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Gf3NTER PICKERT BIAFFINE INZIDENZEBENEN, ORTHOGONALE LATEINISCHE QUADRATE 2-ASSOZIATIONSS CHEMATA UND Oehler [1] hat als biaffine Inzidenzebene (kurz: BE) die Inzidenzgebilde (~, ~, I) (~ Menge der Punkte, ~ Menge der Geraden, I ~ ~ × ~ Inzidenz- relation) mit den folgenden Eigenschaften bezeichnet: (A1) Zu P, Q E q3 mit P # Q gibt es genau ein g ~ ~ mit P, Q I g. (A2) Es gibt A, B, C ~ q3, so daft A, B, C I gfi~r kein g ~ eb gilt. (A3) Die Menge der Anzahlen I{h I P I h I1 g}l (P ~ q3, g ~ ~b) ist {1, 2}. Dabei bedeutet h]lg (h parallel g) wie fiblich: h # g =~ Es gibt kein P ~ ~ mit P I g, h. lm folgenden werden nur endliche BE betrachtet. Wie bei Oehler sei unter der Ordnung einer solchen BE das Maximum N der [(P [ P I g}l (g ~ ~) verstanden. Jede Gerade der BE inzidiert dann entweder mit N oder mit N - 1 Punkten ([1], (7)) und wird demgem~iB als N-Gerade bzw. (N- 1)- Gerade bezeichnet. Jede endliche BE einer Ordnung /> 4, die nicht durch Weglassen eines Punktes aus einer affinen Ebene entsteht, hat nun die folgende Eigenschaft ([1], (28)u. S~itze 13, 14): (1) Dureh jeden Punkt geht genau eine N-Gerade. W~ihrend Oehler die BE mit (1) nut fiir N i> 6 einheitlich behandelt und ftir N ~ {4, 5} ein Computer-Programm einsetzL sollen hier die BE mit (1) und N/> 3 einheitlich mittels orthogonaler lateinischer Quadrate beschrieben werden, wodurch man die Oehlerschen Ergebnisse leichter erh~tlt; die Hin- zunahme des Falles N = 3 vereinfacht die Herleitung allerdings nur unwesent- lich, da (1) bei N = 3 nur im Fall I~l = 6 gilt ([1], S. 434). Nach [1] (Satz 10) gehen bei einer BE mit N/> 3 durch jeden Punkt h6chstens N + 1 Geraden. Im folgenden wird auBer N/> 3 stets (1) vorausge- setzt. Daraus folgt (2) Jede (N - 1)-Gerade g sehneidet jede N-Gerade h. Denn ist P I g und nicht P I h, so gehen durch P genau N zu h nichtparallele Geraden; nach (1) sind diese s~imtlich (N - 1)-Geraden, und da dutch P nur eine weitere, also zu h parallele Gerade gehen kann, ist diese nach (1) N- Gerade, die (N - 1)-Gerade g daher nicht parallel zu h. Geometriae Dedicata 7 (1978) 281-285. All Rights Reserved Copyright © 1978 by D. Reidel Publishing Company, Dordreeht, Holland

Biaffine Inzidenzebenen, orthogonale lateinische Quadrate und 2-Assoziationsschemata

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Gf3NTER PICKERT

B I A F F I N E I N Z I D E N Z E B E N E N ,

O R T H O G O N A L E L A T E I N I S C H E Q U A D R A T E

2 - A S S O Z I A T I O N S S C H E M A T A

U N D

Oehler [1] hat als biaffine Inzidenzebene (kurz: BE) die Inzidenzgebilde (~, ~, I) (~ Menge der Punkte, ~ Menge der Geraden, I ~ ~ × ~ Inzidenz- relation) mit den folgenden Eigenschaften bezeichnet:

(A1) Zu P, Q E q3 mit P # Q gibt es genau ein g ~ ~ mit P, Q I g. (A2) Es gibt A, B, C ~ q3, so daft A, B, C I gfi~r kein g ~ eb gilt. (A3) Die Menge der Anzahlen I{h I P I h I1 g}l (P ~ q3, g ~ ~b) ist {1, 2}.

Dabei bedeutet h]lg (h parallel g) wie fiblich:

h # g =~ Es gibt kein P ~ ~ mit P I g, h.

lm folgenden werden nur endliche BE betrachtet. Wie bei Oehler sei unter der Ordnung einer solchen BE das Maximum N der [(P [ P I g}l (g ~ ~) verstanden. Jede Gerade der BE inzidiert dann entweder mit N oder mit N - 1 Punkten ([1], (7)) und wird demgem~iB als N-Gerade bzw. ( N - 1)- Gerade bezeichnet. Jede endliche BE einer Ordnung /> 4, die nicht durch Weglassen eines Punktes aus einer affinen Ebene entsteht, hat nun die folgende Eigenschaft ([1], (28)u. S~itze 13, 14):

(1) Dureh jeden Punkt geht genau eine N-Gerade.

