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Biologisehe Aktivierung, Obertragung und Oxydation des Wasserstoffes. Fakta und Gesichtspunkte. endgiiltige Von T. THUNBERG-Lund. Inhaltsverzeichnis. Seite Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Die biologische, speziell die enzymatische Aktivierung des Wasserstoffs. Die De- hydrogenasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. WIELA~D legt seine Wasserstoffaktivierungstheorie vor . . . . . . . . . . . . 81 3. Die Wx~LA~nsche Theorie wird ausgebaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4. Kritik und Antikritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5. Die Dehydrogenasenforschung vor Entdeekung der Wirkungsweise der Co-Fermente 90 D~s Vorkommen der Dehydrogenasen S. 91. -- Die Substrate der Dehydro- genasen S. 92. -- Die Spezifit~t der Dehydrogenasen S. 93. -- Wiehtigere und besser bekannte Dehydrogenasen S. 95. -- Die Potentiale der Dehydrogenasen- systeme S. 95. II. Die Zwischenstadien auf dem Wege des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Nichtenzymatisehe Wasserstoffiibertr~ger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Cytochrom S. 98. -- Adrenochrom S. 99. -- Glutathion S. 99. -- Protoflav (,,das gelbe Ferment") S. 100. -- Die Co-Fermente S. I00. 2. Wasserstofftransport oder Sauerstofftransport ? . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Anfangs- bzw. Endstadium bei den Oxydationsprozessen . . . . . . . . . . . 105 III. Die endgiiltige Oxydation des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Der Wasserstoff als der gemeinsame Brennstoff der Zellen . . . . . . . . . . . 106 2. Die Lehre yon der tIydrogenotropie des Sauerstoffs . . . . . . . . . . . . . . 109 LAVOISIER S. 109. -- BERZELIUS S. 110. - - CLAUDE~BERNARD S. 110. -- ZV~TZ S. 111. -- GL~Y S. 111. -- Die bisherige moderne Auffassung S. 111. -- Die relative Unabhangigkeit der O2-Aufnahme und der CO2-Abgabe S. 112. -- Oxydation dureh Wasseraddition und H~-Subtraktion S. 113. 3. Die Rolle der reversiblen Elementarprozesse bei dem oxydativen Stoffwechsel 115 Literaturverzeichnis. I. Die Artikel in frfiheren B~nden dieser Ergebnisse, welche die biologisehen Oxydations. erscheinungen behandeln oder berfihren, werden in dieser Abteilung der Bibliographic zusammen- gestellt. Die Titel werden hier angegeben wegen der Leitung, welche sie betreffend den Inhalt der verschiedenen Artikel geben. -- Die Artikel sind in Zeitfolge geordnet. JACOBY, M~RTr~: ]~ber die Bedeutung der intraeellul~ren Fermente fiir die Physiologie und Pathologie. Erg. Physiol. 1 I, 213 (1902).

Biologische Aktivierung, Übertragung und endgültige Oxydation des Wasserstoffes

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Biologisehe Aktivierung, Obertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Fakta und Gesichtspunkte.

endgiiltige

Von

T . T H U N B E R G - L u n d .

I n h a l t s v e r z e i c h n i s . Seite

L i t e ra tu r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Die biologische, speziell die enzymatische Akt ivierung des Wasserstoffs. Die De-

hydrogenasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Einle i tung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 9 2. WIELA~D legt seine Wasserstoffaktivierungstheorie vor . . . . . . . . . . . . 81 3. Die Wx~LA~nsche Theorie wird ausgebaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4. Kr i t ik und Ant ik r i t ik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5. Die Dehydrogenasenforschung vor Entdeekung der Wirkungsweise der Co-Fermente 90

D~s Vorkommen der Dehydrogenasen S. 91. - - Die Substra te der Dehydro- genasen S. 92. - - Die Spezifit~t der Dehydrogenasen S. 93. - - Wiehtigere und besser bekannte Dehydrogenasen S. 95. - - Die Potent ia le der Dehydrogenasen- systeme S. 95.

I I . Die Zwischenstadien auf dem Wege des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Nichtenzymat isehe Wasserstoffi ibertr~ger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Cytochrom S. 98. - - Adrenochrom S. 99. - - Glu ta th ion S. 99. - - Protoflav (,,das gelbe Fe rmen t " ) S. 100. - - Die Co-Fermente S. I00.

2. Wassers toff t ransport oder Sauerstoff t ransport ? . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Anfangs- bzw. Ends tad ium bei den Oxydationsprozessen . . . . . . . . . . . 1 0 5

I I I . Die endgiiltige Oxydat ion des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Der Wasserstoff als der gemeinsame Brennstoff der Zellen . . . . . . . . . . . 106 2. Die Lehre yon der t Iydrogenotropie des Sauerstoffs . . . . . . . . . . . . . . 109

LAVOISIER S. 109. - - BERZELIUS S. 110. - - CLAUDE~BERNARD S. 110. - - ZV~TZ S. 111. - - GL~Y S. 111. - - Die bisherige moderne Auffassung S. 111. - - Die relat ive Unabhangigke i t der O2-Aufnahme und der CO2-Abgabe S. 112. - - Oxydat ion dureh Wasseraddi t ion und H~-Subtrakt ion S. 113.

3. Die Rolle der reversiblen Elementarprozesse bei dem oxydat iven Stoffwechsel 115

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

I.

Die Art ikel in frfiheren B~nden dieser Ergebnisse, welche die biologisehen Oxydations. erscheinungen behandeln oder berfihren, werden in dieser Abtei lung der Bibliographic zusammen- gestellt. Die Titel werden hier angegeben wegen der Leitung, welche sie betreffend den I n h a l t der verschiedenen Art ikel geben. - - Die Art ikel sind in Zeitfolge geordnet.

JACOBY, M~RTr~: ]~ber die Bedeutung der intraeellul~ren Fermente fiir die Physiologie und Pathologie. Erg. Physiol . 1 I, 213 (1902).

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Die Aktivierung des Wasserstoffs. Die Dehydrogenasen. 79

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I. Die biologische, speziell die enzymatische Aktivierung des Wasserstoffs. Die Dehydrogenasen.

1. Einleitung. Wenn ich in dieser ~bersieht die Ausdrficke ,,Wasserstoffaktivierung",

,,aktivierter Wasserstoff" usw. gebrauche, rue ich dies in roller Kenntnis der gegen diese Ausdrtieke erhobenen Einwiinde. Die Kritik an denselben nahm besonders anlasslieh des Hervortretens der WIELA~Dschen Wasserstoff- aktivierungstheorie eine seh~irfere Form an. Man muss meines Erachtens indessen die Tatsaehe beaehten, dass gewisse ,,Metaboliten ''1, z. B. Zucker- phosphat, Milehs~iure, Bernsteins~ure, Aminosi~uren usw. unter dem Einfluss gewisser cellul~rer Faktoren so verandert werden, dass ihre Wasserstoffgruppe die Fiihigkeit erhalt, ehemische Wirkungen auszutiben, die sie sonst nicht besitzt. DieseVer~inderung des Metabolitenmolektils erfordert eine Bezeichnung und die geeignetste scheint mir Aktivierung zu sein. Bevor das Molekfil den genannten celluliiren Faktoren ausgesetzt war, wurde es dutch Passivitiit (Inaktivitiit) charakterisiert. Nun hat es die Fiihigkeit erhalten, mit seiner Wasserstoffgruppe an dem oxydativen Stoffwechsel teilzunehmen. Liisst sieh hierftir eine bessere Bezeiehnung finden, als dass diese Gruppe ,,aktiv" ge- worden ist ? Diejenigen, die die Bezeichnung Aktivierung und besonders die Be- zeichnung Wasserstoffaktivierung kritisiert haben, waren auch nicht imstande, eine andere, geschweige eine bessere Bezeichnung vorzuschlagen. Von einer

1 Wir fiihren hiermit eine Bezeichnung ein, die sich in der englischen Fachliteratur wegen ihrer grossen Brauehbarkeit eingebiirgert hat (der Metabolit, des l~Ietaboliten, die Metaboliten).

80 T. TEIJI~BERG: Biologische Aktivierung, 13bertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Seite, die ieh hoeh seh~ttze Is. MICHAELIS (1) S. 141], ist der Einwand erhoben worden, das Wort ,,Aktivierung" sei ,,inhaltlos". Ffir meine Person finde ich, dass es ein Vorteil ist, dass das Wort nichts fiber die tieferen Veranderungen in dem aktivierten Molekfil aussagt. Es ist ein Vorteil, dass sieh die Be- zeiehnung damit begntigt, einen wirkliehen Saehverhalt festzustellen, n~mlich die neugewonnene F~higkeit der Wasserstoffgruppe zu reagieren, solange die Erkl~trung dieser F~higkeit noeh hypothetisch ist. Es w~re ein Naehteil, falls die Bezeiehnung ein Standpunktnehmen in einer solehen Hinsieht bedeutete.

Diese meine Ansieht, dass die Bezeiehnung Wasserstoffaktivierung unter anderem deshalb vortrefflich ist, weft sie nichts hinsiehtlich der Veri~nderungen im Molektil aussagt, die hinter der Tatsache der Reaktivit~t stehen, bedeutet nattirlich keine Unterseh~tzung der Versuehe, in die Art dieser Veranderungen einzudringen.

In l~lbereinstimmung mit dem Sinn, den ich also in den Ausdruck ,,Wasser- stoffaktivierung" lege, ist es aueh klar, dass ieh, wenn ich yon wasserstoff- aktivierenden Enzymen spreehe, damit Enzyme meine, die gewisse Molektile oder Molekiilsysteme so beeinflussen, dass ihre Wasserstoffgruppen die F~higkeit zu Reaktionen erhalten, die sie sonst nieht auszeichnen.

Erstmalig wurde man in der Biologie mit dem aktiven Wasserstoff im Zusammenhang mit der reduzierenden F~higkeit der Zellen bekannt, die unter gewissen Umstanden in pr~gnanter Weise zum Ausdruck kommt, z.B. in Farbstoffreduktion (untersucht unter anderem yon EHRLICtI in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts), in Schwefelwasserstoffbildung usw. Hier sei auf den immer noch lesenswerten Artikel hingewiesen, den HEFFTER 1908 der Frage nach den reduzierenden Bestandteilen der Zellen gewidmet hat 1. Start yon aktiviertem Wasserstoff zu sprechen, sprach man zu dieser Zeit gem yon ,,leicht beweglichen Wasserstoffatomen" und schrieb ihnen eine gewisse Bedeutung ffir die eellularen Oxydationsprozesse zu. Auf welche Weise der Wasserstoff seine Aktivit~t gewonnen hatte, dartiber herrschten verschiedene Ansichten. Besonders franzSsische Autoren waren geneigt, in der Aktivit~t den Ausdruek ffir die Wirkung yon Enzymen, ,,t~eduktasen" oder ,,Hydro- genasen" zu erblieken, w~hrend andere, z.B. gerade HEFFTEI~, die Ursache in den in den Eiweissstoffen enthaltenen Sulfhydrylgruppen erblickten.

In eine neue Entwieklungsstufe tri t t die Lehre yon der Aktivierung des Wasserstoffs mit der Vorlegung der WIELANDsehen Oxydationstheorie, seiner Lehre yon den Dehydrasen (naeh unserer Nomenklatur Dehydrogenasen), ein.

Die Lehre yon den Dehydrogenasen lasst sieh nieht als eine allein da- stehende behandeln, sondern ist vor dem Hintergrunde der Lehre yon den

1 Siehe meinen Artikel ,,Die biologische Bedeutung der Sulfhydrylgruppe". Erg. Physiol. 11 (1911).

WIELAND legt seine Wasserstoffaktivierungstheorie vor. 81

biologischen Oxydationsvorgi~ngen iiberhaupt zu betraehten. Es dtirfte unter diesen Umsti~nden zweckmi~ssig sein, hier auf die Artikel hinzuweisen, in denen die Oxydationsvorgi~nge in diesen Ergebnissen direkt behandelt oder eingehender bertihrt werden. Bei der fundamentalen Bedeutung, welche die Oxydationsvorgi~nge ffir das bio]ogisehe Gesehehen besitzen, liegt es in der Natur der Saehe, dass wi~hrend des nun fiber 30ji~hrigen Bestehens dieses Unternehmens denselben eine betri~ehtliche Anzahl yon Aufsi~tzen gewidmet worden ist. Diese seien in einer ersten Abteilung des Literatnrverzeichnisses zusammengefasst.

2. WIELAND legt seine Wasserstoffaktiviernngstheorie vor.

Im Jahre 1912 verSffentlichte HEINI~ICtt WIELAND (2) seine erste Mit- teilung bezfiglich gewisser Oxydationserscheinungen, deren damalige Erkl~rung seiner Ansicht nach nicht zufriedenstellend war. Es handelte sich um die Oxydation dysoxydabler Stoffe, und man hatte die Ursaehe ihrer Oxydation in einer ka~aly~isehen Beeinflussung yon Sauerstoff, der dadurch gesteigerte Aktiviti~t gewann, gesueht. WIELANDs Experimen~alanalyse fiihrte Lhnindessen zu der Auffassung, dass die Erkliirung start dessen in einer katalytischen Beeinflussung des Substrats selbst liege. Der Katalysa~bor aktiviert dieses und besonders die Wasserstoffgruppe, die dureh den Einfluss des Katalysators gezwungen wird, mit dem Sauerstoff zu reagieren. Ffir das Eintreten der Reaktion war also eine Aktivierung des molekularen Sauerstoffs nicht erforderlieh. Die Sauerstoffmolektile sind passive Empfiinger aktivierten Wasserstoffs und reagieren mit diesem unter Bildung yon Wasserstoffsuper- oxyd. Gegeniiber einer ~lteren Auffassung, dass die prim~tre Reaktion in dem Eintri t t der Sauerstoffmolekfile in das oxydable Molekiil bestehe, vertrat WIELA~D den Standpunkt, dass dies nieht der Fall sei. Die Reaktion des Substratmolekfils habe den Charakter einer Dehydrierung.

Diese Darstellung der Mitteilung WIELANDs vom Jahre 1912 legt die Bezeiehnung klar, unter weleher seine Theorie vorgebracht zu werden pflegt. Sie wird eine ,,Wasserstoffaktivierungstheorie" genannt, wodureh ihre Eigen- art im VerhMtnis zu den lrfiheren ,,Sauerstoffaktivierungstheorien" betont wird. Man nennt sie zwar auch eine Dehydrierungstheorie, durch welehe Bezeichnung betont wird, dass die Veri~nderung, die das Substratmolekiil bei der Oxydation durchmacht, gerade den Charakter einer Wasserstoffabgabe und nieht einer Sauerstoffaufnahme in das Molekfil besitzt.

Man kann sieh fragen, welche der beiden genannten Bezeiehnungen die charakteristisehen Ztige der WIELANDsehen Oxyda~ionstheorie am bes~en widerspiegelt. Bedenkt man, dass es ihre Aufgabe war, das Auftreten gewisser Oxydationserscheinungen zu erklaren, so seheint der Bezeiehnung ,,Wasser- stoffaktivierungstheorie" der Vorzug zu gebtihren. Sie weist n~mlich auf die

Ergebnisse der Physiologie. 39. 6

82 T. T~v~]3~G: Biologische Aktivierung, Ubertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Auffassung der Theorie tiber die Ursaehe des Hervortretens der Oxydations- reaktion bin und betont, dass diese gerade darin liegt, dass der Substrat- wasserstoff aktiviert wird. Die Bezeiehnung ,,Dehydrierungstheorie" weist dagegen mehr auf eine Folgeerseheinung der Wasserstoffaktivierung hin. Da sich fibrigens zweifellos denken lgsst, dass eine Dehydrierung des 8ubstrats auf verschiedene Weise bewirkt werden kann, so dtirfte die Bezeiehnung ,,Wasserstoffaktivierungstheorie" als die mehr sagende den Vortritt verdienen.

Im folgenden Jahre (1913) dehnte WIELAX9 (2) seine diesbeztigliehen Untersuehungen auf das biochemisehe Gebiet aus.

Gerade for die Bioehemie haben sieh die WIELA~Dsehen Beobaehtungen und Gesichtspunkte als yon grSsster Bedeutung erwiesen. Es dtirfte unter solehen Umst~nden yon Interesse sein, WIELA~I)s eigene Einftihrung derselben auf dem bioehemisehen Gebiet kennenzulernen. Er schreibt:

,,Ira letzten Jahre habe ich an mehrerenBeispielen gezeigt, dass man imstande ist, mit rein verteilten Platinmetallen sehon bei gew6hnlicher Temperatur aus vielen Verbindungen Wasser- stoff herauszunehmen, sie zu dehydrieren. ])as Palladium, das zumeist verwendet walrde, verliert d~bei in dem Masse, als es sich mit Wasserstoff s~ttigt, seine Aktivit~t, da man aber mit Sauer- stoff oder anderen Wasserstoffaeceptoren, wie Chinon, Methylenblau usw., den Wasserstoff entfernen kann, so l~sst sich im Sinne der CTbertragung das Palladiumschwarz allgemein als Katalysator bei Oxydations-, genaner Dehydrierungsprozessen benntzen. Nach dieser Betraeh- tungsweise besteht also die katalytisehe Wirkung des Palladiums oder Platins nieht darin, dass diese Metalle den molekularen Sauerstoff (unter intermedi~rer Bildung yon Peroxyden) aktivieren, es handelt sieh vielmehr um eine durch das Metall bewirkte Aktivierung des Wasserstoffs, wie sie aueh bei der Vereinigung des Knallgases zum Ausdruok kommt."

WIELAND f~hrt folgendermassen fort: ,,Versuche, einen gleichen l~eaktionsverlauf auch bei anderen Oxydationsvorg~ngen

festzustellen, haben dann zu dem ]~esultat geftihrt, dass auch seheinbar echte Oxydationen, bei denen also Sauerstoff in das zu oxydierende Molektil hineingetragen wird, durch eine De- hydrierung zustande kommen kSnnen. So lassen sieh Aldehyde (fiber ihre Hydrate) in gleieher Art wie Alkohole zur Carbons~ure dehydrieren."

WIELAND kommt dann zur Frage des Meehanismus der biologischen Oxydationsprozesse. Er sehreibt:

,,Von den so gewonnenen Resultaten als Grundlage arts babe ieh dann die Bearbeitung der wichtigsten Vorg~nge dieser Art, der biologischen Oxydationen, in Angriff genommen, mit dem Ziel, zu prfifen, ob nicht diese zum grSssten Tell in ihrem Mechanismus noeh nnerkl~rten Reaktionen durch die Dehydrierungstheorie dem Verst~ndnis n~hergebracht werden k6nnten. Bekanntlich geht die fast allgemein herrschende Auffassung der Biologen und aueh der Chemiker, die sieh mit diesem Thenla befasst haben, dahin, dass die in den Zellen vor sieh gehenden Oxy- dationen und Verbrennungen ihren rasehen Verlauf der Mithilfe yon sauerstoff-aktivierenden Fermenten verdanken."

