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Bis an die Knochen… Sex und Gender in der Orthopädie ao. Univ. Prof. in Dr. in med. Éva Rásky, MME, MSc Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie Mitwirkung: Dr. in med. Susanne Scheipl, Universitätsklinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Gender Medizin RWTH Aachen University Ringvorlesung WS 2013/2014

Bis an die Knochen…

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Bis an die Knochen…Sex und Gender in der Orthopädie

ao. Univ. Prof.in Dr.in med. Éva Rásky, MME, MSc

Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie

Mitwirkung: Dr.in med. Susanne Scheipl, Universitätsklinik für Orthopädie und

Orthopädische Chirurgie

Gender Medizin RWTH Aachen University

Ringvorlesung WS 2013/2014

Sonderfach Orthopädie und orthopädische Chirurgie

…umfasst Prävention, Diagnostik, Behandlung, und

Rehabilitation von angeborenen und erworbenen

Formveränderungen, Funktionsstörungen, Erkrankungen

sowie Verletzungen der Stütz- und Bewegungsorgane (Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Ausbildung zur Ärztin für

Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin und zur Fachärztin/zum Facharzt (Ärztinnen-/Ärzte-

Ausbildungsordnung 2006 – ÄAO 2006, Anlage 30;

http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004879).

Ausbildungsordnung (http://www.aerztekammer.at/c/document_library/get_file?uuid=18a5f840-

eef5-4767-8d0d-58d1436df6ae&groupId=10431)

Orthopädie und Unfallchirurgie

Der Facharzt/die Fachärztin ist ein auf die Behandlung

von Erkrankungen des Bewegungsapparates

spezialisierte/r Arzt/Ärztin

Weiterbildungsordnung: Muster Log-Buch der

Bundesärztekammer über die Facharztweiterbildung

Orthopädie und Unfallchirurgie (http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/MLogbuch-7.5-FA_O_U.pdf)

Retrospektive Kohortenstudie

Auswertung nationaler Unfalldaten (USA) 1998 – 2008

Bose et al. 2011

Wenn Frauen einen Autounfall haben,

ist ihr Verletzungsrisiko für schwere Verletzungen bei

vergleichbaren Unfällen – bei angelegtem

Sicherheitsgurt –

signifikant um ~ 50 % höher als das von angegurteten

Männern

Ansatz: Männer nutzen PKW´s häufiger als Frauen

• Sex von Bedeutung

Anthropometrische Maßzahlen, Sitzposition,

Verletzungstoleranz, mechanische Beanspruchung der

betroffenen Körperregion

• Bisher Gender fokussiert

Risikoverhalten, gefahrene Kilometer, Art des Fahrzeugs,

Alter des Fahrzeugs

Bose et al. 2011

Definition der Weltgesundheitsorganisation

Gender is related to how we are perceived and

expressed to think and act as women and men because

of the way society is organized, not because of our

biological differences

http://genderandhealth.ca/

Outline

• Göttinnen in Weiß – wie weiblich ist die Orthopädie?

• Gender-Unterschiede in der Orthopädie: Knie und

Knieendoprothese

• Geschlechterspezifik in der Orthopädie aus einer

Public-Health-Perspektive: Osteoporose

Göttinnen in Weiß – wie weiblich ist die Orthopädie?

• Ausgewählte empirische Daten

• Erklärungen für das Phänomen

• Mögliche Auswege: Orthopädische Universitätsklinik,

Medizinische Universität Graz

Frauenanteil in den einzelnen FachrichtungenSteiermark: 1.302 Vertragsärztinnen/-ärzte, 338 Frauen = 26 %

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Quelle: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Stand August 2010

Orthopädinnen und Orthopäden in der SteiermarkInsgesamt 103 in Ärztinnen-/Ärzteliste gemeldet

Ärztekammer für Steiermark, Stand März 2011

11 = 11 %

92 = 89 %

weiblich

männlich

Orthopädinnen und Orthopäden in der Steiermark

Ärztekammer für Steiermark, Stand März 2011

Arbeitsverhältnis Gesamt

und

Prozent in

Klammer

Orthopädinnen

Gesamt und

Prozent in

Klammer

Orthopäden

Gesamt und

Prozent in

Klammer

Niedergelassen 61 (59 %) 2 (3 %) 59 (97 %)

Angestellt 42 (41 %) 3 (7 %) 39 (93 %)