W~ihrend Oehler die BE mit (1) nut fiir N i> 6 einheitlich behandelt und ftir N ~ {4, 5} ein Computer-Programm einsetzL sollen hier die BE mit (1) und N/> 3 einheitlich mittels orthogonaler lateinischer Quadrate beschrieben werden, wodurch man die Oehlerschen Ergebnisse leichter erh~tlt; die Hin- zunahme des Falles N = 3 vereinfacht die Herleitung allerdings nur unwesent- lich, da (1) bei N = 3 nur im Fall I~l = 6 gilt ([1], S. 434).

Nach [1] (Satz 10) gehen bei einer BE mit N/> 3 durch jeden Punkt h6chstens N + 1 Geraden. Im folgenden wird auBer N/> 3 stets (1) vorausge- setzt. Daraus folgt

(2) Jede (N - 1)-Gerade g sehneidet jede N-Gerade h.

Denn ist P I g und nicht P I h, so gehen durch P genau N zu h nichtparallele Geraden; nach (1) sind diese s~imtlich (N - 1)-Geraden, und da dutch P nur eine weitere, also zu h parallele Gerade gehen kann, ist diese nach (1) N- Gerade, die (N - 1)-Gerade g daher nicht parallel zu h.

Geometriae Dedicata 7 (1978) 281-285. All Rights Reserved Copyright © 1978 by D. Reidel Publishing Company, Dordreeht, Holland

282 GLINTER PICKERT

Da wegen (A2) nicht alle Punkte auf einer einzigen N-Geraden liegen k6nnen, gibt es nach (1) und (A1) eine ( N - 1)-Gerade and daher wegen (1), (2) genau N - 1 N-Geraden, somit also N ( N - 1) Punkte (siehe auch [1], Satz 15). Man setzt nun

(3) I = { 1 , . . . , N - 1}, J = { 0 , 1 , . . . , N - 1}, I ' = I \ { g - 1, N - 2}

und bezeichnet die N-Geraden als g~ (i e I) sowie die Punkte yon g~ als P~j ( j e J). Wegen (A1), (2) sind dann die N 2 Verbindungsgeraden gj~ der Pz¢-1,~, PN-2,k (j, k ~ J) die s~imtlichen (N - 1)-Geraden. Ffir i e I ' wird nun eine Abbildung Q~: J x J ~ J dadurch bestimmt, dab P~z mit l = Q~(j, k) der (nach A1), ((2) vorhandene) Schnittpunkt von g~ und gjk ist; da Pz~- 1.;, P~z wieder PN-2,k und PN-2,~, Pu auch PN-1,j bestimmen, ist Q~ ein lateinisches Quadrat. Fiir i, i' e I ' , i :~ i', l = Q~(j, k), l' = Qv(j, k) wird gj~ nach (ALl) durch P~z, P~,v bestimmt, so dab

(j, k) ~ (Q,(j, k), Q,,(j, k))

eine Permutation von J × J ist. Daher sind die Q~ (i ~ I ') paarweis zueinander orthogonale lateinische Quadrate (kurz: OLQ). Umgekehrt liefern N - 3 OLQ Q~: J x J ~ J (i E 1') folgendermal3en eine BE der Ordnung N mit (1): Man nimmt I x J als Menge der Punkte, e als Inzidenzrelation, als N- Geraden die

(4) {i} x J (i ~ I)

und als (N - 1)-Geraden die

(4') {(i, Q~(j, k)) I i ~ r } u {(N - I, j) , (U - 2, k)} (• k E J);

bei N = 3 sind keine OLQ gegeben, und in (4') fehlt demgem~iB das erste Vereinigungsglied. Aus der OLQ-Eigenschaft der Q~ folgt leicht sowohl (A1) als auch, dab durch jeden Punkt N + 1 Geraden gehen, und das liefert dann (A3); offenbar erfiillt sind (A2) und (1). Setzt man in naheliegender Weise P~j = (i, j) , g~ = {i} x J, so liefert die oben beschriebene Konstruktion offensichtlich wieder die Q~ (i e I'). Damit haben wir den

SATZ 1. Die BE'n einer Ordnung N >>. 3 mit (1) werden bis auf lsomorphie dargestellt dutch die siimtliehen Mengen yon N - 3 paarweis orthogonalen lateinischen Quadraten Q~: J × J---> J (i ~ I ' ; dabei L J, I ' durch (3) definiert), indem man I × J als Menge der Punkte, ~ als Inzidenzrelation und als Geraden die Punktmengen (4), (4') nimmt.

