähnlich grosse Kriechverformungen wie Normalbeton.

Leichtbetone der unteren Festigkeits- und Rohdichte-

klassen weisen erhöhte Anfangskriechmasse auf. Für die

Bemessung wird bei Leichtbetonen der Festigkeitsklasse

bis und mit LC 16/18 von einer um rund 30% erhöhten

Kriechzahl ausgegangen.

Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit λ verändert sich abhängig von

der Rohdichte, dem Wassergehalt und der Temperatur

eines Stoffes. Je kleiner die Wärmeleitfähigkeit ist, desto

besser ist in der Regel auch die wärmedämmende Wir-

kung eines Baustoffs. Die Norm SIA 381/1 gibt für Leicht-

betone mit Gesteinskörnung aus Blähton Bemessungs-

werte für λ in Abhängigkeit von der Trockenrohdichte

gemäss Abb. 2.9.6 an.

Abb. 2.9.5Schnitt durch gefügedichten Leichtbeton

Abb. 2.9.4Schematische Darstellung der Lastabtragungbei Normalbeton (links) und Leichtbeton(rechts)

Normalbeton Leichtbeton

ρ [kg/m3] λ [W/mK]

1000 0,30

1250 0,50

1500 0,70

1700 1,00

Abb. 2.9.6Wärmeleitfähigkeit in Anhängigkeit derTrockenrohdichte für Leichtbeton (Bemes-sungswerte)

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Betonpraxis62

Vom Frischbeton zum Festbeton

steinskörnung muss regelmässig gemessen und beim

Abwiegen berücksichtigt werden. Die empfohlene Min-

destmischdauer von gefügedichtem Leichtbeton, nach

Zugabe aller Bestandteile, beträgt 90 Sekunden.

Entmischen

Bei sehr weicher Konsistenz kann Leichtbeton zum Ent-

mischen neigen, d.h. die leichten Gesteinskörner schwim-

men auf. Die Zugabe von geeigneten Betonzusatzmitteln

(z. B. Luftporenbildner, Stabilisierer) und Zusatzstoffen

kann den Zusammenhalt des Frischbetons unterstützen

bzw. verbessern.

Verdichten

Beim Verdichten von Leichbeton ist auf einen sorgfälti-

gen Umgang mit dem Rüttler zu achten. Je geringer die

Rohdichte ist, umso eher neigt die Gesteinskörnung dazu

aufzuschwimmen. Die leichte Gesteinskörnung dämmt

die Rüttelenergie, daher sind die Rüttelabstände zu ver-

ringern.

Nachbehandlung

Die Temperaturerhöhung infolge Hydratationswärme bei

einem Bauteil aus Leichtbeton ist höher als bei Normal-

beton, da die leichte Gesteinskörnung wärmedämmende

Eigenschaften besitzt, die einen raschen Temperaturab-

fluss verhindern. Um Risse, die aus dem Temperatur-

gefälle zwischen Betonkern und -randzone entstehen, zu

vermeiden, empfehlen sich ein spätes Ausschalen (frü-

hestens nach 5 Tagen) und ein sofortiges Abdecken des

Bauteils mit Dämmmatten. Die hohe Wärmeentwicklung

im Leichtbeton ist auch beim Einbau von temperatur-

empfindlichen Installationen wie beispielsweise Kunst-

stoffleerrohren zu berücksichtigen.

Oberflächenhydrophobierung

Es wird empfohlen bei der Witterung ausgesetzten

Bauteilen die Oberfläche mit alkalibeständigen Mitteln

zu hydrophobieren, um den kapillaren Wassertransport

zu verhindern. Dabei werden die Oberfläche und die

oberflächennahen Poren mit einem dünnen, nicht immer

geschlossenen Film überzogen. Rein äusserlich ist diese

Schicht nicht erkennbar. Die Diffusion von Gasen wird

durch die Hydrophobierung nicht beeinträchtigt.

Abb. 2.9.7Nationalparkzentrum Zernez

Abb. 2.9.8Einfamilienhaus in Schaffhausen

© Schweizerischer Nationalpark

© Marx Architekten. Mammern

Dämmbeton

Unter Dämmbeton wird im Allgemeinen ein aus

«einem Guss» hergestellter, konstruktiv tragfähiger,

gefügedichter Leichtbeton verstanden, dessen heraus-

ragende Merkmale seine geringe Rohdichte im Bereich

von 800 bis 1000 kg/m3 und seine wärmedämmenden

Eigenschaften sind. Mit ihm ist es möglich Sichtbeton-

bauten herzustellen, die ohne aufwendige zweischali-

ge Konstruktionen oder zusätzliche Dämmschichten

auskommen können (Abb. 2.9.7 und 2.9.8).

Herstellung

Leichte Gesteinskörnung besitzt eine hohe Porosität und

kann, wenn sie ungeschützt im Freien lagert, erhebliche

Wassermengen aufnehmen. Die Eigenfeuchte der Ge-

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Betonpraxis 63

Vom Frischbeton zum Festbeton

2.10 Hochfester Beton

Betone der Festigkeitsklassen C55/67 bis C100/115 (Abb.

2.2.3) werden als hochfeste Betone bezeichnet. Das we-

sentliche Merkmal ist ein besonders niedriger Wasser-

zementwert von etwa 0,25 bis 0,35, der ein sehr dichtes

Betongefüge mit geringem Kapillarporenanteil gewähr-

leistet. Damit werden nicht nur hochfeste, sondern auch

besonders dichte und dauerhafte Betonkonstruktionen

möglich. Voraussetzung sind einerseits geeignete Fliess-

mittel zur Gewährleistung einer leicht verarbeitbaren

Konsistenz bei geringem Wassergehalt und anderseits

der Einsatz von Silicastaub als Zusatzstoff zur Verbesse-

rung des Verbunds zwischen Zementstein und Gesteins-

körnung.

Abb. 2.10.1Vorgefertigte Stützen aus hochfestemBeton, hier ein C80/95, ermöglichen schlan-ke Querschnitte, geringe Transportkostenund erfüllen die Anforderungen des bau-lichen Brandschutzes

Hochfeste Betone erlauben deutlich geringere Bauteilab-

messungen, was Platz spart und Transportkosten redu-

ziert. Dies spiegelt sich in der wachsenden Verwendung

vorgefertigter hochfester Betonstützen wider. Die höhere

Dichtheit des Betons und der Widerstand gegen mecha-

nische und chemische Einflüsse wird bei Betondecken,

Umweltschutzbauwerken und Kraftwerken genutzt.

Betonkomponenten und Mixdesign

In der Regel wird für hochfesten Beton ein Zement der

Festigkeitsklasse 52,5 R verwendet. Die Zementgehalte

liegen über denen normalfester Betone, üblicherweise

zwischen 380 kg/m3 und 450 kg/m3. Der geringe Wasser-

anteil im Beton erlaubt keine vollständige Hydratation

des Zements mehr (w/z ≈ 0,40). Der Zementstein bleibt

so fast frei von ungebundenem Wasser, was die Bildung

von Kapillarporen vermindert. Der verbleibende, unhy-

dratisierte Zement wirkt als hochfeste Gesteinskörnung,

die einen optimalen Verbund mit dem umgebenden

Zementstein aufweist.

Etwa ab einer Festigkeitsklasse C70/85 wird Silicastaub

zugesetzt. Er reduziert den Calcium- und Ettringitgehalt

in der Kontaktzone zwischen Zementstein und Gesteins-

körnung und wandelt diese in das härtere Calciumsilicat-

hydrat um. Da Silicastaub in der Handhabung nicht unbe-

denklich ist, empfiehlt sich ein Silicastaubzement (z. B.

Fortico 5R), der durch die gemeinsame Vermahlung von

Zementklinker und Silicastaub eine gleichmässige Dosie-

rung, Homogenität und einen wirksamen Aufschluss ge-

währleistet. Die Zugabe eines weiteren puzzolanischen

Abb. 2.10.2 Bruchbilder von Normal- und hochfestemBeton. Der Bruch geht bei hochfestem Beton(rechts) durch das Gesteinskorn

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Betonpraxis64

Vom Frischbeton zum Festbeton

Zusatzstoffs – Steinkohlenflugasche (Hydrolent) – wird

empfohlen, wenn hochfester Beton als SCC verarbeitet

wird oder der Beton eine geringe Hydratationswärme

ausweisen soll. Inerte Zusatzstoffe eignen sich wegen

ihres hohen Wasseranspruchs nicht für hochfesten Beton.

Zur Gewährleistung einer guten Verarbeitung trotz gerin-

gen Wassergehalts kommen Fliessmittel auf Basis von

Polycarboxylatethern zum Einsatz. Bei hochfestem SCC

können neben den Fliessmitteln noch Stabilisatoren ver-

wendet werden.

Während bei normalfestem Beton bei der Druckprüfung

stets der Zementstein lange vor der Gesteinskörnung

versagt, bestimmen im hochfesten Beton die Qualität

und Eigenschaften der Gesteinskörnung die erreichbare

Festigkeit entscheidend mit. Dies gilt grundsätzlich für

runde oder gebrochene Gesteinskörnung und wird im

Bruchbild hochfester Betone leicht sichtbar. Der Bruch

verläuft hier nicht mehr nur durch den Zementstein, son-

dern ebenfalls durch das Gesteinskorn (Abb. 2.10.2).

Sande für hochfesten Beton sollen eine konstante Korn-

grössenverteilung und einen geringen Gehalt an Fein-

anteilen aufweisen. Der damit verbundene tiefe Wasser-

anspruch verbessert die Verarbeitung des Betons wesent-

lich. Deshalb sind Brechsande für hochfesten Beton

ungeeignet. Bei Festigkeitsklassen > C90/105 empfiehlt

sich die Verwendung von Hartsteinsplitten im Grobkies

ab 4 mm. Dazu zählen Diabas, Granit, Basalt, aber auch

Mischgesteine. Das Grösstkorn von hochfestem Beton

wird in der Regel auf 16 mm (bei Splitten 22 mm) be-

grenzt.

Die je Anwendung gewünschten Frisch- und Festbeton-

eigenschaften bestimmen die Betonzusammensetzung

hochfester Betone. Typische Betonzusammensetzungen

für vibrierten hochfesten Beton, hochfesten SCC und

hochfesten Beton mit geringer Hydratationswärme-

entwicklung sind in Abb. 2.10.3 dargestellt.

Betonzusammensetzung Hochfester Beton Hochfester SCC Hochfester Beton mit geringer

Hydratationswärmeentwickl.

C60/75 C80/95 C80/95

Dichte Masse Volumen Masse Volumen Masse Volumen

[kg/l] [%] [kg] [l] [%] [kg] [l] [%] [kg] [l]

ZementFortico 5R 3,06 460 150 480 157

Protego 4 3,01 380 126

Zusatzstoffe Hydrolent 2,24 120 54 120 54

ZusatzmittelFliessmittel 1,10 0,9 4,14 3,76 1,4 6,72 6,11 0,8 3,04 2,76

Stabilisator 1,05 0,2 0,96 0,91

Sand 0/4 2,68 45 791 295 50 801 299 42 740 276

Gesteins-Kies 4/8 2,70 20 354 131 25 403 149

körnungKies 8/16 2,70 35 620 230 25 403 149

Splitt 4/8 2,70 23 408 151

Splitt 8/16 2,70 35 621 230

Wasser 1,00 170 170 170 170 140 140

Luft 0,00 20 15 20

Zementleimvolumen 344 402 343

Volumen Gesteinskörnung 656 598 657

w/zeq-Wert 0,37 0,32 0,33

Abb. 2.10.3Beispiele für eine Betonzusammensetzunghochfester Betone für verschiedene Anwen-dungen

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Betonpraxis 65

Vom Frischbeton zum Festbeton

Herstellung

Hochfester Beton kann in jedem Betonwerk hergestellt

werden, das über die erforderlichen Betonkomponenten

und eine Ausrüstung zur Bestimmung der Feuchten in

der Gesteinskörnung verfügt. Wegen der geringen

Wassermenge und den längeren Aufschlusszeiten der

Fliessmittel wird eine leicht erhöhte Mischdauer von

etwa 90 Sekunden empfohlen.

Verarbeitung und Nachbehandlung

Hochfester Beton ist in der Regel von zäher Konsistenz.

So benötigt er einen höheren Aufwand beim Einbringen,

Verteilen und Verdichten. Allgemein sollte die doppelte

Verdichtungsenergie gegenüber einem Normalbeton

aufgebracht werden. Dieser Mehraufwand entfällt bei

der Herstellung als hochfester SCC. Soll hochfester Beton,

insbesondere solcher mit erhöhten Splittanteilen ge-

pumpt werden, ist eine geeignete leistungsfähige Pumpe

auszuwählen und die möglichen Fördermengen sind in

einem Vorversuch zu bestimmen.

Da die Nachbehandlung die Druckfestigkeit und Dichtig-

keit des hochfesten Betons in der Betonrandzone mass-

gebend bestimmt, soll ihr besondere Beachtung ge-

schenkt werden. Die Massnahmen zum Schutz des Be-

tons müssen unmittelbar nach der Fertigstellung der

Betonoberfläche beginnen, da durch den niedrigen

Wassergehalt im Beton ein erhöhtes Risiko für das Aus-

trocknen des Betons in der Randzone besteht. So können

flächige Bauteile wie Brückendecken mit feuchten

Jutebahnen und einer darüberliegenden Folie vor dem

Austrocknen geschützt werden. Massige Bauteile müs-

sen sowohl vor Austrocknung als auch vor Auskühlung

geschützt werden, um Risse aus Temperaturspannungen

zu vermeiden (Abb. 2.10.5 und 2.10.6). Bei geschalten

Elementen im Elementbau entfällt dieses Problem.

Abb. 2.10.4 Brückenelemente aus hochfestem BetonC80/95

Abb. 2.10.5 Hochfester Beton C80/95 in massigen Stein-schlagwürfeln mit geeigneter Nachbehand-lung durch Thermomatten

Abb. 2.10.6Steinschlagwürfel aus hochfestem Beton;fertig ausgeschalt und einsetzbar für diePrüfung von Schutznetzen im Gebirge

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Betonpraxis66

Vom Frischbeton zum Festbeton

2.11 Recyclingbeton

Mineralische Bauabfälle («Bauschutt»)

Die mineralischen Bauabfälle lassen sich in Ausbauasphalt,

Strassenaufbruch, Betonabbruch und Mischabbruch

unterteilen. Beton- und Mischabbruch werden aus dem

Rückbau von bewehrten oder unbewehrten Betonkon-

struktionen und Betonbelägen sowie aus Massivbautei-

len wie Beton, Backstein-, Kalksandstein- und Naturstein-

mauerwerk gewonnen.

Recyclingbaustoffe/Recycling-Gesteinskörnung

Durch die Aufbereitung (Sortieren, Brechen, Sieben, Wa-

schen) von Beton- und Mischabbruch entstehen die so-

genannten Recyclingbaustoffe Betongranulat und Misch-

abbruchgranulat. In loser Form, als Granulat, können sie

als Kieskoffer mit Deckschicht und in gebundener Form

für die Herstellung von Recyclingbeton verwendet wer-

den. Die geforderte Qualität der Recyclingbaustoffe wird

vom Hersteller mit einer Materialanalyse nachgewiesen.

Diese gilt als erfüllt, wenn sich die Haupt- und Neben-

gemengteile der Bafu-Richtlinie zur Verwertung minerali-

scher Bauabfälle bzw. der SN 670 062 entsprechen (Abb.

2.11.1).

Eigenschaften der Recyclingbaustoffe

Recycling-Gesteinskörnungen weisen je nach Art der

Aufbereitung, der Herkunft der Ausgangsmaterialien und

ihrer Zusammensetzung unterschiedliche Eigenschaften

auf. Durch das Brechen von Beton- und Mischabbruch

werden Feinstanteile (Mehlkorngehalt ≤ 0,125 mm) an-

gereichert, die die Eigenschaften von Recyclingbeton sehr

stark beeinflussen können. Recycling-Gesteinskörnungen

müssen die Anforderungen der SN EN 12620 erfüllen.

Recyclingbeton

Als Recyclingbeton wird ein Beton nach SN EN 206-1 be-

zeichnet, dessen Gehalt an Gesteinsteinskörnung zu

mindestens 25 M.-% aus Betongranulat und/oder Misch-

abbruchgranulat im Sinne der Bafu-Richtlinie zur Verwer-

tung mineralischer Bauabfälle besteht. Zurzeit wird das

SIA-Merkblatt 2030 «Recyclingbeton» erarbeitet, das auf

dem heutigen Sachstand basiert und die aktuellen Trag-

werksnormen und Umweltvorschriften berücksichtigt. Es

soll die sichere Anwendung von Recyclingbeton im Beton-

bau nach Norm SIA 262 ermöglichen.

Recyclingbeton mit Betongranulat wird im konstruktiven

Bereich häufig angewendet. Die Bemessung kann wie

Beton mit natürlicher Gesteinskörnung nach Norm SIA

262 «Betonbau» erfolgen.

Recyclingbeton mit Mischabbruchgranulat wird im kon-

struktiven Bereich bisher nur sehr vereinzelt angewandt,

da sich die Betoneigenschaften von Beton aus natür-

licher Gesteinskörnung und denjenigen von Beton mit

Mischabbruchgranulat deutlich unterscheiden können.

Geringe Gehalte an Mischabbruchgranulat bis 5 M.-%,

die als Verunreinigung in Normal- und Recyclingbeton

mit Betongranulat auftreten können, sind jedoch in der

Regel problemlos.

