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Bolsinger lengert peters - Delius Klasing · ... die in ihrem automobilen ... Länder dieser Erde zu durchqueren. ... für den Mercedes-Benz G war die logische Konsequenz!« erDe–monD

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Bolsinger lengert peters

DELIUS KLASING VERLAG

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Es gibt eine ganze Menge Fahrzeuge von Mercedes-Benz, die in ihrem automobilen Leben ein Programm über 800 000 KiLometer und mehr zuverlässig abgespult haben. Oft führten unzählige (Strecken-)Wiederholungen zu der beachtlichen Lauf-leistung, z. B. bei Taxis in einer Großstadt. Bei »Otto« ist das völlig anders: Der treue Begleiter von Gunther Holtorf, ein 300 GD aus dem bauJahr 1988, hat seine 800 000 Kilometer in bisher 200 LänDern rund um den Globus bewältigt – oft auf unbefestigten Wegen. Wiederholungen gab es dabei äußerst selten, Pionierfahrten hingegen sehr häufig.

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Bildgewaltig: gunther Holtorf hat seine Weltrekordtour ausgiebig fotografisch festgehalten. Mit dieser Dokumentation könnte er ganze Bildbände füllen.

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ein Mann, ein G, ein Ziel – so lautet die Kurzformel für ein Unternehmen, das die Welt noch nicht erlebt hat. seit 1988 sind Gunther Holtorf und seine Frau Christine in ihrem Mercedes-Benz 300 GD mit dem Ziel unterwegs, möglichst alle

Länder dieser Erde zu durchqueren. Bis heute sind es rund 200 Nationen, die er bereist hat.

»Wohlgemerkt – bereist!«, betont der inzwischen 75-jäh-rige ehemalige Luftfahrt-Manager. Denn der passionierte Länderjäger hat seine eigene Reisephilosophie: »Ein kurzer stopp, als Beleg einen stempel im Pass und ein symbolisches Foto mit dem Fahrzeug am jeweiligen Grenzübergang – das reicht mir nicht! Ein Land gilt in meinen augen erst dann als bereist, wenn man in die jeweilige Hemisphäre eintaucht, in regen Kontakt mit den Einheimischen tritt und die unterschiedlichsten Facetten kennengelernt hat.« Ist eine Nation in diesem sinne »abgearbeitet«, ergänzt eine weitere rote Linie seine persönliche Weltkarte, die »ROUND-THE-WORLD-RECORD-TOUR 1989–2013«.

Diese Weltkarte ist mittlerweile von roten Linien komplett durchzogen und hat ihm im Laufe seiner Tourplanungen einige Türen geöffnet. Und Reisen ermöglicht, die bis dato als undurchführbar gegolten hatten, etwa durch völlig abgeschottete Länder wie Nordkorea und bald auch Myanmar oder die große Rundfahrt durch China mit über 25 000 Kilometern als selbstfahrer. »Pioniertouren« nennt Gunther Holtorf diese Reisen, bei denen erstmals ein ausländisches Fahrzeug mit einem ausländischen Fahrer das jeweilige Land befahren darf.

Die Idee zu dieser Weltrekordreise gärte schon lange in den Holtorfs. Erstmals packte den damaligen Hobby-piloten das Verlangen: »Du fliegst über faszinierende Landschaften wie den amazonas, die arabische Halbinsel oder den Himalaya, und denkst dir: Da will ich mal hin!« später dann, in seiner Eigenschaft als Repräsentant der Lufthansa und Geschäftsführer der Fluggesellschaft Hapag Lloyd, lernte er zahlreiche Länder näher kennen. seine Einsätze führten ihn jedoch jobbedingt immer in die Wirtschaftzentren. »Landschaften und Natur jenseits der Metropolen zu erleben – dafür fehlte meistens die Zeit,« so das Resümee seiner Managerjahre, die 1988 endeten. Damals beschloss er den ausstieg aus der stressbehafteten sieben-Tage-Woche und den Einstieg in die faszinierende Welt des Reisens.