Orthopädinnen und Orthopäden in der SteiermarkIst-Stand: 17 (29 %) in Ausbildung

Ärztekammer für Steiermark, Stand März 2011

5 = 29 %

12 = 71 %

weiblich

männlich

Frauenanteile in der USA

• 1970 – 2001: Medizinstudienanfänger/innen um ~ 37 %

(11.1 % auf 47.8 %) gestiegen

• 1970 – 2001: Ärztinnen und Ärzte in der Orthopädie um

~ 8 % (0.6 % auf 9.0 %)

• Nur 0.6 % aller fachärztlich Auszubildenden wählen die

orthopädische Fachrichtung, keine Veränderung in den

letzten 20 Jahren

Blackmore et al. 2003

Feminisierung der Medizin

Conclusio: Trifft auf die Orthopädie nicht zu

Erklärungen für das Phänomen

• Traditionelle Geschlechterrollen

• Manifester Sexismus in der Medizin

• Kein effektives Mentoring und wenige Vorbilder

Zhuge et al. 2011

Mögliche Auswege: Maßnahmen in der Chirurgie

• Flexible Karrieremodelle

• Gezieltes Recruitment von Frauen

• Mentoring

• Gezielte Karriereplanung unter Reduktion der

Routinetätigkeiten

• Externes Assessment von Karriereschritten

• Kleinere Teams und flache Hierarchien

Zhuge et al. 2011

Frauenförderung an der Universitätsklinik für Orthopädie,

Medizinische Universität Graz

Ärztinnen

Lehre und Forschung

Institution

• Universitäre Einrichtungen:

Vizerektorat für Personal und

Gleichstelllung

Gender:Unit

wIN-Stammtisch*

Mentoring-Angebote

• Externe Einrichtungen:

Orthopädinnen e.V.

Koordinationsstelle für

Geschlechterstudien Karl-Franzens-

Universität Graz

Gender-Plattform

der

Univ. Klinik für

Orthopädie

Lehre und Forschung

Universitäre und externe

Einrichtungen

Vernetzung mit universitären und externen Einrichtungen

* WissenschafterInnennetzwerk http://www.medunigraz.at/win,

http://orthopaedie.uniklinikumgraz.at/Klinik/aktuelles/Documents/Jahresbericht%202012.pdf

Gender-Plattform

der

Univ. Klinik für

Orthopädie

Lehre und Forschung

Universitäre und externe

Einrichtungen

• Gender-Aspekte in Pflichtlehre

und Forschung – Relevanz für

Patient/innen

• Famulaturbetreuung

(Mentoring)

• Freifächer (z.B. Gender-VL)

• „Mythenabbau“ durch

Präsentation von Studien

• Weibliche Vorbilder in Lehre,

Forschung und klinischem

Alltag

Integration der Lehre und Forschung

Sex- und Gender-Unterschiede in der Orthopädie

• Ziel

• Erkrankungen und Verletzungen

• Methodische Herausforderungen

• Beispiel: Kniearthrose, Knieendoprothese und „Gender-

Knie“

Sex- und Gender Unterschiede in der OrthopädieZiel: Qualitätssteigerung in der Versorgung

• Ursachen

• Auswirkungen

• wirksamen Therapien

Systematisches Erfassen von

orthopädischer Krankheitsbilder auf betroffene Frauen

und Männer, um geschlechterspezifische präventive,

diagnostische und therapeutische Konzepte zu

entwickeln

Scheipl 2012

Umfang des Fachgebietes

• Erkrankungen der oberen Extremität: Schulter, Ellbogen,

Hand

• Erkrankungen der unteren Extremität: Hüfte, Knie, Fuß

• Degenerative Gelenkserkrankungen

• Endoprothetischer Gelenksersatz

• Rückenschmerz

• Angeborene Erkrankungen des Stütz- und

Bewegungsapparates

• Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates

Scheipl 2012

Methodische Herausforderung: Sex und Gender

• Genetisch? Molekularbiologisch? Zellulär? Anatomisch-

histologisch? Physiologisch?

• Sozial? Sozioökonomisch? Kulturell? Umwelt bedingt?