Folgende Aspekte sind bei der Herstellung von Recycling-

beton mit Beton- und/oder Mischabbruchgranulat be-

sonders zu beachten:

• Die Recycling-Gesteinskörnung ist sorgfältig herzustel-

len.

• Der Feuchtegehalt der Gesteinskörnungen ist zu

berücksichtigen.

• Es ist eine zweckmässige Sieblinie zu verwenden.

Recyclingbaustoffe Ausbauasphalt Kies-Sand Betonabbruch Mischabbruch Fremdstoffe

Betongranulat ≤ 3 M.-% 1) ≥ 95 M.-% ≤ 2 M.-% ≤ 0,3 M.-%

Mischabbruchgranulat ≤ 3 M.-% ≥ 97 M.-% ≤ 0,3 M.-%

1) Betongranulat, das als Gesteinskörnung für Beton nach Norm vorgesehen ist, darf keinen Ausbauasphalt enthalten.

Abb. 2.11.1Anforderungen an die Gemengteile vonRecyclingbaustoffen. Der Hauptgemengteilist dunkel hinterlegt

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Betonpraxis 67

Vom Frischbeton zum Festbeton

• Je nach Anforderung sind Fliessmittel zu verwenden.

• Das Zementleimvolumen ist auf den Hohlraumgehalt

der lose geschütteten Gesteinskörnung abzustimmen.

Bezeichnung nach SN EN 206-1

Wird Recyclingbeton nach SN EN 206-1 eingesetzt, gelten

dieselben Anforderungen wie für Beton mit natürlicher

Gesteinskörnung und es sollten dabei folgende Festle-

gungen gemacht werden:

• Beton nach SN EN 206-1

• Druckfestigkeitsklasse

• Expositionsklasse

• Nennwert des Grösstkorns

• Chloridgehaltsklasse

• Konsistenz

• Zusätzliche Anforderungen:

• Recyclingbeton

• Gesteinskörnungen: Anteil Betongranulat und/oder

Mischabbruchgranulat (mindestens 25 M.-%)

• E-Modul (mittlerer Elastizitätsmodul Ercm)

• Rohdichte (mittlere Rohdichte ρrcm)

Eigenschaften von Recyclingbeton

In Abb. 2.11.4 wird ein typischer Beton mit natürlicher

Gesteinskörnung einem Recyclingbeton mit Betongranu-

lat und einem Recyclingbeton mit Mischabbruchgranulat

gegenübergestellt. Bei gleichbleibender Konsistenz wird

für die Herstellung eines Recyclingbetons mehr Zement,

mehr Zusatzmittel und/oder mehr Wasser benötigt als

für einen Beton mit natürlicher Gesteinskörnung. Bei

gleichbleibender Druckfestigkeit ist der E-Modul beim

Recyclingbeton bedeutend kleiner als beim Beton mit

natürlicher Gesteinskörnung. Aus Abb. 2.11.4 ist auch

ersichtlich, dass die Differenz zwischen Gesamtwasser-

gehalt und wirksamem Wassergehalt beim Recyclingbe-

ton gross ist. Der Feuchtegehalt der Recycling-Gesteins-

körnung ist für die Herstellung von Recyclingbeton von

enormer Bedeutung.

Die Eigenschaften des Recyclingbetons hängen sehr eng

mit denen der verwendeten Gesteinskörnung (Recycling-

Gesteinskörnung und/oder natürliche Gesteinskörnung)

sowie mit der Herstellung zusammen. Vor allem Misch-

Abb. 2.11.2Mischabbruch- (links) und Betongranulat(rechts): Gesteinskörnung aus aufbereite-tem, gemischtem mineralischem Abbruch-und Rückbaumaterial bzw. aus reinemBetonabbruch. Die Kornform ist bei beidengebrochen

Abb. 2.11.3Einbau Recyclingbeton auf Baustelle

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Betonpraxis68

Vom Frischbeton zum Festbeton

abbruchgranulat weist aufgrund seiner stofflichen

Zusammensetzung Schwankungen auf, die sich auf die

Frisch- und Festbetoneigenschaften auswirken. Diese

Eigenschaften bestimmen dadurch auch die jeweiligen

Anwendungsbereiche.

Recyclingbeton wird im Hochbau, im Strassenbau, bei

Kanalisationsbauten, Werkleitungen und Hilfsbauten als

Konstruktionsbeton, als Mager-, Sicker-, Füll-, Spritz- und

Walzbeton eingesetzt.

Die Dauerhaftigkeit ist noch nicht ausreichend unter-

sucht. So liegen z. B. zur Alkali-Aggregat-Reaktion, Frost-

beständigkeit, Karbonatisierung oder zum Chloridwider-

stand von Recyclingbeton erst wenige Informationen vor.

Es sind diesbezüglich mehrere Forschungsarbeiten im

Gange.

Abb. 2.11.5Recyclingbeton mit Betongranulat im Frisch-betonzustand

Betonzusammensetzung Beton mit natürlicher Recyclingbeton mit Recyclingbeton mit

Gesteinskörnung Betongranulat Mischabbruchgranulat

Zement Fluvio 4 [kg/m3] 320 325 335

Zusatzstoff Hydrolent [kg/m3] – 40 –

Zusatzmittel Fliessmittel [%] 0,6 1,2 1,2

Gesteins-natürlich [%] 100 50 –

körnungBetongranulat [%] – 50 –

Mischabbruchgranulat [%] – – 100

WasserGesamtwassergehalt [kg/m3] 170 225 240

wirksamer Wassergehalt [kg/m3] 158 175 170

Luft [%] 1,5 1,7 2,0

Rohdichte [kg/m3] 2440 2340 2260

Konsistenz [–] C3 C3 C3

Druckfestigkeit 28 Tage [N/mm2] ≈ 45 ≈ 45 ≈ 45

E-Modul 28 Tage [N/mm2] ≈ 35 000 ≈ 27 000 ≈ 23 000

w/zeq-Wert [–] 0,49 0,51 0,51

Expositionskl. [–] XC4 XC1, XC2 XC1, XC2

Abb. 2.11.4Recyclingbeton im Vergleich mit Beton mitnatürlicher Gesteinskörnung

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Betonpraxis 69

Vom Frischbeton zum Festbeton

2.12 Sichtbeton

Unter Sichtbeton werden im Allgemeinen Betonflächen

verstanden, die für den Betrachter als Oberfläche sicht-

bar bleiben und an die hinsichtlich des Aussehens beson-

dere Anforderungen gestellt werden. In der Schweiz

bestehen keine verbindlichen Vorschriften (Normen,

Richtlinien, Merkblätter usw.) hinsichtlich Planung und

Realisierung von Sichtbetonbauten. Detaillierte Ausfüh-

rungen und Empfehlungen sind der Sichtbetonbroschüre

der Holcim Schweiz zu entnehmen.

Im Wesentlichen unterscheidet man bei der Herstellung

von Sichtbetonflächen zwischen den Oberflächen, bei

denen die Schalhaut als Gestaltungselement benutzt

wird und Betonflächen, die nachträglich bearbeitet wer-

den. In beiden Fällen kann die Farbe als weiteres gestal-

terisches Merkmal eingesetzt werden.

Eine hohe Gleichmässigkeit der Sichtbetonqualität lässt

sich nur erzielen, wenn ausser besonderen Anforderun-

gen an die Schalhaut auch hohe Anforderungen an die

Betonzusammensetzung, Betonherstellung, die Beton-

verarbeitung und Nachbehandlung gestellt werden.

Daneben ist eine gute Zusammenarbeit aller am Sicht-

betonbau beteiligten Personen unerlässlich.

Komponenten

Grundsätzlich gelten bei Sichtbeton die gleichen Voraus-

setzungen für die Herstellung wie für andere Betone.

Nachfolgend sind die wichtigsten Kriterien zusammen-

gestellt.

Zement

Für die Herstellung von Sichtbeton sind alle Zemente

nach SN EN 197-1 (vgl. Kap. 1.1) geeignet. Da die Farbe

des Zements jene der Betonoberfläche beeinflusst, soll

während der Ausführung eines Objekts weder die

Zementsorte noch das Lieferwerk gewechselt werden.

Wasser

Jedes Wasser aus öffentlichen Trinkwasserversorgungen

ist zur Herstellung von Sichtbeton geeignet (vgl. Kap. 1.2).

Bei der Verwendung von Rest- und/oder Recyclingwasser

sind vorgängig Versuche notwendig.

Gesteinskörnung

Die Gesteinskörnung muss aufgrund ihrer Anwendung

im Freien frost- und witterungsbeständig sein. Zudem

darf während der Ausführung die Herkunft der Gesteins-

körnung nicht geändert werden, um die gleichmässige

Farbtönung der Betonoberfläche nicht zu beeinträchti-

gen. Das Grösstkorn ist grundsätzlich auf die Bauteil-

geometrie und den Bewehrungsgehalt abzustimmen.

Zusatzmittel

Bei der Herstellung von Sichtbeton können alle Zusatz-

mittel gemäss SN EN 934-1 eingesetzt werden (vgl. Kap.

Die Ansichtsfläche wird beeinflusst durch

• Art und Material der Schalhaut

• Einsatzhäufigkeit und Reinigungszustand der

Schalhaut

• Dichtigkeit der Schalung

• Anordnung der Bindstellen und Fugen

• Steifigkeit des Schalungssystems

• Menge und Art des Trennmittels

• Betonzusammensetzung und -herstellung

• Einbau und Verdichten des Betons

• Witterung bei Herstellung

• Nachbehandlung

• Gestaltung durch nachträgliche Oberflächen-

bearbeitung

• Gestaltung durch Oberflächenstrukturierung

(Matrizen)

• Gestaltung durch Einfärben (Pigmente).

Abb. 2.12.1Kunsthaus Bregenz

© Kunsthaus Bregenz Tomas Riehle/artur

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Betonpraxis70

Vom Frischbeton zum Festbeton

1.4). Dazu werden in der Regel Betonverflüssiger (BV)

und Fliessmittel (FM) zur besseren Verarbeitung des

Betons eingesetzt. Zusatzmittel haben einen nur gerin-

gen Einfluss auf die Farbe der Betonoberfläche, insbeson-

dere dann, wenn sie transparent sind.

Betonzusatzstoffe

Als Zusatzstoffe werden bei Sichtbeton hauptsächlich

Steinkohlenflugasche, Steinmehl sowie Farbpigmente

verwendet. Beim Einsatz von Steinkohlenflugasche sind

schwarze Verfärbungen an der Betonoberfläche nicht

auszuschliessen. Deshalb wird dringend empfohlen, dies-

bezüglich Vorversuche durchzuführen.

Betonzusammensetzung

Grundsätzlich ist die Verwendung eines Betons nach

Eigenschaften gemäss SN EN 206-1 oder eines Betons

nach Zusammensetzung möglich. Im Normalfall emp-

fiehlt sich ein Beton nach Eigenschaften (z. B. NPK-Betone).

Die Betonzusammensetzung muss eine gute Verarbeit-

barkeit (kein Entmischen oder Bluten beim Einbau und

Verdichten) gewährleisten. Zur Erzielung guter Sichtbeton-

flächen hat sich das Einhalten folgender Punkte

bewährt:

• ausreichend hoher Mehlkorngehalt (Zement, Zusatz-

stoffe und Anteile der Gesteinskörnung ≤ 0,125 mm)

gemäss den Werten in Abb. 1.3.19

• Kornzusammensetzung entspricht einer stetigen

Kurve gemäss Abb. 1.3.16 und ist im oberen Bereich

der Kurve anzusetzen

• gleichmässige Betonzusammensetzung, gegebenen-

falls unter Verwendung eines verflüssigenden Zusatz-

mittels

• Zementgehalt mindestens 350 kg/m3 (bei einem

Grösstkorn von 32 mm)

• w/z-Wert kleiner 0,50 und möglichst konstant (Abwei-

chungen bewirken erkennbare Farbunterschiede an

Betonoberfläche)

• ausreichender Zusammenhalt (kein Entmischen) und

ausreichendes Wasserrückhaltevermögen (kein Bluten)

des Frischbetons.

Konsistenz

Die richtige Konsistenz ist bei der Herstellung von Sicht-

beton eine wichtige Voraussetzung. Sie ist abhängig von

der Bauteilgrösse und vom Bewehrungsgehalt zu wäh-

len. Zum einwandfreien Füllen der Schalung und zum

Umschliessen der Bewehrung eignen sich Betone ab der

Abb. 2.12.2Anbau des International Institute forManagement Development in Lausanne

Abb. 2.12.3Treppenlauf im Dock Midfield, Flughafen Kloten

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Betonpraxis 71

Konsistenz F3. Vibrierbetone, die nicht zum Bluten nei-

gen und eine weiche, nicht ausschliesslich über den

Wassergehalt erzielte Konsistenz (F4 bis F5) aufweisen,

ergeben bezüglich Farbkonstanz, Helligkeit und Porigkeit

die gleichmässigsten Sichtbetonoberflächen. Bei SCC ist

ein Setzfliessmass von 700 mm anzustreben.

Bauausführung

Um eine gleichmässige Farbtönung der Betonoberfläche

und eine geschlossene Oberfläche zu erhalten, gilt es fol-

gende technische Aspekte zu berücksichtigen:

Schalung

Der Einfluss der Schalungen wird in Kap. 2.13 separat

behandelt.

Bewehrung

Bei der Bewehrung sind folgende Punkte zu beachten:

• Bemessung nach Norm SIA 262

• Koordination mit Haustechnik

• keine langen Standzeiten, um Rostverfärbungen zu

vermeiden

• Bewehrung und Einbauteile fachgerecht fixieren

(Bindedrähte immer von Schalhaut abgewendet!)

• ausreichend Platz für Einbringhilfen und Vibriernadeln

vorsehen.

Betoneinbau und -verdichtung

Gerade beim Einbringen und beim Verdichten des Betons

sind viele Aspekte von Bedeutung:

• gleicher w/z-Wert bei jeder Mischung, ungeachtet der

Eigenfeuchte der Gesteinskörnung

• ausreichend lange, definierte Mischzeit (mindestens

60 Sekunden)

• gleichmässige Frischbetontemperatur

• ausreichende und gleichmässige Verdichtung

• Entmischung verhindern mit möglichst kurzen

Transportwegen, Fallhöhen unter 1,0 m, kurzen

Schüttabständen, Betonierlagen unter 50 cm und dich-

ten Schalungsfugen

• Beton nicht gegen Schalung oder Bewehrung schüt-

ten, sondern mittig einbringen

• auf ähnliche klimatische Verhältnisse (Temperatur,

Feuchte, Wind) bei der Betonherstellung achten.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung ist bei Sichtbetonbauten von gros-

ser Wichtigkeit. Zu beachten ist insbesondere:

• vorsichtiges und zügiges Ausschalen

• kein Bauteil darf ausgeschalt werden, bevor der Beton

nicht ausreichend erhärtet ist

• vermeiden zu langer Verweildauer des Betons in der

Schalung (Verfärbung der Oberfläche)

• ausreichende, gleichmässige Nachbehandlung

• Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse

(Temperatur, Feuchte, Wind).

Als Nachbehandlungsmassnahmen kommen in Frage:

• Feuchthalten (Verhinderung Ausblühungen bzw.

Aussinterungen, vgl. Kapitel 3.4)

• Abdecken mit Folien (Verhinderung direkter Kontakt

Folie mit Betonoberfläche, Verhinderung einer

Kaminwirkung, Verdunstungsschutz)

• Auflegen von wasserspeichernden Abdeckungen (z.

Bsp. Thermomatten, Geotextil (Jute)) unter ständigem

Feuchthalten, um Ausblühungen vorzubeugen.

Sichtbetonoberflächen dürfen nach dem Ausschalen nicht

direkt starken Niederschlägen ausgesetzt oder mit Wasser

besprüht werden. Ferner empfiehlt es sich, bereits fertig-

gestellte bzw. ausgeschalte Sichtbetonflächen mit einem

Kanten- und Eckenschutz gegen mechanische Beschädi-

gungen zu schützen.

Abb. 2.12.4Mehrfamilienhausaus eingefärbtemund selbstverdich-tendem Sichtbeton

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Betonpraxis72

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.13.1Auswirkung einer undichten Schalung

Abb. 2.13.2Abgerissene Betonhaut

Abb. 2.13.3Auf der Holzschalung haftende Betonhaut

Abb. 2.13.4Beispiel einer gelungenen, strukturiertenBetonoberfläche

2.13 Einfluss der Schalungen

Die Schalungen sind wichtig für das Gelingen eines Bau-

werks, sie verleihen der Betonoberfläche Form, Struktur

und Farbe und geben dem Beton die massgerechte Form.

Oft wird ihnen nicht die nötige Beachtung geschenkt.

Wahl der Schalungen

Die Wahl der Schalungstypen bzw. der Schalungshaut

erfolgt in der Regel durch den Planer (Ingenieur) und die

des Schalungssystems durch das Bauunternehmen. Es

sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

• Bauobjekt/Bauteil

• angestrebte Qualität der Betonoberfläche (Leistungs-

beschrieb)

• Anzahl der möglichen Wiederverwendungen

• Aufwand für die Erstellung

• Einbring- und Verdichtungsart des Betons

• Wärmeisolationsvermögen

• Preis.

Verwendete Schalungsmaterialien/Schalhaut

• rohe, ungehobelte Holzbretter

• vorbehandelte Holzbretterschalungen

• kunststoffbeschichtete Schalungen (Polyester, Poly-

styrol, Linoleum, Elastomere usw.)

• Vollkunststoffplatten

• Stahl.

