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BGN – Starker Partner der Betriebe Jahrbuch Prävention 2011

BGN –Starker Partner der Betriebe · 5 J a h r b u c h P r ä v e n t i o n 2 0 1 Vorwort Mit dem Jahrbuch 2011 stellen wir Ihnen wieder gute Beispiele und Innovationen aus unserer

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BGN – Starker Partner der Betriebe

Jahrbuch Prävention 2011

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Prä

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BGN – Starker Partner der Betriebe

Jahrbuch Prävention 2011

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11 Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Aktuelle Unfälle 7

Einblicke, Fakten, Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Dienstleistung Prävention 21

Unterstützung bei der Umsetzung der DGUV Vorschrift 2: Arbeitsschutz effektiver nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Rauch-Ausstieg für junge Mitarbeiter im Gastgewerbe: Am Telefon zum Nichtraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Branchenleitfäden für Brauereien und das Gastgewerbe: Den Betrieb effizient und sicher führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Prüfung und Zertifizierung: Prävention an der Quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Präventionsangebote zum sicheren Fahren und Transportieren: Kampagne Risiko raus! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Brand- und Explosionsschutz: Vielfältige Unterstützung beim Schutz vor Explosionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

„Sichere Kirmes“: Verbesserungswürdig: Flüssiggasanlagen auf Kirmes-Großveranstaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Lärmprognose: Detaillierte Analyse der Lärmsituation in Produktionshallen mit neuer Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Beratung zu Präventionsschwerpunkten:Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie in den Betrieben . . . . . . . . . . . . 46

Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung: Praxishilfen und Beratung zur Gefährdungsbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung: Diabetes-Prävention im Betrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Angebote zur Rückengesundheit: Beim Rücken gehen wir aufs Ganze . . . . . . . . . . . . 56

Erkenntnisse 59

Selbstentzündung fettverschmutzter Textilien: Handtücher und Wischmopps entzünden sich selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Gärgutträger-Tücher mit Antihaftbeschichtung: Antihaft – eine differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Ausstattung und Handling von Aseptikanlagen: Lösungen zur Minderung der Gefahrstoffbelastung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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Jahrbuch Prävention 2011

Explosionsrisiko in Brennereien: Ethanol-Dämpfe treffen auf Zündquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Konstruktiver Explosionsschutz von Becherelevatoren: Forschungsprojekt liefert praktikable Regeln für Schutzkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . 74

Staubexplosionsschutz: Staubkonzentrationsmessungen im Inneren eines arbeitenden Mischers gelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Maschinenschutz: Mögliches Sicherheitsrisiko bei Magnetschaltern als Schutztürschalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Krebsrisiko durch Nikotin: Die Sache mit dem Thirdhand Smoke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Passivrauchen im Gastgewerbe: Luft- und Biomonitoring zur Charakterisierung der Tabakrauch-Exposition . . . . . 88

Rupturen der Rotatorenmanschette aus Sicht der Biomechanik: Wie viel hält die gesunde Supraspinatus-Sehne aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Arbeitszeiten von Auszubildenden im ersten Lehrjahr: Der Tagesablauf der Auszubildenden im Gastgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Hautgefährdungen und Hautprävention in der Fleischwirtschaft: Hautsache . . . . . 102

Allergiediagnostik: Treffsicheres Verfahren zum Allergienachweis. . . . . . . . . . . . . . . . 105

Erkenntnisse für die branchenspezifische Gesundheitsdiagnostik:

Die ASD*BGN-Studie „Psyche und Gesundheit am Arbeitsplatz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Entwicklungen und Innovationen 111

Schneidbretterhöhung: Zu niedrige Arbeitshöhe ist ein Risikofaktor . . . . . . . . . . . . . . 112

Kunststoff-Kutterwagen der neuen Generation: Lärmarm, leicht und anwenderfreundlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Staubarme Trennmehle: Mehl, das nicht den Atem nimmt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

CO-Detektion zur Brandfrüherkennung: Neuer Lösungsansatz für Dächerschachttrockner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Neues Schutzkonzept für Fleischwölfe: Lichtschranke statt Schutzhaube . . . . . . . . . . 122

Konzept für eine sichere Temperaturbegrenzung: Elektronischer Schutztemperaturbegrenzer für Frittiergeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Erfolge 129

Lärmschutz: Akustische Sanierung der BGN-Kantine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Lärmprävention: Aktion „Lärm-Stopp 2009“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

Gute Präventionslösungen aus den Betrieben: Die BGN-Präventionspreisträger 2010. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

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Messen und Veranstaltungen 143

Betriebliches Gesundheitsmanagement: In Bewegung bleiben mit Hindernissen … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

Fachsymposium Maschinen- und Anlagensicherheit: Branchentreff der Maschinenhersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

IFFA 2010: Leitmesse der Fleischwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Messe-Präsentationen 2010: Vielfalt und Kompetenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

VDI-Fachtagung: Sichere Handhabung brennbarer Stäube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Anhang 151

Präventionssplitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Veröffentlichungen von BGN-Präventionsmitarbeitern 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

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Jahrbuch Prävention 2011

Vorwort

Mit dem Jahrbuch 2011 stellen wir Ihnen wiedergute Beispiele und Innovationen aus unserer Prä-ventionsarbeit und Forschung vor. Wir wollen Ih-nen damit einen Einblick in die vielfältigen Initiati-ven der BGN geben und hoffen, Ihnen ganz konkre-te praktische Anregungen und Hilfen für Ihrebetrieblichen Aufgaben vorzustellen. Für immer mehr Betriebe gehören Sicherheit und

Gesundheitsschutz zu den Unternehmenszielen.Sie wissen: Sicherheit und Gesundheitsschutz kön-nen mithelfen, betriebliche Störungen zu vermei-den, krankheitsbedingte Fehlzeiten zu reduzieren,das Betriebsklima zu verbessern und das Betriebs-image zu fördern. Die BGN bietet den Betriebenfachlich fundierte, zeitgemäße und gezielte Unter-stützung bei der weiteren Optimierung des betrieb-lichen Arbeitsschutzes an. Unsere Anstrengungen und Aktivitäten der letz-

ten Jahre und Jahrzehnte haben hierfür ausgezeich-nete Ausgangsbedingungen geschaffen. Wir beob-achten schon immer genau, was in den Betriebengeschieht, und arbeiten kontinuierlich daran, unse-re Dienstleistungen optimal auf unsere Kunden inden Betrieben auszurichten. Dazu arbeiten wir zusammen mit den Betrieben,

aber auch mit Herstellern Fragestellungen zu be-trieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutz-problemen heraus. Wir entwickeln gemeinsam mitihnen praxisgerechte Konzepte oder wir erforschenProblemstellungen und kümmern uns anschlie-ßend um die unmittelbare Anwendung der For-

schungsergebnisse in der betrieblichen Praxis. Be-triebsberatungen, Fachseminare, neue Schutzkon-zepte und praxisorientierte Handlungsanleitungensind nur einige Hilfen, mit denen wir den Betrie-ben unsere Ergebnisse praxisgerecht aufbereiten. Der Erfolg jeder Präventionsarbeit wird auf der

betrieblichen Ebene entschieden. Deshalb wünscheich mir, dass Sie in unserem Jahrbuch wieder Ideenund Hilfen für eine vorausschauende Arbeitsge-staltung in Ihrem Unternehmen finden und dassSie unsere Dienstleistungen und neuen Erkennt-nisse für Ihre Unternehmensziele nutzen werden.

Ihr

Christoph-J. KirchnerPräventionsleiter der BGN

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Aktuelle Unfälle

Jahrbuch Prävention 2011

Rund 70.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle ereignensich pro Jahr in den BGN-Mitgliedsbetrieben, darunterviele schwere und auch tödliche Unfälle. Ein Schwer-punkt sind nach wie vor Maschinenunfälle. Auch iminnerbetrieblichen Verkehr und Transport ereignensich viele Unfälle.

Nachfolgend geben wir Ihnen einen Einblick in das ak-tuelle Unfallgeschehen in den BGN-Mitgliedsbetrie-ben mit der Intention, Sie an den gewonnenen Er-kenntnissen über die Unfallursachen und die darausresultierenden Maßnahmen teilhaben zu lassen. DennInformation und Aufklärung können helfen, weitereUnfälle zu vermeiden.

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Aktuelle Unfälle in BGN-Mitgliedsbetrieben

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Einblicke, Fakten, Ursachen

Chlorgas in Hotel: Mitarbeiter und Gäste verletzt

Chlorgas in Hotelhalle, Treppenhaus und Restau-rant: Notärzte, Rettungssanitäter und Feuerwehr-leute mit schwerem Atemschutz sind im Großein-satz. 31 Menschen werden verletzt. Das giftige Gashatte sich im Nebenraum des Schwimmbads beimUmfüllen von Chemikalien gebildet und war in dieHotelräume gezogen.

Gefahrstoff-Unfall

Angefangen hatte alles damit, dass die alters-schwache automatische Schwimmbad-Chlorungs-anlage endgültig defekt war. Eine neue Anlage warteuer. Der Hotelier entschied, das Schwimmbad-

16 Unfälle geben Einblicke in das aktuelle Unfallgeschehen in den BGN-Mitgliedsbetrieben. Anhand der aufgezeigten Unfallursachen werden Schwachstellen und Risikobereiche im Arbeits-alltag deutlich. Sie sollen Anlass geben, die Arbeitsorganisation und Arbeitsabläufe im Betriebsorgfältig zu analysieren, zu beurteilen und durch Präventionsmaßnahmen sicherer zu machen.

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wasser künftig von Hand zu chloren. Fortan gossder Haustechniker die Chlorungschemikalie Na-triumhypochlorit mit einer Gießkanne direkt in dasSchwimmbadwasser. Dann korrigierte er den pH-Wert des Wassers, indem er aus einer zweiten Gieß-kanne Schwefelsäure zugab. Schwierig war das Einfüllen der Chemikalien aus

35-kg-Kanistern in die Gießkannen. Deshalb gossder Haustechniker Natriumhypochlorit und Schwe-felsäure zunächst jeweils in einen Behälter mit gro-ßer Öffnung. Daraus ließen sich die Chemikalienleicht in die jeweilige Gießkanne schöpfen. Übermögliche Gefährdungen bei dieser Chemikalien-

Handhabung machte sich keiner Gedanken. Sicher-heitsvorkehrungen gab es nicht.Es passierte beim Eingießen von Natriumhypo-

chlorit aus dem Kanister in den Umfüllbehälter:Ein Teil schwappte in den direkt daneben stehen-den, bereits gefüllten Schwefelsäurebehälter. So-fort entstand stechend riechendes Chlorgas. DerHaustechniker floh aus dem Raum in den Flur undvon dort nach draußen. Er ließ alle Türen offen ste-hen. So konnte das Gas in den Hotelbereich ziehen. Die Experten, die den Unfall untersuchten, waren

sich einig: Dieser Unfall war nur eine Frage der Zeitgewesen.

Vom Silofahrzeug abgerutscht

Das Silofahrzeug stand frisch gewaschen und abgespritzt in der Verladestation der Mehlmühle bereit,um mit Mehl gefüllt zu werden. Der Mitarbeiter, der mit dem Beladen beauftragt war, begab sich auf diemit Geländer und Türen gesicherte hoch gelegene Verladerampe. Von dort stieg er auf den Laufsteg desFahrzeugs über, um die Verschlussdeckel (Domdeckel) zu öffnen und den Verladerüssel einzuführen. An diesem Tag saß ein Domdeckel fest. Vom Laufsteg aus gelang es dem Mitarbeiter nicht, ihn zu öffnen.

Deshalb stieg er auf das Silofahrzeug und hantierte in der Hocke am Domdeckel. Als er sich wieder aufrich-tete, rutschte er mit einem Fuß auf dem von der Reinigung noch feuchten Silofahrzeug aus. Er verlor dasGleichgewicht und stürzte kopfüber aus 3,70 m Höhe auf der gegenüberliegenden ungesicherten Seite aufden Betonfußboden. Er erlitt Brüche an beiden Füßen. Es hätte auch weitaus schlimmer ausgehen können.

Veranlasste Maßnahmen• Gefährdungsbeurteilung durchführen: Der Unfall macht erneut die Notwendigkeit deutlich, wie wichtigvor Arbeiten mit bestehender Absturzgefahr eine gründliche Gefährdungsbeurteilung ist. Bei verblei-benden Restrisiken ist der Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung dringend geboten.

• Installation einer Laufschiene mit Sicherungsseilund Auffanggurt

• Aufkleben von Antirutschmatten auf den Silo-fahrzeugen (Bild rechts)

• Erstellung einer Betriebsanweisung für Verlade-tätigkeiten unter besonderer Berücksichtigungdes Einsatzes persönlicher Schutzausrüstung

• regelmäßige Unterweisung der Mitarbeiter undDokumentation

Absturz-Unfall

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Zwei Tote beim Abbau des Erlebnishochhauses

Das Volksfest war zu Ende. Das Erlebnishochhaus musste wieder abgebaut werden. Am ersten Tag derDemontagearbeiten kamen zwei Mitarbeiter des Schaustellerunternehmens durch einen Absturz aus 16 mHöhe ums Leben. Wie konnte das geschehen?Der Unfall ereignete sich während des Abbaus eines Treppenelements, das die Aussichtsplattform in ca.

16 m Höhe mit der darunterliegenden Ebene verbindet. Nach der Demontage muss das Treppenelementmit einem Fahrzeugkran heruntergehoben und auf einen Lkw geladen werden. Laut Angaben und Zeugenbefragungen der Polizei hat sich das Treppenelement wahrscheinlich beim

Anheben verkantet und wurde dann mit einem plötzlichen Ruck wieder frei. Die beiden Mitarbeiter befan-den sich noch auf der Aussichtsplattform, wo sie zuvor das Treppenelement mit Kettengehängen am Kran-haken befestigt hatten. Sie wollten wohl verhindern, dass das Treppenelement durch den Ruck gegen dieseitliche Wand des Towers schlug und wollten es festhalten. Dabei stürzten beide ab. Ihre Auffanggurte la-gen unbenutzt auf der Aussichtsplattform bzw. hinter dem zum Beladen bereitgestellten Lkw.

Unfallursachen• Vorhandene Absturzsicherungen (Auffanggurte)wurden nicht benutzt.

• Koordination/Absprache zwischen Kranführerund Mitarbeitern hatte nicht stattgefunden.

• Der Aufsichtführende hat nicht auf die Benut-zung von Absturzsicherungen bestanden.

Weitere Mängel• Der Betreiber hat die Benutzung von Schutzein-richtungen wie z. B. Hubarbeitsbühne oder Ar-beitskorb bei höher gelegenen Arbeitsplätzennicht geprüft oder berücksichtigt.

• keine Gefährdungsbeurteilung• keine dokumentierten (besonderen) Unterwei-sungen

• fehlende Montageanleitung• keine Betriebsanweisungen

Absturz-Unfall

Das Erlebnishochhaus

Das Erlebnishochhaus besteht aus zweihohen Türmen und hat eine Gesamtflächevon ca. 1.000 m2. Integriert sind ein ca. 500 mlanger Laufparcours, ein Café und zwei Aus-sichtsplattformen.

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Jahrbuch Prävention 2011

Tod eines Betriebsschlossers

Kein technischer Defekt, sondern ein Bedienfeh-ler und Unkenntnis führten zu einem tödlichen Un-fall in einem großen Backbetrieb. Was war gesche-hen?Ein Betriebsschlosser hatte den Auftrag, zusam-

men mit dem Schlosser einer externen Firma anden Mitnehmern eines Kettenförderers einer Alt-brotförderanlage Schweißarbeiten durchzuführen.Zunächst schraubten die Schlosser das Abdeckblechüber der unteren Umlenkung ab. Dann musste derKettenförderer so positioniert werden, dass sich daszu reparierende Teil knapp oberhalb der unterenUmlenkung befindet. Mit dem so genannten Reparaturschalter konnte

der Kettenförderer nicht genau genug positioniertwerden. Deshalb hatte ein Betriebselektriker durchEinstellungen am Schaltschrank die Kette so posi-tioniert, dass der erste Mitnehmer geschweißt wer-den konnte. Für die Reparatur des nächsten Defektsbrachte der Betriebsschlosser den Förderer – wie esihm der Elektriker gezeigt hatte – in die gewünsch-te Position. Normalerweise steht der Schweißer beisolchen Arbeiten neben dem Förderer auf dem Bo-den. An diesem Tag stieg der Betriebsschlosser dazuin den Schacht des Kettenförderers. Der Reparatur-schalter stand auf „OFF“.Und dann lief der Förderer plötzlich und uner-

wartet für einige Sekunden an. Die Mitnehmer zo-gen den Mann ca. 4 m weit in den Förderer hinein.Dabei erlitt er tödliche Verletzungen.

Wieso konnte der Förderer anlaufen?Ein Gutachter stellte fest, dass am Schaltschrank

kein technischer Fehler vorlag. Man kann also da-von ausgehen, dass der Hauptschalter zum Zeit-punkt des Unfalls auf „ON“ stand, also ein Bedien-fehler vorlag. Eine bisher unbekannte Person mussdie Anlage gestartet haben.Beide Schlosser waren der Meinung gewesen,

dass der Reparaturschalter eine Nothalt-Funktionbesitzt. Das war nicht der Fall. Der vermeintlicheReparaturschalter war ein Start/Stopp-Schalter füreinen anderen Teil der Förderanlage, nämlich dendavor gelegenen Querförderer.

Maschinen-Unfall

Unfallursachen • Der Hauptschalter der Anlage war nicht ausge-schaltet.

• Der Reparaturschalter war nicht gekennzeichnet,die Funktionsweise nicht bekannt.

• Die Unterweisung der Werkstattmitarbeiter warnicht arbeitsplatzbezogen durchgeführt worden.Die Sicherheitsfachkraft hatte sie nur im Rahmender großen Jahresunterweisung für alle allge-mein unterwiesen.

Umgesetzte Maßnahmen • Alle Reparaturschalter besitzen jetzt eine Not-halt-Funktion.

• Am Hauptschalter, der sich in einem anderen Be-reich befindet, wurde ein zusätzlicher Schlüssel-schalter installiert.

• Die Werkstattmitarbeiter wurden und werdenvor Ort detailliert unterwiesen.

Kettenförderer zum Silo

Untere Umlenkung

Mit abgenommenem Abdeckblech

Reparaturschalter

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Freier Weg zum Fallmesser

Fallmesser im Innern der Teigportioniermaschi-ne teilen den kontinuierlich durchlaufenden Strangan Brot- oder Brötchenteig in die gewünschten Grö-ßen. Verkleidungen am Maschinengehäuse verhin-dern, dass in die laufende Maschine hineingegrif-fen werden kann. Für die Störungsbeseitigung gibtes zwei mit Positionsschalter versehene Türen.Wird eine Tür geöffnet, dann werden alle Bewegun-gen der Maschine angehalten. Die Maschine kannerst mit dem Startschalter wieder angefahren wer-den. An diesem Tag gab es einen Teigstau in der Ma-

schine. Der Mitarbeiter schaltete die Maschine ver-mutlich nicht ab, sondern griff von der Stirnseitedirekt in die Maschine hinein. Das war möglich,weil die Verkleidung fehlte. Nachdem er den Teig-stau beseitigt hatte, lief das Portioniermesser wie-der an. Es trennte dem Mitarbeiter zwei Finger derlinken Hand ab.

Unfallursachen• fehlende Maschinenverkleidung im Stirnbereich • Störungsbeseitigung bei laufender bzw. nicht ge-gen Wiederanlaufen gesicherter Maschine

Weitere technische Mängel• nicht verdeckte Öffnungen im Seitenblech• defekte elektrische Verkabelung• Einzugsstellen am Transportband (Gitterband)

Veranlasste Maßnahmen• Maschine darf erst nach Durchführung der be-sprochenen Maßnahmen wieder betrieben wer-den.

• Verkleidung der Stirnseite und des Gitterbandes• Die elektrische Anlage der Maschine ist durcheine Elektrofachkraft instand zu setzen und prü-fen zu lassen.

• Die Mitarbeiter sind erneut über die Beseitigungvon Maschinenstörungen zu unterrichten.

Maschinen-Unfall

Keine Schutzeinrichtungen: Amputation des Unterarms

Der Mitarbeiter einer Reinigungsfirma hatte dieReinigungsarbeiten in einem Fleischerbetrieb ab-geschlossen. Das Zerlegeband lief aber noch, umtrocken zu werden. Dann entdeckte der Mann einFleischstück auf dem Unterlauf des Zerlegebandeskurz vor der Umlenkrolle, das er übersehen hatte.Er griff danach. Ein Kollege schrie noch einen Warn-ruf, aber es war schon zu spät: Das Umlenkzahnraderfasste die Hand des Mannes und zog sie ein. Dasführte zur Amputation des linken Unterarms. PerNothalt-Taster wurde die Maschine sofort stillge-setzt.

Wie konnte das passieren?An der Einzugstelle der Bandumkehre fehlte die

vorgeschriebene konstruktive Absicherung. Des-halb konnte der Verletzte ungehindert in diese Ge-fahrstelle hineingreifen. Laut Geschäftsführer undder Fachkraft für Arbeitssicherheit des Fleischerbe-triebes war die Anlage 1998 in der vorgefundenenArt installiert worden. Die vorgelegte technischeDokumentation enthielt keine Zeichnungen oderBeschreibungen zu diesem Sachverhalt. Restgefah-ren waren ebenfalls nicht beschrieben.Die anderen Stetigförderer in der Feinzerlegung

des Betriebes wiesen die gleichen Mängel auf. Einweiterer schwerer Mangel: Für die Gesamtanlagewar nur ein Nothalt-Taster vorhanden – und zwarim Bereich des Unfallortes.Recherchen ergaben, dass bei der Auslieferung

am Zerlegeband Schutzeinrichtungen angebrachtwaren. Das lässt vermuten, dass sie im Laufe derZeit abhanden gekommen sind, eventuell weil siebei Reinigungsarbeiten störten.

Maschinen-Unfall

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Jahrbuch Prävention 2011

Schwerverletzter beim Zurücksetzen mit dem Stapler

Vor dem Vollgutlager einer Brauerei waren an der Ladestraße Paletten mit Bierfässern zum Abtransportbereitgestellt. Direkt hinter dem Palettenstapel stand schon der Gabelstapler samt Fahrer bereit, um die Pa-letten auf einen Lkw zu setzen. Ein Mitarbeiter war gerade mit der Kontrolle der bereitgestellten Ladungfertig. Um den Ladebereich zu verlassen, ging er seitlich am Stapler vorbei. In diesem Moment fuhr derStaplerfahrer plötzlich an und drehte den Stapler dabei leicht in Richtung des vorbeigehenden Ladekon-trolleurs ein. Der Mann wurde vom Stapler erfasst. Er erlitt schwere Verletzungen an beiden Beinen mitQuetschungen, Knöchelverletzungen und einem Schienbeinbruch.Als der Ladekontrolleur an der Staplerseite vorbeigegangen war, hatte er sich schräg hinter der Fahrerka-

bine und damit im Rücken des Staplerfahrers befunden. In dieser Position behindern zum Teil die hintereSäule der Fahrerkabine und das Auspuffrohr die Sicht des Staplerfahrers.

Wie hätte der Unfall vermieden werden können?• Der Staplerfahrer hätte sich vor dem Rückwärtsfahren davon überzeugen müssen, dass er freie Fahrt hat.Das heißt: Weit genug nach hinten drehen und in den Rückspiegel schauen.

• Der Ladekontrolleur hätte sich nicht außerhalb des Blickfelds des Staplerfahrers aufhalten dürfen. Nachden Kontrollarbeiten im Sichtbereich des Fahrers sich wieder in den Fußgängerbereich begeben.

• Der Ladekontrolleur hätte seine Warnweste tragen müssen, was wahrscheinlich nicht der Fall war. Damitwird man im Rückspiegel erheblich besser wahrgenommen – gerade auch, wenn man durch die Kabi-nensäule und den Auspuff teilweise verdeckt wird.

Auch mit einem Kamerasystem am Stapler hätte der Unfall wahrscheinlich vermieden werden können.Bei teilweise verdeckter Sicht oder eben beim Zurückfahren sorgen die Kamerabilder auf dem Monitor imCockpit für die nötige Übersicht und heben den toten Winkel fast vollständig auf.

Unfall beim Rangieren

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Hochfahren auf Staplerzinken endet tödlich

Ein Lkw-Fahrer stand in ca. 2,5 m Höhe auf den Zinken eines Gabelstaplers, der an die geschlosse-ne Ladebordwand seines Lkw herangefahren war. Dort oben löste er einen Spanngurt, mit dem dieLadebordwand des Lkw nach einem Hydraulikschaden provisorisch festgebunden war. Im nächstenMoment fiel der Lkw-Fahrer von den hochgefahrenen Zinken herunter und schlug mit dem Rückenauf den Boden auf. Ein Augenzeuge konnte später nicht mehr sagen, ob zuerst die Ladebordwandherunterkippte oder ob der Staplerfahrer zuerst die Staplerzinken herunterfuhr. Der Lkw-Fahrer er-litt bei dem Sturz tödliche Verletzungen.

Wie war es zu dieser Situation gekommen?Der Lkw-Fahrer war mit dem Getränkeauslieferungs-Lkw im Außeneinsatz, als sich die Ladebord-

wand aufgrund eines Defekts am Hydraulikschlauch nicht mehr schließen ließ. Daraufhin hatte ersich damit beholfen, die Ladebordwand mit Hilfe eines Staplers hochzuklappen und in dieser Positi-on mit einem Spanngurt zu sichern. Der telefonisch informierte technische Betriebsleiter hatte ihnangewiesen, den Hydraulikschlauch vor Ort in einer Werkstatt austauschen zu lassen. Falls diesnicht möglich sei, sollte der Lkw-Fahrer in den Betrieb zurückkommen und den zweiten Lkw benut-zen.Der Lkw-Fahrer war mit der provisorisch geschlossenen Ladebordwand zurück in den Betrieb ge-

kehrt. Statt den Lkw zu wechseln, hatte er einen Kollegen gebeten, ihm ein bis zwei Minuten zu hel-fen. Daraufhin hatte der Kollege den Gabelstapler aus der Halle geholt und den Lkw-Fahrer hochge-fahren.

Was zum Unfall führteDer Lkw-Fahrer hat die Sicherheitshinweise in der Bedienungs- und Wartungsanleitung des Her-

stellers der Ladebordwand nicht beachtet. Darin ist ein Aufkleber mit folgender Aufschrift enthal-ten: „Achtung! Bordwand wurde mit Fremdhilfe geschlossen. Zylinder sind nicht vollständig mit Ölgefüllt. Sicherheitseinrichtungen, die ein schlagartiges Bewegen verhindern, sind damit außerFunktion. Öffnen nur mit Kran oder Stapler erlaubt! – Unfallgefahr“.Der Staplerfahrer hat sich über das Verbot, Personen auf Staplerzinken hochzufahren, hinwegge-

setzt. Er muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Maßnahmen• Sicherheitshinweise aus Bedienungs-/Wartungsanleitung für Ladebordwand beachten. • Betriebsanweisung erstellen/Lkw-Fahrer unterweisen. • Aufkleber mitführen. • Geeignete Arbeitsbühne für Stapler bereitstellen und Unterweisung durchführen einschließlichDokumentation/Verbot des Hochfahrens auf den Staplerzinken.

• Wartungsanweisungen befolgen (Austausch von Verschleißteilen nach Angaben des Herstellers,hier der Ladebordwand beachten. Monatliche Sichtkontrolle der Hydraulikleitungen/Austauschspätestens nach 6 Jahren).

Absturz-Unfall

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Jahrbuch Prävention 2011

Ausrollmaschine lief trotz hochgeklappter Schutzgitter an

Trotz hochgeklappter Schutzgitter liefen die Wal-zen der Teigausrollmaschine an. Sie zogen eineHand des ahnungslosen Bäckers ein, der sich eineschwere Fingerquetschung zuzog. Er fiel fünfein-halb Wochen aus. Wie konnte es zu diesem Unfallkommen? Der Bäcker wähnte seine Hände in Sicherheit: Die

Ausrollmaschine war abgeschaltet und die Schutz-gitter hatte er hochgeklappt. Er sollte die Maschineumrüsten. Als er sich über sie beugte und versuch-te, den unteren Abstreifer in seine Halterung zudrücken, passierte, was eigentlich nicht passierenkann: Die Walzen liefen an und packten die Handdes Bäckers. Er muss unbeabsichtigt das Fußpedaloder den Schalthebel betätigt haben. Normalerwei-se wäre dabei nichts passiert. Die hochgeklappten,mit dem Antrieb gekoppelten Schutzgitter hättenverhindert, dass die Maschine anlief.

Maschinen-Unfall

UnfallursacheDie Unfallursache war schnell gefunden: eine zer-

brochene Kunststoffhalterung am Schutzgitter. Siehatte dazu geführt, dass das Schutzgitter nichtmehr mit dem Antrieb gekoppelt war.

Veranlasste Maßnahmen• Kunststoffhalterung durch eine Metallhalterung,die mit einer Schraube am Gestänge gesichert ist,ersetzen.

• Tägliche Funktionsprüfung der Sicherheitsein-richtung (Gitter) beim ersten Ingangsetzendurchführen.

• Beschäftigte regelmäßig unterweisen.

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Jahrbu

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Tod in der Müllpresse

Ein defektes Bauteil und falsches Verhaltenführten in einer Molkerei zu einem Arbeitsun-fall, bei dem ein Mitarbeiter von der Hub- undKippvorrichtung und dem Deckel einer Müll-presse tödlich verletzt wurde. Auf einem abgelegenen Teil des Betriebsge-

ländes steht ein selbstpressender hydraulischerMüllcontainer (Müllpresse). Darin entsorgen dieMitarbeiter ein- bis zweimal pro Schicht ausMülltonnen den Verpackungsmüll, der in derProduktion anfällt. Wenn die Müllpresse voll ist,wird sie von der Entsorgungsfirma gegen eineleere ausgetauscht. Aufgrund der geringenStandzeiten im Betrieb obliegen Wartung undInstandhaltung der Entsorgungsfirma.Am Tag des Unfalls, einem Samstag, war die

Müllpresse bereits sehr voll. Dadurch staute sichder zuvor eingeworfene Müll oberhalb des Pres-senstempels und wurde nicht in den Containerverdichtet. Der Mitarbeiter wollte offensichtlichden Müllstau beseitigen. Dazu stieg er bei ange-hobener Hub- und Kippvorrichtung und ange-hobenem Deckel auf den Maschinenrahmen.Dann beugte er sich tief in die Einwurföffnungunterhalb des Deckels. Währenddessen setzteanscheinend der Absenkbetrieb der Hub- undKippvorrichtung samt Deckel ein. Der Mitarbei-ter wurde von diesen sehr schweren und massi-ven Maschinenteilen tödlich verletzt.

Maschinen-Unfall

Fritteusenbrand: Falscher Löscher, falsches Verhalten

Der Mitarbeiter einer Gaststätte hatte nur kurzeZeit die Küche verlassen, weil ein Gast an der Thekebedient werden wollte. Als er zurückkehrte, standdie Fritteuse in Flammen. Bei den Löschversuchenmit einem Pulverlöscher zog er sich Verbrennun-gen an Gesicht, Armen und Händen zu. Erst die Feu-erwehr konnte den Fritteusenbrand löschen.

Wie kam es zu dem Brand?Der Verletzte hatte an der Doppelbadfritteuse das

Fett ausgetauscht. Dazu hatte er laut eigener Aus-sage nach der Entleerung des verbrauchten Fettsneues festes Blockfett vorgeschmolzen und in dieFritteuse eingefüllt. Vermutlich aber hatte er dasneue Blockfett zum Schmelzen auf die Heizschlan-gen der Fritteuse gelegt. Dadurch konnte sich dasschmelzende und abtropfende Fett an den Heiz-schlangen entzünden (siehe auch BGN-Ergebnisbe-richt zu Frittiereinrichtungen, 1999). Die Fritteusewar nicht mit dem vorgeschriebenen Sicherheits-temperaturbegrenzer (STB) ausgestattet.

Warum schlugen die Löschversuche fehl?Pulverlöscher sind zum Löschen von Fettbränden

nicht geeignet. Speiseöle und -fette gehören zurBrandklasse F. Diese Brände sind nur mit Fettbrand-löschern (Aufschrift: „Geeignet zum Löschen vonSpeiseöl- und Speisefettbränden“) mit Speziallösch-mittel zu bekämpfen.

MaßnahmenUnterweisung, Fettbrandlöscher bereitstellen,

Fritteuse mit STB nachrüsten oder neues Gerät an-schaffen.

Brand

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Jahrbuch Prävention 2011

Unfallursache Eine offensichtliche Fehlfunktion hatte dazu

geführt, dass sich die Hub- und Kippvorrichtungvon selbst, ohne menschliches Zutun abgesenkthatte. Bei der Untersuchung der Unfallpressefiel beim Auseinanderbauen des hydraulischenHandsteuerventils eine lose Schraubenverbin-dung auf. Es handelte sich um die Konterver-schraubung zum Vorspannen einer Spiralfederim Innern des Handsteuerventils. Sie sorgt da-für, dass beim Loslassen des Hebels des Hand-steuerventils dieser von selbst in die Mittelstel-lung springt und die Hub- und Kippvorrichtungin ihrer momentanen Stellung verbleibt.Aufgrund der gelösten Schraubenverbindung

war diese Mittelstellung nicht mehr gegeben,der Hebel konnte sich schwerkraftbedingt inRichtung Absenkbetrieb bewegen. Durch das Ei-gengewicht von Hub- und Kippvorrichtungsamt Deckel senkte sich die Einheit schließlichselbsttätig ab.Mit der losen Rückstellfeder im Handsteuer-

ventil oder vielmehr der fehlenden Schrauben-sicherung konnte die technische Unfallursacheeindeutig geklärt werden.

Unfallbegünstigende Bedingungen • Der Deckel dieser Presse wird zwangsläufiggeöffnet und geschlossen. Diese Pressen gibtes auch mit manuell zu betätigendem Deckel.

• Die Müllpresse war ausgerechnet an einemSamstag voll. Samstags findet kein Austauschstatt.

• Es gab keinen Zweihandbetrieb. Dieser wärebei anderen Einstellungen in der Steuerungmöglich gewesen und hätte die Sicherheitdeutlich erhöht.

• Der Mitarbeiter stieg trotz gegenteiliger An-weisung auf die Maschine.

Würde nur ein Punkt in dieser Auflistung feh-len, wäre der Unfall nicht eingetreten.

Maßnahmen • Darauf achten, dass die Entsorgungsfirma im-mer den gleichen Pressentyp bereitstellt, da-mit die Bedienung immer gleich ist. Dies lässtsich dann einfacher in der Gefährdungsbeur-teilung und in Unterweisungen berücksichti-gen.

• Nach Bereitstellen der leeren Müllpresse zu-nächst die Funktionen und Sicherheitseinrich-tungen überprüfen. Fehlfunktionen oder Stö-rungen, die unsichere Zustände hervorrufenkönnen, auf keinen Fall akzeptieren.

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Beim Bergen eines Gabelstaplers vom Lkw erdrückt

Der Gabelstapler saß fest. Er war am Tag zuvorauf dem Betriebsgelände festgefahren worden undaufgrund starken Frostes im Boden festgefroren.Jetzt wurde er dringend gebraucht, weil die Batte-rie eines anderen Staplers, mit dem gerade ein Lkwentladen wurde, mitten in der Arbeit leer war. Nach Rücksprache mit dem Abteilungsleiter woll-

ten der Staplerfahrer und ein Kollege den festge-fahrenen Stapler bergen. Der Versuch, die Räder desStaplers freizuschaufeln, blieb erfolglos. Deshalbbaten die beiden Männer den Lkw-Fahrer einer Spe-ditionsfirma, der auf die Beladung seines Fahrzeugswartete, den Stapler mit seinem Lkw freizuschlep-pen. Daraufhin rangierte der Lkw-Fahrer sein Fahr-zeug rückwärts vor den Stapler. Dann verbandendie beiden Mitarbeiter den Stapler und die Anhän-gerkupplung des Lkws mit einem Hebeband, daszum Heben von Lasten benutzt wird. Beim ersten Bergungsversuch riss das Hebeband.

Der Lkw hatte in einem ungünstigen Winkel vordem Stapler gestanden. Für den zweiten Versuchbrachte der Lkw-Fahrer sein Fahrzeug so in Positi-on, dass Stapler und Lkw in einer Linie standen. Der Staplerfahrer war noch dabei, das Hebeband

wieder an der Anhängerkupplung des Lkws zu be-festigen, als der Lkw rückwärts in Richtung Staplerfuhr. Bei diesem Rückwärtsmanöver wurde derStaplerfahrer in Höhe des Brustkorbs zwischenStapler-Hubgerüst und Lkw eingequetscht und töd-lich verletzt. Der Lkw-Fahrer hatte laut Zeugenaus-sagen die Hilferufe der beiden Männer nicht ge-hört.

Was ist falsch gelaufen?Der ausgebildete und seit Jahren tätige Stapler-

fahrer hatte nie Wiederholungsunterweisungenhinsichtlich spezieller Gefährdungen erhalten.Dann wäre sicherlich für die notwendige Einwei-sung des Lkw-Fahrers gesorgt worden. Darüber hi-naus ist unstrittig, dass Hebebänder nicht zum Ab-schleppen oder Bergen von Fahrzeugen geeignetsind.

Unfall beim Rangieren

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Flüssiggas-Verpuffung während der Fahrt

Während der Fahrt kam es im Fahrgastraum ei-nes Vans zu einer Verpuffung/Explosion, bei derder Fahrer Verbrennungen am Kopf, im Gesicht undan Armen und Händen erlitt. Das Fahrzeug branntevollständig aus. Der Mann hatte im Auftrag des Be-triebes eine Propangasflasche im Ladebereich sei-nes Fahrzeugs transportiert.

Wie kam es zu diesem Unfall?Die Aussage des Verletzten sowie logische

Schlussfolgerungen führen zu folgender Erklärung:• Der Versicherte ist Raucher und hat sich vermut-lich während der Fahrt eine Zigarette anzündenwollen.

• Im Fahrgastraum des Vans muss sich ein explosi-onsfähiges Gas-Luft-Gemisch gebildet haben.

• Damit die hierzu notwendige Gaskonzentrationfrei werden konnte, war vermutlich die Gasfla-sche undicht und/oder das Verschlussventil warnicht ausreichend gesichert und hat sich wäh-rend der Fahrt gelockert.

• Die Zündquelle, die die Explosion ausgelöst hat,war entweder das Feuerzeug oder die glühendeZigarette.

Unfallbegünstigend waren objektiv organisatori-sche Mängel im Arbeitsschutz, die der Unterneh-mer zu verantworten hat. Es wurden die Basis- bzw.Mindestvorschriften für jegliche Beförderung nichtbeachtet (BGI 590 „Sichere Beförderung von Flüs-siggasflaschen und Druckgaspackungen mit Fahr-zeugen auf der Straße“):• Unterweisung• Kennzeichnung • dicht verschlossene und unbeschädigte Flaschen

• Flaschenventilschutz • geeignete Ladungssicherung • Schutz gegen überhöhte Erwärmung • ausreichende Be- und Entlüftung • Rauchverbot • kein offenes Feuer

Gefahrstoff-Unfall

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Jahrbuch Prävention 2011

Brezellauge kippt über ahnungslose Reinigungskraft

So hatte sich die Reinigungskraft ihren ersten Arbeitstag in einer Bäckerei wahrlich nicht vorgestellt. Ge-rade erst hatte sie mit der Reinigung des Lagerraums begonnen, als sie einen tragischen Unfall erlitt. EineSchüssel, gefüllt mit Brezellauge, geriet beim Herausnehmen aus einem hoch gelegenen Regalfach inSchieflage. Die ätzende Flüssigkeit ergoss sich über den gesamten Körper der Frau. Wie kam die Schüsselins Regal?Eigentlich stellt die Bäckerei selbst gar keine Laugengebäckteiglinge mehr her, sondern verwendet fertig

gelieferte Teiglinge. Doch dann gab es an einem Samstag einen Engpass: Der Unternehmer hatte eine grö-ßere Bestellung über Laugenbrezel zugesagt und stellte dann aber fest: Er hatte nicht mehr genug Teiglin-ge auf Lager. Aus dieser Misere half ihm der Kanister mit Natriumhydroxidlauge (33 % NaOH), der noch imLager stand. Damit konnte er die fehlende Charge Teiglinge selbst herstellen.Der Unternehmer mischte die Brezellauge in einer Metallschüssel an. Nach getaner Arbeit stellte er sie

samt Inhalt einfach im Lager ins Regal. Am Montag würde er für eine fachgerechte Aufbewahrung der Lau-ge sorgen. Am Montag aber dachte er nicht mehr an die Schüssel mit Brezellauge, als er die Mitarbeiterinbeauftragte, mit der Reinigung des Lagerraums zu beginnen. Er holte gerade eine Leiter, damit die Mitar-beiterin an alle Regalfächer heranreichen konnte, als er ihren Schrei hörte. Sie erlitt im gesamten Gesicht,am Rumpf und am linken Fuß zum Teil schwerste Verätzungen.

UnfallursacheUnsachgemäße Aufbewahrung eines Gefahrstoffs.

Brezellauge ist ein ätzender Gefahrstoff, der nur in geschlossenen und gekennzeichneten Behältern auf-bewahrt werden darf. Der Unternehmer muss nun mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Gefahrstoff-Unfall

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Tod in der CO2-Betäubungsanlage für Schweine

In der Schweineschlachtung trat an einer Gondelder CO2-Betäubungsanlage beim automatischenSchließen eine Störung auf. Die Tiere in der Gondelmüssen den Klappenschluss blockiert haben. DerMitarbeiter, der an diesem Tag die Schweine amEinlass der Maschine in die Gondeln trieb, versuch-te daraufhin, die Tiere wieder aus der Gondel he-rauszuholen und neu einzutreiben. Er setzte die Ma-schine nicht mit dem Nothalt-Schalter still.Ein Tier muss sich in der Gondel verfangen ha-

ben, denn der Mitarbeiter stieg in die geöffneteGondel ein, um es herauszuholen. Die ausgetriebe-nen Tiere gelangten währenddessen in den Be-dienergang, wo sich die Bedientaster des Start-Me-chanismus der Anlage befinden. Ein anderer Mitarbeiter trieb die frei laufenden

Tiere wieder in Richtung Betäubungsanlage zurück.Dabei stieß ein Schwein im Rückwärtsgang gegeneinen Bedientaster. Die Gondel schloss, die Anlagefuhr an, während sich der Mitarbeiter noch in der

Maschinen-Unfall

Beim Lkw-Beladen von Leiter gestürzt

Die Verladung der Malzkeime aus dem Silo in einen Lkw war in vollem Gang, als einer der beiden Auslaufschläuche heftig ruckte. Beim Austrag der Malzkeime im Silohatte sich eine größere Anbackung gelöst. Dieser Ruck brachte einen Mitarbeiter, der auf einer am Lkw an-gestellten Anlegeleiter stand, aus dem Gleichgewicht. Der Mann stürzte 4 m tief auf den Boden der Verla-destation. Er erlitt an beiden Beinen einen Fersenbein-Bruch und eine Sprungbein-Fraktur am linken Bein.Der Durchgangsarzt hat ihn zunächst 3 Monate krankgeschrieben.Der Mitarbeiter hatte von der Leiter aus dafür gesorgt, dass sich das Schüttgut gleichmäßig über die ge-

samte Ladefläche verteilt. Dazu zog er an Seilen, die an den Enden der Auslaufschläuche (Bild) befestigtsind. Auf diese Weise lassen sich die Schlauchenden in die gewünschten Positionen bewegen.

Wie hätte der Unfall vermieden werden können?Eine verfahrbare Podestleiter mit umwehrten Standflächen bietet bei höher gelegenen Arbeiten einen si-

cheren Stand. Eine solche Podestleiter schafft der Betrieb an. Er hatte sich aus Sicherheits- und Hygiene-gründen gegen fest angebrachte Podeste an der Verladestation entschieden: Denn diese Podeste wären nurüber Steigleitern zu erreichen. Außerdem würden sie mögliche Sitzgelegenheiten für Tauben bieten, wasaus Hygienegründen unerwünscht ist.

Absturz-Unfall

Gondel aufhielt. Als sein Kollege das sah, lief er zumNothalt-Schalter und setzte die Anlage still. Zu die-sem Zeitpunkt war die Gondel bereits auf ein Ni-veau heruntergefahren, wo die CO2-Konzentration90 % beträgt. Laut Zeugenaussagen dauerte es ca. 10 Minuten,

bis der Schacht evakuiert und der Mann aus derGondel befreit war. Ein herbeigerufener Veterinärversorgte den Verletzten durch Beatmung undHerzdruckmassage, bis der Rettungswagen eintraf.Trotz dieser Maßnahmen starb der Mann amnächsten Tag.

UnfallursacheEine Überwachungskamera hatte den Unfall auf-

gezeichnet. Unfallursache war sicherlich, dass derMitarbeiter während seines Eingriffs nicht – wieunterwiesen – auf Nothalt geschaltet hatte.

MaßnahmenDas Personal wurde erneut unterwiesen. Der Be-

treiber dieses Anlagentyps wurde informiert. Zu-sammen mit der BG wurden Sicherheitsmaßnah-men wie z. B. die Nachrüstung von Sicherungen ge-gen unbeabsichtigtes Betätigen von Bedientasternerarbeitet und umgesetzt.

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Dienstleistung Prävention

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Jahrbuch Prävention 2011

Präventionsdienstleistungen sind Faktoren, die dieProduktivität der Unternehmen sowie Wohlbefindenund Motivation der Beschäftigten gleichermaßen erhöhen können. Basis für diese Leistungen sind dieBeratungs- und Unterstützungsangebote der BGN, die sich über Jahre aus den Anforderungen der Praxisentwickelt haben. Basis ist auch die Branchenorientie-rung der BGN, die bedarfsgerechte Konzepte und Lö-sungen ohne Umwege ermöglicht.

Nachfolgend stellen wir Ihnen eine Reihe neuer Bera-tungs- und Unterstützungsangebote der BGN-Präven-tion vor. Die einen zielen auf unterschiedliche aktuelleEntwicklungen ab, andere bieten branchenspezifischeLösungen für Bedarfe und Problemstellungen in derbetrieblichen Praxis.

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Dienstleistung Unterstützung bei der Umsetzung der DGUV Vorschrift 2

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Arbeitsschutz effektiver nutzen

Seit 31. 12. 2010 gelten veränderte Bedingungen für den Einsatz von Betriebsärzten und Sicher-heitsfachkräften. Sie sind in der überarbeiteten Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte undFachkräfte für Arbeitssicherheit“ ( jetzt DGUV Vorschrift 2) festgeschrieben. Den Betrieben eröff-nen sie bessere Möglichkeiten, den Arbeitsschutz effektiver für ihre Betriebsprozesse zu nutzen. Ein Blick auf die Änderungen, die sich bietenden Chancen und auf die BGN-Hilfen für die Betriebe.

Mit Inkrafttreten der DGUV Vorschrift 2 „Betriebs-ärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ ist dieReform der betriebsärztlichen und sicherheitstech-nischen Betreuung der Betriebe abgeschlossen. ImMittelpunkt der Reform steht das überarbeiteteKonzept der Regelbetreuung der Betriebe mit mehrals 10 Beschäftigten. Es sieht eine effektivere undzeitgemäße Betreuung durch Betriebsärzte und Si-cherheitsfachkräfte vor. Eine Betreuung, die auf dentatsächlichen Bedarf eines einzelnen Betriebes zu-geschnitten ist.

Inhaltliche Aspekte stehen im Mittelpunkt

Mit der DGUV Vorschrift 2 erhält die Betreuungeine andere Schwerpunktsetzung: Im Mittelpunktstehen jetzt die Betreuungsinhalte und damit ver-bunden die Aufgaben und Leistungen von Sicher-heitsfachkraft und Betriebsarzt. Die Vorschrift be-schreibt den Weg weg von einer rein quantitativenBetreuung hin zu einer qualitätsorientierten Be-darfsbetreuung, abgestimmt auf die jeweilige be-triebsspezifische Gefährdungssituation.

Mehr Eigenverantwortung, mehr Handlungsspielraum

Dem Unternehmer räumt die Vorschrift einehohe Eigenverantwortung und mehr Handlungs-spielraum ein. Das gibt ihm die Möglichkeit, denArbeitsschutz wirkungsvoller für die Gestaltungder Arbeits- und Wertschöpfungsprozesse im Be-trieb zu nutzen. Er kann jetzt gezielt entscheiden,wie er die spezifischen Kompetenzen von Betriebs-arzt und Sicherheitsfachkraft flexibler und auf dietatsächlichen betrieblichen Gegebenheiten abge-stimmt einsetzt. Gute Voraussetzungen also, denbetrieblichen Arbeitsschutz unternehmensspezifi-scher zu gestalten.

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Jahrbuch Prävention 2011

BGN-Handlungshilfe mit BranchenbeispielenBroschüre „DGUV Vorschrift 2: Regelbe-

treuung konkret“ • Herunterladen unter: www.bgn.de, Shortlink = 1080

• Broschüre anfordern: [email protected] oder Fax 0621 4456-3448

Interaktives Programm „Betriebsärztliche und sicherheitstechni-

sche Regelbetreuung in Betrieben mit mehrals 10 Beschäftigten“. Mit branchenspezifi-schen Versionen.• im Internet: www.bgn.de, Shortlink = 1081 und

• auf der BGN-DVD, Ausgabe 2011

Online-Seminar„Betreuung durch Betriebsärzte und Fach-

kräfte für Arbeitssicherheit. Die neue DGUVVorschrift 2“. Tutoriell begleitetes E-Learning. • Infos unter: www.vorschrift2.bgn-akademie.de

FAQ-SammlungHäufig gestellte Fragen zur DGUV Vor-

schrift 2 im Internet.• www.bgn.de, Shortlink = 1080

Gefährdungsbeurteilung als zentrales Werkzeug

Die Gefährdungsbeurteilung ist nach DGUV Vor-schrift 2 das zentrale Werkzeug, um den Arbeits-schutz in die Arbeitsabläufe eigenverantwortlichzu integrieren. Die Gefährdungsbeurteilung ermög-licht dem Unternehmer, die Gefährdungen, Belas-tungen und Schwachstellen in seinem Wertschöp-fungsprozess, in den Arbeitsbedingungen und derArbeitsgestaltung zu erkennen und entsprechendeVerbesserungsmaßnahmen festzulegen. Somit lenkt die Gefährdungsbeurteilung die Fra-

ge des Einsatzes von Betriebsarzt und Sicherheits-fachkraft auf den tatsächlichen Bedarf und die Lö-sung tatsächlicher Gefährdungs- und Belastungs-probleme. Hierin liegt die Chance, die Qualität derBetreuung deutlich zu verbessern, indem Betriebs-arzt und Sicherheitsfachkraft mehr über sinnvolle,wertschöpfende Tätigkeiten in die betrieblichenProzesse einbezogen werden. Dazu bedarf es einerstärkeren inhaltlichen Auseinandersetzung mit derpräventiven Gestaltung der Arbeitsprozesse.