Der »G« war Die LoGische KonsequenzBei der Wahl des fahrbaren Untersatzes für die ausgedehnte Weltrekordreise kam Gunther Holtorf ein Erlebnis zugute, dass er während seines Einsatzes in südamerika Ende der 1970er-Jahre hatte. Hier bot sich eine der wenigen Gelegenheiten, den Managerposten pausieren zu lassen und das permanente Reisefieber mit einer Tour in das amazonasgebiet zu lindern. Das Fahrzeug: ein Vorläufer der heutigen Mercedes-Benz E-Klasse aus der Baureihe

W 123. angesichts katastrophaler straßenverhältnisse und unbefestigter schlammwege wurde die Expedition zur Tortour für Mensch und Maschine. »schnell war klar, dass eine Limousine für eine solche Expedition völlig ungeeignet ist«, resümiert Holtorf. Dennoch spendierte der W 123 wichtige Erkenntnisse darüber, wie ein potenzielles Gefährt für zukünftige Expeditionen aussehen sollte. »Überzeugend war die unbedingte Zuverlässigkeit des W 123 – die sollte mein Weltreisemobil ebenfalls mitbringen. Zusätzlich eine ausgezeichnete Geländetauglichkeit mit allradantrieb, Untersetzung, Differenzialsperren und ausreichend Boden-freiheit. außerdem ist die Kunst des Weglassens gefragt«, ergänzt er, »denn: Je weniger an einem Fahrzeug dran ist, desto weniger kann kaputtgehen!«

Diese Erfahrungen, gepaart mit einer gewissen affini-tät zu der Marke mit dem stern, machten die Wahl des Weltrekordmobils für Holtorf einfach: »Die Entscheidung für den Mercedes-Benz G war die logische Konsequenz!«

erDe–monD unD zurücK unter verschärften beDinGunGen Konkret fiel die Wahl auf einen langen station-Wagen Mercedes-Benz 300 GD des Baujahres 1988. Dessen Fünf zylinder-Vorkammer-Dieselmotor leistet bescheidene 88 Ps, bietet ein maximales Drehmoment von 172 Newton -metern und erscheint nach heutigen Maßstäben als etwas schwachbrüstig für ein solches Unternehmen. Das störte den Weltreisenden in spe aber herzlich wenig: »Nach meinen amazonas-Erfahrungen mit dem W 123 – den ich übrigens heute noch besitze – spielt die Motorleis tung nur eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist ein Höchst maß an Robustheit.« Und die hat das »Otto« getaufte G-Modell hinlänglich bewiesen. Um es vorweg zu nehmen: Mittler-weile hat »Otto« über 823 000 Kilometer mit Originalmotor, -getriebe und -antriebsstrang klaglos abgespult. Das ent-spricht 21 Weltumrundungen oder einmal Erde–Mond und zurück. Ebenso wichtig für den Erfolg der einmaligen Welt-reise, betont Gunther Holtorf, ist neben der Zuverlässigkeit von »Otto« eine gute Reisevorbereitung, wenig aufsehen vor Ort zu erregen und eine gehörige Portion Erfahrung.

Die Leistung des Mercedes-Benz 300 GD aus dem Jahre 1988 ist schon allein durch die enorme Laufleistung beeindruckend. Die verschärften Rahmenbedingungen verdeutlichen die Robustheit des G noch eindrucksvoller. Gut 200 000 der 823 000 Kilometer legte er, seinem Na-turell entsprechend, abseits befestigter Wege zurück: auf schotter- oder Wellblechpisten, im schlamm, auf schlag-lochstrecken oder felsigen Kletterpassagen im Hochgebirge. Zu diesen topografischen Unwegsamkeiten kamen die unterschiedlichsten meteorologischen anforderungen, die »Otto« in allen Klimazonen der Erde erduldete – von der gnadenlosen Gluthitze der Wüste über die dampfende schwüle in Dschungelgebieten bis hin zur klirrenden Kälte arktischer Gefilde.

als wären die anforderungen an den 300 GD damit nicht hoch genug, hatte »Otto« eigentlich immer mit Übergewicht zu kämpfen. Inklusive Expeditionsausrüs-tung und Lebensmitteln für Gunther Holtorf und seine inzwischen verstorbene Frau Christine, mit Reserveka-nistern, Betriebsmitteln, Werkzeug, Bergeausrüstung, Ersatzteilen und Reserverädern brachte »Otto« satte 3,3 Tonnen auf die Waage – rund 500 Kilogramm über dem zulässigen Gesamtgewicht. allein 400 Kilogramm bekam der Geländewagen aufs Dach geladen. auch das brachte laut Holtorf das Weltrekordmobil nicht aus der Fassung: »Eigentlich ist der G immer überladen, deshalb habe ich verstärkte Federn und schlechtwege-stoßdämpfer einge-baut. ansonsten entspricht ›Otto‹ dem serienstand. Bis heute haben weder Rahmen noch Karosserie irgendwelche Ermüdungserscheinungen gezeigt.«