Anforderungen an die Schalung

• Massgenauigkeit

• Dichtigkeit (Abb. 2.13.1)

• Steifigkeit, keine Deformationen (Formstabilität)

• Sauberkeit

• geringe Haftung am erhärteten Beton (Abb. 2.13.2 und

Abb. 2.13.3)

• gefällige Oberflächenstruktur (Abb. 2.13.4).

• Lagerung (Art, Ort)

• Kombination alt/neu vermeiden

• Standsicherheit

• betonverträglicher Werkstoff als Schalhaut.

Neue Schalungen weisen zu Beginn alle die ungefähr

gleiche Qualität auf. Oberflächenverletzungen (z.B. Nagel-

löcher, Dellen usw.) verschleissen film- und kunststoffbe-

schichtete Mehrschichtholzplatten, wobei die Lebens-

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Betonpraxis 73

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.13.6Auswirkung unterschiedlicher Saugfähigkeitvon Holzschalungen auf die Betonoberfläche

Schalungstypen

Norm SIA 118/262 «Allgemeine Bedingungen für Beton-

bau» definiert die Oberflächenbeschaffenheit von Scha-

lungen mit folgenden Bezeichnungen (Abb. 2.13.5):

• Typ 1: normale Betonfläche

• Typ 2: Betonfläche mit einheitlicher Struktur

• Typ 3: Sichtbetonfläche mit Brettstruktur

• Typ 4: Sichtbetonfläche mit Tafelstruktur.

Diese Schalungstypen bestimmen – unabhängig von

einer späteren Bearbeitung oder Behandlung – den

Oberflächencharakter des Betons.

Schalhaut

Die Schalhautoberfläche kann saugend bis nicht saugend

sein. Bei der Auswahl der geeigneten Schalhaut sind hin-

sichtlich des Saugverhaltens grundsätzliche Unterschiede

zu beachten. Saugfähige Schalhautoberflächen ergeben

im Allgemeinen eine leicht raue, geschlossene Beton-

oberfläche, weil sie überschüssiges Wasser und Luftblasen

aufsaugen. Es sollten in einer Schalfläche nur Holzbretter

verwendet werden, die eine gleiche Anzahl von Wieder-

verwendungen hinter sich haben, da bei jedem Einsatz

das Saugvermögen des Holzes zurückgeht und sich da-

durch die Farbe der Betonoberfläche ändert. Rohe Holz-

bretter sind vor der Erstverwendung mit Zementleim ein-

zuschlämmen, um den die Zementhydratation störenden

Holzzucker zu entfernen und die Unterschiede in der Saug-

fähigkeit des Holzes etwas auszugleichen (Abb. 2.13.6).

Nicht saugfähige, wasserabweisende Schalhautoberflä-

chen begünstigen partielle Feinstmörtelanreicherungen.

Dies führt zu farblichen Unregelmässigkeiten an der

Betonoberfläche (Wolkenbildung), jedoch auch zu sehr

glatten Oberflächen. Starke oberflächliche Entmischun-

gen können zur Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit

führen (Kap. 3.1 «Entmischung des Betons»). Daher sind

für der Witterung ausgesetzte Bauteile saugfähige Scha-

lungen oder die Einlage von wasserabführenden Scha-

lungsbahnen, z.B. aus Polypropylengeweben, vorteilhaf-

ter. Abb. 2.13.7 erläutert den Einfluss des Saugverhaltens

der Schalhautoberfläche auf die Betonoberfläche.

Trennmittel

Trennmittel werden verwendet, um die Schalungselemen-

te einwandfrei von der Betonoberfläche lösen zu können

und gleichzeitig das Schalungsmateriel zu schützen und

dauer filmbeschichteter Mehrschichtholzplatten kürzer

ist als jene der kunststoffbeschichteten. Vollkunststoff-

platten sind diesem Verschleiss nicht ausgesetzt, weil

Oberflächenverletzungen ihre Lebensdauer nicht beein-

trächtigen.

Schalung Typ 1: normaleBetonfläche

Schalung Typ 2: Betonflächemit einheitlicher Struktur

Schalung Typ 3: Sichtbeton-fläche mit Brettstruktur

Schalung Typ 4: Sichtbeton-fläche mit Tafelstruktur

Abb. 2.13.5Bezeichnungen der Schalungstypen gemässNorm SIA 118/262

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Vom Frischbeton zum Festbeton

Betonpraxis74

zu konservieren. Sie sind dünn und gleichmässig sowie

grundsätzlich vor dem Einbau der Bewehrung aufzutragen.

Überschüssiges Trennmittel ist mit einem Gummilappen

abzuwischen. Fleckenbildung sowie unterschiedliche

Grautönungen und Absandungen bzw. Erhärtungsstö-

rungen auf Betonoberflächen sind häufig auf unsach-

gemässes Auftragen des Trennmittels zurückzuführen

(Abb. 2.13.8). Bei der Verwendung von Trennmitteln gilt

es Folgendes zu beachten:

• Trennmittel sind grundsätzlich nach den Angaben des

Herstellers zu verwenden

• möglichst umweltverträgliche und gesundheitlich un-

bedenkliche Trennmittel verwenden

• möglichst konstante Ablüftzeit der Trennmittel inner-

halb einer Fläche (abhängig von Art des Trennmittels)

• Eignung des Trennmittels an Probeflächen ermitteln.

Weitergehende Informationen zu Schalungen sind auch

der Publikation «Sichtbeton» der Holcim (Schweiz) AG zu

entnehmen.

Schalhautoberfläche saugend nicht saugend

Farbe der Betonoberfläche dunkler heller

w/z-Wert der Betonrandzone niedriger höher

Anzahl Luft- und Wasserporen geringer höher

Neigung zum Abmehlen/Absanden etwas höher geringer

Grautonunterschiede höher geringer

Neigung zu Feinstanteilanreicherungen geringer stärker

Quell- und Schwindneigung höher geringer

Abb. 2.13.7Qualitative Angaben zu Auswirkungen desSaugverhaltens der Schalhautoberfläche aufjene des Betons.

Abb. 2.13.8Auswirkung von Trennmitteln auf dieBetonoberfläche. Links: überschüssigesTrennmittel mit Lappen entfernt, rechts:überdosiertes Trennmittel

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Betonpraxis 75

Austrocknungsgeschwindigkeit

Die Austrocknungsgeschwindigkeit hängt ab von der:

• Lufttemperatur

• Betontemperatur

• relativen Luftfeuchte

• Windgeschwindigkeit.

Typische Auswirkungen dieser Faktoren sind in Abb. 2.14.4

und Abb. 2.14.5 dargestellt. Abb. 2.14.6 zeigt Zusammen-

hänge zwischen den genannten Grössen auf und lässt

sich zum Abschätzen der Austrocknungsrate verwenden.

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.14.2Ummantelungeiner Betonstützemit Thermomatte

2.14 Nachbehandlung

Zweck und Ziele

Die Nachbehandlung hat den Zweck, den jungen Beton

vor Wasserverlust und äusseren Umwelteinflüssen zu

schützen. Druckfestigkeit allein garantiert keine Dauer-

haftigkeit, der Beton muss auch dicht sein. Gerade im

oberflächennahen Bereich ist ein Zementstein mit hoher

Dichtigkeit und einer möglichst geringen Porosität sehr

wichtig für einen erhöhten Widerstand gegen Karbona-

tisierung und das Eindringen schädigender Stoffe sowie

gegen Abrieb. Unter Nachbehandlung versteht man alle

Massnahmen, die dazu geeignet sind, den frisch verar-

beiteten und jungen Beton bis zum Erreichen einer aus-

reichenden Festigkeit zu schützen. Die wichtigsten Ziele

der Nachbehandlung sind der Schutz vor:

• vorzeitigem Austrocknen durch Wind, Sonne, trocke-

ne Kälte

• extremen Temperaturen (Kälte/Hitze) und raschen

Temperaturwechseln

• Auswaschung bei Niederschlägen

• Erschütterung.

Vorzeitiges Austrocknen

Besonders wichtig ist der Schutz gegen vorzeitiges Aus-

trocknen in der Betonrandzone, mit dem unmittelbar

nach dem Einbringen zu beginnen ist. Folgen des zu frü-

hen Wasserverlusts im oberflächennahen Bereich sind:

• Entstehen starker Frühschwindrisse (Kap. 3.2 «Riss-

bildung»)

• geringe Festigkeit

• Neigung zum Absanden («Verdursten»)

• geringere Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit

• verminderter Verschleisswiderstand

• erhöhte Gefahr späterer Schwindrisse.

Schutzmassnahmen gegen vorzeitiges Austrocknen

• saugende Schalungen sind vor dem Betonieren

mit Wasser vorzunässen

• in der Schalung belassen

• mit Folien abdecken (Abb. 2.14.1)

• mit Thermomatten abdecken (Abb. 2.14.2)

• wasserhaltende Abdeckungen aufbringen (Jute,

Geotextilmatten)

• flüssige Nachbehandlungsmittel aufbringen

(Curing compound, Abb. 2.14.3)

• kontinuierliches Besprühen mit Wasser

• Unterwasserlagerung (Fluten)

• Kombination der aufgeführten Massnahmen.

Abb. 2.14.1Abdecken einer Betondecke mit Plastikfolie

Abb. 2.14.3Aufsprühen eines Nachbehandlungsmittels

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Betonpraxis76

0,8

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.14.6Diagramm zum Abschätzen der Austrock-nungsrate an offen liegenden Betonflächen. Oben rot eingezeichnetes Beispiel: Lufttem-peratur: 28 °C, relative Luftfeuchte: 50%,Betontemperatur: 28 °C, Windgeschwindig-keit: 5 m/s. Ergebnis: Austrocknungsrate =0,8 kg/m2 · Std.

1

Druc

kfes

tigke

it [%

]

Prüfalter [Tage]

100

75

50

25

3 7 28 900

ohneFeucht-halten

dauerndesFeuchthalten

Feucht-halten bis

7 Tage

Zeit [Stunden]0

Früh

schw

inde

n [m

m/m

]

4

3

2

1

06 12 18 24

mit einem Nachbehandlungsmittelgeschützter Beton

ungeschützter Beton beiWindgeschwindigkeit von 20 km/h

ungeschützter Beton beiWindgeschwindigkeit von 10 km/h

Abb. 2.14.4Einfluss des Feucht-

haltens auf dieFestigkeitsentwick-

lung des Betons inder oberflächen-

nahen Zone (0–10 mm)

Abb. 2.14.5Frühschwinden als

Folge mangelhafterNachbehandlung

bei extremenWitterungs-

bedingungen

Extreme Temperaturunterschiede

Bei Wärme (z. B. starke Sonneneinstrahlung) dehnt sich

der Beton aus, bei Kälte (z. B. Abkühlung durch starken

Niederschlag) zieht er sich zusammen. Dies führt zu

Spannungen, wenn der Beton bei der Verformung behin-

dert wird oder wenn sich extreme Temperaturunterschie-

de innerhalb des Betonkörpers einstellen können. Deshalb

ist zu verhindern, dass zwischen der Betonoberfläche

und dem Betonkern grössere Temperaturunterschiede als

15 bis 20 °C entstehen und der noch nicht ausreichend

erhärtete Beton schroffen Temperaturwechseln ausge-

setzt wird. Überschreiten die Spannungen die noch ge-

ringe Zugfestigkeit des jungen Betons, führt dies zu Rissen.

Massnahmen zur Verminderung der Temperaturunter-

schiede sind in Abb. 2.14.7 aufgeführt. Weitere Mass-

nahmen zum Vermeiden oder Verringern von Tempera-

turunterschieden oder deren Auswirkungen finden sich

in Kapitel 3.2 «Rissbildung».

Mechanische und dynamische Einwirkungen

Diese können während des Erstarrens und in der ersten

Zeit des Erhärtens ein Betonbauwerk schädigen, wenn

sie das Betongefüge oder den Verbund zwischen Beton

Bei einem Normalbeton mit einem Zementgehalt von300 kg/m3 und einem w/z-Wert von 0,55 bedeutet eineAustrocknungsrate von 0,8 kg/m2 · Std., dass nach einerStunde das in den obersten 5 mm des Betons enthalteneWasser verdunstet ist.

35 mmBewehrungs-überdeckung

5 mm/Std.Austrocknung an der exponierten Oberfläche

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Betonpraxis 77

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.14.7Nachbehandlungs-massnahmen beiverschiedenenAussentemperaturen

zu verlängern. Festigkeitsentwicklung und Nachbehand-

lungsdauer müssen so gewählt werden, dass auch die

oberflächennahen Zonen die Festigkeit und die Dichtheit

des Betongefüges erreichen, die für die Dauerhaftigkeit

der Betonoberfläche und damit auch für die Beweh-

rungsüberdeckung und den Schutz der Bewehrung not-

wendig sind. Die Festigkeitsentwicklung wiederum

hängt eng mit der Betonzusammensetzung, der

Frischbetontemperatur, der Lufttemperatur und den

Bauteilabmessungen zusammen.

Normative Anforderungen

In den Schweizer Normen werden keine Angaben zum

Verzicht auf Nachbehandlungsmassnahmen gemacht

und es existieren keine Angaben über den Beginn einer

Nachbehandlung. Die Art und Dauer einer Nachbehand-

lung, der Schutz des Betons und der Ausschalzeitpunkt

sind in Norm SIA 262 geregelt. Gemäss Norm SIA 118/262

ist die Nachbehandlungsdauer – sofern nichts anderes

vereinbart wurde – während 5 Tagen zu gewährleisten.

Massnahmen Aussentemperaturen in °C

– 3 5 10

unter bis bis bis über

– 3 + 5 10 25 25

Holzschalung nässen; Stahlschalung vor Sonneneinstrah-

lung schützen. Abdecken oder Aufsprühen von Nachbe-● ●

handlungsmittel oder Feuchthalten durch kontinuierliches

Benetzen

Abdecken oder Aufsprühen von Nachbehandlungsmittel ● ●

Vorwärmen der Schalung und Bewehrung.

Abdecken oder Aufsprühen von Nachbehandlungsmittel; ●

Auflegen von Thermomatten

Vorwärmen der Schalung und Bewehrung.

Abdecken mit Thermomatten. Betontemperatur●

mindestens 3 Tage lang auf + 10 °C halten

(Bauteil umschliessen und beheizen)

Hinweis

Wird zur Nachbehandlung ein Nachbehandlungs-

mittel (Curing Compound) aufgesprüht, muss bei

nachträglicher Betonbeschichtung der Untergrund

vorbehandelt werden (z.B. Sandstrahlen, Wasser-

hochdruck).

und Bewehrungsstahl lockern. In den ersten 36 Stunden

nach Einbringen bzw. Erhärtungsbeginn des Betons dür-

fen keine solche Einwirkungen auftreten.

Chemische Angriffe

Chemische Angriffe durch biologische Einwirkungen und

durch aggressive Stoffe sind möglichst lange vom jungen

Beton fernzuhalten.

Niederschläge

Niederschläge können häufig bleibende Schäden (hohe

Porosität, verminderte Dauerhaftigkeit, Auswaschungen)

am frischen oder jungen Beton verursachen. Deshalb ist

vor dem Betonieren die vorbereitete Schalung von ste-

hendem Wasser zu befreien. Der frisch eingebrachte Be-

ton ist vor Regen zu schützen, gegebenenfalls mit Folien

oder durch Einhausung.

Nachbehandlungsmassnahmen

Die Art (Abb. 2.14.7) und die Dauer der Nachbehandlung

richten sich vorwiegend nach den herrschenden Witte-

rungsbedingungen, der Festigkeitsentwicklung des Be-

tons und den zu schützenden Bauteilen (Geometrie des

Bauteils) sowie nach den örtlichen Möglichkeiten. Über

die Dauer der Nachbehandlung orientieren die Produkt-

Informationen der Holcim Zement-Dokumentation.

Nachbehandlungs- und Ausschalfristen sind um die An-

zahl der effektiven Frosttage (Temperaturen unter 0 °C)

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Betonpraxis78

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.15.1Typische Druck-festigkeits- und

Verarbeitbarkeits-statistik währenddes Sommerhalb-

jahrs. Daten aus derQualitätssicherung

eines Transport-betonwerks

Abb. 2.15.2Auswirkung der Temperatur auf die Entwick-lung der Druckfestigkeit von Beton

2.15 Betonieren bei warmerWitterung

Im Sommerhalbjahr stellt man oft einen Abfall der

durchschnittlichen 28-Tage-Betondruckfestigkeit von

einigen N/mm2 fest. Man spricht vom sogenannten Som-

merloch (Abb. 2.15.1). Es handelt sich dabei um eine aus

März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt.

1,10

Verd

ichtu

ngsm

ass

nach

Wal

z

20

25

30

35

40

45

50

55

60

28-T

age-

Druc

kfes

tigke

it [N

/mm

2 ]

1,05

Druc

kfes

tigke

it [%

]

25

50

75

100

0

nach28 Tagen

nach1 Tag

Temperatur [°C]10 20 30 40 50

Höhere Betontemperatur

Die im Allgemeinen höhere Betontemperatur bewirkt

eine schnellere Zementhydratation. Diese führt zu einer

höheren Frühfestigkeit, weil sich gegenüber niedrigeren

Temperaturen rascher Zementhydratkristalle bilden, die

allerdings kleiner sind. Kleinere Kristalle können sich

weniger intensiv verfilzen als grössere. Es stellt sich auch

eine höhere Porosität ein. Da der Grad der Kristallverfil-

zung und die Porosität die Endfestigkeit des Betons er-

heblich beeinflussen, nimmt diese ab (Abb. 2.15.2).

allen Ländern mit ausgeprägten saisonalen Temperatur-

unterschieden bekannte Erscheinung. Sie ist vornehmlich

auf drei Ursachen zurückzuführen

• höhere Betontemperatur

• unzulässige Wasserzugabe

• ungleichmässige Mischung.