Kooperatives Handeln

Die DGUV Vorschrift 2 sieht vor, dass der Unter-nehmer gemeinsam mit den betrieblichen Arbeits-schutzakteuren Präventionsschwerpunkte definiertund vereinbart, die auf die konkrete Situation imBetrieb abgestimmt sind. Ein solches Vorgehen fördert die aktive Auseinandersetzung mit dem Arbeitsschutz und stößt Debatten über seine effek-tive Ausrichtung an. Es erfordert einen kontinuier-lichen Dialog zwischen Betriebsarzt, Sicherheits-fachkraft und Unternehmer unter Beteiligung derbetrieblichen Interessenvertretung.

Chancen für den Arbeitsschutz

Auf Dauer kann sich dadurch die Qualität des be-trieblichen Arbeitsschutzes insgesamt erhöhen.Entscheidend dürfte dabei sein, inwieweit Betriebs-arzt und Sicherheitsfachkraft aktiv an einer be-darfsorientierten Arbeitsprozessbetreuung mitwir-ken. Die DGUV Vorschrift 2 bietet ihnen die Chance,im betrieblichen Arbeitsschutz auch neue Themen,insbesondere auch zukunftsorientierte Themen ge-

mäß der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutz-strategie zu besetzen und neue Handlungsfelderoffensiv zu nutzen. Das bedeutet auch, dass Be-triebsarzt und Sicherheitsfachkraft ihre Kompeten-zen erweitern, um den Unternehmer ganzheitlichund prozessorientiert zu beraten.

BGN-Unterstützung für Betriebe

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Dienstleistung Rauch-Ausstieg für junge Mitarbeiter im Gastgewerbe

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Jahrbuch Prävention 2011

Es gab Anzeichen, dass mit der Familiengründungdas Rauchen nicht aufhört. 45 % der Männer und37,1 % der Frauen im Gastgewerbe gaben an zu rau-chen, obwohl Kinder unter 5 Jahren in ihrem Haus-halt lebten. Bei den Beschäftigten der übrigen Wirt-schaftszweige waren es 35 % der Männer bzw. 23 %der Frauen.

Rauchstopp vor der Elternphase

Aufgrund dieser Zahlen war zu erwarten, dassKinder von Mitarbeitern im Gastgewerbe beson-ders häufig dem Rauch der Eltern ausgesetzt sind.Wegen der Gefahr damit verbundener Schädigun-gen war es der BGN ein Anliegen, gegen das Rau-chen vorzugehen: In einem Pilotprojekt sollten jun-ge Leute im Gastgewerbe dazu bewegt werden, mitdem Rauchen aufzuhören, bevor eine mögliche El-ternphase beginnt. Da Jugendliche und junge Er-wachsene als extrem rauchstoppresistent angese-hen werden, griff man bei der Projektplanung aufErfahrungen anderer Raucherentwöhnungsstudienmit der Altersgruppe zurück.

Infoveranstaltungen in Gewerbeschulen

Seit Mai 2010 führen BGN und Thorax-Klinik-Hei-delberg in Gewerbeschulen Infoveranstaltungenfür junge Beschäftigte durch. Die Lehrer nehmenals Bezugspersonen teil. Der pädagogische Leiter der Präventionsabtei-

lung der Thorax-Klinik-Heidelberg, seit Jahren an

Die BGN hat Daten des Statistischen Bundesam-tes aus dem Jahr 2005 ausgewertet und festgestellt:Der Anteil der rauchenden Mitarbeiter ist im Gast-gewerbe höher als in anderen Branchen. Am größ-ten war der Unterschied bei den 25- bis 29-Jährigen(Abb. 1): 56,5 % der männlichen und 50,7 % der weib-lichen Beschäftigten im Gastgewerbe rauchten. Inden übrigen Gewerbezweigen waren es dagegen„nur“ 42,4 % bzw. 30,8 %.

Am Telefon zum Nichtraucher

Die BGN bietet jungen Mitarbeitern im Gastgewerbe ein Raucherentwöhnungsprogramm an. Das Coaching findet ausschließlich am Telefon statt – nach individueller Absprache mit den Jugendlichen.

0

10

15–2020–25

25–3030–35

35–4040–45

45–5050–55

55–6060– 65

20

30

40

50

60

Proz

ent

Gastg M Gastg W Übrige M Übrige W

Abb. 1: Anteil der Raucher/innen im Gastgewerbe und inden übrigen Wirtschaftszweigen

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Jahrbuch Prävention 2011

Schulen in der Primärprävention des Rauchens en-gagiert, stellt die positiven und die langfristig ne-gativen Wirkungen des Rauchens dar. Er zeigt dasVideo „Die Zeit, die mir noch bleibt“, das auf bewe-gende Weise darstellt, das das Verhalten der Rau-cher auch Auswirkungen z. B. auf das Leben vonAngehörigen hat. Eine ehemalige Lungenkrebs-Patientin der Tho-

rax-Klinik-Heidelberg berichtet Auszubildendenüber ihren Weg, von der Zigarette loszukommen.Alle Teilnehmer erhalten einen Info-Flyer, der inZusammenarbeit mit Jugendlichen entwickelt wur-de. Darin wird jugendgerecht vorgerechnet, wieteuer Rauchen ist. Dargestellt wird auch dieSchlusspunktmethode der Rauchentwöhnung. Über eine kostenfreie Telefonnummer können

die Auszubildenden Kontakt mit einem professio-nellen Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen,der in der Rauchentwöhnung erfahren ist, aufneh-men. Er ist montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr er-reichbar. Zum Abschluss der Infoveranstaltung füllen alle

Veranstaltungsteilnehmer eine Teilnahmebestäti-gung mit Angaben zum Rauchverhalten aus. Diesdient der Evaluation.

Erste Erfahrungen

Bisher wurde die Infoveranstaltung 16 Schulen, 3Hotels und 2 Leiterinnen von Unternehmerfrauen-gruppen angeboten. Eine klare Absage erteilten 3Schulen, 2 Hotels und eine Unternehmerfrau (keinInteresse/keine Aufhörwilligen/keine Raucher).Knapp 360 Auszubildende an 8 Schulen und einigeHotelmitarbeiter machten bisher Angaben zu ih-rem Rauchverhalten: Erstaunliches Ergebnis: 52 %der männlichen Auszubildenden rauchten, 6 % be-zeichneten sich als Exraucher. Bei jungen Frauenrauchten sogar 60 % und 11 % gaben an, Exrauche-rin zu sein (siehe Abb. 2). Der Anteil der Raucher war bei Hotelfachleuten

mit 49 % am niedrigsten, bei Restaurantfachleutenmit 67 % am höchsten. Köche lagen mit 56 % immittleren Bereich. Für Einzelne war das Rauchen soambivalent, dass sie nicht einmal in einem anony-men Fragebogen zugeben wollten, Raucher zu sein.Von den Rauchern wollte weniger als 1/3 Nichtrau-cher werden.

In Pausengesprächen und Rückmeldungen wa-ren viele rauchende und nicht rauchende Auszubil-dende der Meinung: Raucher sind süchtig und kön-nen deshalb nicht aufhören. Andere fanden, sie wä-ren „noch nicht so weit“ aufzuhören. Der Schritt, aktiv zu werden und sich bei dem pro-

fessionellen Anbieter anzumelden, gestaltete sichsehr schwierig. Solange sich Aufhör-Interessierteselbst bei dem Anbieter melden sollten, war die Be-reitschaft gleich null. Als die Zugangsmodalitätengeändert wurden und sich Auszubildende auf demHandy anrufen lassen konnten, meldeten sich rund10 % der Raucher. Alle brachen jedoch ab, als an-schließend eine schriftliche Anmeldung erforder-lich wurde. Deshalb wurde jeglicher „Schriftkram“ fallenge-

lassen. Gleich waren 17 % der Raucher bereit, sichanrufen zu lassen, um über den eigenen Rauch-stopp zu sprechen. Das ist ein sehr gutes Ergebnis,wie Vergleiche mit anderen Studien zur Rekrutie-rung junger Raucher zeigen. Inzwischen sind dieersten Auszubildenden dauerhaft im Programm. Seit Ende Februar 2011 bietet die BGN den Info-

Flyer zum Programm Vorgesetzten aus dem Gast-gewerbe an, die ein BGN-Seminar besuchen. Sie er-halten dazu eine kurze Einführung, wie sie die In-fos den unter 30-Jährigen im Betrieb nahebringenkönnen.

Abb. 2: Anteil der Raucher, Nichtraucher und Exraucherbei männlichen und weiblichen Auszubildenden im Gast-gewerbe

115

92

14

82

39

15

männlich0 %

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

Geschlecht

Rauc

hera

ntei

l

weiblich

Raucherstatus: Raucher Nichtraucher Exraucher

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Dienstleistung Branchenleitfäden für Brauereien und das Gastgewerbe

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Wachsender Marktdruck, viele Vorschriften undeine wirtschaftlich angespannte Situation belastenvielerorts die Betriebe. Mehr denn je kommt es jetztdarauf an, vorhandene Ressourcen bestens zu nut-zen. Den Rahmen für eine umfassende und syste-matische Ressourcennutzung bildet eine voraus-schauende Arbeits- und Organisationsgestaltung,die folgende Punkte beachtet: klare Strategien, Ein-schätzung und Berücksichtigung der Risiken, syste-

Den Betrieb effizient und sicher führen

Wie stellen sich die Betriebe selbst eine Präventionsdienstleistung für eine vorausschauende Ar-beits- und Organisationsgestaltung vor? Welche Hilfen wünschen sie, um ihre Potenziale besserund damit gewinnbringend zu nutzen? BGN und Verbände hatten dazu in Brauereien, Gaststät-ten und Hotels eine Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis: Kurze Branchenleitfäden mit nachge-schalteten Praxishilfen und Beratungsangeboten.

matische Organisation der Arbeitsprozesse, guteArbeitsbedingungen und Unternehmenskultur. Und hier setzen Arbeitsschutz und Prävention an.

Sie bieten dem Gastgewerbe und den Brauereiennämlich viele Möglichkeiten, systematisch alle Res-sourcen zu nutzen. Welche Dienstleistungen mitwelchen Inhalten sich aus Sicht der Betriebe eig-nen, ihnen dabei zu helfen, ihre Potenziale besserund damit gewinnbringend zu nutzen, das fanden

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BGN, DEHOGA, Deutscher Brauer-Bund e. V., der Ver-band Privater Brauereien Deutschland e. V., Vertre-ter der BGN-Kompetenzzentren und die Forscherder BC Forschungs- und Beratungsgesellschaft inWiesbaden im Rahmen des Forschungsprojekts„prä-send“* heraus.

Aufschluss gab eine breit angelegte Kundenbe-fragung per Fragebogen von DEHOGA und BGN beirund 5.000 Betrieben des Gastgewerbes und vonBGN, Deutschem Brauer-Bund e. V. und Verband Pri-vater Brauereien Deutschland e. V. bei allen Braue-rei-Unternehmen.

Was die Betriebe wollen

Die Unternehmen beider Branchen wünschtensich kurze, knackige Leitfäden mit Praxishilfen, dieihnen aufzeigen, wie sie selbst tätig werden kön-nen: Sie wollen Hilfe zur Selbsthilfe. Die Beratungkommt erst später ins Spiel. Die Praxishilfen sollendie Unternehmen dabei unterstützen, die im Leitfa-den angesprochenen Punkte der Arbeits- und Orga-nisationsgestaltung schnell umsetzen zu können,z. B.:• am Prozess orientierte Gefährdungsbeurteilung • To-do-Checks für Vorgesetzte• Infoblätter für Beschäftigte

Inhaltlich sind die Brauereien stärker an Technik-themen interessiert, die Gastronomie favorisiertProzessthemen.

Was die Betriebe bekommen haben

Selbsthilfe kurz und knackig: Die beiden Bran-chenleitfäden „Brauereien – effizient und sicher füh-ren“ und „Hotellerie und Gastronomie – effizient, si-cher und wirtschaftlich“ sind praxisorientierte undverständliche Instrumente, mit denen alle Betriebeder Branchen zurechtkommen. Die Branchenleitfä-den verbinden Organisationsmanagement und Ar-beitsschutz. So können auch Chefs kleinerer Betrie-be die rechtlichen Vorgaben zur Arbeitsgestaltungund zum Arbeitsschutz einfach umsetzen undgleichzeitig ihre Leistungen verbessern.Dazu beschreiben die von BGN, den jeweiligen

Verbänden und der BC Forschungsgesellschaft ent-wickelten Leitfäden kurz und prägnant die gutePraxis erfolgreicher Brauereien, Hotels und Gast-stätten. Die Inhalte haben erfolgreiche Unterneh-men und Berater aus den Branchen mit erarbeitetund dabei ihre Praxiserfahrungen eingebracht. Bei-de Leitfäden wurden auch in einer Reihe von Be-trieben erprobt, bevor die jeweils endgültige Fas-sung auf dem Tisch lag. Die Leitfäden geben Führungskräften Tipps und

Hinweise, wie sie die Arbeitsabläufe, den Personal-einsatz oder ihre Kommunikation vernünftig ge-stalten können und wie sie sichere und gesundeArbeitsbedingungen als ebenso wichtige Voraus-setzung für rundum gute Betriebsabläufe sicher-stellen. Besonders nützlich sind die konkreten Pra-xishilfen der Leitfäden: Checklisten, Gefährdungs-beurteilungen sowie Handlungsstandards in denInfoblättern für Beschäftigte.

* prä-send steht für „Betriebliche Prävention durch Service Engineering und Dienstleistungsmanagement“.prä-send wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – Projektträger im DLR, Projektträgerfür das BMBF „Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen“.

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11 Wie die Betriebe die Leitfäden bewerten

Über eine schriftliche Befragung und in persönli-chen Gesprächen mit Hoteliers, Gastronomen undFührungskräften im Gastgewerbe sowie mit Unter-nehmern kleiner und mittelständischer Brauereienwurde der Nutzen der im Februar 2009 veröffent-lichten Leitfäden ermittelt. Das Ergebnis ist durch-weg positiv.

So urteilen Unternehmer von Hotels und Gaststätten

Besonders gut kommen bei denUnternehmen des Gastgewerbes dieanwenderfreundlichen Praxishilfenan. Zwei Drittel der Befragten be-werten die Handlungsstandardsund die Checklisten als „sehr hilf-reich“. Auch die Gefährdungsbeur-teilungen schätzt rund die Hälfte

der Unternehmer als „sehr hilfreich“ ein. Ein gro-ßes Plus des Branchenleitfadens ist nach Ansichtder Befragten die Konzentration aufs Wesentlicheund seine gute Lesbarkeit. Insgesamt stufen 90 %der befragten Unternehmer den Branchenleitfadenund die Praxishilfen als „sehr nützlich“ (50 %) bzw.„nützlich“ (40 %) ein. An der Evaluation beteiligtensich rund 50 gastgewerbliche Betriebe mit bis zu 20

• Gastgewerbe

Unternehmer eines Familienhotels: „Gerade die Kürze und die Prägnanz des Leitfadens hilft doch sehr, dawir kleineren Betriebe, aber auch Existenzgründer kaum die Möglichkeit haben, lange Fachbücher unddie ganzen Vorschriften durchzulesen.“

Ein Hotelbesitzer: „… eine Fibel, die längst überfällig war.“Ein Unternehmer: „Der Leitfaden ist hilfreich für jeden Gastronomen, der nicht viel Zeit hat, sich mit demThema groß zu beschäftigen.“

Ein Hotelier: „Ich finde den Leitfaden sehr gut. Vor allem, weil er nicht so lang gehalten ist und weil dieÜbersicht gegeben ist. Ansonsten hätte ich ihn mir nicht angeschaut.“

Ein Küchenchef: „Was ich finden möchte, kann man sofort beim Durchblättern sehen. Ich kann erkennen,was bringt es mir, wie mach ich es.“

• Brauereien

Ein Unternehmer: „Das, was in dem Leitfaden drinsteht, ist ganz wichtig und interessant für uns, und aufder CD gibt es viel Nützliches.“

Ein Unternehmer: „Das meiste, was im Leitfaden steht, hat man schon mal gehört oder gewusst. Es dannim Detail und gut verständlich auf einen Blick zu haben, ist neu und sehr hilfreich. Damit kann mangut arbeiten.“

Unternehmerin: „Der Leitfaden und die Praxishilfen können dabei unterstützen, besser zu werden.“Ein Unternehmer: „Das ist alles sehr sinnvoll, wie es aufgebaut ist.“

Stimmen aus der Praxis

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Beide Leitfäden sind 24 Seiten kurz – keinThema ist länger als zwei Seiten. Zu jedem Thema gibt es auf der CD-ROM

und im Internet zusätzlich Checklisten undPraxishilfen zur Umsetzung.

Leitfaden „Hotellerie und Gastronomie – effizient, sicher und wirtschaftlich“

Sie finden Tipps und Praxishilfen zu denThemen:• Ziele und Führung• Prozessoptimierung, Steuerung und Kon-trolle

• Arbeitsorganisation und Arbeitsvorberei-tung

• Personaleinsatz und -förderung• Information und Kommunikation• Einkauf und Instandhaltung• Gestaltung der Raumumgebung• Arbeitsorganisation einzelner Arbeitsbe-reiche:– Arbeiten in der Küche– Arbeiten im Service– Arbeiten im Hotel

Leitfaden „Brauereien – effizient und sicherführen“

Sie finden Tipps und Praxishilfen zu denThemen:• Ziele und Führung• Organisation und Planung• Personaleinsatz und Information• Information und Kommunikation• Betriebstechnik, Energieversorgung undEntsorgung

• Malzannahme, -lagerung und -schroterei• Sudhaus, Gärung, Reifung, Filtration• Abfüllung, Gebindereinigung, Verpackung• Lager, Fuhrpark, Transport• Reinigung, Desinfektion – Labor• Service und Verleih• Controlling und Verbesserung

Die Branchenleitfäden auf einen Blick

Beschäftigten. Ein Hotelchef resümiert: „Der Bran-chenleitfaden ist eine nützliche Unterstützung füralle, die keinen großen Apparat hinter sich stehenhaben.“

So urteilen Unternehmer kleiner und mittelständischer Brauereien

Alle Befragten (100 %) sehen die Praxishilfen, da-runter Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung, Info-blätter für Beschäftigte und Betriebsanweisungenals „sehr nützlich“ oder „nützlich“ an. Ein großesPlus des Branchenleitfadens ist nach Ansicht derBefragten die Konzentration aufs Wesentliche undseine gute Lesbarkeit. 96 % der Befragten findenden Umfang des Leitfadens „genau richtig“ und alle(100 %) bewerten den Leitfaden und die Praxishil-fen als „leicht verständlich“. Ein Unternehmer ur-teilt: „Das ist alles sehr sinnvoll, wie es aufgebautist.“

Insgesamt stufen 100 % der befragten Unterneh-mer den Branchenleitfaden und die Praxishilfen als„sehr nützlich“ (44 %) bzw. „nützlich“ (56 %) ein.Eine Unternehmerin resümiert: „Der Leitfaden unddie Praxishilfen können dabei unterstützen, besserzu werden.“Zu jedem Thema gibt es auf der CD-ROM und im

Internet zusätzlich Checklisten und Praxishilfenzur Umsetzung.

Wo sind die Leitfäden erhältlich?

Die Branchenleitfäden und Praxishilfen (Check-listen, Infoblätter und andere Praxishilfen als Word-Dokumente zum Ausfüllen, Aushängen …) findenSie: • im Internet: www.bgn.de, Shortlink = 837• auf der BGN-DVD, im Portal Gastgewerbe bzw. imPortal Getränkeindustrie

• Bestellen: 24-seitige Broschüre (bitte Titel ange-ben) inkl. CD-ROM mit Praxishilfen (für Mitglieds-betriebe kostenneutral): Fax 0621/4456-3348, [email protected]

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Dienstleistung Prüfung und Zertifizierung

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Prüfen und Zertifizieren hat den sicheren Betriebdes Arbeitsmittels durch den Verwender im Blick.Seit den 1920er Jahren war und ist es Ziel der Prüf-und Zertifizierungstätigkeit der BGN, in der Kon-zeptionsphase technischer Arbeitsmittel Einflussauf die sichere Gestaltung zu nehmen. Das heißt:Einfluss, bevor die Erzeugnisse in die Betriebe ge-langen. Wir sprechen von Prävention an der Quelle.

Zum Nutzen der Betreiber

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bau undAusrüstung technischer Arbeitsmittel nicht mehrim berufsgenossenschaftlichen Vorschriftenwerkgeregelt sind, gewinnt die Prüfungstätigkeit an Bedeutung. Sie unterstützt auch die Mitgliedsbe-triebe dabei, ihre Verantwortung für den Betrieb sicherer Arbeitsmittel wahrzunehmen. Denn: DieVerantwortung für den sicheren Betrieb von Ma-schinen und Geräten liegt laut Arbeitsmittelbenut-zungsrichtlinie bzw. dem Arbeitsschutzgesetz beimVerwender/Betreiber.

Prävention an der Quelle

Die Prüfung und Zertifizierung technischer Arbeitsmittel ist eine effektive Möglichkeit, bereits inder Konzeptionsphase auf die sichere Gestaltung von Maschinen und Geräten hinzuwirken. ZumNutzen künftiger Verwender.

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Hinzu kommt: Der Maschinenbetreiber wird häu-fig zum Hersteller im Sinne der EG-Maschinenricht-linie, wenn er Maschinen für die eigene Verwen-dung baut, eine Gesamtheit von Maschinen als Pro-jektleiter errichtet oder vorhandene Maschinenwesentlich ändert. Hier sind insbesondere Klein-und Mittelunternehmen (KMU) durch die Auswir-kungen der Europäisierung der sicherheitstechni-schen Anforderungen an Maschinen häufig über-fordert. Ihnen fehlt das erforderliche Fachpersonal,das sich mit den komplexen Anforderungen ausei-nandersetzen kann. Prüfen und Zertifizieren haben sichere Arbeits-

mittel und eine bezahlbare Sicherheitstechnik fürdie BGN-Mitgliedsbetriebe als Ziel. Während ausder Sicht des staatlichen Arbeitsschutzes die Frageder Übereinstimmung technischer Arbeitsmittelmit dem Wortlaut des Vorschriftenwerks im Vor-dergrund steht, geht der Anspruch der BGN bezüg-lich des Prüfens und Zertifizierens als Werkzeugder Primärprävention weit darüber hinaus: DiePrüf-Dienstleistungen kommen letztlich den Mit-gliedsbetrieben durch die Bereitstellung sichererund gesundheitsgerechter technischer Arbeitsmit-tel zugute. Sie erfüllen voll und ganz die Vorausset-zungen des §14 (1) des SGB VII für ein geeignetesMittel im Rahmen des gesetzlichen Auftrags derUnfallversicherungsträger.

Dienstleistung nach festgelegten Grundsätzen

Die BGN hat den Nutzen der Präventionsdienst-leistung „Prüfung und Zertifizierung“ für ihre Mit-gliedsbetriebe in sieben Grundsätzen zusammen-gefasst (siehe Kasten S. 33).Der erste Grundsatz beschäftigt sich mit den ar-

beitsschutzrelevanten Mängeln. Bei der sachge-rechten Gefährdungseinschätzung helfen den BGN-Prüfexperten die branchenspezifischen Kenntnisseüber die Verwendung der Arbeitsmittel und überdas Unfallgeschehen. Beim Aufdecken arbeits-schutzrelevanter Mängel haben sie stets auch imBlick, neue Risiken z. B. aufgrund neuer Technolo-gien zu erkennen oder sicherheitstechnische Er-kenntnisse zu gewinnen. Ein Beispiel dafür ist das Projekt über das Brand-

risiko an Frittiergeräten (siehe Jahrbuch 2010): Andie unmittelbare Beseitigung von Mängeln schloss

sich eine Sensibilisierung der Hersteller für den Bausicherer Produkte und den sicheren Umgang mittechnischen Arbeitsmitteln durch Beratung, Veröf-fentlichungen und Seminare an. Der zweite Grundsatz betont den Nachhaltig-

keitseffekt. Es geht nicht nur darum, ein einzelnesArbeitsmittel mängelfrei zu gestalten. Der Herstel-ler soll in die Lage versetzt werden, auf Dauer siche-re Produkte zu entwerfen und zu liefern. In einerStudie zum Nutzen der Baumusterprüfung hat dieBGN nachgewiesen, dass geprüfte Produkte einenPräventionsfaktor von 13 gegenüber nichtgeprüftenProdukten aufweisen. Darüber hinaus konnte ge-zeigt werden, dass beim Hersteller ein Wissens-transfer stattfindet, der ihn befähigt, auch über dasgeprüfte Produkt hinaus sichere Erzeugnisse an dieMitgliedsbetriebe zu liefern.Jeder Prüfung liegt eine Gefährdungsanalyse zu-

grunde, die die branchenbezogenen Arbeitsweisenund Bedürfnisse der BGN-Mitgliedsbetriebe berück-sichtigt (siehe Grundsatz 3). Allerdings spielt auchdie Berücksichtigung des Unfallgeschehens einetragende Rolle, wenn es darum geht, die sicher-heitstechnische Konformität im Arbeitsschutz zubeurteilen.Die Erfahrung zeigt: Hersteller denken bei der

Einführung neuer Technologien zunächst an diereine Funktion. Sicherheitsaspekte werden in derRegel, wenn überhaupt, nachträglich aufgesetzt.Nur wenige Hersteller erkennen, dass es effektiverist, bereits bei der Entwicklung eines technischenArbeitsmittels die Sicherheit mit einzubauen, alssie im Nachhinein draufzusetzen (siehe hierzuGrundsatz 5).

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11 Fest verankert im strategischen Konzept

Prüfen und Zertifizieren zählt zu den 10 Präven-tionsleistungen, mit denen die Unfallversiche-rungsträger in der Deutschen Gesetzlichen Unfall-versicherung (DGUV) das Ziel der Verhütung vonArbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren strategisch verfol-gen. Die Erkenntnisse aus dem Bereich Prüfen undZertifizieren liefern Input in andere Präventions-dienstleistungen, wie auch die Ergebnisse andererPräventionsdienstleistungen in die Gefährdungs-einschätzung bei der Prüfung einbezogen werden.Letztlich entsteht ein Regelkreis zugunsten siche-rer und gesundheitsgerechter Produkte. Prüfen istein Wertschöpfungsprozess in der Primärpräven-tion.Zertifizieren und die Vergabe von Prüfzeichen

machen die erfolgreiche Prüfung nach außen sicht-bar. Das hat sowohl Vorteile für den Hersteller undden Anwender. Der Hersteller bietet ein sicheresProdukt an und kann damit werben. Der Anwen-der, also die Mitgliedsbetriebe, erhält eine Aus-wahlhilfe bei der Beschaffung.

Im Spannungsfeld der Interessen

Prüfen und Zertifizieren ist ein Balanceakt. Es gilt,einen Konsens aus verschiedenen Sichtweisen undInteressenlagen zu finden. Zu den Interessengrup-pen zählen Arbeitsschutz (Prävention, TAD), Betrei-ber, Hersteller, Gesetzgeber (Staat, EU), Marktauf-sicht (Länder, Gewerbeaufsicht), Kontrollinstanzen(Bundesversicherungsamt, Akkreditierer) und dieExperten der BGN-Prävention (experten@bgn-prä-vention). Alle verfolgen das gemeinsame Ziel, die Sicher-

heit und den Gesundheitsschutz zu verbessern. Je-doch führen die unterschiedlichen Interessen oftzu gegensätzlichen Ansätzen. Der Prüfer steht so-mit in einem Spannungsfeld der Interessen, in demer verantwortungsbewusst agieren muss.

Für Arbeitsschutz und Marktaufsicht sind die Ver-letzung einer Person oder nur die Möglichkeit oftGrund genug zu intervenieren. Hier gilt es, das Risi-ko generell zu analysieren und dabei zu prüfen, obes sich hier um einen Einzelfall (besondere Umstän-de der Person oder des Unternehmens) handelt. Dissens gibt es auch gelegentlich beim Umgang

mit den rechtlichen Vorgaben. Gesetzliche Anfor-derungen geben in der Regel einen Ermessensrah-men. Diesen gilt es verantwortungsbewusst, unterWahrung aller genannten Interessen, auszuschöp-fen. Dabei eignen sich Vorschriften wie z. B. die EG-Richtlinien eher weniger für die Ableitung von De-tailanforderungen.Hundertprozentige Sicherheit ist nicht möglich.

Sie anzustreben ist weder für den Hersteller, nochfür die Betreiber, noch für die Volkswirtschaft be-zahlbar. So galt seit vielen Jahren die Orientierungam Risiko und damit am Notwendigen als guterWeg. Jetzt wiederum bringt die Marktaufsicht dieOrientierung am technisch Machbaren wieder aufden Tisch.

Hohe Verantwortung, ausreichend Spielraum

Berufsgenossenschaftliches Prüfen und Zertifi-zieren ist mehr, als Konformität oder Nicht-Konfor-mität festzustellen. Es ist ein Prozess zur Bereitstel-lung sicherer und bezahlbarer Arbeitsmittel für dieMitgliedsbetriebe. Ihre Belange gilt es ständig imBlick zu behalten. Entscheidungen im Bereich Prüfen und Zertifizie-

ren müssen für die Lebensdauer eines technischenArbeitsmittels (20 Jahre und mehr) tragfähig sein.Das gelingt nur, wenn die Interessenlagen verant-wortungsvoll ausbalanciert werden. Prüfer techni-scher Arbeitsmittel tragen eine hohe Verantwor-tung und benötigen genügend Freiraum, um imSpannungsfeld der Interessen agieren zu können.

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zum Nutzen der Präventionsdienstleistung „Prüfung und Zertifizierung“ für die Mitgliedsbetriebe der BGN

1Mängelaufdeckung und -beseitigungDer Nutzen der Prüf- und Zertifizierungstätigkeit für die Prävention folgt aus der Aufdeckung undder Beseitigung der arbeitsschutzrelevanten Mängel an Produkten, die in den Mitgliedsbetriebender BGN verwendet werden. Dieser Nutzen geht weit über die Feststellung der Konformität oderNicht-Konformität hinaus.

2Nachhaltige ProduktverbesserungDie Prüfung ist ein Prozess, der den Hersteller nachhaltig befähigt, seine Produkte in Übereinstim-mung mit den Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen im Arbeitsschutz an die Mitgliedsbetrie-be der BGN zu liefern. Diese Befähigung beeinflusst nachweislich auch Produkte positiv, die nichtGegenstand einer Prüfung sind.

3 Branchenbezogene GefährdungsanalyseGrundlage der Prüfung ist eine auf die Prävention ausgerichtete branchenbezogene Gefährdungs-analyse und Risikobeurteilung unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens und des nationalenund europäischen Vorschriften- und Normenwerks. Prüfung ist die Beurteilung der sicherheitstech-nischen Konformität im Arbeitsschutz.

4Mitgliedsbetriebe im MittelpunktIm Mittelpunkt der Präventionsdienstleistung stehen die Mitgliedsbetriebe der BGN. Sie ziehen ausder Prüftätigkeit einen direkten Nutzen. Die Präventionsdienstleistung steht somit im Einklang mit§ 14 (1) SGB VII.

5Unterstützung technischer InnovationenDie Prüf- und Zertifizierungstätigkeit beeinflusst die Produktsicherheit bereits an der Quelle der Pro-duktentstehung. Eine besondere Rolle kommt dabei der Unterstützung technischer Innovationenzugunsten Sicherheit und Gesundheitsschutz zu.

6 Zusammenwirken mit anderen Präventionsdienstleistungen Die bei der Prüf- und Zertifizierungstätigkeit gewonnenen Erkenntnisse sind ein hilfreicher Input fürandere Präventionsdienstleistungen. Insbesondere Forschung und Entwicklung sowie Normungs-mitarbeit wirken eng damit zusammen. In Verbindung mit Überwachung und Beratung entsteht einRegelkreis zugunsten sicherer und gesundheitsgerechter Produkte.

7 Zertifikate und Prüfzeichen als Auswahlhilfe und Anreiz Zertifikate und Prüfzeichen nach bestandener Prüfung sind ergänzende Angebote. Sie signalisierenden Mitgliedsbetrieben die erfolgreiche Prüfung und bieten eine gute Auswahlhilfe bei der Beschaf-fung. Gleichzeitig geben sie den Herstellern einen Anreiz zur Inanspruchnahme der Dienstleistun-gen.

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Sieben Grundsätze

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Dienstleistung Präventionsangebote zum sicheren Fahren und Transportieren

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Kampagne Risiko raus!

Mehr Sicherheit im Straßenverkehr und beim innerbetrieblichen Transport und Verkehr – dazu willdie Kampagne „Risiko raus!“ von Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und landwirtschaftlicherSozialversicherung motivieren. Die BGN berät ihre Mitgliedsbetriebe, wie sie das Thema sicheresFahren und Transportieren intensivieren können, und unterstützt sie bei betrieblichen Sicherheits-aktionen.

227.539 Transportunfälle, da-von 146 mit tödlichem Aus-gang, wurden den Unfallver-sicherungsträgern im Jahr2008 gemeldet. Auf Dienst-und Arbeitswegen gab es 2008134.087 Unfälle mit 591 Toten.Diese Zahlen waren für die Be-rufsgenossenschaften, die Un-fallkassen und für die land-wirtschaftliche Sozialversiche-rung Anlass, im Jahr 2010 diePräventionskampagne „Risikoraus!“ ins Leben zu rufen.Die Kampagne „Risiko raus!“ will zu sicherem

Fahren und Transportieren motivieren, sowohl imöffentlichen Straßenverkehr als auch beim inner-betrieblichen Transport und Verkehr. Angespro-chen sind also alle, die am Straßenverkehr teilneh-men, aber auch alle Unternehmer und Mitarbeiterim Betrieb. Das wichtigste Ziel von „Risiko raus!“ist, das Unfallrisiko bei Fahr- und Transporttätig-keiten zu verringern. „Risiko raus!“ möchte also die Verantwortung der

Menschen für sich selbst und für andere stärken

und die Akteure in den Betrie-ben für die Kampagnethemensensibilisieren. Dazu haben die Träger der Dachkampagneein umfangreiches Medienpa-ket geschnürt (siehe unter:www.risiko-raus.de). Eine zen-trale Botschaft aller Medienlautet: Sei nicht kopflos beimFahren und Transportieren.

BGN-Angebote für Betriebe

Die Dachkampagne ist die Basis für die zielgrup-penspezifischen Aktivitäten der einzelnen Unfall-versicherungsträger. Die BGN unterstützt die Be-triebe im Rahmen der Risiko-raus-Kampagne mitbewährten Präventionsangeboten:• Trainingskarten für Fahrsicherheitstrainings• Bereitstellung des Fahrsimulators bei betriebli-chen Aktionstagen

• Unterstützung bei betrieblichen Aktionstagenzur Sensibilisierung und Motivierung der Mitar-beiter durch Information/Moderation

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• die Ausbildung von Gabelstapler-Fahrern • Unterweisungs-Medien • Seminare zum innerbetrieblichen Transport • Fachartikel in den BGN-Zeitschriften und im In-ternet

• Beratung des Arbeitgebers, was er in seinem Be-trieb verbessern kann, z. B. einwandfreie Ver-kehrswege, gute Beleuchtung, ordnungsgemäßausgerüstete und geprüfte Stapler, ausgebildeteFahrer, gut funktionierende Arbeitsorganisationim Transportbereich, und welche Unterstützungdie BGN im Einzelfall bieten kann

Betriebe, die das Thema sicheres Fahren undTransportieren intensivieren wollen, können sichan die BGN wenden: Fon 0621/4456-3517

Die BGN beteiligte sich auch an den Risiko-raus-Aktionstagen in Dortmund vom 17. bis19.6.2010. Die BGN-Mitarbeiter hatten ei-nen Info-Stand mit Fahrsimulator und Reak-tionstestgerät aufgebaut. Im Fahrsimulatorkann man kritische und risikoreiche Situatio-nen (Fahren unter Alkoholeinfluss, bei Nebel,Schnee oder Regen) nachvollziehen. Mit demReaktionstestgerät kann man seine Reakti-onsfähigkeit und sein Konzentrationsvermö-gen testen. Das Gerät misst die Reaktions-zeit und berechnet Brems- und Anhaltewegefür verschiedene Ausgangsgeschwindigkei-ten und Fahrbahnzustände.

BGN bei Aktionstagen in Dortmund

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11 Dienstleistung Brand- und Explosionsschutz

Sind meine Stäube explosionsfähig? Diese ersteFrage sollte sich jeder Betreiber im Hinblick auf diein seinem Betrieb entstehenden Stäube stellen.Denn: Viele „Nahrungsmittelstäube“ sind explosi-

Vielfältige Unterstützung beim Schutz vor Explosionen

Die BGN-Prävention bietet Betreibern und Herstellern ein umfassendes Spektrum an Hilfestellun-gen zum Schutz vor Explosionen an: von der Quantifizierung der stofflichen Eigenschaften überBeratungen zum sicheren Anlagenbetrieb bis hin zur Prüfung von Geräten und Schutzsystemen.

onsfähig, wenn sie fein verteilt in der Luft vorlie-gen. Genauer lässt sich diese Frage mit Hilfe einerReihe von Kennzahlen beantworten, die die Stäubecharakterisieren.

Verschiedene Stäube

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Explosionsgefahr beurteilen heißt dierichtigen Fragen beantworten

Zur Beurteilung der Explosionsgefahr sollte derBetreiber folgende Fragen beantworten:• Mit welchen Temperaturen sind heiße Oberflä-chen in der Lage, den jeweiligen Staub als Wolkeoder als Ablagerung zu entzünden (Glimm- undZündtemperatur)?

• Welche Energie muss ein Funken einer elektri-schen bzw. elektrostatischen Entladung besitzen,um den aufgewirbelten Staub zur Explosion zubringen (Mindestzündenergie)?

• In welchen Konzentrationen muss der Staub mitLuft hierzu vermischt sein (untere Explosions-grenze)?

• Ab welchen Lagertemperaturen kann sich derStaub in einer großen Schüttung von selbst ent-zünden (Selbstentzündungstemperatur)?

Abhängig vom Schutzkonzept der Anlage, sindfolgende Fragen auch noch wichtig:• Welcher Druck könnte in einem geschlossenenBehälter im Explosionsfall schlimmstenfalls ent-stehen (maximaler Explosionsüberdruck)?

• Wie schnell steigt der Druck dabei an (Kst-Wert)?

Die Tabelle gibt einen groben Überblick, welcheKennzahlen für das jeweils anzuwendende Schutz-prinzip notwendig sind.All diese Fragen werden durch die sicherheits-

technischen Kennzahlen beantwortet. Sie bildendas Fundament einer soliden Gefährdungsbeurtei-lung. Um nicht auf Tabellenwerte, deren Wertenicht unbedingt auf den tatsächlich vorliegendenStaub übertragbar sind, angewiesen zu sein, kannder Betrieb alle genannten Kenndaten im BGN-Staublabor bestimmen lassen.

Zuordnung notwendiger sicherheitstechnischer Kennzahlen zum jew. Schutzprinzip

Sicherheitstechnische Kennzahl Notwendig für

Untere Explosionsgrenze Konzentrationsbegrenzung

Glimmtemperatur

Vermeiden wirksamer ZündquellenZündtemperatur einer Staubwolke

Mindestzündenergie

Selbstentzündungstemperatur

Maximaler ExplosionsüberdruckDimensionierung von Druckentlastungseinrichtungen

Kst-Wert

Maximaler Explosionsüberdruck

Dimensionierung von ExplosionsunterdrückungsanlagenKst-Wert

Zündtemperatur

Maximaler Explosionsüberdruck Druckfeste Bauweise

Ermittlung der Staubungszahl

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11 Explosionsrisiko beurteilen braucht spezielles Know-how

Muss ich das Explosionsrisiko beurteilen? Ja, dasist die zentrale Forderung der Betriebssicherheits-verordnung (BetrSichV). Als nationale Umsetzungder europäischen Richtlinie 1999/92/EG (ATEX 137)regelt die BetrSichV den Explosionsschutz im Be-trieb. Eine ihrer Hauptforderungen ist die Erstel-lung eines Explosionsschutzdokuments, dessenzentraler Bestandteil wiederum die Gefährdungs-beurteilung ist.Vielen Betreibern mangelt es an speziellem Fach-

wissen oder auch an Personal, um eine solide Ge-fährdungsbeurteilung in eigener Regie zu erstellen.Hier hilft die BGN-Prävention auf verschiedeneWeise:

BGN-Know-how nutzen

• Seminare und Workshops für Betreiber Die BGN schult Betreiber, vermittelt ihnen dieGrundlagen des Explosionsschutzes und vertieftbestehendes Wissen. In der BGN-Versuchsanlagein Kappelrodeck können die Teilnehmer im Rah-men von Schulungen Explosionsereignisse imGroßmaßstab verfolgen. Auf diese Weise lernensie, die Auswirkungen von Explosionsereignissenrealistisch einschätzen zu können.

• Branchenspezifische LeitfädenEs stehen branchenspezifische Leitfäden zur Ver-fügung. Sie zusammen mit einer Schulung kön-nen vielen Betreibern helfen, das Explosionsrisi-ko ihrer eigenen Anlagen dennoch zu beurteilen.

• Unterstützung durch BGN-FachberaterBei komplexen Anlagen oder z. B. besonderszündempfindlichen Produkten, aber auch im Rah-men von Genehmigungsverfahren ist der Betrei-ber häufig auf externe Hilfe angewiesen. DieBGN-Fachberater können ihn hier auf vielfältigeWeise unterstützen:– Beratung vor Ort im Betrieb – Erarbeitung ausführlicher Gutachten – Erarbeitung von Explosionsschutzdokumenten

Idealerweise beginnt der Explosionsschutz schon,bevor eine Anlage in Betrieb genommen wird.Das betrifft insbesondere die Planungsphase ei-ner Anlage. Bereits zu diesem Zeitpunkt könnendie BGN-Fachberater mit eingebunden werden.

• Unterstützung der HerstellerAuch Hersteller von Geräten, Anlagen undSchutzsystemen haben die Möglichkeit, das BGN-Explosionsschutz-Know-how in die Konstruktionihrer Geräte einfließen zu lassen. Eine weitereMöglichkeit: Sie lassen ihr Gerät nach Fertigstel-lung bei der BGN auf Explosionssicherheit prü-fen.

• Prüfung und ZertifizierungSeit 1986 führen BGN und Forschungsgesellschaftfür angewandte Systemsicherheit und Arbeits-medizin (FSA) Staubexplosionsversuche im Groß-maßstab durch. Diese praxisorientierte For-schung unter realen Prozessbedingungen auf einem eigenen Versuchsgelände, einem ausge-dienten Steinbruch im nördlichen Schwarzwald,brachte wichtige Erkenntnisse auf diesem Gebiet

Ermittlung der Brennzahl

Prüfung der Glimmtemperatur eines Staubes

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der Staubexplosionen. Diese Erkenntnisse verset-zen die FSA in die Lage, selbst EG-Baumusterprü-fungen im Sinne der Richtlinie 94/9/EG (ATEX100) als europäische benannte Stelle anzubieten.Durch den Kauf bzw. Einsatz geprüfter Geräteund Schutzsysteme ist es möglich, den Explosi-onsschutz von Anfang an im Betrieb umzuset-zen.

• Analyse von ExplosionsereignissenSollte es zu einer Explosion gekommen sein, istdie Frage nach der Ursache von fundamentalerBedeutung, um eine mögliche Wiederholung zu

Explosionsschutz • Allgemeine Fragen• Forschung und Entwicklung• Prüfung • Sicherheitsbetrachtungen• Risikoanalysen• Gutachten• Schulungen

Prüflabor: Bestimmung sicherheitstechni-scher Kenngrößen brennbarer Stäube • Kornanalyse• Feuchtebestimmung

An abgelagertem Staub • Brennprüfung• Glimmtemperatur• Selbstentzündungsverhalten• Exotherme ZersetzungAn aufgewirbeltem Staub• Explosionsfähigkeit• Explosionsgrenzen• Maximaler Explosionsdruck• Maximaler Explosionsdruckanstieg, KST• Mindestzündenergie• ZündtemperaturSonderuntersuchungen

Versuchsanlage• Forschung und Entwicklung• Prüfung • Zertifizierung

BGN-Dienstleistungen zum Brand- und Explosionsschutz

verhindern. In der Regel kann der Explosionsher-gang nicht ohne eine genaue Analyse nachvollzo-gen werden. Hierzu sind, wie oben genannt, diestofflichen Voraussetzungen (sicherheitstechni-sche Kennzahlen) zu klären. Aber auch die Anla-ge muss im Hinblick auf mögliche Zündquellenuntersucht werden.

Hierfür müssen die Prozessbedingungen betrach-tet werden. Dazu kann es notwendig sein, den Pro-zessablauf unter möglichst realistischen Bedingun-gen im Labor oder auf der Versuchsanlage nachzu-stellen. Die Untersuchung von Schadensereignissensetzt somit eine enge Verzahnung von Arbeiten imStaublabor und gutachterlicher Tätigkeiten voraus.

Grundlagenwissen für die Praxis

Grundlegende Untersuchungen der BGN-Präven-tion im Bereich Explosionsschutz können notwen-dig werden, wenn• sich an bestimmten Anlagentypen Schadenser-eignisse häufen,

• bei bestimmten Anlagentypen Wissensdefizitebestehen.

So hat die BGN-Explosionsschutz-Forschungschon viele Forschungsvorhaben zu Problemstel-lungen aus der Praxis durchgeführt. Außerdem sindauch z. B. EU-Projekte Bestandteil der BGN-For-schungsaktivitäten.

Hartmann-Apparatur zurErmittlung der Explosions-fähigkeit

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Jahrbu

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11 Dienstleistung „Sichere Kirmes“

Verbesserungswürdig: Flüssiggasanlagen auf Kirmes-Großveranstaltung

Die BGN unterstützt Schausteller vor Ort auf Jahrmärkten und Kirmesfesten in Sachen Sicherheit.Während der Soester Allerheiligen-Kirmes haben Mitarbeiter der BGN-Prävention insgesamt 90Flüssiggasanlagen auf Mängel überprüft. Herausgekommen ist: Hier muss noch viel verbessertwerden. Und: Die Beratung von Fachleuten ist nicht immer fachgerecht.

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Jahrbuch Prävention 2011

Nach der Loveparade 2010, bei der 21 Menschenums Leben kamen, fordert die Politik von den Be-hörden schärfere Sicherheitskonzepte für Großver-anstaltungen. Von dieser Forderung betroffen warauch die Soester Allerheiligen-Kirmes, die 2010 zum673. Mal stattfand. Auch in Soest kam das Sicher-heitskonzept der Vorjahre auf den Prüfstand. Au-ßerdem wurden die Sicherheitsanforderungen er-höht. Besonderes Augenmerk galt den Flucht- undRettungswegen, den Ablaufkonzepten, den Min-destabständen von Flüssiggasanlagen zu Gebäu-den und dem fachgerechten Umgang mit diesenFlüssiggasanlagen. Mitarbeiter der BGN-Präventionführten Sicherheitsüberprüfungen rund um dieFlüssiggasanlagen durch.

Enttäuschende Ergebnisse

Grundsätzliche Anforderung der Soester Stadt-verwaltung an jeden Betreiber einer Flüssiggasan-lage auf der Allerheiligen-Kirmes war: Der Betrei-ber durfte die Flüssiggasanlage nur in Betrieb neh-

men, wenn er der Stadtverwaltung vor dem Auf-bau eine gültige Prüfbescheinigung vorgelegt hat-te. Außerdem wurden die Schausteller bereits vorEröffnung der Kirmes darüber informiert, dass Mit-arbeiter der BGN-Prävention die Flüssiggasanlagenüberprüfen würden. Die BGN-Prüfung lief währendder 5 Kirmestage und brachte folgende Ergebnisse:

• Nur 20 der 90 überprüften Flüssiggasanlagen erfüllten alle Forderungen, die an eine Flüssig-gasanlage zu stellen sind.

• Nur 33 der 90 überprüften Betriebe waren in derLage, die Dichtheit der Anlage nach dem Fla-schenwechsel zu prüfen.

• An rund einem Drittel der geprüften Flüssiggas-anlagen waren falsche Druckregelgeräte verbaut.

• An 18 Fahrzeugen wurden die Gaskästen bean-standet: keine ausreichenden Lüftungsöffnun-gen, nicht mit feuerhemmenden Baustoffen aus-geschlagen, zum Wagen hin nicht möglichst gas-dicht abgetrennt, brennbares Material im Gas-kasten.Weitere Mängel siehe Kasten unten.

Leckgasspray fehlt 57

falsche Druckregelgeräte 29

Gaskasten im Wagen fehlt oder falsch 18

Gasflaschen nicht gegen Zugriff Unbefugter gesichert 11

Schlauchbruchsicherung fehlt 8

zulässige Flaschenanzahl überschritten 5

Regelknöpfe an Verbrauchsgeräten fehlen 4

Flammenüberwachung fehlt oder manipuliert 3

Schläuche schadhaft oder überaltert 3

Gasschlauch über scharfe Kante verlegt 3

Schutzzone nicht eingehalten 2

Unterweisung fehlt 2

ungeeignete Zündhilfe 1

Werkzeug zum Flaschenwechsel fehlt 1

sonstige Bauteile schadhaft 1

Festgestellte Mängel bei 90 überprüften Flüssiggasanlagen

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ch Prävention 20

11 Jeder einzelne festgestellte Mangel stellt die Si-cherheit eines ganzen Volksfestes infrage. Die Er-gebnisse der BGN-Überprüfung sind insbesonderedeshalb enttäuschend, weil die Schausteller wuss-ten, dass die Flüssiggasanlagen überprüft werden.

