68
n AKZENTE A. C. Filges Foto-Finish n AUFSÄTZE S. Offermann-Burckart Zur Gewichtung der Fälle nach § 5 FAO H. Kollrus Verfassungskonforme Auslegung des Tätigkeits- verbots für Syndikusanwälte gem. § 46 BRAO J. Horn Befreiung nach § 6 SGB VI infolge Tätigkeits- wechsel n AUS DER ARBEIT DER BRAK Mitglieder der Rechtsanwaltskammern n BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BGH Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ BGH Zur Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO BEIRAT RA Prof. Dr. Christian Kirchberg, Karlsruhe, Vorsitzender RA Dr. Matthias Kilian, Köln RA Dr. Ulrich Scharf, Celle RA JR Heinz Weil, Paris www.brak-mitteilungen.de BRAK MIT TEILUNGEN JUNI 2013 AUSGABE 3/2013 44. JAHRGANG Pvst 7997 Der Partner für erfolgreiche Rechtsanwälte www.datev.de/anwalt Zölleronline jetzt bei juris. www.otto-schmidt.de/zoeller-online

brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

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n AKZENTEA. C. FilgesFoto-Finish

n AUFSÄTZES. Offermann-BurckartZur Gewichtung der Fälle nach § 5 FAOH. KollrusVerfassungskonforme Auslegung des Tätigkeits-verbots für Syndikusanwälte gem. § 46 BRAOJ. HornBefreiung nach § 6 SGB VI infolge Tätigkeits-wechsel

n AUS DER ARBEIT DER BRAKMitglieder der Rechtsanwaltskammern

n BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNGBGHBezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als„Steuerbüro“BGHZur Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO

BEIRATRA Prof. Dr. Christian Kirchberg, Karlsruhe, VorsitzenderRA Dr. Matthias Kilian, KölnRA Dr. Ulrich Scharf, CelleRA JR Heinz Weil, Paris

www.brak-mitteilungen.de

BRAKMITTEILUNGENJUNI 2013 AUSGABE 3/201344. JAHRGANG

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Page 3: brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

INHALT

AKZENTE

A. C. FilgesFoto-Finish 93

AUFSÄTZE

S. Offermann-BurckartZur Gewichtung der Fälle beim Nachweis der praktischen Fähigkeiten nach § 5 FAO –Eine kritische Analyse der Entscheidung des BGH 94

H. KollrusVerfassungskonforme Auslegung des Tätigkeitsverbots für Syndikusanwälte gem. § 46 BRAO 98

J. HornBefreiung nach § 6 SGB VI infolge Tätigkeitswechsel 102

V. Horrer/P. MagutaAnwaltschaft und anwaltliches Berufsrecht der Russischen Föderation 106

R. DolceNeues italienisches Berufsrecht 112

A. Jungk/B. Chab/H. GramsPflichten und Haftung des Anwalts – Eine Rechtsprechungsübersicht 116

AUS DER ARBEIT DER BRAK

P. FiebigDie BRAK in Berlin 121

P. FiebigDie BRAK in Brüssel 123

K. Ting-Winarto/V. Horrer/P. FiebigDie BRAK International 125

Mitglieder der Rechtsanwaltskammern zum 1.1.2013 126

Altersstatistik der Rechtsanwaltskammern 128

Nächste Sitzung der Satzungsversammlung 128

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG

Detaillierte Übersicht der Rechtsprechung auf der nächsten Seite IV

INHALT | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

III

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BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG

BERUFSRECHTE UND -PFLICHTENBGH 4.3.2013 NotSt (Brfg) 1/12 Verstoß eines Anwaltsnotars gegen das Tätigkeitsverbot nach

§ 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO (LS) 128BGH 26.11.2012 AnwSt (R) 6/12 Kein Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft trotz gravierender

Pflichtverletzungen 128OLG Karlsruhe 5.4.2013 4 U 18/13 Internetplattform für die Suche nach Terminsvertretern 130AG Frankfurt/Main