Unterschiede zwischen Frauen und Männern:

Mögliche Gründe für Unterschiede

Geschlechterrolle

Genderbias Krankenversorgung

Gene, Biologie

Biologische Unterschiede im Körperbau

• Geringere Körpergröße

• Geringere Knochenmasse (adjustiert auf Größe)

• Geringere Muskelmasse (adjustiert auf Größe)

• Höheren Körperfettanteil (adjustiert auf Größe)

• Differente Körperkonturen (Geschlechtshormone)

Frauen gegenüber Männern haben:

Wells 2007, Wizeman & Pardue 2001

Geschlechterrollen

Gender Bias: Androzentrismus

• Homogene statistische Auswertung in experimenteller

Forschung

• Mögliche Schäden am Embryo/Fötus

• Hormon- und Zyklusschwankungen

• Frühsterblichkeit der Männer, z. B. Herzerkrankungen,

Lungenkrebs

• Multimorbidität

• Kosten, hohe Lebenserwartung und geringes Risiko zu

erkranken

Pinn 2003, Eichler et al. 2000

Gründe für die Wahl von männlichen Studienpopulationen:

„Neutrale“ Krankenversorgung

Roter et al. 2002, Hurrelmann & Kolip 2002, Lurie et al. 1993

• Heterogenität der Patientin/Patienten: Individuelle und

geschlechterspezifische Unterschiede

• Heterogenität Ärztinnen/Ärzte: Geschlecht, Alter,

Erfahrung, Persönlichkeit, Kommunikationsstil

• Rahmenbedingungen/Setting und Lebensgeschichte

der Patientin/des Patienten (vs. Symptombezug)

Beachtet nicht:

Flow Diagram: Überweisung zu KnieendoprothetikSex- und genderbezogene Einflussfaktoren

Borkhoff et al. 2011

Symptome Termin besorgen

Präsentation Symptome

Einordnung HP

Therapie-empfehlung

GP

Therapie

akzeptiert

Symptombericht

Orthopäde/

Orthopädin

Empfehlung

TKA

Empfehlung

akzeptiert

Auswirkungen in der Krankenversorgung

Joanneum Research 2009, 56

M (%) W (%) p

2005 16,5 9,4 <0,001

2006 22,2 16,5 <0,001

2007 22,5 18,6 0,014

2008 26,8 22,1 0,007

Gesamt 21,8 16,5 <0,001

Stroke-Units Steiermark: Geschlechterspezifische

Aufnahmeraten 2005 – 2008

Beispiel: Kniearthrose und Knieendoprothese

Gonarthrose: individuelles Risiko bestimmt

Manifestationsort und –zeitpunkt sowie Schweregrad der

Arthrose

Felson et al. 2000

Mögliche Ursachen für eine Gonarthrose

• Konstitutionell: Gene, Alter, Geschlecht, Ethnie (Felson et al.

2000)

• Anatomisch-histologische und biochemische Faktoren:

Achsfehlstellungen im Bereich der Beine,

Gelenksdeformitäten, schmale

Gelenksknorpelbedeckung (Maleki-Fischbach & Jordan 2010),

muskuläre Schwäche

• Lebensstil: Gelenksverletzungen, Übergewicht,

sportliche Überlastung

Gonarthrose: Prävalenz und Ausprägung

• Über dem 50. Lebensjahr: Frauen häufiger als Männer

betroffen, 10 – 15 % symptomatisch bei über 60-Jährigen (Felson et al. 2000)

• Metaanalyse von nativradiologischen Beurteilungen in

Studien: Gonarthrose bei Frauen weiter fortgeschritten als

bei Männern (Skrikanth et al. 2005) (Publication Bias? Reporting Bias?)

Gonarthrose und Behandlung unter Genderaspekten

• Sex- und genderbasierte Unterschiede für die

Kniearthrose: Differenzen in der Häufigkeit, in der

Behandlung und in den Ergebnissen

• Verbesserung der Versorgungsqualität: Identifizieren der

Unterschiede und Behebung im klinischen Alltag

• Endoprothese: Entwicklung einer evidenzbasierten und

geschlechtergerechten Leitlinie

O Connor & Gerken Hooten 2011

Kniegelenksimplantation unter Genderaspekten

• Inanspruchnahme

Frauen bezogen auf Bedarf relativ unterrepräsentiert,

erhalten Implantat später, haben höhere funktionelle

Einschränkungen als Männer

• Outcome

operatives und funktionelles Outcome für beide

Geschlechter gleich, oft schlechtere Anfangssituation der

Frauen nicht immer aufzuholen, Männer geben häufiger

Schmerzreduktion an als Frauen, Revisionen bei Männern

tendenziell häufiger als bei Frauen, keine konsistenten

Geschlechterunterschiede in der Zufriedenheit

O Connor & Gerken Hooten 2011, Novicoff & Saleh 2011

Fazit aus Sex- und Genderperspektive I

• Weltweit erhalten Frauen etwa 2/3 der

Knieendoprothesen (Kurtz et al. 2011)