Komplexes Fachwissen erforderlich

Flüssiggasanlagen fachgerecht benutzen ist garnicht so einfach. Zur richtigen Ausrüstung und zumsicheren Betrieb einer gewerblich genutzten Flüs-siggasanlage ist sehr komplexes Fachwissen erfor-derlich. Die Schausteller sind hier auf die Beratungvon Fachleuten angewiesen. So darf bei den festge-stellten Mängeln nicht allein den Schaustellern der„schwarze Peter“ zugeschoben werden. Falsche Be-ratung durch fragwürdige Fachfirmen spielt hiereine wesentliche Rolle.Nicht jeder, der als befähigte Person eine Flüssig-

gasanlage überprüft, verfügt über eine ausreichen-de Sachkunde. Für alle vorhandenen Anlagen hat-ten die Betreiber im Vorfeld eine Prüfbescheini-gung bei der Stadtverwaltung eingereicht. AllePrüfbescheinigungen bestätigten zum Zeitpunktder Überprüfung Mängelfreiheit.

Flüssiggasaufkommen auf dem Gelände derSoester Allerheiligen-Kirmes

Gesamtmenge Flüssiggas: ca. 3.750 kg

33-kg-Flüssiggasflaschen: 72 (= 2.376 kg)

11-kg-Flüssiggasflaschen: 125 (= 1.375 kg)

Untersuchte Flüssiggasanlagen: 90

Auf einen Blick

Zukunftsaufgabe: bessere Ergebnisse

Wie lassen sich in Zukunft bessere Ergebnisse er-zielen? BGN-Erfahrungen zeigen: Die häufigste Un-fallursache bei einem Flüssiggas-Unfall ist das Fehl-verhalten von Betreiber und/oder Mitarbeitern.Mehrfach ist es z. B. zu Schadensereignissen – auchmit Körperschäden – gekommen, wenn die Fla-schen gewechselt und anschließend keine Dicht-heitsprüfung durchgeführt wurde oder wenn dieVentile vermeintlich leerer Flüssiggasflaschen zu-vor nicht geschlossen wurden. Dem Fehlverhaltenmöchte die BGN mit speziellen Seminaren fürSchausteller, in denen sie ihr Fachwissen im Um-gang mit Flüssiggasanlagen verbessern können,entgegenwirken. Außerdem wird die BGN zukünftig all jene befä-

higten Personen anschreiben, die Prüfbescheini-gungen herausgegeben haben, in denen Mängel anFlüssiggasanlagen nicht aufgezeichnet sind. Bei der Kirmesveranstaltung in Soest gab es kei-

ne Unfälle mit Flüssiggas. Die Mitarbeiter der BGN-Prävention und andere Behördenvertreter arbeitenintensiv daran, das Sicherheitsniveau beim Betriebvon Flüssiggasanlagen weiter zu verbessern.

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Jahrbuch Prävention 2011

Die BGN erstellt Prognosen von Lärmexpositio-nen in Arbeitsbereichen. Sie setzt dabei die Progno-sesoftware „IMMI“ ein (siehe dazu Jahrbuch 2010),die eine detaillierte Analyse der Lärmsituation inProduktionshallen ermöglicht. Mittlerweile hat dieBGN mehrere Lärmprognosen mit verschiedenenAufgabenstellungen erarbeitet. Nachfolgend einBeispiel, das in der hier dargestellten Weise nur be-arbeitet werden konnte, weil • die Modellierung 3-dimensional erfolgte und • das im Programm implementierte Ray-tracing(Methode der Strahlverfolgung) als Berechnungs-methode eingesetzt wurde.

Deckenteilfläche: Belegung mit Akustikdecke

Die Aufgabenstellung: Ermitteln, welche Decken-fläche absorbierend ausgestattet werden muss, umdie maximale Schallpegelminderung an dem Ar-beitsplatz im vorderen Hallenbereich (roter Punkt inAbb. 1) zu erreichen. Ergebnis der Ermittlung: In diesem speziellen Fall

reicht eine ca. 30%-Belegung der Deckenfläche aus.Mit dieser Maßnahme war eine Pegelminderungim Vergleich zum Lastfall „ohne Decke“ von 4 dB(A)zu prognostizieren. Auch bei einer Komplettbele-gung der Decke sind in dem relevanten Bereich kei-ne weiteren Schallpegelminderungen zu erwarten.

Detaillierte Analyse der Lärmsituation in Produktions-hallen mit neuer Software

Wenn ein Neubau geplant wird oder eine aus schalltechnischer Sicht wesentliche Änderung einer Anlage, dann kann der Schallimmissionspegel dieser Anlage nicht durch Messungen ermitteltwerden. In solchen Fällen ist eine Lärmprognose ein probates Planungsinstrument.

Dienstleistung Lärmprognose

Abb. 1: Hallengrundriss

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Abb. 2 und 3 veranschaulichen die 3-dimensiona-le Modellierung. In Abb. 3 sind im unteren Bildbe-reich Transportbänder als Linienschallquelle zu se-hen. Die blauen Körper im Hintergrund des Bildessind Maschinen, deren Schallabstrahlung durchsenkrechte und horizontale (Deckel der Maschine)Flächenschallquellen unterschiedlicher Schallleis-tung modelliert wurde. Durch die unterschiedlicheSchallabstrahlung einzelner senkrechter Flächenwird die Richtwirkung von Maschinen generiert. Die Maschinenkörper wirken bei der Strahlver-

folgung gleichzeitig als Hindernis. Unterhalb der

grau gefärbten Lamellendecke befindet sich fernerein Lufttransporteur oberhalb des Beobachters.Auch dieser Transporteur ist als Linienschallquelleim Modell berücksichtigt.Ein weiteres Beispiel für die 3-dimensionale Mo-

dellierung zeigt Abb. 4. Die Lamellendecke konntein einem Teilbereich der Halle nicht auf dieWunschhöhe von 4 m über Hallenfußbodenniveauabgehängt werden. Hier war eine Abhängung auf5 m über Fußbodenniveau aufgrund diverser ande-rer Belange (Besuchergang, Maschinenhöhe) erfor-derlich.

Abb. 2: Übersicht der Produktionshalle mit Teilflächen-Lamellen-Akustikdecke

Abb. 3: Detailansicht von unterhalb der Lamellen-Akustikdecke in die Produktionshalle

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Jahrbuch Prävention 2011

Die beiden in der Nahrungsmittelindustrie wesentlichen akustischen Geräuschemissionswerte (Ma-schinenkennwerte, unabhängig von der Umgebung) sind:

• Schallleistungspegel LWA

Der A-bewertete Schallleistungspegel ist ein Maß für die akustische Quellstärke. Er beschreibt denvon einer Schallquelle, z. B. einer Maschine, insgesamt abgestrahlten Luftschall. Der A-bewerteteSchallleistungspegel ist die wichtigste Kenngröße beim Vergleich gleichartiger Maschinen und diemaßgebende Eingangsgröße bei Prognoseberechnungen.

• Emissionsschalldruckpegel LpA am Arbeitsplatz Der Emissionsschalldruckpegel am Arbeitsplatz ist der Schalldruckpegel, der an dem der Maschinezugeordneten Arbeitsplatz herrschte, wenn ausschließlich der Direktschall dieser Maschine dort ein-wirken würde. Der Emissionsschalldruckpegel ist entweder nach einer maschinenspezifischen Normoder nach einem Verfahren der Normenreihe DIN EN ISO 11200 zu bestimmen. Man benötigt diesenEmissionswert, weil mit dem Schallleistungspegel alleine nicht die Einwirkung am Arbeitsplatz di-rekt neben der Maschine beurteilt werden kann.

Definitionen

Bearbeitungsgrundlagen für detaillierte Lärmprognose

Folgende stichpunktartig aufgelisteten Informa-tionen und Unterlagen sind für die Durchführungeiner Lärmprognose erforderlich:

• Maßstäblicher Hallengrundriss• Angabe der Bauteiloberflächen• Beschreibung des Betriebsablaufs• Angabe der Arbeitsbereiche• Maschinenaufstellungsplan• Angabe der Anlagenleistung• Maschinenkenndaten: Geräuschemissionswerte

Abb. 4: Lamellendecke mit unterschiedlicher Abhanghöhe

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Dienstleistung Beratung zu Präventionsschwerpunkten

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Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie inden Betrieben

Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) verfolgt die Zielsetzung, die Sicherheitund Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu erhalten, zu verbessern und zu fördern. DieUmsetzung in den Betrieben hat begonnen. Die BGN engagiert sich in den Bereichen, die für ihreMitgliedsbetriebe relevant sind.

Gemeinsam handeln – jeder in seiner Verantwor-tung: Diese Leitlinie prägt seit 2008 das deutscheArbeitsschutzsystem. Dazu haben Bund, Länderund Unfallversicherungsträger unter Beteiligungaller wesentlichen Arbeitsschutzakteure, insbeson-dere der Sozialpartner, ein abgestimmtes Konzeptfür die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrate-gie (GDA) mit gemeinsamen Arbeitsschutzzielenund Handlungsfeldern erarbeitet.

Das GDA-Konzept

Das GDA-Konzept will die Zusammenarbeit vonAufsichtsdiensten der Länder und Unfallversiche-rungsträgern transparenter und anwenderfreund-licher machen: Staat und BG führen die Beratungund Überwachung der Betriebe abgestimmt undarbeitsteilig durch und arbeiten auf ein überschau-

bares, praxisgerechtes und in sich konsistentes Vor-schriften- und Regelwerk hin. Für den Zeitraum 2008 bis 2012 sind drei gemein-

same Arbeitsschutzziele vereinbart: 1. Verringerung der Häufigkeit und Schwere vonArbeitsunfällen

2. Verringerung der Häufigkeit und Schwere vonMuskel-Skelett-Erkrankungen

3. Verringerung der Häufigkeit und Schwere vonHauterkrankungen

Die beiden erstgenannten Ziele werden so umge-setzt, dass auch die Verringerung psychischer Fehl-belastungen in die Maßnahmen einbezogen undder Arbeitsschutz in den Unternehmen systema-tisch gefördert wird. Beim dritten Ziel liegen dieSchwerpunkte im Bereich Feuchtarbeit und beimKontakt mit hautschädigenden Stoffen.

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Die GDA-Arbeitsprogramme

Länder und Unfallversicherungsträger haben ver-schiedene Arbeitsprogramme aufgelegt, um dievereinbarten Arbeitsschutzziele zu erfüllen. DieProgramme werden durch Beratung, Öffentlich-keitsarbeit und Aktionen in der betrieblichen Pra-xis umgesetzt. Sie greifen die Bereiche auf, in de-nen überdurchschnittlich viele Arbeitsunfälle undBerufskrankheiten-Verdachtsanzeigen bzw. ar-beitsbedingte Erkrankungen auftreten. Die BGNbeteiligt sich insbesondere an den Arbeitsprogram-men, die für ihre Mitgliedsbetriebe eine besondereRelevanz besitzen (siehe Kasten).Die Umsetzung der Arbeitsprogramme in den Be-

trieben läuft seit Anfang 2010. Mitarbeiter der BGN-Prävention führen spezifische Beratungen und Ak-tionen, z. B. während betrieblicher Arbeitsschutzta-ge, zu diesen Themen durch. Außerdem nutzen sieMessen, Innungstreffen usw., um die Themen zuplatzieren (siehe auch Kasten).Die Kernfrage innerhalb der GDA lautet: Inwie-

weit berücksichtigt der Betrieb die einzelnen Ar-beitsprogrammthemen in der Gefährdungsbeurtei-lung und in der Arbeitsschutzorganisation? An die-se Frage knüpft die Beratung der BGN an und zeigtWege auf, wie die spezifischen Organisations- undArbeitsprozesse verbessert werden können.

Wirksamkeitsprüfung in 2012

Die erste Phase der Umsetzung der Arbeitspro-gramme läuft zunächst bis Ende 2012. Bevor die Ar-beitsschutzziele und Handlungsfelder der GDA fort-geschrieben werden, wird die Wirksamkeit der Um-setzungen der Programme überprüft. Dazu wird2012 zu jedem Arbeitsprogramm ein Evaluations-bericht erstellt. Er soll aufzeigen, ob und wie dieZiele erreicht wurden. Zusätzlich wird übergreifendevaluiert, wie sich die GDA-Programme in ihrer Ge-samtheit auf das Arbeitsschutzsystem und die Si-cherheit und Gesundheit bei der Arbeit auswirken.Die Ergebnisse werden auch die Grundlage für wei-tere Verbesserungen des Zusammenwirkens vonStaat und BG sein.

Die Umsetzung der Programme in den Betrieben läuft seit 2010

• Gesundheitsschutz bei Feuchtarbeiten undTätigkeiten mit hautschädigenden StoffenBeratung der Betriebe, wie sie die Belas-tungen z. B. durch Feuchtarbeit reduzierenkönnen und wie wirksamer Hautschutzund gute Hautpflege aussehen.

• Sicherheit und Gesundheitsschutz bei derZeitarbeitBeratung der Betriebe, die Zeitarbeitneh-mer einsetzen. Sie erhalten hilfreiche Tippszum Überlassungsprozess und was siepraktisch, aber auch rechtlich beachtenmüssen. Die Betriebe erhalten die BG-Infor-mation 5021 „Zeitarbeit nutzen – sicher,gesund und erfolgreich“ mit einer umfas-senden Sammlung an Praxishilfen auf derbeigefügten CD-ROM.

• Sicherheit und Gesundheitsschutz bei ein-seitig belastenden und bewegungsarmenTätigkeiten an Produktionsarbeitsplätzenin der ErnährungsindustrieBeratung zu rückengerechter Arbeitsge-staltung bis hin zu einer umfassenden be-trieblichen Gesundheitsanalyse. Geplantist u. a. ein kostenloser Gesundheitscheckfür die Beschäftigten.

• Sicherheit und Gesundheitsschutz bei ein-seitig belastenden und bewegungsarmenTätigkeiten in der Gastronomie und Hotel-lerie (unter Federführung der BGN)Beratung zu körpergerechten Arbeitsab-läufen, um dadurch das Muskel-Skelett-System zu entlasten, verbunden mit Analy-sen am Arbeitsplatz.

4 GDA-Arbeitsprogramme mit BGN-Beteiligung

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Praxishilfen und Beratung zur Gefährdungsbeurteilung

Das Arbeitsschutzgesetz trat 1997 in Kraft. Damit gibt es für die Betriebe also seit mehr als 14 Jahren die Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung. Aber auch heute gibt es in der betrieb-lichen Praxis immer noch zahlreiche Fragen zur Durchführung und Umsetzung der Gefährdungs-beurteilung. Die BGN unterstützt die Betriebe mit einer Reihe von Praxishilfen und mit Beratung.

Um die grundsätzliche Planung, Durchführungund Dokumentation der Gefährdungsbeurteilunggeht es in der BGN-Arbeits-Sicherheits-Information„Handlungsanleitung Betriebliche Gefährdungsbe-urteilung“ (ASI 10.0). Sie enthält Informationen zuden rechtlichen Grundlagen und zur Zielsetzungvon Gefährdungsbeurteilungen. Wie man bei derErmittlung von Gefährdungen vorgeht, wie bei derFestlegung von Maßnahmen und bei der Prüfungder Wirksamkeit – das wird ausführlich und an-hand von Beispielen beschrieben.

Die ASI 10.0 erklärt auch, wie der Betrieb Gefähr-dungsbeurteilungen als zentrales Instrument zumbetrieblichen Risikomanagement einsetzen kann.Zusätzlich enthalten: Formblätter für die Dokumen-tation der Beurteilung, ein branchenübergreifenderGefährdungskatalog und ein Begriffsglossar. DieASI 10.0 ist ein Grundlagenwerk für alle Betriebs-größen und Branchen.

Dienstleistung Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung

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Jahrbuch Prävention 2011

Branchenspezifische Angebote

Auf bestimmte Branchen bereits zugeschnitteneGefährdungsbeurteilungen enthalten die Arbeits-Sicherheits-Informationen „Check: Arbeitsbedin-gungen im Backbetrieb verbessern“ (ASI 10.2 Ge-fährdungsbeurteilung für handwerkliche Backbe-triebe) bzw. „Check: Arbeitsbedingungen in Hotelsund Gaststätten verbessern“ (ASI 10.12 Gefähr-dungsbeurteilung für mittlere und große Betriebeund ASI 10.12.1 Gefährdungsbeurteilung für Klein-betriebe). Diese BGN-Praxishilfen unterstützen die Betriebe

des Back- bzw. des Gastgewerbes bei der Gefähr-dungsbeurteilung. Für das Gastgewerbe gibt es zu-sätzlich eine speziell auf Kleinbetriebe zugeschnit-tene Fassung. Der jeweilige Check besteht ausChecklisten zu verschiedenen organisatorischenund betrieblichen Bereichen. Darin sind die Gefähr-dungen für die relevanten Arbeitsbereiche und Tä-tigkeiten im Back- bzw. Gastgewerbe bereits identi-fiziert und zusammengestellt. Ergänzt werden siedurch Vorschläge für geeignete Schutzmaßnah-men. Der Unternehmer wählt nur die Checklistender Bereiche aus, die für seinen Betrieb in Fragekommen. Die Checks sind modular aufgebaut undprozessorientiert.Die branchenspezifischen Checks für das Back-

und Gastgewerbe liegen auch in elektronischerForm auf der jährlich aktualisierten BGN-DVD vor.Sie können direkt am Bildschirm bearbeitet, abge-speichert (Ergebnisliste), wieder aufgerufen undweiter bearbeitet werden. Was noch zu tun bleibt,wird in einer Extra-Liste „Noch zu erledigen“ abge-

speichert. Auf diese Weise ist der jeweilige Standder Dinge dokumentiert und jederzeit abrufbar. Da-mit wird insbesondere Kleinbetrieben der Zugangzur Gefährdungsbeurteilung sehr erleichtert.

Spezielle Gefährdungsfaktoren

Weitere BGN-Praxishilfen unterstützen die Be-triebe bei der Beurteilung spezieller Gefährdungs-faktoren wie Explosionsgefährdung und z. B. beider Lastenhandhabung, bei Tätigkeiten mit Gefahr-stoffen, an Büroarbeitsplätzen. Eine Übersicht über die zurzeit verfügbaren

Handlungsanleitungen und Informationen enthältdas Portal www.gefaehrdungsbeurteilung.de.

Vor-Ort-Beratung

Die Betriebe können sich zudem an die Aufsichts-personen und Beratungsassistenten der BGN wen-den, um eine Vor-Ort-Beratung zur Gefährdungsbe-urteilung zu vereinbaren. Kleinbetriebe mit bis zu10 Beschäftigten, die am BGN-Branchenmodell teil-nehmen, können für die kostenfreie Beratung undHilfe zur Gefährdungsbeurteilung vor Ort im Be-trieb auch die Fachleute des für sie zuständigen re-gionalen Kompetenzzentrums der BGN in An-spruch nehmen.

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Arbeits-Sicherheits-Informationen • ASI 10.0 „Handlungsanleitung Betriebliche Gefährdungsbeurteilung“• ASI 10.2 „Check: Arbeitsbedingungen im Backbetrieb verbessern“ (Gefährdungsbeurteilung fürhandwerkliche Backbetriebe)

• ASI 10.8 „Sicherheits-Check für Büroarbeitsplätze“• ASI 10.12 „Check: Arbeitsbedingungen in Hotels und Gaststätten verbessern“ (Gefährdungsbeurtei-lung für mittlere und große Betriebe)

• ASI 10.12.1 „Check: Arbeitsbedingungen in Hotels und Gaststätten verbessern“ (Gefährdungsbeur-teilung für Kleinbetriebe)

Diese und weitere ASIs zur Gefährdungsbeurteilung (PDF) im Internet über Download-Liste unterPunkt 10: www.bgn.de, Shortlink = 531

Praxishilfen in elektronischer Form• Check: Arbeitsbedingungen im Backbetrieb verbessern • Check: Arbeitsbedingungen in Hotels und Gaststätten verbessern• Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung für verschiedene Tätig-keiten und Arbeitsbereiche im Gastgewerbe

• Gefährdungsbeurteilung zur manuellen Lastenhandhabung

Diese Praxishilfen sind auf der BGN-DVD im jeweiligen Branchen-Portal im Bereich „Organisationdes Arbeitsschutzes“, dort Stichwort „Gefährdungsbeurteilung“ enthalten.

Hilfen im Internet• Übersicht über zurzeit verfügbare Handlungsanleitungen: www.gefaehrdungsbeurteilung.de

Beratung durch Fachleute• Ihre zuständigen Aufsichtspersonen und Ihre Beratungsassistenten nachschlagen/erfragen: www.bgn.de, Shortlink = 1122 BGN-DVD im Bereich „Organisation des Arbeitsschutzes“Fon: 0621/4456-3517

• Ihr zuständiges BGN-Kompetenzzentrum nachschlagen/erfragen:www.bgn.de, Shortlink = 383 Fon: 0621/4456-3650

BGN-Praxishilfen im Überblick

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Jahrbuch Prävention 2011

Was muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung beurteilt werden? Zu beurteilen sind die mit der Arbeit für die Beschäftigten verbundenen Gefährdungen, je nach Art

der Tätigkeit. Im Mittelpunkt der Beurteilung stehen also die Mitarbeiter am Arbeitsplatz, nicht dieverwendeten Maschinen, Arbeitsmittel oder Stoffe.Zu beurteilen sind nur die Gefährdungen, die für den jeweiligen Arbeitsplatz oder die jeweilige Tätig-

keit besondere Relevanz haben, nicht aber hypothetische Gefährdungen (z. B. Einsturz der Produktions-halle) oder dem Alltag vergleichbare Risiken (z. B. Stromschlag, weil eben auch mit einem Elektrogerätgearbeitet wird).Die Gefährdungsbeurteilung muss alle voraussehbaren Arbeitsabläufe betrachten. Sie erfasst also

nicht nur den „Normalbetrieb“, sondern auch Störungsbeseitigung, Wartung, Instandhaltung, Reini-gungs- oder Reparaturarbeiten. Gerade bei diesen Tätigkeiten treten oftmals besondere Unfall- undGesundheitsgefahren auf. Wichtig: Die Gefährdungsbeurteilung soll die tatsächlichen Verhältnisse imBetrieb abbilden.

Was ist zu dokumentieren?Zu dokumentieren sind die ermittelten Gefährdungen, die Schutzmaßnahmen und die Umsetzung

der Maßnahmen (d. h. wer macht was (bis) wann?). Die Dokumentation muss sowohl für die betroffe-nen Personen im Betrieb als auch für Externe (Behörden) nachvollziehbar sein. Mit anderen Worten:Die Dokumentation muss Gefährdungssituationen und Maßnahmen ganz konkret benennen.Erforderliche Einzelbeurteilungen z. B. zur Lastenhandhabung, zu Lärm- oder Vibrationsgefährdun-

gen, zur Verwendung gefährlicher Stoffe etc. sind integraler Bestandteil der Gefährdungsbeurteilungnach § 5 und § 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dementsprechend werden die Gefährdungen undSchutzmaßnahmen sinnvollerweise in einem zentralen Dokument zusammengeführt. Mit diesem Do-kument wird der Arbeitsschutz im Betrieb gesteuert und optimiert. Die Gefährdungsbeurteilung istalso gleichzeitig Motor, Lenkung und Navigationssystem im Arbeitsschutz.

Wie ausführlich soll die Dokumentation sein?Grundsätzlich gilt: So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig dokumentieren. Die Forderung nach

Nachvollziehbarkeit und Transparenz schließt simple Ankreuzlisten meist aus. Umgekehrt sind großeStapel von bedrucktem Papier in der Regel kontraproduktiv für eine aktive gelebte Gefährdungsbeur-teilung. Natürlich orientiert sich der Umfang der Dokumentation auch an der Größe des Betriebs(KMU oder Großbetrieb?), an der Zahl der verschiedenartigen Arbeitsplätze sowie an der Komplexitätder Gefährdungssituation.

Häufig gestellte Fragen

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Diabetes-Prävention im Betrieb

Ist die Prävention von Diabetes mellitus ein Thema für die betriebliche Gesundheitsförderung?Das von der BGN initiierte, dreijährige Pilotprojekt „Risikomanagement des Prädiabetes als Maß-nahme der betrieblichen Gesundheitsförderung“ bei Griesson de Beukelaer in Kahla gibt Antwort.

Weltweit nehmen der Diabetes mellitus (Zucker-krankheit) und seine Folgeerkrankungen kontinu-ierlich zu. Ein immer jüngeres Manifestationsalterdieser Erkrankung in Kombination mit einem im-mer höheren Durchschnittsalter der Belegschaftenin den Betrieben stellen auch Arbeitgeber vor neueHerausforderungen. Der effizienteste Weg, diese Er-krankung und ihre Folgen zu vermeiden, ist, schonfrühzeitig mit geeigneten Präventionsmaßnahmenentgegenzuwirken. Arbeitgeber, Betriebsärzte undBerufsgenossenschaften/Krankenkassen könntenhierzu gemeinsam eine Schlüsselrolle einnehmen.Wie das aussehen kann, zeigt das von der BGN ini-tiierte, dreijährige Prädiabetes-Pilotprojekt beiGriesson de Beukelaer in Kahla.

Ziele und Vorgehen

Das im März 2009 gestartete Pilotprojekt führtender Betrieb, eine ortsansässige Krankenkasse unddie BGN gemeinsam durch. Sie formulierten folgen-de Projektziele: • Sensibilisierung der Arbeitnehmer für die Volks-krankheit Diabetes mellitus

• Senkung des Diabetes-Risikos durch Reduktionvon Übergewicht (v. a. des Bauchfettes als Haupt-risikofaktor)

• Verbesserung der allgemeinen Stoffwechsellageund der gesundheitlichen Gesamtsituation

Aufgrund der Kooperation mehrerer Partner ließsich der hohe organisatorische Aufwand realisie-ren. Eine erste Gruppe von 13 Beschäftigten wurdezusammengestellt. Sie alle weisen Risikofaktoren,einen Diabetes mellitus zu entwickeln, auf und sindbereit, sich aktiv mit dem Problem auseinanderzu-setzen. Die Teilnehmer mussten einen finanziellenBeitrag leisten und nach freiwilliger Teilnahmeer-klärung verbindlich teilnehmen. Das Projektdesign orientiert sich am Stufenpro-

gramm des Nationalen Aktionsforums Diabetesmellitus, das einen Präventionskurs über 3 Jahrevorsieht (siehe Abb.).

Die Projektschritte

In Projektschritt 1 wurde das Risiko, in den nächs-ten 10 Jahren an Diabetes zu erkranken, bestimmt.Dazu füllten die Mitarbeiter beim betrieblichen

Dienstleistung Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung

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Gesundheitstag im November 2008 den Fragebo-gen FINDRISK mit nur 8 einfachen Fragen aus (http://diabetes-risiko.de/diabetes-findrisk.html).Mitarbeitern mit einem geringen Risiko (< 4 %) bo-ten die Projektpartner allgemeine Beratungen an.Personen mit einem Risiko zwischen 17 und 33 % lu-den sie zum Projekt ein. Personen mit einem Risiko

BGN-Gesundheitsschutz• Projekt-Organisation und -Koordination• Durchführung medizinischer Tests• Datenerfassung und -auswertung• ernährungswissenschaftliche und psycho-logische Betreuung

Betriebsärztin • Blutentnahmen und eventuelle Konsulta-tionen

Gesundheitsbeauftragter des Betriebes • zeitlich aufwändige Organisation und Ko-ordination: Terminvergabe für Tests, Raum-planung, Erinnerungsdienst, Ansprech-partner für Teilnehmer etc.

Sporttherapeut der Krankenkasse • Bewegungsprogramm

Aufgabenverteilung

von über 50 % überwiesen sie zum Hausarzt, umeine bereits eingetretene manifeste Zuckerkrank-heit auszuschließen. Die 13 an der Interventionsmaßnahme teilneh-

menden Beschäftigten unterzogen sich im Februar2009 einem Eingangstest: Bestimmung allgemei-ner Blutparameter (Glucose, HbA1c, Cholesterindi-

Abb. : Projektschritte in Orientierung an das Stufenprogramm des Nationalen Aktionsforums Diabetes mellitus (NAFDM)

Schritt: 3Sicherung der Nachhaltigkeit

Stabilisierungs-phase• 1 x pro Quartal Bera-tung

• Beibehalten derBewegung

• 1 x pro Jahr Test

Schritt: 1 Risikoerkennung

FINDRISK-Fragebogenmit 8 Fragen; evaluiert

EingangstestKörpergewichtKörperzusammen-setzungTaillenumfangLaborwerteBlutdruckLeistungsfähigkeit

Schritt: 2 Durchführung

Intensivphase (12 Wochen)• 1 x pro Woche Beratung (Themen: Ernährung, Psychologie oder Medizin)

• 2 x pro Woche Bewegung im Betrieb + 1 x pro Woche Bewegung privat

• Test

Erhaltungsphase• 1 x pro Monat Beratung (s. o.)• Beibehalten der Bewegung• Test

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agnostik, Harnsäure), der Körperhöhe und des Kör-pergewichts, des Taillen-/Hüftumfangs und derKörperzusammensetzung mittels bioelektrischerImpedanzanalyse (BIA), außerdem die Erfassungdes Leistungsvermögens mit einem speziellen Fahr-radergometertest. Projektschritt 2 startete im März 2009 zunächst

mit der 12-wöchigen Intensivphase. Einmal pro Wo-che fand eine Gruppenberatung Ernährung, Psy-chologie oder Medizin mit integrierten praktischenEinheiten, wie z. B. Kochkursen und Trainingsein-käufen, statt. Zweimal pro Woche absolvierten die Teilnehmer ein Sportprogramm in Form vonNordic Walking, später Jogging. Im Winter bzw. bei schlechtem Wetter wurde Funktionsgymnastikangeboten. Jeder Teilnehmer verpflichtete sich au-ßerdem, zusätzlich einmal pro Woche privat einesportliche Einheit (60 Minuten) freier Wahl zu ab-solvieren.Der Intensivphase schloss sich die 9-monatige Er-

haltungsphase an. Die Beratungseinheiten fandennur noch einmal pro Monat statt, während die In-tensität der Bewegung beibehalten wurde. Nachder Intensiv- und nach der Erhaltungsphase wur-den alle eingangs ermittelten Parameter jeweilsmit einem Zwischentest erneut erfasst.

Zurzeit durchläuft die Teilnehmergruppe Projekt-schritt 3. Bis März 2012 läuft die zweijährige Stabili-sierungsphase, in der nur noch einmal pro QuartalBeratungen stattfinden. Die Bewegungseinheitensind möglichst weiterhin beizubehalten. Zwischen-tests finden einmal pro Jahr jeweils im März statt.Aufgrund wiederholter Nachfrage im Betrieb

startete im März 2010 ein weiterer Kurs mit 15 Teil-nehmern. Er hat dieselben Programminhalte undläuft bis März 2013.

Ausgewählte Ergebnisse

Die Ergebnisse beider Gruppen fielen nach drei-monatiger Intervention recht unterschiedlich aus.Gewicht, Körperfett, Taille und auch die allgemei-nen Laborparameter wurden bei der ersten Gruppedeutlich stärker positiv beeinflusst. Allerdings be-richten beide Gruppen gleichermaßen von positi-ven Effekten hinsichtlich besserer Ausdauer, Fit-ness, Belastbarkeit und Beweglichkeit.Die Teilnehmer der Gruppe 1 konnten auch nach

einem Jahr Intervention eine stabile durchschnitt-liche Gewichtsabnahme von 5,8 % (p = 0,003) hal-ten. Damit erfüllen sie die Kriterien einer erfolgrei-chen Gewichtsreduktion laut Nationalem Aktions-forum Diabetes mellitus (NAFDM). Den Hauptanteil der Reduktion machte das Kör-

perfett (– 4,3 kg; p = 0,003) aus bei gleichzeitigemMagermassenverlust von 2 kg (p = 0,007). Der Blut-druck der Kursteilnehmer sank innerhalb eines Jah-res im Durchschnitt systolisch um 5,3 mmHg unddiastolisch um 5,7 mmHg. Auch die HbA1c-Konzen-trationen (Blutzuckerlangzeitwert) blieben nach ei-nem Jahr um 2,6 mmol/mol signifikant (p = 0,015)niedriger als zu Beginn der Maßnahme.

Erkenntnisse

Generell zeigt die noch laufende Pilotstudie:• Der Betrieb ist prinzipiell eine mögliche Platt-form für ein präventives Diabetes-Projekt.

• Die Teilnehmer eines präventiven Diabetes-Pro-jekts haben einen gesundheitlichen Benefit undauch organisatorische Vorteile wie z. B. Zeit- undWegeersparnis sowie einen betriebsintern moti-vierenden Gruppeneffekt.

• Entscheidend für den Erfolg einer solchen Maß-

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Jahrbuch Prävention 2011

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richt/2011/ (30. 11. 2010)Kolb, H., Mandrup-Poulsen, T.: The global diabetes epidemic as a consequence of lifestyle-induced low-grade

inflammation. Diabetologia 2010, Jan, 53(1): 10–20Lagerstrøm, D., Froböse, I., Konrad, P., Felten, P.: Ein Zwei- und Vierstufen-Screening am Fahrradergometer; eine

experimentelle Studie. Gesundheitssport & Sporttherapie, 1990 (4): 10–12Lagerstrøm, D., Trunz, E.: IPN-Ausdauertest. Gesundheitssport & Sporttherapie, 1997, 13 (3): 68–71Lindstrom, J., Tuomilehto, J.: The Diabetes Risk Score – A practical tool to predict type 2 diabetes risk. Diabetes

Care, 2003, 26 (3): 725–731Nationales Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM): Leitfaden Prävention Diabetes mellitus Typ 2 –

Ein 3-Schritte-Konzept für Anbieter von Präventionsmaßnahmen.http://195.30.228.47/uploads/media/NAFDM_Leitfaden_Mai2006_02.pdf (14. 12. 2010)Schulze, M. B., Rathmann, W., Giani, G., Joost, H. G.: Diabetesprävalenz – Verlässliche Schätzungen stehen noch

aus – Ein Plädoyer für bessere epidemiologische Daten. Deutsches Ärzteblatt, 2010, 107(36): A 1694–1696Schwarz, P. E. H., Schwarz, J., Schuppenies, A., Bornstein, S. R., Schulze, J.: Development of a diabetes prevention

management program for clinical practiceSchwarz, P. E. H., Ricken, U.: Prävention des Diabetes mellitus und kardiovaskulärer Erkrankungen im betriebli-

chen Setting. Prakt Arb med, 2008, 13: 37–42

nahme sind u. a. die Alters- und BMI-(Body-Mass-Index-)Struktur, die allgemeine gesundheitlicheAusgangslage der einzelnen Teilnehmer, die Kon-tinuität der Teilnahme und ganz wesentlich einehohe Grundmotivation. Diese sollte ein entschei-dendes Zugangskriterium sein.

• Ein gutes Konzept und motivierte Teilnehmer al-lein reichen nicht aus, damit das Projekt erfolg-

Literatur

reich ist. Immens wichtig sind ein engagierterBetrieb und ein gutes Betriebsklima.

• Die Betriebsstruktur muss das Beratungsmodellunterstützen, damit Organisation und Durchfüh-rung möglich werden. Das bedeutet: BetrieblicheGesundheitsförderung muss im betrieblichenManagement prinzipiell einen festen Stellenwertbesitzen.

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Dienstleistung Angebote zur Rückengesundheit

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Die Rückengesundheit ist seit vielen Jahren einThema der betrieblichen Gesundheitsförderung.Dies mag vor allem an der hohen gesellschaftlichenRelevanz von Rückenschmerzen und den damit ein-hergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten und Pro-duktionsausfällen liegen. Versicherungsträger, Un-ternehmer und auch Arbeitnehmer erkennen zu-nehmend die Bedeutung einer wirksamenPrävention und der Erhaltung der Rückengesund-heit. Eine erfolgreiche Prävention hängt dabei we-sentlich von einer ganzheitlichen Betrachtungs-weise und einem systematischen Vorgehen ab. Auch die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutz-

strategie (GDA) misst der Rückengesundheit großeBedeutung zu. So beschäftigen sich gleich mehrereGDA-Arbeitsprogramme mit der Prävention mus-kuloskelettaler Erkrankungen – meist mit Schwer-punkt Rücken.

Interaktive Medien und Gesundheitstage

Das BGN-Internetportal „Aktiv-Rucksack zur Ver-meidung von Rückenbeschwerden“ (www.ruecken-praevention.de) informiert Beschäftigte, Unterneh-mer und Fachkräfte des Gesundheitsschutzes rundum das Thema „Rückengesundheit“. Das Portal ent-hält ein vielseitiges Angebot, welches zum Teil beider Unterweisung von Mitarbeitern eingesetzt wer-den kann: Onlinetests, Rückenquiz, Hörspiele undVideos, Ergonomieposter und Infos zu rücken-freundlichen Sportarten, die Übung des Tages alsVideosequenz zum Mitmachen, Infos zu Präventi-onsangeboten der BGN . Im Bereich Onlinetests gibt es auch ein Berech-

nungsprogramm zur Leitmerkmalmethode, mitdessen Hilfe Unternehmer, Betriebsärzte oder Si-cherheitsfachkräfte eine Gefährdungsbeurteilungfür Tätigkeiten mit manueller Lastenmanipulationdurchführen können.

Beim Rücken gehen wir aufs Ganze

In Sachen Rückengesundheit hat die BGN den Mitgliedsbetrieben viel zu bieten. Die Angebotspa-lette reicht von interaktiven Medien über verschiedene Schulungen und Diagnostik-Angebote bishin zu Therapie-Angeboten wie dem Modellprojekt Rücken. Die Angebote lassen sich einzeln undkombiniert nutzen und können in betriebliches Gesundheitsmanagement eingebunden werden.

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Jahrbuch Prävention 2011

Die BGN unterstützt mit ihren Medien und Ange-boten wie Rückenquiz und Ausgleichs- oder Ergo-nomieübungen ihre Mitgliedsbetriebe auch bei be-trieblichen Gesundheitstagen.

Schulungs-Angebote

Das Aus- und Weiterbildungsangebot der BGNzum Thema Rücken ist vielfältig (www.bgn.de >Qualifizierung). Es umfasst zielgruppenspezifischeSeminare, z. B. für Mitarbeiter, Auszubildende, Be-rufsschullehrer oder betriebliche Multiplikatoren,Schulungen direkt im Betrieb oder in der Schule, so-wie regionale Angebote für das Gast- und Backge-werbe. Der Arbeitskreis „Prävention von Rückenbe-

schwerden“ hat zielgruppenspezifische Seminar-konzepte und Schulungsmaterialien erarbeitet undsie allen Fachreferenten zur Verfügung gestellt. Da-durch wird ein bundesweit einheitliches hohes Ni-veau der Schulungen gewährleistet. Ebenso wichtig ist die Qualifizierung der eigenen

Mitarbeiter, um eine gleichbleibende Qualität derLeistungen sicherzustellen. So schult die BGN z. B.technische Aufsichtspersonen, die „Beratungsassis-tenten Prävention“, die eigenen Ärzte und die fürsie tätigen externen Ärzte. Für die Arbeitsmedizi-ner hat die BGN-Prävention umfangreiche Untersu-chungs- und Beratungshilfen erarbeitet und als CD-ROM „Umgang mit dem UntersuchungsgrundsatzG 46 in BGN-Betrieben“ veröffentlicht. Die Ärztekönnen sie bei der BGN anfordern.

Diagnostik-Angebote

Eine frühzeitige Diagnostik ermöglicht einerechtzeitige Intervention und ist ein wesentlicherMotivationsfaktor für den Betroffenen. Die meistenMenschen sind erst dann bereit, etwas für ihre Ge-sundheit zu tun, wenn ihnen Gefährdungen oderDefizite vor Augen geführt werden oder Konse-quenzen drohen. Im Bereich Diagnostik hat die BGNeiniges zu bieten:• Gesundheits-Check: Die BGN hat im Rahmen derGDA-Arbeitsprogramme einen Gesundheits-Check mit abgestufter Vorgehensweise erarbei-tet. Er wird in diesem Jahr erstmalig in Betriebeneingesetzt. Der Check erfasst die körperlichen,

psychischen und sozialen Aspekte von Rückenbe-schwerden. Wer den Check macht, erhält Rück-meldung zu den Ergebnissen und Präventions-Empfehlungen.

• Mobile Rückendiagnostik: Bereits seit einigen Jah-ren führt die BGN-Prävention die mobile Rücken-diagnostik durch. Getestet werden die Beweglich-keit und Maximalkraft im Bereich des Rumpfes.Die Diagnostik und die damit einhergehende Be-fragung der Teilnehmer ermöglichen eine Ein-schätzung des Funktionszustandes des Rumpfessowie gegebenenfalls gesundheitlicher Ein-schränkungen des Stütz-/Bewegungsapparates

und deren Ursachen. ImErgebnis können Hinwei-se zu deren Vorbeugungoder Verringerung z. B.durch ergonomische Ar-beitstechniken und Trai-ningsempfehlungen ge-geben werden. In Groß-betrieben kommt dasTestgerät in der Regelmehrere Tage hinterei-

nander zum Einsatz. Für Klein- und Kleinstbetrie-be wird die mobile Rückendiagnostik derzeit le-diglich regional in Thüringen und Sachsen ange-boten. Eine bundesweite Ausweitung aufRegionalebene ist in Planung.

• Orthopädische Sprechstunde: Ein weiteres Diag-nostikangebot der BGN ist die orthopädischeSprechstunde im Zentrum für Bewegungsthera-pie in Erfurt. BGN-Versicherte mit Beschwerdendes Stütz-/Bewegungsapparates können sich dorteiner Orthopädin vorstellen. Sie gibt Empfehlun-gen zum Verhalten und zur weiteren Behandlung.Im Einzelfall kann eine Übernahme in das Mo-dellprojekt Rücken (s. u.) erfolgen.

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Bei einer betrieblichen Analyse, z. B. AU-Datenanalyse, Gefährdungsbeurteilung, Arbeitssituations-analyse, wurde festgestellt, dass in einer bestimmten Abteilung oder bei einer speziellen Tätigkeit einehohe Belastung des Rückens oder erhöhte Ausfallzeiten durch Rückenbeschwerden auftreten. Der Be-trieb wird aktiv:

1.Unternehmensleitung, Sicherheitsfachkraft und Betriebsarzt suchen gemeinsam mit den Mitarbei-tern nach einer technischen oder organisatorischen Lösung, mit der sie die Gefährdung verringernkönnen. BGN-Experten können sie dabei beraten oder mit speziellen Erhebungsmethoden wie dermuskulären Beanspruchungsanalyse unterstützen.

2.Das Thema Rückengesundheit wird beim nächsten betrieblichen Gesundheitstag in Form von Rückenquiz, Ausgleichsübungen und Hebe-Parcours aufgegriffen.

3.Alle interessierten Mitarbeiter können an der mobilen Rückendiagnostik und/oder einem Rücken-Seminar teilnehmen.

4. Parallel wird in jeder Abteilung ein Mitarbeiter als Rücken-Multiplikator ausgebildet, der Ansprech-partner der Kollegen bei Fragen rund um das Thema Rücken ist.

5. In Zusammenarbeit mit einer gesetzlichen Krankenkasse bietet die BGN im Betrieb zeitnah Rücken-kurse an, die auf den Arbeitsplatz abgestimmt sind. Alternativ wird der Unternehmer darin bestärkt,für Mitarbeiter Sonderkonditionen bei einem Kooperationspartner (z. B. Fitnessstudio) zu vereinba-ren.

6.Besonders beanspruchten Mitarbeitern wird eine Vorsorgeuntersuchung (nach G 46) beim Betriebs-arzt angeboten. Mitarbeiter mit bandscheibenbedingten Erkrankungen können am BGN-Modellpro-jekt Rücken teilnehmen.

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11 Therapie-Angebot: Modellprojekt Rücken

BGN-Versicherte mit bandscheibenbedingten Er-krankungen, bei denen durch einfache Interventi-onsmaßnahmen keine ausreichende Belastbarkeitfür den Arbeitsplatz erreicht werden kann, könnenan einer mehrwöchigen, interdisziplinären Thera-pie teilnehmen. Mit dieser Maßnahme soll die Leis-tungsfähigkeit wiederhergestellt und/oder erhal-ten werden, damit der Versicherte in seinem Tätig-keitsbereich bleiben kann.Der Therapie sind eine 3-tägige Eingangsdiag-

nostik und die Prüfung medizinischer, arbeitstech-nischer und motivationaler Eingangskriterien vor-geschaltet. Danach durchlaufen die Teilnehmer ein5-wöchiges, intensives Therapieprogramm mit Be-zug zur beruflichen Tätigkeit. Es umfasst Maßnah-men aus den Bereichen Physio-, Ergo-/Arbeits- undSporttherapie, die gegebenenfalls durch eine psy-chologische Betreuung und Ernährungsberatungergänzt werden. Nach Abschluss der Therapie wer-

Beispiel: Ganzheitliche betriebliche Rückenprävention

den die Teilnehmer in ein Nachsorgeprogramm mitregelmäßigen Telefonkontakten und bei Bedarf Re-fresher-Maßnahmen aufgenommen.

Einbindung in betriebliches Gesundheitsmanagement

Alle BGN-Angebote zur Rückengesundheit kön-nen als Einzelmaßnahmen in den Mitgliedsbetrie-ben durchgeführt werden. Jedoch entfalten sie ihrevolle Wirkung erst, wenn sie zielgerichtet und sys-tematisch zum Einsatz kommen – im Idealfall imRahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanage-ments (BGM). Nachfolgendes Beispiel veranschaulicht einen

sinnvollen Einsatz der Maßnahmen, wodurch dieProblematik in der Gesamtheit angegangen wird.Die Maßnahmen setzen auf unterschiedlichen Ebe-nen, nämlich individuell und allgemein, verhältnis-und verhaltenspräventiv an.

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Erkenntisse

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Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatzsind heute so weit entwickelt, dass in vielen Bereichenweiterer Fortschritt nur noch durch wissenschaftlicheForschung möglich ist. Auch ist das Niveau der Frage-stellungen mittlerweile so hoch, dass Lösungsmög-lichkeiten zum Teil nur noch durch komplexe Unter-suchungen zu finden sind. Deshalb forscht die BGN.

Charakteristisch für alle unsere Untersuchungen undForschungsprojekte ist der Praxisbezug. Untersuchtwird dann, wenn im Betriebsalltag ein Problem aufge-treten ist. Der Anlass unserer Forschung ist also im-mer konkret. Das Ziel ist stets, die Arbeit in den Betrie-ben präventiv und damit menschengerecht und wirt-schaftlich zu gestalten.

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Erkenntnisse zur Selbstentzündung fettverschmutzter Textilien

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2004 wandte sich ein Hotelier an die BGN-Prä-vention und bat um Hilfe: In der Wäscherei seinesHotels hatte es innerhalb von zwei Wochen zwei-mal gebrannt. Was die Brände verursacht hatte, warunklar. In 18 weiteren Fällen gab es Brände in Wä-schereien und Wäschelagern, zum Teil mit Perso-nenschäden und mit erheblichen Sachschäden miteiner Schadenssumme von weit über 3 Mio. EUR.Wie kam es zu diesen Bränden? Die BGN hat es he-rausgefunden.

Handtücher und Wischmopps entzünden sich selbst

22 Brände in Wäschereien oder Wäschelagern innerhalb von 7 Jahren. Weder technische Ursachennoch Brandstiftung waren dafür verantwortlich, sondern Wäsche, die sich selbst entzündet hat.Die BGN hat sich mit diesem Phänomen eingehend befasst.

Handtücher, Putzlappen, Wischmopps mit Fettrückständen

Bei diesen Bränden handelt es sich um Textil-brände durch Selbstentzündung von Wäschesta-peln oder von Wäsche im Trockner. Verantwortlichfür die Selbstentzündung sind Rückstände unge-sättigter Fettsäuren in den gewaschenen Textilien. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es zur

Selbsterwärmung bis hin zur Selbstentzündungdieser mit Fettrückständen behafteten Textilienkommen, wenn direkt nach dem Trocknen imTrockner bzw. nach dem Heißmangeln die nochwarmen Wäschestücke übereinander gestapeltoder verpackt werden. Wohl gemerkt: Die Selbst-entzündung fand statt, nachdem die Wäsche in derWaschmaschine gewaschen worden war. Die ge-stapelte Wäsche entzündete sich Stunden nachdem Trocknen bzw. Heißmangeln.Die für die Selbstentzündung verantwortlichen

Fettrückstände in der Wäsche wurden gefunden in • Textilien, mit denen Abzugshauben, Pfannen undFritteusen gereinigt wurden,

• Handtüchern und Textilien, die im Wellnessbe-reich mit Massageöl (z. B. Sesamöl) verschmutztwurden,

• Wischmopps, die in fettverschmutzten Bereicheneingesetzt wurden.

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Brandbegünstigend: mehrfach ungesättigte Fettsäuren

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren können einenBrand verursachen, wenn sie in Berührung mit organischem Material kommen und auf weiterebegünstigende Faktoren treffen. Bereits ein durch-tränkter Baumwollputzlappen in der Küche reichtaus, um eine chemische Reaktion zwischen un-gesättigter Fettsäure und dem Luftsauerstoff aus-zulösen. Ein hoher Gehalt an mehrfach ungesättig-ten Fettsäuren ist u. a. in Soja-, Raps-, Leinsaat-, Sa-flor-, Sonnenblumen-, Mohn-, Sesam-, Distel-, Wal-nuss-, Lein- und Getreidekeimöl enthalten.

Großbrand in einerWäscherei mit über700.000 EUR Sach-

schaden, und wiederist die Brandursacheeindeutig: Gestapel-

te Wäsche hat sichselbst entzündet.