16.10.2012 30 C 1926/12 Keine Auskunftspflicht gegenüber dem Rechtsschutzversichererdes Mandanten 130

WERBUNGBGH 18.10.2012 I ZR 137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132

FACHANWALTSCHAFTENBGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg) 54/11 Zur Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO 135BGH 11.3.2013 AnwZ (Brfg) 24/12 Voraussetzungen für die Anerkennung von „Zweitverteidigungen“ 141

SOZIETÄTSRECHTOLG Nürnberg 15.1.2013 10 WF 1449/12 Beiordnung einer interprofessionellen Anwaltsgesellschaft 142

ABWICKLUNG UND VERTRETUNGBGH 26.11.2012 AnwZ (Brfg) 8/12 Festsetzung der Büro- und Personalkosten des Abwicklers 143

STEUERNBFH 30.1.2013 III R 84/11 Abgrenzung zwischen den berufsüblichen und den außer-

ordentlichen Einkünften eines Rechtsanwalts (LS) 144

IMPRESSUMBRAK-MITTEILUNGEN UND BRAK-MAGAZIN Informationen zu Berufsrecht und BerufspolitikHERAUSGEBER Bundesrechtsanwaltskammer, Littenstr. 9, 10179 Berlin, Tel. (0 30)28 49 39-0, Telefax (0 30) 28 49 39-11, E-Mail: [email protected], Internet: http://www.brak.de.REDAKTION Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK, Schriftleitung),Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend).VERLAG Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln(Bayenthal), Tel. (02 21) 9 37 38-01; Telefax (02 21) 9 37 38-9 21, E-Mail [email protected] Sparkasse KölnBonn (BLZ 370 501 98) 30 602 155; Postgiroamt Köln(BLZ 370 100 50) 539 50-508.ERSCHEINUNGSWEISE Zweimonatlich: Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember.BEZUGSPREISE Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern werden die BRAK-Mitteilungen im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung einer besonderen Be-zugsgebühr zugestellt. Jahresabonnement 109 E (zzgl. Zustellgebühr); Einzelheft19,80 E (zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer mit 6,54%(Steuersatz 7%) enthalten. Kündigungstermin für das Abonnement 6 Wochen vorJahresschluss.

ANZEIGENVERKAUF Gaby Joisten, Telefon (02 21) 9 37 38-4 21, Fax (02 21) 9 37 38-9 42,E-Mail: [email protected].

Gültig ist Preisliste Nr. 28 vom 1. 1. 2013

DRUCKAUFLAGE dieser Ausgabe: 164.450 Exemplare (Verlagsausgabe).

DRUCK Schaffrath, Geldern. Hergestellt auf chlorfrei gebleichtem Papier.URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sindurheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in frem-de Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Geneh-migung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andereVerfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverar-beitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Das gilt auch für dieveröffentlichten Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie von derSchriftleitung bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eige-nen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzel-kopien hergestellt werden.

IVW-Druckauflage 1. Quartal 2013: 163.750 Exemplare.

ISSN 0722-6934

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | INHALT

IV

Beilagenhinweis:Teilen dieser Auflage liegt ein Prospekt des Erich Schmidt Verlags bei.

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IM BUNDESGESETZBLATT VERKÜNDET

Gesetz über die energetische Modernisierung von ver-mietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durch-setzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz– MietRÄndG)

BGBl. I v. 18.3.2013, S. 434

Gesetz zum Schutz des Erbrechts und der Verfahrens-beteiligungsrechte nichtehelicher und einzeladoptierterKinder im Nachlassverfahren

BGBl. I v. 28.3.2013, S. 554

Bekanntmachung zu § 850c der Zivilprozessordnung(Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2013)

BGBl. I v. 8.4.2013, S. 710

Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinan-der verheirateter Eltern