Ftir seine Bearbeitung des Meehanismus bei den b~o]ogisehen Oxydationen stellte WI~LA~D folgenden Arbeitsplan auf:

,,Es gilt also zuerst zu zeigen, dass Oxydationen, die yon biologiseher Wichtigkeit sind, bei Gegenwart yon Palladium aueh ohne Beteiligung yon Sauerstoff verlaufen kSnnen. Damit ist aber an sich nur eine Naehahmung des biologisehen Oxydationsvorganges mit einem durehaus zellfremden Material als Katalysator erreicht. Bewiesen wird die Dehydrierung a]s treibende Ursache yon biologischen erst dann, wenn wit das ]?alladiumsehwarz durch ein organisches Ferment ersetzen kSnnen, das uns mit einem anderen Wasserstoffaccel0tor als Sauerstoff dasselbe leistet."

WI~LAND legt sehle Wasserstoffaktivierungstheorie vor. 83

Wie aus obigern Zitat hervorgeht, gebraueht WIELAND ffir seine neue Theorie die Bezeichnung ,,Dehydrierungstheorie". Ffir die Ferrnente (Enzyme), die er, unter der Voraussetzung, dass die Theorie auf das biochernische Gebiet anwendbar ist, in den Zellen postulieren zu k6nnen meint, ffihrt er deshalb aueh die Bezeiehnung ,,Dehydrase" ein, welche sparer so oft gebrauehte Be- zeichnung erstmalig auf S. 3342 in der unten nnter (2) zitierten Schrift WIELANDs vorkornrnt. Es ist sehr wahrscheinlieh, dass, wenn WIELA•D in seinen ein- sehl~gigen VerSffentlichnngen zu Anfang den Charakter der Theorie als eine Wasserstoffaktivierungstheorie starker betont h~tte, die sparer yon ihrn alter- nativ gebrauchte Bezeichnnng ,,Hydrokinase" (3) auf Grnnd ihrer adaqnaten Na~ur vorherrschend geworden ware. Zu der Zeit, als WIELAND seine Theorie vorlegte, hatte die Auffassung, dass die bioIogisehen Oxydationserscheinungen dureh organisehe Katalysatoren yon enzyrnatischer Natur ermSglicht wfirden, zwar zahlreiehe Anh~inger gefunden. Sic rnusste indessen rnit einer anderen Theorie urn die Herrsehaft k~mnpfen, deren eigentlieher Verfeehter WA~BURG war, narnlich der Theorie yon der enzymfreien, aspezifischen Aktivierung der Nahrstoffe dutch Adsorption an dureh die Zellstruktur bedingte Flachen, eine Theorie, die dartiber hinaus eine Aktivierung yon Sanerstoff speziell durch in die Struktnr eingebautes Eisen annahrn, das naeh WA~BU~as darnaliger Anffassung kaurn als Enzym anzusehen war. Zu dieser Theorie WAaBURGs steht die WIELANDsche unrnittelbar in einern Gegensatz, tells als eine Enzyrn- theorie, tells als eine Wasserstoffaktivierungstheorie.

Tatsachlich liegt der Kernpunkt der WIEr,A~Dschen Theorie gerade darin, dass sie als die chemischen Werkzeuge der Zelle ffir die Oxydations- vorg~nge das Vorhandensein wasserstoffaktivierender Enzyme annimmt. WIELAND forrnuliert tibrigens die Grundlinien seiner Auffassung in einer zu- sarnmenfassenden Darstellnng (4) folgenderrnassen:

,,Es wird angenommen, dass die katalytische Wirkung des Enzyms sich nicht auf den molekularen Sauerstoff erstreckt, sondern vielmehr auf das Substrat selbs% in dem die an der l~eaktion beteilig~en Wasserstoffatome der~rt reaktionsfahig gemacht werden, dass sie mit dem Sauerstoff zu W~sser zusammenzutreten verm6gen. Der Stoff, der enzymatisch oxydiert wird, wirkt also hydrierend auf den molekularen Sauerstoff, dem damit die l~olle zuerteilt wird, den fortzunehmenden Wassersto~f zu binden. Der Sauerstoff erschein~ in dieser Funktion ~ls W~sser- stoffaceeptor. Er ~ritt nicht in den chemisehen Verband des Oxydationssubstrates ein, sondern wird ira Wasser gebunden."

Seinen Beweis ffir das Vorhandensein eines wasserstoffaktivierenden Meehanisrnns, wo man frfiher yon einer Sauerstoffaktivierung ausgegangen war, ftihrt WIELAND (4) anf Grnnd folgender Erwagung:

,,Wenn bei den Oxyd~tionsvorg~ingen, deren Verlauf hier in Frage steht, nicht dem Sauer- stoff, sondern dem abzuspaltenden Wasserstoff die aktive l~olle zukommt, dann muss es m6glieh sein, jenen elementaren Wasserstoffaceeptor durch andere Stoffe zu ersetzen, die gleich ibm sich mit reaktionsf&higem Wasserstoff zu vereinigen verm6gen. Unter AussehMtung des Sauerstoffs kommt so das System der sauerstofflosen ,,Oxydation" zustande. Von Substanzen, die leicht Wasserstoff aufzunehmen verm6gen, und die die Eindeutigkeit des Reaktionsverlaufs streng gew&hrleisten, sind in erster Linie Chinone herangezogen worden. Hier vereinigt sich Chinon selbst

6*

84 T. THUNBERG: Biologische Aktivierung, ~Jbertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

mit Wasserstoff zu Hydrochinon, der chinoide Farbstoff Methylenblau zu seiner Leakoverbindung. Diese bei der Dehydrierung des Oxydationsobjektes entstehenden Hydrierungsprodukte ent- sprecher~ dem Wasser bei der normalen ,,Oxydation". Es gelingt in der Tat, Alkohole in der gleichen Weise wie durch Sauerstoff dutch Wasserstoffacceptoren der genannten Art zu Aldehyden zu dehydrieren. ~

Dieses Korolarium seiner Wasserstoffaktivierungstheorie land WIELAND bei speziell zu diesem Zweck angestellten Untersuchungen tells fiber die G~irung der Essigs~ure, teils fiber das SCHAI~DINGEI~-Enzym verwirklieht. Man kann in der Tat dem Enzym der Essigsaurebakterien an Ste]le des Sauerstoffs auch Chinon oder Methylenblau zur Verffigung stellen. Unter Hydrierung der ~quivalenten Menge Chinon oder Methylenb]au wird Athyla]kohol fiber das Stadium des Aldehyds in Essigs~ture fibergeffihrt. - - Die SCttARDINGER- Reaktion, also die Entfiirbung yon Methylenblau dutch frische Milch, welche mR Formaldehyd versetzt ist, ste]R einen anderen Beweis ffir die l%ieh~igkeit der WIELANDschen Auffassung dar. Hier war seit langem bekannt, dass Methylenblau die F~higkeit besitzt, als Wasserstoffacceptor aufzutreten.

WIELAND hatte nur zu beweisen, dass dieser Farbs%off in dieser Reaktion durch Sauerstoff vertretbar war. Dies gelang WIELA~I) aueh.

Schon bei seinem ersten 1~lbergreifen auf das biochemische Gebiet betont WIELA~D, dass die Wasserstoffaktivierungstheorie nieht nut eine Erklarung der biologisehen Oxydationsprozesse, sondern auch biologiseher Reduktions- prozesse bedeute. Der durch die Dehydrase aktivierte Wasserstoff braucht nicht beim Sauerstoff zu landen, er kann auch zu Stoffen wie Methylenblau, Chinon, Pflanzenfarbstoffe, Nitrat usw. gezogen werden. 0der er kann unter Bildung yon Wasser auf Wasserstoffsuperoxyd fibergehen. Er ffigt hinzu:

,,Durch die dargelegCe Beziehung verlieren die vielfach in der Literatur behandelten sog. l%eduktionsfermente ihre Sonderstellung, wenn man den I~achweis fiihren kann, dass ihre augenf~llige I~eduktionswirkung, z. B. die Entf~rbung eines Farbstoffes dureh irgendein Substrat, sich such fiir die Hydrierung des Sauerstoffmolekiils verwenden l&sst, wenn man, im Sinne der bisherigen Anschauung gesprochen, zeigen kann, dass die ,,Reduktase" gleichzeitig auch als ,,Oxydase" fungieren kann . . . . Die hier gegebene Theorie umfasst j~ Reduktion und Oxydation als die beiden ~usserungen eines Vorganges, der Dehydrierung."

Die Erkl~rung und Bedeutung der WIELANDschen Theorie erstreckt sich ~ndessen fiber die einfachen 0xydations- und Reduktionsprozesse hinaus. Gerade das Studium des SOHARDINGER-Enzyms hat dabei die Kenntnis eines weiteren, biologisch wiehtigen Wasserstoffacceptors vermittelt. Das ist der ireie Aldehyd selbst, der sich ja in w~sseriger LSsung im Gleiehgewicht mit seinem Hydrat befindet. ])as unges~ttigte System der Carbonylgruppe macht den Aldehyd geeignet, aktivierten Wasserstoff an der Doppelbindung anzu- lagern und dabei in den prim~iren Alkohol tiberzugehen. Es entsteht dabei aus zwei Molekfilen Aldehyd je ein Molekfil S~iure und Alkohol als Produkt einer intermolekularen Dehydrierung (die naeh CA~IZZARO benannte Reaktion).

Die Bearbeitung des SC~AI~DINOERschen Enzyms hat zu dem Nachweis gefiihrt, dass Fermentprozesse yon scheinbar ganz verschiedener Natur yon

Die WIELAI~Dsohe Theorie wird ausgebaut. 85

einem einzigen Ferment bewirkt werden. Die Wirkungen einer Reduktase, Aldehydoxydase und Aldehydmutase sind lediglich an die Verschiedenheit des Wasserstoffacceptors gekntipft, der dem einen Ferment, der Dehydrase, jeweils zu Diensten ist.

Wie aus der vorstehenden Darstellung hervorgeht, wandte WIELANI) seine 0xydationstheorie bei Vorlegen derselben nur auf einen bakteriellen Stoff- weehselprozess an, n~mlieh die Essigs~ureumwandlung des Alkohols, sowie a uf die SCI~ARDINGER-Reaktion tier Milch, soweit er n~mlieh tiberhaupt auf das biochemisehe Gebiet fibergriff.

3. Die WIELANDsche Theorie wird ausgebaut.

Eine Prfifung dessen, ob die Theorie sich auf Oxydationsprozesse hSheren biologisehen Wertes anwenden lasse, wnrde erst yon TI~VNBERG (5, 6, 7) durchgeffihrt.

Seit den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts hatte sich TI:IUNBERG mit Untersuchungen fiber den respiratorischen Gasaustansch kleinerer Organe und 0rganismen sowie auch yon Geweben beseh~Lftig~, und er hatte dabei unter anderem gefunden, dass die neutralen Salze gewisser organiseher S~uren wie Bernsteins~ure, Citronens~ure, Apfels~ure and Fumarsaure offenbar dutch tiberlebende Muskulatur oxydiert werden ~. Mit der Methode, die man die ,,Methode erschSpfter Organsubstanz" nennt, eine Methode, die den Nach- weis des Eintretens eines Stoffes in den oxydativen Stoffweehsel ohne wesent- liche Konkurrenz mit anderen Metaboliten ermSglieht, weist er auch die Fahigkeit feinverteilter Muskulatur, mit Saute zu oxydieren, nach. F fir diese Metaboliten, ftir die er also vorher die oxydierende Fahigkeit der Musknlatur beobachtet hatte, prtifte er nun die eventuelle AnWendbarkeit der WIE~AND- schen Oxydationstheorie. Zuerst geschah dies an Bernsteins~ure.

Die frfiheren Untersuehungen TtIUNBERGs fiber die Oxydation der Bernsteins~ure waren yon ]~ATTELI~I und STERN ;(8) aufgenommen worden, welche die enzymatisehe Natur des auf das Succinat einwirkenden Stoffes in der Muskulatur festgestellt batten. Als Prim~rprodukt nahmen sic Apfel- s~ure an. EINBECK (9, 10, 11) hatte indessen gezeigt, dass das Prim~Lrprodukt Fumars~ure sein dfirfte.

Eben diese Reaktion, also die Fumarsaure~ildung aus Bernsteinsaure unter Einwirkung yon Sauerstoff, ist chemisch schwer begreiflich, wenn man yon den alteren Oxydationstheorien ausgeht. Die Fumarsaure ist zwei Wasserstoffatome armer als die Bernsteinsaure, aber es ist nieht bekannt, dass die Bernsteinsaure dutch irgendein Oxydationsmittel oder dureh aktivierten Sauerstoff in Fumarsaure ~ibergeffihrt werden kSnnte. Unter solchen Um- st~nden hat THUNBEI~G festzustellen versueht, ob diese Umwandlung der

1 Ffir eine Zusammenstellung des Wesentlichen in diesen Versuchen siehe Vvazz.~R: Erg. Physiol. 15, 1 (1916).

86 T. THUNBEI%G: Biologische Aktivierung, Ubertragung and Oxydation des Wasserstoffes.

Bernsteins~iure in Fumars~iure dureh die WIELANDsche Theorie zu erkl~iren

w~ire.

Der genannte Versuch THU•BERGs ha t bei der weiteren ErSr te rung der

wassers toifakt ivierenden E n z y m e eine bedeutende Rolle gespielt, weshalb eine

Darste l lung desselben bier am Pla tze sein dfirfte. Die folgende Schilderung

gibt in allem wesentlichen das Refera t OLOF HAM~A~STENs (12) in Malys

Jahresber ieht wieder. Dieses lau te t :

,,Fein verteiles Pferdefleisch enthglt ein bei 600 zerst6rbares Enzym, welches 1VIethylenblau bei Gegenwa~t yon Bernsteinsgure entfgrbt. Die ansgewaschene und ausgepresste Muskelmasse wird in ihrer doppelten Menge Methylenblaul6sung, 1 : 5000, verrtihrt, wobei das Methylenblau veto Muskel adsorbiert wird. Wenn diese gefgrbte l~Iuskelmasse bei Abwesenheit yon 03 (in besonderen, evakuierbaren RShren) mit Succinat in neutraler L6sung einer Temperatur yon -4- 40 ~ ausgesetzt wird, so entfirbt sie sich rasch. Ohne Bernsteinsgure wirkt sie nicht entfgrbend. Eine sehwache und langsame Entfarbung, die indessen durchaus nicht der dutch Bernsteinsiure bewirkten vergleiehbar ist, wurde auch erhalten mit Methylbernsteinsgure, acetbernsteinsaurem Xthyl und bernsteinsaurem Xthyl. Dagegen war das Resnltat negativ mit allen anderen unter- suchten Substanzen (ira ganzen 50 Sauren und anderen Stoffen). Auch p-Phenylendiamin war unwirksam, was also zeigt, dass die yon BATSELLZ und STS~ angenommene ~Jbereinstimmung zwischen tier Oxydation dieses Stoffes durch tierische Gewebe und der vitalen Bernsteins~ure- oxydation wenigstens in diesem Falle nicht besteht. Um die Entfarbung and die Oxydation der Bernsteins~ure zu erkliren, geht T~u~Bs~G yon der Beobachtung EINB~0XS aus, derzufolge bei der vitalen Oxydation der Bernsteinsgure Fumarsgure entsteht und im Anschluss an die Arbeiten yon WI~LAZ~D nimmt er an, dass das l~ethylenblau hier als H-Accepter wirkt und in die Leukoverbindung iibergeht. Es handelt sieh also um eine Dehydrierung der Bernsteinsaure. Die Annahme einer Spaltang yon Wasser in H~ und O, wobei ersterer das Methylenblau in die Leukoverbindung verwandeln und letzterer die Bernsteins~iure zu Fumarsiure oxydieren wiirde, findet er nicht mit der Einwirkung yon XC!X auf den Vorgang vereinbar. Wihrend nimlich KC1NT schon in der Verdiinnung 1 : 60000 die aerobe Fumarsiurebildung aus Bernsteins~iure kr~ftig hemmt, wird dagegen die anaerobe Methylenblauentf~rbung durch eine KCl~-L6sung 1 : 1000 nieht gesehwgeht, eher ein wenig beschleunigt. Dagegen kann die Gegenwart yon Methylenblau die hemmende Wirkung des KCN auf die enzymatische Bildung yon Fumarsgure aus Bernstein- siure bis zu einem gewissen Grade aufheben . . . . In 13bereinstimmung mit der Ansicht, dass das Muskelenzym den H yon der Bernsteinsgure auf das Methylenblau transportiert, schlagt T~tu~B~ den Namen ,,ttydrogeno-Transportase" oder ,, Succino-Dehydrogenase" fiir das Enzym vor. Diejenige Substanz, welche die iiberfiihrte Atomgruppe au~nimmt, wird als ,,Accepter" und die abgebende als ,,Donator" bezeichnet . . . . "

I m Jahre 1920 ver6ffentl ichte THUNBE~S (7) eine Reihe neuer Versuche

mit Frosehmuskula tur , die zwar durch Wasehen mit Wasser oder Salzl6sung

verschiedener 10slieher Bestandtefle be raub t war, jedoeh in hSherem Grade

als die bei den Bernsteins~iureversuchen verwendete Muskula tur ihren kolloidalen

Inha l t beibehielt. An solcher Muskula tur wurden nun zahlreiche organische

S~turen hinsich~lieh ihrer Fghigkeit , die En t fg rbung zugesetzten Methylenblaus

zu beschleunigen, durchgepriift . W~ihrend die Mehrzahl der so gepriiften

Subs tanzen keine solche besehleunigende F~ihigkeit besassen, ha t ten , ausser

Bernsteinsgure und Milchsgure, besonders Fumars~iure, Oxybutters~iure,

und zwar sowoM ihre Alpha- als ihre Betaform, Apfels~iure, gewisse Wein-

s~iuren, Alphaoxyglutars~iure, Citronens~iure, Glutamins~iure und Alanin diese

F~ihigkeit.