Fett- bzw. ölverschmutzte Wäsche aus dem Wellness- und Küchenbereich von Hotelbetrieben wurdegewaschen und im Trockner getrocknet. Anschließend wurde die noch warme Wäsche in Rollcontai-nern gestapelt und abgestellt. In der Nacht kam es durch die Stauwärme in Verbindung mit Rückstän-den ungesättigter Fettsäuren in der Wäsche zur Selbstentzündung mit fatalen Brandfolgen.

Das Phänomen der Selbstentzündung fettverschmutzter Textilien ist mittlerweile in Wäschereienbekannt. Das Problem ist, dass das Wäschereipersonal bei Anlieferung der Wäsche in der Regel nichtüber mögliche Fettbelastungen der Wäsche informiert wird und die Transportbehältnisse häufigMischwäsche enthalten.

Eine Vorsortierung der Hotelwäsche bereits beim und durch den Kunden würde der Brandgefahrentgegenwirken und wäre zur gezielten und speziellen Behandlung der Wäsche äußerst hilfreich.

Brennende Hotelwäsche vernichtet Wäscherei

Die BGN hat Präventionsmaßnahmen in derFachinformation „Vermeidung von Textilbrändendurch Selbstentzündung fettverschmutzter Texti-lien“ zusammengestellt. Die Fachinformation ent-hält u. a.:• Grundregeln für die Vermeidung von Textilbrän-den durch Selbstentzündung

• Betriebsanweisung „Vermeidung von Selbstent-zündung fettverschmutzter Textilien in der Wä-scherei und dem Wäschelager“

• Empfohlene Adressen von Waschmittelherstel-lern

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Erkenntnisse zu Gärgutträger-Tüchern mit Antihaftbeschichtung

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Antihaft: eine differenzierte Betrachtung

Gärgutträger-Tücher, die bei der Teigaufbereitung in der Backstube zum Einsatz kommen, gibt esheute auch mit Antihaftbeschichtung. Ihre Hersteller bescheinigen ihnen verschiedene vorteilhaf-te Eigenschaften. Die BGN-Prävention hat die Antihaft-Tücher verschiedenen Untersuchungen un-terzogen. Nachfolgend die Ergebnisse im Einzelnen.

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Jahrbuch Prävention 2011

Mit antihaftbeschichteten textilen Gärgutträger-Tüchern lässt sich bei der Teigaufarbeitung in derBackstube das Entstehen von Mehlstaub reduzie-ren. Der Bäcker braucht nämlich kein Mehl alsTrennmittel zwischen Gärgutträger-Tuch und Teig-ling mehr. Aufgrund der speziellen Oberflächenbe-schaffenheit der Tücher lösen sich sogar weiche,klebrige Teiglinge leicht ab. Diese Eigenschaft ha-ben zahlreiche Tests in der Praxis bestätigt. Außerdem: Die antihaftbeschichteten Tücher

müssen gegebenenfalls nicht so oft wie konventio-nelle Baumwoll-Tücher gereinigt werden, weil we-niger Mehlkomponenten und Teigreste haften blei-ben.

Pilzwachstumshemmende Wirkung nicht nachgewiesen

Nicht bestätigt haben dagegen die BGN-Tests dieantifungale Wirkung der antihaftbeschichteten Tü-cher. Danach sollen die in der Oberflächenbeschich-tung enthaltenen Silber-Salze das Wachstum vonSchimmelpilzen hemmen oder sogar verhindern. Vielmehr bleiben trotz Antihaftbeschichtung im-

mer noch Teigreste und Mehlkomponenten auf denTüchern kleben – auch wenn mit bloßem Augenichts zu sehen ist. Unter dem Rasterelektronenmi-kroskop zeigt sich somit: Mehlpartikeln wie Stärke-körner und Fragmente der Kleberproteinmatrix so-wie Teigreste lagern sich sowohl auf der Oberfläche

der Tücher, als auch im Inneren des Gewebes bzw.zwischen und auf den einzelnen Fasern ab. Indem die Tücher immer wieder mit Teiglingen

belegt werden, werden auch immer wieder Teigres-te und Mehlbestandteile in das Gewebe gedrücktund dort verdichtet (Abb. 1). Der Effekt: Mit der Zeit werden die Faserzwi-

schenräume ausgefüllt und einzelne Fasern mitMehlkomponenten und Teigresten ummantelt(Abb. 1). Somit ergeben sich allein aufgrund der Ge-webestruktur zahlreiche Ab- und Anlagerungs-möglichkeiten, die einen idealen Nährboden fürSchimmelpilze und Bakterien bilden.Die Werbung verspricht, dass sich diese Ablage-

rungen ohne weiteres mit Wasser abspülen lassen.Das ist nicht der Fall, wie die rasterelektronenmi-kroskopischen Untersuchungen der BGN-Präventi-on zeigen. Und selbst mit mehreren Waschvorgän-gen lassen sich aufgrund der Gewebestruktur mitden kreuz und quer verlaufenden und verschlunge-nen Fasern nicht alle Mehl- und Teigkomponentenentfernen.

Gewebestruktur verhindert Wirkung der Silber-Salze

Nicht die gewünschte Wirkung zeigen zudem dieder Appreturflotte bzw. Beschichtungsmatrix hin-zugefügten Silber-Salze. Sie sollen durch Freisetzenvon Silber-Ionen das Wachstum der Schimmelpilze

Abb. 1

Teig

Teig

Stärkekörner

Teigreste

Teig

St

TTeigreste

Schimmelpilz

T

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und Bakterien hemmen. Die Silber-Salze sind hierin kristalliner Form und nicht als „Nano-Silber“ inder Beschichtungsmatrix gebunden. Eine gleichmäßige Verteilung einer geringen

Menge Silber-Salze auf und in dem Gewebe, umeine effektive antimikrobielle Wirkung zu erzeu-gen, ist aufgrund der stark dreidimensional ausge-prägten Gewebestruktur nicht gegeben. SobaldStockflecken (Schimmelpilzgeflecht) sichtbar sind,ist auch bei antihaftbeschichteten Gärgutträger-Tüchern keine wirksame Reinigung, weder durchKochen noch mit Desinfektionsmitteln, mehr mög-lich (Abb. 2). Wenn die textilen Gärgutträger-Tücher hygie-

nisch einwandfrei bleiben sollen, müssen sie – egalob antihaftbeschichtete Tücher oder konventionel-le Tücher – regelmäßig und vor allem rechtzeitig,noch bevor Verschmutzungen mit bloßem Auge zusehen sind, gewaschen bzw. gereinigt, sachgerechtgetrocknet und vor allem auch sachgemäß gela-gert werden.

Kein Nano

Bei den im Beschichtungsfilm der Antihaft-Gär-gutträger-Tücher gebundenen Struktur gebendenPartikeln handelt es sich nicht um bedenkliche Na-nopartikeln (= in allen drei Dimensionen kleinerals 100 nm). Die Partikeln haben einen Durchmes-ser von etwa 200 bis 500 nm und bilden Mikro-

strukturen auf den Fasern. Sie erzeugen den Ab-perleffekt des Tuches.Die Silber-Ausrüstung des Gewebes basiert auf

Silber-Salzen wie Silber-Chlorid-Kristallen undnicht auf nanoskaligem Silber, dem so genanntenNano-Silber. Es ist also nicht überall „nano“ enthal-ten, wo damit geworben wird. Auf Gärgutträger-Tüchern wäre es auch nicht zu

begrüßen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung(BfR) empfiehlt den Herstellern, auf den Einsatz vonnanoskaligem Silber in verbrauchernahen Produk-ten wie Lebensmitteln, Textilien und Kosmetika zuverzichten. Denn zurzeit können mögliche gesund-heitliche Risiken für den Verbraucher noch nichtabschließend bewertet werden. Außerdem: Die Verwendung von Silber oder na-

noskaligem Silber als Oberflächenbiozid ist ver-zichtbar, weil damit kein über die üblichen Hygie-nemaßnahmen hinausgehender Nutzen erzieltwird. Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass ent-sprechend der Bedarfsgegenständeverordnung(BedGgstV) generell von keinem Produkt eine Ge-fahr für den Nutzer ausgehen darf.

Keine extrem hohe Scheuerbeständigkeit

Nicht bestätigt werden konnten die „extrem hoheScheuerbeständigkeit“ der Tücher bzw. die Aussa-ge, dass „keine Abnutzung durch intensiven Ge-

Abb. 2Teigrest

Schimmelpilzgeflecht

SchimmelpilzgeflechtSchimmelpilzgeflecht

Schimmelpilzgeflecht

Schimmelpilzsporen

Stärkekorn

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brauch oder häufiges Waschen“ auftritt. Die Be-schichtungsmatrix löst sich mit der Zeit bzw. nachentsprechender Beanspruchung der Tücher von denFasern ab. Und auch die Fasern selbst sind teilweisezusätzlich verschlissen bzw. zerfranst und in ihreMikrofibrillen aufgedröselt (Abb. 3). Bei jedem erneuten Gebrauch des Tuches bleiben

Pilzsporen, Bakterien, Mehlkomponenten und Teig-reste selbst auf der äußersten Oberfläche der Fa-sern noch besser haften. Sie bieten Anlagerungs-möglichkeiten für weitere Partikeln. Das zeigen dierasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen derBGN-Prävention.Die Aussagen über die Hemmung des Schimmel-

pilzwachstums, die bakteriostatische Wirkungdurch Silber-Salze sowie über die schmutzabwei-senden Eigenschaften und die extrem hohe Scheu-erbeständigkeit des Gewebes treffen sicherlich eherauf Bekleidungs- und Haushaltstextilien zu – nicht

Abb. 3

Noppenstruktur einer Kunststoff-Kippdiele

verschlissene Fasern abplatzende Beschichtung

aufgedröselte Faser

abplatzende Oberflächen-beschichtung

jedoch auf die in den Bäckereien verwendeten tex-tilen Gärgutträger-Tücher. Diese werden wesent-lich stärker beansprucht und verschmutzt, so dassfür deren Nutzung andere Voraussetzungen gelten.

Gute Alternative: Kunststoff-Kippdielen

Eine unter hygienischen Gesichtspunkten besse-re Alternative zu den textilen Gärgutträger-Tüchernsind Kunststoff-Kippdielen mit einer feinen Nop-penstruktur (Mikrosäulen-Raster). Sie haben einegeschlossene, durchgehend glatte Oberflächenbe-schaffenheit ohne unzugängliche Ablagerungs-möglichkeiten für Mehlpartikeln und Teigreste. DieKunststoffdielen lassen sich deshalb wesentlicheinfacher und vor allem auch gründlicher reinigen,z. B. in der Spülmaschine.

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Erkenntnisse über Ausstattung und Handling von Aseptikanlagen

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Die Problemstellung

Je nach Verfahren wird 35- bis 40%iges Wasser-stoffperoxid oder ein wässriges Gemisch aus Peres-sigsäure und Wasserstoffperoxid (zwischen 300und 3.200 ppm) zur Entkeimung der Abfüllanlageund des Verpackungsmaterials eingesetzt. Da dieAbfüllmaschinen mit Überdruck gefahren werden,können Desinfektionsmitteldämpfe und -aerosolein den Arbeitsbereich der Beschäftigten dringen.Die Mitarbeiter klagen dann häufig über Beschwer-den wie Augen-, Nasen- und Rachenschleimhaut-reizungen. Bei Tätigkeiten mit peressigsäurehalti-gen Desinfektionsmitteln fällt der typisch essig-säureähnliche Geruch auf.

Verbraucherinteressen haben die Produktpaletteder Getränkewirtschaft verändert und auch diePET-Flasche vorangebracht. Der Wunsch der Konsu-menten nach mikrobiologisch-sensiblen Produktensteigt. Dazu gehören z. B. Sportgetränke, Milch-misch- und teehaltige Getränke, Gemüsesäfte, koh-lensäurearme Produkte, die frei von Konservie-rungsstoffen sind und eine möglichst lange Halt-barkeit aufweisen. Diese Marktentwicklung hat zuVeränderungen in der Getränkeabfülltechnik ge-führt. Die Betriebe setzen abhängig von Produkt-und Verpackungsart die kaltaseptische Abfüllung,die Nass- und Trockenentkeimung, ein.

Lösungen zur Minderung der Gefahrstoffbelastung

Bei der aseptischen Abfüllung von Getränken kann es aufgrund von Emissionen von Peressigsäureund Wasserstoffperoxid zu gesundheitlichen Belastungen der Mitarbeiter kommen. Die BGN hatmögliche Schwachstellen an den Anlagen und im Handling identifiziert und Lösungen erarbeitet.

Bild 1: Ungenügende

Absaugung

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Jahrbuch Prävention 2011

Schwachstellen und Lösungen

Die Messstelle Gefahrstoffe der BGN hat ein Ver-fahren entwickelt, bei dem Peressigsäure und Was-serstoffperoxid gleichzeitig in der Luft nachgewie-sen werden können. Damit konnten in den letztenJahren im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungdie inhalativen Gefährdungen quantifiziert undSchwachstellen identifiziert werden:

Schwachstelle 1: Gasförmige und aerosolartigeGefahrstoffe treten bei der aseptischen Abfüllungim Injektor, Sterilisator und Rinser auf. Bedingtdurch den herrschenden Überdruck gelangen dieGefahrstoffemissionen aufgrund fehlender und un-zureichender lokaler Absaugungen aus den Anla-gen in den Arbeitsbereich. Bei fehlender, unzurei-chender raumlufttechnischer Anlage (Bild 1) brei-ten sie sich in der Produktionshalle aus.

Lösungen: Abhilfe können folgende technischeMaßnahmen schaffen:• Tunnelung und lokale Absaugung am Flaschen-ein- und -auslaufband (Bild 2)

• Abdichten offener Anlagenteile z. B. durch Kunst-stoff- und Gummiummantelungen (Bild 3)

• optimierte raumlufttechnische Anlagen (Bild 4),z. B. verlängerte Absaugrohre direkt oberhalb derAnlage oder eine geeignete Zuluftführung

Beide Desinfektionsmittel, Peressigsäureund Wasserstoffperoxid, weisen ähnlicheReizwirkungen auf. Arbeitsschutzrechtlichgibt es zurzeit für beide Peroxide keine gülti-gen Arbeitsplatzgrenzwerte.

Aus toxikologischen Studien ist bekannt,dass Peressigsäure (PES) bereits ab einer Luft-konzentration von 0,5 mg/m3 auch bei kurz-zeitiger Belastung gesundheitliche Be-schwerden bei Mitarbeitern hervorrufenkann. Aus eigenen Erfahrungen wird eineLuftkonzentration ab 1 mg/m3 als äußerstbelastend empfunden. Ab Konzentrationenvon 1,6 mg/m3 sind in der Literatur irreversi-ble Irritationen beschrieben.

Für Wasserstoffperoxid diskutiert der Un-terausschuss III des Ausschusses für Gefahr-stoffe einen Arbeitsplatzgrenzwert. DieDeutsche Forschungsgesellschaft hat ihnaufgrund der Erfahrungen am Menschen auf0,71 mg/m3 festgelegt. Er kann gemäß TRGS402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefähr-dungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen:Inhalative Exposition“ nach entsprechendfachkundiger Bewertung zur Beurteilung vonArbeitsplätzen herangezogen werden.

Arbeitsplatzgrenzwerte, Messverfahren

Bild 2: Flaschenauslaufband

Bild 3: Abgedichtete Anlagenteile

Bild 4: Optimierte Absaugung

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11 Schwachstelle 2: die offene Anwendung und Des-infizieren des Auslaufbandes im Arbeitsbereich.

Lösung: Solche Vorgehen sind zu vermeiden. DieFreisetzung peroxidhaltiger Aerosole in die Hallewird vermieden, wenn man den Sprühvorgang inden Sterilbereich der Anlage verlegt und das Spül-wasser sammelt und gezielt ableitet.

Schwachstelle 3: Durch Materialunverträglichkeitkönnen größere Mengen Desinfektionsmittel aus-treten und sich im Arbeitsbereich großflächig ver-teilen.

Wirksame Maßnahmen sind: regelmäßige War-tungen durchführen, geeignetes Dichtungsmateri-al vorhalten, das Dichtungsmaterial frühzeitig aus-tauschen, an Verschlussdesinfektionsbädern dichtschließende Metalldeckel verwenden anstattKunststoffabdeckungen. Die Betreiber sollten zu-dem von den Maschinenherstellern wartungs-freundliche Bauteile fordern.

Schwachstelle 4: Bei der Nassentkeimung falleninsbesondere während der Außendesinfektion derAnlage (Sprühdesinfektion) große Mengen desin-fektionsmittelhaltiges Brauchwasser an.

Lösungen: Eine großflächige Verteilung des Des-infektionsmittels auf dem Hallenboden kann ver-mieden werden durch geschlossene Abführungs-leitungen für überschüssiges Desinfektionsmittelaus dem Vorratsbehälter in den Gully und durchfest installierte Zuleitungen (Bild 5 und 6). DieseMaßnahmen verringern deutlich die Gefahrstoff-emission im Arbeitsbereich der Mitarbeiter.

Schwachstelle 5: Der Einsatz hoher Desinfektions-mittelkonzentrationen erhöht die Gefahrstoffbe-lastung im Raum.

Lösungen: Die Optimierung der Desinfektions-mittelkonzentration in Abhängigkeit vom Produktkann die Gefahrstoffbelastung in der Luft deutlichverbessern. Insbesondere bei rückgeführtem Desin-fektionsmittel sollte die Konzentration beider Per-oxide kontrolliert und optimiert werden, da sichdurch den Abbau der Peressigsäure hohe Wasser-stoffperoxidkonzentrationen bis zu einem vierfa-chen Gehalt der Originallösung einstellen. Die Be-grenzung der Wasserstoffperoxidkonzentration beider Trockenentkeimung auf maximal 40 % verhin-dert zudem die Explosionsgefahr.

Bild 5: Ungenügender Bodenablauf

Bild 6: Optimierter Bodenablauf

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Jahrbuch Prävention 2011

Schwachstelle 6: Insbesondere bei Störungsbehe-bungen sowohl im Aseptik- und Reinraum als auchan der Verschlussdesinfektion sind die Beschäftig-ten sehr hohen Gefahrstoffkonzentrationen ausge-setzt.

Lösungen:• Durch konstruktive Veränderungen wie z. B. dieOptimierung der Eingriffsmöglichkeiten von au-ßen über „glove boxes“ zur Beseitigung von Ver-packungsmaterial können Störungsbehebungen,die das Öffnen in den Aseptikbereich nötig ma-chen, minimiert werden.

• Reinräume, die den Aseptikbereich umgeben unddie die Mitarbeiter während des Produktionsbe-triebs zu Kontrollzwecken möglicherweise aufsu-chen, sind technisch abzusaugen.

• Durch lokale Absaugungen an Verschlussdesin-fektionsbädern, die mit geringem Überdruck be-trieben werden, können die Gefahrstoffemissio-nen auch bei kurzzeitigem Öffnen des Deckelszur Störungsbehebung um Faktor 10 reduziertwerden. Die PES-Konzentration nach Umsetzungder technischen Maßnahme liegt unter der Be-stimmungsgrenze des Messverfahrens (BG 0,3 mg/m3).

• Das Zuschalten der vorhandenen Absaugung amKappensterilisator mit Trockenentkeimung istzwingend erforderlich. Bevor die Tür zur Stö-rungsbehebung geöffnet wird, ist die peroxidhal-tige Luft abzusaugen, um den Mitarbeiter vor ho-her Gefahrstoffexposition zu schützen. DieseMaßnahme ist erforderlich, auch wenn dadurchdie Produktion, die Abfüllung, zum Stillstandkommt.

• Da vor der Störungsbeseitigung im Aseptikbe-reich auch eine zeitliche Verriegelung der Anlage(Zuhaltung) als Maßnahme nicht ausreicht, diePeroxidkonzentration während dieser Wartezeitausreichend abzubauen, müssen die Mitarbeiterfür diese Tätigkeit geeignete persönliche Schutz-ausrüstung tragen. Kurzzeitig sind die Mitarbei-ter ansonsten Konzentrationen weit über1 mg/m3 ausgesetzt.

Durch technische Lösungen, die insbesondereschon bei der Planung und Neuanschaffung asepti-scher Anlagen zu berücksichtigen sind, kann dieGefahrstoffproblematik deutlich verbessert wer-den. Im Einzelfall, z. B. bei der Störungsbeseitigungim Aseptikbereich der Anlage, ist geeignete per-sönliche Schutzausrüstung zu tragen. Für Betreiberaseptischer Anlagen bietet die BGN ein Fachsemi-nar zu diesem Thema an.

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Erkenntnisse zum Explosionsrisiko in Brennereien

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Ethanol-Dämpfe treffen auf Zündquelle

Nicht kondensierte Ethanol-Dämpfe gelangen ungehindert in den Aufstellungsraum der Destilla-tionsanlage und treffen dort auf eine Zündquelle: Ein solches Szenario hat 2005 in einer Brennereiund vermutlich auch 2010 in einer weiteren eine schwere Explosion ausgelöst. Dazu konnte eskommen, weil zuvor das Kühlsystem aufgrund eines technischen Defekts versagt hatte. Das könnte künftig durch sicherheitstechnische Lösungen verhindert werden.

Bild 1: Komplett zerstörter Destillationsraum – hinten links der verkohlte Kühler

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In Deutschland stellen heute rund 300 Brenne-reien Getreidebranntwein her. Weitere 500 Betrie-be erzeugen Destillate aus Kartoffeln und über30.000 Obstbrennereien verarbeiten Früchte allerArt zu Bränden und Geisten. Unabhängig vom Roh-stoff sind die durch Gärung und Brennen erzeug-ten Destillate und entzündlichen Alkohol/Wasser-Mischungen sowie ihre Dämpfe brennbar. Die beider Verarbeitung und Lagerung entstehendenDämpfe können in Abhängigkeit von der Konzen-tration und der Temperatur der Mischungen explo-sionsfähige Gas/Luft-Gemische bilden. Getreide als stärkehaltiger Rohstoff enthält Ab-

riebstaub. Bei der Trockenvermahlung zur Herstel-lung der Maische entsteht zusätzlicher Staub. DieseStäube sind ebenfalls brennbar und können explo-sionsfähige Staub/Luft-Gemische bilden. WeitereStoffe in Brennereien, die explosionsfähige Gemi-sche erzeugen können, sind gegebenenfalls Erd-oder Flüssiggas, das neben Öl und vor allem Holzzum Befeuern der Brennblasen eingesetzt wird.

Wie explosionsgefährlich sind Ethanol-Dämpfe?

Obwohl in Brennereien das Auftreten explosions-fähiger Atmosphäre weit verbreitet ist, sind Explo-sionen eher selten. Häufiger treten Brände auf, ins-besondere beim versehentlichen Kontakt hochpro-zentiger Alkohol/Wasser-Gemische mit denoffenen Befeuerungen.2009 führten Mitarbeiter des BGN-Zentrallabors

umfangreiche Messungen von Ethanol-Dämpfen*durch. Die Messungen fanden in Brennereien, Spi-rituosenbetrieben und weiteren Betrieben, in de-nen Ethanol (EtOH) offen z. B. zur Desinfektion ein-gesetzt wird, statt. Diese Messungen zeigten ein-deutig: Bei Raumtemperatur entwickeln sich ausAlkohol/Wasser-Gemischen nur recht langsam ex-plosionsfähige Dampf/Luft-Gemische im Nahbe-reich der Flüssigkeitsoberfläche. Außerdem werden die Dampf/Luft-Gemische bei

offener Verarbeitung durch natürliche Luftbewe-gungen rasch unter die untere Explosionsgrenze(UEG) verdünnt. Lediglich in geschlossenen Gefä-

ßen ohne Luftaustausch wie Tanks, Vorlagegefäßeoder RIBCs finden sich ausgedehntere Volumina anexplosionsfähiger Atmosphäre. Dort sind im Allge-meinen jedoch keine wirksamen Zündquellen vor-handen.Innerhalb der Destillationsanlagen selbst sind

die Gemische im laufenden Betrieb „zu fett“. DerEthanolgehalt liegt also oberhalb der oberen Explo-sionsgrenze (OEG). Damit liegt auch hier keine ex-plosionsfähige Atmosphäre vor – ausgenommensind An- und Abfahrvorgänge, wo die Ex-Bereiche„durchfahren“ werden.

2005 und 2010: Explosionen zerstören Brennereien

Aus den eher seltenen, möglicherweise wenig be-kannten Explosionsereignissen den verbreitetenSchluss zu ziehen, Brenn- und Destillationsverfah-ren seien inhärent sichere Technologien ohne Risi-ken und Gefahren, erweist sich allerdings als Irr-tum. Das zeigen zwei schwere Explosionen vomMai 2005 und November 2010 (Bild 1).Auffällig bei beiden Ereignissen ist der nahezu

identische zeitliche Ablauf. Auch weitere unfallre-levante Parameter waren zumindest ähnlich, sodass hier möglicherweise bereits ein Muster er-kennbar ist, das entsprechende präventive Maß-nahmen nahelegt.In beiden Fällen war in den Brennblasen ein be-

reits hochprozentiges Alkohol-Gemisch vorgelegtund nicht etwa eine Obstmaische mit Alkoholge-halten von üblicherweise etwa nur 10 % Ethanol(fruchtabhängig zwischen ca. 2 bis 15 Vol.-%). Im ei-nen Fall handelte es sich um den „zweiten Brand“mit einem Alkoholgehalt von ca. 35 Vol.-% in derVorlage. Im anderen Fall wurde ein Himbeergeistmit einem EtOH-Anteil von bereits 60 Vol.-% in derBrennblase erzeugt.Die Destillationsanlagen wurden jeweils mor-

gens gegen 6 Uhr in Betrieb genommen. Die Betrei-ber gingen dann wieder in die angrenzendenWohnbereiche zurück. Dadurch blieben die Fehl-funktionen an den Anlagen wegen fehlender Auf-sicht unbemerkt. Andererseits kam bei den kurz

* Die Ergebnisse der EtOH-Messungen sind u. a. im „Praxisleitfaden zur Erstellung eines Explosionsschutzdokumentesfür Brennereien und Spirituosenbetriebe“ nachzulesen (www.bgn.de, Shortlink = 1123).

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11 nach 7 Uhr erfolgenden Explosionen glücklicher-weise niemand zu Schaden. Der Sachschaden unddie Zerstörungen an den Gebäuden sowie im Nach-barbereich waren jedoch immens (Bild 2 und 3). DieDruckwelle war jeweils so stark, dass das Ziegel-mauerwerk komplett zerstört wurde und die Anla-gen Totalschaden erlitten.

Unfallauslöser 2005: nicht kondensierte Ethanol-Dämpfe

Die 2005 durch eine Explosion zerstörte Brenne-rei war kein Mitgliedsbetrieb der BGN. Mitarbeiterder landwirtschaftlichen BG und die Gewerbeauf-sicht hatten damals den Unfall untersucht. Unfall-ursache war ein Ventildefekt im Kühlsystem derDestillationsanlage. Das hat ein Sachverständigen-gutachten inzwischen bestätigt. Durch Korrosiondes Ventils blieb die Kühlwasserzufuhr geschlos-sen. Die Folge: Die EtOH-Dämpfe wurden nicht mehr

kondensiert und konnten so ungehindert in denAufstellungsraum der Destillationsanlage gelan-gen. Dort muss sich das Alkohol/Luft-Gemisch aneiner der zahlreich vorhandenen, wenn auch letzt-lich unbekannten Zündquellen entzündet haben. Laut Betreiber der Anlage wurde die Brennblase

nicht mit Gas befeuert, sondern mit weit wenigerkritischem Heizöl. Ebenso wurde die Aussage imGutachten korrigiert, dass die Destillationsanlage

Bild 2: Durch Kühlerausfall zerstörte Brennerei – auch hiermassive Gebäudeschäden

Bild 3: Zerstörungen im angrenzenden Wohnbereich, Explosion 2010

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erst um 7 Uhr in Betrieb genommen wurde und nur15 Minuten später explodierte. Die Beheizung mitGas sowie eine Aufwärmphase von lediglich 15 Mi-nuten hätten die These einer Ethanol-Explosionwieder deutlich in Zweifel gezogen.

Vermutliche Unfallursache 2010: wieder nicht kondensierte Ethanol-Dämpfe

Im aktuellen Fall vom November 2010 wurde dieBrennblase mit Flüssiggas betrieben. Der oberir-disch aufgestellte Gastank befand sich im Freien,aber in unmittelbarer Nähe des Destillationsraums.Ein Sachverständigengutachten zu diesem Unfallist inzwischen zwar erstellt, doch hat es die Staats-anwaltschaft noch nicht freigegeben. Es bleibt so-mit vorerst offen, ob die Explosion durch einen De-fekt in der Flüssiggaszufuhr oder durch nicht kon-densierte Ethanol-Dämpfe ausgelöst wurde.

Allerdings legen starke Brandspuren am Konden-sator (Bild 1) sowie weitere Indizien auch hier denVerdacht nahe, dass die Kondensation nicht funkti-onsfähig war und somit Ethanol-Dämpfe ungehin-dert in den Betriebsraum austreten konnten. Dieses Szenario bestätigen sowohl Betreiber als

auch Hersteller von Destillationsanlagen bzw. hal-ten es für möglich. Sowohl die Aufheizzeit würdezur Erzeugung entsprechender Ethanol-Dämpfeausreichen, als auch ein Fehler im Kühlwassersys-tem wäre denkbar. So ist es in der Branche durch-aus bekannt, dass die Thermofühler und Thermo-statventile der Kühlwasserzufuhr korrodieren kön-nen. Ebenso muss bei bestimmten Bautypen derKühlwasser-Haupthahn erst manuell geöffnet wer-den. Das stellt eine weitere Fehlerquelle mit mögli-cherweise fatalen Auswirkungen dar.

Sicherheitstechnische Lösungen bei Kondensatorausfall gefordert

Die Hersteller der Destillationsanlagen verwei-sen auf ihre Bedienungsanleitungen. Darin ist zumeinen die ständige Aufsicht gefordert. Zum ande-ren werden die einzelnen Bedienschritte ein-schließlich der Sicherstellung der Kondensator-funktion ausführlich erläutert. Der „FehlerfaktorMensch“ und die gerade bei Routineprozessen oft-mals „gelebt hohe Fehlerquote“ bleiben weitge-hend unberücksichtigt. Technische Absicherungen, die die Kondensator-

leistung mit der Brennblasenbeheizung gegensei-tig verriegeln, sind standardmäßig nicht generellvorgesehen, obwohl dies technisch kein Problemdarstellt.Die beiden Unfälle belegen: Rein organisatori-

sche Maßnahmen reichen hier nicht aus. Ange-sichts des nicht unerheblichen Risikos eines Kon-densatorausfalls sind aus Sicht der BGN technischeLösungen angezeigt, die sich nicht allein auf optio-nal angebotene korrosionsfreie Ventile beschrän-ken sollten. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass bei feh-

lender Kühlung die Destillation nicht betriebenbzw. sofort gestoppt wird. Das kann z. B. mit einemSicherheitsthermostat erreicht werden, der bei zuhoher Kühlwassertemperatur verriegelt, oder miteiner Durchflussmessung, die bei einem zu gerin-gen Kühlwasserdurchsatz die Destillation stoppt.

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Erkenntnisse zum konstruktiven Explosionsschutz von Becherelevatoren

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Becherelevatoren werden in der Nahrungsmittel-industrie in großer Anzahl für die Senkrechtförde-rung brennbarer Schüttgüter eingesetzt, z. B. fürdie Befüllung von Silos. Die Schüttgüter können da-bei in staubförmiger Form, als Granulate oder auchals Pellets vorliegen. Relativ geringe Feinstauban-teile können bereits dazu führen, dass im Innernder Elevatoren aufgrund der Verwirbelung durchdas laufende Becherwerk explosionsfähigeStaub/Luft-Gemische entstehen. In Abhängigkeit der Betriebsbedingungen kön-

nen wirksame Zündquellen nicht sicher ausge-schlossen werden, so dass zusätzliche konstruktiveSchutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Die-se Schutzmaßnahmen haben die Aufgabe, die Aus-wirkungen einer Explosion auf ein für die Beschäf-tigten ungefährliches Maß zu begrenzen sowieUmwelt- und Sachschäden so gering als möglich zuhalten.

Explosionsversuche mit systematischerParametervariation

Bisher gab es aber keine ausreichende Grundlagefür die Auslegung der konstruktiven Schutzmaß-nahmen• entweder: explosionsfeste Bauweise in Verbin-dung mit Explosionsdruckentlastung

• oder alternativ: explosionsfeste Bauweise in Ver-bindung mit Explosionsunterdrückung.

Deshalb führte dieBGN im Rahmen einesForschungsprojekts aufihrem Versuchsgeländein Kappelrodeck Explo-sionsversuche im Groß-maßstab durch. Das For-schungsprojekt wurdezusätzlich von der Be-rufsgenossenschaftRohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) undder Privatwirtschaft finanziell gefördert. Inzwi-schen ist es erfolgreich abgeschlossen.Durch systematische Parametervariation ist es

erstmals gelungen, praktikable Regeln für die Aus-legung solcher Schutzkonzepte zu entwickeln. Ins-besondere gibt es jetzt Antworten auf folgende Fra-gen:• Was sind die besonders kritischen Betriebsbedin-gungen im Hinblick auf das Risiko einer Staubex-plosion?

• Welche Mindestfestigkeit des Elevators ist in Ab-hängigkeit von Schüttguteigenschaften und der

Forschungsprojekt liefert praktikable Regeln für Schutzkonzepte

Auf der Versuchsanlage der BGN wurden Praxistests zum konstruktiven Staubexplosionsschutzvon Becherelevatoren durchgeführt. Ziel war es, praktikable Regeln für die Auslegung der kon-struktiven Schutzmaßnahmen „Explosionsdruckentlastung“ und „Explosionsunterdrückung“ auf-zustellen. Das ist gelungen.

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Auslegung der Explosionsdruckentlastung erfor-derlich?

• Welche Mindestfestigkeit des Elevators ist in Ab-hängigkeit von Schüttguteigenschaften und derAuslegung eines Explosionsunterdrückungssys-tems erforderlich (Anzahl und Einbauort vonLöschmittelbehältern, Löschmittelmengen, Artund Einstellungen des Detektionssystems)?

• Welchen Einfluss auf den Explosionsablauf hatdas Material des Becherwerks (Metall, Kunst-stoff)?

Einige wesentliche Ergebnisse für die Auslegungder konstruktiven Schutzmaßnahmen sind nach-folgend zusammengefasst.

Explosionsfeste Bauweise in Verbindungmit Explosionsdruckentlastung

In Abb. 1werden für unterschiedliche Druckent-lastungskonfigurationen (Kurven Nr. 1 bis 5) die ma-ximal zu erwartenden Explosionsüberdrücke pred

in Abhängigkeit vom KSt-Wert (charakteristische Ex-plosionskenngröße des Schüttguts, siehe Kasten) ange-geben. Kurve Nr. 3 z. B. gilt für den Fall, dass eine Druck-entlastung des Elevatorkopfes erfolgt und zusätzli-che Druckentlastungen in den Elevatorschächtenin einem Abstand von jeweils d = 3 m angeordnetwerden. Handelt es sich im vorliegenden Fall umdie Förderung von Schüttgütern, die einen maxi-malen KSt-Wert von 130 bar·m·s-1 besitzen, so mussder Elevator eine Mindestfestigkeit von 0,6 barÜberdruck aufweisen. Die in der Abb. 1 dargestellten Kurven könnendurch die nachfolgende Gleichung mit den in derTabelle 1 angegebenen Variablen beschrieben wer-den.

pmin = exp (a KStC + b)

Der KSt-Wert ist eine staubspezifische Ex-plosionskenngröße, die im Labor, z. B. imStaublabor der BGN, ermittelt wird und einMaß für die Explosionsheftigkeit darstellt.Der Großteil der Feinstaubanteile von in Ele-vatoren geförderten brennbaren Schüttgü-tern der Nahrungs- und Futtermittelindus-trie besitzt KSt-Werte im Bereich von 80 bis150 bar·m·s-1.

KSt-Wert

Nr. Anordnung der Druckentlastungsflächen

Koeffizient a

Koeffizient b

Exponent c

1 Fuß + Kopf + Schächte (d = 3 m) 3,292·10-6 -1.957 2,5

2 Fuß + Kopf + Schächte (d = 6 m) 0,438 -5,761 0,5

3 Kopf + Schächte (d = 3 m) -67,98 5,467 -0,5

4 Kopf + Schächte (d = 6 m) -401,6 2,78 -1

5 nur Kopf (max. 12 m) oder Kopf + Schächte (d = 12 m)

0,673 -7,74 0,5

Tabelle 1: Variable in Gleichung für Druckentlastungskonfigurationen nach Abb. 1

(1) Fuß + Kopf + Schacht (d = 3 m)(2) Fuß + Kopf + Schacht (d = 6 m)(3) Kopf + Schacht (d = 3 m)

(4) Kopf + Schacht (d = 6 m)(5) nur Kopf (max. Länge 12 m)oder Kopf + Schacht (d = 12 m)

Abb. 1: Erforderliche Mindest-Explosionsfestigkeiten pmin

in Abhängigkeit vom KSt-Wert für verschiedene Druckent-lastungskonfigurationen

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Besitzen die Feinstaubanteile des gefördertenSchüttgutes einen KSt-Wert kleiner als 100 bar·m·s-1,so kann auf eine Explosionsdruckentlastung voll-ständig verzichtet werden, wenn der Elevator miteiner Festigkeit von zumindest 1 bar (Überdruck)gebaut wird. Eine explosionstechnische Entkopp-lung zur Vermeidung einer Flammenübertragungin angeschlossene Anlagenteile muss jedoch ge-währleistet werden.

Explosionsfeste Bauweise in Verbindungmit Explosionsunterdrückung

Weitere Großversuche wurden mit dem Zieldurchgeführt, Erkenntnisse für die Auslegung derExplosionsunterdrückung zu erhalten. Dabei han-delt es sich um eine alternative konstruktive Explo-sionsschutzmaßnahme. Sie spielt dann eine wich-tige Rolle, wenn aufgrund der örtlichen Gegeben-heiten oder aufgrund der Aufstellung des Elevatorsim Innern von Gebäuden keine Explosionsdruck-entlastung realisiert werden kann. Solche Explosionsunterdrückungsanlagen beste-

hen aus einem Detektionssystem, einer Steuerein-

heit und Löschmittelbehältern (Abb. 2). Das Detekti-onssystem muss in der Lage sein, eine anlaufendeExplosion in einem sehr frühen Stadium zu erken-nen und innerhalb weniger Millisekunden dieLöschmittelbehälter zu aktivieren. Sie schießen mithohem Druck Löschmittelpulver, z. B. Sodiumbicar-bonat, in die zu schützende Apparatur ein, wodurchdie Explosion erstickt wird.Ziel der Untersuchungen war es insbesondere,

die erforderliche Anzahl an Löschmittelbehältern,Löschmittelmengen und Einbauabstände in Ab-hängigkeit von Schüttguteigenschaften (KSt-Wert)sowie Art und Einstellungen des Detektionssys-tems zu ermitteln. Es galt außerdem zu ermitteln,welche Festigkeit das Elevatorgehäuse bei Anwen-dung dieser Schutzmaßnahme besitzen muss. Zu Beginn der Untersuchungen gab es sehr über-

raschende Ergebnisse. Es zeigte sich rasch, dass dieAuslegung der Schutzsysteme, wie sie sich in zahl-reichen Anwendungen der Industriepraxis bewährthatte, im Elevator nicht zum Erfolg führt. Der Grundlag darin, dass zum Zeitpunkt der Aktivierung desSchutzsystems die Explosionsflammen bereits zuweit aus dem Elevatorkopf oder -fuß in die lang ge-streckten Elevatorschächte gelaufen waren. Die in

Löschmittelbehälter einer Explosionsunterdrückungsanlage montiert am Elevatorfuß auf der BGN-Versuchsanlage inKappelrodeck

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den Elevatorschächten installierten Löschmittel-sperren reagierten zu spät und wurden von den Ex-plosionsflammen überlaufen. Aus diesem Grundetraten zu hohe Explosionsdrücke auf, die inakzepta-ble Festigkeitsanforderungen zur Folge hätten.

Fazit

Durch das Forschungsprojekt ist es gelungen, Di-mensionierungsgrundlagen für die erforderlicheMindestfestigkeit der Becherelevatoren in Abhän-gigkeit von Schüttguteigenschaften (KSt-Wert) undDetektionssytem zu entwickeln. Prinzipiell muss je ein Löschmittelbehälter im

Elevatorkopf und -fuß installiert werden sowie jeein Löschmittelbehälter im Förder- und Rücklauf-schacht in definiertem Abstand l oberhalb des Elevatorfußes und unterhalb des Elevatorkopfes(Abb. 2). Die erforderlichen Mindestfestigkeiten pa1 und

pa2 und die Einbauabstände l der Löschmittelsper-ren können in Abhängigkeit von Art und Einstel-lungen des Detektionssystems aus Tabelle 2 ent-nommen werden. Diese hier in kurzer Form dargestellten neuen Er-

kenntnisse und Regeln für die Auslegung der kon-struktiven Schutzmaßnahmen „Explosionsdruck-entlastung“ und „Explosionsunterdrückung“ wur-den bei der Fachtagung „Sichere Handhabungbrennbarer Stäube“ des VDI im November 2010 inNürnberg vorgestellt, publiziert [1], in Fachkreisendiskutiert und in neues technisches Regelwerkübernommen [2, 3].

[1] Vogl, A., Radandt, A.: Neue Erkenntnisse fürden konstruktiven Explosionsschutz von Be-cherelevatoren. Sichere Handhabung brenn-barer Stäube, VDI-Berichte 2096: 123 –140,VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf, 2010

[2] VDI 2263, Blatt 8.1: 2011-03 Staubbrändeund Explosionen; Gefahren, Beurteilung,Schutzmaßnahmen; Brand- und Explosions-schutz an Elevatoren; Beispiele. Beuth Verlag,Berlin

[3] CEN TC 305 WG 3: Technical Report (Draft)Explosion Prevention and Protection for Bu-cket Elevators

Literatur

Detektion zurAktivierung des Schutzsystems

Einbauabstandl [m]

Mindestauslegungs-überdruck pa1 [bar]

Mindestauslegungs-überdruckpa2 [bar]

Druckdetektion: pakt ≤ 110 mbar 8 1,5 1,2

Druckdetektion: pakt ≤ 80 mbar 6 1,0 0,7

Druckdetektion: pakt ≤ 30 mbar 5 0,7 0,4

Flammendetektion 1,5 0,3 0,2

Tabelle 2: Einbauabstände der Löschmittelbehälter in den Elevatorschächten und erforderliche Explosionsfestigkeiten(Überdrücke)

l [m]

l [m]

pa1[bar]

pa1[bar]

pa1[bar]

Abb. 2: Erforderliche Einbauabstände l der Löschmittel-sperren und Mindestanforderungen an die Explosionsfes-tigkeit pa1 und pa2 des Becherelevators

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Bis zum heutigen Tage wird Staubexplosions-schutz an Horizontal- und Vertikalmischern inForm der These betrieben, dass sich keine explosi-blen Staub/Luft-Gemische in solchen Mischern bil-den können. Dies gilt insbesondere, wenn der Be-füllungsgrad Γ = 70 % und mehr beträgt. Ob dieseAnnahme tatsächlich realistisch ist, wird derzeit ineinem Projekt unter Leitung der DEKRA EXAMGmbH untersucht. Die DEKRA EXAM GmbH führte Zündversuche in

einem älteren Horizontalmischer durch, den einProjektpartner freundlicherweise zur Verfügungstellte. Es gelang mit Hilfe energiereicher Zünd-quellen, relativ schwache Staubexplosionen in die-sem Mischer zu generieren – auch bei einem hohenBefüllungsgrad von Γ = 70 %. Damit war klar: Die-ser in der Literatur genannte Wert muss zumindestangezweifelt werden. Um mehr über die zündgefährdeten Bereiche im

Mischer zu erfahren, sollten zunächst Staubkon-zentrationsmessungen im Mischer durchgeführtwerden. Diese Aufgabe übernahm die BGN/FSA*mit ihrem selbst entwickelten speziellen Staubkon-zentrationsmessgerät SKG 5. Für die Messungen imMischer musste das Gerät weiterentwickelt wer-den, was im Jahr 2010 gelang. Im Falle erfolgreicherMessungen sollen weitere Untersuchungen an Ver-tikalmischern unterschiedlicher Größe folgen.

Erkenntnisse zum Staubexplosionsschutz

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Staubkonzentrationsmessungen im Inneren einesarbeitenden Mischers gelungen

Treten in Mischern Staubkonzentrationen auf, die heftige Staubexplosionen auslösen können? Mit der Klärung dieser Frage beschäftigt sich eine Forschungskooperation unter Beteiligung derBGN und FSA. Ihnen gelang es erstmals, mit Hilfe ihres Staubkonzentrationsmessgeräts SKG 5Staubkonzentrationsmesswerte aus dem Inneren eines arbeitenden Mischers zu liefern.

Abb. 1: Mischer

Abb. 2: CAD-Zeichnung vom Mischer mit den gekennzeichneten Messpositionen 1, 2 und 3

* FSA – Forschungsgesellschaft für angewandte System-sicherheit

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Staub UEG [g/m3] OEG [g/m3] S Staubungsgruppe

Weizenmehl 60 ~ 5.000 0,6 1

Maisstärke 60 ~ 4.000 10,2 4

Braunkohlenstaub 30 ~ 14.000 123,6 6

Abb. 3: Schnittzeichnungen des Mischers mit Messeinheit Typ 15 an den verschiedenen Messpositionen 1 (links), 2 (Mitte) und 3 (rechts)

Messen, aber mit welchen Stäuben?

Die Forscher wollen herausfinden, wie die Bil-dung von Staub/Luft-Gemischen im Mischer vonder Neigung der Stäube zur Staubwolkenbildungabhängt. Deshalb wählten sie Stäube mit möglichstunterschiedlicher Staubungszahl S aus. Außerdemsollten die Stäube leicht in großen Mengen be-schaffbar und die Explosionsgrenzen bekannt sein.Da die DEKRA EXAM GmbH bei ihren Explosions-

versuchen Braunkohlenstaub verwendet hatte, warauch bei den Staubkonzentrationsmessungen derBGN/FSA die Verwendung dieses Staubes sinnvollund naheliegend. Braunkohlenstaub erfüllt alleoben genannten Kriterien. Die DEKRA EXAM GmbHlieferte ausreichende Mengen des Braunkohlen-staubs für die Messungen. Da die Staubungszahlfür diesen speziellen Kohlenstaub nicht genau be-kannt war, wurde sie mit Hilfe der Staubungsnei-gungsapparatur der BGN/FSA gemäß VDI-Richtli-nie 2263 Blatt 9 bestimmt: S = 123,6. Der Braunkoh-lenstaub ist damit extrem staubungsfähig undwurde in die höchste Staubungsgruppe 6 einge-stuft.

Als weitere Stäube wählten die Forscher Mais-stärke mit einer mittleren Staubungszahl und Wei-zenmehl mit einer sehr kleinen Staubungszahl aus(Tabelle 1). Weil diese Stäube sehr häufig auf demVersuchsfeld in Kappelrodeck für Explosionsversu-che verwendet werden, sind sie in großen Mengenverfügbar sowie deren Explosionsgrenzen undStaubungszahlen bekannt.

Messen, aber wo und wie?

Die räumlichen Gegebenheiten im Mischer unddie Abmessungen der Messeinheit Typ 15 machtenStaubkonzentrationsmessungen an drei verschie-denen Orten im Mischer möglich (Abb. 1, Abb. 2 undAbb. 3). Um die Messeinheit positionieren zu kön-nen, baute man eine spezielle Halterung auf. Da-mit konnte die Messeinheit durch einenFlansch/Nippel ins Innere des Mischers eingebrachtwerden (Abb. 3).Das Messprogramm umfasste für jeden Staub die

Konzentrationsmessung an den Messorten 1, 2 und3 für die Befüllungsgrade Γ = 25 %, 50 % und 70 %.

Tabelle 1: Für die Messungen verwendete Stäube mit den relevanten Kennzahlen

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11 Da die Staubverteilung im Inneren des Mischersstark von der Umlaufgeschwindigkeit der Rühr-werkzeuge abhängig ist, wurde das Programm fürzwei unterschiedliche Mischgeschwindigkeiten ν = 2,3 m/s und ν = 4,6 m/s durchgeführt. Die Misch-geschwindigkeit ist als die am äußeren Rand derMischwerkzeuge auftretende Tangentialgeschwin-digkeit zu verstehen. Jede Messung wurde dreimalwiederholt, um die Reproduzierbarkeit der Mess-ergebnisse zu prüfen.

Messergebnisse

Zunächst zeigte sich, dass die für diese Anwen-dung entwickelte Messeinheit mit der BezeichnungTyp 15 sehr gut funktionierte. Die Abb. 5 zeigt bei-spielhaft die Ergebnisse eines Messdurchgangs an

Messposition 1 bei einem Befüllungsgrad von Γ =25% und einer Mischgeschwindigkeit von ν = 2,3m/s. Es ist deutlich erkennbar, wie stark sich dieStäube in ihrer Fähigkeit zur Staubwolkenbildungunterscheiden, was sich in den unterschiedlichenStaubungszahlen S widerspiegelt.

Aus dem Kurvenverlauf entnimmt man weiter-hin, dass die Staubkonzentrationen im Inneren desMischers im explosionsfähigen Bereich lagen (beiWeizenmehl zumindest temporär). Das zeigt derBlick auf die in Tabelle 1 aufgelisteten unteren Ex-plosionsgrenzen (UEG) ganz klar. Auch währendder Versuche mit anderen Parametern (Γ, ν) befandsich die Staubkonzentration im Inneren des Mi-schers meist im explosionsfähigen Bereich. Sichergilt dies für die Mischgeschwindigkeit von ν = 2,3m/s, wie man der Tabelle 2 entnimmt.