Nun kann man eine Menge von N - 3 0 L Q einer Ordnung N ~ 4 stets zu einer Menge von N - 1 0 L Q vervollst/indigen ([2], Th. 1.6.2). Insbesondere gibt es also zu den Q~ (i ~ I'), die im Sinne von Satz 1 eine BE der Ordnung

B I A F F I N E I N Z I D E N Z E B E N E N 283

N/> 3, N # 4 darstellen, ein zu jedem von ihnen orthogonales lateinisches Quadrat Q0. Erweitert man nun die Punktmenge I x J zu a r x J, ffigt die neue Gerade {0} x J hinzu und erg~inzt (4') durch den neuen Punkt (0, Qo(J, k)), so bleibt (A1) wegen der OLQ-Eigenschaft yon Qo erhalten. Da jetzt nur noch N-Geraden vorkommen, hat sich also ein (N 2, N, 1)- Blockplan, d.h. eine affine Ebene der Ordnung N ergeben. Im Fall N = 4 gibt es bekanntlich zu dem lateinischen Quadrat Q1 genau dann ein orthogo- nales, wenn die Quasigruppe (J, Q1) zur Kleinschen Vierergruppe isotop ist. Andernfalls ist (aT, Q1) isotop zur zyklischen Gruppe der Ordnung 4, so daB bei der Darstellung der BE bei geeigneter Numerierung der Punkte Qz(j, k) die mod 4 verstandene Summe j + k wird. Damit erhalten wir den

SATZ 2. Eine BE der Ordnung N >1 3 mit (1) ergibt sich entweder durch Weglassen einer Geraden aus einer affinen Ebene der Ordnung N, oder aber sie ist isomorph zu derjenigen BE mit {1, 2, 3} × {0, 1, 2, 3} als Menge der Punkte,

als Inzidenzrelation und den

{i} x {0, 1, 2, 3} (i ~ {I, 2, 3}), {(1, j + k), (2, j) , (3, k)} (j, k ~ {0, 1, 2, 3})

als Geraden, wobei j + k (rood 4) gemeint ist. Das ist gerade das Oehlersche Ergebnis, jedoch mit einer iibersichtlicheren

Beschreibung der Ausnahme-BE ftir Ordnung 4. Umgekehrt liefert das Oehlersche Ergebnis nach dem Beweis von Satz 2 ein Verfahren, um zu N - 3 0 L Q der Ordnung N-¢ 4 ein weiteres orthogonales lateinisches Quadrat zu bilden; allerdings wird dabei im Falle N = 5 ein Computer herangezogen. Die Beweisverfahren der S~itze 1 und 2 erm6glichen auch einen einfachen geometrischen Beweis ffir den bekannten Satz, dab es zu N - 2 0 L Q der Ordnung N stets ein weiteres orthogonales lateinisches Quadrat gibt ([2], Th. 1.6.1): Die OLQ Qo,- . . , QN-a stellen, wie im Beweis von Satz 2 beschrieben, eine affine Ebene der Ordnung N dar (man braucht hier also nur N - 2 und nicht N - 1 Quadrate wie bei der fiblichen Dar- stellung affiner Ebenen durch OLQ); diese erweitert man zur projektiven Ebene, 1/igt aber den uneigentlichen Punkt der Geraden {i} x J (i ~ J) fort und bezeichnet die fibrigen uneigentlichen Punkte mit Ps (J ~ J). Die Kon- struktion im Beweis yon Satz 1 liefert dann neben den Qo . . . . . QN-3 ein zu diesen orthogonales lateinisches Quadrat Q mit Po(j,k~ als dem uneigentlichen Punkt der Verbindungsgeraden von (N - 1, j ) mit (N - 2, k).

