2
POW Sonderheft BHKWs & POWER SUPPLIES 3/4-2013 Wärmeerzeugung Abwärme energieeffizient verstromen Wer aus Abwärme Strom erzeugen will, kann das thermische Kreislaufverfahren Organic-Rankine-Cycle (ORC) nutzen. Der Maschinen- und Anlagenhersteller Dürr Cyplan hat dafür eine Nachverstromungs- technologie entwickelt. Die Anlage lässt sich an unterschiedliche Abwärmequellen koppeln und nutzt sowohl Hoch- als auch Niedertemperatur-Wärmequellen. Das breite Einsatzspektrum der flexiblen Technologie umfasst auch Bestandsanlagen. Für den Hochtemperaturbereich kommen Anlagen wie etwa Biogas-Blockheizkrafwer- ke, Abfalldeponien und Klärwerke in Frage. Dagegen verarbeiten Niedertemperatur- ORC-Anlagen beispielsweise die Abwärme modularer Geothermiekraftwerke, indus- trieller Produktionsprozesse und aus dem Bereich der thermischen Abluftreinigung. Mit der Direktverdampfungstechnologie lassen sich von der Abwärme bis zu 20 % in elektrische Energie umwandeln. Die rest- lichen 80 % stehen mit einer Temperatur von bis zu 90 °C für die nachgeschaltete Wärmenutzung bereit. „Die Kombination von Motoraggregat und Nachverstromungs- technologie ist eines der spannendsten Themen, die es im Bereich Motortechnik der- zeit gibt“, sagt Jochen Fink, Director Sales & Operation. „Fragt man etwa einen Herstel- ler nach einem Motor aus der Standardbau- reihe mit einer 5 % höheren Effizienz, erhält man sicher die Antwort: vielleicht in zehn Jahren. Aber genau das kann unsere ORC- Technologie bereits heute schon leisten.“ Das Unternehmen bietet standardisierte Kompaktmodule in Leistungsgrößen zwi- schen 40 und 500 kWel an. Ähnlich einem Großkraftwerk arbeiten die Anlagen mit Gas und Dampf. Sie lassen sich direkt in das Abgassystem einbinden und nutzen Abwärme zur Stromerzeugung ohne wei- teren Brennstoffbedarf. Für den passiven Dampfkreisprozess greift ein Wärmetauscher Abgaswär- me ab und führt sie dem Prozess zu. Dort wird ein organisches Arbeitsfluid verdampft und somit der Druck auf- gebaut, der eine Turbine antreibt. Die so entstehende mechanische Energie wird schließlich in Strom umgewandelt. Anschließend wird das Arbeitsfluid wieder kondensiert und noch vorhandene Restwär- me abgeführt. Eine Pumpe sorgt für den geschlossenen Kreislauf. Während andere ORC-Prozesse mit chemi- schen Verbindungen wie beispielsweise Kältemittel arbeiten, verwendet der Her- steller für seine Anlagen einen handelsüb- lichen, nichttoxischen Kohlenwasserstoff, wie er auch als Lösungsmittel für Lacke eingesetzt wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kohlenwasserstoff ist reichlich ver- fügbar, thermisch hoch stabil und mit etwa drei €/l kostengünstig. Ausgezeichnete Technologie „Entscheidend ist, mit dem kaskadischen Pro- zess geht Wärme nicht verloren“, sagt Fink. „Unsere mit dem „Umwelttechnik-Preis Ba- den-Württemberg“ ausgezeichnete ORC- Technologie ist eine Neuheit, da sie eine Kraft-Wärme-Kopplung schon in kleinen Leistungsbereichen ab 40 kW ermöglicht.“ So konnten beispielsweise die Stadtwerke in Groß-Gerau mit einer ORC-Anlage die Stromproduktion eines Biogas-Blockheiz- kraftwerks um 560 MWh pro Jahr erhöhen. Die verbliebene Restwärme nutzen die Stadt- werke zur Beheizung von Gebäuden und im Sommer zusätzlich für Trocknungspro- zesse in einem benachbarten landwirtschaft- lichen Betrieb. Nahezu wartungsfrei Eine ORC-Anlage hat in etwa die Größe ei- nes BHKWs. Die Fläche ist notwendig, um die Wärme übertragen zu können. Mit eige- ner Steuerung direkt neben dem BHKW platziert, sind lediglich Abgas und Kühlwas- ser anzuschließen. Generator und Turbine der ORC-Anlage sind hermetisch abgeschlos- sen und komplett in das System integriert. Das heißt, ein aufwendiger Zwischenkreis und eine separate Turbinenschmierung mit Schmieröl entfallen, da das Arbeitsfluid aus dem Prozess diese Funktion übernimmt. Das sorgt für eine hohe Betriebsstabilität, da sich Arbeitsfluid und Turbinenöl nicht vermischen können. Damit ist das System nahezu wartungsfrei. Einzig die in der Druck- geräte-Richtlinie vorgeschriebene Druckprü- fung nach zehn Jahren ist durchzuführen. Jochen Fink, Director Sales & Operation. 70 kW ORC Anlage im Dürr-Technologiezentrum in Bietigheim-Bissingen. 16 17