Ein weiteres schmankerl der Weltrekordtour, das selbst ausgebufften Testingenieuren die schweißtropfen auf die stirn treiben würde: Bei einer der drei südamerika-Expe-ditionen stand die auf 3650 Meter Meereshöhe gelegene, weltgrößte salzpfanne salar de Uyuni im südlichen Bolivien

Die Kunst des Weg­lassens ist gefragt. Denn je weniger an einem Fahrzeug dran ist, desto weniger kann kaputtgehen!

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Das Maghreb verbirgt erstaunliche Bauten und Kulturschätze – mitten in der Wüste. aber mit dem g kommen wir überall hin.

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auf dem Programm. »Nach drei Tagen in der 100 mal 120 Kilo meter großen Pfanne war »Otto« von einer dicken, feuchten salzkruste bedeckt. Hinter den Rädern hingen die salzkristalle wie schnee- und Eisklumpen nach einer Fahrt über winterliche straßen am Unterboden«, beschreibt Gunther Holtorf die Folgen dieser Passage. Mangels einer servicestation mit entsprechenden Reinigungsmöglich-keiten trug der G Teile dieser metallfressenden Last noch einige Zeit mit sich herum. Ohne Folgen, wie Holtorf betont. »Rost? Fehlanzeige!« – so lautet sein kurzes statement.

1989: premierentour Durch afriKa Die erste Tour führte Gunther und Christine Holtorf 1989 nach afrika. Da war der 300 GD noch jung und nur provisorisch für die erste Reise eingerichtet. Nach dem Lufttransport von Frankfurt nach Nairobi folgte eine erste Testrunde durch Ostafrika. anschließend ging es nach einer Unterbrechung – »Otto« fand einen ruhigen stellplatz in simbabwes Hauptstadt Harare – von august bis Oktober 1989 ins südliche afrika.

Danach erfolgte die Erste von mittlerweile rund 36 Ver-schiffungen via Container von Durban nach Hamburg. Mit dem reichen Erfahrungsschatz der zurückliegenden afrika-Expedition begannen nun ausgiebige innenarchitektonische arbeiten, die jedem Packaging-Experten zur Ehre gereicht hätten. Für ein komfortables Expeditionsleben entstanden hinter den beiden Vordersitzen ein bequemes Doppelbett, außerdem eine Feldküche, eine Waschgelegenheit und stauraum für Kleidung und Lebensmittel.

Die technische ausrüstung wurde mit einem breiten Ersatzteilsortiment komplettiert, das mit der Zeit auf rund 450 Positionen anwuchs. Darin enthalten ist vom stoßdämpfer bis zum Dichtungsring alles, was seinen Dienst quittieren könnte. Gebraucht hat Gunther Holtorf die Teile jedoch äußerst selten. seine Devise: »Regelmä-ßige und intensive Wartungsarbeiten mit dem präventiven austausch von Verschleißteilen bewahrte uns meistens vor technischen Problemen.«

Meistens – denn die eine oder andere Panne stellte sich dann doch ein. Etwa mitten im Nichts in Venezuela, als der Geberzylinder der hydraulischen Kupplung seinen Dienst quittierte. »auslöser war ein defekter O-Ring – ein Pfennigartikel. aber ausgerechnet den hatte ich nicht dabei. Irgendwie haben wir es dann doch noch zurück in die Zivilisation geschafft und einen entsprechenden Dichtring besorgt.« Ein defektes, ausgelaufenes Radlager legte den G auch einmal lahm, was aufgrund der üppigen Ersatzteilfracht an Bord aber keine Probleme, sondern lediglich überschaubare schrauberarbeit am Pistenrand bescherte.

sonstige Reparaturarbeiten blieben aus, was vor allem auf defensive und umsichtige Fahrweise sowohl im abge-legenen Gelände als auch in dem zuweilen chaotischen Verkehrsgewühl der Millionenmetropolen dieser Welt

zurückzuführen ist. Das markiert einen weiteren Meilen-stein der Rekordtour, auf die der Weltreisende besonders stolz ist: »Über 823 000 Kilometer habe ich jetzt zurück-gelegt – unfallfrei!«