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Betonpraxis 79

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.15.3Benetzen der Schalung

Unzulässige Wasserzugabe

Bei hohen Temperaturen nimmt das Ansteifen des Betons

zu. Auch eine höhere Ausgangskonsistenz bei Transport-

beton durch höhere Fliessmittelgehalte kann dieses Ver-

halten nicht ganz kompensieren. Deshalb ist die Versu-

chung gross, den Beton durch die Zugabe von Wasser

besser verarbeitbar zu machen. Doch bereits mit geringen

Mengen zusätzlichen Wassers im Beton fällt die Festig-

keit zwangsläufig ab (vgl. Abb. 2.4.5); noch mehr aber lei-

det die Dauerhaftigkeit des Betons.

Ungleichmässige Mischung

Namentlich bei hoher Temperaturdifferenz zwischen dem

Zement und dem auch im Sommer kühlen Anmach-

wasser kann es vorkommen, dass der Zement sich nicht

gleichmässig in der Mischung verteilt. Dadurch können

geringe Festigkeitseinbussen entstehen. Um den Beton-

festigkeitsabfall bei heisser Witterung in engen Grenzen

zu halten, schreibt die Norm SIA 262, Ziffer 6.4.5.5, eine

Frischbetontemperatur von höchstens 30 °C vor. Bei

Beton, an den besondere Anforderungen gestellt werden,

sollte die Frischbetontemperatur auf maximal 25 °C be-

grenzt werden.

Neben dem Verlust an Endfestigkeit (Abb. 2.15.2) und

Dauerhaftigkeit hat eine höhere Betontemperatur

noch weitere unerwünschte Auswirkungen:

• Die schnellere Zementhydratation bewirkt ein rasche-

res oder sogar vorzeitiges Ansteifen des Betons, wo-

durch seine Verarbeitung beeinträchtigt wird (Kap. 2.3

«Verarbeitbarkeit und Konsistenz»).

• Der Beton, namentlich seine Oberfläche, trocknet

rascher aus. Dies gilt insbesondere bei hoher Wind-

geschwindigkeit, intensiver Sonneneinstrahlung und

niedriger relativer Luftfeuchte. Die Nachbehandlung

(Kap. 2.14 «Nachbehandlung») soll den Wasserentzug

vermeiden, oder es muss für kontinuierliche Wasser-

zufuhr auf die Betonoberfläche gesorgt werden.

Andernfalls bleibt die Zementhydratation unvoll-

ständig, wodurch die Endfestigkeit der vorzeitig

ausgetrockneten, oberflächlichen Partien, insbeson-

dere aber deren Dauerhaftigkeit, noch zusätzlich

reduziert würde. Auch neigen solche Bauteile stark

zum Frühschwinden und der damit zusammenhän-

genden Rissbildung (Kap. 3.2 «Rissbildung») sowie

bei Sichtbeton zu hässlichen Unterschieden in den

Grautönen.

Faustregel

10 Liter mehr Anmachwasser pro m3 Beton verursa-

chen einen 28-Tage-Druckfestigkeitsverlust von bis

zu 5 N/mm2.

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Betonpraxis80

Vom Frischbeton zum Festbeton

Massnahmen zur Kontrolle der Betontemperatur

Die Temperatur T eines Frischbetons kann mit

folgender Formel näherungsweise abgeschätzt wer-

den:

Da die Zementtemperatur durch den Einbau von spe-

ziellen Kühlern in den Zementmahlanlagen auf 60 °C

oder weniger reduziert wird, ist ihr Einfluss auf die

Betontemperatur relativ gering.

Massnahmen zum Senken der Betontemperatur

• Anbringen einer Wärmeisolation am Kiessilo

• Kühlen des Grobkieses durch Besprengen mit

Wasser 1)

• Kühlen des Zugabewassers mit Eis 1)

• Kühlen der Betonmischung mit flüssigem Stick-

stoff.

1) Die Zugabewassermenge ist entsprechend zu redu-

zieren.

Betonieren bei warmer Witterung verlangt gute

Planung und Vorbereitung

• Die Anlieferung des Frischbetons muss so mit

seiner Verarbeitung koordiniert werden, dass er

zügig eingebaut werden kann.

• Für das Betonieren sind genügend Gerätschaften

und Personal einzuplanen, damit das Einbringen

und das Verdichten des Frischbetons ohne Verzug

erfolgen können.

• Unterlage und Schalung dürfen dem Frischbeton

kein Wasser entziehen. Die Schalung ist deshalb

vor dem Einbringen des Betons zu benetzen (Abb.

2.15.3). Übermässiges Wässern von Schalung und

Untergrund ist zu vermeiden (keine Wasserlachen).

• Sind die für ein erfolgreiches Betonieren bei hoher

Temperatur erforderlichen Voraussetzungen aus

irgendwelchen Gründen nicht gegeben, muss auf

eine kühlere Tageszeit ausgewichen werden.

• Das Verwenden von Abbindeverzögerern kann die

Nachteile der rascheren Zementhydratation weit-

gehend beheben. Sie sind aber wenig wirksam

gegen vorzeitiges Ansteifen des Betons, auch

erfordert ihr Einsatz eine verlängerte Nachbe-

handlung. Wenn die Wirkung eines bestimmten

Verzögerers auf einen Zement nicht schon von

früheren Verwendungen her bekannt ist, muss

sie durch Vorversuche abgeklärt werden, um eine

zweckentsprechende Verzögererdosierung zu

ermöglichen.

Tb = 0,7 · Tg + 0,2 ·Tw + 0,1 · Tz

Tb: Betontemperatur

Tg: Gesteinskörnungstemperatur

Tw: Wassertemperatur

Tz: Zementtemperatur

Beispiel: Bekannt sind:

Tg = 21 °C

Tw = 15 °C

Tz = 50 °C

Gesucht ist die Betontemperatur Tb:

Tb = 0,7 · 21 + 0,2 · 15 + 0,1 · 50 = 22,7 °C

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Betonpraxis 81

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.15.4Aufsprühen eines Nachbehandlungsmittelsunmittelbar nach dem Abziehen des Betons

Einbringen und Verdichten

• Kurze Liegezeit und schnellstmögliche Verarbei-

tung des Frischbetons sind oberstes Gebot.

• Das Baustellenpersonal ist mit den Besonderhei-

ten und Anforderungen des Betonierens bei

hohen Temperaturen vertraut zu machen.

• Sind unvorhergesehene Wartezeiten nicht zu ver-

meiden, muss der Beton im Fahrzeug und im Um-

schlaggerät vor direkter Wind- und Sonnenein-

wirkung geschützt werden. Die Trommel des

Fahrmischers kann dazu mit Wasser berieselt

werden.

• Die nachträgliche Wasserzugabe auf der Bau-

stelle ist streng zu verbieten, und das Einhalten

des Verbots ist zu kontrollieren. Ausnahmen sind

nur gestattet, wenn das zusätzliche Wasser im

Fahrmischer mit dem Beton gut durchgemischt

werden kann und dies auf dem Lieferschein ver-

merkt wird.

Nachbehandlung – die ersten Stunden nach dem

Einbringen sind entscheidend

• Frühzeitige und fortgesetzte Nachbehandlung

verhindert rasches Austrocknen, mindert die

Rissgefahr und steigert zudem Dichtigkeit und

Druckfestigkeit.

• Die Nachbehandlung muss unmittelbar nach

dem Einbringen des Betons beginnen (Abb.

2.15.4).

• Die Nachbehandlung muss sich über mehrere

Tage erstrecken. Detaillierte Angaben über ihre

Dauer sind für jede einzelne Zementsorte den

Holcim Produkt-Informationsblättern zu entneh-

men.

• Über Nachbehandlungsverfahren, Nachbehand-

lungs- und Abdeckmittel orientiert das Kapitel

2.14 «Nachbehandlung».

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Betonpraxis82

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.16.2Erforderliche Zeit zum Erreichen der Gefrier-beständigkeit des Betons (Betondruckfestig-keit ≥ 5 N/mm2) in Abhängigkeit vom w/z-Wert bei verschiedenen Betontemperaturenund Zementarten

2.16 Betonieren bei kalterWitterung

Gefahren bei tiefer Temperatur

Abb. 2.16.1 zeigt, dass vor allem die Frühfestigkeit, etwas

weniger die Endfestigkeit (90 Tage), bei tieferer Beton-

temperatur deutlich abfällt. Kühle Witterung erfordert

deshalb zusätzliche Massnahmen bei der Herstellung

und dem Einbau von Beton. Nach Norm SIA 262, Ziffer

6.4.5.5, darf ohne besondere Massnahmen die Tempe-

ratur des Betons beim Einbringen + 5 °C nicht unter-

schreiten.

0,7w/z

-Wer

t

0,6

0,5

0,4

10 20 30 40 50 Zeit[Std.]

+15

°C

CEM I 42,5 CEM I 52,5

+15

°C

+5

°C

+5

°C

0

[–]

100

Dru

ckfe

stig

keit

[%]

80

40

20

2 7 28 90Zeit [Tage]

120

60

Massnahmen zur Betonherstellung bei kühler

Witterung

Schon bei der Betonherstellung kann die bei kühler

Witterung erforderliche Festigkeits- und Wärmeent-

wicklung durch folgende Massnahmen günstig beein-

flusst werden:

• Anheben der Frischbetontemperatur durch gezielte

Erwärmung des Zugabewassers und/oder Erwär-

mung der Gesteinskörnung.

• Anheben des Zementgehalts und/oder Verwenden

von Zement hoher Wärmeentwicklung (Normo

5R) bei sonst gleichen Ausgangsstoffen. Dadurch

wird die Frühfestigkeit angehoben.

• Herabsetzen des w/z-Werts durch Einsatz eines

Fliessmittels (FM). Beton mit weniger Über-

schusswasser ist weniger frostgefährdet.

• Beschleunigen der Festigkeitsentwicklung durch

den Einsatz eines chloridfreien Erhärtungsbe-

schleunigers (HBE).

• Bauteile oder ganzes Bauwerk vor Wärmeverlust

und Luftzug schützen.

Bei Betonoberflächen mit erhöhten Anforderungen wird

empfohlen, die Frischbetontemperatur auf + 10 °C zu

erhöhen. Sinkt die Betontemperatur unter den Gefrier-

punkt, kommt die Festigkeitsentwicklung praktisch zum

Stillstand. Gefriert Wasser im jungen Beton, kann das

Betongefüge durch den dabei entstehenden Eisdruck

gelockert oder gesprengt werden. Ein so geschädigter

Beton muss entfernt werden. Beton ist immer vor dem

Gefrieren zu schützen, solange er eine Druckfestigkeit

von 5 N/mm2 noch nicht erreicht hat.

Abb. 2.16.2 zeigt in Abhängigkeit von Zementsorte, w/z-

Wert und Betontemperatur, wie viele Stunden der Beton

erhärten muss, damit die genannte Mindestfestigkeit

erreicht wird.

Abb. 2.16.1Festigkeitsentwicklung von Beton (mit CEM I 42,5 N) in Abhängigkeit derBetontemperatur

+ 20 °C

+ 5 °C

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Betonpraxis 83

Vom Frischbeton zum Festbeton

Abb. 2.16.3Messen der Festigkeitsentwicklung miteinem Reifecomputer

Abb. 2.16.4Thermomatten schützen Betonmauern vorübermässigem Wasserverlust und Abküh-lung

Massnahmen auf der Baustelle bei kühler Witterung

Betonieren bei niedrigen Aussentemperaturen erfor-

dert auch auf der Baustelle entsprechende Schutz-

massnahmen:

• Es darf weder auf gefrorenem Baugrund noch auf

gefrorenen Bauteilen betoniert werden.

• Der vorgewärmte Beton ist zügig in die von Schnee

und Eis befreite Schalung einzubauen und sofort

zu verdichten.

• Unmittelbar nach dem Einbringen muss der Beton

vor Wärmeentzug geschützt werden. Damit wird

die eigene Wärmeentwicklung durch die Zement-

hydratation aufrechterhalten. Die einfachste Lö-

sung sind Holzschalungen mit dämmenden Eigen-

schaften. Die Ausschalfristen sind zu verlängern.

Als geeignetes Mittel erweist sich auch das Ab-

decken mit Thermomatten (Abb. 2.16.4).

• Kann die Thermomatte nicht direkt auf die Beton-

oberfläche gelegt werden, ist der Beton vor Zug-

luft zu schützen.

• Während der Erhärtungszeit muss der Beton

nicht nur vor Wärmeverlust, sondern auch vor

Feuchtigkeitsverlust geschützt werden, weil bei

kaltem und/oder trockenem Wetter der Feuchtig-

keitsgehalt der Luft sehr gering ist.

• Sinkt die Betontemperatur während des Erhär-

tens zeitweise unter den Gefrierpunkt, sind die

Ausschalfristen mindestens um die Anzahl der

Frosttage zu verlängern.

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Betonpraxis84

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.1.1Kiesnester durchEntmischung als

Folge zu hoherFallhöhe und/oder

zu dichterBewehrung

3.1 Entmischungserscheinungen

Beim Transport, Fördern, Einbringen und Verdichten kön-

nen verschiedenartige Entmischungen eintreten, die die

Betonqualität und/oder das Aussehen mehr oder weniger

beeinträchtigen. Man unterscheidet folgende Entmi-

schungen:

• zwischen verschiedenen Korngrössen der Gesteins-

körnung

• zwischen Gesteinskörnung und Zementleim

• zwischen Mehlkornanteil und Wasser.

In der Praxis können diese Entmischungsarten nicht ein-

deutig unterschieden werden.

Die wichtigsten Erscheinungsformen der Entmischung

sind:

• Kiesnester als Anreicherungen von grober Gesteins-

körnung im Beton (Abb. 3.1.1)

• Schleppwasser, d.h. lokale Anreicherungen von über-

schüssigem Wasser mit feinen Zement- und Gesteins-

körnungsbestandteilen an senkrechten Schalungen

(Abb. 3.1.2)

• Bluten: überschüssiges Anmachwasser sammelt sich

auf der Betonoberfläche an (Abb. 3.1.3). Die Folgen

sind unregelmässige, abgesandete, poröse Oberflächen

• Mikroentmischungen, das Entmischen von Zement

und Feinsand, unter denen das optische Erscheinungs-

bild der Betonoberfläche leidet (Abb. 3.1.4).

Abb. 3.1.2Auswirkung von

Schleppwasser aufAussehen der

Betonoberfläche

Abb. 3.1.4Unansehnliche Betonoberfläche als Folgeeiner Mikroentmischung, d.h. Entmischungdes Zementmörtels in Zement und Feinsand

Abb. 3.1.3Überschüssiges Anmachwasser sammelt sichan der Oberfläche (Bluten)

Ursachen und Abhilfemassnahmen

Die wichtigsten Ursachen von Betonentmischun-

gen, aus denen sich auch bereits die Abhilfemass-

nahmen ableiten lassen, sind:

• undichte Schalungen, sodass Zementleim aus der

Schalung austreten kann (Siebwirkung)

• zu dichte Bewehrung (Siebwirkung)

• ungenügende Überdeckung der Bewehrung

• ungeeignete Betonzusammensetzung (schlecht

abgestimmte Kornzusammensetzung, zu geringe

Zementdosierung, zu «flüssige» Konsistenz des

Frischbetons, übermässige Dosierung eines

Fliessmittels

• für die Bauteildimensionen zu grosses Grösstkorn

• zu kurze Mischzeit

• fehlerhaftes Einbringen des Betons (zu intensives

Vibrieren, Nichtgebrauch von Schüttrohren bei

hohen Fallhöhen, zu grosse Abstände zwischen

den einzelnen Einbringstellen).

3 Ursachen und Verhütung vonBetonschäden

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Betonpraxis 85

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.2.1Durchgehende Risse mit Wassereindringungals Folge behinderten Schwindens in einer Parkhausdecke

3.2 Rissbildung

Beton ist ein relativ sprödes Material. Verglichen mit sei-

ner Druckfestigkeit weist der Beton eine sehr geringe

Zugfestigkeit auf, weshalb die Normen aus Vorsichts-

gründen in den meisten Fällen von den Ingenieuren ver-

langen, die Zugfestigkeit bei der Dimensionierung nicht

einzurechnen. Erreichen oder überschreiten die Zugbean-

spruchungen im Beton dessen Zugfestigkeit, die bei

herkömmlichen Betonen 2 bis 3 N/mm2 beträgt, treten

unvermeidlich Risse auf. Die Zugbeanspruchungen und

das sich daraus ergebende Rissrisiko können einen oder

mehrere der folgenden Gründe haben:

• zu rasche Austrocknung des Betons, z. B. fehlende

Nachbehandlung

• Temperaturspannungen, z. B. aus Hydratationswärme

• Temperaturänderungen

• Lasteinwirkungen, z. B. Eigengewicht, Gebrauchslast

aus Verkehr

• aufgezwungene oder behinderte Verformung,

z. B. Fundationssetzungen, Schwinden

• Frosteinwirkung

• chemische Reaktionen, z. B. Bewehrungskorrosion,

Alkali-Kieselsäure-Reaktion.

Auch wenn diese Risse schwer vermeidbar sind, stellen

sie selten eine Gefahr für die Sicherheit des Bauwerks

dar, solange sie dank geeigneter Massnahmen ein an-

nehmbares Mass nicht überschreiten.