Die WIELAI#Dsehe Theorie wird ausgebaut. 87

Die Erkl~irung der F~higkeit dieser Substanzen, die Entf~rbungsfiihigkeit der Muskulatur gegeniiber Methylenblau zu stimulieren, sueht THUNBERO in dem Vorhandensein yon mit der Sueeinodehydrogenase analogen Fermenten, also Fermenten, die den Wasserstoff der zugesetzten Substanz mobilisieren und ihn auf einen eventuell anwesenden Acceptor iibertragen. T~:NBERG erSrtert die etwaigen Reaktionsprodukte und gleichfalls die Frage nach dem Grade der Speziiit~ der wirksamen Fermente. Er weist ferner auf die MSg- lichkeit bin, die ,,Methylenblaumethode" ffir die Entdeekung der Glieder des intermediiiren Stoffwechsels zu verwenden. Enthiilt ein Organ oder ein Gewebe ein oxydierendes Ferment, das spezifiseh auf eine gewisse organisehe Substanz eingestellt ist, so h~tlt er es f~ir wahrseheinlieh, dass die betreffende Substanz ein Glied im Stoffwechsel des betreffenden Gewebes darste]lt.

T ~ E ~ G entwiekelt schliesslieh in dieser Sehrift folgende allgemeine Auffassung des oxydativen Abbaus der einfachen Nahrungsstoffe.

Die einfachen Stoffe, w~e Traubenzucker, Fette, Aminosiiuren, welehe den Zellen als Nahrung angeb0ten werden, passieren eine ganze Reihe yon Zwisehenstufen, ehe sie das Endstadium des Abbaus erreiehen. Ein friiheres Glied in dieser Reaktionskette wird dureh indirekte Oxydation, dureh ,,De- hydrogenisierung", zu einem spiiteren verwandel~. In gewissen F~illen mi~ Wasseraufnahme kombiniert, bewirk~ die Dehydrogenisierung die Bildung wasserstoffiirmerer bzw. sauerstoffreicherer Produkte. In Kombination mit einer Kohlensiiureabspaltung bewirkt sie eine Verkfirzung der Kohlenstoffkette. Bei den diesbez~iglichen l~eaktionen sind eine ganze Reihe yon dehydrogeni- sierenden oder, allgemeiner ausgedrfiekt, wasserstofffiberf~ihrenden Enzymen wirksam. Sie sind ausgepriigt spezifisch auf die verschiedenen Zwisehenglieder eingestellt. Der Wasserstoff, der einem bestimmten Stoff entzogen wird, kann entweder mit Sauerstoff kombiniert werden, wodureh also eine indirekte 0xydation zustande kommt, oder er kann zur Hydrierung anderer Stoffe angewendet werden. Dadurch, dass die diesbeziiglichen Enzyme also als ,,Hydrogeno~ransportasen" wirksam sind, ist ihr Wirkungsbereieh reeht gross.

Fiir die hier entwiekelte Auffassung sind alle Nahrungsstoffe, so weehselnd sie sind, im Grunde alle ,,Wasserstoffdonatoren". Tiefer gesehen, ist der Wasserstoff der gemeinsame Brennstoff der Zellen. Hierdurch wird das Stell- vertreten der verschiedenen Nahrungsstoffe ffir einander unter einen gemein- samen Gesiehtswinkel gebraeht.

Wir fassen im folgenden die haupts~ichlichen Fakta und Gesichtspunkte zusammen, mit denen THU~BERG die WI~LANDsche Wasserstoffaktivierungs- theorie bereiehert hat.

1. Die Zugiinglichkeit der inneren Kohlenwasserstoffgruploe in der Kohlen- wasserstoffkette ffir die wasserstoffaktivierenden Systeme. Die Suecino- dehydrogenase.

88 T. THIII~BEI~G: Biologische Aktivierung, l~bertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

2. Die Zugangliehkeit der Aminosguregruppe ffir spezielle Dehydro- genasen.

3. Die Lehre yon der Spezifitgt der Dehydrogenasen. 4. Die Lehre yon den Enzymketten. 5. Die Lehre yon dem Wasserstoff als dem gemeinsamen Brennstoff der

Zellen. Bei seinen einsehlggigen Untersuehungen wurde THUNBEaG dureh die

Beobaehtung, dass Cyanid die entfgrbende Einwirkung des Bernsteinsgure- systems auf Methylenblau nieht hemmt, w~hrend dieser Stoff, wie bereits bekannt war, die Sauerstoffaufnahme des Systems hemmt, zu einer in gewissem Ausmass von der WIELANDsehen abweiehenden Auffassung bezfiglieh der Bedingungen ffir die lJbertragung des aktivierten Wasserstoffs auf Sauerstoff gebraeht. Seines Eraehtens war fiber die Aktivierung des Wasserstoffs hinaus noeh ein weiteres Moment zu fordern, vielleieht kein spezifisch sauerstoff- aktivierender Faktor, jedoeh mSglieherweise eine Autoaktivierung eines gewissen Teils des vorhandenen Sauerstoffs.

Aus dem TRU~BEI~Gsehen Laboratorium in Lund ersehienen in den folgenden Jahren versehiedene Untersuehungen fiber die Eigensehaften und das Vorkommen der Dehydrogenasen. Besonders sei hier auf die Mitteilungen WlDMAaKs (13) und O~LSSONs(14) aufmerksam gemaeht, arts denen unter anderem die MSgliehkeit hervorging, die Sueeinodehydrogenase mit beibe- haltener Aktiviti~t in LSsung zu bringen.

Erst in den Jahren 1920--1921 hatte WIELAND Gelegenheit, seine Unter- suehungen iortzuf/ihren. Er berichtet dariiber in einer Mitteilung vom Jahre 1921 (15), die unter anderem weitere Beitrage enthglt zur Frage nach der Oxy- dation der Aldehyde, dem katalytisehen Abbau des Hydroperoxyds und der biologischen Bedeutung der Katalase. Im folgendem Jahre lieferte WI~LA~D (16) in diesen Ergebnissen eine zusammeniassende Darstellung fiber den Meeha- nismus der Oxydationsprozesse, nnter besonderer Berficksichtigung der Wasser- stoffaktivierungstheorie, in weleher Darstellung er auch bis zu den dahin vorge- braehten Oxydationstheorien Stellung nahm. In etwas kfirzerer Form gesehah dies in dem seiner Darstellung entspreehenden Kapitel im Handbuch der Bioehemie (17). - - Ein erster Abschnitt in der Gesehiehte der Theorie ist damit als abgeschlossen zu betrachten.

4. Kritik und Antikritik.

Die zeitlichen Umst~nde waren, als WIErJAND seine Theorie vorlegte, ffir diese nieht besonders gfinstig. Sie weekte aueh anfangs, wenigstens in der Bioehemie, wenig Aufmerksamkeit. Von kfirzeren Beriehten in der referierenden Faehliteratur abgesehen, wurde sie zuerst yon BACJ~ (18) beaehtet, der bei aller Anerkennung der Bedeutung der neuen Theorie eine Anzahl grunds~tzlieher

Kritik und Antikritik. 89

Anmerkungen besonders hinsichtlich der Beweisf~higkeit der experimentellen Unterlage gegen dieselbe riehtete. B•cE meinte an der ~l~eren TRAUBE- ENGLEI~-BAcEschen Theorie festhalten zu mfissen. Erst im Jahre 1920 nahmen BATTELLI und STE~N (19) Stellung zu der Theorie. Auch sie hielten an ihrer bisherigen Auffassung fest, die sie in einer Mitteilung yore Jahre 1921 (20) noch weiter begrfindeten.

Iqach dem Jahre 1920 begann die WI~r,ANDsche Theorie indessen zu- nehmende Beachtung zu finden und immer mehr Boden zu gewinnen. Es war auch seit langem offenbar gewesen, dass gerade die wiehtigsten oxydativen 1Drozesse bei den hSheren Ti~ren durch die bis dahin vorgebrachten Theorien nicht zufriedenstellend erkl~trt wurden. Es lag bier eine ffihlbare Lficke vor. Jetzt kam die Wasserstoffak~ivierungstheorie und ihre erkl~irende Be- deutung war leicht einzusehen. Sie fand auch freundliche Aufnahme seitens so tonangebender Forseher wie ABDEttttALDEN (21), DA~IN (22), HOPKINS (23) und ]~NOOP (2~). Auch OPPE~EIME~ mit seinem einzig dastehenden Uber- blick fiber die Probleme und Resultate der Enzymforschung hat der Wasser- stoffaktivierungstheorie seit ihrem Anftreten seine Unterstfitzung geschenkt.

G~nzlich ablehnend verhielt sieh indessen WA~BU~G (25) ZU der neuen Lehre.

Seine Gesichtspunkte zu der WIELA~nschen Theorie fasste %VAaB~G 1923 in einer Mitteilung ,,Uber die Grundlagen der WIELANDSchen Atmungs- theorie" zusammen.

In dieser seiner Kritik hat WA~BU~G meines Eraeh~ens indessen ver-

schiedene bedeutsame Tatsaehen, we]che die WIELA~Dsche Lehre stfitzten, nicht beachtet. Man erh~It ein allzu unvollst~ndiges Bild won den Grundlagen

der Theorie, wenn man sich an die Sehrift WARBU~Gs h~ilt. Das Vorhandensein ]Sslieher Dehydrogenasen wird dort nicht beachtet. Zu den Grundlagen der

WIELANDschen Lehre gehSrten doch seine Studien fiber das SC~D~GE~- Enzym in Milch, also ein 15sliches Enzym, und sp~ter hat~e HoPKiNS seine

Beobachtungen fiber die Xanlhindehydrogenase vorgelegt. Die Lunder Sehule

hatte ausserdem Jhren Beitrag mit der Kenntnis der aus der Muskulatur

gelSsten Succinodehydrogenase geliefert. H~tte W~AND nur seine Beobach- tungen fiber die Essigs~urebakterien gemacht, so h~tte ja der Einwand, class der 0xydationseffekt strukturgebunden (an ,,Oberfl~chen" gebunden) sei, einige Bereehtigung haben kSnnen, angesichts des Vorhandenseins 15slicher Enzyme jedoeh war eine solche Ausserung nicht berechiigt.

Aueh dem Versueh W~BU~Gs, die Beobachtung WIELANDS, dass eine Oxydation mit anderen Wasserstoffaceeptoren als Sauerstoff durchgeffihrt werden kann, zu erkl~ren, fehlt meines Eraehtens die Beweisf~higkeit. Die Erklarung WIE~A~ns ist zweifellos die einfachere. Zum Verst~tndnis der Verbrennung eines Metabolits in Anwesenheit soleher Acceptoren wie Chinon und Methylenblau braueht man nur anzunehmen, dass der Metabolit durch

90 T. T~V~BE~O: Biologische Aktivierung, I)bertragung uncl Oxydation des Wasserstoffes.

seinen biologisehen Katalysator beeinflusst wird. Der Erkl~rungsversuch WaRBVl~s bedeutet dagegen, dass eine Anzahl abiologischer Substanzen eine merkwfirdige F~ihigkeit besitzen warden, Bin biologisches Geschehen aufrecht zu erhalten.

Wie eine einfache und nattirliche Erkl~irung den Vorzug vor einer ver- wiekelten und gektinstelten verdient, so ist aueh die WIELANDsehe Theorie besser als die WAn~vRGsche. Trotzdem WARBU~ selbst offenbar mit dieser Schrift die WIEnA~nsehe Lehre vSllig untergraben zu haben meint, hat er das Essentielle derselben, die Lehre v o n d e r Aktivierung des Substratwasser- stoffs auf enzymatisehem Wege und seine Ubertragung auf Wasserstoff- aeeeptoren versehiedener Art, nieht erschfittern kSnnen. Von positivem Wer~ in der Schrift WAR~Ul~Gs scheint dagegen der Nachweis zu sein, dass die Gift- wirkung yon Cyaniden auf die elementare Sauerstoffaufnahme nieht, wie WIEr~AND es beilaufig gedacht hat, durch eine Giftwirkung auf Katalase erkl~rt werden k6nnen dfirfte.

Im iibrigen verweise ieh auf die Antikritik AHLGItENs (26) vom Jahre 1925. Er sehreibt:

,,WARBV~ lehrt aber: ,,Methylenblau, Chinon und ~hnliehe K6rper verhalten sich in der Zelle nicht wie molekularer Sauerstoff, sondern wie molekularer Sauerstoff-~ Eisen, d. h, wie aktivierter Sauerstoff", und dami~ sollte die Sache geldiirt sein. Man muss hierzu aber sofort einwenden, dass Mb gar kein so kraftiges Oxydationsmittel ist, wie es WA~BV~s aktivierter Sauerstoff sein muss. Es kann zwar das labile Cystein zu Cystein oxydieren, aber die verschiedenen Donatorsubstanzen vermag es nieht zu oxydieren. Ausserdem sind zu ihrer Verbrennung die mehr oder weniger spezifischen De- hydrogenasen erforderlieh. Und welter: Mb kann wohl nieht alle die ver- schiedenen (ftir die Verbrennungen der ungleiehen Aminos~ure, der Fructose, der Linolens~ture usw.) spezifisehen Sauerstoffaktivierungen WA~BU~Os er- setzen ? - - Ich kann mir nieht vorstellen, wie die Wal~Bv~asche Theorie die mlt der Mb-Methode gewonnenen Resultate erkli~ren kSnnen sollte, so z.B. die Spezifiziti~t der Dehydrogenasen und die Reversibiliti~t der Bernsteins~ure- oxydation. Meiner Meinung naeh bilden die gesamten Mb-Resultate einen entseheidenden Beweis ftir die Unzuli~ngliehkeit der WA~,BVRQsehen Sauerstoff- aktivierungstheorie als Atmungstheorie. Es gentigt nieht, diese mi t der Hypo- these zu komplettieren, dass aueh die zu verbrennenden organisehen Molektile ,,dureh unspezifisehe 0berflitehenkr~tfte" aktiviert werden."

5. Die Dehydrogenaseniorschung vor Entdeckung der Wirkungsweise der Co-Fermente.

In der ersten H~lfte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts hatte sieh also die WI~LA~Dsche WasserstoffaktNierungstheorie eine anerkam~te

Die Dehydrogenasenforschung vor Entdeckung der Wirkungsweise der Co-Fermente. 91

8tellung errungen. Auf der Grundlage dieser Theorie entwiekelte sieh auch eine yon grossen Forsehungszentren getragene, lebhafte Forsehertgtigkeit.

Seit der Wiederanfnahme seiner Forsehungen fiber den Meehanismus der Oxydationsvorggnge in den Jahren 1920--1921 hat WIEnAND nebst seinen Mitarbeitern dieses Forsehungsgebiet nieht mehr verlassen, sondern in zahl- reiehen Mitteilungen zur Dureharbeitung desselben beigetragen. Im Jahre 1929, trat HoPKINs auf diesem Gebiet auf, jetzt in Zusammenarbeit mit ein paar jfingeren Forsehern, MORGAN und STEWART, mit der bereits bertthrten Arbeit fiber die Verbrennung der Xanthinstoffe. Seit dieser Zeit ist das ttoP- i<iNssehe Institut ein Hauptmit telpunkt ffir die Erforsehung der Dehydro- genasen. Im Jahre 1925 lieferte v. EVLEt~ (zusammen mit t~. NILSSON) seinen ersten einsehlggigen Beitrag. Die grosse Erfahrung v. EULERs auf dem Gebiete der Enzymehemie bedeutete einen wesentliehen Gewinn ffir die Dehydrogenasen- forsehung. Sein Beitrag gehSrt anf diesem Gebiet zu den wiehtigsten. Sehliess- lieh hat A. ttA~N am Physiologisehen Institut in Mfinehen seit 1927 besonders der enzymatisehen Dehydrierung der wiehtigsten Metaboliten eine konsequente Arbeit gewidmet. An zahlreiehen anderen Stellen nahm man fibrigens For- sehnngen fiber diese Enzymgruppe in Angriif und fiberhaupt hat sieh das Interesse ffir diese sowie ffir an die Verbrennungsvorgiinge sieh anknfipfenden Probleme in stgndiger Zunahme befunden. - - Es ist hier nieht beabsiehtigt, die Beitriige der versehiedenen Forseher im einzelnen zu sehildern. Es seien nur die Hauptergebnisse dargestellt, zu denen die Dehydrogenasenforsehung gekommen ist, bevor sie in die neue Epoehe eintrat, die dureh die Entdeekung der Zusammensetzung und des Wirknngsmeehanismus der Co-Fermente ge- kennzeiehnet wird.

a) Das Vorkommen der Dehydrogenasen. Die Dehydrogenasen sind prim~re Zellbestandteile. Kein hinsiehtlich ihres Vorkommens untersuchter Zelltypus hat ein negatives Ergebnis geliefert. Sie gehSren zur Ausrfistung sowohl der aerob als der anaerob lebenden Zellen.

Dehydrogenasen finder man schon bei filtrierbaren Mikroorganismen, wie yon HOLMES und PIRIE (27, 28, 9.9) naehgewiesen worden ist. Die De- hydrogenasen der Bakterien sind bereits der Gegenstand umfassender und eingehender Untersuehungen gewesen, und es liegt ein umfangreiches Schrifttum darfiber vor. Hier sei auf die Zusammenfassungen verwiesen, die yon MAnJo~v STEPHENSON (30) und QUASTEL (31) verSffentlieht worden sind. Die Bakterien der Essigsiiuregi~rung sind hinsichtlieh ihrer Dehydrogenasen yon BERTttO (32) behandelt worden. Die Dehydrogenasen der ttefe sind kaum weniger unter- sucht, und aueh ihnen ist eine zusammenfassendeDarstellung, yon SONDER- ~OFF (33), gewidmet worden. Was die Dehydrogenasen der hSheren Pflanzen betrifft, so liegen bereits umfassende Untersuchungen besonders fiber die in verschiedenen Samenarten vorkommenden Dehydrogenasesysteme vor, siehe z.B. THVNBERG (34), sowie fiber die in Geweben yon ttARRISON (35).

92 T. T]~UNBEI%G: Biologische Aktivierung, ~bertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Die Forschert~itigkeR, die zur Feststellung des Vorhandenseins yon Dehydrogenasen in allen Zellen gef~ihrt hat, hat auch gezeigt, dass die De- hydrogenasesysteme verschiedener Zellen verschieden sind, ein Ausdruek f(ir die Untersehiedliehkeit des Stoffweehsels versehiedener Zellen. In welehem Ausmass diese Versehiedenheiten der I)ehydrogenasesysteme zur Charakteristik der Zellen dienen kSnnen, ist noeh nicht bekannt.

b) Die Substrate der Dehydrogenasen. Die Entdeckung WIELANDs be- traf die Dehydrogenasen, die gewisse Alkohole und Aldehyde beeinflussten. Die weRere Forschung hat indessen gezeigt, dass s~mtliehe im Stoffwechsel auRretenden Gruppen yon MetabolRen in den Wirkungsbereieh dieser Enzyme fallen.