Grundsätzlich führt Holtorf alle anfallenden arbeiten in Eigenregie aus. Und das nicht nur auf den Expeditionen rund um die Welt. auch wenn der G mal wieder in heimi-schen Gefilden weilt und in einer spezialwerkstatt nahe dem stammwerk in Graz einen großen service spendiert bekommt, schraubt der Chef selbst. Und mit der Zeit wuchs die Erkenntnis, dass für den mitteleuropäischen alltagsbe-trieb angenehme und nützliche Dinge wie die serienmäßige Klimaanlage oder die Zentralverriegelung überflüssig sind. Erstere hat Gunther Holtorf nach Problemen mit dem Kom-pressor in afrika ausgebaut und verschenkt, Letztere zur Minimierung der Diebstahlgefahr außer Funktion gesetzt.

Der startschuss zur weLtreKorDfahrt fäLLt 1990Der umgebaute G ging dann im Oktober 1990 an den eigentlichen start zur Weltrekordtour. Über Frankreich, spanien und Gibraltar führte es ihn nach afrika. Mit einigen Unterbrechungen dauerte die faszinierende Erkundung des schwarzen Kontinents bis 1994. Meist kamen die beiden Weltreisenden problemlos von a nach B, erlebten einmalige Pirschfahrten in den savannen Ost- und südafrikas oder konnten sich an majestätischen Wüstengebieten mit ihrer absoluten Ruhe und abgeschiedenheit erfreuen.

Kritische situationen gab es auch, die aber glimpflich abgelaufen sind. Holtorf erzählt: »Im Grenzgebiet zwischen Äthiopien und somalia guckten wir in die Läufe einiger Kalaschnikows, die Nomaden auf uns richteten. Offen-sichtlich waren ihre absichten alles andere als friedlich.« Mit einigem Verhandlungsgeschick, gutem Zureden und

einer kleinen Durchfahrtsgebühr konnten die Weltreisenden aber ihre Fahrt fortsetzen. Grenzwertig erwies sich auch ein Zwischenfall, bei dem Gunther Holtorf sich in afrika den arm auskugelte: »Eine schmerzhafte Erinnerung! Den arm haben sie mir später in einem nordsudanesischen Hospital wieder eingerenkt.«

Von ernsteren Erkrankungen blieb das Expeditionsteam weitgehend verschont. Das lag am kompletten Impfschutz, entsprechender Vorsorge und dem Grundsatz, in allen Gebieten der Welt immer als selbstversorger möglichen Risiken durch verunreinigte Lebensmittel aus dem Weg zu gehen. Dazu Gunther Holtorf: »Im Zweifelsfall haben wir uns wochenlang von Nudeln, Reis, Milchpulver, Tütensuppen und Tee ernährt.« Trotz aller Vorsicht und Prophylaxe erwischte beide Weltreisenden die Malaria. Mit den entsprechenden Medikamenten aus der Bordapotheke wurden die Fieber-attacken erfolgreich unter Kontrolle gebracht.

von hYänen unD süDameriKanischen schLammschLachtenÜbernachtet wurde weder in Hotels oder Pensionen, son-dern ausschließlich im G oder draußen in der Hängematte. Hier ist den Weltrekordlern ein Erlebnis mit einer Hyäne im afrikanischen Busch in Erinnerung geblieben. »Wir hatten unser Lager aufgeschlagen und sind in den Hängematten eingeschlafen, als ein merkwürdiges Knacken mich aus dem schlaf holte. Eine Hyäne knabberte neben mir an einem Plastikkanister. Zum Glück hat sie ihr mächtiges Gebiss nur an dem Kanister und nicht an meinen Knochen ausprobiert!«, erinnert sich Gunther Holtorf mit einem leicht mulmigen Gefühl. Offensichtlich war das Geschmackser-lebnis mit dem Plastikkanister wenig überzeugend, denn das Raubtier trollte sich anschließend. Die Nachtruhe aber fand vorsichtshalber im G ihre Fortsetzung.