Neben dem ästhetischen Schaden, den Betonoberflächen

durch Risse erleiden, können sich auftretende Risse auch

nachteilig auf die Dauerhaftigkeit des Bauwerks auswir-

ken, falls sie das Eindringen aggressiver Substanzen er-

möglichen, die den Beton und die Bewehrung schädigen

(Abb. 3.2.1). Dies ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn

die Rissbreiten 0,3 bis 0,4 mm überschreiten oder wenn

es sich um durchgehende Risse handelt. In letzterem Fall,

und wenn ein Betonbauwerk mit hoher Dichtigkeit ge-

fordert ist, wird eine Beschränkung der Rissbreiten auf

maximal 0,1 bis 0,2 mm empfohlen. Gewisse Massnah-

men erlauben es, das Rissrisiko und die Rissbreiten stark

zu reduzieren oder in bestimmten Fällen gar zu verhin-

dern. Um dies zu erreichen, sind in Abhängigkeit der

Rissursache Massnahmen in den folgenden Bereichen

zu planen:

• Entwurf, Bemessung und konstruktive Durchbildung

des Bauwerks

• Zusammensetzung, Verarbeitung und Nachbehand-

lung des Betons

• Bau- und Betonieretappen.

Entwurf, Bemessung und konstruktive Durchbildung des

Bauwerks

Die Wahl des statischen Systems sowie Anzahl und Lage

der Fugen beeinflussen die Grösse der Zugspannungen

aus behinderten Zwangsverformungen (z. B. infolge

Schwindens) im Beton stark. Sobald diese Spannungen

die Zugfestigkeit des Betons überschreiten, treten unaus-

weichlich Risse auf. Nur eine Vorspannung kann die Riss-

bildung verhindern, weil die Druckspannungen, die sie

im Beton aufbaut, die Zugspannungen vermindern und

damit der Rissbildung entgegenwirken. Eine schlaffe

Bewehrung allein (Mindestbewehrung gemäss Normen)

verhindert die Rissbildung in keiner Weise, sie erlaubt

bloss, die Rissbreiten auf ein akzeptables und – in Abhän-

gigkeit der eingesetzten Bewehrungsmenge – steuer-

bares Mass zu beschränken.

Risse im Beton können aber auch die Folge konstruktiver

Mängel sein, hervorgerufen durch unzureichendes Trag-

vermögen der Konstruktion, mangelhaftes Auslegen und

Einbringen der Bewehrung, fehlende oder mangelhafte

Anordnung von Fugen, Auftreten von Zwängungsspan-

nungen als Folge unzweckmässiger Auflagerung von

Balken und Platten, durch ungeeignete Kombination

verschiedener Baustoffe oder Setzungserscheinungen

bei ungenügender Fundierung sowie durch Bewegungen

des Untergrunds.

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Betonpraxis86

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.2.2Wahl der Betonieretappen bei einer Boden-platte (Grundriss)a) Ungünstige Lösung: erhöhtes Rissrisiko b) Günstige Lösung: geringes Rissrisiko

Abb. 3.2.4Schwindgasse bei einem grossen Gebäude

5 5 6

3 4

1 2

4 6

2 7 3

8 1 9

a) b)

Abb. 3.2.3Wahl der Betonieretappen bei einer Stütz-mauer (Längsansicht)a) Ungünstige Lösung: erhöhtes Rissrisikob) Günstige Lösung: geringes Rissrisiko

a) b)

Schwindgasse

1 1

1

2

2 2

2

1 3

45

3 434

Zusammensetzung und Nachbehandlung des Betons

Betonzusammensetzung und Nachbehandlungsmass-

nahmen üben den gewichtigsten Einfluss auf die Grösse

der Schwindverformungen und damit das Rissrisiko aus.

Auf Seite 85 ff. werden die verschiedenen Schwindarten

und die zugehörigen Verhütungsmassnahmen detailliert

behandelt.

Bau- und Betonieretappen

Auch mit dem Festlegen von Arbeitsfugen und Betonier-

etappen lässt sich bis zu einem gewissen Mass das Riss-

risiko steuern. Hier empfiehlt es sich, die Anzahl der ein-

zelnen Bauabschnitte und damit auch deren Unter-

schiede des Betonalters möglichst gering zu halten, um

den schädlichen Wirkungen des differenziellen Schwin-

dens zwischen den einzelnen Baulosen zu begegnen

(Abb. 3.2.2 und 3.2.3). Falls die Schwindverformung einer

Wand am Fuss durch frühere Betonieretappen verhindert

ist, sollte der Abstand zwischen zwei Betonieretappen

kleiner als die Wandhöhe bleiben (vgl. Abb. 3.2.3 b)).

Auch das Anordnen von Schwindgassen bei grösseren

Bauteilen kann das Rissrisiko erheblich reduzieren

(Abb. 3.2.4).

< 2 h

h

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Betonpraxis 87

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.2.5Rissrisiko in Abhängigkeit der Schwindart

Schwindart Rissrisiko Nützlichkeit / Wirksamkeit

verschiedener Massnahmen

Rissursache Zeitpunkt des Rissart Betonzusam- Nach- Bewehrung

Auftretens mensetzung behandlung

Frischbetonsetzung vor dem Abbinden oberflächlich sehr hoch keine keine

Plastisches Schwinden vor oder oberflächlich mässig sehr hoch keine

(auch Früh- oder während des

Kapillarschwinden) Abbindens

Chemisches Schwinden während des durchgehend sehr hoch mässig keine

(Schrumpfen) Abbindens

Schwinden wegen nach dem Über- oberflächlich sehr hoch sehr hoch mässig

abfliessender schreiten des Tem- bis

Hydratationswärme peraturmaximums durchgehend

(1 Tag bis 10 Tage

nach dem Einbau)

Trocknungsschwinden einige Wochen durchgehend hoch hoch sehr hoch

im Falle korrekter Nach bis einige Jahre

behandlung nach dem

Betonieren

Verschiedene Arten von Schwindrissen

Es ist wichtig, zwischen den verschiedenen Arten des

Schwindens zu unterscheiden, um sich mit deren Folgen

(Rissarten und Auftretenszeiten) auseinandersetzen und

geeignete Verhütungsmassnahmen ergreifen zu können

(Abb. 3.2.5).

Setzung von Frischbeton

Die Frischbetonsetzung wird durch Sedimentation verur-

sacht. Die festen Bestandteile des Frischbetons, Zement

und Gesteinskörnung, setzen sich dabei ab, gleichzeitig

sondert sich das im Beton befindliche Wasser ab und

steigt an die Oberfläche. Diese Wasserabsonderung wird

auch als «Bluten» bezeichnet. Dieses Phänomen ist

typisch für dicke Bauteile und stellt sich ein, bevor der

Zement abbindet, d. h. direkt nach dem Einbringen und

Verdichten des Betons. Im ungünstigsten Fall können

diese Setzungen bis zu 1% der Bauteildicke betragen. Da

junger Beton nur eine geringe Steifigkeit aufweist, kann

er entlang unbeweglicher Punkte zerreissen, z. B. bei

Vorsprüngen oder über Bewehrungsstäben, insbesondere

dann, wenn die Betonüberdeckung gering ist (Abb. 3.2.6).

Die Grösse der Rissöffnungen ist unterschiedlich und

kann mehrere Millimeter betragen. Im Bereich der Risse

ist die Bewehrung schutzlos aggressiven Umweltbedin-

gungen ausgesetzt, sodass ihre Dauerhaftigkeit nicht

mehr gewährleistet ist, wenn weder ein Belag noch eine

Beschichtung vorgesehen sind. Durch die Frischbeton-

setzung bilden sich zusätzlich zu den sichtbaren Rissen

unterhalb der Bewehrung noch Luftsäcke, die die Verbund-

wirkung zwischen Bewehrung und Beton reduzieren.

Grundsätzlich lassen sich Risse, die durch Setzungen ver-

ursacht wurden, einfach erkennen, da sie ein orthogona-

les Netz identisch zur oberen Bewehrungslage ausbilden

(Abb. 3.2.9).

Abb. 3.2.6Frischbetonsetzung mit Riss entlang deroberen Bewehrungslage

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Betonpraxis88

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Verhütungsmassnahmen

Die Rissbildung wegen plastischen Schwindens kann

wie folgt vermieden werden:

• die in Kapitel 2.14 beschriebenen Nachbehand-

lungsmassnahmen sind umgehend zu ergreifen,

um die Verdunstung möglichst gering zu halten

• Wasserentzug durch Schalung und Untergrund

durch deren Vornässen verhindern

• nach Möglichkeit nicht unter extremen Witte-

rungs- oder Temperaturbedingungen betonieren;

andernfalls Befolgen der in den Kapiteln 2.15 und

2.16 abgegebenen Empfehlungen

• Polypropylenfasern beimischen (siehe auch Kap.

1.5 «Fasern»).

Abb. 3.2.9Frischbetonsetzung: die obere Bewehrungzeichnet sich an der Betonoberfläche ab

Abb. 3.2.10Rissnetz wegen

plastischen Schwin-dens

auf einerParkhausdecke

Plastisches Schwinden

Risse infolge plastischen Schwindens (so genannt, weil

es vor dem Abbindeende erfolgt – man spricht auch von

Früh- oder Kapillarschwinden) entstehen durch raschen

Anmachwasserverlust unmittelbar nach dem Einbringen

des Betons. Dieser kann die Folge übermässiger Wasser-

verdunstung (Abb. 2.14.6), aber auch übermässiger

Wasseradsorption der Schalungen oder des Bodens sein.

Der Wasserverlust bewirkt ein Schwinden des Betons in

denjenigen Schichten, die ihm besonders ausgesetzt

sind, während die vom Wasserverlust nicht betroffenen

Schichten kaum schwinden. Dadurch werden im Beton-

inneren Zugspannungen hervorgerufen, die bei Über-

schreiten der naturbedingt anfänglich sehr niedrigen

Zugfestigkeit zu bis zu mehr als 1 mm breiten Rissen

führen können. Horizontale Bauteile wie Decken und

Unterlagsböden sind am stärksten vom plastischen

Schwinden betroffen (Abb. 3.2.10). Das plastische

Schwindrisiko ist umso grösser, je höher die Beton-

festigkeit ist. Je geringer also die Wassermenge, desto

empfindlicher reagiert der Beton auf ein frühzeitiges

Austrocknen.

Neben dem ästhetischen Mangel, den solche Risse dar-

stellen, können sie auch die Ursache für eine Zerstörung

des Betons sein, wenn in sie eindrungenes Wasser unter

Vorbeugende Massnahmen

Folgende vorbeugende Massnahmen können die durch

Frischbetonsetzung entstehenden Risse begrenen:

• Betonieren von massigen Bauteilen in zwei

Schichten, frisch in frisch

• Erhöhen des Mehlkorngehalts oder verwenden

eines Zements mit höherer Mahlfeinheit, um das

Wasserrückhaltevermögen zu erhöhen und das

Bluten zu reduzieren

• Reduzieren des Wassergehalts

• Verschliessen von sich im Frischbeton bildenden

Rissen durch Nachverdichten. Diese Massnahme ist

jedoch nur wirksam, wenn sie zum richtigen

Zeitpunkt durchgeführt wird.

Abb. 3.2.8Typisches Schadensbild einer Frischbeton-setzung an vertikaler Anschlussbewehrung

Abb. 3.2.7Typisches Rissbild bei Frischbetonsetzungen

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Betonpraxis 89

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Chemisches Schwinden (Schrumpfen)

Die bei der chemischen Reaktion des Wassers mit dem

Bindemittel auftretende Volumenverringerung wird als

chemisches Schwinden (Schrumpfen) bezeichnet. Che-

misch in den Kristallen der Hydratationsprodukte einge-

bundenes Wasser nimmt weniger Volumen ein als

«freies» Wasser. Die äusseren Abmessungen eines Beton-

körpers werden dabei nur solange verändert, wie der

Beton plastisch verformbar ist. Nimmt der Verformungs-

widerstand mit der beginnenden Erhärtungsreaktion zu,

führt die Volumenverringerung infolge des chemischen

Prozesses zu feinen Poren im Gefüge.

Schwinden wegen abfliessender Hydratationswärme

Risse infolge thermischen Schwindens können bei der

Abkühlung des Betons (ungefähr im Alter von einem hal-

Abb. 3.2.11Betonspannungen infolge Hydratations-wärme in einer dicken Stützmauer.Skala der berechneten Spannungen linksund Massangaben rechts

Abb. 3.2.12Entwicklung der Betontemperatur währendder Zementhydratation mit Angabe der Zeit-spanne des hohen Rissrisikos

Verhütungsmassnahmen

Die Rissbildung wegen abfliessender Hydratations-

wärme kann wie folgt vermieden werden:

• Verwenden von Zementen mit niedrigerer Hydra-

tationswärme und Festigkeitsklasse: Portland-

kompositzemente (CEM II) oder Hochofenzemen-

te (CEM III, z. B. Modero 3B) oder ersetzen eines

Teils des CEM I durch langsam reagierende mine-

ralische Zusatzstoffe wie Steinkohlenflugasche

(z. B. Hydrolent)

• Möglichst spät ausschalen. Nicht zum Zeitpunkt

der höchsten Betontemperatur ausschalen, um

keinen thermischen Schock zu provozieren (die

Temperatur der Betonoberfläche erfährt beim

Ausschalen eine abrupte Abkühlung)

• Betonieretappen geschickt wählen (Abb. 3.2.2 und

3.2.3)

• Verstärkte und zeitlich ausgedehnte Nachbehand-

lungsmassnahmen vorsehen (Thermomatten).

0,55

m

0,50 m

1,90

m

+2,75 N/mm2

Zug

Druck– 4,82 N/mm2

± 0 N/mm2

2,05 m

Bet

onte

mp

erat

ur

1 Tag

Rissrisiko

10 Tage5 Tage

ben Tag bis zu zehn Tagen) auftreten, die nach der Erwär-

mungsphase – aufgrund der beim Abbinden freigesetz-

ten Hydratationswärme – einsetzt (Abb. 3.2.12). Das

thermische Schwinden und das daraus resultierende

Rissrisiko sind umso höher, je grösser die Unterschiede

der Betontemperatur sind und je schneller diese ändert.

Massige Bauteile unterliegen einem erhöhten Risiko und

bedingen besondere Verhütungsmassnahmen. Abb. 3.2.11

zeigt eine Momentaufnahme zur Zeit des höchsten Riss-

risikos für die Wand (5 Tage nach dem Betonieren). Das

Fundament wurde 7 Tage vor der Wand betoniert, die

Spannungen klingen daher bereits ab.

Frostwirkung diesen Zerstörungsprozess auslöst. Der

Wasserverlust kann auch die vollständige Hydratation

des Zements verhindern. Die Betonoberfläche weist dann

eine niedrige Festigkeit und eine hohe Porosität auf. Sol-

cher Beton zeigt unter widrigen Umweltbedingungen ein

unbefriedigendes Verhalten mit Wasserinfiltration, dem

Herauslösen einzelner grosser Gesteinskörner, Absanden

und Abplatzungen.

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Betonpraxis90

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Ist die Zementmenge gegeben, hängt das Endschwind-

mass indirekt ebenfalls vom w/z-Wert ab. Es ist umso

kleiner, je tiefer der w/z-Wert ist. Ist dagegen die Wasser-

menge gegeben, lässt sich das Schwindmass über die

Zementmenge praktisch nicht beeinflussen.

Bei hochfesten Betonen mit einem w/z-Wert < 0,40 ver-

ringert sich das Endschwindmass nicht mehr – es ist im

Gegenteil sogar eine tendenzielle Erhöhung zu beobach-

ten –, weil ein starker Anstieg des chemischen oder auto-

genen Schwindens die Reduktion des Trocknungsschwin-

dens bei weitem kompensiert.

Trocknungsschwinden

Bei den meisten der üblichen Betone wird das Schwin-

den zu einem grossen Teil vom Austrocknen des Betons

verursacht (Trocknungsschwinden) und zu einem kleine-

ren von der Volumenverkleinerung, die mit der chemi-

schen Reaktion zwischen Wasser und dem Zement ein-

hergeht (autogenes Schwinden). Die Abnahme der Beton-

abmessungen, die nach der Austrocknung im erhärteten

Zustand beobachtet werden kann, wird als Trocknungs-

schwinden bezeichnet. Je schneller die Menge des freien

Wassers im Gefüge abnimmt, desto stärker schwindet der

Beton. Das Schwinden ist auch umso grösser, je geringer

die relative Feuchte der umgebenden Luft ist. Darüber

hinaus hängt das Ausmass des Trocknungsschwindens

von der Menge des freien Wassers ab.

Das Endschwindmass beträgt im Allgemeinen zwischen

0,3 und 0,8 mm/m. Wie aus Abb. 3.2.14 ersichtlich, hängt

dieser Wert massgeblich von der Wassermenge der Beton-

rezeptur ab. Da sich jede Erhöhung der Wasserdosierung

beim Schwindmass doppelt auswirkt, ist es von grosser

Bedeutung, die Wassermenge einer Betonmischung mit-

hilfe einer geeigneten Wahl und regelmässigen Kontrolle

der Kornzusammensetzung, vor allem jener der Sand-

fraktion, möglichst gering zu halten.

Abb. 3.2.13Risse aufgrund von Trocknungsschwinden

Verhütungsmassnahmen

Die Rissbildung wegen Trocknungsschwindens kann

wie folgt vermieden werden:

• Wahl eines gut abgestuften Korngemischs mit

geringem Wasserbedarf

• durch die Beigabe von Fliessmitteln den w/z-Wert

auf ein optimales Mass reduzieren (im Allgemei-

nen w/z = 0,4 bis 0,5)

• Schwindfugen anordnen

• Betonieretappen geschickt wählen

• gemäss Kap. 2.14 empfohlene Nachbehandlungs-

mittel und -dauer anwenden

• Mindestbewehrung vorsehen, um die Risse zu

verteilen (viele Haarrisse sind wenigen, aber brei-

teren Rissen meist vorzuziehen).