• In den Studien zu Knieendoprothesen sind Frauen

unterrepräsentiert (Mahfouz et al. 2007)

• Frauen und Männer erhalten gleiche Knieprothesen, trotz

Unterschieden im Kniegelenk (Conley et al. 2007), Unterschiede

keine Bedeutung für klinisches Outcome (Johnson et al. 2011)

Schiebinger 2013

Fazit aus Sex- und Genderperspektive II

• Geschlechterunterschied wird überbewertet: Größe der

Patientin/des Patienten besserer Prädiktor für das

Outcome als das Geschlecht (Blaha et al. 2009)

• „Gender-Knie“: Suggeriert nicht nur Geschlecht sondern

kulturelle Differenz, bietet keine bessere

Versorgungsqualität (Jacobs et al. 2007), wenig Erfahrung des

Chirurgen/der Chirurgin mit Prothese verschlechtert

Outcome (Sampath et al. 2009), direktes Marketing der Firma ein

Problem (Johnson et al. 2011)

Schiebinger 2013

Conclusio

Barrett 2006

Eine Modifikation der Größen bestehender Kniegelenks-

Implantat-Systeme könnte ausreichen, um Überstände

und ein Weichteil-Impingement zu verhindern.

Diese Modifikation würde mehr Flexibilität in der

Ausbalancierung des Streck- und Beugespaltes erlauben.

Geschlechterspezifik in der Orthopädie aus einer Public-

Health-Perspektive

• Krankenversorgung: Beeinflussende Faktoren

• Problemstellungen aus Public-Health-Sicht

• Handlungsleitende Fragen zur Vermeidung einer

Gender Bias im Public-Health-Bereich

• Osteoporose aus einer Public-Health-Perspektive

Krankenversorgung: Beeinflussende Faktoren

• Demografische Entwicklung: Alter

• Epidemiologischer Wandel: Ko-Morbidität, Schmerz

Funktionseinschränkungen

• Gesellschaftlicher Wandel: soziale Unterstützung,

Mobilität

• Ressourcen: Fachkräfte, Finanzierung, Innovation,

Gesundheitskompetenz und Selbstmanagement

Rásky 2012, Payne 2009

Geschlechterspezifisch unterschiedliche Auswirkungen

Problemstellungen aus Public-Health-Sicht

• Datenmangel: Randomisierte Studien zu

Diagnoseverfahren, Therapie und integrierter Versorgung,

stratifiziert nach Geschlecht, Alter, Sozioökonomie fehlen

• Daten zu Ressourcen und Unterstützung von

Patient/innen stratifiziert nach Geschlecht, Alter,

Sozioökonomie fehlen

• Leitlinien sehr oft nicht geschlechterspezifisch

• Angebotsorientierte Nachfrage: Eindeutig festgelegte

Indikationsstellungen fehlen sehr oft

Handlungsleitende Fragen zur Vermeidung einer Gender

Bias im Public-Health-Bereich

• Unterschiede in der Prävalenz von Erkrankungen und

deren Versorgung?

• Sind Risikogruppen bzw. soziale oder biologische

Risiken und Ressourcen bekannt?

• Ergebnisse aus Studien bzw. Versorgungsmodelle

jeweils ungeprüft auf andere Geschlecht übertragbar?

• Unterschiede in den Wirkungen von präventiven und

therapeutischen Interventionen?

• Geeignete Maßnahmen um die Ungleichheit zwischen

den Geschlechtern auszugleichen?

Dierks 2004

Handlungsleitende Fragen: Osteoporose

• Prävalenz der Osteoporose und Inzidenz der Frakturen bei

Frauen in der Postmenopause höher als bei alten Männern

(Johnell et al. 2005, Nguyen et al. 2007): Osteoporose wird als Frauenkrankheit

wahrgenommen

• Frauen in der Postmenopause und alte Männer sind

Risikogruppe: Bone Mineral Density/BMD niedrig und erhöhte

Sturzgefahr, Bewegung als Ressource

• Studienergebnisse werden ungeprüft auf Männer übertragen

• Männer werden nach Fraktur weniger häufig behandelt als

Frauen (Kiebzak et al. 2002), Outcome nach Frakturen bei Männer

schlechter als bei Frauen (Haentjens et al. 2010), Sturzprävention vs.