Nach dieser ersten afrika-Expedition stand dann ab 1996 amerika auf dem Tourplan. Erneut ging es per Container auf den seeweg, diesmal von Durban nach Montevideo. Die erste Rundfahrt durch südamerika – es sollten zwei weitere folgen – deckte von Feuerland bis Venezuela nahezu alle Klimazonen des Kontinents ab. abgesehen von den faszinierenden Landschaften sowie zahlreichen Begegnungen mit aufgeschlossenen und hilfsbereiten Menschen blieben bei Gunther Holtorf zwei besondere Erfahrungen haften: »Wir fuhren die strecke Brasilia–Be-lem, die ich bereits aus den 1960er-Jahren kannte. Damals war das eine Tour durch dichten Dschungel. Heute hat die Bevölkerungsexplosion dazu geführt, dass der Dschungel verschwunden ist und sich hier eine meist karge Trocken-savanne ausbreitet.« Das zweite Erlebnis war eher positiver Natur. In Venezuela wurde der Treibstoffvorrat aufgefüllt, inklusive der Reservekanister rund 200 Liter Diesel. Noch heute muss Holtorf angesichts der fälligen spritrechnung schmunzeln: »Diesel kostete fünf Cent pro Liter, wir haben also für zehn Us-Dollar vollgetankt!«

Im amazonasgebiet helfen Jugendliche bereit-willig dabei, den g auf eine einfache fähre zu verladen.

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schweizermesser aUf rädernvon Klaus-achim Peitzmeier

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Kaum ein zweites Modell von Mercedes-Benz kann mit einer solchen VarianTen-VielfalT aufwarten wie der G – es gab ihn in verschiedenen serienVersionen mit kurzem und langen Radstand und mit den unter-schiedlichsten Aufbauten – oder ganz ohne.

Die erfolgreichen drei Grundvarianten der G-Klasse: station-Wagen mit langem radstand (mitte) und kurzem radstand (rechts), cabrio (links).

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die G-Klasse setzt auch in puncto Varianten-reichtum Akzente unter den Geländewagen. die trennung des soliden leiterrahmens vom Aufbau stellte hierfür von beginn an die Weichen – der Allradler sollte sich für

ganz unterschiedliche Aufgaben empfehlen. Mit verschiedenen radständen sowie einer Vielzahl

an Karosserie- und chassisversionen decken bereits die zivilen Varianten des G-Modells eine immense bandbreite ab. dabei kommt die rolle des bestsellers seit der Markt-einführung 1979 dem fünftürigen station-Wagen zu: der größte teil der privaten G-Kunden entschied sich in den vergangenen 33 Jahren für diese Kombiversion. Auf basis des längeren radstands von 2850 Millimetern maß er ur-sprünglich 4,40 Meter. inzwischen sind es dank moderner stoßfänger, dem am heck montierten reserverad sowie einer verbesserten crash- und Fußgängersicherheit 4,66 längenmeter – obwohl die Karosserie selbst unverändert blieb. dem wuchtigen Auftritt zum trotz: Wirklich groß ist »der Große« aus heutiger sicht nicht mehr. trotz eines ver-gleichbaren Achsabstands ist er gut 24 zentimeter kürzer als das aktuelle t-Modell der e-Klasse …

dennoch lässt sich der raumkomfort des langen station-Wagens am einfachsten mit »souverän« umschreiben, was

ganz generell ein Verdienst der kerzengrade stehenden Fensterscheiben ist. sie bieten nicht nur nach oben und vorn eine luftige Kopffreiheit, sondern auch nach links und rechts – obwohl dem G-Modell in der breite fast zehn zen-timeter auf die e-Klasse fehlen. in sachen raumausnutzung ist er dank seiner kantigen Form vorbildlich.

Früher fanden bis zu neun Personen im langen station-Wagen Platz. zusätzliche sitzbänke, in längsrichtung im Kofferraum angeordnet, bietet Mercedes-benz für die zivilen Varianten aus sicherheitsgründen jedoch schon länger nicht mehr an. heute bleibt das Abteil allein dem Gepäck vorbehalten – oder anderen dingen – und fasst 1280 liter. Wer die rückbank umklappt, darf sogar bis zu 2250 liter einladen. so wird der Allesüberwinder zum Allesschlucker. Und zwar zu einem mit zug, denn an der Anhängerkupplung dürfen bis zu 3,5 tonnen schwere trailer hängen, so sie eine eigene bremsanlage besitzen. Kein Wunder, dass der lange Kombi speziell bei reitern und bootsbesitzern beliebt ist.