BGBl. I v. 19.4.2013, S. 795

Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffenein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Men-schenrechte sowie zur Änderung der Finanzgerichtsord-nung

BGBl. I v. 24.4.2013, S. 829

Gesetz zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschrif-ten

BGBl. I v. 30.4.2013, S. 932

Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokon-ferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftli-chen Verfahren

BGBl. I v. 30.4.2013, S. 935

AUS DEN ZEITSCHRIFTEN

BRAK-Mitteilungen und Anwaltsblatt sind für jeden be-rufsrechtlich Interessierten Pflichtlektüre. Nachfolgenddokumentiert das Institut für Anwaltsrecht an der Uni-versität zu Köln Aufsatzliteratur zum Berufsrecht derRechtsanwälte, Notare und Steuerberater, die in denzurückliegenden Wochen in anderen Periodika undSammelwerken veröffentlicht worden ist. Aus Platz-gründen muss eine wertende Auswahl getroffen wer-den.

Zusammengestellt von Anne-Sophie Jung LL.M.

Kontakt zur Literaturschau: [email protected]

Anwaltsgebühren kompakt (AG/KOMPAKT) Nr. 3: o.Verf., Vorschussrecht des Anwalts bei Prozess- oderVerfahrenskostenhilfe (31); o. Verf., Aufteilung der Rei-sekosten für mehrere Geschäfte (33).

Deutsches Steuerrecht (DStR) Nr. 14: Gladys, Sozien-klausel reloaded. § 12 AVB-RSW in der neuen Haf-tungsverfassung der Sozietät (723); Nr. 18: Alt, Euro-

AUS DEN ZEITSCHRIFTEN

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päische Initiativen und deren Auswirkungen auf dasBerufsrecht (932).

Der Ertrag-Steuer-Berater (EStB) Nr. 2: Paus, Gestal-tungshinweise zur Steueroptimierung: Begrenzung des1 %-Werts bei der Vermietung des Pkw an die eigeneSozietät. Abstellen auf gezahlte Miete: Nachteile,aber auch Vorteile (71).

Der Steuerberater (StB) Nr. 4: Moser, Zur Vereinbarkeitder Tätigkeit als Steuerberater mit der Tätigkeit alswissenschaftlicher Mitarbeiter (126).

Festschrift für Bernhard Stüer (2013): Quaas, Der An-waltssenat des BGH als Oberverwaltungsgericht(OVG) in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen (661);Saerbeck, Anwaltliches Fehlverhalten: muss das Sankti-onssystem neu geordnet werden? (645).

Festschrift für Michael Hoffmann-Becking (2013): Hell-wig, Zur Verschwiegenheit von Anwälten und anderenBerufsgeheimnisträgern im Mandat der Aktiengesell-schaft und anderer juristischer Personen (469).

Finanzen. steuern. kompakt Nr. 3: o.Verf., Gewinn-ermittlung: Folgen bei Realteilung der Freiberufler-Sozietät (7).

Gestaltende Steuerberatung (GStB) Nr. 4: Blöse, Steuer-berater in eigener Sache: Bei diesen Tätigkeiten setztder Steuerberater seine Zulassung „auf’s Spiel“ (116).

Jura Studium & Examen (JSE) Nr. 1: Kilger/Majer, DieEthik und die Rechtsanwälte (25).

Info (RAK Celle) 2013: Wilde, Wie wirkt anwaltlicheWerbung? (26); Beck-Bever, Anpassung der RVG-Ver-gütung: wann, wenn nicht jetzt? (30); Holtermann,Werben mit „Testamentsvollstrecker“ (33).