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Betonpraxis 91

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.2.14Einfluss des Zementgehalts, des Wasser-gehalts und des Wasserzementwerts auf dasEndschwindmass (gemessen an Prismen derAbmessungen 100 x 100 x 400 mm bei einer relativen Luftfeuchte von 50% ab dem fünften Tag)

Schwindmass von selbstverdichtenden Betonen

Bei selbstverdichtenden Betonen (SCC) können höhere

Schwindmasse auftreten als bei vibrierten Betonen (Abb.

3.2.14). Untersuchungen durch die Empa haben gezeigt,

dass das Rissrisiko dabei nicht notwendigerweise

zunimmt. Dies ist den folgenden günstigen Wirkungen

zuzuschreiben, die die Zunahme des Schwindmasses

ausgleichen:

• Erhöhte Festigkeit des Betons (insbesondere Zugfestig-

keit) wegen der höheren Zementmenge.

• Leichte Verringerung des Elastizitätsmoduls des Betons

wegen der grösseren Menge an Zementleim, der weni-

ger steif ist als das Korngerüst. Dies wiederum hat ten-

denziell zur Folge, dass die aus dem Schwinden resul-

tierenden Zugspannungen reduziert werden.

150 200 300 400 500 600 7000,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

1,20

1,40

Sch

win

dm

ass

[‰]

Zementgehalt [kg/m3]

250

225

200

175

150

0,700,60

HerkömmlicheBetone

0,50

0,40

SCC

0,30

125

100

Wassergehalt in l/m3

w/z-Wert

• Ausführung in grösseren, dafür wenigen Betonier-

etappen und damit einhergehende Reduktion des dif-

ferenziellen Schwindens aus unterschiedlichen Beton-

altern.

Bemerkung

Bei vibriertem Beton für übliche Hochbauten der Festig-

keitsklasse C20/25 und der Expositionsklasse XC1 lie-

gen der Wassergehalt und das Schwindmass in der glei-

chen Grössenordnung wie bei SCC.

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Betonpraxis92

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.3.1Karbonatisierungsfront, die mit dem Phe-nolphthalein-Test auf einem Beton-einschnitt sichtbar gemacht worden ist.Wo das Phenolphthalein den Beton violetteinfärbt, ist der Beton noch nichtkarbonatisiert

Abb. 3.3.2Bauteil, bei dem die ungenügendeÜberdeckung der Bewehrung als Folge derKarbonatisierung und der Korrosionabgesprengt worden ist

3.3 Karbonatisierung undBewehrungskorrosion

Wie kommt es zur Karbonatisierung?

Als Karbonatisierung wird die chemische Reaktion (Bin-

dung) des Kohlendioxids [CO2] der Luft mit dem Calcium-

hydroxid [Ca(OH)2] des Betons bezeichnet. Sie ist ein Vor-

gang, der an der Oberfläche des Betons beginnt und

langsam ins Innere fortschreitet. Den Beton selber beein-

flusst sie positiv, weil sie ihn kompakter macht und seine

Festigkeit und Dauerhaftigkeit erhöht. Die Karbonatisie-

rung verleiht dem Beton auch einen gewissen, allerdings

nicht vollkommenen Schutz gegen das Eindringen von

Gasen und Flüssigkeiten. Somit stellt sie für den unbe-

wehrten Beton einen durchaus vorteilhaften Vorgang dar.

Wirkungen der Karbonatisierung im bewehrten Beton

Demgegenüber kann die Karbonatisierung indirekt die

Bewehrung des bewehrten Betons schwer schädigen. Im

nichtkarbonatisierten Beton schützt dessen hohe Alkali-

tät (pH > 12) den Stahl vor Korrosion. Weil die Karbonati-

sierung die Alkalität reduziert (pH < 9), setzt die Korro-

sion ein, sobald die Karbonatisierungsfront (Abb. 3.3.1)

die Zone der Bewehrung erreicht hat. Die Korrosion ist

mit einer Volumenvergrösserung der Bewehrung verbun-

den, die zu einem Absprengen des sie überdeckenden

Betons führt (Abb. 3.3.2). Der Korrosionsfortschritt der

Bewehrungsstäbe wird dadurch stark beschleunigt, wo-

mit der Beton rasch seine Tragfähigkeit und Gebrauchs-

tauglichkeit verliert.

Geschwindigkeit der Karbonatisierung

Die Geschwindigkeit, mit der sich die Karbonatisierungs-

front ins Betoninnere bewegt, ist umso höher, je poröser

der Beton ist. Der w/z-Wert ist damit in Bezug auf Ge-

schwindigkeit und Tiefe der Karbonatisierung dominie-

rend. Daneben beeinflussen eine Reihe weiterer Faktoren,

wie Zementgehalt, Temperaturverlauf, alternierende,

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Betonpraxis 93

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.3.3Die Karbonatisierungstiefe als Funktion derZeit variiert, je nach den einwirkenden Faktoren, in einem weiten Bereich

dauernde oder überhaupt keine Benetzung, die Karbona-

tisierungsgeschwindigkeit und damit die Karbonatisie-

rungstiefe.

30

25

20

15

10

5

10 20 30 40 Zeit[Jahre]

Karb

onat

isier

ungs

tiefe

[mm

]

Verhütungsmassnahmen

Um die karbonatisierungsbedingte Bewehrungskorro-

sion zu verhüten, muss man dafür sorgen, dass die

Karbonatisierungsfront nicht bis zur Bewehrung vor-

stösst. Dies wird erreicht durch:

• eine allseitige, genügende Überdeckung der Be-

wehrung, abgestuft zwischen 20 und 65 mm ge-

mäss Expositionsklasse und Bewehrungstyp (De-

tails siehe Norm SIA 262, Ziffer 5.2.2). Besondere

Beachtung erfordern Scheinfugen und Nuten

• je nach Expositionsklasse eine Zementdosierung

von mindestens 280 bzw. 300 kg/m3 fertig ver-

dichtetem Beton (gemäss SN EN 206-1) und einen

geringen Wasserzementwert (gemäss Expositions-

klasse nach SN EN 206-1), um einen Zementstein

von möglichst geringer Porosität zu erzielen

• eine nahezu vollständige Verdichtung, d.h. Mini-

mierung des Anteils an Verdichtungsporen

• eine gute Nachbehandlung des Betons, damit die

Betonoberfläche auch nach dem Ausschalen kei-

nen Feuchtigkeitsverlust erleidet und vollständig

hydratisieren kann.

Abb. 3.3.5Potenzial an theoretisch freiem Calcium-hydroxid [Ca(CO2)] in Abhängigkeit derZementart. Die Angaben beziehen sich auf 1 m3 Beton, der 300 kg/m3 Zement enthält

Bewehrungskorrosion in Bewehrungskorrosion

karbonatisiertem Beton induziert durch Chloride

XC1 XC2 XC3 XC4 XD1 XD2 XD3

Betonstahl 20 35 40 40 55

Spannstahl bzw.30 45 50 50 65

Spannglied

Abb. 3.3.4Bewehrungsüberdeckung in mm nach NormSIA 262 für Expositionsklassen XC und XD

Theoretisch freies Ca(OH)2 bei

Portlandzement CEM I

100 kgTheoretisch freies Ca(OH)2 bei

Portlandkalksteinzement CEM II/A-LL

85 kg

Benötigtes Ca(OH)2

als Alkalitätsreservezum Korrosionsschutz der Bewehrung

Potenzial an theoretisch freiem Ca(OH)2

70 kg

10 kg

Theor. freies Ca(OH)2 bei Port-

landkompositzem. CEM II/B-M

Alkalitätsreserve

Die Karbonatisierung ist aber auch vom Klinkergehalt

des Zements im Beton abhängig. Beton aus Portland-

zement hat wegen des hohen Calciumhydroxidgehalts

[Ca(OH)2] im Zementstein einen entsprechenden Wider-

stand gegen Karbonatisierung. In der Praxis wird bei

Betonen mit CEM II/A-LL- und CEM II/B-M-Zementen

eine leicht höhere Karbonatisierung beobachtet, die zum

Teil mit dem geringeren Potenzial an theoretisch zur

Verfügung stehendem Gehalt an freiem Ca(OH)2 erklärt

werden kann. Zum Korrosionsschutz der Bewehrung ist

bezogen auf eine Nutzungsdauer von 50 Jahren nur ein

sehr viel geringerer Anteil an Ca(OH)2 als Alkalitätsreser-

ve notwendig (vgl. Abb. 3.3.5).

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Betonpraxis94

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.4.1Kalkausblühungenan einer Betonmauer

3.4 Ausblühungen

Was sind Ausblühungen?

Anmachwasser enthält immer einen gewissen Anteil ge-

löster Stoffe. Beim Betonmischvorgang können weitere

Stoffe gelöst werden, oder sie gelangen bei der Zement-

hydratation ins Wasser. Beim Austrocknen des Betons

werden die gelösten Stoffe an der Betonoberfläche aus

dem verdunstenden Wasser ausgeschieden und bilden

weissliche Beläge – Ausblühungen.

Verbreitete Kalkausblühungen

Am häufigsten sind die weissen Ausblühungen, die von

Calciumhydroxid [Ca(OH)2] herrühren, das bei der Zement-

hydratation freigesetzt wird. Nach dem Verdunsten des

Anmachwassers auf der Betonoberfläche wird das

zurückbleibende Calciumhydroxid durch das Kohlen-

dioxid [CO2] der Luft rasch in wasserunlösliches Calcium-

karbonat [CaCO3] umgewandelt. Wiederholt sich das

Benetzen und Austrocknen des Betons einige Male, so

wird die Calciumkarbonatschicht an der Oberfläche so

dick, dass sie als weisser Fleck sichtbar wird (Abb. 3.4.1).

Voraussetzung für das Entstehen von Calciumkarbonat-

Ausblühungen ist also das mehrfache teilweise oder voll-

ständige Benetzen und Austrocknen des jungen Betons.

Wann kommt es zu Kalkausblühungen?

Sehr wichtig ist die Witterung, der der junge Beton aus-

gesetzt ist. Im Allgemeinen bilden sich Ausblühungen

vorwiegend bei feuchter und kalter Witterung (Ende des

Herbsts, Frühlingsbeginn). Regen, Schnee, Nebel oder Kon-

denswasser begünstigen die Bildung von Ausblühungen.

Die Entstehung von Ausblühungen wird unterstützt

durch:

• hohe Porosität des Betons, weil das Wasser dann leicht

im Betoninnern zirkulieren kann (Abb. 3.4.2)

• hohe Anmachwassermenge.

Abb. 3.4.2Kalkaussinterung (d.h. dauernde Kalkaus-waschung) als Folge undichter Fugen unddauernden Wasserzuflusses

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Betonpraxis 95

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Vermeiden von Ausblühungen

Es ist nicht möglich, Ausblühungen gänzlich zu ver-

meiden. Folgende Massnahmen können das Risiko für

Ausblühungen jedoch verringern:

• Möglichst wenig Zugabewasser (u.U. durch Ver-

wenden von Fliessmitteln), Herstellung eines

möglichst dichten, wenig porösen Betons.

• Jungen Beton durch Abdecken (mit Plastikfolie

o. Ä.) vor Regen schützen, insbesondere bei unge-

schützten Mauerkronen (Abb. 3.4.3).

• Vermeiden von Kondenswasser, indem für guten

Luftzutritt zu allen Betonoberflächen gesorgt

wird (z.B. Betonteile nicht aufeinanderstapeln).

• Verwenden von Zementen, die latent-hydraulische

oder puzzolanische Zusätze enthalten. Hierfür

kommen vor allem die Holcim Zemente der

Modero- oder Fortico-Reihe in Betracht. Diese

verwandeln eines Teil des Calciumhydroxids noch

im Betoninnern in wasserunlöslichen Zement-

stein und reduzieren die Permeabilität des

Betons (vgl. Abb. 3.3.5).

• Auftragen einer geeigneten Hydrophobierung/

Versiegelung oder Beschichtung auf die Beton-

fläche.

• Periodisches Tropfen von Dachrinnen, abtropfen-

des Kondenswasser von Wasserleitungen oder

von Blechen auf «junge» Betonbauteile ist unbe-

dingt zu vermeiden.

Abb. 3.4.3Kalkausblühungen an einer Betonmauer, dieeinen Tag nach dem Ausschalen dem Regenausgesetzt wurde

Entfernen von Ausblühungen

Treten Ausblühungen nur örtlich beschränkt auf, lassen

sie sich durch Abbürsten mit einem Stück Schaumglas

oder, unter der Anleitung von Fachleuten und unter

genauer Beachtung der Vorsichtsregeln, mit den bekann-

ten säurehaltigen Spezialprodukten entfernen. Ausblü-

hungen können auch – nach Jahren – von selber ver-

schwinden, wenn das betreffende Bauteil immer wieder

dem Regen ausgesetzt ist.

Ausblühungen durch Alkalisalze

Mitunter werden Ausblühungen auch durch im Wasser

leicht lösliche Alkalisalze verursacht. Wegen ihrer guten

Löslichkeit lassen sie sich durch Abbürsten mit Wasser

leicht entfernen, oder aber sie verschwinden nach einem

ausgiebigen Regen von selbst.

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Betonpraxis96

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.5.1Lochfrasskorrosion

an Bewehrungs-stahl

3.5 Angriff durch Frost undTaumittel

Angriff durch Frost

Die Schädigung des Betons durch periodisches Gefrieren

und Tauen erfolgt vor allem durch die Umwandlung des

Wassers in den Kapillarporen des Zementsteins und der

Gesteinskörnung zu Eis. Die Eisbildung (Kristallbildung)

ist mit einer rund neunprozentigen Volumenvergrösse-

rung verbunden. Diese, aber auch die dadurch bewirkte

Verdrängung des noch nicht gefrorenen Wassers im

Kapillarporensystem im Betoninnern bewirken das Auf-

treten hoher innerer Drücke und Spannungen. Über-

schreiten diese die Betonfestigkeit, wird der Beton ge-

schädigt (Oberflächenbeschädigung). Es entsteht bei

häufiger Wiederholung des Frost-Tau-Zyklus ein dichtes

Netz von Mikrorissen in den oberflächennahen Beton-

schichten, die zu einer erheblichen Festigkeitsminderung

und schliesslich zu Abplatzungen an der Oberfläche und

zum Zerbröckeln des Betons führen (Zerstörung des

Betongefüges).

Temperaturstürze im Beton unter den Gefrierpunkt sind

umso gefährlicher, je rascher und je häufiger sie erfolgen.

Allerdings müssen die Poren des Betons voll Wasser, d.h.

der Beton muss fast mit Wasser gesättigt sein, damit es

zu einer Schädigung des Betons kommt. Deshalb sind

senkrechte Betonoberflächen, wie zum Beispiel Wände,

Stützen und Brüstungen, von Frostschäden weniger

betroffen.

Einwirkung von Taumittel

Die Schädigung des Betons durch Taumittel (oder andere,

den Gefrierpunkt des Wassers senkende Stoffe oder Me-

dien) ist die Folge des durch die genannten Stoffe oder

Medien in den oberflächennahen Schichten des Betons

verursachten thermischen Schocks. Die Taumittel entzie-

hen dem Beton die für das Aufschmelzen des Schnees

oder Eises notwendige Wärme. Dies verursacht einen

besonders raschen Temperatursturz, der durch den glei-

chen Mechanismus wie bei der Frosteinwirkung Scher-

spannungen hervorruft, die zu Abplatzungen an der

Betonoberfläche führen können. Allerdings ist die schädi-

gende Einwirkung der Taumittel sehr viel intensiver als

die blosse Frosteinwirkung.

Bewehrungskorrosion

Es ist unvermeidlich, dass die im Schmelzwasser gelösten

Chloride, die aus den in der Praxis aus Kostengründen

fast ausschliesslich verwendeten Tausalzen (Calcium-

oder Natriumchlorid [Kochsalz]) stammen, mehr oder

weniger tief in den Beton eindringen. Sie stellen eine

schwerwiegende Gefährdung der Bewehrung dar, weil

sie deren Zerstörung durch Lochfrasskorrosion bewirken

können (Abb. 3.5.1). Will man die chloridbedingte

Bewehrungskorrosion vermeiden, muss man die teureren

chloridfreien Taumittel (z.B. Glykole, Harnstoff) verwen-

den.

Die Gefährdung des Betons durch Tausalze beschränkt

sich jedoch auf deren primäre Funktion als Taumittel

während und unmittelbar nach dem Aufstreuen. Der

Beton selber wird von gelösten Chloriden, sofern sie ver-

dünnt vorliegen (wie z. B. im tausalzbeladenen Schmelz-

wasser oder im von Fahrzeugrädern aufgewirbelten, tau-

salzbeladenen Sprühnebel) nicht angegriffen, wohl aber

die Bewehrung.