Wir kennen also kri~Rig wirkende Dehydrogenasen, die auf Aminosauren eingestellt sind. Kohlehydrate dtirRen im allgemeinen dem Angriff der Dehydrogenasen erst ausgesetzt werden, naehdem sie einer weitgehenden hydrolytisehen Spaltung und Phosphorylierung unterworfen worden sind. Vor allem diirRe Triosephosphat die Form darstellen, in der die Kohlehydrate in den oxydativen Stoffwechsel eingeftihrt werden. Von den verschiedenen Giiedern der Fettsaurenreihe nimmt die Ameisens~ure insofern eine Sonder- stellung ein, als das Vorhandensein einer auf diesen Stoff eingeste]lten De- hydrogenase yon intensiver Wirkung siehergestelR ist. Aueh das Vorkommen yon auf andere sowohl niedrigere als hShere Glieder dieser Reihe eingestellten DehYdrogenasen ist als gesiehert zu betraehten. Ihre Wirkung ist indessen bemerkenswert schwaeh. Man hat den Eindruck, dass die Bedingungen ftir die Dehydrogenisation der Fettsi~urenreihe auf enzymatisehem Wege noeh nieht naher bekannt sind. Sehliesslich kennt man spezifisehe Dehydrogenasen yon st~rkster Wirkung, die elngestellt sind auf gewisse Oxysauren, Ketosauren, Di- und Triearbonsauren.

Von dem Wasserstoff, der bei der Oxydation des J~thylalkohols aktiviert wird, ist ein Atom in der Hydroxylgruppe enthalten, ein anderes ist direkt an Kohle gebunden. Die gleiehzeRige Elimination dieser beiden Wasserstoff- atome macht eine Valenz bei dem Sauerstoff der Hydroxylgruppe frei, eine andere bei dem Kohleatom. Dutch Verbindung derselben wird eine Karbonyl- gruppe gebildet.

Die Verbrennung eines Aldehyds dutch Dehydrogenisierung setzt eine vorherige Hydrierung des Aldehyds zu einem Aldehydhydrat voraus. Der Nachwe~s WInLA~Ds, class der Aldehyd bei AnwesenheR eines abiologischen Wasserstoffaeceptors zu der entspreehenden Saure oxydiert wird, ist in Wirk- liehkeit als ein Beweis ftir das Vorkommen yon Aldehydhydrat im Reaktions- gemisch anzusehen. Direkter ist d~es spiRer durch Untersuchungen yon tIE,OLD und WO~F (36) sowie S c i o n (37) bewiesen worden. Die Dehydrogenisierung des Aldehydhydrats kann, ebenso wie die des Alkohols, nur in der Weise vor sieh gehen, dass ein Atom Wasserstoff yon Sauerstoff und ein anderes yon

Die Dehydrogenasenforschung vor Entdeckung der Wirktmgsweise der Co-Fermente. 93

Kohle freigemaeht wird, worauf die freigewordenen Valenzen des Sauerstoffs und der Kohle einander binden, ttierbei entsteht eine Karbonylgruppe, die zusammen mit der vorher sehon an die Kohle gebundenen Hydroxylgruppe der Substanz den Charakter einer Si~ure gibt.

Aus dieser Darlegung geht hervor, dass die Dehydrogenisation eines Alkohols und eines Aldehydhydrats hinsiehtlieh der Bindung der akfivierten Wasserstoffgruiope gr6sste Ubereinstimmung aufweist. Von diesem Gesiehts- punkt aus steht der Annahme niehts im Wege, dass eine und dieselbe Dehydro- genase sowohl die Oxydation eines Alkohols als die des entspreehenden Aldehyd- hydrats bewerkstelligt.

Mit einem anderen Bindungstyp der aktivierten Wasserstoffatome haben wit es bei der Dehydrogenisierung des Sueeinats zu tun. Jedes der beiden Wasserstoffatome ist hier an zwei versehiedene Kohleatome gebunden. Die Dehydrogenisierung ftihrt hier zu einer Doppelbindung zwisehen zwei Kohle- atomen.

Was sehliesslieh die Dehydrogenisierung einer Aminos~ture betrifft, so haben wit es hier h6ehstwahrseheinlieh teils mit einem kohlegebundenen Wasserstoifatom, teils mit einem stiekstoffgebundenen zu tun. Das Ergebnis ist eine Iminos~ture mit Doppelbindung zwisehen Kohle und Stiekstoff.

In den bisher behandelten Fi~llen war also wenigstens eins der beiden gleieh- zeitig aktivierten Wasserstoffatome an Kohle gebunden. Ubrigens ist es ein und dasselbe Molekfil, das in si~mtliehen diesen Fi~llen die beiden Wasserstoff- atome beigesteuert hat. Wenn zwei Molekfile je ein Atom Wasserstoff liefern, dtirfte das Ergebnis eine Synthese dieser Molekiile zu einem gr6sseren sein. Diese Frage ist yon T~U~BE~a (17) im Zusammenhang mit der Dehydro- genisierung der Essigsi~ure er6rtert worden. Die M6gliehkeit dessen, dass die beiden Molektile versehiedener Art sind, das eine z. B. ein Essigsi~uremolektil, das andere ein Apfelsi~uremolektil, ist ja nieht ausgesehlossen. Auf diese Weise kann man naeh K~ooP und MARTINS (38) vielleieht die biologisehe Bildung yon Citronensi~ure erkl~tren.

e) Die Spezifit~it der Dehydrogenasen. Es w~re unbillig gewesen, yon der Dehydrogenasenforsehung in der ersgen Zei~ mehr als provisorisehe L6sungen der zahlreiehen auftauehenden Probleme zu fordern. Hinsiehtlieh eines der Probleme, die bei jeder Enzymforsehung in einem frtihzeitigen Stadium auftreten, ni~mlich des Problems der Spezifiti~t, nahm T~VNBE~ in seiner Schrift vom Jahre 1920 eine pluralistische Einstellung ein. Er grtindete diese Auffassung anfangs auf seine Feststellung, dass sieh die yon ihm entdeckte Sueeinodehydrogenase durch ausgepri~gte Spezifiti~t auszeichnet. Sie konnte unter einer sehr grossen Zahl yon in dieser ttinsieht untersuchten Metaboliten nur Suceinat angreifen. Von einer absoluten Spezifigiit konnte hingegen nicht die t~ede sein, da dieses Enzym aueh den Wasserstoff yon Methylbernstein- s~ure zu aktivieren schien, einer Substanz, die wahrseheinlich keine biologisehe

94 T. T~U~BE~: Biologische Aktivierung, ~bertrugung und Oxyd~tion des W~sserstoffes.

Bedeutung hat. FLir die Annahme yon Dehydrogenasen mit spezifiseher Wirkung hinsichtlich anderer Metaboliten sprach fibrigens die Verteilung der Wasserstoffdonatoren in den verschiedenen untersuehten Serien. Einige Diffe- renzierungsversuche, unter Anwendung yon Erw~rmung sowie Frieren mit K~iltemisehungen yon sehr niedriger Temperatur, spraehen ebenfalls fiir eine pluralistisehe Auifassung. Weitere Versuehe, die yon versehiedenen Seiten angestellt worden sind, haben aueh die l~iehtigkeit der provisorisehen Sehluss- folgerungen T~NBEaGs erwiesen. Von hoher Beweisf~ihigkeit war in dieser Hinsicht die umfassende Untersuehung fiber Enzyme in Samenarten aus sehr verschiedenen Teilen des Pflanzenreiches, die T~U~BEaG (34) durehgeffihrt hat. Uberhaupt hat sieh bei weiteren Untersuchungen herausgestellt, dass die Spez~fit~it ausgepr~igter ist, als man anfangs anzunehmen geneigt war. Eine interessante Ausnahme besitzen wit in dem Umstand, dass dasselbe Enzym dehydrogenisierend auf Hypoxanthin und Formaldehyd e~nzuwirken seheint. Das SC~A~DING~-Enzym und die Xanthinoxydase seheinen also naeh neueren Untersuehungen identisch zu sein.

Ffir die Charakterisierung einer I)ehydrogenase ist nieht nut der Nachweis ihrer F~higkeit, den Wasserstoff bei einem gewissen bestimmten ,,Metaboliten" zu aktivieren, zu fordern, sondern aueh der Naehweis der Art der Reaktions- produkte, was wohl beachtet zu werden verdient, ehe man weitgehende Sehli~sse aus den mit der sog. T ~ u N ~ G s e h e n Methylenblaumethode erhaltenen Re- sulta~en zieht. Es sei dies dutch einige Beispiele beleuehtet. Hexosediphosphat besitzt in Anwesenheit yon Co-Cymase eine sehr starke F~higkeit, die Ent- f~irbungsf~ihigkeit gegenfiber Methylenblau bei Extrakten aus verschiedenen Geweben und Samenarten zu steigern. Die Folgerung, dass tIexosediphosphat als Wasserstoffdonator eintritt, ist jedoch als nur provisoriseh anzusehen. Bisher ist noch kein t~eaktionsprodukt daraus m~t 6-atomiger I<ohlenkette naehgewiesen worden. Vieles sprieht daffir, dass das Hexosediphosphat zuerst in Triosephosphat gespalten wird, und dass die angenommene Hexosephosphat- dehydrogenase in Wirklichkeit ein Triosephosphat ist. - - Die ~usserst kr~itige Donatorwirkung yon Citrat hat als vSllig bereehtigte provisorisehe Erkl~rung zu der Annahme einer spezifischen Citricodehydrogenase gefiihrt. Das an- genommene Reaktionsprodukt, Aeetondiearbons~ure, hat jedoch niemals naeh- gewiesen werden kSnnen. Es ~st nicht ausgesehlossen, dass die Citronens~iure irgendwie umgesetzt wird, bevor die I)ehydrogenase eingreift. MSglieherweise ist die Citricodehydrogenase eine Isocitronens~iuredehydrogenase oder eine Aeon~ts~iuredehydrogenase [MA~I~S (39)].

Ferner darf man die 1VISglichkeit nieht iibersehen, dass eine und dieselbe Substanz yon verschiedenen Dehydrogenasen auf versehiedene Weise angegriffen werden kann. Das Ergebnis mfissen dann versehiedene l~eaktionsprodukte sein, ein Umstand, der die Forderung naeh der Kenntnis der Art des Reaktions- produktes bei der Definition einer Dehydrogenase noeh welter begrtindet.

Die Dehydrogenasenforschung vor Entdecktmg der Wirkungsweise der Co-Fermente. 95

d) Wichtigere und besser bekannte Dehydrogenasen. Es folgt hier eine kurze Zusammenstellung fiber eingehender untersuehte Dehydrogenasen. Sowohl das Substrat als das Reaktionsprodukt, soweit dieses bekannt ist, wird angegeben. Ffir jedes einzelne Enzym wird der Name dessen genannt, der die Existenz derselben zuerst konstatiert zu haben meint, danaeh im all- gemeinen der Name eines spiiteren Forsehers, bei dem man weitere Angaben tiber die betreffende Dehydrogenase iinden kann.

A'thylalkoholdehydrogenase, A_thylalkohol/Essigsiiure, WIEL,tND 1913 (2). Alanindehydrogenase, Alanin/Brenztraubensiiure, TnUNBE~G 1920 (7),

AUBEL und EOAMINI (40). Aldehyddehydrogenase, Aeetaldehyd/Essigsiiure, WIELA~D 1913 (2). Oxybutyricodehydrogenase, Oxybuttersi~ure/Acetessigs~ture, THUNBEIr

1920 (7), GREEN, DEWAN und LELOI~ (41). Citricodehydrogenase, Citronensi~ure/?, T~IJNBER~ 1920 (7), MAaTIVS (39). Formicodehydrogenase, Ameisensi~ure/Kohlens~ture, Tm:NBE~G 1920 (7),

ST~r~E~SO~ (42). Glykosedehydrogenase, d-Glykose/d-Glykons~ture, HARRISON 1931 (35). Glutaminicodehydrogenase, Glutaminsi~ure/Alpha-Keto-Glutarsi~ure, T~u~-

BERO 1920 (7). Glycerophosphatdehydrogenase, Glycerinphosphors~ure/Glyeerinaldehyd -

phosphors~ture, AELG~EN 1922 (43), GREEN (44). l-Malicodehydrogenase, 1-Apfelsi~ure/0xalessigs~ture, HAhN e. s. (45),

GttEEN (46).

Lacticodehydrogenase, Milchsi~ure/Brenztraubens~ure, THVNBEnG 1920 (7), GREE~ und B~OSTEAV (47).

Succinodehydrogenase, Bernsteins~ure/Fumars~ure, T ~ v ~ n n G 1916 (5), STO~Z und H~ST~GS (48).

Xanthindehydrogenase, Hypoxanthin/Harns~ure, Mon6AN, STEWA~ und H o ~ I ~ s 1922 (23), BooT~ (49).

e) Die Potentiale der Dehydrogenasensysteme. Ein Sehritt vorwarts auf dem Wege zum Verst~ndnis der Wirkungsweise der Dehydrogenasen wurde mit dem Beginn yon Potentialmessungen an den dureh die Dehydrogenasen aktivierten Redoxsystemen getan.

Taueht man ein Platinblech, eine ,,Platinelektrode" in eine wi~sserige L6sung eines Gemisehes yon einem Ferrosalz und einem Ferrisalz oder eines anderen Gemisches eines Reduktionsmittels und eines Oxydationsmittels mit ungleichwertigen Ionen, so nimmt die Platinelektrode eine elektrische Spannung an, die gemessen werden kann, wenn man die Elektrode mit einer anderen ~hnlichen (,,Vergleiehselektrode") yon bekanntem Potential kombiniert. Die HShe der gemessenen Spannung h~ngt unter anderem yon der Beschaffenheit der in der LSsung enthaltenen Oxydations- bzw. Reduktionsmittel ab, und zmn Teil yon der Relation zwisehen den Mengen' in denen sie vorkommen.

96 T. THU~BEgO: Biologische Aktivierung, ~bertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Tats~tchlich kann eine solehe Messung der Potentialverhi~ltnisse eines Redoxsysterns dazu dienen dieses zu charakterisieren. Gew~hnlich geht man, wenn es sich datum handelt, eine Charakteristik eines Redoxsysterns zu erhalten, yon der Potentialrnessung an einer L(isung aus, die den oxydierenden und den reduzierenden Anteil in ~tquimolaren Mengen enthi~lt. Unter dem ,,Norrnalpoteatial" eines solchen Systems versteht man gerade den Potential- weft in einer L6sung, die das Oxydationsrnittel und das Reduktionsmittel in molaren Mengen enthi~lt.

Ein ansehauliches Bild der Verh~ltnisse, wean eine solche L(isung die eingetauehte Elektrode aufl~td, gibt folgende Uberlegung: Ein Reduktions- rnittel, z. B. ein Ferrosalz, ist reicher an Elektronen als ein Oxydationsrnittel, z.B. ein Ferrisalz. Eine L(isung, die sowohl Ferro- als Ferriionen enthi~lt, wird dutch ein dynarnisches Gleichgewicht zwischen diesen Formen charak- terisiert. Permanent fliesst ein Strorn ~on Elektronen yon den Ferroionen zu den Ferriionen, was jedoch das Verhaltnis zwischen den beiden Ionenforrnen nicht ver~tndert. In jedem Augenblick bilden sich und verschwinden gleieh viele yon jeder dieser Forrnen. Dieser Strorn yon Elektronen, der yon den Ferroionen ausgesehickt und yon den Ferriionen aufgenornrnen wird, iibt eine naeh aussen geriehtete Druckkornponente aus, die um so grSsser ist, je gr6sser das Verh~ltnis Red: 0x ist, und urn so kleiner, je kleiner dieses Verh~tltnis ist. Diese Druckkornponente ist es, welche die eingetauehte Elektrode au f ' eine gewisse Tension l~dt. Die Spannung der Elektrode charakterisiert deshalb gerade das betreffende Redoxsystern.

Dieselbe Uberlegung l~sst sich auch auf ein Redoxsystern yon der Art des Systems Hydrochinon : Chinon anwenden, in welehem also die reduzierende Kornponente eine tIydrylverbindung der oxydierenden ist. Auch hier l~tsst sich denken, dass ein Strorn yon Wasserstoff permanent yon der Red-Forrn zur Ox-Forrn geht und einen Wasserstoffdruck auf eine in die L(isung getauehte Platinelektrode austibt. Der Druck wird grSsser, wenn die Reduktionsform in relativ grSsserer Menge vorhanden ist, und kleiner bei einer gr(isseren Menge der Oxydationsforrn. Eine dern Wasserstoffdruck ausgesetzte Platin- elektrode nimrnt nun eine elektrische Spannung an, und der Wert derselben spiegelt die GrSsse des Wasserstoffdruckes ab. Auch in diesem Fall kann das durch das System hervorgebrachte Potential dasselbe charakterisieren. Je h(iher der Wasserstoffdruek ist, desto negativer wird die Elektrode. Urngekehrt iibt Bin System eine st~trkere reduzierende Wirkung aus, je negativer sein gernessenes Potential ist. Ein System, dessen Potential auf der positiven Seite liegt, wirkt dagegen oxydierend.

Wean wit die Potentiale versctiiedener Systerne kennen, wissen wir, in welcher Richtung sie rniteinander reagieren miissen, wenn iiberhaupt eine Reaktion zustande kommt. Dagegen sagen die Potentialverhgltnisse nichts aus betreffs der Geschwindigkeit tier Reaktion. Die m~iglichen Reaktionen

Die Zwischenstadien auf dem Wege des Wasserstoffs. 97

kSnnen so langsam verlaufen, dass sie nicht merkbar sind, oder sie kSnnen gar nicht in Erseheinung treten.

In jedem Falle erlaubt uns die Kenntnis der Potentialverhi~Itnisse unter den vorliegenden Umsti~nden, einige Reaktionen als unmSglieh zu eliminieren.

Das erste biologische System, dessen Redoxpotential untersueht worden ist, wie es unter dem aktivierenden Einfluss der entsprechenden Dehydrogenase hervortritt, war das System Sueeinat/Fumarat. Die Untersuchung wurde yon TtIUNBElCG (50) gemacht. Unten folgt eine Zusammenstellung der Redox- potentiale einer Anzahl eingehener untersuchter biologiseher Redoxsysteme.

l ~ e d o x p o t e n t i a l e .

Normal- T. Plt potentiale

Lac ta t /Py ruva t . . . . . . . . . . Succ ina t /Fumara t . . . . . . . . . I - Iypoxanthin/X~nthin . . . . . . . Xan th in / t I a rns~ure . . . . . . . . Isoloropylalkohol/Acet on . . . . . .