Kanzleiführung professionell (KP) Nr. 3: Jost, Nachfolge-regelung. Teil 2: Wer tritt in meine Fußstapfen? So ma-nagen Sie die Kanzlei-Übergabe einer Einzelpraxis (43);Goez, Formelle und materielle Voraussetzungen. Leidernicht immer zu vermeiden. Gerichtliche Durchsetzungvon Honorarforderungen (47); Nr. 4: Ossola-Haring,Qualitätsmanagement (QM): Nach dem Audit ist vordem Audit: Kontinuierliche Verbesserung der Dienst-leistungsqualität (67); Maurer, Kanzleimarketing:Chancen, Risiken und Verantwortung beim Einsatzvon Social Plugins auf der Kanzlei-Website (71); Nr. 5:Buba, Virtuelle Steuerkanzlei: Vorteile und Grenzen ei-ner virtuellen Kanzlei (85).

Mitteilungen des bayerischen Notarvereins, der Notar-kasse und der Landesnotarkammer Bayern (MittBayNot)Nr. 2: Ihle, Umsatzsteuerrechtliche Bestimmung desLeistungsempfängers bei der Erbringung notariellerDienstleistungen (97).

Mitteilungen der Rechtsanwaltkammer Köln (Kammer-Forum) Nr. 1: Bernsmann/Schlösser, Das Anderkonto– Ein „Muss“ für jeden Rechtsanwalt? Voraussetzungenund praktische Hinweise (4).

Neue Juristische Wochenschrift (NJW) Nr. 16: Dikmen,Kanzlei & Mandat. Bewirtungskosten in der Anwalts-kanzlei (1142).

Neue Wirtschafts-Briefe (NWB) Nr. 17: Tölle, Steueropti-miertes Vererben einer Kanzlei. Vermeidung der Be-steuerung von stillen Reserven bei der Vererbung vonPraxisimmobilien (1316).

RVG professionell (RVG prof.) Nr. 4: o.Verf., In eigenerSache: Suchen Sie Personal oder wollen sich ver-ändern? (15); Stuth, Geschäftsgebühr. Das Ermessenbei der Schwellengebühr: BGH schafft Klarheit (64).

Steuerberater Magazin (StBMag) Nr. 4: Schippe, Umfra-ge: Wie wichtig ist betriebswirtschaftliche Beratung inIhrer Kanzlei jetzt und in Zukunft? (16); Sommer, DieAlleskönnerinnen. Gute Seele und Organisationszen-trum: die Sekretärin in der Kanzlei (26); Sommer, Stadt,Land, Mandant. Die richtige Ortswahl kann für die Ent-wicklung einer Kanzlei entscheidend sein (40); Nr. 5:Deutsch, Umfrage: Ist Spezialisierung für Sie oder IhreKanzlei ein Thema? (16); Schikora, Herausforderung:Mitarbeiterführung. Taktgeber oder Galeerensklaven-Treiber. Das Führen einer Kanzlei will gelernt sein (46).

Zeitschrift für das juristische Studium (ZJS) Nr. 6: Vog-ler, Legal Clinic: Innovatives Studienmodell oder uner-laubte Rechtsberatung?

Zeitschrift für die Anwaltspraxis (ZAP) Nr. 9: o.Verf., Än-derungen im anwaltlichen Berufsrecht (444).

Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkun-dungspraxis (NotBZ) Nr. 3: Heckschen/Bretschneider,Freiberufler – die richtige Wahl der Rechtsform (81).

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis (ZIP)Nr. 18: Falkenhausen, Der Anwalt im Aufsichtsrat. In-teressenkonflikte und Unabhängigkeit/Gesellschafts-recht und anwaltliches Berufsrecht (862).