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Betonpraxis 97

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Expo- Art des Angriffs Bauteile Maximaler Mindestze- Mit künstlich

sitions- w/z-Wert mentgehalt eingeführten

klasse [kg/m3] Luftporen

XF1mässige Wassersättigung vertikale Aussenbauteile, die

0,50 300ohne Taumittel Regen und Frost ausgesetzt sind

XF2mässige Wassersättigung vertikale Betonbauteile

0,50 300 xmit Taumittel im Sprühnebelbereich

horizontale Aussenbauteile, die;

XF3 hohe Wassersättigung Regen und Frost ausgesetzt sind; 0,50 300 x

ohne Taumittel Ufermauern, Betonbeläge ohne

Taumittelbeanspruchung

horizontale und vertikale Bauteile,

hohe Wassersättigungdie taumittelhaltigem Sprühnebel

XF4mit Taumittel

und Frost ausgesetzt sind; Beton- 0,45 340 x

beläge, offene Parkdecks, Räumer-

laufbahnen

Nennwert des Grösstkorns [mm]

8 16 22,5 32 45 63

Mindestluft-4,0 3,5 3,3 3,0 2,5 2,0

gehalt [Vol.-%]

Mindestzement-

gehalt [M.-%], +15% +10% +5% 0 –5% –10%

vgl. Abb. 3.5.2

Abb. 3.5.2Anforderungen an den Beton bei Frost- und Taumittelangriff

Abb. 3.5.3Anpassungen des Mindestluftgehalts und des erforderlichen Mindest-zementgehalts

Betonzusammensetzung bei Frost- und Taumittelangriff

Die Wahl einer geeigneten Betonzusammensetzung

kann Schäden durch Frost und Taumittel weitestgehend

vermeiden. Grundsätzlich gilt, dass mit zunehmender

Dichte des Betongefüges sich der Widerstand gegen das

Eindringen von Wasser oder Chloriden – und damit die

Beständigkeit und Dauerhaftigkeit – erhöht. Eine niedrige

Kapillarität des Betons behindert die Wanderung des

Wassers von aussen in den Beton und die Bildung von Eis

in den Kapillarporen.

In SN EN 206-1 sind die Anforderungen an den Beton

entsprechend seiner Exposition festgelegt, siehe Abb.

3.5.2. Dabei wird unterschieden zwischen einem Angriff

mit und ohne Taumittel. Davon ausgehend werden

sowohl der maximale Wasserzementwert als auch der

Mindestzementgehalt festgelegt. Bei Angriff durch

Taumittel sind zusätzlich künstliche Luftporen einzufüh-

ren, deren Gehalt vom verwendeten Grösstkorn des

Korngemischs abhängt, Abb. 3.5.3.

Beton ohne Luftporen

Die Herstellung und Verarbeitung eines sehr dichten

Betons mit einem w/z-Wert ≤ 0,45 und einem Luftgehalt

von weniger als einem Volumenprozent kann auch zu

einem frost- und frosttaumittelbeständigen Beton füh-

ren und ist gemäss SN EN 206-1 wie folgt definiert:

Wenn vom Ausschreibenden Beton ohne oder mit wenig

künstlich eingeführter Luft bestellt wird, gelten bis auf

den Mindestluftgehalt alle Anforderungen an die Beton-

zusammensetzung für die Expositionsklasse XF4. Der

maximale Luftgehalt darf höchstens 4 Volumenprozent

über dem Mindestluftgehalt liegen.

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Betonpraxis98

Wirkungsweise der Luftporen im Beton

Mithilfe von Zusatzmitteln (Luftporenbildner) werden

künstlich kleine, fein verteilte, kugelförmige, geschlosse-

ne Mikroluftporen in den Beton eingeführt, die im Beton

eine bestimmte Grösse (Durchmesser ≤ 0,3 mm) und

einen bestimmten maximalen Abstand zueinander

(Abstandsfaktor AF ≤ 0,2 mm) aufweisen sollten, um

wirksam zu werden und die Widerstandsfähigkeit gegen

Frost- und Taumittelangriff und somit die Dauerhaftig-

keit zu erhöhen. Die positive Wirkung dieser eingeführ-

ten Luftporen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass

dem gefrierenden Wasser im Beton Expansionsplatz zur

Verfügung gestellt wird. Des Weiteren wird das sonst

durchgängige Kapillarsystem des Betons unterbrochen

und damit die Wasseraufnahme des Betons verringert.

Die Wirksamkeit dieser Massnahmen hängt wesentlich

vom Einhalten der Mindestluftgehalte und des Abstands-

faktors ab.

Neben der positiven Wirkung der Mikroluftporen kommt

es zu einem Festigkeitsabfall des Betons. Dieser ent-

spricht etwa folgender Beziehung:

+ 1% Luftporengehalt

➝ Reduktion der Druckfestigkeit fc um bis zu 5 N/mm2

Dieser Einfluss kann durch entsprechende betontechno-

logische Massnahmen wie die Verwendung hochwerti-

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.5.4Gerät zur Messung

des Luftgehalts vonFrischbeton

(sogenannterLuftporentopf)

Abb. 3.5.5Für Frost-Taumittelbeständigkeit erforderli-che gleichmässige Luftporenverteilung(mikroskopische Anschliffaufnahme, 5x vergrössert)

Abb. 3.5.6Ungleichmässige, deshalb für Frost-Tau-mittelbeständigkeit inakzeptable Luftporen-verteilung (mikroskopische Anschliffaufnah-me, 5x vergrössert)

ger Zemente (Normo 4, Normo 5R) und das Absenken

des Wasserzementwerts kompensiert werden.

Neben den Anforderungen an die Betonzusammenset-

zung ist auf die Verwendung frostbeständiger Gesteins-

körnungen zu achten. Grundsätzlich ist die Herstellung

und Verarbeitung von Luftporenbeton sehr anspruchsvoll

und wird von vielen Faktoren beeinflusst:

• verwendete Betonausgangsstoffe (Zement, Gesteins-

körnung, puzzolanische Zusatzstoffe)

• Konsistenz des Betons

• Mischzeit und -intensität

• Temperatur

• Verdichtungsart und -dauer.

Deshalb sollte die Eignung eines Luftporenbetons in

einer Erstprüfung nachgewiesen und im Laufe der Her-

stellung überprüft werden.

Prüfmethoden zur Bestimmung der Luftporen im Beton

Der Luftporengehalt lässt sich sowohl am Frischbeton als

auch am Festbeton überprüfen. Wegen seiner einfachen

Handhabung wird am häufigsten der Luftporentopf

(Druckausgleichsverfahren) benutzt (Abb. 3.5.4). Das Be-

stimmen der Porenkennwerte (Luftporengehalt, Durch-

messer, Abstandsfaktor) am Festbeton erfolgt über eine

mikroskopische Bildanalyse (Abb. 3.5.5 und 3.5.6). Dazu

werden aus Festbetonproben Anschliffe hergestellt.

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Betonpraxis 99

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.6.2Tübbings – Bautei-le, die oft in sulfat-haltiger Umgebungeingebaut werden

3.6 Angriff durch Sulfate (treibender Angriff)

Chemische Vorgänge beim Sulfatangriff

Sulfate in wässeriger Lösung können erhärteten Beton

angreifen. Sie verbinden sich mit dem Tricalciumaluminat

des Zementsteins, wobei sich unter starker Volumenver-

grösserung die Verbindung Ettringit – unter gewissen

Voraussetzungen auch Thaumasit – bildet.

Schäden durch Sulfatangriffe

Der Sulfatangriff bedroht vor allem erdberührende

Betonkonstruktionen und -bauteile. Im Untergrund vor-

handene, wasserlösliche, sulfatische Mineralien wie Gips

und Anhydrit (Calciumsulfat) bilden Risikofaktoren,

denen Rechnung zu tragen ist. Selbst weit entfernte

Sulfatvorkommen können zu einer Gefährdung führen,

da die Sulfate durch die Zirkulation unterirdischer Wässer

zum Betonbauwerk gelangen können. Abwasserkanali-

sationen der Haushalte und/oder der Industrie können

durch Sulfatangriffe geschädigt werden, weil solche

Abwässer oft gelöste Sulfate enthalten. Die Schädigung

des Betons geht von einer Volumenvergrösserung aus,

die zu einer starken Rissbildung führt (Abb. 3.6.1).

Verhütungsmassnahmen

Muss davon ausgegangen werden, dass der Beton mit

gelösten oder im Boden vorkommenden Sulfaten im

Kontakt stehen wird, sind folgende Vorsichtsmass-

nahmen zu treffen:

• der eingebrachte Beton muss sehr dicht sein, d.h.

eine niedrige Porosität haben

• der w/z-Wert des Frischbetons soll 0,50 nicht

überschreiten

• ist anzunehmen, dass der Beton mit zirkulieren-

dem Wasser mit einem Sulfatgehalt von mehr als

600 mg SO4–2/l oder mit Erdschichten mit einem

Sulfatgehalt von mehr als 3000 mg SO4–2/kg in

Kontakt stehen wird, soll gemäss SN EN 206-1

ein Zement mit erhöhtem bzw. hohem Sulfat-

widerstand (HS gemäss Kap. 1.1) verwendet wer-

den. Hierfür kommen in Betracht:

• Portlandzemente der Holcim Protego-Reihe mit

besonders niedrigem Gehalt an Tricalciumalu-

minat (≤ 3% C3A)

• Hochofenzemente wie Modero 3B mit einem

Gehalt an Hüttensand von mindestens 66%.

Die SN EN 206-1 berücksichtigt sulfathaltige Grund-

wässer und natürliche Böden unter der Expositions-

klasse des chemischen Angriffs, XA1 bis XA3 (siehe

Kap. 2.2). Erfolgt wegen des erhöhten Sulfatgehalts

im Grundwasser oder Boden die Zuordnung zu den

Expositionsklassen XA2 oder XA3, sind Zemente mit

einem hohen Sulfatwiderstand gemäss SN EN 197-1

zu verwenden. Bei der Expositionsklasse XA1 (schwa-

cher Angriff) ist die Verwendung aller in SN EN 206-1,

Tabelle NA.3, aufgeführten Zementarten gestattet.

Abb. 3.6.1Volumenvergrösserung (Treiben) eines instark sulfathaltiger Lösung gelagertenZementmörtelprismas

Sulfatschaden

ursprüngliche Länge

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Betonpraxis100

Abb. 3.7.1Oberflächenangriff in einem Klärbecken

Abb. 3.7.2Von Säure angegriffenes Zementmörtel-prisma (rechte Prismenhälfte)

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

3.7 Angriff durch chemischeStoffe (lösender Angriff)

Arten der chemischen Schädigungen

Je nach der Art der chemischen Angriffe bleibt der Beton

entweder beständig oder zersetzt sich mehr oder weni-

ger rasch. Im Wesentlichen sind zwei Arten von

Schädigungen zu unterscheiden.

Chemische Zersetzung

Eine chemische Zersetzung des Betons ist gekennzeichnet

durch die Auflösung eines oder auch mehrerer Bestand-

teile des erhärteten Zementsteins durch einen von aussen

einwirkenden chemischen Stoff. Der oder die betreffen-

den Bestandteile werden dabei aus dem Beton ausge-

laugt, wodurch der Beton immer poröser wird und damit

nicht nur an Festigkeit, sondern auch seine Schutzfunk-

tion gegen die Bewehrungskorrosion verliert. Dieser

Vorgang beginnt immer an der Kontaktfläche zwischen

Beton und dem chemisch wirkenden Stoff und schreitet

(meist langsam) ins Betoninnere fort.

Chemisch bewirktes Quellen

Eine zweite Art der chemischen Schädigung wird in

Gegenwart von Kapillarporenwasser durch die Reaktion

eines chemisch wirksamen Stoffs mit einem oder mehre-

ren Bestandteilen des erhärteten Zementsteins verur-

sacht. Entsteht bei dieser Reaktion ein festes Produkt,

das ein grösseres Volumen besitzt als die festen Ausgangs-

stoffe zusammen, kommt es zu einem Quellen des

Betons. Da die dadurch hervorgerufenen Spannungen

bald die Betonfestigkeit übersteigen, bilden sich Risse,

die sich langsam, aber stetig ausbreiten, oft auch in vom

Ort der Reaktion entfernten Zonen.

Verhütungsmassnahmen

Der Schutz des Betons vor dem Angriff chemischer

Stoffe von aussen erfordert:

• Die Herstellung und Verarbeitung eines dichten

Betons mit einem w/zeq-Wert von 0,45 bis 0,50.

• Eine erhöhte (durch den Ingenieur gemäss spezi-

fischen Gegebenheiten festzulegende) Überde-

ckung des Betons, ohne jede Ausnahme auch bei

Scheinfugen, Fugen und Abtreppungen.

Dank ihres Silicastaubgehalts erlauben die Holcim

Zemente der Fortico-Reihe, einen Beton hoher Dichte

und damit niedriger Porosität herzustellen und zu ver-

arbeiten. Die Verwendung dieser Zemente drängt sich

dann auf, wenn das Betonbauteil vor aggressiven che-

mischen Stoffen geschützt werden muss. Muss mit

dem Angriff gelöster Sulfate gerechnet werden, sind

die erwähnten Massnahmen durch die Verwendung

eines Zements mit hohem Sulfatwiderstand (HS

gemäss Kap. 1.1) zu ergänzen. Hierfür kommen vor

allem die Holcim Zemente Protego 4R und Modero 3B

in Betracht (siehe auch Kap. 3.6 «Angriff durch

Sulfate»).

Beton ist nur gegenüber sehr schwachen Säuren ein-

igermassen beständig. Schon Säuren mittlerer Stärke

und erst recht starke Säuren zersetzen ihn bis zur

Gebrauchsuntauglichkeit. Neben den schon erwähn-

ten Massnahmen ist zu seinem Schutz vor solchen

Säuren zusätzlich eine säurebeständige Beschichtung

(Kunstharze, Keramik usw.) erforderlich.

Säureangriff

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Unbewehrter Beton Bewehrter Beton

keine Schädigung lösender Angriff treibender Angriff Bewehrungskorrosion

Chemischer Stoff chem. Zersetzung Gefügezerstörung

Basen (Laugen)

schwache Basen ●

starke Basen ●

Starke Säuren ■

Mineralsäuren (Schwefel-,◆ ◆ ■

Salz-, Salpetersäure)

Schwache Säuren ■

organische Säuren (Essig-,◆ ■

Milch-, Buttersäure)

kalklösende Kohlensäure ◆ ■

Kohlendioxid (CO2) ● ■

Salze

Ammonium-, Magnsiumsalze ◆ ■

Öle, Fette

natürliche tierische und pflanz-◆

liche Öle und Fette

synthet. Mineralöle und -fette ●

Sulfate

gelöste Sulfate (Sulfattreiben) ◆ ■

Chloride

gelöste Chloride ● ◆

Wasser

Regenwasser, destilliert, ent-◆ ■

mineralisiert

weiche Wässer, kalkarm ◆ ■

saure Wässer (pH < 6,5) ◆ ■

Betonpraxis 101

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.7.3Wirkung verschiedener chemischer Stoffeauf Beton

Wirkung verschiedener chemischer Stoffe

Abbildung 3.7.3 zeigt, ob und wie verschiedene, häufig

mit Beton in Berührung kommende chemische Stoffe auf

diesen einwirken. Bei der Festlegung des Betons nach

SN EN 206-1 müssen die einwirkenden Umgebungsbe-

keine Schädigung

direkter Angriff

Korrosion als Folge der oberflächlichen Zerstörung des Betons oder seiner bis zur Bewehrung vorgedrungenen

Karbonatisierung

dingungen berücksichtigt werden. Dabei unterscheidet

die Norm zwischen verschiedenen Expositionsklassen, wie

z.B. chemischem Angriff (XA) oder durch Karbonatisie-

rung ausgelöster Korrosion (XC). Weitere diesbezügliche

Angaben finden sich in Kap. 2.2 «Festlegung des Betons».

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Betonpraxis102

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

3.8 Alkali-Aggregat-Reaktion

Allgemein wird unter der Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR)

eine Reaktion zwischen Bestandteilen der Gesteinskör-

nung und der Porenlösung des Betons verstanden. Be-

stimmte Gesteinskörner sind aufgrund ihrer Zusammen-

setzung im alkalischen Milieu des Betons instabil. Die

aus der expansiven Reaktion resultierende Dehnung des

Betons kann zu Betonschäden führen. Die AAR wird in

der Literatur in drei Reaktionstypen aufgeteilt. Die Reak-

tionstypen unterscheiden sich darin, welche Art der

Gesteinskörnung, d. h. Gesteinstyp oder Mineralphase,

an der Reaktion beteiligt ist:

• Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR)

• Alkali-Silikat-Reaktion (ASR) und

• Alkali-Karbonat-Reaktion.

Die Alkali-Kieselsäure-Reaktion tritt hauptsächlich bei

Gesteinen mit amorpher und teilkristalliner Kieselsäure,

wie vulkanischen, glasig erstarrten Gesteinen, sowie

Sedimenten, wie Flint, kieseligen Kalken und Phylliten,

auf. Die Alkali-Silikat-Reaktion läuft langsamer ab als die

Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Die Reaktionsgeschwindig-

keit wird von der Kristallgrösse des Quarzes und Defekten

in seiner Gitterstruktur, die durch Metamorphose und

Deformation bedingt sind, bestimmt. Neben Quarz kön-

nen auch andere Silikate eine Rolle spielen.

Im Folgenden werden vereinfachend unter der Alkali-

Aggregat-Reaktion sowohl die Alkali-Kieselsäure-Reak-

tion als auch die Alkali-Silikat-Reaktion verstanden, da

beide Reaktionen ähnlich verlaufen. Auf die Alkali-Karbo-

nat-Reaktion wird nicht näher eingegangen, da in der

Schweiz bisher keine Schadensfälle bekannt sind, die auf

diesen Typ der Reaktion zurückzuführen sind.

Die AAR läuft praktisch in jedem Beton ab. Alle Gesteins-

typen reagieren mehr oder weniger mit den Alkalien in

der Porenlösung des Betons, wenn die drei folgenden

Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:

• reaktive Gesteinskörnung

• wirksamer Alkaligehalt

• ausreichend Feuchtigkeit.