~ thyla lkohol Acetaldehyd (berechnet)

Cytochrom . . . . . . . . . . . . Ascorbinsaure . . . . . . . . . . . Lactoflavin . . . . . . . . . . . . Protof lav (,,Das gelbe Ferment") . .

37 37

35

25

3O

20 20

7,3 7,01 7,0 7,0 7,48

7,0

7,0 7,0 7,0 7,0

- -0 ,96 0,0010

- -0 ,371 - -0 ,361 - -0 ,275

- -0 ,200

~-0,123 0,066

- -0 ,185 - -0 ,06

WUR~S~R und M~y~.g (51) J . LEHlVIANN (52) GaE~ (53) GREEN (53) R. WUR~SER und S. ]hLITTI-

WVR~S~ (54) WUrt~SER und FILITTI-

WWMS~R (54) G ~ N (55) Bol~soo~: und K~IG~L~Y (56) KVH~ und BOULA~G~.R (57) K v ~ und BOULA~Gr~ (57)

II. Die Zwischenstadien auf dem Wege des Wasserstoffs.

1. Nichtenzymatische Wasserstoffiibertr~iger. Die WIEI~ANDsche Lehre setzte in ihrer ursprfinglichen Gestalt ftir die

Mehrzahl der Fi~lle nur einen Schritt zwischen der Aktivierung des Wasser- stoffs und seiner lJbertragung auf den Sauerstoff voraus. Denkt man sich als Endstadium auf dem Wege des Wasserstoffs die Wasserwandlung desselben, berticksiehtigt man also ausser dem eben genannten ersten Sehritt auch den Zer~all des zuerst gebildeten Wasserstoffsuperoxyds zu Wasser, so wtirde also tier Weg vom Metaboliten zum Wasser in zwei Schritten zurtiekgelegt werden.

Ftir gewisse Fi~lle dtirfte diese Auffassung immer noch ihre Gtiltigkeit behalten. So dtirfte der Wasserstoff des Hypoxanthins unmittelbar nach seiner Aktivierung durch die Dehydrogenase unter Bildung yon Wasserstoffsuper- oxyd auf Sauerstoff tibergehen und dann als Wasser abgespalten werden.

In anderen Fallen dagegen besteht der Weg aus mehreren Etappen. Dies ist der Fall, wenn der Wasserstoff yon einem oder einigen der nieht- enzymatisehen Wasserstofftibertri~ger iibernommen wird, deren Vorhandensein seit der Aufstellung der WIELANDschen Theorie bekannt geworden ist, der sog. Wasserstofftransporteure (der ,,carriers" der Englander).

Ergebnlsse der Physiolo~ie. 39. 7

98 T. THUNBERO: Biologische Aktivierung, Ubertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

Zu Wasserstofffibertr~gern in diesem Sinne gehSren KEILI~s Cytochrom- system, GI~EEN-]:~IC]~TERS Adrenoehrom, HOPKINs Glutathion und WARBU~O- CHriSTIANs ,,gelbes Ferment", welch letztgenannter Stoff bier als ,,Protoflav" bezeichnet sei. Wit hMten namlich den enzymatisehen Charakter dieses Stoffes nieht fiir unbestreitbar. Zwar teilt das Protoflav gewisse Eigenschaften mit den meisten Enzymen. Es ist eine bei dem biologischen Geschehen mitspielende kolloidale Substanz, die in diesem zur Ingangsetzung und Aufrechterhaltung einer chemischen l~eaktion, in diesem Falle einer Wasserstofftibertragung, beitri~gt. Andererseits besitzt es jedoch, soweit bisher bekannt ist, nieht die F~higkeit, die Reaktiviti~t des Substrats zu beeinflussen. Zwar kann es selbst Wasserstoff tibernehmen. Doeh ist der Metabolitwasserstoif, den es iiber- nimmt, bereits dutch die entsprechende Dehydrogenase (Holodehydrogenase) aktiviert, was durch die Fahigkeit desselben, einen Redoxindicator wie Methylenblau zu reduzieren, bewiesen wird. Das Protoflav hat auch nicht die Reaktiviti~t bei den Stoffen gesteigert, an die es den Wasserstoff seiner ttydrylform abgibt, sei es nun molekularer Sauerstoff oder Cytochrom. Es verhalt sich Mso zum Wasserstoff ebenso wie die als Wasserstoffiibertrager bezeiehneten Substanzen. Am ehesten gleicht es dem Cytochrom, wenn es aueh thermolabiler als dieses ist.

Da dieser Stoff also nicht die Fahigkeit besitzt, die Reaktivitat yon etwas, das man sein Substrat nennen kSnnte, zu beeinflussen, da es also eine allgemeine enzymatische Wirkung vermissen l~sst, erscheint es uns am besten, die Bezeiehnung ,,das gelbe Ferment" nicht zu benutzen. Wir wtirden sonst zwei Gruppen yon Enzymen erhalten, eine Gruppe mit der. Fahigkeit, die Reaktivitat des Substrats zu beeinflussen, eine andere, einstweilen nur aus dem gelben Ferment bestehende, ohne diese Fi~kigkeit.

Dass die Ubertragung des Substratwasserstoffs auf Sauerstoff nieht nur die Anwesenheit der entsprechenden Dehydrogenase und yon Sauerstoff, sondern auch eines anderen Faktors erforderte, wurde dutch eine Beobachtung T ~ B E ~ G s yOre Jahre 1917 (6) angedeutet, dass namlieh die Ubertragung des Suecinatwasserstoffs auf Methylenblau nicht durch das Vorhandensein yon Cyanid gehemmt wird, wahrend dagegen dieser Stoff die Ubertragung des Succinatwasserstoffs auf Sauerstoff stark hemmt. E s ist schwierig, diese Beobachtung auf andere Weise zu erklaren, als dass die Ubertragung des Succinatwasserstoffs auf Methylenblau tier einiachere Vorgang ist, und dass noch etwas besonderes hinzukommen muss, damit der Wasserstoff auf Sauer- stoff iibertragen werden soll. Wir tibergehen die an~anglich gegebenen Erklarungen des Phiinomens. Sie waren wenig zufriedenstellend. Schliesslieh warf KEILINS Entdeckung des Cytochromsystems (58, 59, 60 und 61) Licht auf diese Beobachtung.

a) Cytochrom. Es soll bier keine zusammenfassende Darstellung der Chemie des Cytochromsystems gegeben werden. Es sei bier nur daran erinnert,

Nichtenzymatische Wasserstofftibertr~ger. 99

dass das Cytochromsystem zwisehen oxydiertem und reduziertem S~adium pendeln kann, wobei besonders der Ubergang zum reduzierten Stadium durch das Au~treten gewisser typischer Spektrallinien charakterisiert wird. Befindet sich das System in reduzierter Form, so wird es durch anwesenden Sauerstoff oxydiert, wi~hrend es yon seinem oxydierten Stadium in den reduzierten Zu- stand tibergeftihrt wird, wenn es dem Einfluss des aktivierten Wasserstoffs yon Suceinat, Glyeerophosphat und Lactat ausgesetzt wird. Letztere Substanz wirkt jedoch nut dann, wenn sie mittels yon Hefe stammender Lacticode- hydrogenase aktiviert wird, wiihrend dagegen andere Donatorsubstanzen unter dem Einfluss ihrer Dehydrogenasen Cytochrom nieht oder kaum reduzieren, wie OGSTO• und G~EEN (44, 62) gezeigt haben.

Die niiheren Einzelheiten bei der Umwandlung des aktivierten Substrat- sauerstoffs durch das Cytochromsystem sind nieht bekannt.

D a e s nicht gelungen isL Ms ein Reaktionsprodukt Hydroperoxyd in dem System zu entdecken, in welchem Cytochrom den Energieausgleich zwischen Sauerstoff und Substratwasserstoff bewerkstelligt, liegt die Annahme nahe, dass der Ausgleieh durch Elektronentransport gesehiehL so dass der Wasserstoff zu Wasserstoffionen und der Sauerstoff zu Hydroxylionenionen verwandelt wird.

b) Adrenoehrom. Wie GREEN und RIC~TE~ (63)gezeigt haben, kann Ms Wasserstofftibertriiger Adenochrom fnngieren, ein rotes Oxydationsprodukt yon Adrenalin, das aus der ]etztgenannten Substanz durch Oxydation ent- steht, katalysiert tells dutch ein aus Muskulatur anwesendes eyanoinsensibles System, teils dureh das Cytoehromsystem. Adrenoehrom vermag als Wasser- stofffibertriiger hinsiehtlieh des Wasserstoffs des Laetat- und Malatsystems, m5glieherweise auch des Beta-Oxybuttersi~uresystems zu wirken. Wie OGSTO~ und G~EEN (62) hervorgehoben hubert, tibernimmt Adrenoehrom offenbar den Wasserstoff yon Substanzen, deren Dehydrogenasesysteme erst in An- wesenheit yon Co-Dehydrogenase I wasserstoffaktivierend wirken.

e) Gl~tathion. Einen dritten Wasserstoffftbertr~iger besitzen wir in dem yon H0SKINS entdeckten sehwefelhaltigen Tripep~id, dem Glutathion; das aus seiner reduzierten Form unter Abgabe yon Wasserstoff leicht zu seiner Disulfidiorm (Oxydations~orm) oxydiert wird.

Das Glutathion, das einen primi~ren Zellenbestandteil darzustellen seheint, erh~tlt sein Interesse ftir die Lehre yon dem eellul~ren Wasserstofftransport dureh den Umstand, dass die Zellen Substanzen oder Systeme mit dem Ver~ m6gen enthalten, die Oxydationsform des Glutathions zu reduzieren und desgleiehen Faktoren, die die Oxydation ihrer Reduktionsform dureh mole- kularen Sauerstoff veranlassen. Wird die Ox-Form des Glutathions zu einer Suspension yon Zellen oder Gewebeelementen ge~tigt,, wird diese selmel[ und mehr oder weniger vollstindig zur Red-Form reduziert. Damit s t eh t im

7*

100 T. TttUNBEI~O: Biologische Aktivierung, tJbertr~gung und Oxydation des Wasserstoffes.

Zusammenhang, dass man das Glutathion in den Zellen vor allem in seiner Red-Form antrifft.

Es lag nun die Annahme nahe, dass, analog mit Spgter far das Cyto- chrom Gefundenem, der zur Reduktion des Glutathions erforderliehe Wasser- stoff unter Mitwirkung des Dehydrogenasesystems der Zellen geliefert werden sollte. Indessen ist es HOPKINS und DIxoN (64) nieht gelungen, das Glutathion mit einem der bekannten Dehydrogenasesysteme zu reduzieren.

Speziell war das Bernsteinsguresystem nieht imstande, Glutathion zu reduzieren. MANN (65) zeigte indessen, dass das Glykosedehydrogenasesystem yon Leber unter an~iroben Verh~ltnissen Glutathion reduzierte, und ungef~ihr gleichzeitig beobachtete MET,D~U~ (66), dass rote BlutkSrperehen yon S~ugern in Anwesenheit yon Glykose dieselbe F~higkeit besassen. Ferner wiesen MELD~U~ und T A ~ (67) nach, dass das ttexosemonophosphatsystem sowohl in Here als in roten Blutk6rperchen diese Fahigkeit zeigt. Aueh Itexosediphos- phat und Phosphohexonsgure besitzen in dieser Hinsicht eine gewisse Wirkung. Schliesslieh scheint das Alkoholdehydrogenasesystem der ttefe naeh WAGNEa- JAUn~G und Mi)nLE~ (68) Wasserstoff auf Glutathion iibertragen zu kOnnen. - - Die beiden Formen yon Glutathion stellen eine thermodynamiseh reversibles System dar [GgAsg und GA~GULI (69)].

d) Protoflav (,,Das gelbe Ferment"). Dass das Protoflav die F~thigkeit besitzt, als Ubertr~tger yon Wasserstoff und besonders yon aus dem Robinson- ester herriihrenden Wasserstoff zu dienen, war tats~chlich die zuerst beobaehtete, biologisch wichtige Eigenschaft dieses Stoffes. Zwar wurde sic anfangs wenig adaquat dutch die Bezeichnung ,,sauerstoffttbertragend", die WA~B~RG und CH~ISr (70) far die Substanz w~thlten, ausgedrtiekt. Seinen Wasserstoff kann Protoflav nach versehiedenen Richtungen iibertragen. WARBU~G und CHRIs'rIAN betonten vor allem die F~ihigkeit des Protoflavs, Wasserstoff unter Bildung yon Hydroperoxyd auf molekularen Sauerstoff zu fibertragen. Unter Betonung der geringen Stgrke des intracellul~ren Sauerstoffdruckes hat T~EO~E~L (71) dem Protoflav als physiologische Funktion die Aufgabe zuerteilt, Wasserstoff auf das Cytochromsystem zu tibertragen.

EULER, ADLER und HELLST~O~ (72) erteilen ibm weiter die Rolle eines Wasserstoffiibertrggers zwischen an verschiedene Dehydrogenasen gebundenen Co-Fermenten zu.

Seinen Wasserstoff scheint das Protoflav yon den Co-Dehydrogenasen zu empfangen. O~STON und G~EEN (62) sowie EcnE~ und ADnE~ (63) sind der Ansieht, dass der Wasserstoff auf diesem Wege yon Hexosemonophosphat, Alkohol, Glucose, Apfelsgure, Milchs~ure, Citronens~ture und Hexosediphosphat an das Protoflav gelangen kann.

e) Die Co-Fermente. Im Dienste der Wasserstoffiibertragung wirken auch, wie wir durch die Beitr~tge der Eun~schen und der WAaBU~schen Forschersehulen wissen, die Co-Fermente der Dehydrogenasen, yon denen der

Nichtenzymatisehe Wasserstoffiibertrager. 101

,,Co-Dehydrase I", wie v. EULER in diesem Zusammenhang das ~-IARDENsehe Co-Ferment nennt, alas er frfiher, in seiner Eigenschaft als G~irungs-Co-Ferment, als Co-Cymase bezeichnet hatte, der grSsste Wirkungsbereich zukommt.

In Bd. 38 dieser Ergebnisse (1936) hat v. EuLEtt unsere bisherigen Kenntnisse fiber die Co-Dehydrase I eingehend geschildert und dort auch die Eigensehaften und Wirkungen des yon WARBUttG-Cttl~.ISTIAN entdeekten Co-Fermentes, naeh der EcLE~schen Nomenklatur ,,Co-Dehydrase II", be- rfihrt. Es ist daher unn5tig, hier eingehender bei diesen Co-Dehydrasen zu verweilen. Nur das ffir den Zusammenhang dieses unseres Aufsatzes Not- wendige sei angeffihrt. Wir begnfigen uns also damit, daran zu erinnern, dass die Co-Dehydrase I den Charakter eines Di-l~hospho-Pyridin-Nueleotids hat, w~hrend das Co-Ferment WARBUI~G-CttttISTIAN ein Tri-Phospho-Pyridin- Nucleotid ist. Die wasserstoffiibertragende F~ihigkeit beider Nueleotide ist an die Pyridingruppe geknfipft, welche die F~ihigkeit besitzt, zwei Wasserstoff- atome aufzunehmen bzw. wieder abzugeben.

Diese Co-Dehydrasen fiben ihre Funktion in Zusammenarbeit mit den sog. Apodehydrogenasen aus und bilden zusammen mit diesen ein vollst~indiges Dehydrogenasensystem. Nach der EULE~-ALBE~schen Nomenklatur ist also Apo-Dehydrase + Co-Dehydrase = Holo-Dehydrase. Die Co-Dehydrase WA~- BU~G-C~ISTIAN wirkt also mit der Apo-Dehydrase des ttexosemonophosphats (dem WARBUno-C~msTiANschen Zwisehenferment) zusammen, w~ihrend die Co-Dehydrase I zusammenwirkt mit den Apo-Dehydrasen fiir Milchsaure, Apfels~iure, A]kohol, Triosephosphat und wahrseheinlieh tier Mehrzahl der Donatorsubstanzen, fiir deren Dehydrierung die Zusammenarbeit mit komplexen Dehydrogenasen nStig ist. Als Tr~iger der Substratspezifit~it der komplexen Dehydrogenasen ist der Apo-Dehydrogenasenanteil anzusehen. Die Grfinde hierftir sind kfirzlich yon GREEN C.S. (41) zusammengefasst worden. Ich zitiere:

,,Die Ansieht, dass die ])ehydrogenase (womit hier offenbar EIIL~I~s Apo-Dehydrase gemeint ist)Trager k~tMytiscber Aktvitat is~, hat allerlei Wahrscheinlichkeit ffir sich. 1. Ist das Co-Enzym gemeinsam ftir die Dehydrogenasen, welche die Oxydation yon so verschiedenen Substraten wie Glucose, Alkohol, Laetat, Malat und Beta-Oxybuttersi~ure bewerksteUigen, so kann das Co-Enzym nicht die aktive Grtlppe sein, die fiir die Aktivierung aller dieser Sub- stanzen verantwortlich ist. Es ist unwahrscheinlich, dass das Co-Enzym gleichzeitig die Aktivierung und die Oxydation des Substrats bewirkt. 2. Das Vorhandensein einer hemmenden Wirklmg dutch Substanzen, die hinsichtlich ihrer Struktur mit dem Substrat verwandt sind, bietet gewiehtige Griinde ffir die Annahme einer aktiven Gruppe in den Dehydrogenasen. Dieser Effekt ist nur dann begreiflich, wenn man einen Wettbewerb zwischen dem Substrat und der verwandten Substanz um die aktive Gruppe des Enzyms ~nnimmt. 3. Die Suecinodehydrogenase katalysiert entweder die Oxydation yon Succinat zu Fumarat oder die Reduktion -con Fumarat zu Succinat. Ffir keinen dieser Prozesse ist ein Co-Enzym notwendig. Aber Fumurat kann reduziertes Co-Enzym in Gegenwart yon Dehydrogenasen oxydieren. I-Iier kann nieht davon die Rede sein, dass das Co-Enzym die aktive Gruppe ist, da das Co-Enzym ganzlieh entbehrlieh ist. Dieselbe ~)berlegung l~sst sich fiir die Dehydrogenase des Laetats aus tIefe fiihren, die nach WA~u~G und CHRISTIAN (1936) die Reduktion yon Co-Enzym I "l~talysieren kann, trotzdem kein Co-Enzym fiir die Aktivierung des Substrats n6tig ist. Wenigstens in diesen zwei Fallen

102 T. T~UN]3ERO: Biologische Aktivierung, tJbertragung trod Oxydation des Wasserstoffes.

wirkt das Co-Enzym nut als ein Wasserstofftibertr~ger, unde s hat keine Bedeutung fiir das Problem der Aktivierung des Substrats.