BUCHHINWEISE

Prof. Dr. Hartmut Oetker/Prof. Dr. Roland Rixecker/Prof. Dr. Dr. Dr.h.c. Franz Jürgen Säcker (Hrsg.), Mün-chener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetz-buch, Band 6: Sachenrecht (§§ 854–1296), WEG,ErbbauRG, Redakteur: Prof. Dr. Reinhard Gaier,Richter des BVerfG Verlag C.H. BECK, 6. Aufl., 2013,

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AKTUELLE HINWEISE

VI

BUCHHINWEISE

FERNSTUDIUM für KANZLEI-FACHANGESTELLTEAssessorreferent jur. (FSH) · Rechtswirt (FSH) · Rechtsreferent jur. (FSH)

Staatlich zugelassen, berufsbegleitend, 3-7 SemesterZielgruppe: ReNo-Fachangestellte/Fachwirte/Sachbearbeiter mit Interesse an der Übernahme von mandatsbezogenen,

materiellrechtlichen/prozessualen Aufgabenstellungen zur juristischen Entlastung des Anwaltes.Das Fernstudium ermöglicht den Wechsel von der büroorganisatorischen auf die fachjuristische Mitarbeiterebene.

FSH, Universität, Science-Park 2, 66123 Saarbrücken, www.e-FSH.de, Tel. 0681/390-5263, Fax 0681/390-4620Am FSH-Examensinstitut: Fernstudiengänge zur Vorbereitung auf die 1. und 2. juristische Staatsprüfung

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XLIV, 2.460 Seiten, in Leinen, 139 Euro, ISBN978-3-406-61466-8

Gesamtwerk: Rund 28.000 Seiten in Leinen, Ge-samtsubskriptionspreis bis zum Erscheinen des letztenBandes ca. 2.800 Euro (danach ca. 3.200 Euro), ISBN978-3-406-61460-6

Es gilt Gesamtabnahmeverpflichtung für alle 11 Bände.

Der Münchener Kommentar vereint in elf Bänden dasBürgerliche Recht nebst den wichtigen Nebengesetzenin einer geschlossenen, aufeinander aufbauenden Dar-stellung. Der einheitliche systematische Aufbau allerKommentierungen, jeweils beginnend mit dem Norm-zweck, und viele Querverweise erhöhen den Praxisnut-zen des Großwerkes. Wer vertiefte Informationen, dieneueste Rechtsprechung und die dazu erschienene Lite-ratur einschließlich der Hintergründe benötigt, kurz,wer es genau wissen will, wird gerne immer wieder aufden Münchener Kommentar zum BGB zurückgreifen.

Zu Band 6:

Das vom Anwender als eher statische Materie wahr-genommene Sachenrecht wurde für die Neuauflagegründlich durchgesehen und auf den aktuellen Standgebracht. Neue Rechtsprechung und Literaturnachwei-se sind eingearbeitet.

Neu in der 6. Auflage ist der weitere Ausbau des syste-matischen Überblicks über die Rechtsprechung desBVerfG zum Eigentumsschutz und zur öffentlich-recht-lichen Entschädigung.

Die Kommentierung des praxiswichtigen Wohnungs-eigentumsgesetzes liegt in einer komplett überarbeite-ten Fassung vor. Zahlreiche Urteile waren zu berück-sichtigen, u.a. zur Betriebskostenabrechnung, zurVerwalterabberufung, zur Höhe der Instandhaltungs-rücklage, zur Sondereigentumsfähigkeit und zum Be-schlussanfechtungsverfahren.

Die Kommentierung des Nießbrauchs legt einen Schwer-punkt auf praxiswichtige steuerrechtliche Details.

Grundlegend überarbeitet ist das Recht der Siche-rungsübereignung unter Berücksichtigung der jüngstenhöchstrichterlichen Rechtsprechung.

Erstmals kommentiert ist der neu eingefügte § 899aBGB, der die Grundbucheintragung von Gesellschaftenbürgerlichen Rechts regelt.

Ausführlich erläutert ist ferner das Erbbaurechts-gesetz.

Andreas Frieser (Hrsg.), Formularbuch des Fach-anwalts Erbrecht, 2. Aufl. 2013, 1.490 Seiten, gebun-den, inkl. jBook, 119 Euro, Bücher Luchterhand, ISBN978-3-472-08354-2

Dieses Formularbuch stellt die praktische Ergänzungzum Handbuch des Fachanwalts Erbrecht dar.