Bhkw 03 04 2013 s16 17 duerr

Embed Size (px)

DESCRIPTION

 

Citation preview

Page 1: Bhkw 03 04 2013 s16 17 duerr

POW

Son

derh

eft

BHK

Ws

& P

OW

ER S

UPP

LIES

3/4

-201

3 W

ärm

eerz

eugung Abwärme energieeffizient verstromen

Wer aus Abwärme Strom erzeugen will, kann das thermische Kreislaufverfahren Organic-Rankine-Cycle (ORC) nutzen. Der Maschinen- und Anlagenhersteller Dürr Cyplan hat dafür eine Nachverstromungs-technologie entwickelt. Die Anlage lässt sich an unterschiedliche Abwärmequellen koppeln und nutzt sowohl Hoch- als auch Niedertemperatur-Wärmequellen.

Das breite Einsatzspektrum der flexiblen Technologie umfasst auch Bestandsanlagen. Für den Hochtemperaturbereich kommen Anlagen wie etwa Biogas-Blockheizkrafwer - ke, Abfalldeponien und Klärwerke in Frage. Dagegen verarbeiten Niedertemperatur-ORC-Anlagen beispielsweise die Abwärme modularer Geothermiekraftwerke, indus-trieller Produktionsprozesse und aus dem Bereich der thermischen Abluftreinigung.

Mit der Direktverdampfungstechnologie lassen sich von der Abwärme bis zu 20 % in elektrische Energie umwandeln. Die rest-lichen 80 % stehen mit einer Temperatur von bis zu 90 °C für die nachgeschaltete Wärmenutzung bereit. „Die Kombination von Motoraggregat und Nachverstromungs-technologie ist eines der spannendsten Themen, die es im Bereich Motortechnik der- zeit gibt“, sagt Jochen Fink, Director Sales & Operation. „Fragt man etwa einen Herstel-ler nach einem Motor aus der Standardbau-reihe mit einer 5 % höheren Effizienz, erhält man sicher die Antwort: vielleicht in zehn Jahren. Aber genau das kann unsere ORC-Technologie bereits heute schon leisten.“

Das Unternehmen bietet standardisierte Kompaktmodule in Leistungsgrößen zwi-schen 40 und 500 kWel an. Ähnlich einem Großkraftwerk arbeiten die Anlagen mit Gas und Dampf. Sie lassen sich direkt in das Abgassystem einbinden und nutzen Abwärme zur Stromerzeugung ohne wei-teren Brennstoffbedarf.

Für den passiven Dampfkreisprozess greift ein Wärmetauscher Abgaswär-me ab und führt sie dem Prozess zu. Dort wird ein organisches Arbeitsfluid verdampft und somit der Druck auf-gebaut, der eine Turbine antreibt. Die so entstehende mechanische Energie

wird schließlich in Strom umgewandelt. Anschließend wird das Arbeitsfluid wieder kondensiert und noch vorhandene Restwär - me abgeführt. Eine Pumpe sorgt für den geschlossenen Kreislauf.

Während andere ORC-Prozesse mit chemi-schen Verbindungen wie beispielsweise Kältemittel arbeiten, verwendet der Her-steller für seine Anlagen einen handelsüb-lichen, nichttoxischen Kohlenwasserstoff, wie er auch als Lösungsmittel für Lacke eingesetzt wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kohlenwasserstoff ist reichlich ver-fügbar, thermisch hoch stabil und mit etwa drei €/l kostengünstig.

Ausgezeichnete technologie

„Entscheidend ist, mit dem kaskadischen Pro- zess geht Wärme nicht verloren“, sagt Fink.