Kernig, wendig, knackig – auch das dreitürige G-Modell erfreute sich von beginn an einer treuen Fangemeinde. Als station-Wagen kurz haben die stuttgarter den gerade mal 4,20 Meter langen Kletterkünstler jedoch 2012 aus dem Programm genommen. Als Fünfsitzer reduzierte sich

sein Kofferraumvolumen auf 250 liter; sonst fasste der kompakte Kombi mehr als das sechsfache. Mit seinem auf 2400 Millimeter verkürzten radstand durfte er regulär bis zu 2850 Kilogramm ziehen.

Mit ganz eigenem charme punktet das G-Modell cabrio – auch wenn es in den ersten Jahren mit ungefütterten Planen aufwartete. die halten zwar bei regen dicht, sorgen mit zunehmendem tempo aber für mörderischen Krach – abgesehen davon, dass das Öffnen und schließen zwei Menschen für einige zeit beschäftigt. Für den privaten einsatz ließ es damit den Mercedes-typischen Komfort ein wenig vermissen, steht aber weiterhin Militärkunden zur Verfügung – auf Wunsch sogar mit langem radstand, klappbarer Windschutzscheibe und demontierbarem Überrollbügel.

die zivile Fassung setzte ab 1985 also auf ein mehrlagiges stoffverdeck. dessen bezug war dem des sl-roadsters entlehnt und trotzte fortan nicht nur Wind und Wetter, sondern auch Waschanlagen – wenngleich das schließen des dachs im Vergleich zu den sportwagen der Marke eine eher mühsame und fummelige Angelegenheit blieb. davon kann seit der einführung der elektrohydraulischen Verdeckbetätigung keine rede mehr sein. sie sorgt seit 1996 für perfekten cabrio-Komfort, öffnet und schließt auf

Kernig, wendig, knackig: Der Kletterkünstler mit dem kurzen rad-stand wurde 2012 aus dem Programm genommen.

Bis heute beispiellos: Das G-modell cabrio besitzt eine elektro-hydraulische verdeckbetätigung und bietet open-air-vergnügen.

cabrio – für alles offen sTaTion-waGen kUrz

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Knopfdruck in weniger als einer halben Minute und ist bis heute unter Geländewagen einzigartig. zugempfindliche Mitfahrer können sich von einem Windschott vor lästigen Verwirbelungen im nackenbereich schützen lassen. der offene offroader ist als viersitziger G 500 mit 285 kW/ 387 Ps auch weiterhin im Angebot und eine der ausgefal-lensten Möglichkeiten, ohne dach über stock und stein zu rumpeln.

Apropos ausgefallen: besonders exklusive G-Karosserien schneidert AMG als Maßanfertigung – wie zum beispiel den XXl-Pullman von 2002. dabei ergänzten die Affalter-bacher einen langen station-Wagen um die heckpartie eines kurzen Kombis, was ein schlüssiges Gesamtbild und ein spektakuläres raumangebot ergab. das ergebnis war die wohl geländegängigste stretch-limousine aller zeiten.

aUf Grosses inTeresse sTossen die reinen fahrGesTellVersionenbesonders behütet dürfen sich die Passagiere einer anderen sonderversion fühlen: Mercedes-benz bietet den robusten Alleskönner seit Jahrzehnten auch gepanzert an – und hat damit eine beachtliche nachfrage geweckt. Unter der bezeichnung G-Guard steht der lange G 500

station-Wagen seit 1999 in den Widerstandsklassen Vr6 und Vr7 zur Wahl. damit schützt er seine insassen vor Angriffen mit schweren Waffen oder sprengladungen bis zu einer bestimmten Größe, soll gleichzeitig aber auch die Flucht aus dem Gefahrenbereich ermöglichen. hierfür besitzen Vr7-Modelle beispielsweise sicherheitsreifen mit dem notlaufsystem »rodgard«, einen explosionsge-schützten tank, die Kommunikations- und Alarmanlage GAs (Gefährdeten-Alarm-system) sowie ein modifiziertes Fahrwerk mit verstärkten Achsen und einer angepassten bremsanlage, die dem höheren Gesamtgewicht von gut 4,3 tonnen standhalten.

neben den Pkw-Varianten hat Mercedes-benz für das G-Modell von beginn an auch unterschiedlichste nutzfahrzeug-optionen im Angebot. der geschlossene Kastenwagen fand dabei nicht die große Gegenliebe. die kurze Variante lief bereits 1985 aus, die längere blieb bis 2001 in der Preisliste der baureihe W 461. ein ähnliches schicksal widerfuhr auch dem Pick-up der baureihe W 461, den die schwaben bis 1996 im Programm hatten.