Der erbrechtliche Praktiker – ob Fachanwalt, Notaroder Anwaltsnotar, ob er sich neu mit dem Erbrechtbefasst, oder ein „alter Hase“ ist – erhält mit diesemWerk eine unersetzliche Hilfe für seine tägliche Arbeit.

AKTUELLE HINWEISE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

VII

StrafrechtWarm up im Strafverfahren – Tipps und Anträge zum Prozessauftakt

Verteidigung in Sexualstrafsachen

Der Antrag auf Nichtverlesung der Anklageschrift – ein völlig unterschätztes Instrument effektiver Verteidigung

Taktik der Zeugenbefragung

Identifizierung von Tatbeteiligten

SteuerstrafrechtSteuerfahndung – Finanzamt für Strafsachen – GerichtVerteidigungsstrategien im Steuerstrafrecht

Die Rüge der fehlerhaften Anklageschrift im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

FamilienrechtDer „knallharte“ Unterhaltsprozess – Durchsetzung und Abwehr von Ansprüchen

Anwaltliche Strategien im Sorge- und Umgangsstreit

pro 10-Stunden-Seminar 329,– €VerkehrsrechtVerteidigung bei VerkehrsunfallfluchtDas Seminar mit dem Crash-Test

Einspruch zurück nehmen oder kämpfen?Erfolgreiche Verteidigung in Bußgeldsachen

349,– €alle Module eines Fachbereichs auch einzeln buchbar

SVO Seminare für Rechtsanwältewww.svo-seminare.de

www.svo-seminare.deSVO-Seminare, Breite Str. 2, 13187 Berlin

Tel. 030 399 943 21

10-Stunden-Fortbildung§ 15 FAO

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Die detaillierten erbrechtlichen Formulare werden zu-nächst vollständig abgedruckt. Stichworte am Randdes Formulars erleichtern den schnellen Zugang zumjeweiligen Problem. Im Anschluss an jedes Formular er-folgen marginalien-bezogene Erläuterungen mit even-tuell benötigten Alternativen sowie Hinweisen auf Risi-ken der jeweiligen Formulierung.

Peter Gerhardt/Bernd von Heintschel-Heinegg/Michael Klein (Hrsg.), Handbuch des FachanwaltsFamilienrecht, 9. Aufl. 2013, 2.898 Seiten, gebunden,inkl. jBook, 149 Euro, Bücher Luchterhand, ISBN978-3-472-08316-0

Das Handbuch des Fachanwalts Familienrecht. Es infor-miert in formeller und materieller Hinsicht umfassendüber familienrechtliche Probleme, bietet praxisorientier-te Lösungen mit vielen Rechenbeispielen und enthältmit der Formularsammlung Vorschläge zum Abfassenvon Schriftsätzen in den wichtigsten Bereichen. Alle imFamilienrecht maßgeblichen Wissensgebiete werden ein-gehend behandelt.

Neben den neuesten Entwicklungen der Rechtspre-chung sowie den ersten praktischen Erfahrungen nachden großen familienrechtlichen Reformen berücksich-tigt die 9. Auflage insbesondere: die BGH Rechtspre-chung zur Entscheidung des BVerfG hinsichtlich derDreiteilungsmethode, IPR: Rom III Verordnung sowieHaager Unterhaltsprotokoll und EU Unterhaltsverord-nung und wichtige Neuerungen im Steuerrecht.

Eberhard Jüdt/Norbert Kleffmann/Gerd Weinreich(Hrsg.), Formularbuch des Fachanwalts Familien-recht, Praxis des familiengerichtlichen Ver-fahrens, 3. Aufl. 2013, 1.392 Seiten, gebunden,inkl. jBook, 138 Euro, Bücher Luchterhand, ISBN978-3-472-08317-7

Das Formularbuch des Fachanwalts Familienrecht zumneuen familiengerichtlichen Verfahren nach dem

FamFG enthält zahlreiche Muster und Formulare fürAnträge, Antragserwiderungen, Tenorierungen, Kos-tenentscheidungen und vieles mehr.