Abb. 4: Messeinheit Typ 15 an Messposition 1 vor der Messung mit Maisstärke bei Γ = 25 %

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Abb. 5: Staubkonzentrationsentwicklung (Weizenmehl, Maisstärke, Braunkohle) im Inneren eines arbeitenden Horizon-talmischers am Messpunkt 1 bei einem Befüllungsgrad von Γ = 25 % und einer Mischgeschwindigkeit von ν = 2,3 m/s

Γ [%] Messpunkt Weizenmehl [g/m3] Maisstärke [g/m3] Braunkohle [g/m3]

25

1 37,9 62,9 177,8

2 6,5 39,1 119,6

3 14,32 110,4 159,2

50

1 375,0 390,3 252,8

2 10,7 53,1 164,5

3 16,7 207,7 241,7

702 22,9 114,6 232,2

3 22,1 235,8 346,2

Tabelle 2: Mittlere Staubkonzentrationen im Inneren eines Horizontalmischers bei einer Mischgeschwindigkeit von ν = 2,3 m/s

Stau

bkon

zent

ratio

n[g/

m3 ]

Zeit [s]

WeizenmehlMaisstärkeBraunkohle]

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Γ [%] Messpunkt Weizenmehl [g/m3] Maisstärke [g/m3] Braunkohle [g/m3]

25

1 > 3.250 > 1.100 > 450

2 > 2.230 > 600 > 400

3 > 3.000 > 900 > 700

50

1 > 3.000 > 900 > 400

2 > 3.000 > 900 > 700

3 > 2.900 > 1.000 > 700

702 > 1.500 > 1.000 > 1.000

3 > 3.000 > 800 > 500

Tabelle 3: Mittlere Staubkonzentrationen im Inneren eines Horizontalmischers bei einer Mischgeschwindigkeit von ν = 4,6 m/s

Bei den Versuchen mit einer Mischgeschwindig-keit von ν = 4,6 m/s wurde so viel Staub im Innerendes Mischers aufgewirbelt, dass die obere Mess-grenze des SKG 5 überschritten wurde. Für Weizen-mehl konnte im Messpunkt 2 bei Γ = 25 % durch ge-schickte Interpolation ein exakter Messwert abge-leitet werden. In allen anderen Fällen war nur dieAngabe der Mindestkonzentration möglich (Tabelle3). Auch bei ν = 4,6 m/s befindet sich die Staubkon-zentration mit hoher Wahrscheinlichkeit im explo-sionsfähigen Bereich, wie ein erneuter Blick auf dieZahlen für die Explosionsgrenzen in Tabelle 1 unddie Messwerte in Tabelle 3 zeigt.

Fazit

In Mischern können sich explosionsgefährlicheStaub/Luft-Gemische beim Mischbetrieb bilden.Die These, dass beim Mischvorgang die obere Ex-plosionsgrenze immer überschritten ist, kann an-hand der hier vorgestellten Messergebnisse nichtaufrechterhalten werden.

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Unfallschwerpunkt

Anstelle mechanischer Endschalter sichern nichtselten Magnetschalter als Türendschalter die Ge-fahrenbereiche an Maschinen. Die Schutzfunktionüberwacht dabei ein Sicherheitsschaltgerät. DerVorteil dieser Lösung: Mehrere Türen mit Magnet-schalter können von nur einem Sicherheitsschalt-gerät überwacht werden. Das Sicherheitsschaltge-rät und der Magnetschalter können von verschie-denen Herstellern stammen.

Genaue Ursache für Magnetschalter-Ausfall

In BGN-Mitgliedsbetrieben war es zu Beinahe-unfällen gekommen, bei denen die mit Magnet-schalter gesicherte Maschine beim Öffnen derSchutztür nicht abschaltete. Die Maschinenexper-ten der BGN-Prävention gingen daraufhin auf Ur-sachensuche.Herausgekommen ist: Die Kombination von Mag-

netschalter und Sicherheitsschaltgerät kann unterbestimmten Umständen nicht ausreichend zuver-lässig sein. Ursache dafür sind Strompulse, die von

elektromechanischen Sicherheitsschaltgeräten aus-gehen können und zum vorzeitigen Verschleiß derMagnetschalterkontakte führen können.

Genaue Abstimmung zwingend

Um einen Ausfall des Magnetschalters zu ver-meiden, müssen Magnetschalter und Sicherheits-schaltgerät genau aufeinander abgestimmt sein.Wenn beide von demselben Hersteller stammen,sollte dies gewährleistet sein. Stammen beide vonunterschiedlichen Herstellern, sollten die Bedie-nungsanleitungen der Geräte ausreichende Infor-mationen enthalten, um die Sicherheit beurteilenzu können.In den untersuchten Fällen kam es dennoch zum

Ausfall der Magnetschalter. Betrieben, die an ihrenMaschinen Magnetschalter und Sicherheitsschalt-gerät unterschiedlicher Hersteller kombinieren,empfiehlt die BGN-Prävention: Wenden Sie sich anden/die Hersteller und lassen Sie sich die EignungIhrer Kombination von Magnetschalter und Sicher-heitsschaltgerät bestätigen.

Erkenntnisse im Maschinenschutz

Mögliches Sicherheitsrisiko bei Magnetschaltern als Schutztürschalter

Magnetschalter als Schutztürschalter an Maschinen können möglicherweise ein Sicherheitsrisikodarstellen. Und zwar dann, wenn Magnetschalter und dazugehöriges Sicherheitsschaltgerät nichtgenau aufeinander abgestimmt sind. Das hat die BGN-Prävention bei Untersuchungen von Beinaheunfällen herausgefunden.

Der hier abgebildete Magnetschalter und dasabgebildete Sicherheits-schaltgerät funktioniereneinwandfrei zusammen. Sie dienen hier der Illustra-tion des Themas.

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11 UnfallschwerpunktErkenntnisse zum Krebsrisiko durch Nikotin

Die Sache mit dem Thirdhand Smoke

In jüngerer Zeit wurde der Begriff „Thirdhand Smoke“ neben Passivrauchen, Environmental Tobac-co Smoke oder Secondhand Smoke in die Diskussion über die gesundheitsschädlichen Auswirkun-gen des Rauchens eingebracht. Worum handelt es sich bei Thirdhand Smoke und wie gefährlich ister? Die BGN-Forscher haben sich mit Thirdhand Smoke beschäftigt.

Tabakrauch (Secondhand Smoke, ETS) ist ein kom-plexes Vielstoffgemisch, das sich zum einen ausdem ausgeatmeten Rauch und zum anderen ausdem Nebenstromrauch der glimmenden Zigarettezusammensetzt. Er enthält bekanntermaßen zahl-reiche toxische und krebserzeugende Verbindun-gen, die in der Umgebungsluft verdünnt werdenund chemischen und physikalischen Alterungspro-zessen unterliegen.Nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten können

flüchtige Inhaltsstoffe des Tabakrauchs an Ober-flächen adsorbieren. Dagegen lagern sich partikel-förmige Inhaltsstoffe an andere Staubteilchen anund sedimentieren der Schwerkraft folgend nacheiniger Zeit. Adsorbierte Stoffe können sich zu ei-nem bestimmten Anteil wiederum von der Ober-fläche ablösen und dann erneut in die Raumluft ge-langen. Und schon kommt man zum ThirdhandSmoke.

Thirdhand Smoke: Kontamination zurückgebliebenen Tabakrauchs

Der amerikanische Wissenschaftler Jonathan Wi-nickoff definierte 2006 erstmals Thirdhand Smokeals „Kontamination von zurückgebliebenem Tabak-rauch“. Gemeint sind Rückstände auf Möbeln, Klei-dungsstücken, Haut und Haaren, nachdem die Zi-garette erloschen ist. Winickoff berichtete auf einer Konferenz im sel-

ben Jahr über Ergebnisse einer Telefonumfrage zumThema Luftqualität in Wohnräumen, in denen am

Vortag geraucht wurde [1]. Unter anderem solltendie Teilnehmer einschätzen, ob eine solche Luft-qualität für Kinder schädlich sein könnte. Fast dieHälfte der befragten Raucher stuften den Third-hand Smoke als gefährlich für Kinder ein – undzwar unabhängig vom eigenen Ausmaß der rauch-freien Zonen im Privatbereich.Jonathan Winickoff bewertete das Ergebnis die-

ser Thirdhand-Smoke-Umfrage auch im Hinblickdarauf, wie es für weitere Maßnahmen in der Anti-raucherkampagne genutzt werden kann.Mit moderner Analysentechnik gelingt es schon

seit etwa 7 Jahren, im Hausstaub und auf Oberflä-chen in Raucherhaushalten einige tabakspezifischeInhaltsstoffe, insbesondere Nikotin nachzuweisen[2]. Dass keine Tabakrauchpartikel aus Kleidungs-stücken von Rauchern in die Umgebungsluft abge-geben werden können, wurde messtechnisch be-reits überprüft [3]. Nikotin jedoch, das zum Teil vonkontaminierten Oberflächen desorbiert wird, kannin Spuren in der Luft nachgewiesen werden. Die menschliche Nase erkennt sofort, ob z. B. in

einem Hotelzimmer der vorherige Gast gerauchthat. Allerdings sagen Geruchsschwellen in sehr vielen Fällen nichts über Konzentrationen anSchadstoffen und damit über mögliche Gefährdun-gen aus.

Wie gefährlich ist Thirdhand Smoke?

Der Begriff Thirdhand Smoke tauchte erstmalsAnfang 2009 in einer breiteren Öffentlichkeit inDeutschland auf. Sofort warnten die Medien vor

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Klare Reihenfolge der Gesundheitsgefährdung durch Rauchen: Aktivrauchen – Passivrauchen (Secondhand Smoke) – Thirdhand Smoke

den Folgen des Thirdhand Smoke. 2010 wurdeThirdhand Smoke für krebserzeugend erklärt. Dasbewog die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaftfür Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP,www.lungenaerzte-im-netz.de) zu der Aussage,Thirdhand Smoke sei möglicherweise noch gefähr-

licher als Haupt- und Nebenstromrauch – alsoschlimmer als Aktiv- bzw. Passivrauchen [4]. Diese Aussage stützte sich auf eine amerikani-

sche Untersuchung, bei der die Forscher nikotinge-tränkte Cellulosetücher mit Salpetriger Säure ver-setzt hatten und so krebserzeugende Nitrosamine

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nachweisen konnten [5]. Die gleichen Stoffe wur-den in Spuren auf einem mit Cellulosetuch be-spannten Handschuhfach einer Lkw-Fahrerkabinegefunden, in der über drei Tage 34 Zigaretten ge-raucht wurden. Die wesentlichen Schlussfolgerun-gen lauteten: Auf nikotinhaltigen Oberflächen kön-nen sich in Anwesenheit von Wasser und nitrosenGasen wie Stickstoffdioxid drei verschiedene Nitro-samine bilden.Die Hauptkomponente 1-(N-Methyl-N-nitrosami-

no)-1-(3-pyridinyl)-1-butanone) (NNA) dieser Nitro-samine ist im Haupt- oder Nebenstrom einer Ziga-rette gar nicht enthalten. Maximal 0,4 % der adsor-bierten Nikotinmasse würde somit zu Nitrosami-nen weiterreagieren. Eine Fortführung dieser Thesewäre gar eine potenzielle dermale Belastung durchdiese Kanzerogene nach einer Exposition gegen-über Zigarettenrauch, wie z. B ein kurzer Aufent-halt in der Nähe eines Rauchenden.

BGN-Untersuchungen zu Thirdhand Smoke

Tatsache ist, und das haben auch BGN-eigene Un-tersuchungen gezeigt: Nikotin lässt sich in be-stimmtem Ausmaß im abgelagerten Staub finden– natürlich auch in Gastronomiebetrieben, in de-nen noch geraucht werden darf. Einfluss auf dieHöhe des Nikotingehalts im abgelagerten Staubhaben dabei die Anzahl der gerauchten Zigaretten,die Lüftungsverhältnisse und die Art des Bodenbe-lags [6]. Der maximale Nikotingehalt der analysierten

Stäube war durchaus vergleichbar mit dem Niko-tingehalt des Staubes auf dem Handschuhfach derLkw-Fahrerkabine aus der amerikanischen Veröf-fentlichung. Ob jedoch Nikotin in Raucherräumengenauso zu Nitrosaminen weiterreagieren wird,wie in besagter Lkw-Fahrerkabine gezeigt, kannderzeit noch nicht beantwortet werden. Dazu müss-ten im Innenraum Stickoxide und Wasser in ausrei-chender Menge zur Verfügung stehen. Die BGN-Forschung geht dieser Fragestellung zurzeit amRande ihres aktuell laufenden Projekts zur ETS-Be-lastung in der Gastronomie nach.

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[1] Winickoff, J. P. et al.: Beliefs About the Healtheffects of “Thirdhand” Smoke and HomeSmoking Bans. Pediatrics, 2009, 123: e74–e79

[2] Matt et al.: Hausholds contaminated by en-vironmental tobacco smoke: sources of in-fant exposure. Tobacco control 13, 2004: 29–37

[3] Bach, S., Kaul, M., Schmidt, E.: Gefährdungdurch Thirdhand smoke? Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, 2009, 1/2: 24

[4] www.lungenaerzte-im-netz.de: Auch kalterRauch in Innenräumen birgt Gesundheits-risiken, 28. 5. 2010

[5] Sleiman, M. et al.: Formation of carcinogensindoors by surface-mediated reactions of ni-cotine with nitrous acid, leading to potentialThirdhand smoke hazards. Proc.natl.Acad.Sci.U.S.A., 2010, 107: 6576-6581

[6] Andrejs, B. et al.: ETS in Staub aus Gastrono-miebetrieben. Gefahrstoffe – Reinhaltungder Luft, 2009. 10: 417–422

LiteraturKlare Reihenfolge der Gesundheits-gefährdung durch Rauchen

Auf jeden Fall kann festgehalten werden: DasAusmaß der Gesundheitsgefährdung ist und bleibtin der Reihenfolge Aktivrauchen – Passivrauchen(Secondhand Smoke) – Thirdhand Smoke bestehen.Ein sauberer Vergleich wird vor allem dadurch er-schwert, dass für alle drei Phänomene keine ge-meinsame Messgröße existiert, die die Expositionbeschreibt.

Beim Aktivrauchen können anhand von Rauch-maschinen unter definierten Prüfkriterien Zigaret-ten bezüglich ihrer Gehalte an Inhaltsstoffen ver-glichen werden. Beim Passivrauchen lassen sich Ex-positionen anhand von Luftkonzentrationenmessen und einordnen. Thirdhand Smoke wirdhauptsächlich über Inhaltsstoffgehalte aus Wisch-proben von Oberflächen oder von abgelagertenStäuben charakterisiert.

Nur der Teilaspekt der desorbierten flüchtigenTabakrauchinhaltsstoffe von kontaminierten Ober-flächen lässt einen Größenvergleich zum Second-hand Smoke zu. Hier besteht jedoch mindestenseine Zehnerpotenz Größenunterschied zwischenNikotin aus Kaltrauch und Nikotin aus frischem Ta-bakrauch.

Auch beim Thirdhand Smoke gilt der alte von Pa-racelsus geprägte Grundsatz: Nur die Dosis machtdas Gift.

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Erkenntnisse zum Passivrauchen im Gastgewerbe

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Luft- und Biomonitoring zur Charakterisierung der Tabakrauch-Exposition

Die BGN führt seit 2007 eine Längsschnittstudie zur Ermittlung der äußeren und inneren Belas-tung durch Tabakrauch in der Luft (Environmental Tobacco Smoke – ETS) im Gastgewerbe durch.Dabei wird auch untersucht, inwieweit sich die Leitkomponente Nikotin in der Luft sowie die Biomarker Nikotin und Cotinin zur Charakterisierung der ETS-Exposition eignen.

Vor dem Hintergrund der zurzeit in Deutschlandherrschenden Diskussion um eine mögliche Berufs-krankheit „Passivrauchen“ wird die Eignung derLeitkomponente Nikotin in der Luft sowie der Bio-marker Nikotin und Cotinin im Urin zur Charakte-risierung einer ETS-Exposition diskutiert. Hierzuführte die BGN bis Mai 2010 in 263 Betrieben ent-sprechende Untersuchungen durch, nahm insge-samt 428 Luftmessungen von Tabakrauchinhalts-stoffen vor und untersuchte 415 Urinproben von343 Beschäftigten auf tabakspezifische Biomarker.

Wissenschaftlicher Exkurs

Das Einatmen von Environmental Tobacco Smoke (ETS) – im deutschen Sprachraum auch alsPassivrauchen bezeichnet – stellt nach dem Standder Wissenschaft ein gesundheitliches Risiko dar.Man schätzt, dass ETS aus über 4.500 Inhaltsstoffenbesteht [1]. Ca. 70 % der Inhaltsstoffe sind als krebs-erzeugend eingestuft [2]. Eine aktuelle Meta-Analyse von Stayner et al. zu

epidemiologischen Studien über das Lungenkrebs-risiko durch Passivrauchen schätzt das relative Risi-ko für Passivraucher auf ca. 1,25 [3]. Eine Replikati-onsstudie von Bosnjak et al. kommt allerdings zudem Ergebnis, dass diese Meta-Analyse „kaum alsausreichend belastbares Indiz für eine kausal ver-ursachte, lungenkrebsbezogene Risikoerhöhungdurch Passivrauch am Arbeitsplatz“ dient [4]. Unabhängig von der Frage der Qualität und Aus-

sagekraft epidemiologischer Studien erscheint es

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sinnvoll, die Validität und Verwendbarkeit von Mar-kern, die letztlich die Basis für eine Abschätzungvon Gesundheitsrisiken darstellen, zu hinterfragen.In der Literatur werden hierzu neben Nikotin in derLuft auch die Biomarker Nikotin und Cotinin(Hauptmetabolit von Nikotin) herangezogen [5, 6, 7,8]. Unter allen bekannten tabakspezifischen Bio-markern wird Cotinin als derzeit bester Biomarkerfür ETS angesehen [9]. Im Folgenden werden die bisherigen Ergebnisse

der BGN zur Frage der Eignung der LeitkomponenteNikotin in der Luft und der Biomarker Nikotin undCotinin im Urin für die Charakterisierung der ETS-Exposition dargestellt und diskutiert.

Leitkomponente Nikotin in der Luft

Aufgrund ihrer großen Anzahl können bei Luft-messungen nicht alle Inhaltsstoffe von ETS unter-sucht werden. Als Leitkomponente eignet sich dastabakspezifische Nikotin in der Luft [10]. Dies wirdbeispielsweise an der Korrelation der als krebser-zeugend eingestuften N-Nitrosamine mit Nikotindeutlich (Abb. 1).

Abb. 1: Korrelation der Konzentra-tion tabakspezifischer N-Nitrosamine (hier: Sum-me der Konzentrationenvon N-Nitrosonornikotin,N-Nitrosoanatabin, N-Nitrosoanabasin und 4-(N-Nitrosomethylami-no)-1-(3-Pyridyl)-1-Buta-non) in der Luft mit Niko-tin in der Luft (n = 34)

Biomonitoring

Neben Nikotin in der Luft werden auch die Bio-marker Nikotin und insbesondere dessen Haupt-metabolit Cotinin zur Charakterisierung einer ETS-Exposition am Arbeitsplatz herangezogen. Sie sindu. a. in Körperflüssigkeiten (Blut, Speichel, Urin)nachweisbar [11]. Die Analyse von Urin wird auf-grund der nichtinvasiven Methode und der ver-gleichsweise niedrigen Nachweisgrenze bevorzugt.

Biomonitoring von Nikotin

Inhaliertes Nikotin wird zu durchschnittlich 5 %unmetabolisiert über den Urin ausgeschieden [12].Seine Halbwertszeit im menschlichen Körper be-trägt ca. 2 Stunden. Untersuchungen von Weiß etal. zeigen, dass die Nikotinkonzentration im Urinnach der Arbeitsschicht gut mit dem Schichtmittel-wert der Nikotinkonzentration in der Luft korreliert[7]. Die bisherigen Erkenntnisse der BGN bestätigendieses Ergebnis. Abb. 2, S. 90, zeigt den Zusammen-hang zwischen der Nikotinexposition und der Ni-kotinkonzentration in 91 Urinproben von nichtrau-chenden Probanden. Der Korrelationskoeffizient rbeträgt 0,85.Ein Nachteil von Nikotin als Biomarker ist seine

geringe Halbwertszeit. Einerseits können bereitswenige Züge aus einer Zigarette vor der Urinabga-be auch bei gering mit ETS belasteten Nichtrau-chern zu erhöhten Urinwerten und damit zu einerfalsch positiven Einschätzung der ETS-Exposition

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führen. Andererseits können einige Stunden Absti-nenz vom aktiven Rauchen zur Absenkung der Ni-kotinwerte im Urin auf das Niveau eines mehr oderweniger hoch mit ETS belasteten Nichtrauchersführen, was zur Missklassifikation des Probandenführen könnte.

Biomonitoring von Cotinin

Diese Nachteile treten bei der Verwendung vonCotinin (dem Hauptmetaboliten von Nikotin [10])als Biomarker in den Hintergrund. Aufgrund seinerHalbwertszeit von durchschnittlich ca. 16 Stunden[12] gibt die Cotininkonzentration Auskunft überdie Tabakrauchexposition weniger zurückliegenderTage. In der Literatur wird Cotinin daher auch als„best available Biomarker“ für die Charakterisie-rung einer ETS-Exposition angesehen [7].

Cotinin-Untersuchungen der BGN

Im Rahmen der BGN-Studie haben bisher 347 Pro-banden an der Cotinin-Untersuchung teilgenom-men (Tabelle 1). 68 von ihnen nahmen in einemZeitabstand von ca. 1 bis 2 Jahren je zweimal teil.Insgesamt wurde der Cotinin-Gehalt von 415 Urin-proben untersucht. 138 Proben stammen von 118Rauchern, 277 Proben von 229 Nichtrauchern. DieKategorisierung Raucher/Nichtraucher haben dieProbanden selbst vorgenommen.Die Cotiningehalte im Urin von Rauchern und

Nichtrauchern unterscheiden sich erheblich [9].Während bei Rauchern oder GelegenheitsrauchernKonzentrationen bis zu mehreren Tausend Nano-gramm pro Milliliter gemessen werden, liegen siebei Nichtrauchern im ein- bis zweistelligen Nano-grammbereich (Abb. 3).

Kollektiv Anzahl Probanden Anzahl Proben

Studienteilnehmer insgesamt 347 415

Raucher (Selbstkategorisierung) 118 138

Nichtraucher (Selbstkategorisierung) 229 277

Nichtraucher (Cotinin 100 ng/ml) 218 266

Nichtraucher (Cotinin 100 ng/ml, Kreatinin 0,5 bis 2,5 g/l) 171 201

Tabelle 1: Verteilung der Probanden bei der Urinuntersuchung zur Ermittlung der Cotininkonzentration im Urin nach derArbeitsschicht

Abb. 2: Korrelation zwischen derNikotinkonzentration inder Luft und der Nikotin-konzentration im Urinnach der Schicht (n = 91)

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Aufgrund der Selbstkategorisierung von Proban-den als Nichtraucher kommt es im Allgemeinen zueiner durchschnittlichen Missklassifikation von ca.5 % [13]. Das heißt, ca. 5 % aller sich selbst als Nicht-raucher bezeichnenden Probanden sind tatsächlichRaucher. Daher wird für die Cotininkonzentrationim Urin ein Cutoff von 100 ng/ml zugrunde gelegt.Probanden mit Werten oberhalb dieser Grenze wer-den als Raucher angesehen. In den 277 Urinprobender sich selbst als Nichtraucher bezeichnenden Pro-banden der BGN-Studie wurden bei 11 ProbandenCotininwerte oberhalb des Cutoffs festgestellt (Abb.3: „Nichtraucher > Cutoff 100 ng/ml“). Die Boxplotdarstellung in Abb. 3 veranschaulicht

die gute Übereinstimmung der Cotininwerte der

1

10

100

1000

10000

Raucher(n = 138)

Nichtraucher> Cutoff 100 ng/ml

(n = 11)

Nichtraucher< Cutoff 100 ng/ml

(n = 266)

Cotin

in /

ng/m

l

Abb. 3: Cotininkonzentrationenvon Rauchern und Nicht-rauchern (Selbstkategori-sierung)

Abb. 4: Korrelation zwischen derNikotinkonzentration inder Luft und der Nikotin-konzentration im Urinnach der Schicht (n = 91)

Raucher und dieser 11 fraglichen Nichtraucher. DieWerte dieser beiden Kollektive unterscheiden sichhingegen stark von den verbliebenen 266 Cotinin-werten der wohl tatsächlichen Nichtraucher. DieMessergebnisse der 11 missklassifizierten Proban-den werden von der nachfolgenden Auswertungder Nichtraucherdaten ausgeschlossen. Abb. 4 zeigtden Zusammenhang zwischen der Cotininkonzen-tration im Urin und der korrespondierenden Niko-tinexposition von nichtrauchenden Beschäftigten.Die relativ schwache Korrelation (r = 0,47) stellt dieEignung von Cotinin als Biomarker zur Charakteri-sierung einer individuellen ETS-Exposition infrage.

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speisengeprägteGastronomie

(n = 118)

getränkegeprägteGastronomie

(n = 28)

Diskotheken(n = 9)

Cotin

in /

ng/m

l

Unterteilt man die Betriebe in Kategorien nachAusprägung der Raucherlaubnis (Abb. 5), so ist einleichter Anstieg der Cotininkonzentration vonrauchfreien Betrieben über Betriebe mit einge-schränkter Raucherlaubnis bis hin zu reinen Rau-cherbetrieben erkennbar.Anhand der oberen Whisker (senkrechte Linie im

Boxplot zur Darstellung der Extremwerte/Ausreißer in-nerhalb der einzelnen Kollektive) ist zu erkennen, dassdie nichtrauchenden Probanden von rauchfreienBetrieben ähnlich hohe Cotininspitzenkonzentra-tionen aufweisen wie jene von Betrieben mit ein-geschränkter oder uneingeschränkter Raucherlaub-nis. Dies kann im Kollektiv der rauchfreien Betriebenur auf entsprechende Expositionen außerhalb desArbeitsplatzes zurückzuführen sein.

Um zu untersuchen, inwieweit die Cotininkon-zentration von der Art des Betriebes abhängt, wer-den jene Betriebe mit Raucherlaubnis (einge-schränkt oder uneingeschränkt) in Kategorien spei-sengeprägter bzw. getränkegeprägter Gastronomiesowie Diskotheken unterteilt (Abb. 6). Die Cotinin-werte zeigen in der angegebenen Reihenfolge ei-nen leichten Trend zu höheren Werten, wobei diejeweiligen Spitzenkonzentrationen keinen Rück-schluss auf die Betriebskategorie zulassen.Die Überlappung der Boxplots ist auch hier stark

ausgeprägt. An den Medianen zeigt sich, dass derAnteil der stärker belasteten Beschäftigten in Dis-kotheken höher ist als in den restlichen Kategorien.Die relativ geringe Probandenzahl in der Kategorie„Diskotheken“ lässt hier aber noch keine abschlie-ßende Beurteilung zu.

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rauchfreieBetriebe(n = 88)

Raucherlaubniseingeschränkt

(n = 91)

keine Einschränkungder Raucherlaubis

(n = 87)

Cotin

in /

ng/m

l

Abb. 5: Cotininkonzentrationen in 266 Urinproben von218 nichtrauchenden Gas-tronomiebeschäftigten(Cutoff 100 ng/ml). DieKollektive sind getrenntnach Kategorien der Aus-prägung der Raucherlaub-nis in den Betrieben.

Abb. 6: Cotininwerte von nicht-rauchenden Gastronomie-beschäftigten in Betriebenmit Raucherlaubnis, getrennt nach Betriebs-kategorien speisengepräg-ter bzw. getränkegepräg-ter Gastronomie sowie Diskotheken

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Jahrbuch Prävention 2011

[1] Jöckel, K.-H.: Staub und Staubinhaltsstoffe/Passivrauchen. Wichmann/Schlipköter/Fülgraff: Handbuch derUmweltmedizin, 1994, 5, Ergänzungslieferung 10/94: VI-2, 1 ff.

[2] International Agency for Research on Cancer, Tobacco smoke and involuntary smoking. IARC Monographson the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans. International Agency for Research on Cancer, WorldHealth Organization, Lyon, 2004

[3] Stayner, L., Bena, J., Sasco, A. J., Smith, R., Steenland, K., Kreuzer, M. & Straif, K.: Lung cancer risk and work-place exposure to environmental tobacco smoke. American Journal of Public Health, 2007, 97: 545–551

[4] Bosnjak, M.: Belastbarkeit und Aussagekraft meta-analytischer Befunde. BGN-Jahrbuch Prävention 2010:56–60

[5] Hedley, J. et al.: Risks for Heart Disease and Lung Cancer from Passive Smoking by Workers in the CateringIndustry. Toxicological Sciences, 2006, 90(2): 539–548

[6] Fromme, H. et al.: Tabakrauch in gastronomischen Einrichtungen. Exposition, innere Belastung, ökonomi-sche und gesundheitliche Aspekte im Zusammenhang mit Rauchverboten. Gesundheitswesen 2009, 71:242–257

[7] Weiß, T., Breuer B., Castillo, M., Schneider, W., Koch H., Brüning, T.: Passivrauchbelastungen in der Gastrono-mie. Erfassung der Exposition für verbesserte Prävention, BGFA-Info 01/09, 2009

[8] Heinrich, J.: Umwelt-Survey 1998, Band VI: Nikotin und Cotinin im Urin der Bevölkerung in Deutschland –Belastungsquellen und -pfade. Umweltbundesamt, Berlin, WaBoLu-Heft 03/2003

[9] Benowitz, N. L.: Cotinine as a biomarker of environmental tobacco smoke exposure. Epidemiologic Reviews, 1996, 18: 188–204

[10] Hüner, H. et al.: BGN-Studie zur Messung der ETS-Exposition in gastronomischen Betrieben. 14. ErfurterTage, Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena, 2008, 147–157

[11] Benowitz et al.: Cotinine in the Serum, Saliva, and Urine of Nonsmokers, Passive Smokers and Active Smo-kers, American Journal of Public Health, 1988, 78, No. 6, 699–701

[12] Benowitz, N. L., Hukkanen, J. & Jacob, P.: Nicotine chemistry, metabolism, kinetics and biomarkers. Hand-book of Experimental Pharmacology, 2009, 192: 29–60

[13] Haufroid, V., Lison, D.: Urinary cotinine as a tobacco-smoke exposure index: a minireview. International Ar-chives of Occupational and Environmental Health, 1998, 71: 162–168

Literatur

Bisherige Ergebnisse

Die bisherigen Ergebnisse der ETS-Studie zeigen,dass die Cotininkonzentrationen individuell sehrstark variieren. Sie können deshalb im Einzelfall zueiner erheblichen Über- oder Unterschätzung derETS-Exposition führen. Der Cotininspiegel bietetsomit nur eine sehr grobe Abschätzung der indivi-duellen Belastung durch Passivrauchen am Arbeits-platz. Die statistischen Kenngrößen der Cotinin-werte zeigen schwach ansteigende Werte bei denBeschäftigten von Betrieben mit absolutem Rauch-

verbot über jene mit eingeschränkter Raucherlaub-nis bis hin zu den Betrieben mit Raucherlaubnis.Fasst man die Beschäftigten von Betrieben mit

eingeschränkter oder uneingeschränkter Raucher-laubnis in Kollektive von speisegeprägter und ge-tränkegeprägter Gastronomie bzw. Diskothekenzusammen, so ist in der genannten Reihenfolgeauch hier ein leichter Trend zu höheren Cotinin-werten festzustellen. Spitzenwerte sind in allen Ka-tegorien ähnlich hoch. Dies lässt darauf schließen,dass auch außerhalb des Arbeitsplatzes erhöhte Ex-positionen auftreten können.

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Erkenntnisse zu Rupturen der Rotatorenmanschette aus Sicht der Biomechanik

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Wie viel hält die gesunde Supraspinatus-Sehne aus?

Erleiden ältere Versicherte bei einem Unfall eine Ruptur der Rotatorenmanschette, dann bringenVersicherer gerne Degenerationen der Supraspinatus-Sehne als Hauptursache ins Spiel. Aus bio-mechanischer Sicht ist es jedoch fraglich, ob die Rotatorenmanschette eines jüngeren VersichertenUnfallbelastungen besser standhalten würde. Die BGN ist dieser Frage genauer nachgegangenund hat biomechanische Belastungstests am Modell durchgeführt.

Die Rotatorenmanschette besteht aus vier in derTiefe liegenden Schultermuskeln, die mit ihren Seh-nenansätzen gemeinsam den Kopf des Oberarm-knochens umhüllen. Generell soll die Rotatoren-manschette die Funktion haben, den Oberarm imSchultergelenk zu fixieren. Aufgrund der Größe derMuskeln und ihrer Hebelarme sind kraftbetonteAktionen (z. B. Heben eines schweren Gegenstands)der Rotatorenmanschette am Arm nicht möglich. Der Musculus supraspinatus nimmt von den vier

Muskeln eine Sonderstellung ein: Er ist der kleinsteMuskel der Rotatorenmanschette und hat diekleinsten Hebelarme bezogen auf das Drehzentrumim Kopf des Oberarms. Außerdem zieht die Sehne

des Muskels horizontal über den Kopf des Oberarmsund wird nach unten umgelenkt. Somit ist der Mus-culus supraspinatus der einzige Muskel der Rotato-renmanschette, der Kräfte durch Adduktion und Ab-duktion, die Hauptbewegungen des Arms, tolerie-ren muss. Spricht man von einer Ruptur derRotatorenmanschette, so spricht man vom Riss derSehne des Musculus supraspinatus. Nach einer Rotatorenmanschettenruptur ist die

Schulter in ihrer Funktion erheblich beeinträchtigt(Kraftverlust, Beweglichkeitseinbuße). Aufgrundvon Schmerzen bei alltäglichen Bewegungen ver-liert man deutlich an Lebensqualität.

Nach einem Riss der Rotatorenmanschette bestehen Einbußen an Lebensqualität.

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Jahrbuch Prävention 2011

Die Supraspinatus-Sehne aus biomechanischer Sicht

Rupturen der Rotatorenmanschette sind oft dieFolge eines Unfalls oder einer unfallähnlichen Situation mit großen, plötzlichen Kraftspitzen amArm (z. B. Fallen, Versuch, das Körpergewicht mitdem Arm abzufangen, plötzliches Auffangen fal-lender Gegenstände). Bei älteren Versicherten argumentieren die Unfallversicherer oft, dass dieWirkung des Unfalls aufgrund beginnender oderfortgeschrittener Degeneration der Sehne des Mus-culus supraspinatus kritisch für die Sehne wurde undzum Riss führte. Aus biomechanischer Sicht ist esfraglich, ob bei einem vergleichbaren Unfall einenicht degenerierte Sehne keinen Riss erlitten hätte.

Hierzu ein paar biomechanische Hintergründe:

1. Anatomisch hat an der Schulter der Musculus su-praspinatus die kleinste Muskelmasse und denkleinsten Hebelarm. Es wird geschätzt, dass er3,5 % der Muskelmasse an der Schulter ausmachtund nur 0,4 Nm beim Heben des Armes an Dreh-moment beitragen kann. Dies bedeutet, dass manbei gestrecktem Arm allein mit diesem Muskelnur einen Apfel (75 g) anheben kann (Bassett etal., 1990).

2. Die Sehne des Muskels hat einen komplexen Auf-bau. In der Mitte der Sehne sind der Zugrichtungdes Muskels entsprechende Kollagenfasern undgroße Zug-Steifigkeiten nachweisbar. Im Bereichdes Ansatzes am Knochen erkennt man unter-schiedliche Faserrichtungen, was auf Belastun-gen aus verschiedenen Richtungen schließenlässt (Zug, Druck, Scherung). Außerdem sind dieSteifigkeiten des Materials viel kleiner (Clark &Harryman, 1992; Lake et al., 2010). In diesem Be-reich findet man die häufigsten Rupturen der Seh-ne.

3. In vitrowurden Maximalbelastbarkeiten der Su-praspinatussehne zwischen 652 und 1007 N ge-messen (Itoi et al., 1995). Bei einer Armlänge vonca. 60 cm müssen an der Hand nur 3,5 kg wirken,um eine gespannte Supraspinatus-Sehne zu zer-reißen, wenn keine anderen Strukturen schüt-zend wirken. Zusammengefasst ist der Musculussupraspinatus die kleinste und schwächste Mus-

kel-Sehnen-Struktur. Wenn ein Riss der Rotato-renmanschette eintritt, findet die Schädigung ander schwächsten Stelle statt.

Belastbarkeitstests am BGN-Modell

Mit diesem Hintergrund bauten die BGN-Wissen-schaftler ein einfaches Modell der Schulter (Abb. 1).Es besteht aus einem Arm und einem im Raum festaufgehängten Schulterblatt. Vom Schulterblattzieht leicht umgelenkt über den Kopf des Oberarm-knochens ein Muskelmodell, das den Musculus su-praspinatus simulieren soll (Günther et al., 2007;Siebert et al., 2008). Das Muskelmodell hat einDehnelement, das eine Sehne simulieren soll. Diemechanischen Eigenschaften des Sehnenmodellssind mechanischen Eigenschaften einer tatsächli-chen Sehne nachempfunden.So muss das Sehnenmodell zunächst über die Ru-

helänge hinaus gedehnt werden, um Kräfte desMuskels übertragen zu können. Bei 10 % Dehnungverliert eine Sehne ihre Elastizität. Das bedeutet,dass die Ruhelänge der Sehne nach Dehnung nichtmehr erreicht wird, da bereits einzelne Kollagenfa-sern Schaden genommen haben. Ab etwa 12 % Deh-nung kann eine Sehne vollständig reißen.

Abb. 1: Das einfache Schultermodell (schematisch) mitOberarm, Muskelhebeln, dem Muskelmodell und der vonaußen wirkenden Unfallkraft

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11 Diese Längenverhältnisse sind mit dem Sehnen-modell prüfbar. Kritische Grenzen können beurteiltwerden. Als Simulation eines Unfalls wurde das Schulter-

modell am Ellenbogen mit einer großen Kraft plötz-lich belastet. Beim plötzlichen Fangen eines fallen-den Gegenstandes können die Kräfte am Ellenbo-gen bis zu 11.000 N groß werden. Beim Sturz aufden Ellenbogen können die Kräfte 30.000 N leichtübersteigen, wenn man aus mehr als 1 m Höhe fälltund auf einen harten Boden aufschlägt. Hinzukommt, dass diese großen Kräfte nur den Bruchteileiner Sekunde wirken.

Erkenntnisse

Das Modell sagt voraus, dass bei plötzlichen gro-ßen Kräften am Oberarm durch einen Unfall dieSehne des Musculus supraspinatus fast immer reißt,wenn keine anderen Strukturen (Bänder, andereMuskeln) unterstützend wirken. In der Tat ist solch ein Szenario möglich, da der

Unfall sehr schnell geschieht, der Verunfallende

nicht darauf reagieren kann und auch Reflexe vielzu spät wirken. Auch Bänder können nicht helfen,da durch die Unfallwirkung der Arm blockiert wird(keine extremen Bewegungen, bei denen die Bän-der Zugspannungen ausgesetzt wären) und sichder Muskel aufgrund seiner eigenen Kraftwirkungselbst schädigt. Es ist zu bemerken, dass alle Rechnungen mit Ei-

genschaften gesunder Sehnen durchgeführt wur-den. Eine degenerierte Sehne hätte ein deutlich grö-ßeres Risiko, bei einem Unfall Schaden zu nehmen. Natürlich ist die Aussagekraft dieses einfachen

Modells begrenzt: Beispielsweise kann die weicheAufhängung des Schulterblatts mit Muskeln Belas-tungsspitzen im Schultergelenk beeinflussen. Einsinnvolles Aktivierungsmuster schützender Mus-keln kann unter Umständen ebenfalls dazu bei-tragen, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu er-leiden. Beide Punkte werden im Modell nicht be-achtet. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse der Stu-

die jedoch, dass die These, Degeneration der Sehnesei die Hauptursache für eine Ruptur, hinterfragtwerden sollte.

Abb. 2: Dehnung der Supraspinatus-Sehne inAbhängigkeit der äußerenUnfallkraft und der Stimulation des Musculussupraspinatus. Bei großerKraft und großer Stimula-tion nimmt die SehneSchaden (grün: keineSchädigung, gelb: plasti-sche Verformung, rot:Riss).

Sehn

en-Dehnu

ng

Stimulation

ein wenig umgelenkter Musculus supraspinatus,z-Kraft aus Bewegung geschätzt

F StossMax

= 801,1 N= 871,6 N= 967,6 N= 1.106,3 N= 1.324,4 N= 1.716,8 N= 2.631,3 N= 7.210,3 N

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Jahrbuch Prävention 2011

Abduktion: Wegführen des Arms vom Körper, Heben des ArmsAdduktion: Heranführen des Arms an den KörperDegeneration: Alterserscheinungen biologischer Gewebe, die zu (negativen) Veränderungen der me-

chanischen Eigenschaften führenElastizität: nach Verformung durch äußere Kraftwirkung nimmt der Gegenstand seine ursprüngliche

Form wieder ein, wenn die äußere Kraft nicht mehr wirktIn vitro: Untersuchung an Gewebe von KörperspendernKollagenfaser: Hauptbestandteil von Sehnen, sehr zugfestRuptur: Riss von BindegewebeSteifigkeit: Verhältnis von Längenänderung und der für die Längenänderung notwendigen Kraft (z. B.

Gummiband)

Bassett et al.: Glenohumeral muscle force and moment mechanics in a position of shoulder instability. J Bio-mech, 1990Clark & Harryman: Tendons, ligaments, and capsule of the rotator cuff. Gross and microscopic anatomy.

J Bone Joint Surg Am, 1992Günther et al.: High-frequency oscillations as a consequence of neglected serial damping in Hill-type muscle

models, Biol Cybern, 2007Itoi et al.: Tensile properties of the supraspinatus tendon. J Orthop Res, 1995Lake et al.: Tensile properties and fiber alignment of human supraspinatus tendon in the transverse direction

demonstrate inhomogeneity, nonlinearity, and regional isotropy. J Biomech, 2010Siebert et al.: Nonlinearities make a difference: comparison of two common Hill-type models with real mus-

cle. Biol Cybern, 2008

Literatur

Glossar

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Erkenntnisse zu Arbeitszeiten von Auszubildenden im ersten Lehrjahr

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Der Tagesablauf der Auszubildenden im Gastgewerbe

Die BGN befragte Auszubildende in Hotels und Gaststätten eine Woche lang täglich zu bestimm-ten Aspekten des Tagesablaufs. Herausgekommen sind differenzierte Erkenntnisse über Arbeits-und Regenerationszeiten.

Zur Vorbereitung einer Intervention wurde beiAuszubildenden im ersten Lehrjahr eine Studie zurZeitnutzung durchgeführt. Im Februar und März2009 befragten Mitarbeiter der BGN-PräventionAuszubildende im Gastgewerbe eine Woche langtäglich außerhalb der Arbeitszeit zu ihrem Tages-ablauf und zum Rauchen (computerunterstütztesTelefontagebuch).Ziel der Studie war es, Tagesabläufe bei der prak-

tischen Ausbildung in der Gastronomie zu beschrei-ben: Zeitaufwand für bezahlte Arbeit (Arbeitszeit,Arbeitspause, Arbeitsweg), für unbezahlte Arbeit(Verpflichtungen, Hausarbeit), für Regeneration(schlafen, liegen), Freizeit (Zeit im Haus, Zeit außerHaus mit Unterscheidung in/außerhalb eines Gas-tronomiebetriebes) und Zeiten, wann gerauchtwird (nach Einführung der Nichtraucherschutzge-setze). Ferner sollte eine Erhebungsmethode beiunregelmäßigen Arbeitszeiten erprobt werden. 2010 schloss die BGN die Auswertungen der kom-

pletten Wochenverläufe von 78 Auszubildenden ab,darunter 32 Köche, 30 Hotelfachleute, 9 Systemgas-tronomen, 4 Restaurantfachleute, 3 Fachkräfte imGastgewerbe.

Die wichtigsten Ergebnisse

• Die Azubis arbeiteten durchschnittlich an 5 Ta-gen pro Woche (Range 1 bis 7), an den Wochen-endtagen fast genauso häufig wie an den übri-gen Wochentagen.

• Die reine Arbeitszeit in der Erhebungswoche lagbei durchschnittlich knapp 39,5 Stunden (Range 8

bis 83 Stunden), die Zeit im Betrieb (Arbeitszeit +Ruhepausen) betrug gut 42,8 Stunden (Abb. 1).

• Im Mittel arbeiteten Köche 8,4 Stunden/Tag, Hotelfachleute 8,1 Stunden/Tag und Auszubil-dende der übrigen Fächer 7,5 Stunden/Tag. Die sozial wirksame Arbeitszeit lag zwischen 8 Stunden/Tag (Restaurantfachleute) und 10,5Stunden/Tag (Köche).

• Gut ein Drittel der Arbeitstage begann vor 8 Uhr.Bei Köchen und Hotelfachleuten endeten 30 %bzw. 38 % der Arbeitstage nach 22 Uhr. Bei Sys-temgastronomen und Restaurantfachleuten galtdas für über 50 % der Arbeitstage.

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• Die Arbeitszeiten von Jugendlichen und Volljäh-rigen unterschieden sich kaum. Das Arbeitsendelag jedoch bei Jugendlichen früher als bei denVolljährigen. An 40 % der Arbeitstage Volljähri-ger und 30 % der Arbeitstage Jugendlicher ende-te der Arbeitstag nach 22 Uhr.

• Über ein Drittel der Arbeitstage von Köchen undRestaurantfachleuten waren geteilte Dienste. Andiesen Tagen waren die reinen Arbeitszeiten imSchnitt länger und die Arbeitspausen kürzer alsan anderen Arbeitstagen.

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Abb. 1: Wöchentliche Zeit im Betrieb (Arbeitszeit + Ruhepause) von Auszubil-denden im Gastgewerbeim ersten Lehrjahr.

Die Zeitnutzung in der gesamten Erhebungswo-che stellt sich wie folgt dar (Abb. 2): Die sozial wirk-same Arbeitszeit (Arbeitszeit + Ruhepause + Ar-beitsweg) lag bei Köchen am höchsten mit knapp51 Stunden/Woche. Hotelfachkräfte folgten mitknapp 48 Stunden/Woche. Der Aufwand für unbe-zahlte Arbeit belief sich auf knapp 4 Stunden/Wo-che. Zur Regeneration benötigten die Auszubilden-den zwischen 62 und 65 Stunden/Woche. Es blie-ben zwischen 51 und rund 56 Stunden/Woche zurfreien Verfügung.

Abb. 2: Zeitnutzung von Auszubildenden im Gastgewerbe/Vergleichnach Fachrichtung. Dargestellt ist eine Woche(= 168 Stunden).

Zeit im Betrieb in Stunden

Mittelwert = 42,8 Std.-Abw = 14,3 N = 78

Häu

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100

150

Stun

den

/ Woc

he

Koch Hotelfach andere

51,3 55,8 56,6

65,1

3,6

42,7

60,9

3,5

47,8

62,0

4,0

50,7

Freie Disposition

Regeneration

Unbezahlte Arbeit

Arbeitsbezogene Zeit

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Die Regenerationszeit verbrachten die Befragtenfast ausschließlich mit Schlafen. Volljährige schlie-fen im Durchschnitt 7,8 Stunden pro Nacht, Jugend-liche 8,4 Stunden. Das Arbeitsende hatte auf dieSchlafdauer eher wenig Einfluss. Vor allem beein-flusste die Aufstehzeit die Dauer des Schlafens (Abb.3). Wenn die Auszubildenden vor 6 Uhr aufstehenmussten, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein,verkürzte sich die Nachtruhe auf rund 6,2 Stunden.Erwähnenswert: Bei der Zeit zwischen Arbeits-

ende und Zubettgehen fiel auf, dass die Auszubil-denden an Arbeitstagen mit späterem Arbeitsendeihre Aktivitäten im und außer Haus reduzierten.Der durchschnittliche Zeitaufwand für Gastrono-miebesuche blieb jedoch gleich.

Diskussion

Die Auszubildenden im ersten Lehrjahr schätztendie Erhebungswoche als normale bis eher ruhigeArbeitswoche ein. Die reine Arbeitszeit lag etwasunter und die Zeit im Betrieb etwas über den Wer-ten, die im Mikrozensus für gleich alte Vollzeitbe-schäftigte im Gastgewerbe als Arbeitszeit erhobenwurden (Statistisches Bundesamt 2008). Ebenfalls etwas niedriger als in dieser Studie la-

gen die Arbeitszeitschätzungen von Auszubilden-den der Gastronomie-Fächer in der DGB-Jugend-studie (2008). Die erhobenen Werte zur sozial wirk-samen Arbeitszeit lagen teilweise im Bereich derAngaben etwas älterer Gastronomiemitarbeitermit geringer Nachtarbeit (Seibt, A., Seibt, R., Hun-ger, B. 2010).

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vor 6:00 6:00–8:15Aufstehzeit zur ArbeitFehlerbalken: +/– 1 SD

8:30–9:45 nach 10:00

Abb. 3: Durchschnittliche Schlaf-dauer von Auszubildendenvor Arbeitstagen nachAufstehuhrzeiten. Zusätz-lich eingezeichnet ist dieStandardabweichung.