Die klassisehe Ansicht yon der Dehydrogenase als dem aktivierenden Mechanismus scheint mit den Tatsachen gut iibereinzustimmen. Zweifellos wird das Co-Enzym mit der Dehydrogenase auf dieselbe Weise kombiniert wie das Substrat, doch scheint es die Funktion des Co-Enzyms zu sein, einen hochgradig spezifischen Wasserstoffacceptor zu reprgsentieren, der durch keine andere Substanz ersetzt werden ]{ann."

Die aktivierte Wasserstoffgruppe yon einem der Metaboliten, die dureh ein komplettes Dehydrasesystem beeinflusst werden, wird also zuerst auf die Co-Dehydrase fibertragen, dann geht sie auf Protoflav fiber, darauf eventuell unter Wasserstoffsuperoxydbildung auf Sauerstoff, um dann bei der Spaltung yon H20 ~ in Wasser gewandelt zu werden. Der Weg des Wasserstoffs bis zur sehliessliehen Wasserwandlung wiirde hier also vier Sehritte umfassen. Gibt das Protoflav seinen Wasserstoff an Cytochrom ab, so wtirden wir mit drei Etappen auf dem Wege des elektrisch neutralen Wasserstoffs zu reehnen haben, worauf der Affinit~tsausgleich mit Sauerstoff dureh Elektronen- transport stattfinden wtirde.

Die hier gesehilderten Verhiiltnisse zeigen, wie verwiekelt der Transport des Wasserstoffs ist. Es ist aueh offensiehtlieh, dass sieh der Wasserstoff versehiedener Metaboliten versehieden verh~ilt.

Wir mfissen unsere Unkenntnis bezfiglieh der Gesetze und Kr~ifte ein- gestehen, die auf diese Weise den Wasserstoff yon einem Metaboliten seinen besonderen Weg itihren, w~thrend der Wasserstoff eines anderen einen anderen ~Veg zu wandern hat.

Es liegt nahe, aus den Potentialen der versehiedenen Redoxsysteme die Notwendigkeit gerade des ftir den einzelnen Fall konstatierten Weges abzuleiten zu suehen. Man muss indessen bedenken, dass die Normalpotentiale sieh auf die Werte beziehen, bei denen die Red- und die Ox-Form in ~iquimolekularer Konzentration vorhanden sind. Andert sieh das Verhiiltnis zwisehen der Konzentration der versehiedenen Formen, so versehieben sieh die Potential- werte. Der Gang des Wasserstoffs yon einem System naeh einem anderen wird also nieht nur dureh die Normalpotentiale der versehiedenen Systeme be- stimmt, sondern aueh dureh die im Augenbliek vorliegende Relation zwisehen Red- und Ox-Form der versehiedenen Systeme, abgesehen davon, dass jetzt aueh die Temperatur und besonders der p~ eine Rolle spielen.

Wenn es gilt, eine Auffassung fiber die Verhi~ltnisse in einem System yon Wasserstofffibertriigern zu erhalten, diirften folgende Gesiehtspunkte zu

beaehten sein. Wird Wasserstoff yon einem Ubertriiger aufgenommen, um dann wieder

abgegeben zu werden, so erh~ilt er wiihrend einer gewissen, wenn aueh ~tusserst kurzen Zeitspanne andere Eigensehaften, als er besass, bevor er yon der Trans- portsubstanz aufgenommen wurde. Er zeigt die speziellen Eigentiimliehkeiten einer Substanz in statu naseendi. Denken wir uns den Wasserfibertfiiger als

Wasserstofftransporg oder Sauerstofftransport ? 103

Tr~ger yon Reversibilit~it hinsiehtlieh seiner Wasserstoffbindung, so ist man bereehtigt anzunehmen, dass der Wasserstoff, bevor er zur n~ehsten Aeeeptor- substanz geleitet wird, zahlreiehe Schwingungen zwisehen der an den Wasser- stofftibertr~tger gebundenen Form und der Form, die er als yon diesem frei- gemaeht hat, ausftthrt. Der Zustand in statu naseendi drfiekt unter diesen Umsti~nden diesem unter dem Einfluss eines gewissen i3bertri~gers stehenden Wasserstoff sein Gepriige auf. Man muss sieh iibrigens daran erinnern, dass, wenn eine Wassersr in einem Molektil aktiviert wird, sieh dies aueh in dem Zus~and des lZestmolekfils mehr oder weniger abspiegeln muss. Es besteht deshalb die MSgliehkeit, dass der Wasserstofftransport in den Zellen Wirkungen yon weitgehenderer und anderer Art austiben kann, als es den eigenen Zusiandsveriinderungen des Wasserstoffs direkt entsprieht.

2. Wasserstoiftransport oder Sauerstofftransport?

Man finder in der einschl~tgigen Literatur, wenn es gilt, den oxydativen Abbau eines Metaboliten zu sehildern, zwei versehiedene Betraeh~ungsweisen. Die eine betraehtet die Wasserstoffaktivierung der Dehydrogenasen als den primi~ren Vorgang. Darauf setzt der im vorstehenden gesehilderte Wasser- stofftransport ein. Dann kommt der Sehlussakt, mag dieser nun darin be- stehen, dass der Wasserstoff unter Abgabe eines Elektrons an den Sauerstoff ionisiert wird, oder dass eine Wasserstoffsuperoxydbildung, gefolgt yon der Spaltung des Superoxyds unter Entstehung yon Wasser, eintritt.

Die andere Betraehtungsweise hat lange die Auffassung vertreten, dass der Sauerstoff das primum movens bei den oxydativen Umsetzungsprozessen isL dass diese dureh die Aktivierung des Sauerstoffs eingeleitet werden und dass der Sauerstoff dann einen ahnliehen Transport durehmaeht wie den oben ffir den Wasserstoff gesehilderten.

Diese letztgenannte Ansehauung seheint nunmehr im Aussterben zu sein, wenn aueh die frtiheren Vertreter derselben in weitem Ausmass diese Betraeh- tungsweise der Nomenklatur das Gepri~ge geben lassen, wodureh diese wenig adi~quat ist. Eine sehr aufsehlussreiehe ~_usserung yon einem Mitarbeiter WAt~BVR~S [REID (74, 75)] sei bier wiedergegeben. Sie lautet:

,,Nach den neueren Ergebnissen der Physiologie ist die t)rim~rreaktion der Sauerstoff- atmung die Oxydation yon zweiwer~igem Eisen dutch molekularen Sauerstoff. Es folgt in der atmenden Zelle die l%eduktion des h6herwertigen Eisens, womit der Anfangszustand wieder- hergestellt ist. Die bier katalytiseh wirksame Eisenverbindung ist das sauerstofffibertragende ~erment der Atmung. Sauerstoffiibertragung ist dabei in fibertragenem Sinne zu verstehen, da der Sauerstoff nicht Ms molekularer Sauerstoff iiber~ragen wird, sondern zweiwertiges Eisen zu dreiwertigen Eisen oxydiert."

Wit finden hier den Ausdruek ,,Sauerstofffibertragung", der indessen ,,in tibertragenem Sinne" zu verstehen sei. Abet warum soll man nieht fiir das yon WA~BVnG angenommene Ferment eine Bezeiehnung gebrauehen, welehe die WA~Butmsehe Auffassung direkt wiedergibt ? Sie l~tsst sieh in der

104 T. T~V~B~RO: Biologisehe Aktivierung, ~bertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

fibliehen Weise bilden, also unter Angabe des Substrats und seiner Wirkung. Man erh~lt dann den Ausdruek ,,Ferroh~minoxydase". Sowie die WAR- BV~Gsehe Lchre zu diesem Zeitpunkt vertreten wurde, war sie tibrigens nieht einmal dem Namen nach eine Lehre yon ,,Sauerstoffaktiviernng", und sie vertrat, wie eben gezeigt wurde, auch nieht die Lehre yon einer fermentativen Sauerstoff~bertragung, wenn aneh der Name noch beibehalten wurde,

Was nun die Lehre vom Sauerstofftransport angeht, so kam diese reeht lange in der WARBURGsehen Terminologie zum Ausdruek. Auf dem Solvay-Kongress in Brtissel im Jahre 1934 machte ieh (76) folgende Aus- fiihrnngenl :

La nomenelature de M. WARBU~G n'est pas adequate: a) Pourquoi d6signe-t-il du nora de transport et de transporteur d'oxyg~ne ee qui est~

en r~alit4 un transport ou un transporteur d'hydroggne ? Ainsi, ~ la page 316 de son rapport, il indique nettement que le ferment jaune est susceptible de fixer l'hydrog~ne d'une fagon r6- versible. I1 eonsid~re n6anmoins eette substance eomme un transporteur d'oxyggne. De mgme, le bleu de m6thyl~ne qui ne fixe jamais d'oxyg~ne, mais est capable de eapter et de egder facile- merit de l'hydrog~ne, M. WA~BURG le dgsigne 6galement du nom de transporteur d'oxyg~ne.

b) Dans d'autres eas il assimile ~ un transport d'oxyggne ee qui est en rgalitg un t ransfe~ d'61ectrons, eemme par exemple la r6aetion.

Fe ++ = Fe +++ + e.

Die Bezeiehnung ,,sauerstofftibertragend" ist indessen in der Literatur, die sieh mit dem Ph~nomen der biologischen Verbrennung besch~tftigt, so of~; wiederholt worden, dass sic aneh dort anftaucht, wo man es kaum erwartet h~ttte. Wit sehen bei Forschern, die sieh der Wasserstofftransporttheorie an- geschlossen haben dfirften und wertvolle Beitr~ge zu ihrer Entwieklung geliefert haben, noeh 1937 einen Ausdruck wie ,,Oxygen carriers such as cytoehrome and lactoflavin ''~. Indessen wirkt keine der angefiihrten Snbstanzen als ,,oxygen carrier". Die eine scheint ein Elektronen-, die andere ein Wasser- stofftibertriiger zu sein. Unter diesen Umstiinden diirfte der Hinweis angezeigt sein, dass in der organischen Chcmie Substanzen, die nach unseren bisherigen Erfahrungen als Sauerstofffibertriiger dienen kSnnen, sehr selten sind, w~hrend man dies yon wasserstofffibertragenden nicht sagen kann. Sollen uns die Erfahrnngen auf organisch-chemischem Gebiet bei unserer Deutung der bio- ehemisehen Phiinomene leiten, so dtirfen wir nur dort, wo gute Grfinde daffir vorliegen, den Gedanken einer Sauerstofftibertragung annehmen.

Die sauerstofffibertragende Fi~higkeit des Hiimoglobins hat die Sauer- stofffibertragung dureh einen organisehen KSrper so wohlbekannt gemaeht, dass man diese auch gern als eine gewShnliche Erseheinung auffasst. Zu den Eigenschaften; welche die Bezeichnnng des Hi~moglobins als der vielleicht wunderbarsten Substanz der Chemie begrfindet haben, gehSrt aueh seine

1 Siehe Inst i tut internat, de Solvay 1935, S. 324. Siehe Bioehemie. J . 111, 615 (1937).

Anfangs- bzw. Endstadium bei den Oxydationsprozessen. 105

Fahigkeit, Sauerstoff zu ~ibertragen, etwas fur organische Stoffe hSchst Merk- wfirdiges. ]:)as H~imoglobin steht in dieser Hinsicht in der Tat recht allein. Die einzigen bisher bekannten organischen Substanzen, die, soweit man es hinsichtlich der sauerstoff~ibertragenden F~ihigkeit beurteflen kann, eine Analogie zum tt~imoglobin darstellen, sind die merkwfirdigen Stoffe Ruben [DuF~AlSSE (77)] und die yon GAFF~ON (78) beschriebenen Amine.

3. Anfangs- bzw. Endstadium bei den Oxydationsprozessen.

In Wirklichkeit fehlt uns jede tats~chliche Unterlage f~ir die Lehre eines Sauerstofftransports hinsichtlich der oxydativen Prozesse in den Zellen. Der Wasserstofftransport dagegen ist eine unabweisbare Tatsache. Macht man die Wasserstofffibertragung zum roten Faden bei der Schilderung der intra- cellul~ren l~edoxprozesse, so berficksichtigt man die Logik des intracellul~ren Geschehens, die zeitliche Relation und den urs~ehlichen Zusammenhang der verschiedenen Teilprozesse.

Wie jeder andere Naturprozess verl~uft such der Prozess des Wasser- stofftransports in der Zeit. Der Wasserstoff muss zun~chst den Metaboliten verlassen und auf einen Wasserstofffibertr~ger fibergehen, um sich schliesslich mit Sauerstoff zu Wasserstoffsuperoxyd zu verbinden oder eventuell dutch Abgabe eines Elektrons in ein Wasserstoffion zu verwandeln. Die Verwandlung des Sauerstoffs nach WARBU~G ist nunmehr als die Aufnahme eines Elektrons aufzufassen, das yon einer Ferroverbindung, die damit zu einer Ferriver- bindung umgewandelt wird, herrfihrt. Der oxydative l~rozess hat also den Charakter der Bewegung des Wasserstoffs in Richtung auf Sauerstoff, eventuell fortgesetzt durch die Bewegung eines Elektrons in derselben Richtung. Genau so wie die Ursache dem l~esultat vorausgeht, muss such die Wasserstoff- bzw. Elektronen~bertragung im VerhMtnis zur Ver~nderung des Sauerstoffs als das Prim~re betrachtet werden. ~brigens w~re es leicht, durch Beispiele aus dem tSglichen Verkehrsleben klarzumachen, dass die Auffassung ad~tquat ist, die den Wssserstoff- bzw. Elektronentransport als das Prim~tre und die Ver~nderung des Sauerstoffs als das Endstadium ansieht.

Besonders bei einer graphischen Darstellung des Verlaufs des oxydativen Stoffwechsels tritt die yon uns vertretene Betraehtungsweise vorteilhaft zutage. L~sst man eine waagerechte Linie die aufeinanderfolgenden Phasen im oxydativen Abbau des Metaboliten darstellen, so erfordert es die Logik, dass der Metabolit am Anfang der Linie und der Sauerstoff, eventuell dessen Reduktionsprodukt (Wasser oder Hydroxylionen), am Ende derselben auf- getragen wird. Die bisherigen graphisehen Darstellungen mit dem Sauerstoff als primum movens leiden daran, dass die eigene Logik des Umsetzungsprozesses nicht beachtet worden ist.

106 T. THU~BERO: Biologische Ak~iviertmg, t2bertragung uad Oxyda~ion des Wasserstoffes.

III. D i e e n d g i i l t i g e O x y d a t i o n des W a s s e r s t o f f s .

1. Der Wasserstoff als der gemeinsame Brennstoff der Zellen.

Alle unsere N~hrstoffe enthalten nicht nur Wasserstoff, sondern auch Kohle. Es kann daher so aussehen, als ob die Wasserstoffaktivierungstheorie bei der Erkl~rung der organischen Verbrennung vSllig vers~umt h~tte, gerade die Kohle zu berticksiehtigen, ein Einwand, der sieh dagegen nieht gegen die Sauerstoifaktivierungstheorien, besonders die alteren, richten l~sst. Die WIE•ANDsehe Theorie umfasste indessen eine Einzelheit, die eine MSglichkeit zur Erklarung der Verbrennung auch der Xohle enthielt. Diese Einzelheit war die Kombination der Dehydrierungsreaktion mit dem Einffihren yon Wasser in das ~etabolitmolekiil. Die Einffihrung eines Wassermolektils in einen Metaboliten, kombiniert mit der Dehydrogenisation des Stoffes, hat zur Folge, dass das Molekfil um ein Atom Sauerstoff reicher wird. Werden solehe Prozesse gentigend oft wiederholt, so kSnnen sie zur vSlligen Verbrennung der Kohlen- kette iiihren, trotzdem der primare Oxydationsmeehanismus aus einer Dehydro- genisation bestand.

Auf der Grundlage der bier angeffihrten Umst~nde hat THUNBEI~G (79) die Lehre vom Wasserstoff als dem elementaren gemeinsamen Brennstoff der Zellen aufgestellt. Versueht man, diesen Gedanken im einzelnen und unter Beaehtung quantitativer Gesiehtspunkte durchzuf(ihren; so gelangt man zu recht unerwarteten Ergebnissen.

Der Gedankengang sei zun~tehst auf ein Kohlehydrat, beispielsweise Glykose, angewandt.

Wir fragen uns also, in welehem Ausmass Wasser bei dem oxydativen Abbau eines Molekfils C~H1206 mitwirken muss, wenn dieser vor sieh gehen soll, ohne dass freier Sauerstoff bei der Verbrennung der Kohle verwendet wird. Wir verffigen dann zun~ehst ftir die Verbrennung der I(ohle fiber den eigenen Sauerstoffvorrat des Metabolitmolektils. Es fragt sieh, wie viel Sauerstoff ferner dutch Wasseraddition in das Molektil eingef~hrt zu werden braueht. Die Formel des Hexosemolekfils zeigt sofort, dass yon den 12 O-Atomen, die ftir die Verbrennung der Kohle zu CO~ notwendig sind, die in dem Molekfil vor- handenen 6 um weitere 6 Atome vermehrt werden mfissen, die Mso dureh in das Molektil eingeffihrtes Wasser geliefert werden m~issen. Die vollstandige Verbrennung des Hexosemolekfils erfordert also, dass 6 Wassermolekfile bei derselben mitwirken. - - Es sei gleiehzeitig hervorgehoben, dass dutch diese 6 Wassermolekfile der anf~ngliehe Wasserstoffvorrat um weitere 12 Atome vermehrt wird, weshalb also die endgfiltige Wasserstofflieferung des Molektils sieh auf 24 Atome = 12 Molekfile Wasserstoff bel~uft, yon denen 6 den An- fangsvorrat und 6 ,,Import-Wasserstoff" darstellen. Ein Hexosemolekfil liefert somit im ganzen 12 Molekfile Wasserstoff, die ftir ihre Verbrennung 12 Sauerstoffatome oder 6 Sauerstoffmolektile benStigen.

D e r W a s s e r s t o f f a l s d e r g e m e i n s a m e B r e n n s t o f f d e r Z e l l e n . 107

Der bier entwickelte Gedankengang m6ge mittels einer Reaktionsformel beleuehtet werden.

Die gewOhnliehe Reaktionsformel ffir die totale 0xydation yon Hexose ist folgende :

0oH1206 + 6 02 -- 6 CO S + 6 H20.