Der beim Beweis yon Satz 2 benutzte Satz fiber die Vervollstfindigung einer Menge yon N - 3 0 L Q der Ordnung N # 4 wird in [2] zuriickgefiihrt auf die yon Shrikhande [3] bewiesene eindeutige Bestimmtheit eines 2- Assoziationsschemas mit gewissen Parametern in einer Menge yon N 2 Elementen f/Jr N # 4, 1 (siehe auch [2], 8.9.2). Unter einem 2-Assoziations- schema in der endlichen Menge M mit I MI > I versteht man ein Paar (R1, R2)

284 GUNTER PICKERT

antireflexiver symmetrischer Relationen in M mit R1 n Rz = ~b,

R 1 u R 2 U 1 M = M x M(1M={(X,X) I x e M } )

und Zahlen p}~ (i,j, k E {1, 2}) derart, dab fiir alle x, y ~ M gilt:

x R, y ~ [{z [ xRj z, yRk z}[ = P}k;

da man dann aus [MI, 1 2 p~ , p~t die fibrigen p~.~ berechnen kann, ~ 1/igt sich der erw/ihnte Satz so formulieren:

SATZ 3. Eine reflexive symmetrisehe Relation R in einer endliehen Menge yon N 2 Elementen mit N # 4, 1 ist genau dann Vereinigung yon zwei Xquivalenz- relationen mit N Klassen zu je N Elementen und dem Durehsehnitt 1M, wenn sie die beiden Bedingungen erfi~llt :

(1) (R\IM, M x M I R ) ist ein 2-Assoziationssehema; (2) zu versehiedenen x, y E M gibt es genau N - 2 bzw. genau 2 Elemente z

mit x R z, y R z, je naehdem x R y gilt oder nieht.

Nach Oehler ([1], Satz 16) erftillt die Relation 'parallel' in der Menge der (N - 1)-Geraden einer BE der Ordnung N (t> 3) mit (1) die Bedingung (2) in Satz 3. Da sich Bedingung (1) leicht ebenfalls als erftillt erweist, gibt es bei N # 4 nach Satz 3 in der Menge der ( N - 1)-Geraden jedenfalls eine .~quivalenzrelation mit N Klassen aus je N zueinander parallelen Geraden (man ben6tigt also nicht die volle Aussage von Satz 3). Fiihrt man diese Klassen als neue Punkte und die Menge dieser Punkte als neue Gerade ein, so ergibt sich mit der iiblichen Erweiterung der Inzidenzrelation aus der BE ein (N 2, N, 1)-Blockplan, also eine affine Ebene. Damit ist erneut das Ergebnis von Satz 2 fiir N # 4 hergeleitet. Im Ausnahmefall yon Satz 2 erfiillt nun zwar die Relation 'parallel' in der Menge der 3-Geraden die Bedingungen (1), (2) von Satz 3, jedoch kann sie nicht in der in Satz 3 angegebenen Weise dargestellt werden, da sonst das eben beschriebene Verfahren im Widerspruch zu Satz 2 eine Einbettung der BE in eine affine Ebene der Ordnung 4 ergeben wfirde. Also liefert diese Relation das nach Shrikhande [3] (siehe auch [2], 8.9.3) einzige 2-Assoziationsschema, ffir das Satz 3 mit N # 1 nicht gilt, das sogenannte Pseudo-L2-Assoziationsschema. Schreibt man die 3-Geraden gj~ einfach alsojk, so ergibt sich die erste Relation in diesem 2-Assoziationsschema (also die Disjunktheit in der Menge der 16 3-Geraden) mittels der Beschrei- bung der Ausnahme-BE in Satz 2 als

{(jk, j 'k ' ) [j, k , j ' , k' ~{0, 1, 2, 3),j # j ' , k # k ' , j + k # j ' + k'},

i Aus den Gleichungen (8.2.2), (8.2.4), (8.2.5) in [2], S.122/3 (mit v = [MI) ergibt sich ffir nl die quadratische Gleichung

n~ - (Ph -p~x + 1)nl = (Iml - 1)p,~ mit nut einer positiven LiSsung.

BIAFFINE I N Z I D E N Z E B E N E N 285

wobei die Addition mod 4 zu verstehen ist. Damit hat sich eine fibersicht- lichere Beschreibung des Pseudo-L2-Assoziationsschemas als die bei Shrikhande ergeben.

B I B L I O G R A P H I E

1. Oehler, M., 'Endliche biaffine Inzidenzebenen', Geom. Dedicata 4, 419-436 (1975). 2. Raghavarao, D., Constructions and Combinatorial Problems in Design of Experiments,

New York-London-Toronto, 1971. 3. Shrikhande, S.S., 'The Uniqueness of the L~-Association Scheme', Ann. Math. Stat.

30, 781-798 (1959).

Anschrift des Verfassers :

Giinter Pickert, Mathematisches Institut, der Justus Liebig-Universit~it, Arndtstr. 2, D63 GieJ3en, B.R.D.

(Eingegangen am 1. September 1976)