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Jahrbuch Prävention 2011

Carskadon, M., Vieira, C., Acebo, C.: Association between Puberty and Delayed Phase Preference, Sleep, 1993;16 (3): 258 –262DGB-Bundesvorstand (Hrsg.): Ausbildungsreport 2008. www.dgb-jugend.de/ausbildungGiannotti, F., Cortesi, F., Sebastiani, T., Ottaviano, S.: Circadian preference, sleep and daytime behaviour in ado-

lescence, J. Sleep Res., 2002, 11: 191–199Grzech-Sukalo, H. & Hänecke, K.: Jugendarbeitsschutz in der Praxis. Jahresdokumentation 2008 der Gesell-

schaft für Arbeitswissenschaft, Bericht zum 54. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft in München,9. bis 11. 4. 2008. Dortmund, GfA-Press, 2008: 371–374 Guhlemann, K., Georg, A., Schwinger, E., Schlote-Sautter, B., Bärenz, P.: Auswirkungen der Arbeit auf junge Be-

schäftigte und deren Lebenswelten. Vortrag bei dem Workshop „Auswirkungen der Arbeit in der Gastronomieauf junge Beschäftigte und deren Lebenswelten“ in Dortmund am 28. 9. 2010Seibt, R., Seibt, A., Hunger, B.: Erste Ergebnisse zu Gesundheit und Schlaf bei Beschäftigten im Gastronomie-

und Backgewerbe. Grieshaber, R., Stadeler, M., Scholle, H.-C. (Hrsg.): 11. Erfurter Tage: Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen. Jena 2010: 147–153Statistisches Bundesamt 2008: Datenauszug aus dem Mikrozensus 2005 für die BGN: Das Gastgewerbe im

Vergleich zu allen übrigen Wirtschaftszweigen. Unveröffentlichte eigene BearbeitungWindemuth, D., Eckhardt, G., Müller-Gethmann, H., Seifert, M.: BGAG-Report 1/2001. Hauptverband der ge-

werblichen Berufsgenossenschaften (HVBG): Lage und Dauer der Arbeitszeit aus Sicht des Arbeitsschutzes,Sankt Augustin, 2002Wirtz, A.: Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer Arbeitszeiten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz

und Arbeitsmedizin, Dortmund, 2010

Literatur

Die sozial wirksamen Arbeitszeiten der Auszubil-denden fielen häufig in Zeitabschnitte, in denenandere Erwerbstätige frei haben. Im Empfindenauch von Auszubildenden, die gern im Gastgewer-be arbeiten, schränken Abendarbeit und kurzfristi-ge Änderungen die Möglichkeit sozialer Kontakteerheblich ein (Guhlemann 2010). Besonders un-günstig erscheinen geteilte Dienste. Häufig können aufgrund unterschiedlicher Ar-

beitszeiten soziale Kontakte nur relativ spät abendsstattfinden. Sie sind jedoch wichtig für die Auszu-bildenden, um beruflich bedingte Beanspruchun-gen durch soziale Ressourcen abzumildern (Wirtz2010; Windemuth et al. 2001). Ihnen wird mögli-cherweise Priorität vor dem nötigen Nachtschlafeingeräumt (Wirtz 2010). Späte Bettzeiten kommenvielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen ent-gegen aufgrund ihrer Neigung zu einer zirkadia-nen Phasenverlängerung (Carskadon et al. 1993; Gi-

annotti et al. 2002). Sie können jedoch zu einem er-heblichen Schlafdefizit führen, wenn am nächstenMorgen wieder gearbeitet werden muss. Möglicherweise geht die erhöhte Unfallrate bei

Jugendlichen nicht nur auf Unerfahrenheit und Ri-sikobereitschaft, sondern auch auf Übermüdungund Auswirkungen der zirkadianen Phasenverlän-gerung zurück. Überlegungen könnten dahin gehen, ältere Mit-

arbeiter, die eher dem „Morgentyp“ entsprechen,für frühe Dienste einzuteilen und Jugendliche bzw.junge Erwachsene für Tagdienste oder moderateSpätdienste. Ein spätes Arbeitsende ist jedoch zuvermeiden, denn für viele Auszubildende sind dasHeimkommen (Angewiesensein auf öffentlicheVerkehrsmittel) und die Sicherheit auf dem Heim-weg zu später Stunde ein Problem (Guhlemann2010; Grzech-Sukalo & Hänecke 2008).

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Erkenntnisse zu Hautgefährdungen und Hautprävention in der Fleischwirtschaft

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Hautsache

Das Risiko einer beruflichen Hauterkrankung lässt sich durch gezielte Information der Beschäftig-ten und die Bereitstellung von Hautschutz- und Hautpflegemitteln erheblich verringern. Das hateine Studie zu Hautgefährdungen in der Fleischbranche jetzt bestätigt.

Die Beschäftigten der Fleischwirtschaft sind ei-nem erhöhten Risiko ausgesetzt, eine beruflicheHauterkrankung zu entwickeln. Das zeigt sich auchdarin, dass Erkrankungen der Haut dort der häu-figste Grund für eine Berufskrankheiten-Anzeigesind (50 % aller BK-Anzeigen). Welche Risikofakto-ren spielen bei diesen beruflichen Hauterkrankun-gen eine Rolle und mit welchen Präventionsmaß-nahmen lassen sie sich verringern?

Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich ein For-schungsprojekt im Rahmen der GemeinsamenDeutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Berufsge-nossenschaft, Universitätsklinikum Heidelberg, Ab-teilung klinische Sozialmedizin, und das Landes-amt für Umwelt- und Arbeitsschutz des Saarlandesgingen gemeinsam den Hautbelastungen in ver-schiedenen Arbeitsbereichen der Fleischwirtschaftund den Auswirkungen dieser Belastungen auf dieHautgesundheit der Beschäftigten auf den Grund.

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Jahrbuch Prävention 2011

Dazu untersuchten die Projektpartner 649 Be-schäftigte aus 7 Betrieben und befragten sie zu ih-rer Hautbelastung und zu Präventionsmaßnahmen.Sie erfassten und bewerteten die beruflichen undauch außerberuflichen Risikofaktoren der Beschäf-tigten. Sie erfassten die Häufigkeit von Handekze-men und untersuchten Angebot und Effektivitätvon Präventionsmaßnahmen.In 5 dieser Betriebe hatten im Vorfeld der Unter-

suchung gezielte Beratungen der Beschäftigten zuHautschutz- und Hautpflegemaßnahmen stattge-funden. Diese 5 Betriebe stellten ihren Beschäftig-ten Informationen, Hautschutz- und Hautpflege-mittel sowie geeignete Schutzhandschuhe für Rei-nigungsarbeiten zur Verfügung.

Ergebnisse

Nachfolgend die Ergebnisse der Projektstudie imÜberblick:• 75 % aller Beschäftigten waren am ArbeitsplatzHautbelastungen ausgesetzt. Diese Belastungenentstehen durch direkten Hautkontakt mit feuch-ten Oberflächen, durch Arbeiten mit flüssigkeits-undurchlässigen Schutzhandschuhen, durch Kon-takt mit hautirritativen Stoffen und durch Kälte.

• 20 % aller untersuchten Beschäftigten wiesenHautveränderungen auf. Die meisten von ihnenempfanden die Hautveränderungen als normale,branchentypische Erscheinung.

• Bei männlichen und weiblichen Beschäftigtengibt es keinen signifikanten Unterschied, was dieHäufigkeit festgestellter Hautveränderungen be-trifft.

• Die Gefahr, dass eine Hauterkrankung entsteht,nimmt erheblich zu, je öfter die Hände gereinigtund desinfiziert werden (siehe auch Abb.).

• Der Verdacht, dass Menschen mit trockener Hautstärker als Menschen mit normaler Haut gefähr-det sind, eine Hauterkrankung zu entwickeln, be-stätigte sich.

• In allen Bereichen mit hautbelastender Tätigkeitwurden Hauterkrankungen festgestellt. Sie ka-men in allen Bereichen gleich häufig vor.

• Die Beschäftigten in den 5 Betrieben mit vorheri-ger Beratung und Versorgung mit Hautschutz-und Hautpflegemitteln wiesen deutlich (50 %)weniger Hauterkrankungen auf.

0

5

10

15

20

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< 10-mal pro Tag

14,4

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(%)

Handwasch-/Desinfektionsfrequenz

Zusammenhang Waschen – HandekzemMit häufigerem Waschen/Desinfizieren steigt

die Wahrscheinlichkeit eines Handekzems

10- bis 20-mal pro Tag

19,0

> 20-mal pro Tag

26,7

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Jahrbu

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Schlussfolgerungen und Maßnahmen

Die Studie bestätigt: Einfache Maßnahmen wiedie gezielte Information der Beschäftigten und Be-reitstellung geeigneter Hautschutz- und Hautpfle-gemittel senken bereits das Risiko beruflicher Haut-erkrankungen erheblich. Um das Risiko dauerhaftzu senken, müssen die Verantwortlichen in den Un-ternehmen die Hautprävention ernst nehmen undvon kompetenten Ansprechpartnern hinreichendinformiert werden. Bei allen, die Hautbelastungenam Arbeitsplatz ausgesetzt sind, muss das Bewusst-sein geschaffen werden, dass sich Prävention fürsie selbst lohnt.Die an der Studie beteiligten Hautärzte berieten

alle untersuchten Beschäftigten intensiv zu Haut-schutz- und Hautpflegemaßnahmen. Den Unter-nehmern legten sie die im jeweiligen Betrieb ge-wonnenen Ergebnisse vor. Sie bewerteten die zumUntersuchungszeitpunkt vorhandenen Präventi-onsmaßnahmen und schlugen Verbesserungen vor.Außerdem gaben sie Empfehlungen zu Auswahlund Einsatz von Schutzhandschuhen, die die Unter-nehmen umsetzten.

Zukünftige Aufgaben

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, mit denenein Betrieb die Wahrscheinlichkeit beruflicherHauterkrankungen wesentlich reduzieren kann:

• Hautgefährdungen müssen bei der Gefährdungs-beurteilung intensiver betrachtet werden.

• Handereinigung und -desinfektion müssen inAbsprache mit der Qualitätssicherung auf daszwingend erforderliche Maß reduziert werden.

• Die Handdesinfektion ist vorrangig mit rückfet-tenden Präparaten durchzuführen.

• In zwangsgeführte Hygieneschleusen solltenHautschutzmittel-Spender eingebaut werden.Diese Verbesserung sollte auch mit den Herstel-lern diskutiert werden.

• Beschäftigte und Unternehmer müssen stärkerfür den Hautschutz sensibilisiert werden – durchBeratung von Arbeitsmedizinern.

• Bei Einstellungsuntersuchungen ist eine Anam-nese im Hinblick auf Vorerkrankungen oder anla-gebedingte Risikofaktoren durchzuführen.

• Menschen mit trockener Haut müssen besondersintensiv arbeitsmedizinisch beraten werden. Au-ßerdem muss regelmäßig überprüft werden, obdie Präventionsmaßnahmen umgesetzt werdenund erfolgreich sind.

Diese Maßnahmen sind sowohl aus Sicht der Für-sorge für die Beschäftigten als auch in finanziellerHinsicht für die Unternehmen erstrebenswert.

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Jahrbuch Prävention 2011

Erkenntnisse in der Allergiediagnostik

Treffsicheres Verfahren zum Allergienachweis

Die BGN setzt bei der Allergiediagnostik von Roggen- und Weizenmehlallergien bei Bäckern auchdas Verfahren der Durchflusszytometrie ein. Untersuchungen mit Allergikern und Nichtallergikernhatten gezeigt, dass dieses Nachweisverfahren eine hohe Spezifität aufweist.

Die BGN nutzt das Verfahren der Durchflusszyto-metrie dazu, ein Aktivierungsmolekül auf basophi-len Granulozyten, eine Untergruppe der weißenBlutkörperchen, vor und nach Stimulation mit Rog-gen- und Weizenmehl im Zytometer darzustellen.Basophile Granulozyten spielen eine Schlüsselrollein der Antigenpräsentation von Allergenen: Sie sindin der Lage, eine allergietypische Immunantwortmittels so genannter T-Helfer-Zellen hervorzuru-fen, indem sie sowohl als antigenpräsentierende

Zellen fungieren, als auch Mediatoren freisetzen,um die Produktion von T-Helfer-Zellen voranzutrei-ben. Gleichzeitig spielen Basophile auch als Effektor-

zellen bei allergischen Reaktionen eine wichtigeRolle: Sie produzieren und speichern eine Reihe va-soaktiver und immunmodulatorischer Mediatoren,die bei einer allergischen Reaktion freigesetzt wer-den und so zum klinischen Bild der allergischenSymptome beitragen.

Eine Mitarbeiterin des BGN-Gesundheitsschutzes bearbeitet Proben des Basophilenassays am Durchflusszytometer.

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11 Die BGN-Untersuchung

Die BGN hat bis Ende 2010 mit dieser Methodebei 169 erkrankten Asthmatikern und/oder Rhiniti-kern, die gemäß der arbeitsmedizinischen Vorsor-geverordnung nach dem Grundsatz 23 (obstruktiveAtemwegserkrankungen) arbeitsmedizinisch un-tersucht wurden, Daten erhoben. Des Weiterenwurden 31 Proben nicht allergischer Probanden un-tersucht. Getestet wurde jeweils die CD203c-Ex-pression nach allergenspezifischer Stimulation desFrischblutes mit kommerziellen Roggen- und Wei-zenmehlextrakten (Abb. 1a und 1b). Der sich errechnende Stimulationsindex dient

bei Allergikern der Quantifizierung der IgE-vermit-telten Immunantwort auf Effektorzelllevel. Dieprinzipielle Stimulierbarkeit der Granulozyten wird

CD203c-Expressionsdichte als Indikatoreiner allergenspezifischen Stimulation

Basophile exprimieren den bei Allergien relevan-ten hochaffinen IgE-Rezeptor Fc

εRI sowie das Akti-

vierungsmolekül CD203c. Nach allergenspezifi-scher Stimulation steigt die Expressionsdichte vonCD203c auf der Zelloberfläche so stark an, dass dieFluoreszenzintensität der markierten basophilenGranulozyten um das Zehnfache ansteigt und imDurchflusszytometer dargestellt werden kann. DerStimulationsindex SI ergibt den Anteil der Basophi-len, die nach allergenspezifischer Stimulation einedeutlich höhere CD203c-Expressionsdichte als dieunstimulierten Basophilen haben. Der Stimulati-onsindex wird als positiver Befund im Sinne der al-lergischen Reaktion ab einem Wert von SI > 2,0 ge-wertet.

Abb. 1a: Durchflusszytometrische Messung von CD203c auf basophilen Granulozyten; links Proband unstimuliert, rechts Proband Positivkontrolle

Abb. 1b: Durchflusszytometrische Messung von CD203c auf basophilen Granulozyte ; links Stimulation mit Roggenmehl,rechts Stimulation mit Roggenmehl 997

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Jahrbuch Prävention 2011

im Vorfeld des Testverfahrens mit einer Positivkon-trolle erhoben (Abb. 1c): Hier waren 92 % der er-krankten Bäcker und 90 % der nicht allergischenProbanden für das Testverfahren geeignet. Aus die-sem Probandenkreis konnte bei ca. 86 % der er-krankten Bäcker eine Stimulation der Basophilenmit Mehlen erreicht werden. Das entspricht rech-nerisch einer hohen Sensitivität von 86 %, da beikeinem der nicht allergischen Probanden eine Sti-mulation der Basophilen mit Weizen- oder Roggen-mehl erreicht wurde. Diese Tatsache zeigt zudem, dass das Nachweis-

verfahren eine hohe Spezifität aufweist. Bezogenauf die einzelnen Allergene f4 und f5 ergibt sich fürf4 (Weizenmehl) eine Sensitivität von 80 % und fürf5 (Roggenmehl) von 83 %. In diesem Kollektiv der„BAT-Positiven“ ergaben sich bei der üblichen Aller-

Der Begriff Durchflusszytometrie beschreibt ein Messverfahren, das in der Biologie und Medizin zurAnwendung kommt. Dabei werden Zellen je nach Größe, Struktur und/oder Färbung im Zytometer un-terschiedlich dargestellt. Das Prinzip der Untersuchung beruht darauf, dass Blutzellen optische Signaleaussenden, wenn sie einzeln einen Laserstrahl passieren. Die Zellen streuen einen Teil des Lichts, dasvon Detektoren nachgewiesen wird. Die Menge des gestreuten Lichts korreliert mit der Größe der Zel-len und ihrer Komplexität (Granularität). Mit diesen beiden Parametern lassen sich die Zellen des Blu-tes bereits recht gut unterscheiden. Außer dem gestreuten Licht können im Durchflusszytometer mitFluoreszenzfarben markierte Zelloberflächenmoleküle gemessen werden.

Wie die Durchflusszytometrie funktioniert

gentestung mittels CAP-RAST-FEIA 81 % Sensibili-sierte für f4 und 85 % Sensibilisierte für f5. Somit konnte mit dem durchflusszytometrischen

Assay für Basophile nicht nur wie im CAP-RAST-FEIA allergenspezifisches IgE nachgewiesen wer-den. Darüber hinaus konnte auch ergänzend zurüblichen Allergentestung der Nachweis funktions-tüchtiger, aktivierter basophiler Granulozyten er-bracht werden, die u. a. als sensitive Effektorzellender IgE-vermittelten allergischen Reaktion im Fo-kus stehen.

Abb. 1c: Durchflusszytometrische Messung von CD203c auf basophilen Granulozyten; links Stimulation mit Weizenmehl,rechts Stimulation mit Weizenmehl 1050

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Erkenntnisse für die branchenspezifische Gesundheitsdiagnostik

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Die ASD*BGN-Studie „Psyche und Gesundheitam Arbeitsplatz“

Die Studie „Psyche und Gesundheit am Arbeitsplatz“ untersucht den Zusammenhang zwischengewerbezweigspezifischen Belastungen und Beanspruchungsreaktionen. Ziel ist es, ein praxis-taugliches Instrument zu entwickeln, mit dem das Gesundheitsrisiko von körperlichen und psychischen Belastungen und Beanspruchungsreaktionen am Arbeitsplatz stufenweise bewertetwerden kann.

2007

T1

T2

Planung/Vorbereitung

Test-lauf T1: Erhebungsstufen 1/2

T2: Erhebungsstufen 1/2

T2: Erhebungs- stufe 3

T1: Erhebungsstufe 3

2008 2009 2010 2011

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Im Fokus der als Längsschnittstudie angelegtenASD*BGN-Studie „Psyche und Gesundheit am Ar-beitsplatz“ stehen die Entwicklung und Validierungeines Screening-Instruments zur Diagnostik psy-chischer Beanspruchungsfolgen. Die Validierungwird an etablierten klinischen Diagnostikinstru-menten, an arbeitsmedizinischen und psychologi-schen Diagnosen sowie an physiologischen Para-metern durchgeführt. Ziel ist es, Risikoindizes abzuleiten, die in der be-

triebsärztlichen Routinediagnostik verwendet wer-den können. Die Studie ist ein Kooperationsprojektdes Arbeitsmedizinischen und Sicherheitstechni-schen Dienstes der BGN – ASD*BGN, des Otto-Selz-Instituts für Angewandte Psychologie der Universi-tät Mannheim und der BGN-Prävention.

Studienplanung und -verlauf

Die Studienplanung sieht einen Untersuchungs-verlauf mit den beiden Studienabschnitten T1 undT2 und einer Laufzeit bis 12/2011 vor (Abb.). In denErhebungsstufen T1 und T2 erhalten alle Proban-den eine Basisdiagnostik, um relevante Gesund-heitsgefährdungen zu identifizieren. Im Rahmender Validitätsstudie (Studienabschnitt T1) werdendie Ergebnisse der Basisdiagnostik mit den Ergeb-nissen einer erweiterten Stress- und Komorbidi-tätsdiagnostik verglichen. Probanden, die ein ho-hes Risiko aufweisen, werden in Erhebungsstufe 3in einer Einzelfalldiagnostik umfassend beratenund betreut. Der Mitte 2010 gestartete Studienabschnitt T2 er-

laubt es, die Messgenauigkeit der Instrumente zuprüfen und sie auf die wesentlichsten Parameterzu reduzieren. Dabei wird außerdem ihre Vorhersa-gevalidität über einen Zeitraum von 1,5 bis 2 Jahrenfestgestellt. Folgende Vorteile ergeben sich durchdas gewählte Studiendesign:

• Risikoeinschätzung beginnender Gesundheitsstö-rungenZiel ist, ein effizientes und praxistaugliches In-strument zu entwickeln, mit dem sich das Risikobeginnender Gesundheitsstörungen auf körperli-cher und psychischer Ebene einschätzen lässt.Dies ermöglicht zum einen Interventionen in ei-nem frühen Stadium und dient zum anderen alsWirksamkeitsprüfung von Präventions- und In-terventionsmaßnahmen.

• Gewerbezweigspezifisch und orientiert an typi-schen TätigkeitsfeldernDas Studiendesign ermöglicht, die typischen Be-lastungen an Arbeitsplätzen in den BGN-Bran-chen besonders zu berücksichtigen. Die Beratungkann sich sowohl an den gewerbezweigspezifi-schen Belastungen orientieren als auch berufs-gruppenspezifische Beanspruchungsfolgen be-rücksichtigen.

• Aufwandsminimierung durch StufenkonzeptDas stufenweise Vorgehen reduziert den Unter-suchungsaufwand. Denn in den ersten Stufengibt es nur kurze Screenings, und nur die wahr-scheinlich gefährdeten Personen müssen genauuntersucht werden. Am Ende des ersten Studien-abschnitts T1 wurde bei 108 von ca. 800 Proban-den eine vertiefende Einzelfalldiagnostik und Be-ratung durchgeführt. Die Längsschnittstudie er-laubt darüber hinaus, die Diagnostik am realenErkrankungsrisiko zu überprüfen.

Anwendbare Ergebnisse während der Studienphase

Gerade bei der Bearbeitung einer Längsschnitt-studie ist es wünschenswert, schon im Projektver-lauf verwertbare Zwischenergebnisse zu generie-ren. In der ASD*BGN-Studie wird dieses Anliegensehr konkret realisiert. Alle Probanden erhalten

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11 eine individuelle Rückmeldung zu ihrem Gesund-heitsstatus. Sie umfasst allgemeinmedizinischeCheck-ups, aber auch eine spezifische Beratung, wieman mit psychischen und physischen Beanspru-chungsreaktionen umgehen kann. Bislang wurden mehr als 800 individuelle Rück-

meldungen erstellt. Ein persönliches Beratungsge-spräch wurde bei 108 Probanden realisiert.

Bernhardt, A., Baus, D., Hölzl, R.: Psychische Beanspruchung und Gesundheit am Arbeitsplatz: Gefährdungs-und Risikobewertung. Forschungsbericht No. 54 aus dem Otto-Selz-Institut für Angewandte Psychologie –Mannheimer Zentrum für Arbeit und Gesundheit, Universität Mannheim, 2008 Bernhardt, A. et al.: Psychische Beanspruchung und Gesundheit am Arbeitsplatz: Gefährdungs- und Risikobe-

wertung – Abschlussbericht 2010, Otto-Selz-Institut, Universität Mannheim, 2010

Literatur

Bundesweites Netzwerk

Im Zuge der Studie soll weiterhin ein Netzwerkinterner und externer psychologischer Ansprech-partner genutzt werden, das den Betriebsärzten zurZusammenarbeit und weiteren Betreuung im Ein-zelfall zur Verfügung steht. Das stellt eine hoheQualität des Beratungs- und Betreuungsangebotssicher.

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Entwicklungen und Inovationen

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Forschung und Entwicklung stehen im Wirtschafts-leben meistens ganz am Anfang der Wertschöpfungs-kette. Hier werden die Weichen für effektive und qua-litätsorientierte Produkte und Leistungen gestellt.Auch für die Prävention spielen Forschung und Ent-wicklung eine wesentliche Rolle.

Auf der Grundlage gewonnener Erkenntnisse aus unserer Forschungsarbeit erarbeiten wir neue techni-sche Lösungsansätze und Schutzkonzepte. Wir entwi-ckeln Ideen für neue Produkte und Produktverbesse-rungen. Hier arbeiten wir eng mit Herstellern, Nor-mungsgremien, Fachverbänden, Instituten usw.zusammen.

Unsere Entwicklungen helfen mit, die Arbeitsplätze,Arbeitsprozesse und Tätigkeiten sicher und gesund zugestalten. Die folgenden Beispiele geben einen Ein-blick in die Entwicklungsarbeit der BGN-Prävention.

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Entwicklungen und Innovationen: Schneidbretterhöhung

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Zu niedrige Arbeitshöhe ist ein Risikofaktor

Ein wesentlicher Risikofaktor beim Schneiden mit Messern ist eine zu niedrige Arbeitshöhe. Dashat die BGN im Rahmen einer in 2009 durchgeführten Studie zu Unfällen mit handgeführtenMessern herausgefunden. Jetzt hat die BGN zusammen mit einem Schneidbretthersteller eineSchneidbretterhöhung entwickelt. Damit lässt sich die Arbeitshöhe des Schneidbretts individuellanpassen.

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Unterschiedlich große Menschen verrichten inder Küche an einheitlich hohen Arbeitstischen ihreSchneidearbeiten. Zu niedrige Arbeitshöhe führtzwangsläufig zu ungünstigen Körperhaltungen.Schmerzen und Unachtsamkeit sind die Folgen. Siesind laut BGN-Studie zur Ermittlung bedeutsamerRisikofaktoren für das Entstehen von Unfällen mithandgeführten Messern in der Gastronomie eben-falls Risikofaktoren.

Zu niedrige Arbeitshöhen verhindern, dass derKoch das Messer zur schneidguthaltenden Handrechtwinklig führen kann. Es gilt: Je niedriger dieArbeitshöhe, desto spitzer ist der Winkel. Die Folge:Die Endglieder von Daumen, Zeige- und Mittelfin-ger der Hand, die Schneidgut hält, ragen in denWirkbereich der Messerschneide hinein. Somit ste-hen unzureichende Arbeitshöhen im direkten ursächlichen Zusammenhang mit Schnittverlet-zungen.

Eine einfache Lösung

Die BGN hat zusammen mit einem Hersteller fürSchneidbretter eine Schneidbretterhöhung entwi-ckelt, mit der sich die Arbeitshöhe individuell derKörpergröße anpassen lässt. Sie besteht aus 3 Rah-men von jeweils 5 cm Höhe, die einfach zusammen-gesteckt werden können. Auf diese Weise ist eineErhöhung in Dreier-Schritten bis zu 15 cm möglich.

Die übliche Arbeitstischhöhe von ca. 90 cm lässtsich so bis auf eine Höhe von ca. 105 cm ausbauen.Dieses Maß entspricht den einschlägigen Empfeh-lungen zur ergonomischen Gestaltung von Arbeits-plätzen. Danach liegt eine optimale Arbeitshöhevor, wenn sich die Arbeitsfläche ca. 15 cm unterhalbdes Ellenbogens befindet.

Sonderausführungen für vorhandeneSchneidbretter

Das für die Schneidbretterhöhung entwickelteRahmenprofil zur Staplung der Einzelrahmen ist soausgeführt, dass das Schneidbrett passgenau ein-gelegt werden kann und nicht verrutscht. Nebendieser Standardausführung bietet der Herstellerauch Sonderanfertigungen für die im Betrieb vor-handenen Schneidbretter an.

Damit die Schneidbretterhöhung nicht auf demArbeitstisch verrutscht, kann sie mit einer leicht zureinigenden Rutsch-Stopp-Folie unterlegt werden.Sämtliche Teile der Schneidbretterhöhung entspre-chen den Werkstoffeigenschaften von Schneidbret-tern.

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Entwicklungen und Innovationen: Kunststoff-Kutterwagen der neuen Generation

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Lärmarm, leicht und anwenderfreundlich

Edelstahl-Kutterwagen haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtlärm im Produktionsbereichfleischwirtschaftlicher Betriebe. Beim Abrollen, Aneinanderstoßen, Umkippen und Rütteln erzeu-gen sie Impulslärmspitzen von 105 bis 132 dB(C). Jetzt wurde im Rahmen eines Projektes ein neu-artiger Kutterwagen aus Kunststoff mit gleich mehreren Vorteilen entwickelt. Er ist lärmarm,leicht und anwenderfreundlich.

schen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV)– IFA – entstand in Zusammenarbeit mit einem füh-renden europäischen Hersteller von Kunststoffpro-dukten für die Nahrungsmittelbranche und unterstrikter Einhaltung der relevanten Baunorm DIN9797 ein vollkommen neuer Kutterwagen. Er istdoppelwandig und sehr robust. Das verwendete ro-tationsgegossene Polyethylen macht ihn überaushaltbar und schlagfest. Er ist für die rauen Bedin-gungen und die harte Behandlung in der Lebens-mittelproduktion besonders geeignet.

Die ehemalige Fleischerei-BG hatte im Rahmenihrer Schwerpunktaktion „Lärm-Stopp 2009“ dasProjekt „Optimierte Kunststoff-Kutterwagen für dieFleischbranche“ angestoßen. Hauptziel des Projek-tes war, einen Kunststoff-Kutterwagen – in derFleischbranche bisher selten im Produktionsalltageingesetzt – praxisgerecht weiterzuentwickeln. Da-bei lag der Fokus auf Ergonomie und Arbeitssicher-heit.

Unter der wissenschaftlichen Projektbegleitungdes heutigen Instituts für Arbeitsschutz der Deut-

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Farbe als Informationsträger

Die neuen Kunststoff-Kutterwagen gibt es in ver-schiedenen Farben. Das ermöglicht, Wagen unter-schiedlicher Farben für bestimmte Produkte bzw.Produktionsschritte einzusetzen. Das Prinzip „Farbeals Informationsträger“ kann die Prozessschritte ef-fektiver machen und das Logistiksystem optimie-ren. Es steht zudem im Einklang mit Anregungender Auditoren des International Food Standards(IFS).

Hohe Akzeptanz bei Nutzern

Die Praxistauglichkeit der Kunststoff-Kutterwa-gen wurde während einer intensiven, halbjährigenErprobungsphase in drei Betrieben der Fleischbran-che nachgewiesen. Dabei zeigte sich auch, dass dieProduktanhaftungen an den Innenwänden derKunststoff-Kutterwagen geringer sind als beimPendant aus Edelstahl. Das wirkt sich positiv aufden Arbeits- und Reinigungsaufwand aus. Die Ak-zeptanz der Nutzer für die neuen Kunststoff-Kut-terwagen war durchgehend sehr hoch. Die Kunst-stoff-Kutterwagen der neuen Generation sind seitAnfang 2011 erhältlich.

Halbierung der Lärmbelastung

Die durchschnittlichen Lärmemissionen betra-gen nur ca. 1/30 des Wertes der Edelstahl-Standard-wagen. Das bedeutet eine Lärmreduzierung ummaximal 17 dB(A). Der Tages-Lärmexpositionspegelder Mitarbeiter in den Produktionsbereichen kanndurch den konsequenten Einsatz der neuen Kunst-stoff-Kutterwagen um ca. 3 dB(A) gesenkt werden.Dies entspricht einer Halbierung der Lärmbelas-tung. Dieser Wert ist jedoch von vielfältigen Rah-menbedingungen des jeweiligen Produktionsum-feldes, z. B. Art, Anzahl und Laufzeit der eingesetz-ten Maschinen, abhängig. Die reduzierte Lärm-kulisse lässt zudem die Mitarbeiter Warnsignalebesser hören und schafft ein akustisch angeneh-meres Arbeitsumfeld.

Weniger Belastungen des Muskel-Skelett-Systems

Das Gewicht des Kutterwagens beträgt 22 kg,Edelstahl-Kutterwagen wiegen 40 kg. Mit den neu-en leichten Kutterwagen lassen sich die Belastun-gen des Muskel-Skelett-Systems der Nutzer deut-lich reduzieren. Das geringe Eigengewicht desKunststoff-Kutterwagens erlaubt eine bequemeHandhabung. Außerdem ist bei Unfällen mit Kut-terwagen, z. B. Kollisionen, Überfahren der Füße,Umstürzen auf Beine bzw. Füße, mit wenigerschweren Verletzungen zu rechnen.

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Entwicklungen und Innovationen: staubarme Trennmehle

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Mehl, das nicht den Atem nimmt

Mit staubarmen Trennmehlen ist ein echter Durchbruch gelungen, eine der Hauptstaubquellen inder Backstube wirksam auszuschalten. Staubarme Trennmehle sind damit ein wichtiger Bausteinin der Prävention von Bäckerasthma. Die BGN hat die Entwicklungen mit ausgedehnten Praxis-tests begleitet.

Hydrothermisch modifiziertes Weizenmehl

Herkömmliches Weizenmehl

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Jahrbuch Prävention 2011

Die Mehlbenetzung, ein neues Verfahren bei derMehlzugabe in den Kneter (vorgestellt im Jahrbuch2010), und hydrothermisch modifizierte, staubarmeTrennmehle sind zwei Entwicklungen, die einenDurchbruch bei der Vorbeugung und Vermeidungvon Bäckerasthma darstellen. Beide Entwicklungenhaben das Potenzial, die Staubbelastungen in derAtemluft in Backbetrieben deutlich zu reduzierenund damit das Problem Bäckerasthma zu entschär-fen.

Beim Verfahren der Mehlbenetzung wird dasMehl direkt vor der Verarbeitung mit Wasser be-netzt. Das ermöglicht eine staubarme Befüllungdes Kneters, nahezu staubfreies Ankneten undbringt ferner eine Reihe weiterer technologischerVorteile.

Neben der Teigherstellung ist die Teigaufarbei-tung die zweite bedeutende Staubquelle in derBackstube. Dafür ist das Streumehl bzw. Trennmehlverantwortlich. Aber auch hier ist eine Staubredu-zierung möglich: Wenn der Bäcker statt normalesBackmehl hydrothermisch modifiziertes Mehl alsTrennmehl (HT-Trennmehl) verwendet.

Handwerkliche Herstellung von HT-Trennmehl

Die Idee eines hydrothermisch behandeltenTrennmehls entwickelte sich aus der Mehlbenet-zung. HT-Trennmehl wird hergestellt, indem nor-males Backmehl, z. B. Weizen- oder Roggenmehl,mit der Benetzungsanlage schwach befeuchtet, an-schließend auf ein Blech gesiebt, im Ofen bei ca.

270 °C getrocknet und nochmals gesiebt wird. Dasso erzeugte HT-Trennmehl ist mit < 10 % Feuchtetrockener als Backmehl. Durch die Hitzebehand-lung ist es nahezu keimfrei und somit problemloszu lagern.

Die entscheidenden Unterschiede zwischen nati-vem Mehl und HT-Trennmehl liegen in der Größeund der Oberflächenbeschaffenheit der Partikeln.Die Behandlung mit Wasser und Hitze führt dazu,dass der Feinanteil des Mehls sich zu größeren Par-tikeln zusammenballt. Wird das HT-Trennmehl beider Teigaufbereitung am Backtisch eingesetzt, dannfallen die Partikeln sehr schnell zu Boden. Eine An-reicherung der Backstubenluft mit feinem Schweb-staub wird folglich vermieden. Die Oberfläche derPartikeln ist durch die Verkleisterung glatter undhydrophob anstatt hydrophil. Dies führt zu einerverringerten Haftung der Partikeln insbesonderean feuchten Oberflächen.

Industrielle Herstellung von HT-Trennmehl

Neben der handwerklichen Herstellung von HT-Trennmehl mit Mehlbenetzungsanlage, Siebanlageund Backofen („Gebert-Verfahren“) gibt es ein zwei-tes großtechnisches Verfahren, das auf demselbenPrinzip beruht. Dieses Verfahren setzt die Kampff-meyer Food Innovation GmbH zur Herstellung desProduktes „Ping-Pong 500“ ein. Ping-Pong 500 istebenfalls ein HT-Trennmehl, das sich vom hand-werklich hergestellten Pendant vor allem durch sei-ne höhere Rieselfähigkeit unterscheidet.

HT-Weizen-Trennmehl Weizenbackmehl Bäcker Hans Gebert schiebt benetztes Mehl in den Back-ofen, wo es bei 270 °C trocknet.

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Wie Bäcker das HT-Trennmehl einschätzen

Von der Theorie her ist zu erwarten, dass die Ver-wendung von HT-Trennmehl von großem Vorteilsein sollte, was die Staubkonzentration in der Back-stube betrifft. Letztendlich entscheidend ist aberdas Urteil der Bäcker. Aus diesem Grund hat dieBGN bislang in 36 Bäckereien, die die neuen HT-Trennmehle testeten, die Praxistests untersuchendbegleitet. Es handelte sich überwiegend um Betrie-be mit an Bäckerasthma erkrankten Bäckern. Dabeiwaren insbesondere drei Fragen von Interesse:

1.Wie lässt sich dieses Trennmehl verarbeiten? Gibtes Vor- oder Nachteile im Vergleich zu den bisherverwendeten Trennmehlen?

2. Gibt es Veränderungen der Produktqualität? Ver-ändert sich die Oberfläche der Backwaren?

3. Ganz wichtig: Ist eine Veränderung der Krank-heitsbeschwerden bei an Bäckerasthma erkrank-ten Bäckern zu beobachten?

Je nach persönlicher Arbeitsweise, Rezepturen,Produktspektrum und Gesundheitszustand beant-wortet jeder Bäcker diese Fragen etwas anders. Zu-sammengefasst sehen die Antworten folgender-maßen aus:

Bäcker Hans Gebert, an Bäckerasthma erkrankt, testet dasselbst hergestellte hydrothermisch behandelte Trenn-mehl: Er hat keine Probleme mit dem Mehlstaub, weil ernahezu keinen Feinanteil mehr enthält.

1. Die Bäcker beschreiben die Teigaufarbeitung mitHT-Trennmehlen überwiegend als gut. Die Stär-ken von Ping-Pong 500 liegen dabei eher bei derVerwendung in automatischen Mehlstreuern.Diese kommen bei guter Einstellung aufgrundder vorzüglichen Fließeigenschaften von Ping-Pong 500 mit sehr wenig Trennmehl aus. Ein Be-trieb konnte seinen Verbrauch um 75 % reduzie-ren. Für die manuelle Aufarbeitung am Backtischbevorzugten viele Bäcker das handwerklich her-gestellte Trennmehl. Es gleicht hinsichtlich Rie-selfähigkeit – und somit in der Handhabung –dem Backmehl.

2. Drei Viertel aller Bäcker stellten bei den fertigenProdukten keinen Unterschied durch die Verwen-dung von HT-Trennmehlen fest. Als nachteiligbeschreiben sie in wenigen Fällen, dass sich kei-ne Mehlkruste herstellen lässt. Das liegt daran,dass sich das Trennmehl aufgrund seiner hydro-phoben Eigenschaften nicht so gut mit dem Teig-ling verbindet. Ferner kann es bei hochglänzen-den Gebäckoberflächen bei Brötchen oder Brotenzu Einbußen im Aussehen kommen. In diesenspeziellen Fällen können die grobkörnigeren Par-tikeln doch zu Einschränkungen führen.

3. Alle Bäcker stellen übereinstimmend fest: Die Ar-beit mit HT-Trennmehlen setzt deutlich wenigerStaub bei der Teigaufarbeitung frei. Viele erkrank-te Bäcker empfinden das als eine wohltuende Lin-derung ihrer Beschwerden. Einige berichten be-geistert davon, dass sie jetzt viele Arbeiten wie-der ohne Staubmaske ausführen können.

Die Frage, ob sie HT-Trennmehle in Zukunft ver-wenden wollen, beantworten 78 % der Bäcker mitja. Aus Sicht der Prävention ist unbedingt zu emp-fehlen, dass nicht nur erkrankte, sondern geradeauch gesunde Bäcker HT-Trennmehl verwenden,um das Bäckerasthma zu vermeiden.

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Entwicklungen und Innovationen: CO-Detektion zur Brandfrüherkennung

Neuer Lösungsansatz für Dächerschachttrockner

In der Milchindustrie wird das von der Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheitund Arbeitsmedizin (FSA) und BGN entwickelte, auf CO-Detektion basierende Brandfrüherken-nungssystem für Sprühtrocknungsanlagen inzwischen weltweit eingesetzt. Auf Wunsch der R+VVersicherung prüften FSA/BGN in einem Projekt, ob dieses System auch für die Brandfrüherken-nung in Dächerschachttrocknern geeignet sein könnte.

Durchlauftrockner (Dächerschachttrockner) wer-den bei der Getreidetrocknung eingesetzt. Hierbeikommt es immer wieder zu Brandereignissen (Bild1), weil sie mit den vorhandenen Temperaturmess-systemen nicht früh genug erkannt werden. DieTemperatur des brennenden Produkts (Mais) war

Bild 1: Das Innere einesDächerschachttrocknersnach einem Brand

so hoch, dass die Aluminiumkonstruktion im In-nern des Trockners geschmolzen ist. In diesem Fallwurde der Brand erkannt, bevor das brennende Pro-dukt in die staubexplosionsgefährdeten Bereichedes Betriebes gelangte.

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Die CO-Entwicklung

Im Rahmen des Projekts untersuchten dieFSA/BGN-Mitarbeiter zuerst die CO-Entwicklungbei der Selbstentzündung von Getreide (Mais, Wei-zen) im Mannheimer Staublabor. Um das CO ver-lustfrei messen zu können, mussten sie eine neueVersuchseinrichtung entwickeln. Darin wird eineProduktprobe von z. B. 400 cm3 einer Temperaturausgesetzt, die zur Selbstentzündung des Produktesführt. Der Entzündungsprozess beginnt in der Mit-te der Probe. In dem sich dabei entwickelndenSchwelgas ist – wie durch Untersuchungen im Che-mielabor der BGN festgestellt wurde – CO der do-minierende Stoff.

Für die Brandfrüherkennung ist besonders dieCO-Menge interessant, die zu Beginn des Entzün-dungsprozesses entsteht. Bei einer Produktprobevon 400 cm3 ergaben sich beim Mais mindestens0,178 l CO/min und beim Weizen mindestens 0,230 lCO/min. Bei Volumina > 400 cm3 treten größere CO-Mengen auf, die nach der Erfahrung aus der CO-De-tektion in Sprühtrocknungsanlagen gemessen wer-den können. Bei einem Abluftvolumen von z. B.60.000 m3/h führt eine CO-Menge von 1 l CO/minzu einem gut messbaren Wert von 1 ppm.

Voraussetzung dafür ist, dass eine eventuelle Um-weltbelastung ausgeschaltet wird. Dies erreichteman mit dem Messgerät der Firma Horiba, das nachdem Cross-Flow-Verfahren arbeitet. Dabei wird dieZuluft zum Lufterhitzer als Referenzluft benutzt.Das Messgerät zeigt dann nur den CO-Wert an, dersich aus dem Trocknungsverfahren ergibt.

Beim Betrieb von Dächerschachttrocknern wer-den zur Erhitzung der Trocknungsluft immer häufi-ger direkte Feuerungen mit Gasbrennern einge-setzt. Dadurch können die auftretenden Vorbelas-tungen der Trocknungsluft mit CO erheblich sein.Messungen an einer Anlage mit über 300.000 m3/hAbluftvolumen haben Vorbelastungen bis zu 7,4 ppm ergeben. Selbst indirekte Feuerungen kön-nen Vorbelastungen aufweisen, z. B. wenn dieBrennkammer nicht mehr ganz dicht ist.

Funktionsprinzip eines Dächerschachttrockners

Beim Dächerschachttrockner (Abb. 1) bewegt sichdas Produkt durch Schwerkraft im Trockner nachunten. Warmluft und Kühlluft werden quer zur Be-wegungsrichtung durch das Produkt geführt. Nachder Trocknung im oberen Teil der Anlage gelangtdas warme Korn in die Kühlzone. Dort wird es mitAußenluft gekühlt, bevor es über eine Austragsein-richtung abgefördert wird. Der Name „Dächer-schachttrockner“ ergibt sich aus dem inneren Auf-bau und der Luftführung durch das Produkt.

Abb. 1

Funktionsprinzip eines Dächerschachttrockners

Luftführung durch das Produkt (rot = Warmluft, blau = Abluft)

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Test unter praxisähnlichen Bedingungen

Im Gegensatz zu den Warmlagerversuchen imLabor wird das zu trocknende Produkt innerhalbder Dächerschachttrockner von der heißen Luftdurchströmt. Um Aussagen über das Abbrandver-halten von Mais unter diesen Bedingungen ma-chen zu können, wurde eine Versuchseinrichtungkonstruiert und in den Wärmeschrank des Techni-kums der FSA in Kappelrodeck eingebaut (Bild 2).Mit einer in der Praxis zu erwartenden Anström-

geschwindigkeit von 0,3 m/s wurde die heiße Luftdurch eine Maisschüttung von 7,12 l gesaugt. Einekompakte Produktansammlung dieser Größenord-nung bliebe im Innern eines Dächerschachttrock-ners hängen und könnte sich langsam zum Glimm-nest entwickeln. Mit der Selbstentzündung des Glimmnestes kam

es zu einem schnellen CO-Anstieg, der bis über denMessbereich des Gerätes von 6 Vol.-% hinausging.Geschätzt wurde ein Wert von 8 Vol.-%, was unter

den Versuchsbedingungen einem Wert von ca. 50 lCO/min entsprechen würde. Bezogen auf ein Ab-luftvolumen von 300.000 m3/h entspräche dies ei-nem Wert von 10 ppm. Die Temperatur im Innern der Schüttung erreich-

te Werte über 1.200 °C (Warmlagerversuche max.620 °C). Die Abbrandgeschwindigkeit war ebenfallssehr viel höher als bei den Warmlagerversuchen.

CO-Detektion grundsätzlich für Dächerschachttrockner geeignet

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die CO-Detektion grundsätzlich geeignet ist, Glimmnesterin Dächerschachttrocknern zu erkennen. Für denpraktischen Einsatz der CO-Detektion in Dächer-schachttrocknern müssen aber noch Probleme, dieüber die Erfahrungen aus der Milchindustrie hi-nausgehen, gelöst werden. Hier sind insbesonderedie mögliche CO-Vorbelastung durch die Feuerun-gen, die Probenahme in Großanlagen mit mehre-ren Kaminen für die Abluft und mögliche Sträh-nenbildungen in den Abluftkanälen zu nennen.Auf der anderen Seite haben Dächerschachttrock-

ner gegenüber Sprühtrocknungsanlagen den Vor-teil, dass sich innerhalb des Trockners keine explo-sionsfähige Atmosphäre befindet. EntstehendeGlimmnester können deshalb nicht sofort als Zünd-quelle für Staubexplosionen wirken. Deshalb sindhöhere Alarmschwellen für das Auslösen vonSchutzmaßnahmen möglich. Außerdem könntenweniger aufwändige Messtechniken infrage kom-men. Der Abschlussbericht über das FSA/BGN-Pro-jekt wird im Internet veröffentlicht werden.

Bild 2: Versuchseinrichtung

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Vor diesem Hintergrund beauftragte die ehema-lige Fleischerei-Berufsgenossenschaft (FBG) das In-stitut für Arbeitsschutz der Deutschen GesetzlichenUnfallversicherung (IFA), nach einer alternativenAbsicherung zu suchen, die eine Schutzhaube über-flüssig macht. Außerdem sollte die Lösung einemöglichst hohe Bedienerfreundlichkeit aufweisen,um von vorneherein keinen Grund für Manipula-tionen zu bieten.

Entwicklungen und Innovationen: Neues Schutzkonzept für Fleischwölfe

Lichtschranke statt Schutzhaube

Wie lässt sich bei Fleischwölfen sicher verhindern, dass die Maschine anläuft oder in Gang gesetztwird, wenn man die Arbeitsschnecke und/oder den Schneidsatz herausnimmt? Und das bei größtmöglicher Bedienerfreundlichkeit. Eine gute, praxisgerechte Lösung ist eine Positions-überwachung der Verschlussmutter mit einer Lichtschranke.

Der 2009 vorgelegte Normenentwurf DIN EN12331/A2 „Nahrungsmittelmaschinen – Wölfe – Si-cherheits- und Hygieneanforderungen“ war An-lass, die bisherigen Schutzmaßnahmen bei Fleisch-wölfen den Anforderungen des Entwurfs anzupas-sen. Die bisherige Norm DIN EN 12331: 2004-05 hattefestgelegt: An Fleischwölfen muss der Ein- und Aus-bau von Arbeitsschnecke und Schneidsatz gefahr-los möglich sein.

Der Entwurf nun präzisiert die Anforderungen. Erfordert Maßnahmen, die ein Anlaufen und Funk-tionieren der Maschine verhindern, während dieArbeitsschnecke und/oder der Schneidsatz entferntwerden. Eine mögliche Lösung ist die Verwendungeiner Schutzhaube.

Die Aufgabe

Die Erfahrung zeigt, dass bei Ladenwölfen (siehehierzu auch Kasten) die Schutzhaube mit sichererStellungsüberwachung Akzeptanzprobleme hat.Der als Tischgerät ausgeführte Ladenwolf brauchtrelativ viel Platz. Die Schutzhaube versperrt demKunden den Blick auf das frisch gewolfte Hack-fleisch. Außerdem können hygienische Problemeauftreten: Weil die Haube nicht nach jedem Wolf-vorgang gereinigt wird, kann es zur Kontaminationder Schutzhaube mit dem gewolften Material kom-men.

Die Vorgaben der Norm DIN EN 12331:2004-05* sind bei großen Wölfen in der Re-gel nach Abschalten der Maschine durch eineAusstoßvorrichtung realisiert. Während desBetriebs verhindert eine mit dem Antrieb ge-koppelte Schutzhaube den Zugriff zu den Ge-fahrstellen am Auslauf.

Auch kleinere Fleischwölfe in Kühlthekender Metzgereien (Ladenwölfe) haben eineSchutzhaube mit gleicher Schutzwirkung.Für den Ausbau von Arbeitsschnecke undSchneidsatz steht hier eine Ausziehklaue zurVerfügung.

* Die DIN EN 12331/A2 mit Ausgabedatum 2011-02hat die bisherige Norm DIN EN 12331:2004-05, Deut-sche Fassung EN 12331: 2003 mit DIN EN 12331/A1:2007-02, abgelöst.

Schutzmaßnahmen nach bisheriger Norm

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Die Entwicklung eines neuen Schutzkonzeptes

Ausgangspunkt der Entwicklung einer neuarti-gen Absicherung war ein kompaktes Tischgerät miteiner stellungsüberwachten Schutzhaube am Aus-lauf (Bild 1). Die Steuerung der Maschine ermög-licht nach dem Betätigen des Ein-Tasters (I) sowohlden Dauerbetrieb der Arbeitschnecke in Vorwärts-richtung als auch deren kurzzeitige Rückwärtsbe-wegung entsprechend der Betätigungsdauer derRückwärts-Taste (R).

Mit dem Drücken der Aus-Taste (0) wird der An-trieb bleibend stillgesetzt. Schneidsatz und Arbeits-schnecke können über ein Ausziehgerät entnom-men werden, nachdem die Überwurfmutter abge-schraubt wurde.