Auf größeres interesse stoßen dagegen die Fahrgestell-versionen. sie gibt es mit zweisitzigem Fahrerhaus oder auch – sehr selten – als doppelkabine mit Platz für Fünf. Von 1987 bis 1996 wurden sie mit 3,12 Metern Achsabstand

angeboten, seit 1994 auch mit 3,40 Metern. ihr einsatz-spektrum ist enorm und reicht vom expeditionstauglichen caravan-Aufbau über Abschlepp- oder zugfahrzeuge bis hin zum geländetauglichen Krankenwagen mit Koffer-aufsatz für hilfs- und rettungseinsätze in Krisen- und Katastrophengebieten.

nochmals komplexer präsentiert sich die Modellvielfalt der Polizei-, Feuerwehr- und Militärvarianten, wie sie beispielsweise die deutsche bundeswehr seit beginn der 1990er-Jahre als »radfahrzeug der dritten Generation« unter dem namen »Wolf« nutzt. das G-Modell verrichtet zudem in vielen anderen Armeen auf der ganzen Welt dienst. in Frankreich hieß es ab 1982 allerdings Peugeot P4 und wurde von einem Vierzylindermotor der löwenmarke angetrieben, während in Griechenland der spezialist elbo als bausatz angelieferte G-Modelle komplettierte. ebenso wie den P4 führt Mercedes-benz diese Fahrzeuge übrigens als baureihe W 462.

erfolgreichstes G-modell von allen ist der fünftürige station-Wagen. er liegt in der Kundengunst vorn.

Das praktische nutzfahrzeug mit offroad-transportqualitäten ist heute nicht mehr im Programm

Geschlossener kasTenwaGen Viel PlaTz im sTaTion-waGen

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bibliografische information der deutschen nationalbibliothek: die deutsche nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen nationalbibliografie; detaillierte bibliografischedaten sind im internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflageisbn 978-3-7688-3562-6delius Klasing corporate Publishing (dKcP)© by delius, Klasing & co. KG, bielefeld

idee und Konzeption:ralf stadelmaier, edwin baaske, Markus bolsinger, Axel lengert

Projektkoordination:ralf stadelmaier, edwin baaske, Angela tegtmeier, hans schilderVerantwortlich für Mercedes-benz cars: ralf stadelmaier, Gerd eßer

texte:Andreas berse, Axel lengert, Frank Mühling, Klaus-Achim Peitzmeier, Wolfgang Peters, hans schilder

Fotos:daimler AG, Mercedes-benz Archive und sammlung (bc/FA);daimler AG, Globale Produktkommunikation Mercedes-benz cars (coM/Mbc);daimler AG, Mercedes-benz classic Archiv;Markus bolsinger, oliver schwarz, harry ruckaberle/debeos studios,heiko simayer, christine und Gunter holtorf,Axel struwe, rené staud seite 4: Katarina stefanovic, Getty images

Gestaltung:design hoch drei Gmbh & co. KG, stuttgart – rainer beihofer, helmut Kirsten

Übersetzung:daimler corporate language Management

lithografie:digital | data | medien, bad oeynhausen

druck:himmer AG, AugsburgPrinted in Germany 2013

besonderer dank gilt der Abteilung coM/Mbc (Globale Produktkommunikation Mercedes-benz cars), Gerhard heidbrink sowie Jens schäfer und Maria Feifel für ihre tatkräftige Unterstützung bei diesem buch.

Alle rechte vorbehalten. ohne ausdrückliche erlaubnis des Verlages darf das Werk weder komplett noch teilweise reproduziert, übertragen oder kopiert werden, wie zum beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer systeme inklusive Fotokopieren, bandaufzeichnung oder datenspeicherung.

delius Klasing Verlagsiekerwall 21, d-33602 bielefeldtel.: 0521/559-0, Fax: 0521/559-115e-Mail: [email protected]