Soll indessen mit einer solehen Formel "ceransehaulicht werden, auf welche

Weise Wasser bei dem Prozess mitwirkt, so muss sie iolgendermassen erweitert

werden:

t t * C~K1206 ~- 6 I t 3 0 ~- 6 0 2 = 6 C O 2 ~ 12 H 2 0 .

t

Die Formel ist auch mit Verbindungs]inien und Pfeilen "cersehen worden, welche den genetischen Zusammenhang zwischen den uns hier interessierenden Gruploen angeben.

Der Gedankengang sei auch noch auf ein Fett angewendet. Wit w~ihlen Tripalmitin, mit der Zusammensetzung C51HgsO 6. Von den 102 O-Atomen, welche die 51 C-Atome zu ihrer Verbrennung benStigen, kann das Fettmolektil selbst nur 6 liefern. Die iibrigen 96 O-Atome mtissen "con Wasser herrtthren, weshalb 96 HeO an der Iteaktion teilnehmen diirften. Ftir die Oxydation des Wasserstoffs sind dann 49 § 96 Sauerstoffatome, also 72,5 02-Molekiile erfor- derlich. Die Reaktionsformel ]autet somig:

I" t 4 051Ili980G ll- 9 6 l l I20 I-- 7 2 , 5 0 3 = 51 0 0 3 --l- 145 I f 2 0 .

{ I

Diese Bereehnungen riehten die Aufmerksamkeit auf eine bisher unbe l achtete biologische Aufgabe des Wassers, eine Aufgabe, die durch eine Aus- rectmung der quantitati'cen Verh~tltnisse besonders beleuchtet wird. Wir ver- suehen hier eine ungef~thre Sch~tzung dessen, was wir die ,,wasserstoffliefernde" Menge Wasser nennen. Wir gehen "con einem Nahrungssatz "con 500 g Kohle- hydrat, 100 g Fett und 100 g Eiweiss aus. Die Bereehnung ftthren wir lolgender- massen dutch: Wir reelmen mit einem Molekulargewieht des Traubenzuekers "con 198, des Tripalmitins "con 807. Was das Eiweiss anbelangt, gehen wir -con der folgenden prozentualen Zusammensetzung aus:

O . . �9 5 2 % S . . . 1 %

H . . . 7 % P . . . 1 %

l g . . . 1 6 % 0 . . . 2 3 %

Gemiiss der obigen Berechnung erfordert die Oxydation eines Molekiils Traubenzucker 6 Molektile Wasser, woraus folgt, dass 1 Grammmolekiil Zucker (198 g) 6 Grammolektile Wasser erfordert, also 108 g. Durch eine einfache Dreisatzrechnung finden wit, dass 500 g Kohlehydrat zu ihrem oxydati'cen Abbau 272,7 g ,,wasserstofflieferndes" Wasser benOtigen. 100 g Tripalmitin, mit dem Molekulargewicht 807, erfordern nach tier entsprechend

108 T. T ~ u ~ z G : Biologische Aktivierung, Uberbragung und Oxydation des Wasserstoffes.

ausgeffihrten Berechnung 217,1 g solches Wasser. Bei der Berechnung des Bedarfs an wasserstofflieferndem Wasser ffir den oxydativen Abbau yon 100 g Eiweiss vernachl~tssigen wir zun~chst Schwefel und Phosphor. Die Berechnung ffihren wit dann folgendermassen 4urch: 100 g Eiweiss enthalten 52 g Kohle. Die Oxydation eines Grammatoms Kohle, also 12 g, erfordert 32 g Sauerstoff, die Oxydation yon 52 g also 138,6 g. 100 g Eiweiss enthalten schon 23 g Sauerstoff. Die Differenz, 138,6 - - 23, also 115,6 g Sauerstoff, mfissen somit in Form yon Wasser eingeffihrt werden. Unter Berficksichtigung des prozentualen Anteils des Sauerstoffs in Wasser wird die hierzu notwendige Wassermenge mit 130 g berechnet.

Addieren wir also die notwendigen Wassermengen, 272,7 -~- 217,1 + 130,0 g, so erhalten wir 619,8 g als Wert ffir die in diesem Fall benS~igte Menge ,,wasserstofflidernden" Wassers.

Ein Bliek auf die Berechnung zeigt, dass die Fettstoffe die relativ grSsste Menge wasserstoffliefernden Wassers beanspruehen.

Die Wasserstoffmenge, die yon diesen etwa 120 g Wasser geliefert werden kann, betr~gt rund 70 g. Der pr~formierte (manifeste) Wasserstoff l~sst sieh leieht aus den entspreehenden Molekulargewiehten bzw. aus der Elementar- formel des Eiweisses erreehnen: ffir Kohlehydrat betr~gt er 30 g, ffir Fett 12,1 g und ifir Eiweiss 7 g, insgesamt 49,1 g.

Diese Berechnung zeigt, dass die Menge des Importwasserstoffs die Menge des Prim~rwasserstoffs fibertrifft.

Ffir die bier vorgelegte Auffassung des intermedi~tren oxydativen Stoff- weehsels erh~tlt die Kohlekette hinsichtlieh des Wasserstoffs dieselbe Rolle, wie sie die Sehnur des Perlenbandes ffir die darauf gereihten t?erlen spielt. Trotzdem die Kohle niemals direkt oxydiert wird, wird doch ihr Energie- gehalt durch Wasseraddition und darauffolgende Wasserstoffelimination im Zusammenhang mit der Verbrennung des Wasserstoffs freigemaeht. Ffir das energetisehe Gesamtergebnis ist ja der Weg der Verbrennung gleiehgfiltig.

Es mSge bier ausgereehnet werden, wieviel der in einem gewissen Nahrungs- satz vorhandene Gesamtwasserstoff yon seinem W~rmewert verliert, wenn er in der einen oder anderen Form an die Kohlekette gebunden gereieht wird. Eine Ubersehlagsreehnung l~sst sieh folgendermassen ausffihren. Der Calorien- weft eines Nahrungssatzes yon 500 g Kohlehydrat, 100 g Fett und 100 g Eiweiss ist 2050 + 930 + 410 ~ 3390 Calorien. Die Menge des darin enthaltenen be- rechneten Gesamtwasserstoffs ist 119,1 g. Bei einer Verbrennungsw~irme yon 34,1 Calorien pro Gramm ist die Yerbrennungsw~rme, wenn soviel Wasserstoff zu fltissigem Wasser verbrannt wird, 4061 Calorien. Die Differenz 4061 - - 3390, also 671 Calorien, wtirde dem Verlust entsprechen, den der Wasserstoff als Brennstoff durch die Art, in der er gereicht wird, erleidet.

In engem Zusammenhang mit der Lehre yore Wasserstoff als dem ele- inentaren gemeinsamen Brennstoff der Zellen steht ein anderer yon mir im

Die Lehre yon der I-Iydrogenotropie des Sauerstoffs. 109

Jahre 1922 vorgebraehter Gesiehtspunkt hinsiehtlieh der biologischen Oxy- dationsprozesse. Er wurde vorgelegt unter tier Bezeichnung ,,Die Lehre yon tier Hydrogenotropie des Sauerstoffs" und besehaftigt sich mit dem Sehieksal des freien Sauerstoffs in den biologischen Oxydationsprozessen.

2. Die Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs.

Die beiden Fragen, erstens: wohin nimmt der eingeatmete freie S'auer- stoff schliesslich seinen Weg, welches sind also seine Endprodukte ?, zweitens: woher stammt der Sauerstoff, der in der ausgeatmeten Kohlensaure enthalten ist?, sind etwa 150 Jahre lang, bis in die neueste Zeit, auf folgende Weise beantwortet worden.

Des wiehtigste Endprodukt des aufgenommenen Sauerstoffs ist die Kohlen- si~ure. Nut ein geringerer Tell des Sauerstoffs wird in Wasser umgewandelt. Des VerhNtnis zwischen dem Tell des aufgenommenen Sauerstoffs, der sieh in der ausgeatmeten Kohlensaure wiederfindet und dem Tell, der in Wasser tibergeht, spiegelt sieh in dem respiratorisehen Quotienten wider. Ist der respiratorisehe Quotient 1, wie bei Verbrennung yon Kohlehydrat, so bedeutet dies, dass der aufgenommene Sauerstoff nach einer gewissen Zeit sich in dem Sauerstoff wiederfindet, den die ausgeatmete Kohlensaure enthalt. Gerade der Name Kohlehydrat verfiihrt leicht zu einer so]ehen Auffassung. Das zweite Wortglied t tydrat erzeugt gem die Vorstellung, dass in diesen Stoffen ein bestimmter Zusammenhang zwisehen dem Sauerstoff und dem Wasserstoff u ist, als wenn der Wasserstoff in schon oxydierter Form anwesend ware, wahrend der Kohlenstoff noeh unoxydiert ist. Bei niedrigerem respira- torisehen Quotienten wird tier Anteil des aufgenommenen Sauerstoffs, der sieh in der ausgeatmeten Koh]ensaure wiederfindet, entsprechend kleiner.

Unter Anwendung yon zwei teehnisehen Termen, die bei der Diskussion tier diesbezfigliehen Fragen gute Dienste leisten kSnnen, kann man die bis- herige Auffassung in der Weise ausdrfieken, dass der Sauerstoff bei den bio- logisehen Oxydationserseheinungen ,,earbonotrop" ist. Nur unter gewissen Bedingungen, und dann in geringem Grade, zeigt er sieh ,,hydrogenotrop".

a) LAVOISIER. Die bisherige Auffassung vom Schieksal des Sauerstoffs bei der biologischen Verbrennung geht auf LAVOISIER zurtick. Die grosse Entdeckung LAVOISIERs, dass die Respiration ein Verbrennungsprozess ist, hat tiberhaupt erst die Frage nach dem Sehieksal des Sauerstoffs m5glieh gemacht, und seine Entdeekung, dass die Kohlensaure eine Verbindung zwisehen Kohle und Sauerstoff und Wasser eine Verbindung zwisehen Wasserstoff und Sauerstoff ist, hat auch die beiden mSgliehen Antworten auf die Frage naeh dem Sehieksal des Sauerstoffs gegeben.

Die Auffassung LAVOISlERS (80) geht aus folgendem Auszug aus seiner Schrift ,,Alt6ration qu'@rouve Fair respir6" hervor.

110 T. THUNB]~RG: Biologische Aktivierung, Ubertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

,,Pour bien connattre le genre d'altAration qui arrive s Pair, lorsqu'il a ~t~ respir6 ainsi par les animaux, j 'a i introduit tin cochon d 'Inde sous une cloche de cristal renvers~e sur du mercure.

Pour rendre les compar~isons plus faciles, je supposerai que la quantit~ d 'air vi tal dans lequel le cochon d 'Inde a ainsi s6journ6 ffit d 'un pied ou de 1728 pouees cubiques, et je rapporterai, par calcttl, les r6sultats ~ ce volume. Lorsque le cochon d ' Inde a ~t~ retir6 de dessous la cloche, les 1728 pouces cubiques d 'air vi tal se sont trouv~s r6duits k 1672 3/4; il y avait donc eu une diminution de volume de 55 pouccs 1/4; il s'6tait form6 en mSme temps 229 pouces 1/2 d'acide carbonique, ce dont je me suis assur~ en introduisant de l 'alcali caustique sous la cloche; enfin, les 1443 pouces 1/4 restant ~taient encore de Fair vi tal fort pur.

Si donc il n 'y avait eu d 'air vital employ~ qu'k faire de l 'acide carbonique, ]a quantit~ restante, apr~s l'op6ration, aurait dfi ~tre de:

1728 - - 232 2/3 : 1495 1/3 Elle ne s'est trouv6e que de 1443 1/4

D~ficit 52 1/12

I1 est donc dvident qu'inddpendamment de la portion d'air vi ta l qui a 4t6 convertie en acide carbonique, une portion de celui qui est entr6 dans le poumon n'en est pas ressortie dans le mSme dtat; et il en rdsulte qu' i l se passe de deux choses l 'une dans l 'acte de la respiration, ou qu'une portion d 'air vi tal s 'unit avec le sang, ou bien qu'elle se combine avec une portion d'hydrogbne pour de l'eau.

La mSme exp6rience, r~p~tde dans Fair commun, donne des rdsultats analogues: diminution du volume de Fair: augmentation de poids absolu; formation d'acide carbonique et d 'eau; d~gagement de matiSre charbonneuse et d ' tm peu d'hydrogbne qui est enlev6 du poumon par l 'acte de la respiration."

b) BERZELIUS. Die An~wort, die LAVOISIE~ auf die Frage nach dem Schicksal des Sauerstoffs gegeben hat, ha~ im grossen und ganzen die Auf- fassung bis heute beherrscht. Wenn Zweifel an ihrer Richtigkeit ausgesprochen wurden, betrafen diese besonders die Hydrogenotropie eines Tells des ange- wendeten Sauerstoffs. Es ist yon Interesse, die Darstellung BEttZELIUS' (81)

zu lesen. ,,Die ersten rationellen Versuche fiber die Wirkung der Luft beim Atmen sind yon LA-

VOISIV~R und S~GvI~ angestcllt worden. Sic fanden, dass die ausgeatmete Luft sehr viel Kohlen- s~ure und Wasser mehr enthalte als die eingeatmete, und dass eia Tell yore Sauerstoffgas der Luft ganz verschwinde, w~hrend er daffir in Form yon Kohlensi~uregas wieder ausgeatmet werde. L ~ v o I s I ~ sehloss daraus, dass beim Atmen das Blur, dutch Oxydation auf Kosten der Luft, yon einer Portion Kohlenstoff und Wasserstoff befreit werde, bci deren Oxydation das Blur wieder seine rote Farbe bekomme.

Eine sehr genaue und ausffihrliche Untersuchung fiber die beim Atmen vorgehende Ver- anderung der Luft ist im Jahre 1808 yon ALL~N und PnP~S angestellt worden. ])as t taupt- resultat davon war, dass, obgleich sieh das Volum der Luft beim Atmen zu vermindern scheine, dies doeh so unbedeutend (hSchstens e/a%) sei, dass sie vermuten, es kSnne dies wohl einem Beobachtungsfehler zugeschrieben werden, es finde also keine wirkliche Verminderung des Luft- volums statt. Dagegen fanden sic, dass das neugebildete Kohlens~uregas genau das Volum des verschwundenen Sauerstoffgases ersetze, woraus sie folgerten, dass die Mcinung yon LA- vo I sT~ und SECUI~, class auch Wasserstoff beim Atmen oxydiert werde, nicht richtig sein kSnne, weft das Sanerstoffgas bei seiner Umwandlung in Kohlens~uregas sein Volumen nicht verandert und hier also keines fehlt, welches mit Wasserstoff verbunden sein k6nnte,"

c) CLAUDE BERNARD. N o c h 1876 s c h r i e b CLAUDE BERNARD (89,):

)~ On avait cru, s l 'dpoque des premieres d~terminations volumdtriques, que l'oxyg~ne absorb~ clans la respiration ~tait intdgrMement ~ransform~ en acide carbonique. Plus tard, des reeherches plus pr~cises ayant prouv~ que tout l'oxyg~ne n'dtait pas repr4sent4 darts l 'acide

Die Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs. i l l

carbonique, on supposa que le surplus servait g brfiler l'hydrogbne et g former de l'eau. Mais c'est lg, comme le font observer ~ . REG~AVL~ et R~IS~,T, une hypoth~se bien gratuite. Elle n'a d'autre raison d'etre que d'expliquer un d6ficit, lui-m~me hypoth~tique. (~

d) ZIJI~TZ. Allmghlich war jedoeh die Auffassung durehgedrungen, dass unter gewissen Umstgnden ein Tell des bei der Respiration verbrauehten Sauerstoffs zur Bildung yon Wasser verwendet wird. So schrieb ZV~TZ (83) in seiner autoritativen Behandlung des respiratorisehen Gasweehsels in HERMANNs Handbueh 1877:

,,Da bei tier VerbreImung yon Kohlenstoff ein Volum Sauerstoff ein Volum Kohlensgure liefert, lgsst diese Zahl (der respiratorisehe Quotient) ohne weiteres erkennen, wieviel des ein- geatmeten Sauerstoffs zur Verbrennung yon Kohlenstoff, wievid zur Oxydation yon anderen Substanzen, wesentlieh Wasserstoff, verwendet' Wird."

e) GLEu Diese Auffassung hat auch etwas sehr Bestechendes an sich, wie aus der vorzfigliehen Darstellung yon GLEY in seinem ,,Trait6 616mentaire de Physiologic" hervorgeht. Nachdem er daran erinnert hat, dass ein Mann mittleren Gewichtes im Laufe yon 24 Stunden etwa 515 Liter Sauerstoff verbraueht und 460 Kohlens~ure abgibt, sehreibt GLEu (84):

)~ On volt tout de suite que le volume d'acide carbonique produit est moindre que celui de l'oxyg~ne absorb& La signification de ee fair cst grande par rapport g la destination de l'oxyg~ne libre absorb6 par l'organisme. On sait en effet que, pour former un volume d'acide carbonique, il faut an volume d'oxyg~ne. Puisque l'oxyg~ne consomm6 ne reparalt pas entibre- ment sous forme d'acide carbonique, c'est donc que l'oxyg~ne libre absorb~ n'est pas enti~rement employ6 g brfiler le earbone alimentaire, mais aussi g brfiler de l'hydrog~ne, eelui des graisses, par exemple, qui se trouve incompl~tement oxyd~ dans ces substances, et g former de l'eau. A priori, la nature de l'alimentation, e'est&-dire des combustibles fournis g l'organisme, dolt

done influer sur la valeur du rapport des volumes de l'acide carbonique et de l'oxyg~ne CO2 02

ou quotient rcspiratoirc de PFLffG~R. C02 Dans les conditions ordinaires d'alimcntation mixte, le quotient respiratoire ~ est

infdricur g l'unit4 et oseille entre 0,8 et 0,9. Sons l'influence d'une alimentation hydrocarbonde, le quotient respiratoire dcvient ~gal g 1. Cc rdsultat est facile g comprendre. Les hydrates de carbone sont form, s par l'union

de carbone et de mol6eules d'eau, si bien qu'on peut representer par exemple le corps CeHI~O ~ par le symbole 6quivalent Ce(H20)6, symbole qui montre imm~diatement que les substances de cette cat~gorie conticnnent exactement la quantitd d'oxyg~ne ndcessaire pour transformer en eau tout l'hydrog~ne de leur moldcule, e'est&-dire pour le brfiler intdgralement et qu'elles n'exigent plus que la quantit~ d'oxyg~nc ndeessaire g la combustion de leur carbone. Dans ]e eas de combustion des hydrates de carbone, on aura done:

C~(H~O)e -[- 6 02 ~ 60C~ ~ 6 H20.

f) Die bisherige moderne iuffassung. Sehliesslich mag bier aus einer ganz modernen zusammenfassenden Darstellung yon RICHARDSON (85) in Physiological Reviews yon 1929 (,,The respiratory Quotient") folgendes wiedergegeben werden :

"When a carbohydrate such as glucose, C~H~O~, is oxidized, all of the oxygen utilized goes to form carbon-dioxide, and for every mol. of oxygen one mol. of carbondioxide results. This is evident from the equation:

C~H~O~ ~ 60~ = 6 H~O ~ 6 CO~ 6 mol. COe 6 vol. CO~

R . Q . = 6 m o l O ~ - - 6vol. O ~ = l ' 0 "

112 T. THUNBERG: Biologisehe Aktivierung, Uber t ragung und Oxydation des Wasserstoffes.

When fat is utilized some of the atmospheric oxygen goes to form water, and the respiratory quot ient is less t han 1.0. The react ion for t r ipa lmi t in may be given as an example [Du ]~oIs (1927)]:

C51HgsOe + 72.5 02 = 51 CO s -~ 49 H20 51 mol. CO s 51 vol. CO s

-- 0.703 = R . Q." 72,5 mol. O 3 72,5 vol. O 9

For mixtures of fats the quotient is usually considered to be 0 707. g) Die relative Unabh~ingigkeit der 02-Aufnahme und der C02-Abgabe.