Die drei Bedingungen stellen ein notwendiges, aber kein

hinreichendes Kriterium dar, dass ein AAR-Schaden ent-

steht. Die AAR kann erst zu einem Schaden führen, wenn

die als Folge der AAR auftretenden Dehnungen nicht frei

erfolgen und damit Zwangsspannungen im Beton ent-

stehen. Sind die Zwangsspannungen grösser als die Zug-

festigkeit des Betons, entstehen Gefügestörungen, Risse

und Abplatzungen im Beton. Der verantwortliche Inge-

nieur hat dann zu entscheiden, ob diese Schäden an dem

betreffenden Bauteil bzw. Bauwerk zu einer Verringerung

der Dauerhaftigkeit, Gebrauchstauglichkeit und/oder

Tragsicherheit führen, oder ob diese Schäden nur die

Ästhetik beeinflussen.

In Abbildung 3.8.1 sind die wichtigsten Einflussgrössen,

gruppiert nach Betonzusammensetzung, Umgebung und

Bauwerk, grafisch dargestellt.

Betonzusammensetzung

• Zement

• Gesteinskörnung

• Zusatzstoff

• Zusatzmittel

• w/z-Wert

Bauwerk

• Lage und Orientierung

• Art der Konstruktion

• Bauteilgeometrie und -dicke

Umgebung

• Feuchtigkeit

• Temperatur

• Frost- und chemischer Angriff

• Externe Alkalienzufuhr

AAR

Abb. 3.8.1Einflussgrössen auf die schädigende AAR

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Betonpraxis 103

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.8.2Risse am Bauwerk (im Eingangsbereich einesTunnels), Originalgrösse: 3 m x 3 m

Abb. 3.8.3Risse am Bauwerk, Originalgrösse: 1 m x 1 m

Schäden infolge Alkali-Aggregat-Reaktion

Die Ermittlung der Ursachen von Schäden erfordert ein

umfangreiches Fachwissen, da häufig mehrere Vorgänge

einen Schaden auslösen und die Schadensbilder auch bei

unterschiedlichen Ursachen sehr ähnlich sind. Dies gilt

besonders für Bauwerke, bei denen eine AAR als Schadens-

ursache vermutet wird, da das äussere Erscheinungsbild

der Schäden – Rissbildung, Absprengungen und Ausblü-

hungen – nur erste Hinweise auf die Schadensursache

gibt. So unterscheidet sich eine durch AAR verursachte

Rissbildung nur wenig von einem Rissbild, das durch

Schwinden, Quellen und Temperaturänderung verursacht

wird. Eine betonschädigende AAR lässt sich an den fol-

genden Merkmalen erkennen:

Äussere, makroskopische Erkennungsmerkmale am

Bauwerk:

• polygonales Rissmuster (dm- bis m-Bereich)

• Feuchtigkeit entlang der Risse

• Gelablagerungen (hell und glasig) entlang der Risse

• Gewellte Struktur der Betonoberfläche

• Abplatzungen über Gesteinskörnern (Pop-Outs)

• Fleckige Farbmusterung auf der Betonoberfläche

• Reaktionssäume um Gesteinskörner.

Innere, mikroskopische Erkennungsmerkmale:

Wichtige Hinweise über Schadensursachen im Beton

geben mikroskopische Untersuchungen an Dünn- oder

Anschliffen. Anhand von Veränderungen im Mikrogefüge

des Betons, wie z. B. Rissen und Gelablagerungen, kann

eine schädigende AAR im Beton identifiziert werden.

Zudem kann festgestellt werden, welche Gesteinstypen

und Mineralien betroffen sind.

In der Praxis spielt die betonschädigende AAR im Ver-

gleich zu anderen Schadensmechanismen, wie z. B. der

Frost-Taumittel-Einwirkung, bislang mit wenigen Aus-

nahmen keine bedeutende Rolle. AAR-bedingte Schäden

sind in der Schweiz bisher an folgenden Bauwerken auf-

getreten:

• Stütz- und Flügelmauern, Bordüren

• Aussenbereiche von Tunneln und Galerien (Abb. 3.8.2)

• Brückenpfeiler und Sockelbereiche (Abb. 3.8.3)

• Bauten im Bereich von Wasserkraftanlagen, z. B. Stau-

dämme.

In der Schweiz können Bauwerke mit sichtbaren Rissen,

die eindeutig auf eine schädigende AAR im Beton zurück-

geführt werden können, am häufigsten im zentralen und

westlichen Voralpen- und zentralen Alpenraum festge-

stellt werden. Aber auch im Mittelland und im Gebiet des

Jurasüdfusses sind vermehrt Bauwerke mit den AAR-Er-

kennungsmerkmalen zu beobachten. Die meisten betrof-

fenen Bauwerke haben ein Alter von 20 bis 40 Jahren.

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Betonpraxis104

Vorsorgliche Massnahmen

In der Schweiz bestehen keine normativen Regelungen

für die Vorgehensweise bei einer Alkali-Aggregat-Reak-

tion. Bei einem Verdacht sind gemäss SN EN 206-1 Fach-

leute, z. B. jene von Holcim Schweiz, beizuziehen. Im Jahr

2005 erarbeitete die cemsuisse auf der Grundlage eines

umfangreichen Forschungsprogramms Empfehlungen

für Neubauten. Auf deren Basis wird zurzeit ein Merk-

blatt des SIA zum Thema AAR erarbeitet.

In den Empfehlungen der cemsuisse wird eine systemati-

sche Vorgehensweise beim Ergreifen von Massnahmen

zur Vermeidung einer betonschädigenden AAR im Einzel-

fall für Neubauten vorgeschlagen. Dabei werden Präven-

tionsstufen in Abhängigkeit von einer Risikoklasse und

einer Beanspruchungsklasse eines Bauwerks eingeführt.

Ein Flussdiagramm stellt den Ablauf bei einem Verdacht

einer betonschädigenden AAR hinsichtlich der durchzu-

führenden Nachweise und Nachweisverfahren in Abhän-

gigkeit zur Präventionsstufe dar.

Die betonschädigende AAR beeinträchtigt vor allem die

Dauerhaftigkeit von Betonbauwerken. Zur Gewährleis-

tung der Dauerhaftigkeit während der geplanten Nut-

zungsdauer sind angemessene Massnahmen während

der Projektierung, Ausführung, Nutzung und Erhaltung,

insbesondere betontechnologische und konstruktive Vor-

kehrungen zum Schutz des Bauwerkes, eine fachgerechte

Bauausführung sowie eine planmässige Überwachung

und Instandhaltung erforderlich. Alle Teilmassnahmen

sollen sich ergänzen.

Betontechnologische Massnahmen beinhalten die Wahl

einer geeigneten Betonzusammensetzung und eine sorg-

fältige Bauausführung (Einbau, Verdichtung und Nachbe-

handlung), um das Risiko einer betonschädigenden AAR

zu minimieren. Je nach Präventionsstufe und der örtli-

chen Verfügbarkeit der Komponenten des Betons können

dabei die folgenden Massnahmen einzeln oder in Kombi-

nation eingesetzt werden. Das Ziel dabei ist, dass der

Beton in der Summe aller Komponenten unter diesen

Gesichtspunkten einen grösstmöglichen Widerstand

gegenüber einer betonschädigenden AAR erhält.

• Der maximale w/z-Wert wird durch die SN EN 206-1

bei Beton nach Eigenschaften je nach Expositions-

klasse vorgegeben. Bei Beton nach Zusammensetzung

gemäss SN EN 206-1 sollte der maximale w/z-Wert

≤ 0,50 betragen. Je geringer der w/z-Wert des Betons

gewählt wird, desto geringer ist die Gesamtporosität

und der Anteil an Kapillarporen. Dies erhöht den

Widerstand des Betons gegenüber dem Eindringen

von Wasser und darin gelöster Salze.

• Der weitaus grösste Teil der Gesteinskörnungen in der

Schweiz ist potenziell reaktiv. Entsprechend werden

zur Herstellung von Bauwerken auch potentiell reakti-

ve Gesteinskörnungen eingesetzt. Mit einer geeigne-

ten Betonzusammensetzung können auch mit poten-

ziell reaktiven Gesteinskörnungen nicht reaktive

Betone hergestellt werden. Wird Brechmaterial einge-

setzt, kann in Ausnahmefällen ein Austausch einzelner

Kornfraktionen potenziell reaktiver Gesteinskörnungen

sinnvoll sein.

• In der Schweiz wird Beton heute noch vorwiegend mit

CEM-II-Zementen hergestellt. Bei praxisüblichen

Zementgehalten sind in Verbindung mit den meisten

Gesteinskörnungen der Schweiz bisher wenige AAR-

bedingte Schäden aufgetreten. Ein höherer AAR-Wider-

stand lässt sich mit einem CEM III/B – Modero 3B –

erreichen.

• Konstruktive Massnahmen haben zum Ziel, das

Eindringen von Wasser in das Innere des Betons zu

behindern oder vollständig zu verhindern. Mit abneh-

mendem Feuchtigkeitsgehalt sinkt das Risiko einer

betonschädigenden AAR.

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

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Betonpraxis 105

Ursachen und Verhütung von Betonschäden

Abb. 3.9.2Eindringtiefe derkritischen Tempera-tur (300 °C) inBeton bei einerBeheizungmit 1000 °C

3.9 Feuerbeständigkeit

Beton im Feuer

Beton brennt nicht. Sogar wenn er sehr hohen Tempera-

turen ausgesetzt wird, entwickelt er weder Rauch noch

gibt er giftige Gase ab, er verhindert vielmehr die weitere

Ausbreitung des Feuers. Wirkt Feuer auf den Beton ein,

nimmt seine Temperatur nur langsam zu. Er bildet des-

halb einen ausgezeichneten Schutz gegen die Feuer-

ausbreitung, ohne dass er mit einem feuerfesten Schutz

überzogen werden muss. Nur bei langdauernder, intensi-

ver Feuereinwirkung kann es zu einem flächenhaften

Abplatzen der Betonschicht über der Bewehrung kom-

men (Abb. 3.9.1).

1

ca. 1000 °C

Heizzeit [h]

5

4

3

2

1Eind

ringt

iefe

der

krit

ische

n Te

mpe

ratu

r [c

m]

2

Schutzmassnahmen für besondere Fälle

Beton bietet einen ausgezeichneten Schutz gegen

Feuer und hohe Temperaturen. Falls notwendig, kann

man diesen durch die Reduktion der Betonporosität

(d.h. vor allem durch die Reduktion des w/z-Werts)

und durch eine erhöhte Bewehrungsüberdeckung

noch verbessern. Ist die Gefahr einer intensiven

Feuereinwirkung besonders gross oder ist der Beton

dauernd einer hohen Betriebstemperatur oder einer

intensiven Wärmebestrahlung ausgesetzt, können

zusätzliche Massnahmen seine Feuerbeständigkeit

noch erhöhen. Zu diesen zählen:

• Verwenden eines Zements mit Hüttensandanteil

(Modero-Reihe)

• Verwenden feuerbeständiger Gesteinskörnungen

(Blähton, Blähschiefer, gebrannter Ton, Basalt

usw.) anstelle der nicht völlig feuerbeständigen

karbonatischen (Kalkstein, Dolomit) oder quarz-

haltigen (Sandstein, Quarzit) Körnungen

• Zusatz eines keramischen Stabilisators (z.B.

Ziegelmehl)

• Zugabe von 1 bis 2 kg/m3 Kunststofffasern (z.B.

Polypropylenfasern). Das Schmelzen der Fasern

ab rund 170 °C führt zu einer Volumenreduktion,

wodurch ein Teil des Wasserdampfdrucks abge-

baut werden kann und sich massive Abplatzun-

gen des Betons verhindern lassen.

Abb. 3.9.1Freigelegte Beton-bewehrung nachdem Abplatzen des Betons, verursachtdurch ein Schaden-feuer. Die Tragfä-higkeit der Beton-konstruktion istnicht beeinträchtigt

Kritische Temperatur

Unter Feuerangriff ändern sich die Eigenschaften des

Betons vor allem durch Gefügespannungen. Ursachen

dafür sind die Veränderungen in der Gesteinskörnung ab

rund 500 °C (Quarzsprung, Kalzinierung des Kalksteins),

Entwässerung des Zementsteins und Wasserdampfdruck,

der dann auftritt, wenn sich bei schneller Erwärmung

mehr Dampf bildet als abgeleitet werden kann. Beim

Brand platzt daher Beton meist schalenförmig über der

Bewehrung ab. Bei etwa 1200 °C beginnt Beton zu

schmelzen. Um solche enormen Temperaturen zu erzeu-

gen, sind erhebliche Brandlasten nötig, wie sie zum

Beispiel ein LKW mit brennenden Reifen verursachen

kann.

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Betonpraxis106

Literaturhinweise, Normen, Richtlinien und Empfehlungen

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Schriftenreihe des Bundesverbandes der Deutschen

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Zement-Taschenbuch;

Verlag Bau + Technik; 51. Ausgabe; Düsseldorf 2008

Literaturhinweise, Normen, Richtlinienund Empfehlungen

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Betonpraxis 107

Literaturhinweise, Normen, Richtlinien und Empfehlungen

Europäische Normen

SN EN ISO 9001:2008: Qualitätsmanagementsysteme

– Anforderungen

SN EN 196-1 bis -10:1989/2007: Prüfverfahren für

Zement

SN EN 197-1:2000 + A1:2004 + A3:2007: Zement

– Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und

Konformitätskriterien von Normalzement

SN EN 197-2:2000: Zement – Teil 2: Konformitäts-

bewertung

SN EN 197-4:2004: Zement – Teil 4: Zusammenset-

zung, Anforderungen und Konformitätskriterien von

Hochofenzement mit niedriger Anfangsfestigkeit

SN EN 206-1:2000 + A1:2004 + A2:2005: Beton – Teil 1:

Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität

SN EN 450-1 + A1:2007: Flugasche für Beton – Teil 1:

Definition, Anforderungen und Konformitätskriterien

SN EN 450-2:2005: Flugasche für Beton – Teil 2: Kon-

formitätsbewertung

SN EN 934-2:2002 + A1:2004 + A2:2005: Zusatzmittel

für Beton, Mörtel und Einpressmörtel – Teil 2: Beton-

zusatzmittel – Definition, Anforderungen, Konformität,

Kennzeichung und Beschriftung

SN EN 1008:2002: Zugabewasser für Beton – Festlegun-

gen für die Probenahme, Prüfung und Beurteilung der

Eignung von Wasser, einschliesslich bei der Betonher-

stellung anfallendem Wasser, als Zugabewasser für

Beton

prEN 12350-8:2007: Prüfung von Frischbeton – Teil 8:

Selbstverdichtender Beton – Setzfliessversuch

SN EN 12524:2000: Baustoffe und -produkte –

Wärme- und feuchteschutztechnische Eigenschaften –

Tabellierte Bemessungswerte

SN EN 12620:2003 + A1:2008: Gesteinskörnungen für

Beton

SN EN 12878:2005: Pigmente zum Einfärben von ze-

ment- und/oder kalkgebundenen Baustoffen – Anfor-

derungen und Prüfverfahren

SN EN 13263-1:2005: Silikastaub für Beton – Teil 1:

Definitionen, Anforderungen und Konformitätskrite-

rien

SN EN 13263-2:2005: Silikastaub für Beton – Teil 2:

Konformitätsbewertung

SN EN 14487-1:2005: Spritzbeton – Teil 1: Begriffe,

Festlegungen und Konformität

SN EN 14487-2:2006: Spritzbeton – Teil 2: Ausführung

SN EN 15167-1:2006: Hüttensandmehl zur Verwen-

dung in Beton, Mörtel und Einpressmörtel – Teil 1: De-

finitionen, Anforderungen und Konformitätskriterien

SN EN 15167-2:2006: Hüttensandmehl zur Verwen-

dung in Beton, Mörtel und Einpressmörtel – Teil 2:

Konformitätsbewertung

SIA-Normen, -Empfehlungen und -Merkblätter

Norm SIA 118/262: Allgemeine Bedingungen für

Betonbau (2004)

Empfehlung SIA 162/6: Stahlfaserbeton (1999)

Norm SIA 262: Betonbau (2003)

Merkblatt SIA 2030: Recyclingbeton (in Vorbereitung)

VSS-Normen

SN 670 062: Recycling; Allgemeines (1998)

SN 670 141: Recycling; Ausbauasphalt (1998)

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Betonpraxis108

SN 670 142: Recycling; Strassenaufbruch (1998)

SN 670 143: Recycling; Betonabbruch (1998)

SN 670 144: Recycling; Mischabbruch (1998)

SN 670 115: Gesteinskörnungen; qualitative und

quantitative Mineralogie und Petrographie (2005)

DIN-Normen

DIN 18218:2008: Frischbetondruck auf lotrechte

Schalungen

Weitere Richtlinien und Empfehlungen

Richtlinie für die Verwertung mineralischer Bauab-

fälle, Bafu 2006

Richtlinie über die Entsorgung von Abfällen in Zement-

werken, Bafu 2005

Vollzugshilfe für Steinkohleflugasche und Hochofen-

schlacke – Import und Verwendung von Steinkohleflug-

asche und Hochofenschlacke zur Herstellung von Zement

+ Beton, Bafu 2006

SR 814.81: ChemRRV – Chemikalien-Risiko-Reduktions-

verordnung (2005)

DAfStb-Richtlinie für hochfesten Beton, 1995

Literaturhinweise, Normen, Richtlinien und Empfehlungen

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ISBN 978-3-905886-02-3 DEZ 08 / M / T / 11

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