Therapie

• Randomisierte Studien, Fokussierung von Männern

Wahrnehmung der Gesellschaft

Osteoporose ist eine Frauenkrankheit

Männer in Studien unterrepräsentiert, unterdiagnostiziert

und untertherapiert

Osteoporose aus einer Public-Health-Perspektive

• Definition: reduzierte Knochendichte vs. erfolgte Fraktur

• Knochendichte (Mineralgehalt) vs. Qualität des

Knochens (trabekuläre und kortikale Struktur), 70 % vs.

30 % zu Knochenfestigkeit beitragend

• Risiko für Fraktur vs. eigenständige Erkrankung

• Knochenmetabolismus vs. Sturzrisiko

Cawthon 2011, Rásky 2012

Maßnahmen

Mögliche Maßnahmen

• Behandlung vs. Intervention

medikamentöse Therapie des Risikos vs. Interventionen:

Ernährung und Bewegung, Rauchstopp, Sturzprävention

Geschlechtergerechte Interventionsmöglichkeiten kaum

untersucht

• Therapieoptionen: Surrogatparameter (BMD) vs.

patientInnenrelevantes Outcome wie Fraktur, Funktion,

Schmerz, Lebensqualität

Beginn und Ende der Therapie: Evidenzbasierung;

Langzeitwirkungen?

großangelegte Studien zur Wirksamkeit Medikamenten mit

Fraktur als Endpunkt fehlen bei Männern (auch bei Frauen)

Problemstellung: Osteoporose als Disease Mongering

• Healthism: übertriebenes Gesundheitsdenken –

Gesundheitswahn (Crawford 1980, Skrabanek 1994)

• Pathologisierung: Abweichungen vom medizinisch

definierten Normalzustand ohne nennenswerte

gesundheitliche Beeinträchtigungen werden als krankhaft

empfunden, Teilaspekt der Medikalisierung

• Medikalisierung: Prozess, in dem ein nicht-medizinisches

Problem als medizinisches umgedeutet wird und als

Risiko, Störung oder Krankheit behandelt wird (Illich 1995, Conrad

2007)

Voraussetzung

Disease Mongering

Moynihan & Henry 2006, Moynihan et al. 2002

Erfinden von Krankheiten

Profiteure: Pharmaunternehmen, Wellness

AnbieterInnen, Nahrungsmittelindustrie

Fazit: Interventionen entwickeln…

• Umsetzen genereller und zielgruppenspezifischer

Programme zur Förderung der körperlichen Aktivität in

allen Altersgruppen im Sinne der Knochengesundheit (NAPb)

• Etablieren von Programmen, die sichern, dass Frauen,

Männer und Kinder aller Altersgruppen die jeweils

empfohlene Menge an Nährstoffen im Sinne der

Knochengesundheit zu sich nehmen (NAPe)

• Entwicklung von geschlechtergerechten und

zielgruppenspezifischen Sturzpräventionsprogrammen im

Alter (El-Khoury et al. 2013)

Rásky 2012, NAPb http://www.napbewegung.at/download/files/%7B0358048B-E215-47A7-BE6B-

A57CB5764A00%7D/NAPaktionsplan2013.pdf, NAPe

http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/6/5/8/CH1046/CMS1378816554856/nape_210111.pdf

Fazit: Forschung vorantreiben

• Osteoporose definieren, dass sie Alternsprozessen

beider Geschlechter Rechnung trägt

• Fokussierung auf Frakturprävention und

patientInnenrelevantes Outcome (Fraktur, Schmerz,

Lebensqualität, Funktion) weniger auf Bone Mineral

Density

• Evidenzbasierte Empfehlung auf Grundlage von

randomisierten Studien erarbeiten Therapiebeginn und -

beendigung

• Risiken von unerwünschten Wirkungen bei

Langzeittherapie erforschen

Rásky 2012

KONTAKT

ao. Univ.Prof.in Dr.in med. Éva Rásky, MME, MSc

[email protected]

Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie

Universitätsstraße 6/I

8010 Graz

www.medunigraz.at/sozialmedizin

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