Bild 1 oben: Fleischwolfmit abnehmbarer Schutz-haube (ursprünglicher Zu-stand der Maschine)

Bild 2 links: Vorderansicht des Fleischwolfs mit Fenster-öffnungen für den Lichtstrahldurchlass (im Kreis), davorLochscheibe und abgenommene Verschlussmutter mitSpiegelscheibe

Zweck der Absicherungsmaßnahme ist zu ver-hindern, dass Arbeitsschnecke und Schneidsatz beiabgenommener Verschlussmutter anlaufen bzw. inGang gesetzt werden können. In diesem Zustandsind die Gefahrstellen am Auslauf zwischen fest-stehenden und bewegten Schneidsatzteilen bei feh-lender Endlochscheibe direkt erreichbar (Bild 2). DerAntrieb darf daher weder vorwärts noch rückwärtsgestartet werden können. Auch ein ungewolltesselbsttätiges Anlaufen des Antriebs aufgrund vonFehlern oder Störungen muss sicher verhindertsein.

Aus Expertensicht bot sich eine optische Lösungmit einer Einweglichtschranke an. Voraussetzungist, dass der Zugriff zu den Gefahrstellen am Aus-lauf im normalen Betrieb durch codierte Endloch-scheiben verhindert ist.

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Die maximale Breite des Überwachungsfensters,innerhalb dessen die Lichtstrecke geschlossen ist,muss so gewählt werden, dass die Verfügbarkeitder Maschine mit ausreichend bemessener Funkti-onsreserve auf Dauer gewährleistet ist (Abb. 1 Rau-te). Dazu müssen insbesondere folgende Faktorenberücksichtigt werden:

• mechanischer Verschleiß von Messer und Loch-scheibe durch Abrieb und Nachschleifen

• Verschmutzung der Oberfläche der Spiegelschei-be und der Fensteröffnungen, z. B. durch Fett

• Alterung der Komponenten des Lichtschranken-systems

• Umgebungseinflüsse, z. B. Temperatur, Feuchteund Vibration

Außerhalb des Überwachungsfensters ist dieLichtstrecke der Lichtschranke stets unterbrochen.Das verhindert, dass der Fleischwolf bei abge-schraubter Verschlussmutter gewollt in Gang ge-setzt werden kann. Einfache Manipulationen, wiez. B. das unmittelbare Abdecken der Fensteröffnun-gen am Maschinengehäuse mit spiegelnden Folienoder Blechen, machen sich durch Betriebshem-mung bemerkbar. Der Lichtweg ist unterbrochen.

S: Lichtschranke SenderE: Lichtschranke Empfänger

Pos. 1

– y/mm

x/mm

y/mm

α1/°

α2/°

ø/mm Fenster oben

ø/mm Fenster unten

0

S

E

Pos. 2

Gehäusewand Überwachungsfenster

spiegelnde V2A-Scheibevor Verschlussmutter

Optische Positionsüberwachung der Verschlussmutter

Die Einweglichtschranke ist im Maschinengehäu-se unterbracht. Das Licht des unsichtbaren IR-Strah-lenbündels tritt vom Lichtschrankensender S durchdie untere Fensteröffnung aus. An der Spiegelschei-be wird der Strahl umgeleitet und das Licht trittdurch die obere Fensteröffnung wieder ein und ge-langt zum Lichtschrankenempfänger E (Bild 3).

Die Optiken von Sender und Empfänger sind ingetrennten Gehäusen untergebracht. Sie haben zu-einander einen festgelegten Abstand und sind mitjeweils einem definierten Anstellwinkel zur Spie-gelscheibe ausgerichtet. Die Spiegelscheibe istdurch Presspassung mechanisch voreilend mit derVerschlussmutter des Fleischwolfs verbunden. Siebesteht aus Edelstahl (V2A) mit hoher Oberflächen-güte. Damit wird eine hoch wirksame Spiegelungdes Lichtstrahls zum Lichtschrankenempfänger er-reicht.

Das IR-Lichtbündel hat einen streng geometri-schen Verlauf (Abb. 1 als Seitenansicht). Sein Quer-schnitt wird durch die Fensteröffnungen im Ma-schinengehäuse und die zur Abdichtung notwendi-gen, eingeklebten Glas- oder Kunststoffeinsätzebestimmt. Über den Abstand der Fensteröffnun-gen, ihren Durchmesser und die Anstellwinkel vonSender und Empfänger zur Spiegelscheibe ist einÜberwachungsfenster festgelegt. Innerhalb diesesFensters entsteht über die Spiegelung des Licht-bündels an der Spiegelscheibe eine in sich geschlos-sene Lichtstrecke nach dem Ruhestromprinzip. Die-se ist alleinige Voraussetzung für ein mögliches si-cheres Ingangsetzen des Fleischwolfs beiaufgeschraubter Verschlussmutter.

Bild 3: Lichtstrahlverlauf bei aufgeschraubter Verschlussmuttermit Spiegelscheibe (Seitenansicht)

Abb. 1: Wirkprinzip (Seitenansicht): Positionsüberwachung derVerschlussmutter und Einstellung des Überwachungs-fensters (rote Raute) durch Begrenzen des Lichtstrahlquer-schnitts und definierte Neigung der Lichtschrankenopti-ken sowohl zueinander als auch zur Oberfläche der Spie-gelscheibe

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Abb. 2: Justiereinheit zur Positionierung der Lichtschran-keneinheiten im Maschinengehäuse

Vorhersehbare Fehlanwendungen berücksichtigt

Das Überwachungskonzept sieht vor, dass mögli-che störende Einflüsse weder negative Auswirkun-gen auf die Sicherheit haben noch den zu beach-tenden Hygienevorschriften (einfache Reinigung)oder der einfachen Bedienbarkeit zuwiderlaufendürfen. Solche Einflüsse sind z. B. Lichtstrahlunter-brechungen, Spannungsausfall, Verschmutzung derSpiegelscheibe und der Fenster, Dejustage der Licht-schrankenanordnung, Alterung der verwendetenBauteile und Leitungsunterbrechungen.

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG fordert, ne-ben der Berücksichtigung der „bestimmungsgemä-ßen Verwendung“ auch die „vernünftigerweise vor-hersehbare Fehlanwendung“ nicht zu vergessen. Esstellt sich also z. B. die Frage, ob das beschriebeneWirkprinzip dem Benutzer Anlass für Manipulatio-nen geben könnte und wie einfach diese praktischdurchführbar wären. Aus den bisherigen Versuchenam Versuchsmuster ergibt sich folgendes Bild:

• Einfach durchzuführende Manipulationen mitWerkzeugen und Materialien, die üblicherweisein einem Fleischereibetrieb anzutreffen sind, sindhier wirksam verhindert. Als Werkzeuge und Ma-terialien wurden z. B. Messer, Beile, Edelstahl-oder Glasbehälter mit spiegelnder Oberflächeoder glänzenden Verpackungsfolien berücksich-tigt.

• Wird das Lichtaustrittfenster mit einer aufliegen-den Messerfläche oder mit einer spiegelnden Fo-lie abgedeckt, dann ist ein Anlaufen des Antriebsnicht möglich.

• Als einzige mögliche gefahrbringende Situationbleibt das Hineingreifen in den Auslauf desFleischwolfs bei laufendem Antrieb, wenn zuvordie Lochscheibe herausgenommen und die Ver-schlussmutter wieder aufgeschraubt wurde. EinBetrieb ohne Lochscheibe erscheint jedoch we-gen des fehlenden Endlagers, der fehlenden Fixierung des Messers und der damit fehlendenWolffunktion wenig sinnvoll und wahrschein-lich.

Steuerungstechnische Anforderung

Als steuerungstechnische Anforderung an dasSchutzkonzept ist gemäß EN 12331/A2 ein erforder-licher Performance Level von PLr = c zu berücksich-tigen. Es bietet sich an, für die Realisierung eine aufdem Markt erhältliche, geprüfte Sicherheitslicht-schranke des Typs 2 zu verwenden. Üblicherweiseentsprechen diese auch der Kategorie 2 und dem PL c nach der allgemeinen Steuerungsnorm DIN EN13849-1.

Realisierung und Steuerungskonzept

An einem Messaufbau ermittelten die IFA-Fach-leute im Labor zuerst die erforderlichen Parameterwie Abstände, Fensterdurchmesser, Neigungswin-kel, Spiegeloberfläche, Breite des Überwachungs-fensters usw. und stellten die optimale Funktions-fähigkeit unter Beachtung der jeweiligen Grenzbe-dingungen fest. Mit den gewonnenen Vorgabenkonnte u. a. die Justiereinheit zur Positionierungder Lichtschrankeneinheiten im Maschinengehäu-se dimensioniert, mechanisch gefertigt und an ge-eigneter Stelle innerhalb des Maschinenkörpers in-tegriert werden (Abb. 2).

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11 Die elektrische Einbindung einer Sicherheitslicht-schranke in die Steuerung des Wolfes besteht auseiner Einweglichtschranke und einem Lichtschran-ken-Auswertegerät. Durch die übergeordnet wir-kende Einbindung des Sicherheitsbausteins in dieAnsteuerung der Motorschütze zum Antriebsmotor– wiederum nach dem Ruhestromprinzip – kanndieser bei einer Lichtstrahlunterbrechung wedervorwärts noch rückwärts gestartet werden.

Mögliche Kurzschlüsse und Unterbrechungenoder eine Verlängerung der Reaktionszeit durchFehler innerhalb der Lichtschranke oder auf derenZuleitungen machen sich entweder sofort oder spä-testens nach einer Lichtstrahlunterbrechung be-merkbar. Auch das Abschrauben der Verschluss-mutter führt direkt zu einer Betriebshemmung. Einerneutes Anlaufen/Ingangsetzen des Antriebs istsomit wirksam verhindert.

Die Realisierung der Schutzeinrichtung kann inder beschriebenen Ausführung mit einer Einweg-Lichtschranke des Typs 2 den PL c nach DIN EN ISO13849-1 erreichen. Das vorgeschlagene Konzept er-laubt es sogar, dass Fleischwölfe mit einer solchenSchutzeinrichtung nachgerüstet werden können.Der Materialpreis liegt bei ca. 20 % der Anschaf-fungskosten eines Fleischwolfs.

Vorteile der optischen Positionsüber-wachung der Verschlussmutter

� Die vor der Verschlussmutter montierte V2A-

Scheibe mit glatter spiegelnder Oberfläche ist ro-bust gegen mechanische Einwirkungen und ein-fach zu reinigen. Auch bei starker Verschmutzungwie z. B. Fettablagerungen ist nach bisherigen Er-fahrungen die Sicherheitsfunktion noch verfügbar.

� Das Überwachungsfenster toleriert Abstands-änderungen der Verschlussmutter, die z. B. durchden Verschleiß von Messer und Lochscheibe verur-sacht werden.

� Einfach durchzuführende Manipulationen sindwirksam durch die Verwendung nicht sichtbarenIR-Lichts verhindert und dadurch, dass das Abde-cken der Lichtschranken-Sichtfenster mit spiegeln-den Flächen erkannt wird.

Praxistest bestanden

Nach einem dreiwöchigen Praxistest, bei dem dieMaschine pro Arbeitstag ca. 20-mal ohne jeglicheBeanstandung in Gebrauch war, lässt sich zusam-menfassend feststellen:• Die Sicherheit am Auslauf des Fleischwolfs kann

durch die Absicherung mit einer Sicherheitslicht-schranke des Typs 2 in gezeigter Weise realisiertwerden. Die Versuche lassen auf eine praxisge-rechte Lösung schließen.

• Funktionaler Vorteil des realisierten Schutzkon-zepts: Die bisherige Arbeitsweise mit demFleischwolf kann unverändert beibehalten wer-den.

• Kosten und Aufwand für die Umsetzung der auf-gezeigten Lösung sind unter Berücksichtigungdes sicherheitstechnischen Gewinns vertretbar.Zusätzlich zur beschriebenen Überwachungs-maßnahme wird empfohlen, Messer und Loch-scheibe geeignet mechanisch/magnetisch mitei-nander zu verbinden. Damit ist eine mögliche Ge-fährdung allein durch das Messer nach Entnahmeder Lochscheibe gänzlich ausgeschlossen.

Es wäre wünschenswert, dass das Konzept einesneuartigen Fingerschutzes am Auslauf von Fleisch-wölfen in der Praxis Verwendung findet. Es kanndazu beitragen, Unfälle an Fleischwölfen zu verhin-dern.

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Entwicklungen und Innovationen: Konzept für eine sichere Temperaturbegrenzung

Elektronischer Schutztemperaturbegrenzer für Frittiergeräte

Eine Untersuchung der BGN zur Einschätzung des Risikos eines Fritteusenbrandes hatte ergeben:An der Zuverlässigkeit der bisher verwendeten Schutztemperaturbegrenzer (STB) über die gesamte Lebensdauer der Fritteuse bestehen berechtigte Zweifel. Das hängt mit der Ausführungbisheriger STB zusammen. Die BGN hat daraufhin ein Konzept für einen elektronischen Schutz-temperaturbegrenzer entwickelt.

Im gewerblichen Bereich gibt es immer wiederFettbrände an Frittiergeräten. Das war für die BGNAnlass, eine Felduntersuchung über die Brandsi-cherheit von Frittiergeräten durchzuführen. Unter-sucht wurde der Übertemperaturschutz bei 28 Ge-räten, von denen die meisten in Mitgliedsbetriebenim Gebrauch waren. Das Ergebnis: Bei vielen Gerä-ten war der Übertemperaturschutz aufgrund vonMängeln im Übertemperatur-Schutzsystem nichtfunktionsfähig. Vielleicht erklärt das, warum es sohäufig zu Fettbränden an Frittiergeräten kommt.

Schlussfolgerung aus der BGN-Felduntersuchung:Abhilfe könnte geschaffen werden, wenn das Über-temperatur-Schutzsystem eine nachvollziehbarefunktionelle Sicherheit aufweisen würde und aufeinfache Weise und gefahrlos durch einen Sach-kundigen prüfbar wäre. Als Beitrag zur Verbesse-rung der Brandsicherheit von Frittiergeräten hatdie BGN ein Konzept für einen elektronischen STBentwickelt.

Bisherige Temperaturregler und Schutztemperaturbegrenzer, wie hier abgebildet, sind nach dem Prinzip der Ausdehnung eines Öls in einem Kapillarrohr ausgeführt.

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11 Das Konzept eines elektronischen STB

Das Konzept ist dazu bestimmt, einen elektroni-schen Schutztemperaturbegrenzer (STB) für Frit-tiergeräte zu realisieren. Die dafür zur Verfügunggestellte Schaltung ist in der Struktur der Kategorie2 nach DIN EN ISO 13849-1 konzipiert und geeignet,den Performance Level d (PL d) nach dieser Norm zuerreichen.

Zunächst wird ein Kanal für den STB aufgebaut.Er verfügt über einen Temperatursensor und führtdie Sicherheitsfunktion aus (STB-Kanal). Die Tem-peraturregelung wird über einen zweiten Kanalrealisiert, der über einen eigenen Temperatursen-sor verfügt(Regel-Kanal). Er dient gleichzeitig alsTestkanal für den STB-Kanal.

Zwei getrennte Temperatursensoren haben denVorteil, dass auch eine Lageveränderung des STB-Temperatursensors erkannt werden kann, was inüblicher STB-Technik nach dem Kapillarrohrprinzipnicht möglich ist. Außerdem ermöglicht dieses Kon-zept eine schnellere Reaktion auf Temperaturver-änderungen (geringere Hysterese). Das Über-schwingen der Temperatur wird gedämpft. Hier-durch verbessert sich der Frittierprozess.

Das zentrale Bauteil des Konzepts ist ein Mikro-controller (MC). Er überwacht die Fetttemperatur.Wird die kritische Temperatur am Temperatursen-sor T1 überschritten, führt der Mikrocontroller dieSicherheitsabschaltung aus. Das Einhalten der kri-tischen Sensortemperatur an T1 muss sicherstellen,dass die Grenztemperatur von 230 °C am normati-ven Messpunkt (Beckenmitte, 2,5 cm unterhalb derFettoberfläche) nicht überschritten wird.

Der Zusammenhang zwischen der kritischenTemperatur am Temperatursensor und der Grenz-temperatur am normativen Messpunkt ist vom Ge-rätetyp abhängig und muss daher für jeden Frit-tiergerätetyp individuell ermittelt werden.

Der ermittelte Wert wird im Mikrocontroller ge-speichert. Zur Temperaturbestimmung wird T1 andie Messbrücke M1 angeschlossen, die eine dem Wi-derstandswert von T1 proportionale Spannung er-

zeugt. Die Spannung wird dann über den Analog-Digital-Wandler C1 zum MC geführt. Hierdurch er-rechnet der Mikrocontroller die aktuelle Fett-Tem-peratur am Sensor T1 und vergleicht sie mit der ge-speicherten Grenztemperatur. Wahlweise kannauch ein MC mit integriertem Analog-Digital-Wandler verwendet werden.

Der Temperaturregler erhält den Fett-Tempera-tursollwert von einem Sollwertgeber. Aus dem vomTemperatursensor T2 erfassten Spannungswertwird analog zum STB-Kanal der Ist-Wert der Fett-Temperatur bestimmt. Der Temperaturregler steu-ert das Heizelement durch den Triac K2. Die Rege-lung im Mikrocontroller kann z. B. als PID-Regler erfolgen. Der Zusammenhang zwischen der gemes-senen Temperatur am Temperatursensor und dergewünschten Fett-Temperatur ist dabei ebenfallsvom Gerätetyp abhängig und muss für jeden Frit-tiergerätetyp ermittelt werden. Die erforderlicheBegrenzung der Sollwertvorgabe auf maximal200 °C kann im Mikrocontroller realisiert werden.

Muss die Sicherheitsfunktion ausgeführt werden,schaltet der Mikrocontroller das Heizelement R1des Frittiergeräts über die Abschaltkette des STB-Kanals (UND-Gatter UG, Optokoppler OK1, Netz-schütz K1) ab. Zusätzlich erfolgt eine Abschaltungder Heizung über den Optokoppler OK2 und denTriac K2. Gleichzeitig wird das Triggersignal an denWatchdog gesperrt. Die Sicherheitsabschaltungmuss auch nach dem Aus- und Wiedereinschaltendes Geräts aufrechterhalten bleiben. Um die Sicher-heitsfunktion zu gewährleisten, müssen Fehler imMikrocontroller, der Temperaturerfassung und derAbschaltung durch Tests erkannt werden.

Die Eignung des Konzepts zur Kompensation hö-herer Risiken wurde entsprechend den Verfahrennach DIN EN ISO 13849-1 und Berechnung des Per-formance Levels (PL) ermittelt. Unter den beschrie-benen Bedingungen erfüllt das vorgestellte Schal-tungskonzept die Anforderungen an eine sichereTemperaturbegrenzung im Performance-Level dnach DIN EN ISO 13849-1.

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Erfolge

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Der Bedarf der Betriebe an konkreten Lösungen für Sicherheits- und Gesundheitsschutzprobleme ist groß. Die BGN bietet Dienstleistungen und Konzeptean, die ihnen helfen, die Arbeitsplätze und -prozessesicher und gesund zu gestalten und die Motivationund Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten.Diesmal geben wir Ihnen Einblicke in zwei erfolgrei-che Lösungsansätze aus dem Bereich Lärmprävention.

Außerdem stellen wir Ihnen hier Beispiele erfolgrei-cher Präventionsmaßnahmen vor, die in Mitglieds-betrieben entwickelt wurden. Es handelt sich um Betriebe, die mit guten Ideen und wegweisenden Lö-sungen die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeitverbessern und dafür mit dem BGN-Präventionspreis2010 ausgezeichnet wurden.

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Erfolge im Lärmschutz

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Akustische Sanierung der BGN-Kantine

In der BGN-Kantine war es zur Mittagszeit so laut, dass es an großen Tischen kaum möglich war,ein Gespräch zu führen. Auch die gewünschte Erholung blieb aufgrund des durchgehend hohenLärms auf der Strecke. Gäste und Küchenpersonal beklagten sich. Was konnte man tun? Die Mit-arbeiter der BGN-Prävention fanden eine Lösung, die auch in anderen Gasträumen umsetzbar ist.

Vorher/Nachher: BGN-Kantine vor der akustischen Sanierung (oben)BGN-Kantine mit Breitband-Kompaktabsorber als raumtrennende Schwerter und vor der Wand (unten)

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Das Spektrum der menschlichen Stimmehat besonders in den tiefen Frequenzen hoheEnergieanteile. Die Informationen der Spra-che, die über Vokale und Konsonanten wei-tergegeben werden, liegen in den mittlerenund hohen Frequenzen. Gelingt es, denSchalldruckpegel in den Tiefen zu senken undso die Energie zu vermindern, dann bleibt dieVerständlichkeit der Sprache erhalten, aberdas Grundgeräusch wird reduziert. Genaudieser Effekt gelingt z. B. mit Breitband-Kom-paktabsorbern.

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Jahrbuch Prävention 2011

Gastronomische Betriebe bestechen oft mit offe-ner Bauweise und modernem Design. Große Räu-me, kaum unterteilt, und viele Gäste, die eng bei-sammensitzen, sind keine Seltenheit. Die Kehrseiteder Medaille: Bei vielen Gästen kann ein beachtli-cher Schalldruckpegel entstehen. Wird die Lautstär-ke unangenehm oder gar belästigend, z. B. durchGespräche, fühlen sich die Gäste nicht mehr wohl.Die Akustik aber steht bei der Planung gastronomi-scher Betriebe meist nicht im Vordergrund. Dabeiist für eine erfolgreiche gastronomische Räumlich-keit eine genaue akustische Planung mit entschei-dend.

Ausgangssituation in der BGN-Kantine

Auch in der BGN-Kantine war die akustische Si-tuation unbefriedigend. Die offene Konstruktions-weise der Kantine dämpfte die Küchengeräuscheund auch die Gespräche der Gäste nur schlecht.Schallharte Begrenzungsflächen, wie die großeFensterfront, der Boden und die Decke, verschärf-ten die unangenehme akustische Situation. In ei-ner solch lauten Umgebung hebt man im Gespräch

unbewusst die eigene Stimme, um sich verständ-lich zu machen. Der Pegel schaukelt sich noch hö-her. Dieser sich selbst verstärkende Effekt wird alsLombard-Effekt bezeichnet. Senkt man das Grund-geräusch, dann reduziert sich der Pegel zusätzlichdadurch, dass man die eigene Stimme nicht mehrso stark erhebt, weil man ja nicht mehr gegen denLärm anreden muss.

Vorgaben für die akustische Sanierung

Die Sanierung der Kantine startete im Herbst2009. Dabei galt es die folgenden beiden Vorgabenzu berücksichtigen: • Die Anzahl der Sitzplätze musste erhalten blei-

ben. • Ein möglichst großer zusammenhängender

Raum sollte erhalten bleiben, damit weiterhingroße Veranstaltungen wie Personalversamm-lungen und Jubilarfeiern möglich sind.

Eine mögliche Lösung wäre eine Akustikdeckegewesen. Sie aber kam aus Kostengründen nicht inBetracht. Deshalb entschied sich die Geschäftsfüh-rung für den Einbau innovativer Absorber, die auchtiefe Frequenzen (siehe Kasten oben) gut absorbie-ren. Diesen Effekt erreicht man z. B. mit Breitband-Kompaktabsorbern (siehe Kasten links). Sie sind be-sonders geeignet, um gastronomische Betriebe an-genehmer zu gestalten.

Der Breitband-Kompaktabsorber, als Bei-spiel für innovative Absorber, funktioniertnach dem Prinzip des Plattenschwingers. Ersetzt sich aus einzelnen Schichten zusam-men. Seine Verkleidung ist so gestaltet, dassder Schall ungehindert eintreten kann. Dieäußere Schicht aus porösem Material absor-biert die hohen Frequenzen. Trifft der Schalldahinter auf die schwere Stahlplatte, dannregen die tiefen Frequenzen die Platte zumSchwingen an. Poröses Material hinter derPlatte wandelt die Schwingungen der Plattein Wärme um. Diese schichtartig aufgebauten, innovati-

ven, breitbandig wirkenden Absorber über-zeugen auch in den tiefen Frequenzen durchihre geringe Einbautiefe von nur 10 cm. ImBürobereich werden sie bereits mit großemErfolg eingesetzt.

Innovative Absorber

Leiser, aber verständlich

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Lärmpegel erfolgreich gesenkt

In der Kantine der BGN brachte man die Absor-ber als Schwerter freistehend im Raum und anWänden an (Abb. 1: Grundriss der Kantine mit denneuen Schallabsorbern in Rot). Damit konnte dieNachhallzeit, als eine wichtige Beurteilungsgrößein der Raumakustik, in dem maßgeblichen Fre-quenzbereich von 63 bis 5.000 Hz deutlich gesenktwerden (Abb. 2).

Die Nachhallzeit ist die Zeit, die vergeht, bis derSchalldruckpegel im Raum um 60 dB abgefallen ist.Durch die Senkung der Nachhallzeit konnte auchder Schalldruckpegel – abhängig von Tisch undPlatz – in der Hauptessenszeit um 3 bis 5 dB redu-ziert werden. Eine Reduktion um 3 dB entspricht ei-ner Halbierung der Energie bzw. einer Halbierungder Schallquellen.

Die Senkung des Schalldruckpegels zeigt sich inden Messungen über die gesamte Mittagszeit. Derheutige Schalldruckpegel der voll besetzten Kanti-ne entspricht also dem früheren Pegel bei etwa zueinem Drittel bis halb besetzter Kantine. In Abb. 3ist die Häufigkeit der gemessenen Schalldruckpe-gel normiert auf die Anzahl der anwesenden Perso-nen aufgetragen. Die vorgenommenen Maßnah-men haben eine sichtliche Verschiebung der Ver-teilung zu geringeren Pegeln hin bewirkt.

Diese Anwendung innovativer Absorber in derBGN-Kantine stellt exemplarisch eine mögliche Lö-sung für gastronomische Betriebe dar.

Abb. 1: Grundriss der Kantine mit den neuenSchallabsorbern in Rot

Abb. 3: Pegelhäufigkeit während der Mittagspause vorEinbau der Absorber (dunkel) und danach (hell), bezogenauf die gleiche Anzahl Personen

Abb. 2: Die Nachhallzeit der BGN-Kantine konnte durchdie akustische Sanierung breitbandig etwa halbiert werden.

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Jahrbuch Prävention 2011

Erfolge in der Lärmprävention

Aktion „Lärm-Stopp 2009“

2009 führte die ehemalige Fleischerei-Berufsgenossenschaft (FBG) die Schwerpunktaktion „Lärm-Stopp 2009“ in Betrieben der Fleischwirtschaft durch. Die Aktion kam bei den Betrieben gut anund setzte dort Maßnahmen zur Lärmprävention in Gang. Das ergab die Evaluation des Institutsfür Arbeit und Gesundheit (IAG) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Schallleistungsmessung

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In der Fleischereibranche stiegen die Erkrankun-gen durch Lärm von 2002 bis 2007 von Rang 6 derBerufskrankheiten auf Rang 4. Im Jahr 2008 nah-men sie sogar Rang 3 ein. Lärmprävention hat indieser Branche oberste Priorität. Zu diesem Ergeb-nis kommen ein Rangordnungsverfahren und Ex-pertengespräche (siehe Kasten oben). Beide sind Be-standteile einer Vorgehensweise zur Entwicklungarbeitsweltbezogener Präventionsziele. Die ehema-lige Fleischerei-BG hatte mit Hilfe dieser Vorge-hensweise Thema und Ziele (siehe Kasten links) ihrernächsten Schwerpunktaktion bestimmt.

Die Schwerpunktaktion wird geplant

Bereits bei der Planung der einzelnen Maßnah-men der Schwerpunktaktion wurde überlegt, wieund mit welchen Methoden die Effekte evaluiertwerden könnten (siehe Tabelle). So sollte sich z. B.die Anzahl der Betriebe mit Lärmkatastern undlärmakustischen Maßnahmen erhöhen. Erreichtwerden sollte dies u. a. mit Hilfe von Gefährdungs-analysen, einem Versichertenpreis und einem Prä-mienverfahren, bei dem raumakustische Maßnah-men und das Tragen von Otoplasten prämiert wur-den. Durch einen Vergleich der Werte vor und nach

der Schwerpunktaktion („Prä-Post-Messung“) solltesich zeigen, ob nach der Aktion mehr Betriebe einLärmkataster hätten als vorher und ob sie häufigerlärmakustische Maßnahmen umsetzten. Die Vor-her-Befragung („Prä-Messung“) fand vor Bekannt-gabe und Start der Aktion im Frühjahr 2008 statt.Sie diente dazu, in den Betrieben das Aufkommen

Die Vorgehensweise zur Entwicklung arbeitsweltbezogener Präventionsziele mit Hilfe eines Rang-ordnungsverfahrens und Expertengesprächen erarbeitete die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga;www.iga-info.de). Die ehemalige FBG war eine der ersten Berufsgenossenschaften, die diese Vorge-hensweise anwandte, um künftige Präventionsthemen festzulegen.

Während die rein mathematische Auswertung des Rangordnungsverfahrens der Lärmpräventioneine hohe Priorität bescheinigte, stuften die Experten deren Priorität noch höher ein. Nach Einschät-zung der Experten ist bei Lärm eine nachhaltige Prävention sehr wichtig, um steigende Kosten auf-grund zunehmender Erkrankungen zu verhindern. Bei einer durchschnittlichen Latenzzeit von 34 Jah-ren müssten die Versicherten zudem frühzeitig und intensiv beraten und motiviert werden.

OberzielWeitere Reduzierung von Lärmschwerhörig-

keit als Berufskrankheit

Teilzielemit Bezug zu

Verhältnissen• Lärmarmen Kutter für die Betriebe entwi-

ckeln (Forschungsprojekt) • Anzahl der Betriebe mit Lärmkataster und

lärmakustischen Maßnahmen erhöhen• Gehörschutz-Tragequote erhöhen

Verhalten• Teilnahme an arbeitsmedizinischen Vor-

sorgeuntersuchungen erhöhen• Tragebereitschaft von Gehörschutz bei den

Beschäftigten erhöhen• Bereitschaft der Unternehmer erhöhen,

lärmarme Maschinen einzusetzen • Lärmimpulse durch eigenes Verhalten ver-

meiden

Zielgruppen• Jugendliche Beschäftigte: Sensibilisierung

und Motivation, auch im privaten BereichLärmschutz anzuwenden

• Unternehmer: Sensibilisierung für Lärm-schutzmaßnahmen

Rangordnungsverfahren und Expertengespräche

Ziele der Schwerpunktaktion

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Beispiel aus der Planung der Schwerpunktaktion und der Evaluation

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an Lärmbereichen und die umgesetzten sowie ge-planten Lärmpräventionsmaßnahmen zu erfassen.Auf dieser Grundlage konnten die Maßnahmen derAktion genauer auf die Wünsche und Erfordernisseder Betriebe zugeschnitten werden.

Die Lärmsituation in den Betrieben wird ermittelt

Bei der Vorher-Befragung schickte die FBG Frage-bögen an 717 Unternehmer, die für die sicherheits-technische und betriebsärztliche Betreuung dasUnternehmermodell gewählt haben, und an 447Fachkräfte für Arbeitssicherheit, mit der Bitte, dieFragen zum Thema Lärm in ihrem Betrieb zu be-antworten. Der Rücklauf lag mit 475 Fragebögen (= ca. 41 %) deutlich über den in postalischen Befra-gungen üblichen Quoten.

Die Vorher-Befragung ergab: Fast jeder Betriebhat einen oder mehrere Lärmbereiche. Unter dengrößeren Betrieben (= mehr als 50 Beschäftigte)gab es keinen Betrieb ohne Lärmbereich. 5 % derkleinen Betriebe (bis 50 Beschäftigte) und 42 % dergroßen Betriebe hatten ein Lärmkataster. Lärmmes-sungen waren in einem Viertel der kleinen und in86 % der großen Betriebe durchgeführt worden.

Dass aber nur wenige Betriebe beabsichtigten,Lärmpräventionsmaßnahmen umzusetzen, lagnicht selten am fehlenden Wissen über die Effektevon Lärm. Genau an dieser Stelle wollte die FBG ihreMitgliedsbetriebe im Rahmen der einjährigenSchwerpunktaktion unterstützen.

Was sich die Betriebe vorstellen

Auf die Frage, welche Unterstützung sich der Un-ternehmer im Rahmen der Aktion wünschte, nann-ten die Befragten:• Zusendung von Informationsmaterial wie Bro-

schüren, Flyer, Plakate, CD-ROMs, DVDs• Durchführung von Lärmmessungen bzw. Bereit-

stellung von Lärmmessgeräten• Bereitstellung von Gehörschutz • Beratung, Aufklärung und Schulung der Beschäf-

tigten

Die FBG entsprach diesen Wünschen mit einemAktionsset (siehe Bild 1), das die Betriebe anfordernkonnten. Das Set enthielt Informationsmedien, Un-terweisungs- und Einkaufshilfen und einen Lärm-detektor.

Teilziel Maßnahme Teilelemente derMaßnahme

Indikatoren Methode

Anzahl der Betriebe mit Lärmkataster undlärmakustischenMaßnahmen erhöhen

• Gefährdungs-analyse

• Prämien-Verfahren

• Best-Practice-Prämierung (Versicherten-preis)

• Einkäufer-schulung

• Fördern von Otoplasten

• Fördern von aktivem Gehörschutz

• Instrumente fürGefährdungs-analyse

• Anzahl der Betriebe mitLärmkataster

• Anzahl der Betriebe mitlärmakustischenMaßnahmen

• Erhebung (Befragung) imBetrieb (Vorher/Nachher)

Bild 1: Aktionsset

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Nachfolgend ein Überblick über die Angebote der Schwerpunktaktion.

• Entwicklung eines lärmarmen Kunststoff-Kutterwagens (Bild 2; siehe hierzu „Lärmarm, leicht und an-wenderfreundlich“ auf Seite 114 in diesem Jahrbuch).

• Schulung „Schallleistungsmessung“ (Bild S. 133). Sie stieß auf großes Interesse. Hintergrund: Die Ma-schinenrichtlinie 2006/42/EG verlangt, dass Maschinenhersteller schon auf Werbebroschüren Anga-ben zum Thema Lärmemission machen müssen.

• Aktionssetmit Informationsmedien, Unterweisungs- und Einkaufshilfen und einem Lärmdetektor.• Internetauftrittmit kontinuierlich aktualisierten Informationen zum Thema Lärmprävention. • Ständiges Thema im Newsletter: Das Thema Lärmschutz wurde 2009 in jedem monatlich erschei-nenden FBG-Newsletter thematisiert.

• Versichertenpreis: Gesucht wurden gute Lärmschutz-Lösungen. 46 Unternehmen aller Größen nah-men teil und präsentierten sowohl ganz unterschiedliche Lösungen und Konzepte, die mit geringenKosten umgesetzt werden können, als auch Lösungen und Konzepte, die größere Investitionen ver-langen. Ein interessantes Beispiel ist die Änderung der Software eines Kutters, um den Lärmschutz-deckel nur wenige Sekunden früher zu schließen und später zu öffnen. Damit konnte eine Senkungdes Lärmpegels um 5 dB(A) erreicht werden.

• Lärmsymposium, bei dem neben vielfältigen Präventionsmaßnahmen u. a. die für den Versicherten-preis eingereichten Beispiele guter Praxis vorgestellt wurden. Nachzulesen in einer Broschüre undals PDF-Download im Internet.

• Lärmsschutztage in mehreren Großbetrieben. Vielfach waren Versicherte überrascht, wie laut dieMaschinen, mit denen sie täglich umgehen, tatsächlich sind. Auszubildende waren erstaunt, wiesich ihre Lieblingsmusik bei Schwerhörigkeit anhört. Für dieses Hörerlebnis hatte man eigens eineSoftware entwickelt.

• Innungsversammlungen. Highlight war eine Vorführung, bei der mit Schallwellen Kerzen ausgebla-sen werden (Bild 3).

• Seminare im Ausbildungszentrum Reinhardsbrunn. In der Muster-Wurstküche erhielten die Teilneh-mer die Aufgabe zu raten, welche Maschinen wie laut sind, und dann entsprechend beschriftete Bo-jen (Bild 4) an die Maschinen zu hängen. Eine Erfahrung, die hängen bleibt, wie die Evaluation zeigt.

Die Aktion „Lärm-Stopp 2009“ konkret

Bild 2:Normaler und lärmgeminderter Edelstahlkutterwagen

Bild 3:Demonstration des Effekts von Lärmwellen

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Nachher-Befragung zeigt erfreuliche Entwicklung auf

Im April 2010, also etwa dreieinhalb Monate nachAktionsende und fast genau zwei Jahre nach derPrä-Messung fand eine Nachher-Befragung (Post-Messung) statt. Damit sollte überprüft werden, obdie Aktion den erhofften Erfolg gebracht hat. Ange-schrieben und befragt wurden dieselben Unterneh-mer und Sicherheitsfachkräfte wie bei der Prä-Mes-sung. An der Post-Befragung beteiligten sich 367Betriebe. Das entspricht einem Rücklauf von rund32 %, wobei 262 Betriebe (ca. 76 %) an beiden Befra-gungen teilnahmen.

Die Befragung zeigte eine erfreuliche Entwick-lung auf: Vor der Aktion hatten nur 27 % der Betrie-be angegeben, in den nächsten zwölf MonatenMaßnahmen zur Lärmminderung im Betrieb um-zusetzen. Im Rahmen der Aktion haben fast 75 %der Unternehmen Maßnahmen umgesetzt (s. Abb.).

Abb.: Geplante Maßnahmen (Prä-Messung) versus umge-setzte Maßnahmen (Post-Messung)

82 % der befragten Betriebe stellten persönlichenGehörschutz bereit. 81 % führten Schulungen undUnterweisungen der Mitarbeiter durch. 55 % derBetriebe führten Lärmmessungen durch, daruntervor allem größere Betriebe (70 %). 79 % der befrag-ten Betriebe schätzten das Aktions-Set als hilfreichein. An zweiter Stelle folgte die persönliche Bera-tung durch eine Aufsichtsperson der BG (29 %).

Vertiefende Auswertungen zeigten, dass berate-ne Betriebe besonders häufig Maßnahmen umge-setzt haben. Knapp 23 % fanden den Newsletter besonders hilfreich. Etwa 315 der Betriebe, die zurVorher-Befragung angegeben haben, keine Lärm-messungen durchgeführt zu haben, haben diese imRahmen der Aktion durchgeführt.

Ebenfalls statistisch signifikant ist der Anteil derBetriebe, die über ein Lärmkataster verfügen, von24 auf 31 % angestiegen. Ein Lärmkataster lag eherdann vor, wenn Lärmmessungen erfolgt waren.Auch das Bereitstellen von Gehörschutz für die Mit-arbeiter hat zugenommen – vor allem in kleinenBetrieben mit weniger als 50 Beschäftigten (An-stieg von 83 % auf 93 %). In großen Betrieben hattedie Vorher-Befragung bereits eine 98%ige Bereit-stellungsquote ergeben, so dass hier kaum nocheine Steigerung möglich war. Der Wert ist konstantgeblieben.

Nur eine kleine Erhöhung war bei der Nutzungvon Gehörschutz festzustellen, was darauf zurück-zuführen ist, dass zumindest in den großen Betrie-ben das Ausgangsniveau schon recht hoch war.Ebenfalls nur kleine Verbesserungen gab es im Zu-sammenhang mit der Aussage „Unser Betrieb ach-tet bereits darauf, lärmarme Maschinen zu beschaf-fen und lärmarme Arbeitsverfahren einzuführen“.Wenig Veränderung war auch bei den Unterwei-

Bild 4: Aufhängen von Lärmbojen an Maschinen

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11 sungen festzustellen. Auch hier war das bereitsrecht hohe Niveau kaum noch zu verbessern.

Keine Veränderungen gab es beim Einsatz lärm-dämmender Raumauskleidungen, für deren Um-setzung der Aktionszeitraum wahrscheinlich zukurz war. Beim Lärmsymposium stieß das Themajedenfalls auf großes Interesse, und die Ausstellervon Raumauskleidungen verzeichneten vieleStandbesucher. Besonders laute Maschinen wur-den etwas häufiger separat aufgestellt (37 % vorher,44 % nachher). Spezielle Schallschutzkabinen ka-men durch die Aktion nicht häufiger zum Einsatz.

Aktion hat Aktivitäten in Betrieben angestoßen

Insgesamt bewerteten die Betriebe die Aktion„Lärm-Stopp 2009“ im Durchschnitt mit der Note„gut“ (2,1). Besonders erfreulich: Alle Betriebe, ob In-dustriebetrieb oder kleiner handwerklicher Betrieb,nutzten die regelmäßigen Informationen im Inter-net, Newsletter, Mitteilungsblatt und in Fachzeit-schriften. Das Interesse der Betriebe am Thema

zeigt sich auch an den Bewerbern für den Versicher-tenpreis. Und auch hier waren kleine Betriebe ak-tiv.

Wichtig für die Umsetzung von Maßnahmen wardie Beratung durch Aufsichtspersonen der BG. Siesorgten für zusätzliche Motivation. Insgesamtkonnten die Aufsichtspersonen die Betriebe fürlärmarme Verfahren und die Auswahl von Gehör-schutz sensibilisieren. Geholfen hat hier sicherlich,dass die FBG für die Dauer der Aktion besondersgünstige Bezugskonditionen bei zwei Herstellernvon Otoplasten vereinbaren konnte. Lärmdämmen-de Raumauskleidung finden die Betriebe interes-sant. Hier aber besteht noch Potenzial für die kon-krete Umsetzung in der Praxis.

Selbst im November 2010, fast ein Jahr nach Endeder Schwerpunktaktion, bestellten die Betriebenoch Lärmschutz-Aktionssets und stießen Lärm-schutzprojekte an. Somit kann von einer gutenNachhaltigkeit der Aktion ausgegangen werden.Eine Follow-up-Messung wird hierzu Ergebnisseliefern.

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Erfolge: Gute Präventionslösungen aus den Betrieben

Die BGN-Präventionspreisträger 2010

Es gibt in den Betrieben viele Initiativen und gute Ideen zur Verbesserung der Sicherheit und desGesundheitsschutzes. Besonders gelungene Maßnahmen und Konzepte aus der betrieblichen Pra-xis würdigt die BGN alle zwei Jahre mit ihrem Präventionspreis. 2010 wurde er an fünf BGN-Mit-gliedsunternehmen verliehen.

Er ist seit 2004 zur festen Größe in der BGN-Prä-ventionsarbeit geworden: der BGN-Präventions-preis. Alle zwei Jahre wird er an Betriebe verliehen,die mit guten Ideen und wegweisenden Lösungenzu einer Verbesserung von Sicherheit und Gesund-heitsschutz ihrer Mitarbeiter beitragen. 2010 ermit-telte die unabhängige Jury unter den zahlreichenBewerbungen aus den unterschiedlichsten Bran-chen fünf Unternehmen, die in drei Kategorien aus-gezeichnet wurden. Sie erhielten Preisgelder zwi-schen 2.000 und 6.000 EUR.

Nachfolgend ein Überblick über die Preisträgerund ihre Best-Practice-Beispiele, die es wert sind,von anderen Betrieben aufgegriffen zu werden.

Betriebliche Sicherheitstechnik

In der Kategorie „Betriebliche Sicherheitstech-nik“ werden Beiträge ausgezeichnet, mit deneneine Verbesserung der Arbeitssicherheit durch tech-nische Lösungen erreicht wird. Hier gab es zweiPreisträger.

1. Inbev Deutschland Brauerei Beck & Co. KG, Bremen: Sichere Auftrittsfläche am Tunnelpasteur

Bei der Inbev Deutschland Brauerei Beck & Co. KGhatte man darüber nachgedacht, wie die Mitarbei-ter während der Störungsbeseitigung an einemdoppelstöckigen Tunnelpasteur sicherer und stress-freier stehen können. Die bisherige Standfläche warfür die Eingriffe in den oberen Tunnel zu niedrig.Deshalb nahmen die Mitarbeiter den Geländer-holm, die Türleiste oder einen Bierkasten als Auf-stiegshilfe, was immer wieder zu Unfällen oder Bei-nahe-Unfällen geführt hatte. Es war wegen der not-wendigen Eingriffe in den unteren Tunnel abernicht möglich, die jetzige Standfläche einfach hö-her zu verlegen.

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Auf der Suche nach einer Verbesserungsmöglich-keit fand man eine gute Lösung für eine sichereAuftrittsfläche am Tunnelpasteur: ein höhenver-stellbares Laufblech, das sich durch einen Hebel-mechanismus leicht hoch- und wieder herunter-klappen und arretieren lässt. Das Umstellen wirddurch Druckgasfedern unterstützt. Den Mitarbei-tern wird so auf schnelle Weise und mit der nöti-gen Standsicherheit der Zugang zu den beiden Stör-stellen ermöglicht.

2. Milch-Union Hocheifel eG – MUH, Pronsfeld:Sicherung des Verschiebewagens durch Schwingtüren

Bei der Milch-Union Hocheifel eG (MUH) in Prons-feld war ein Sicherheitsproblem im Verladebereicheines Lagers mit zahlreichen nebeneinander ver-laufenden Rollenbahnen zu lösen. Dort werden diebeladenen Paletten über zahlreiche nebeneinanderverlaufende Rollenbahnen für den Abtransportdurch Lkw bereitgestellt. Bestückt werden die ein-zelnen Rollenbahnen mittels automatischer Ver-schiebewagen, die die Paletten wechselweise aufdie Rollenbahnen verteilen. Gelangen Personenauch nur in die Nähe eines solchen Verschiebewa-gens, besteht allergrößte Verletzungsgefahr.

Nach vielem Überlegen und Ausprobieren etli-cher Möglichkeiten zur Absicherung des Verschie-bewagenbereichs kam man schließlich auf einevergleichsweise einfache Lösung: An den Paletten-übergabestellen wurden Schwingtüren installiert,die mit Sicherheitsschaltern überwacht werden.Eine Tür, die vom Verschiebewagen angesteuertwird, öffnet sich durch den Druck der Palette auto-matisch – aber nur innerhalb des nötigen Zeitfens-ters – und schließt dann mittels Federkraft selbst-tätig. Wird die vorgegebene Zeit überschritten, sogeht die Anlage automatisch in einen sicheren Halt.

Im Vergleich zu anderen Sicherungsmöglichkei-ten, wie z. B. Lichtschranken, Lichtgitter, hochzieh-bare Schutzgitter, Rolltore, überzeugt diese Konzep-tion durch eine geringe Störanfälligkeit, Wartungs-freundlichkeit und relativ geringe Kosten.

Inbev Deutschland Brauerei Beck:

Unsicheres Stehen bei derStörungsbeseitigung istjetzt dank des höhen-

verstellbaren Laufblechs passé.

Eine verriegelte Schwingtür sichert den Fahrbereich derPaletten-Verschiebewagen gegen unbefugten Zutritt vonden Rollenbahnen aus. Hier: Die Palette verlässt den Ver-schiebewagen (Bild oben) durch die Schwingtür in Rich-tung Rollenbahn (Bild unten).

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Kategorie Gesundheitsschutz und Ergonomie

Die Beiträge in der Kategorie „Gesundheitsschutzund Ergonomie“ zielen auf Verbesserungen der Ar-beitsverfahren, um sicheres und gesundes Arbei-ten zu gewährleisten, und auf eine Reduzierung derBelastungen für die Mitarbeiter. Auch in dieser Ka-tegorie zeichnete die BGN zwei Betriebe aus.

3. Kampffmeyer Food Innovation GmbH, Hamburg:Entwicklung eines staubarmen Trennmehls (Ping-Pong 500)

Trennmehl oder Streumehl wird bei der Teigauf-bereitung in Backbetrieben verwendet. Es verhin-dert, dass die Teiglinge an der Oberfläche von Ma-schinen oder Arbeitsflächen festkleben. Trennmehlist in Bäckereien eine Hauptquelle für die Belas-tung der Atemluft mit Mehlstaub.

Die Verminderung von Mehlstaub als Auslöservon Atembeschwerden und allergischem Asthmaist seit Jahren ein zentrales Thema der berufsge-nossenschaftlichen und betrieblichen Präventions-arbeit.

Kampffmeyer Food Innovation hat nun ein ex-trem staubarmes Trennmehl entwickelt: Ping-Pong500. Es handelt sich um ein Weizenmehl, das mitWasserdampf und Hitze behandelt wurde (sieheauch „Mehl, das nicht den Atem nimmt“ Seite 116 indiesem Jahrbuch).

Das staubarme Trennmehl könnte dazu beitra-gen, die Mehlstaubbelastung in Backbetriebendrastisch zu reduzieren. Laboruntersuchungen zei-gen einen deutlich reduzierten Anteil an einatem-barem Mehlstaub gegenüber herkömmlichenTrenn- und Streumehlen. Das trifft insbesondereauf den alveolengängigen Staubanteil zu, also aufden Teil des Mehlstaubs, der bis in die feinsten Ver-ästelungen der Lunge vordringen kann. Erste Mes-sungen in der Backstube belegen eine Reduzierungder alveolengängigen Fraktion um bis zu 80 % imVergleich zu herkömmlichem Weizenmehl, das alsTrennmehl eingesetzt wird.

4. Ludwig Stocker Hofpfisterei GmbH, München:Reduzierung der Wärmestrahlung an Steinbacköfen durch hitzebeständige Rollos

Bei den Arbeiten an den Altdeutschen Steinback-öfen der Münchener Hofpfisterei belasten heißeLuft und die direkte Wärmestrahlung, die von die-sen „Ofentürmen“ ausgeht, die Mitarbeiter sehrstark. Damit ist jetzt Schluss. In der Hofpfistereihatte man auf der Suche nach einer geeigneten Lö-sung, die Wärmestrahlung abzuhalten, eine guteIdee: die Steinbacköfen mit Rollos abzuschirmen.Sie bestehen aus hitzebeständigem, aluminiumbe-schichtetem Para-Aramid-Gewebe, das auch beiden Hitzeschutzanzügen der Feuerwehr verwendetwird. Die Rollos lassen sich elektrisch auf- und ab-rollen, halten dem rauen Umgang in der Backstubestand und sind sehr leicht sauber zu halten.

Staubarme Trennmehle wie Ping-Pong 500 bringen Bä-ckern mit allergischen Atemwegsproblemen Erleichte-rung. Bei gesunden Bäckern kann die Verwendung einesstaubarmen Trennmehls das Erkrankungsrisiko senken.