Unter der Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs bei den biologisehen Oxydationserscheinungen verstehe ich die yon mir im Jahre 1920 entwiekelte Auffassung, dass der freie Sauerstoff immer zu Wasser verwandelt wird. Der eingeatmete Sauerstoff soll nach dieser Auffassung immer in Wasser wieder- gefunden werden, nicht in der gebildeten Kohlensi~ure.

Dass diese Lehre nicht frfiher aufgesteltt worden war, dfirfte damit zu- sammenh~ngen, dass gem~tss der gewShnlichen Reaktionsgleichung die Menge Sauerstoff, die ffir Verbrennung z.B. Yon Traubenzucker nStig ist, grSsser ist, als was ffir die Bindung der Wasserstoffatome des Zuckers erforderlich ist.

Schreiben wir noch einmN die gewShnliche FonJel fiir die Verbrennung yon Glucose :

CeHI~O 6 ~- 6 03 = 6 CO 2 ~- 6 H20.

Da nur 12 Wasserstoffatome in dem Glueosemolekfil anwesend sind, liegt der Schluss nahe, dass im besten FNle 6 Sauerstoffatome zur Wasser- bildung verwendet werden kSnnen. Die fibrigen 6 ffir das Zustandekommen der Reaktion nStigen O-Atome m~ssen sich also mit dem Kohlenstoff vereinigen. Wenigstens 50 % des Sauerstoffs mtissen also in der gebildeten Kohlensaure wiedergefunden werden. Und niehts in der Formel spricht gegen die gewShnliche Auffassung, dass die ganze Menge des Sauerstoffs in die Kohlensaure fibergeht.

Wie schon gezeigt worden ist, ist dieser Schluss verfrfiht und zieht nicht in Betracht, dass die Nahrungsmolekfile in dem intermedi~ren Stoffweehsel unter ttydrierung Wasserstoff importieren und dadurch wasserstoffreieher

werden kSnnen. Mit einer Sehwierigkeit der Lehre yon der Carbonotropie des Sauerstoffs

hatte ieh indessen schon vor etwa 80 Jahren Bekanntschaft gemaeht. Ieh hatte damns den respiratorischen Quotienten fiberlebender Muskulatur unter Einwirkung yon verschiedenen Variabeln untersucht. Ich hatte dabei Ge- legenheit gehabt zu beobachten, dass gewisse Substanzen als sehr kraftige ,, Quotienten~nderer" auftreten konnten. Was ffir die bier behandelte Frage sehr wichtig war, war das Auftreten yon sehr niedrigen respiratorischen Quo- tienten. Das war z.B. der Fall, wenn die Muskulatur mit Alkalioxataten behandelt worden war. Der respiratorische Quotient sank dann vielleieht auf 0 3. Also Sauerstoff wurde in viel grSsserer Menge verbraucht, Ms es der produzierten Menge Kohlens~ture entspraeh. Ich habe diese Beobaehtung eine Umkehrung des SPALLANZANISehen Fundamentalversuehs (fiber Kohlens~ure-

Die Lehre yon der Hydrogenot rop ie des Sauerstoffs. 113

produktion ohne entsprechende Sauerstoffaufnahme) genannt und schrieb dariiber (86, s. auch 87):

Die Versuehe zeigen, dass die Oxalate auf die Kohlens~iureausscheidung viel kr~ftiger als auf die Sauerstoffaufnahme wirken. Man kann dieselbe 8ache in der Weise ausdriicken, dass man sagt, dass die Oxalate kriiftige Gifte in bezug auf die Kohlens~urebildung~ wenig ausgepriigte Gifte in bezug auf die Sauerstoffaufnahme sind. In diesem Verhalten liegt zugleich ein Beweis dafiir, dass Kohlens~iurebildung und Sauerstoffaufnahme auch noeh in anderer Weise, als man wohl friiher angenommen hat, voneinander unabh~ingige Pro- Zesse sind.

Die Sauerstoffaufnahme dauert nach der Oxalatvergiftung in einer solehen St~irke fort, dass gleichzeitige Kohlens~iureausseheidung oder wie man wohl sicher schliessen darf - - Kohlens~iurebildung - - ihr gar nicht gleichkommt. Der niedrige respiratorisct~e Quotient bei diesen Oxalatversuehen kann ja gar nicht durch die Verbrennung irgendeines Stoffes zustande gekommen sein. Auch bei vorwiegender Fettzersetzung geht er ja nur bis etwa 0 7 unter. Unter solehen Umstiinden miissen diese Oxalatversuche in der Weise gedeutet werden, dass die Oxalate zwar die Aufnahme und erste Bindung des Sauerstoffs recht wohl erlauben, dagegen der Abspaltung der Kohlensgure ein grosses Hindernis entgegensetzen."

h) 0xydation durch Wasseraddition und H2-gubtraktion. Dieser Aus- sprueh wendet sich gegen die Auffassung, dass in dem oxydativen Stoffweehsel de r Sauerstoff wenigstens in seiner Gesamtheit oder in fiberwiegendem Grade earbonotrop sei und enth~tlt fibrigens in nuee die Lehre yon der Hydrogeno- tropie des Sauerstoffs, die ieh 1922 entwiekelte.

Eine ausgezeiehnete Stfitze ffir die Auffassung -con der Sauerstoffauf- nahme und der Wasserbildung des Sauerstoffs als einem ~on der C02-Abgabe getrennten Prozess wurde bei dem Studium der Teilprozesse des oxydativen Abbaus erhalten, deren Charakter ausgezeiehnet dureh die Abbaustadien exemplifiziert wird, welehe die Bernsteins~ture durehl~uft, und die wit hier naeh I-IAEN, HAA~MA~N und FlSC~SAcH (88) wiedergeben:

C O O H - - CH~ - - CI-I~-- COOI-I Bernsteins~ure - - 2 I t

C O O H - - CI-[ = CI-I - - COOI-I F u m a r s a u r e

+ If20 COOH--CH--CI-I~--COOI-I Apfelsaure

OI-I - - 2 t I

COOI-I - -CO - - CI-I2 - - COOI-I Oxalessigs~ure - - C O 2

COOI-I - - CO - - C I - I ~ Brenz t raubens /mre

Uberhaupt l~sst das Studium der Elementarprozesse bei dem oxydativen Abbau die Unabhi~ngigkeit der Aufnahme des Sauerstoffs yon der Abgabe

Ergebnisse tier Physiologie. 39. 8

114 T. T ~ u ~ R ~ : Biologische Aktivierung, Ubertragung und Oxydation des Wasserstoffes.

der Kohlens~ure erkennen und das Material reiehte sehliesslieh aus, um mit dem Reeht der Extrapolation eine umfassendere Theorie darauf aufzubauen. Die beste Stiitze land diese in der WIELANDsehen Wasserstoffaktivierungslehre.

Der Zusammenhang zwisehen der Theorie yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs und der WIELANDsehen Wasserstoffaktivierungslehre ist indessen nieht allzu eng. Die Hydrogenotropietheorie steht in keinem Gegensatz zu der WA~BU~Gsehen Oxydationstheorie in ihrer jetzigen Form. Solange WA~BU~G noeh die Auffassung vertrat, dass Sauerstoff in aktivierter Form die organisehen Molektile angriff, lag die Annahme nahe, dass der Sauerstoff aueh die Kohleatome unter Bildung yon C0~ angriff. Seitdem seine Lehre dahin umgeformt worden ist, dass sieh die Aufgabe des Sauerstoffs darauf besehr~nkt, Elektronen yon dem Eisen des Cytoehromsystems aufzunehmen, dtirfte sie in bester 1Jbereinstimmung stehen mit der Auffassung, dass der Sauerstoff in dem gebildeten C02 keinen genetisehefi Zusammenhang mit dem freien Sauerstoff hat, und dass dieser seinerseits in Hydroxylionen fibergeht, also in Wasser gewandelt wird. - - Der Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs widersprieht fibrigens nieht die hydroklastisehe Auffassung be- zfiglieh der biologisehen Oxydation, die auf T~A~BE zurtiekgeht und besonders yon BATTELLI und STE~N (19, 20) wieder aufgegriffen worden ist.

Gegen meine Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs hat MIc~IA~L~s einen Einwand erhoben, der bier in extenso zitiert sei~:

, ,Hiermit im Zusammenhang soil noeh eine andere viel diskutierte Frage er6rtert werden, welehe besonders in j i ings~r Zeit yon THUNB~gO eifrig er6rtert worden ist. Naehdem es gesiehert ist, dass bei der Oxydation organiseher Substanzen der elementare Sauerstoff in der Regel sieh nieht an die C-Atome binder, muss man sagen, dass es nieht dieselben O-Atome sind, die sieh in dem Verbrennungsprodukt CO 2 vorfinden, als die, welehe den verbrauehten molekularen Sauerstoif bildeten. Deshalb nimm~ TJau~B~a an, dass die dem veratmeten Sauerstoff zuge- h6rigen O-Atome zur Verbrennung des I-I benutzt und daher als Wasser wiedergefunden werden. Aber selbst diese Behauptung T~U~rREBGS trifft in dem vorliegenden Beispiel, und wahrseheinlich allgemein, nieht zu. Die yon der SH-Gruppe ~bgegebenen I-I-Ionen haben gut keine Vemnlassung, sieh mit dem molekularen 02 zu verbinden, sondern sie verbinden sieh bis zu einer yon dem Massen- wirkungsgesetz vorgesetn'iebenen Menge mit den OH-Ionen der L6sung zu Wasser, zum kleineren Tell bleiben sie frei, oder besser gesagt, verbinden sie sieh mit I-I20 zum Oxoniumion, OHm, der wahrseheinlieh einzigen Existenzform des It-Ions in w~sseriger L6sung. Wenn man die O-Atome des molekularen Sauerstoffs, und ebenso die H-Agorae der SIt-Gruppen, mit einem Etiket t mar- kieren k6nnte, so wiirden die markierten O-Atome sieh nieht mit den markierten H-Atomen zu H20 p~aren, sonderm man wiirde naeh erfolgter Oxyd~tion unter den I-I~O-Molekeln tier L6sung einige mit einem markierten H-Atom, und einige andere mit einem markierten O-Atom, abet vielleieht kein einziges sowohl mit markiertem O-Atom wie mit markierten t I -Atomen finden.

Der molekulare Sauerstoff geht keine andere l~eaktion ein, als d~ss er dem Ferroeisen Elek- tronen entzieht und es zu Ferrieisen maeht. Alles ~ndere ist die notwendige Folge dieser l~e akt i~

Es sei z ugegeben, dass die Verhitltnisse bei der t~eduktion des Sauerstoffs etwas untibersiehtlieher geworden sind, seitdem man nieht mehr bereehtigt ist anzunehmen, dass der erste Reduktionsprozess stets zur Bildung yon Wasserstoffsuperoxyd ffihrt. In dem Masse, in dem das Cytoehromsystem

Siehe M~eH~nm: Oxydations-I~eduktions-Potentiale, 2. AufI., S. 142.

Die Rolle der reversiblen Elementarprozesse bei dem oxydativen Stoffwechsel. 115

mitwirkt, muss man ja mit einer Bildung yon Hydroxylionen reehnen. Die Lehre yon der Hydrogenotropie des Sauerstoffs ist nattirlich unserer ver~nderten Einstellung in diesem Punkte anzupassen. Nichtsdestoweniger ist sie richtig, wenn man sich damit begntigt, die Behauptung in sie hineinzulegen, dass eingeatmeter Sauerstoff in Wasser gewandelt wird, und wenn man nicht zu sehr b6tont, dass diese seine Wasserwandlung ftir jedes einzelne Molektil unter Verbindung des Sauerstoffs mit dem Wasserstoff gerade des Metaboliten stattfindet, der eins seiner Elektronen an das Sauerstoffmolektil abgegeben hat.

Das Gedankenexperiment MICI~A~LIS' mit markierten Atomen ist iibrigens sehr aufschlussreieh. Ieh muss reich indessen fragen: Wo bleiben die Hydroxyl- ionen, die yon den Sauerstoffmolektilen gebildet werden, wenn sie Elektronen yon dem elektriseh neutralen Wasserstoff aufnehmen, und wo bleiben die Wasserstoffionen, die gleichzeitig damit aus diesen Wasserstoffatomen ent- stehen ? Solange die ~Reaktion in einem Medium mit konstantem p~ vor sieh geht, finde ich keine andere Antwort auf die Frage, als dass sieh die Hydroxyl- ionen und die Wasserstoffionen zu Wasser ~erbinden.

Sehliesslieh sei darauf hingewiesen, dass die Lehre yon der tiydrogeno- tropie des Sauerstoffs auch ein Bestreiten der ,,Carbonotropie" des Sauerstoffs bedeutet. MICHAELIS' Darstellung seheint mir zu zeigen, dass seine Ansicht beztiglieh der letztgenannten Annahme sieh mit der meinen deckt. Doch glaube ich nicht, dass es yon Anfang an als selbstverst~tndliche Konsequenz der WIE- LA~I)schen Theorie klar war, dass die direkte Verbindung des freien Sauerstoffs mit dem MetabolitenmolekiiI als ausgeschlossen anzusehen ist.

3. Die Rolle der reversiblen Elementarprozesse bei dem oxydativen Stoffwechsel.

Nach einem der Haupts~ttze der Thermodynamik schenken nur reversible chemische Prozesse ihre Energie in unbeschrgnkt anwendbarer freier Form. Die im Zusammenhang mit der Frage nach cler Art der Muskelmaschine aus- geftihrten Untersuehungen haben die Aufmerksamkeit der Physiologie hierauf gerichtet. Der hohe Wirkungsgrad der Muskelmaschine zwingt zu der Schluss- folgerung, dass es im wesentlichen reversible chemische Prozesse sind, die dem Kontraktionsakt zugrunde liegen. Man kann sich fragen, ob w i r e s dabei mit Ausnahmefgllen zu tun haben, und wie es sieh sonst mit dem oxydativen Umsatz verh~lt.

Von Interesse ist in dieser Hinsieht eine fJberlegung bei MIC~AEr~IS (1, S. 3). Wir zitieren daraus folgendes:

,,Die Verbrennung des Zuckers besteht in einer Ket te yon aufeinander folgenden Teil- prozessen. Sehon das Vorhandensein einer reversibel funktionierenden Vorrichtung fiir ehlen der Teilprozesse hat einen geringen Grad yon Wahrscheinlicbkeit in dem Sinne, wie man diesen Begriff in der Thermodynamik braucht. Daher ist die Wahrscheinliebkeit, dass zu gleicher Zeit eine ffir alle Teilprozesse reversibel funktionierende Vorrichtung existiert, verschwindend klein."

Die fJberlegung MICI~AELIS' besitzt ganz sieher Gtiltigkeit ftir abiologisehe, chemische und physikalisehe Systeme. Die Wahrscheinliehkeit einer H~Lufung

8*

116 T. TE~ZgBmZG: Biologische Aktivierung, ~)bertragung und Oxyda$ion des Wasserstoffes.

yon reversibel wirkenden Meehanismen in solehen dtirfte versehwindend gering sein. Was wiederum die Zellen anbelangt~ so seheint es, als ob das Leben aueh hinsiehtlieh der F/ihrung der Oxydationsprozesse das Unwahrseheinliehe zu verwirkliehen vermoeht h~ttte. Das Zellenleben arbeitet bei dem oxydativen Abbau unter st~indiger Wiederholung mit denselben einfaehen Elementar- prozessen, die naeheinander auf die versehiedenen Glieder einer Metaboliten- kette eingestellt sind. Dass die yon den Dehydrogenasen ausgel6sten Prozesse den Charakter yon reversiblen Prozessen besitzen, wurde zuerst yon QUASTEL und WET~A~ (89) beleuehtet, welehe die Reversibilit~t in dem System Bern- steinsiiure-Fumars~iure unter dem Einfluss yon Bakterien beobaehteten. Seitdem hat die Anzahl der bekannten, dureh Dehydrogenasen ausgelSsten reversiblen Prozesse stiindig zugenommen. Man diirfte die Reversibilitiit als etwas ltir die enzymatisehen Dehydrogenisierungsprozesse Charakteristisches ansehen k6nnen. Reversibel sind aueh die mit den Dehydrogenisierungspro- zessen alternierenden Hydrierungsprozesse, wie sie dureh die Umwandlung der Fumarsiiure zu Apfels~iure und umgekehrt exemplifiziert werden, ein Prozess, dessen Reversibilit~tt yon DA~IN (90) festgesteltt worden ist.

Tiefer betraehtet, liegt hinter der MSgliehkeit dieser reversiblen Prozesse die F~higkeit der Kohle, Doppelbindungen zu 15sen und wiederherzustellen. Man kSnnte in diesem Zusammenhang direkt yon einer Donator- bzw. Aeeeptor- funktion der Kohlenkette spreehen, die auf typisehe Weise in dem Verhalten der 24thylenbindung in dem Bernsteins~ure-Fumars~uresystem in Erseheinung tritt. Bei der ErmSgliehung der betreffenden reversiblen Prozesse spielt aueh die Karbonylbindung des Sauerstoffs mit, die ermSglieht, wenn sie teilweise geSffnet wird, mit beibehaltenem Zusammenhang der Kohlenkette ein Wasser- stoffatom aufzunehmen.