„Unsere mit dem „Umwelttechnik-Preis Ba-den-Württemberg“ ausgezeichnete ORC-Technologie ist eine Neuheit, da sie eine

Kraft-Wärme-Kopplung schon in kleinen Leistungsbereichen ab 40 kW ermöglicht.“So konnten beispielsweise die Stadtwerke in Groß-Gerau mit einer ORC-Anlage die Stromproduktion eines Biogas-Blockheiz-kraftwerks um 560 MWh pro Jahr erhöhen. Die verbliebene Restwärme nutzen die Stadt- werke zur Beheizung von Gebäuden und im Sommer zusätzlich für Trocknungspro-zesse in einem benachbarten landwirtschaft - lichen Betrieb.

nahezu wartungsfrei

Eine ORC-Anlage hat in etwa die Größe ei- nes BHKWs. Die Fläche ist notwendig, um die Wärme übertragen zu können. Mit eige-ner Steuerung direkt neben dem BHKW platziert, sind lediglich Abgas und Kühlwas-ser anzuschließen. Generator und Turbine der ORC-Anlage sind hermetisch abgeschlos - sen und komplett in das System integriert. Das heißt, ein aufwendiger Zwischenkreis und eine separate Turbinenschmierung mit Schmieröl entfallen, da das Arbeitsfluid aus dem Prozess diese Funktion übernimmt. Das sorgt für eine hohe Betriebsstabilität, da sich Arbeitsfluid und Turbinenöl nicht vermischen können. Damit ist das System nahezu wartungsfrei. Einzig die in der Druck- geräte-Richtlinie vorgeschriebene Druckprü - fung nach zehn Jahren ist durchzuführen.

Jochen Fink, Director Sales & Operation.

70 kW ORC Anlage im Dürr-Technologiezentrum in Bietigheim-Bissingen.

16 17

Page 2: Bhkw 03 04 2013 s16 17 duerr

Direktverdampfungstechnologie nachge-rüstetes BHKW um 17,6 % höhere KWK-Ein- nahmen bei gleichbleibender Wärmenut-zung errechnet. Bei einer Wärmenutzung mit einer Trocknungseinrichtung wie zum Beispiel einer Holz-, Gärrest- oder Kräuter-trocknung von 1,5 Mio. kWh/a ergeben sich danach zusätzliche Einnahmen von etwa 7.100 € jährlich. (cte)

Bilder: Dürr Cyplan Ltd.

Investition in die energie-Infrastruktur

Im Allgemeinen ist die Integration einer ORC-Anlage in eine Biogasanlage ab einer Größe von 500 kW und einer Dauerleis-tung von 8.000 Stunden im Jahr wirtschaft- lich. Die Anschaffungskosten für eine 40-kW-Anlage, die sich mit einem 500-kW-BHKW kombinieren lässt, liegen in etwa in einer Größenordnung von 5.000 €/kW. Damit erwirtschaftet die Anlage einen Betriebs-überschuss von etwa 50.000 € im Jahr je nach Anwendungsfall und Auslastung.

„Betreiber von Biogasanlagen können sich mit der Investition in eine ORC-Anlage wett-

bewerbsfähiger aufstellen,“ erklärt Fink. „Dabei ist es nicht entscheidend, ob sich die Anschaffung in vier oder fünf Jahren lohnt. Vielmehr geht es darum, mit steigendem Wirkungsgrad auch die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage zu erhöhen. Zudem ist eine ORC-Anlage eine Investition in die Energie-Infrastruktur, weil sich damit auch der Energiebedarf von Bestandsanlagen wirtschaftlich decken lässt.“

Eine sinnvolle Ergänzung sind die ORC-An-lagen darüber hinaus für Konzepte, die nach dem EEG 2009 und 2004 vergütet werden, da hier die Vergütung mit der Er-höhung der Stromkennzahl steigt. Die Bie- tigheim-Bissinger haben für ein mit der

i n fo

Dürr Cyplan Ltd.74321 Bietigheim-Bissingen Fon: +49 (0)7142 78 1829 www.durr-cyplan.com

ORC-Modul im KWK-Betrieb an einer Biogasanlage der

Stadtwerke Groß Gerau.

ORC-Anlage bei der Anlieferung am

Kranhaken.

THE HEART OF EVERY GREAT MACHINE

Perkins Gasmotoren von 300 bis 1.000 kW

www.bu-power-systems.deBU Power Systems ist Perkins®4000 Series Gas Centre of Excellence

Flexibel, zuverlässig, wirtschaftlich, weltweites Service-Netzwerk