Rollos aus hitzebeständi-gem Material schirmendie Steinbacköfen ab undverhindern, dass die Mitar-beiter der starken Wärme-strahlung ausgesetzt sind.

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Kategorie Risiko raus!

Erstmals wurde 2010 ein Preis in der Kategorie „Risiko raus!“ vergeben. Diese Sonderkategoriewurde eingeführt, um das wichtige Thema „Siche-res Fahren und Transportieren“ der gleichnamigenPräventionskampagne der gesetzlichen Unfallver-sicherung (siehe auch Seite 34 in diesem Jahrbuch)herauszustellen.

5. Josera GmbH & Co. KG, Kleinheubach:Ladungssicherung von palettierter Sackware durch ein Haltenetz

Wie lässt sich pulver- oder granulatartige Sack-ware unterschiedlicher Höhe beim Lkw-Transportsicher an Ort und Stelle halten? Beim Futtermittel-hersteller Josera GmbH & Co. KG aus Kleinheubachhat man eine gelungene Lösung für diese Problem-stellung gefunden und realisiert: ein Haltenetz, dasüber die gesamte Ladung gespannt wird.

Netz drauf, fertig, los. Verlässliche Ladungs-sicherung in 10 Minuten.

Das Standardverfahren zur Ladungssicherung aufLkws – das Niederzurren mit Gurten – ist bei Sack-ware mit mehligem oder granulatartigem Inhaltnicht geeignet. Schon nach kurzer Zeit lockern sichdie Gurte regelmäßig durch die Rüttelbewegungenwährend der Fahrt. Das in Zusammenarbeit mit ei-nem bekannten Zurrmittel-Hersteller entwickelteHaltenetz lässt sich mit einem Gurtliftsystem un-ter das Lkw-Dach anheben. Das erleichtert und be-schleunigt zudem das Laden und Entladen derLkws. Das Unternehmen erhielt bereits zum zwei-ten Mal den BGN-Präventionspreis für einen her-vorragenden Beitrag zur Verkehrssicherheit.

Von Siegern lernen

Bei allen prämierten Beiträgen wird wieder deut-lich, dass sie das Ergebnis einer konsequenten undbeharrlichen Entwicklungsarbeit darstellen. Fleißund Beharrlichkeit haben sich gelohnt. Denn amEnde stehen praktikable und vorbildliche Lösungenfür Probleme der Sicherheit und des Gesundheits-schutzes – Lösungen, von denen man annehmendarf, dass sie auch in anderen Betrieben zu Verbes-serungen der Arbeitssituation beitragen können.

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Messen und Veranstaltungen

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Jahrbuch Prävention 2011

Die BGN nutzt Messen und Veranstaltungen, um sichunterschiedlichen Zielgruppen als moderner und pra-xisbezogener Präventions-Dienstleister vorzustellen.Manchmal geht es darum, ein breites Publikum zu ty-pischen Fragestellungen und Arbeitsschutzthemenaus BGN-Branchen zu beraten. Manchmal handelt essich um Fachtagungen, zu denen die BGN z. B. Maschi-nen-Hersteller und -Betreiber oder Experten und Wis-senschaftler einlädt, um über neueste Entwicklungenzu informieren und diskutieren. Und manchmal gehtes um Vertreter gezielt ausgewählter Unternehmen,um mit ihnen über konkrete, dort durchgeführte BGN-Dienstleistungen Erfahrungen auszutauschen.

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Messen und Veranstaltungen: Betriebliches Gesundheitsmanagement

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In Bewegung bleiben mit Hindernissen …

Zum Erfahrungsaustausch „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ (BGM) hatte die BGN imApril 2010 Vertreter aus den Unternehmen eingeladen. 17 Teilnehmer aus 12 Betrieben, in denenein Betriebliches Gesundheitsmanagement bereits existiert, präsentierten ihre Managementsyste-me und diskutierten Erfolgsfaktoren und Stolpersteine.

Nach einem kurzen Impulsvortrag präsentiertendie Vertreter der Unternehmen ihr firmeneigenesManagementsystem. So konnte jeder die Vorge-hensweise der anderen kennenlernen, Fragen stel-len, Anregungen mitnehmen. Posterpräsentatio-nen der einzelnen Lösungen hingen für die Dauerder Veranstaltung aus.

Für die Teilnehmer von besonderem Interessewaren die Themen „Führung“ und „Nachhaltigkeit“.Die Arbeitsgruppe, die sich mit der Rolle der Füh-rung im Betrieblichen Gesundheitsmanagementbeschäftigt hatte, formte den Slogan „Reden ist Sil-ber, miteinander reden ist Gold“; die Gruppe „Nach-haltigkeit“ resümierte: „Ein steter Tropfen höhlt

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Jahrbuch Prävention 2011

den Stein.“ Einfach klingende Aussagen für kom-plizierte Zusammenhänge? Genau hier liegt derSchlüssel zum Erfolg: Bei genauerer Betrachtungwird immer wieder klar, dass ein wesentlicher Er-folgsfaktor für ein funktionierendes Management-system die adäquate und zielgruppenorientierteKommunikation ist.Ein Praxisbeispiel im zweiten Teil der Veranstal-

tung zeigte die konkrete Umsetzung. Die Projektlei-terin eines BGM-Projektes aus der Schokoladenin-dustrie stellte ihre Arbeit vor. Dieser Betrieb hattenicht nur bereits Maßnahmen umgesetzt, sondernauch evaluiert – hier war also schon viel passiert.Die Referentin schilderte sehr anschaulich die His-torie von den ersten Anfängen bis zum aktuellenStand mit allen Höhen und Tiefen. Erfahrungen,von denen alle Teilnehmer profitieren konnten.

Am Ende der Veranstaltung fasste die BGN dieArbeitsergebnisse zusammen, als Hilfe für die wei-tere Arbeit wurde eine CD-ROM mit allen Ergebnis-sen, Dokumentationen, Bildmaterialien, Fotos undAdressen des Erfahrungsaustausches zusammen-gestellt und an alle Teilnehmer versandt.Das Urteil der Teilnehmer fiel in der Abschluss-

runde ausgesprochen positiv aus. „Sehr interes-sant“, „toll, dieser Austausch“, „habe neue Eindrü-cke gesammelt“, „muss man unbedingt wiederho-len“, „wir fühlen uns bestätigt“, „bei uns ist nochPotenzial“ … waren einige der Aussagen; man warsich einig, dass sich für alle Beteiligten der Auf-wand gelohnt hat: Eine rundum gelungene Veran-staltung, die eine Neuauflage verdient hat.

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Messen und Veranstaltungen: Fachsymposium Maschinen- und Anlagensicherheit

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Branchentreff der Maschinenhersteller

Etwa die Hälfte aller deutschen Hersteller von Fleischerei-Maschinen ist Kunde der Prüf- und Zerti-fizierungsstelle des Fachausschusses Fleischwirtschaft. Sein Fachsymposium Maschinen- und Anla-gensicherheit, das seit neun Jahren regelmäßig stattfindet, fungiert als ein echter Branchentreff.

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Hochkarätige Referenten und eine intensive Dis-kussion zwischen Herstellern und Betreibern ins-besondere aus Deutschland, aber auch aus Öster-reich und der Schweiz zeigen die Attraktivität derVeranstaltung. Die Fortbildung von Maschinenher-stellern, Betreibern, Aufsichtspersonen und Prü-fern zu fördern ist eines der Hauptanliegen desSymposiums. Neue Entwicklungen in der Sicher-heitstechnik wurden im Rahmen des 9. Fachsym-posiums ebenso thematisiert wie der Leitfaden zurMaschinenrichtlinie 2006/42/EG, der 2011 erstmalsauch auf Deutsch zur Verfügung stehen wird undohne echte Rechtsverbindlichkeit der vergleichba-ren Auslegung und Anwendung der europäischenRichtlinie dienen soll. Sehr aufmerksam verfolgten die anwesenden

Hersteller auch die Ausführungen zu den Pflichten-

kreisen nach § 823 BGB und die daraus resultieren-de konkrete Empfehlung des Abschlusses von Qua-litätssicherungs- und Qualitätsmanagementver-einbarungen mit Zulieferanten. Nach einer Vorstellung typischer Unfälle an Flei-

scherei-Maschinen wurde im Rahmen einer Podi-umsdiskussion eine engagierte Diskussion dazugeführt, wann von vorhersehbaren Fehlanwendun-gen gesprochen werden muss und wie die Herstel-ler aus Sicht der Prävention, der Gewerbeaufsicht,der Marktüberwachung und der Betreiber daraufreagieren sollten.Da die Hersteller von Fleischerei-Maschinen stark

exportorientiert denken und handeln, stieß auchder Vortrag eines Vertreters der Handels- und In-dustriekammer der Russischen Föderation bezüg-lich der vereinfachten Anerkennung deutscher Zer-tifikate auf Interesse. Schließlich konnte ein ersterAusblick auf wahrscheinliche Änderungen beimGeräte- und Produktsicherheitsgesetz gegeben wer-den.

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Jahrbuch Prävention 2011

Messen und Veranstaltungen: IFFA 2010

Leitmesse der Fleischwirtschaft

Neben einer Vielzahl von differenzierten Gesprächen sorgten attraktive Aktionsangebote auf der IFFA 2010 für einen besonders erfolgreichen Messeauftritt des Bereiches Fleischwirtschaft der BGN.

Vom 8. bis 13. Mai 2010 war der Bereich Fleisch-wirtschaft mit einem Messestand in der Galleriader Frankfurter Messe für seine Kunden präsent.Kernthemen der Standgestaltung waren dieSchwerpunktaktionen „Lärm-Stopp“ und „Risikoraus, sicherer Transport“. Praktische Lärmdemons-trationen mit einer eigens konstruierten „Lärm-box“, technische Möglichkeiten zur Schalldäm-

mung im „Schalltunnel“ und an der Standdecke,lärmreduzierte Kutterwagen, ein Sehtestangebotund ein Modellstaplerparcours standen zur Infor-mation und Animation der Standbesucher zur Ver-fügung. Absoluter Renner und „Eyecatcher“ war einModell-Stapler-Parcours, der von mehr als 150 Fah-rern genutzt wurde.

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2011 Die Lärmbox und die neuartigen Kutterwagen

fanden ebenfalls große Beachtung. Ergänzend dazukonnte in den Kundengesprächen auf in die Stand-konstruktion eingebrachte unterschiedlicheDämmmaterialien verwiesen werden. Auch vomSehtestangebot machten die Versicherten derFleischwirtschaft oft und gerne Gebrauch. Darüberhinaus gab es ein Gewinnspiel und zweimal täg-lich Auslosungen wertvoller Schutzbrillen.Zur Messestandcrew gehörten neben den Mitar-

beitern der Prävention Fleischwirtschaft Kollegin-nen und Kollegen aus den Abteilungen Mitgliederund Beitrag und Rehabilitation, so dass auch kom-plexe Kundenanfragen aus diesen Bereichen vorOrt kompetent beantwortet werden konnten. Die Auswertung der Messekontakte ergab eine

deutliche Steigerung von Anzahl und Dauer derKundengespräche. Insgesamt wurden 678 Kunden-gespräche mit zusammen 10.945 Gesprächsminu-ten geführt. Nach den Richtwerten des Ausstel-lungs- und Messe-Ausschusses der deutschen Wirt-schaft (AUMA) wären unter günstigsten Be-

dingungen maximal 1.000 Gespräche und 12.000Gesprächsminuten möglich gewesen. Im Durch-schnitt dauerten die Gespräche 16,14 Minuten unddamit mehr als 4 Minuten länger als der AUMA-Durchschnitt. Die stärksten Besuchstage am Standwaren Sonntag und Mittwoch mit 148 und 122 qua-lifizierten Kundenbesuchen. Die mit Abstand stärkste Besuchergruppe stell-

ten Unternehmer aus Klein- und Mittelbetrieben(268), gefolgt von Auszubildenden (130) und sonsti-gen Mitarbeitern (124). Fachkräfte für Arbeitssicher-heit und Sicherheitsbeauftragte (56) sowie Lehrer(55) folgen im Ranking. Daneben besuchte auch derPräsident des Deutschen Fleischerverbandes, Man-fred Rycken, den Stand der Fleischwirtschaft.199 konkrete Aufträge aus den Kundengesprä-

chen wurden dokumentiert und unmittelbar nachEnde der Messe abgearbeitet. 505 Kunden bewerte-ten den Messeauftritt mit 1–2 in einer Skala von1–6 (1 = beste Bewertung). Nur ein einziger Kundevermerkte, der Messebesuch habe sich nicht ge-lohnt.

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Jahrbuch Prävention 2011

Messen und Veranstaltungen: Messe–Präsentationen 2010

Vielfalt und Kompetenz

„Prävention – Dienstleistungen für unsere Kunden“ war das Leitthema auf den Messen, die dieBGN 2010 besuchte. Ziel dabei waren die Expertenberatung zu allen Themen des Arbeitsschutzesund die Information über neue Entwicklungen und Trends.

Im Jahre 2010 war die BGN auf folgenden Messen vertreten:

• Internationale Handwerksmesse (IHM) vom 03.03. bis 09.03. 2010 in MünchenGemeinschafts-Messestand der Unfallversicherungsträger (UK BG), des DGUV-Landesverbandes Südostund des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit; Thema „RISIKO RAUS – ProfessionellesArbeiten mit dem Messer“

• Hogatec vom 12.09. bis 15.09.2010 in DüsseldorfPlakate und praktische Vorführungen hatten die Qualität der Küchenluft zum Thema. Mit Hilfe einesGrills und einer Düsenplatte wurden Möglichkeiten demonstriert, das Klima in Küchen positiv zu beein-flussen.

• Arbeitsschutz aktuell vom 19.10. bis 21.10.2010 in Leipzig Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen präsentierten sich mit einem gemeinsamen Messestandder Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, der das Motto trug „Sicher arbeiten/Gesundheit schüt-zen/Zukunft sichern“. Der BGN-Stand hatte das Motto „Saubere Luft für Koch und Gäste“. Mit Hilfe derDüsenplatte, einer innovativen Erfassungseinrichtung für Küchendünste und Wrasen, wurde dieses The-ma eindrucksvoll und praxisnah vorgestellt.

• Die Brau Beviale, Treffpunkt der europäischen Getränkewirtschaft, vom 10.11. bis 12.11.2010 in NürnbergNach dem Motto „Prävention – Dienstleistungen für unsere Kunden“ zeigten Fachleute für Arbeitssicher-heit und Gesundheitsschutz den Fachbesuchern am Stand alles Wissenswerte zu den Themen „Gefähr-dungsbeurteilung, Explosionsschutz, Lärm und Lärmschutz, Vibrationen sowie Ladungssicherung undGefahren beim Transport“.

• Berufsbildungsmesse vom 06.12. bis 09.12.2010 in NürnbergUnter dem zentralen Motto „RISIKO RAUS – sicher ankommen!“ war die BGN am Gemeinschafts-Messe-stand der Unfallversicherungsträger (UK BG) und des DGUV-Landesverbandes Südost vertreten.

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2011 Messen und Veranstaltungen: VDI-Fachtagung

Sichere Handhabung brennbarer Stäube

Am 16. und 17. November 2010 fand in Nürnberg die diesjährige Fachtagung „Sichere Handha-bung brennbarer Stäube“ statt. Die europaweit größte Veranstaltung dieser Art bietet eine guteGelegenheit, neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis, aktuelle Entwicklungen, Unfallgesche-hen und rechtliche Rahmenbedingungen zu diskutieren.

Die traditionsreiche Veranstaltung des VereinsDeutscher Ingenieure (VDI) wurde unter der fachli-chen Leitung von Prof. Siegfried Radandt, Ge-schäftsführer der Forschungsgesellschaft für ange-wandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin (FSA)und ehemaliger Leiter des Geschäftsbereichs Prä-vention der BGN, durchgeführt. Mitarbeiter vonBGN und FSA waren nicht nur in Programmaus-schuss und Moderation der Fachtagung eingebun-den, sondern trugen auch durch sehr beachtete Vor-träge maßgeblich zum guten Gelingen bei. Prof. Radandt referierte über das europäische

Recht auf dem Gebiet des Explosionsschutzes, ins-besondere im Hinblick auf die neue Maschinen-richtlinie. Mit dem Thema „Neue Erkenntnisse fürden konstruktiven Explosionsschutz von Becherele-vatoren“ konnten Ergebnisse eines Forschungspro-jekts der FSA – initiiert von der BGN – einem brei-ten Fachpublikum vorgestellt werden. Sie wurdenzwischenzeitlich in eine VDI-Richtlinie übernom-men und fließen in die europäische Normungsar-beit ein.

Ein weiterer Beitrag der BGN/FSA befasste sichmit der Explosionsdruckentlastung sehr großer Si-los und der Möglichkeit, entsprechend große Druck-entlastungseinrichtungen im Modellmaßstab zuprüfen und zu zertifizieren. Eine von BGN/FSA ent-wickelte Lösung eröffnet die Möglichkeit, entspre-chend groß dimensionierte Schutzeinrichtungenzu entwerfen und zu prüfen. Dies kann deutlichkostengünstiger sein als der Einsatz einer Vielzahlkleiner Druckentlastungseinrichtungen.Mit dem Thema „Explosionsschutz an Sprüh-

trocknungsanlagen – Praxisorientierte Umsetzungvon Explosionsschutzkonzepten in der Nahrungs-mittelindustrie“ konnte die BGN erneut ihre Nähezur Praxis und zu branchenspezifischen Lösungenbelegen. Prof. Radandt erhielt im Rahmen dieserVeranstaltung die VDI-Ehrenplakette für sein be-sonderes Engagement über viele Jahre hinweg.

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Anhang

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Jahrbuch Prävention 2011

Seminarangebot für Service-gesellschaften

Seit ca. 15 Jahren erfahren Alten- und Pflegehei-me sowie Krankenhäuser eine Neustrukturierungder Aufgaben in ihren Häusern. Betriebsteile wer-den aus ökonomischen und personalwirtschaftli-chen Gründen in Servicegesellschaften ausgeglie-dert. Servicegesellschaften übernehmen hauswirt-schaftliche Tätigkeiten wie Speisenversorgung und-verteilung, Reinigung, Haustechnik und teilweiseauch pflegerische Aufgaben. Kennzeichnend fürServicegesellschaften sind die Vielfalt der Tätigkei-ten und der dezentrale Einsatz in unterschiedlichenBetriebsstätten. Das führt zu einer besonderenSchnittstellenproblematik.

Die BGN ist für viele Servicegesellschaften als ge-setzliche Unfallversicherung zuständig. Sie nimmtden Strukturwandel zum Anlass, ihnen gezielt einSeminar anzubieten. Zielgruppen sind Führungs-kräfte und Mitarbeiter der Servicegesellschaften inAlten- und Pflegeheimen und Krankenhäusern, ins-besondere deren Sicherheitsfachkräfte, Sicherheits-beauftragte, Techniker, Küchen- und Hauswirt-schaftsleitungen.

2010 führte die BGN erstmals ein dreitägiges Son-derseminar mit 11 engagierten Teilnehmern erfolg-reich durch. Die Rückmeldungen der Teilnehmerhaben uns in der Idee, dieser Branche besondereBerücksichtigung zu schenken, bestärkt. Das Semi-nar soll ein fester Bestandteil des Ausbildungspro-gramms werden. Die Teilnehmer werden in klassi-schen Arbeitsschutzthemen unter besonderer Be-rücksichtigung ihrer Branche geschult. Mit dabei

sind auch die Themen Infektionsschutz, Unterhalts-reinigung und ein Deeskalationstraining gegen Ag-gression bzw. Gewalt in der Pflege.

Erster deutsch-italienischer Arbeitssicher-heits -Kongress für das Gastgewerbe

Deutschland und Italien machen beim Arbeits-schutz im Gastgewerbe gemeinsame Sache. DieBGN und die Ente Bilaterale Turismo (EBT), die bila-terale Einrichtung der Sozialpartner für Tourismusin der Region Venezien mit Schwerpunkt „Sicher-heit und Gesundheit in der Aus- und Weiterbil-dung“, arbeiten seit einiger Zeit erfolgreich zusam-men.

Im Oktober 2010 fand in Venedig der erstedeutsch-italienische Arbeitssicherheits-Kongressfür das Gastgewerbe statt. Mehr als 200 Teilneh-mer, darunter viele Auszubildende der Schule fürGastgewerbe und Tourismus in Venedig, informier-ten sich über die guten Ansätze aus Deutschlandund Italien, wie Sicherheit und Gesundheit bei derArbeit in das betriebliche Geschehen zu integrierenund an die Beschäftigten heranzutragen sind. Einegemeinsame Erkenntnis: Betriebe setzen Arbeits-schutzmaßnahmen eher um, wenn ihnen deutlichwird, dass sie damit ihre Wettbewerbsfähigkeit ver-bessern und die Mitarbeiter leistungsfähiger undmotivierter arbeiten.

Unterstützt wurde das Projekt von der IVSS-Sek-tion Maschinen- und Systemsicherheit (IVSS = In-ternationale Vereinigung für soziale Sicherheit). Sieplant in enger Zusammenarbeit mit der BGN be-

Präventionssplitter – Veranstaltungen

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2011 reits ein weitergehendes, internationales Pro-

gramm „Umgang mit arbeitsbedingten Risiken inGastgewerbe und Tourismus“.

Als Anerkennung für die Unterstützung wurdedie BGN auf dem Kongress mit der Ehrenmedailledes italienischen Staates ausgezeichnet. Der BGN-Vorstandsvorsitzende Bernd Fellmer nahm die Aus-zeichnung des italienischen StaatspräsidentenGiorgio Napolitano vom EBT-Vorsitzenden GinoPuntar entgegen.

Staplerfahrerschulungen

Geschulte und unterwiesene Staplerfahrer kön-nen durch die Kenntnis der Gefahren und entspre-chend sicherheitsgerechtes Fahrverhalten Unfälleverhüten. Voraussetzungen für das Führen von Ga-belstaplern sind der Staplerschein und regelmäßi-ge Unterweisungen.

Die BGN bietet Mitarbeitern aus Mitgliedsbetrie-ben die Ausbildung zum Gabelstaplerfahrer an. EinKurs dauert zwei Tage und besteht aus einem theo-retischen und einem praktischen Teil. Für die BGN-Mitgliedsbetriebe sind diese Kurse gebührenfrei.

2010 wurden folgende Gabelstaplerfahrer-Schu-lungen durchgeführt:• Ausbildung von 91 Teilnehmern in 8 Kursen• Ausbildung von 20 Gabelstaplerfahrer-

Ausbildern in einem Kurs

Mach mit – Haut fit

Auch 2010 tourte der Hautstand der BGN wiederdurch die Mitgliedsbetriebe. Der Erlebnisparcourszum Thema Haut geht interaktiv auf das ThemaHautschutz ein. Mit Fühlboxen und einer UV-Lam-pe, die sichtbar macht, wenn kleine Flächen derHaut nicht ausreichend eingecremt werden, wirddas Thema Hautschutz den Beschäftigten nahege-bracht. Die Schutzhandschuh-Ausstellung machtdie große Vielfalt an Schutzhandschuhen deutlich.Die Besucher erfahren, dass die Auswahl nach ei-ner Risikobeurteilung erfolgen soll, um den geeig-neten Handschuh für die jeweilige Tätigkeit auszu-wählen.

2010 war der Hautparcours in 21 Mitgliedsbetrie-ben aufgestellt. Insgesamt wurden 1.350 Teilneh-mer zum Thema Hautschutz geschult.

Stolper-, Rutsch- und Sturzparcours

Auch 2010 forderten Mitgliedsbetriebe den Stol-per-, Rutsch- und Sturzparcours der BGN für Be-triebsaktionen an. Der Parcours enthält typischeSturz- und Stolperfallen, wie sie in jedem betriebli-chen Alltag vorkommen können – ergänzt durchdie spezifischen Gefährdungen des jeweiligen Be-triebes. In kleinen Gruppen werden die Mitarbeiterüber den Parcours geführt – begleitet von eineminteraktiven Unterweisungsgespräch. 2010 fanden5 innerbetriebliche Veranstaltungen mit dem BGN-Stolperparcours statt. Insgesamt 650 Mitarbeiternahmen teil.

Risiko raus!

Im Rahmen der Präventionskampagne „Risikoraus!“ der gesetzlichen Unfallversicherung kam derFahrsimulator der BGN in Mitgliedsbetrieben undBerufsfachschulen zum Einsatz. Bei 19 Veranstal-tungen im Jahr 2010 mit insgesamt 36 Aktionsta-gen nahmen 1.581 Teilnehmer die Gelegenheitwahr, eine „Probefahrt“ durchzuführen. Dabei wer-den z. B. Fahrten unter Alkoholeinfluss simuliert.

Der zum Fahrsimulator gehörende Infostand the-matisierte das Risiko „Alkohol im Straßenverkehr“und das Risiko „Herbst und Winter“. Hier erreich-ten wir rund 2.900 interessierte Besucher.

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Jahrbuch Prävention 2011

Nikotin-Messverfahren der BGN veröffentlicht

Das von der BGN-Messstelle Gefahrstoffe entwi-ckelte Messverfahren zur Bestimmung von Nikotinin der Raumluft wurde 2010 als BGI 505-MethodeNummer 78 Verfahren 01 veröffentlicht. Danachgilt dieses Verfahren als geeignet und als von denUnfallversicherungsträgern anerkannt.

Die BGI 505 ist eine Sammlung „KrebserzeugendeArbeitsstoffe – Anerkannte Analysenverfahren“des Fachausschusses Chemie, Arbeitskreis Analytik,der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.Nikotin ist nicht als krebserzeugend eingestuft.Aber es wird im Allgemeinen als geeignete Mar-kersubstanz für die Tabakrauchbelastung in Ar-beitsbereichen wie z. B. Gaststätten verwendet.

Thermodesorption erweitert die chemische Analytik

Das BGN-Chemielabor verfügt jetzt über ein neu-es Analysenverfahren zur Bestimmung leichtflüch-tiger organischer Verbindungen im Spurenbereich.Möglich ist dies durch die neue Gerätetechnik: dieThermodesorption. Mit der Thermodesorptions-technik werden die Luftinhaltsstoffe durch schnel-les Aufheizen vom Probenträger abgelöst und derTrennsäule zugeführt. Bisher mussten die Inhalts-stoffe mit Lösemitteln vom Probenträger extrahiertwerden.

Durch Untersuchungen an der Prüfgasstrecke desIFA/DGUV konnten beide Verfahren sowohl mitei-nander als auch mit der Methodik des IFA vergli-chen werden. Das Thermodesorptionsverfahren istsomit zur Bestimmung leichtflüchtiger organischerVerbindungen geeignet und wird zukünftig bei In-nenraummessungen eingesetzt werden.

Diese Methodik wird auch bei der Bestimmungvon Nikotin in der Raumluft angewendet. Hier sinderste Versuche in Bearbeitung.

BGN-DVD 2011

Zielgruppengenaue Ansprache über Branchen-portale mit getrennten Angeboten für mittlere undgroße Betriebe sowie für Kleinbetriebe – das zeich-net die jährlich erscheinende BGN-DVD aus. DasStandardwerk für sicheres und gesundes Arbeitenin der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, imGastgewerbe und für Schausteller, in Backbetrie-ben und – jetzt neu – in Betrieben der Fleischwirt-schaft liegt als aktualisierte Ausgabe 2011 vor.

Die Ausgabe 2011 der BGN-DVD enthält neue Pra-xishilfen, u. a. ein interaktives Programm, mit demdie Betriebe die Aufgaben und Einsatzzeiten vonBetriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit ge-mäß den Vorgaben der DGUV Vorschrift 2 ermit-teln und dokumentieren können. Außerdem bietetdie BGN-DVD 2011 aktuelle Informationen für einepräventive Arbeitsgestaltung, Unterweisungsfilme,alle wichtigen Rechtstexte und Informationen zuBeitrag und Leistungen der BGN.

Handlungsleitfaden Maschinen- und Anlagensicherheit

Der jetzt als Ausgabe 1-2011 erschienene BGN-Handlungsleitfaden wurde redaktionell überarbei-tet und erweitert. Neu hinzugekommen sind Hin-weise zu Anforderungen an Maschinen, die festeLadestellen anfahren (z. B. Vertikalförderer) undHinweise zu Befestigungsmitteln feststehendertrennender Schutzeinrichtungen.

Der Handlungsleitfaden hilft bei der Umsetzungder europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EGund stellt den Weg zur CE-Kennzeichnung ausführ-lich dar. Des Weiteren betrachtet werden die Anfor-derungen im Umgang mit Gebrauchtmaschinenund hinsichtlich Veränderungen (z. B. Umbauten)an bestehenden Maschinen und Anlagen. Ein be-sonderer Schwerpunkt ist die Durchführung der Ri-sikobeurteilung.

Die Ausgabe 1-2011 ersetzt die Ausgabe 1-2010.Der Handlungsleitfaden erscheint ausschließlichauf der BGN-DVD und im Internet (www.bgn.de,Shortlink = 1023).

Präventionssplitter Erkenntnisse und Medien

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2011 Infos & Praxishilfen zur DGUV Vorschrift 2

Die BGN unterstützt insbesondere kleinere undmittlere Betriebe mit Handlungshilfen, um die An-wendung der neuen Regelbetreuung nach DGUVVorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Ar-beitssicherheit“ transparent, verständlich undhandhabbar zu machen. Eine Sammlung an Infor-mationen und Praxishilfen, darunter die Broschüre„DGUV Vorschrift 2: Regelbetreuung konkret“ undein interaktives Programm (siehe unten), ist auf ei-ner Internetseite zusammengestellt (www.bgn.de,Shortlink = 1080).

Programm zur Umsetzung der DGUV Vorschrift 2

Diese BGN-Praxishilfe zur Umsetzung der DGUVVorschrift 2 ist ein interaktives Programm. Es hilftden Betrieben dabei, die Leistungen und den Be-treuungsaufwand von Betriebsarzt (BA) und Fach-kraft für Arbeitssicherheit (Sifa) gemäß den Vorga-ben der Vorschrift zu ermitteln und zu dokumen-tieren. Der Nutzer kann die Ergebnisse derAufgaben- und Einsatzzeiten-Verteilung speichern,wieder aufrufen und weiter bearbeiten. Die Ergeb-nisse der durchgeführten Aufgaben- und Einsatz-zeiten-Verteilung werden automatisch als Gesamt-liste, Liste Sifa und Liste BA angezeigt und abge-legt.

Für das Gastgewerbe, für Backbetriebe und Be-triebe der Fleischwirtschaft gibt es zusätzlich je-weils eine branchenspezifische Betreuungsermitt-lung (www.bgn.de, Shortlink = 1081 und auf derBGN-DVD, Ausgabe 2011).

Sicherer Umgang mit Messern, Beilen und Haken in Küchen

Diese Arbeits-Sicherheits-Information (ASI) derBGN wurde komplett überarbeitet. Sie basiert aufden neuesten Erkenntnissen der BGN-Studie „Un-fälle mit handgeführten Messern in gastro-nomischen Betrieben“. Enthalten sind viele bebil-derte Hinweise für alle, die mit Messern arbeiten(www.bgn.de, Shortlink = 1118).

Innovative Schallabsorber für die Nahrungsmittelindustrie

Die BGN untersucht gemeinsam mit der FSA e. V.in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt dieEignung innovativer Absorber im industriellen Um-feld und quantifiziert deren Wirkung. Messung derSchallemissionen einschließlich Frequenzspektrenund Richtcharakteristiken helfen, die lärmmindern-den Maßnahmen im Betrieb zu bestimmen.

Die hygienischen Anforderungen in der Nah-rungsmittelindustrie geben dabei die Rahmen-bedingungen vor, nach denen bereits vorhandeneLösungen aus anderen Bereichen (akustisch hoch-wertige Räume wie z. B. Büros und Vortragssäle) andas anspruchsvolle industrielle Umfeld angepasstbzw. darin übernommen werden können. Software-gestützte Prognosen helfen, die akustischen Maß-nahmen kostengünstig und effizient zu planen.

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Jahrbuch Prävention 2011Anders, C., Mörl, F., Graßme, R.: EKG Dekontamination vonOEMG-Signalen, 5. Arbeitstagung „Motodiagnostik – Moto-therapie“, Jena (4. bis 6. Juni 2010)

Anders, C., Puta, C., Koch, M., Grieshaber, R., Scholle, H.-C.:Ist Erfolg messbar?, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeits-bedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena2010, 269–276

Arnold, D., Schumann, N. P., Faenger, B., Graßme, R., Fischer,M. S., Scholle, H-C.: Poster: Innervation and activation patternof back muscles in rats, FENS Abstr. Vol. 5

Arnold, D., Hübner, A., Schumann, N. P., Faenger, B., Graß-me, R., Fischer, M., Scholle, H.-C.: Poster: The back muscles oflaboratory rats, 17. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010

Arnold, D., Moritz, S., Schilling, N., Graßme, R., Schumann,N. P., Scholle, H.-C.: Aktivierungsmuster des M. multifidus: EinVergleich zwischen Ratte (Rattus norvegicus) und Wüstenle-guan (Dipsosaurus dorsalis), 5. Arbeitstagung „Motodiagnos-tik – Mototherapie“, Jena (4. bis 6. Juni 2010)

Berger, J., Haaß, M., Fuchs, H. V., Rietschel, P.: Poster: EinSchallschutzkonzept für höchste hygienische Ansprüche,DAGA 2010 Jahrestagung für Akustik

Bergmann, J.: Gefährdungsbeurteilung vor Alleinarbeit –Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen, Sicherheitsinge-nieur 4/2010, 28–29

Bergmann, J.: Gute-Praxis-Beispiele zur Verhütung von Ar-beitsunfällen, Der Mineralbrunnen 7/2010, 209–210

Bradl, I., Mörl, F., Franke, S., Nöthling, S., Göbel, L., Griesha-ber, R.: Vermeidung von Rückenbeschwerden bei der maschi-nellen Produktion von Brötchen – Praktischer Nutzen einerBelastungs-Beanspruchungs-Analyse, 16. Erfurter Tage – Prä-vention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Er-krankungen, Jena 2010, 397–408

Faenger, B., Schumann, N. P., Arnold, D., Graßme, R., Fischer,M. S., Scholle, H-C.: In vivo electrical stimulation of rat tricepsbrachii muscle to identify intramuscular electrical sensitivepoints, Workshop on functional electrical stimulation andthe 15th annual conference of the international FES Society

Faenger, B., Schumann, N. P., Arnold, D., Graßme, R., Fischer,M. S., Scholle, H-C.: In vivo electrical stimulation of rat tricepsbrachii muscle to identify intramuscular electrical sensitivepoints, Artificial Organs 34/2010 Issue 8, A 37

Faenger, B., Arnold, D., Schumann, N. P., Graßme, R., Fischer,M. S., Scholle, H-C.: Grundlegende Erkenntnisse zur Elektrosti-mulation des M. Triceps brachii von Rattus norvegicus, 18. Ta-gung der Arbeitsgruppe „Angewandte und Klinische Physio-logie sowie Pathophysiologie der Deutschen PhysiologischenGesellschaft“, Bochum (29. bis 30. Oktober 2010)

Faenger, B., Schumann, N. P., Arnold, D. Graßme, A.: Poster:Lokalisation von elektrisch sensitiven Positionen im M tri-ceps brachii von (Rattus norvegicus) mit Multikanal-Elektro-den, 17. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbedingten Ge-sundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010

Fingskes, M., Geiler, M., et al.: Sicher mobil – ein Programmfür ältere Verkehrsteilnehmer, Moderatorenhandbuch, Bonn2009

Geiler, M.: Arbeitswelt, Straßenverkehrsgeschehen und be-triebliche Verkehrssicherheitsarbeit, Praxishandbuch psy-chische Belastungen im Beruf, Wiesbaden 2010, 166–175

Geiler, M.: Auswirkungen der Arbeitswelt auf das Straßen-verkehrsgeschehen, Psychologie der Arbeitssicherheit undGesundheit: Sicher bei der Arbeit und unterwegs – wirksameAnsätze und neue Wege, Kröning 2010, 199–202

Graßme, R., van Dijk, J. P., Blok, J. H., Stegemann, D. F., Schol-le, H.-C.: Belastungsunabhängige Aktivierung motorischerEndplattenzonen des Musculus biceps brachii in Multi-Ka-nal-EMG-Messungen, 16. Erfurter Tage – Prävention von ar-beitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen,Jena 2010, 377–389

Grund, S., Strocka, B., Wenzel, M.: Praxisleitfaden zur Erstel-lung eines Explosionsschutzdokumentes für Brennereienund Spirituosenbetriebe, FSA Praxisleitfaden, Mannheim2010

Grund, S., Gehrke, M., Wenzel, M.: Explosionsschutz anSprühtrocknungsanlagen – Praxisorientierte Umsetzung vonExplosionsschutzkonzepten in der Nahrungsmittelindustrieauf Grund weiterentwickelter Verfahren und Produkte, VDIReport Nr. 2096

Haaß, M.: Handlungsfeld Lärmbereich – Vom Lärmkatasterbis zum Lärmminderungsprogramm, Der DestillateurmeisterNr. 83, 9/2010, 35–37

Hartmann, B., Bradl, I., Gütschow, S.: Rückenstützen zurEntlastung von arbeitsbedingten Zwangshaltungen – eineStudie, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbedingtenGesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010, 413–417

Hartung, D., Grieshaber, R., Keller, S., Jahreis, G.: Work anddiet-related risk factors of cardiovascular diseases – Compari-son of two occupational groups, Journal of Occupational Me-dicine and Toxicology 2010

Herschel, S., Schmitt, J., Stadeler, M., Bauer, A.: Behandlungs-zufriedenheit und Versorgungsqualität bei Handekzemen,16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbedingten Gesund-heitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010, 43–46

Hölzel, C., Stark, U.: Poster: FENO-Bestimmung als ergän-zungsuntersuchung im Rahmen des DGUV-Grundsatzes 23bei obstruktiv Atemwegserkrankten, 17. Erfurter Tage – Prä-vention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Er-krankungen, Jena 2010

Hölzel, C., Stark, U.: Möglichkeiten der tertiären Präventionbei Mitarbeitern mit allergischem Asthma bronchiale oderRhinopathie, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010,61–66

Kleesz, P., Gehring, W.: Barriereschädigung durch Haut-schutzmittel?, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010,29–31

Koch, M., Anders, C., Puta, C., Grieshaber, R., Blickhan, R.: Re-aktion des Bewegungsapparates auf externe Störungen – einVergleich zwischen Gesunden und Patienten mit chronischunspezifischen Rückenschmerzen, 16. Erfurter Tage – Präven-tion von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkran-kungen, Jena 2010, 285–297

Veröffentlichungen von BGN-Präventions-mitarbeitern 2010

Page 157: BGN –Starker Partner der Betriebe · 5 J a h r b u c h P r ä v e n t i o n 2 0 1 Vorwort Mit dem Jahrbuch 2011 stellen wir Ihnen wieder gute Beispiele und Innovationen aus unserer

156

Jahr

buch

Prä

vent

ion

2011 Krause, J., Stadeler, M., Gudziol, H.: Bewirken Lagewechsel

und körperliche Aktivität Änderungen des schwellungszu-standes der Nasenschleimhaut bei starken Rauchern?, 16. Er-furter Tage – Prävention von arbeitsbedingten Gesundheits-gefahren und Erkrankungen, Jena 2010, 477–479

Kühn, R.: Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsor-ge (ArbMedVV), 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010,87–89

Kurz, E., Anders, C., Graßme, R., Czepa, D., Puta, C., Ziezio, R.,Scholle, H.-C., Hilberg, T.: Spectral analysis of surface myoe-lectric signals in haemophilic patients during non-perturbedbipedal upright standing, Acta Physiologica 198 (2010) Suppl.677

Merdian, J.: Checklisten zum Erfolg, Sicherheitsingenieur8/2010, Heidelberg, 28–29

Mörl, F., Anders, C., Graßme, R.: An easy and robust methodfor ECG artifact elimination of SEMG signals, XVIII ISEK Con-gress, Aalborg (16. bis 19. Juni 2010)

Nöthling, S., Mörl, F., Franke, S., Bradl, I., Grieshaber, R.: Sub-maximaler Test der Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeitgroßer Rumpfmuskeln, 16. Erfurter Tage – Prävention von ar-beitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen,Jena 2010, 347–359

Pape, T., Lorenz, D., Chupin, P.: Prüfung von Druckentlas-tungselementen im Modellmaßstab, VDI Report Nr. 2096,Düsseldorf 2010, 151–166

Pape, T., Lorenz, D., Chupin, P.: Konstruktiver Explosions-schutz großer Silos, Technische Überwachung 11-12/2010, 10–16

Rietschel, P., Hacke, S.: Nanotechnologie: Chancen und Risi-ken im Arbeitsschutz, Die BG 11/2010, 490–491

Rietschel, P., Hüner, H., Weigl, M., Hacke, S., Schmeja, B., Joer-rens, A., Eckart, P.: Bestimmung der Nikotin-Exposition in derGastronomie nach Einführung der Nichraucherschutzgeset-ze und Möglichkeiten der Lüftungstechnik zur Reduzierungder Tabakrauchbelastung, 16. Erfurter Tage – Prävention vonarbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen,Jena 2010, 79–86

Rietschel, P., Dannenbaum, C., Joerrens, A., Kuhn, J., Röll, E.,Sohmen, R.: Technische Maßnahmen zur Prävention obstruk-tiver Atemwegserkrankungen in Bäckereien, 16. Erfurter Tage– Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahrenund Erkrankungen, Jena 2010, 463–464

Rzanny, R., Gussew, A., Graßme, R., Scholle, H.-C., Kaiser, W.A., Reichenbach, J. R.: Exercise-inducted metabolic changes inback muscles – investigations by 31P-MRS at 1.5 T and 3.0 T, 5. International Workshop: Prevention of Motor Diseases, 17. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbedingten Gesund-heitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010

Rzanny, R., Graßme, R., Scholle, H.-C., Kaiser, W. A., Reichen-bach, J. R.: Änderungen des Energiestoffwechsels im Rücken-muskel in Abhängigkeit vom Belastungsgrad bei isometri-scher Belastung, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbe-dingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010,299–309

Sandner, S., Geiler, M. et al.: Demografischer Wandel in derArbeitswelt: Herausforderungen für die Prävention, Genf2010

Schlote-Sautter, B., Möltner, A.: Erhebung von Zeitnut-zungsdaten bei Auszubildenden in der Gastronomie: Metho-dische Möglichkeiten, 16. Erfurter Tage – Prävention von ar-beitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen,Jena 2010, 131–146

Scholle, H.-C., Jinnah, H. A., Arnold, A., Biedermann, F. H., Faenger, B., Graßme, R., Hess, E. J., Schumann, N. P.: Kinematicand electromyographic tool for characterizing movementdisorders in mice, Mov Disord. 2010 Feb. 15, 25 (3), 265–274

Scholle, H.-C., Graßme, R., Rzanny, R., Rottenbach, M., An-ders, C., Reichenbach, J. R., Grieshaber, R.: Characterisation ofmuscular mechanismus relating to nonspecific back pain,6th International Congress of Pathophysiology, Montreal (22.bis 23. September 2010)

Schuh, C.: Vorsicht „ätzende Luft“ – Gesundheitsgefahrendurch peroxidhaltige Desinfektionsmittel bei der aseptischenAbfüllung, Getränkeindustrie 07/2010

Schuh, C.: Chemische Gefährdung – Aseptische AbfüllungTeil 1 und Teil 2, Molkerei-Industrie 7/2010 und 8/2010

Schuh, C.: Gesundheitsgefahren bei der aseptischen Abfül-lung, Flüssiges Obst 11/2010

Schuh, C.: Verfahren Nr. 1: Krebserzeugende Arbeitsstoffe;Anerkannte Analyseverfahren: Verfahren zur Bestimmungvon Nikotin im Tabakrauch in der Raumluft, BGI 505–578

Schuh, C.: Beitrag zur Aseptik, Brewing and Beverage In-dustry China 4/2010

Schumann, N. P., Engel, M., Arnold, C., Graßme, R., Scholle,H.-C.: Die intramuskuläre Koordination am Beispiel der äuße-ren Kaumuskeln, 5. Arbeitstagung „Motodiagnostik – Moto-therapie“, Jena (4. bis 6. Juni 2010)

Schwebel, R.: Sicherheits-Tipp des Monats – Achtung Ge-tränkeschankanlagen, Gastronomie & Hotellerie 12/2010

Schwebel, R.: Flüssiggas – Eine Wissenschaft für sich, Ar-beit und Gesundheit 4/2010

Schwebel, R.: Service Familie – u. a. Filmbeitrag SicherheitTerassenheizstrahler, Fernsehen Hessischer Rundfunk – Rat-geber-Sendung „Service Familie“ 12/2010

Seibt, A., Hunger, B., Seibt, R.: Arbeitszeit, ihre Gestaltungund die Gesundheit von Arbeitnehmern, 16. Erfurter Tage –Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren undErkrankungen, Jena 2010, 115–120

Seibt, R., Seibt, A., Hunger, B.: Erste Ergebnisse zu Gesund-heit und Schlaf bei Beschäftigten im Gastronomie- und Back-gewerbe, 16. Erfurter Tage – Prävention von arbeitsbedingtenGesundheitsgefahren und Erkrankungen, Jena 2010, 147–153

Sprenger, G.: Textilbrand durch Selbstentzündung, Hotel &Technik – Magazin für Hoteliers, Planer und Investoren 1/2010

Stadeler, M., Mey, W., Rehm, J.-U.: Präsentation ausgewähl-ter Ergebnisse aus Arbeitsunfähigkeitsanalysen unter Beach-tung arbeitsmedizinischer Aspekte, 16. Erfurter Tage – Prä-vention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Er-krankungen, Jena 2010, 181–191

Stadeler, M., Graßme, R., Gudziol, H., Scholle, H.-C.: Simulta-ne Hochgeschwindigkeits-Video- und EMG-Messungen beistoßförmiger Belastung der Halswirbelsäule, 16. ErfurterTage – Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefah-ren und Erkrankungen, Jena 2010, 451–456

Stark, U., Dienstbühl, I., Grieshaber, R.: InterdisziplinärePräventionsarbeit im Backgewerbe, 16. Erfurter Tage – Prä-vention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Er-krankungen, Jena 2010, 461–462

Strohbeck-Kühner, P., Geiler, M.: Kombinierte Sicherheits-und Ökotrainings. Auswirkungen auf Einstellungen und dasFahrverhalten von Kraftfahrern, Zeitschrift für Verkehrssi-cherheit 56 Nr. 4, 199–204

Vogl, A., Radandt, S.: Neue Erkenntnisse für den konstrukti-ven Explosionsschutz von Becherlelevatoren, VDI Report Nr.2096, 123–140

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Impressum

Herausgeber:Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe

Geschäftsbereich PräventionDynamostr. 7–1168165 MannheimFon 0621 4456-3401Fax 0621 4456-3645

E-Mail: [email protected]

Verantwortlich:Christoph-J. KirchnerIsabel Dienstbühl

Redaktion:Elfi Braun, BC GmbH, Wiesbaden

Dietmar Scharmentke

Autoren:Karin Alles1, Dr. Andreas Arnold, Dr. Peter Bärenz, Andreas Balkenhol, Janna Berger, Jörg Bergmann,

Dr. Alexandra Bernhardt1, Gerhard Bohne, Thomas Bömer2, Elfi Braun3, Joachim Buse, Dr. Christine Dannenbaum, Werner Dörr, Klaus Dörsam, Sandra Fabian, Olaf Goebel, Prof. Dr. Romano Grieshaber,

Wolfgang Grigulewitsch2, Markus Haaß, Manfred Hannig, Robert Hemke, Helmut Hollich, Prof. Dr. Ruppert Hölzl1, Dr. Hans Hüner, Bettina Hunger, Klaus Jansen, Alfred Joerrens, Marlen Kaufmann4,

Christoph-J. Kirchner, Martina Köster, Adelheid Kraft-Malycha, Heinrich Kremer, Dr. Klaus Kroder, Henning Krüger, Regina Lehmeier, Dirk Lorenz, Edith Lorenz, Dr. Andreas Möltner5, Dr. Falk Mörl, Constanze Nordbrock, Stefan Ohlhauser, Dr. Thomas Pape, Andreas Pitz, Dr. Danielle Prechtl,

Dr. Peter Rietschel, Dietmar Scharmentke, Robert Schlosser, Dr. Barbara Schlote-Sautter, Dr. Claudia Schuh, Ellen Schwinger, Thomas Seifen2, Bettina Simonis, Gerhard Sprenger, Dr. Martina Stadeler, Karin Stephan, Silke Tiedemann, Dr. Albrecht Vogl, Dr. Matthias Weigl, Dr. Markus Wenzel, Dr. Karl Wickert, Clemens Zockoll

1 Otto-Selz-Institut für angewandte Psychologie – Mannheimer Zentrum für Arbeit und Gesundheit, Universität Mannheim2 Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

3 BC GmbH, Forschungs- und Beratungsgesellschaft, Wiesbaden4 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung

5 Kompetenzzentrum für Prüfungen in der Medizin / Baden-Württemberg, Universität Heidelberg

Unfallberichte:Jörg Bergmann, Rüdiger Bernardi, Michael Böhm, Detlev Braun, Karin Carl-Mattarocci, Harald Kiefer, Anett Knobloch, Dr. Klaus Kroder, Klaus Kuhlmann, Rüdiger März, Ursula Meißner, Klaus Pohlmann,

Dietmar Scharmentke, Klaus Selge, Gerhard Sprenger

Fotos:Bellwinkel – DGUV, Berlin; BGN; Fischer, Freudenstadt; Fotolia.com: Benny Weber, Celeste-RF, khausst,

INFINITY, Gina Sanders, Wilsons; Oliver Rüther, WiesbadenGestaltung:

Hildegard Müller, Kommunikationsdesign, GinsheimGrundlagenlayout:

AKN GRAPHICS, Mannheim

Druck:Hoehl-Druck Medien + Service GmbH, Bad Hersfeld

ISBN 978-3-940506-25-2

In diesem Jahrbuch beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Frauen und Männer, auch wenndies in der Schreibweise nicht immer zum Ausdruck kommt.

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BGN – Starker Partner der Betriebe

Jahrbuch Prävention 2011Ja

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