Es ist Formulierungshilfe und zeigt zugleich in seinenErläuterungen verlässlich auf, was bei der Fallbearbei-tung besonders zu beachten ist. Chancen und Risikender einzelnen Vorgehensweisen werden klar und deut-lich dargestellt.

Eine Einleitung in das jeweilige verfahrensrechtlicheThemengebiet und wichtige praktische Hinweise zumUmgang mit den Beteiligten auch aus psychologischerSicht, dargestellt von erfahrenen Psychologen aus derFamilienberatung, erhöhen noch einmal den Nutzendes Werkes um ein Vielfaches und machen es zu einemBuch, das mehr als nur ein reines Formularbuch ist.Alle Formulare können im Online-Portal außerdem kos-tenlos zur weiteren Bearbeitung abgerufen werden.

Die 3. Auflage berücksichtigt insbesondere die neues-ten Entwicklungen der Rechtsprechung und erste prak-tische Erfahrungen nach den großen familienrecht-lichen Reformen im Unterhaltsrecht, Verfahrensrecht(FamFG), Versorgungsausgleich und Güterrecht: Neu:Kapitel zum IPR, BGH Rechtsprechung zur Entschei-dung des BVerfG hinsichtlich der Dreiteilungsmethode,die Entwicklung der geänderten Rechtsprechung desBGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnis-sen, eine Übersicht zum Willen des Gesetzgebers beider Unterhaltsrechtsreform, umfassende Lösungsvor-schläge zur künftigen Berechnung des Unterhalts meh-rerer Ehegatten mit Rechenbeispielen und Alternativlö-sungen, die wichtigsten Neuerungen des SGB II undÄnderungen zur Verfahrenskostenhilfe.

Franz-Thomas Roßmann, Taktik im familiengericht-lichen Verfahren, 3. Aufl. 2013, 736 Seiten, gebun-den, inkl. jBook, 84 Euro, Bücher Luchterhand, ISBN978-3-472-08361-0

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AKTUELLE HINWEISE

VIII

(Fortsetzung S. X)

Das FortbilDungszertiFikatDer brak· Fachkompetenz sichtbar gemacht· Orientierung für Mandanten und potenzielle Mandanten· Zur Werbung auf Briefkopf, Homepage, Visitenkartenoder in Anzeigen

Weitere Informationen unter: www.brakfortbildungszertifikat.de

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AKZENTEFOTO-FINISH

Der Bundestag hat Mitte Mai 2013 die Entwürfe derBundesregierung eines 2. Kostenrechtsmodernisie-rungsgesetzes und eines Gesetzes zurÄnderung des Prozesskostenhilfe- undBeratungshilferechts in 2. und 3. Lesungangenommen; damit auch die langdiskutierten Vorschläge für strukturelleÄnderungen und Ergänzungen derRegelungen des Rechtsanwaltsver-gütungsgesetzes und für eine lineareAnpassung der Werte der Gebühren-tabelle.Das allein ist aber noch kein Anlasszum Jubeln. Denn zum Zeitpunkt derDrucklegung dieser Akzente hat derRechtsausschuss des Bundesrates mit15:1 Stimmen beschlossen, dem Bun-desrat zu empfehlen, den Vermittlungs-ausschuss anzurufen. Und es ist zu er-warten, dass er sich der Empfehlung anschließen wird.Es bleibt also spannend.Um die Anwaltsvergütung geht es dabei aber nichtmehr. Es geht darum, dass die Länder mit den vorgese-henen Erhöhungen bei den Gerichtskosten bzw. den

Einsparungen bei der Prozesskostenhilfe noch nicht zu-frieden sind. Es steht also nicht die Rechtsanwaltsver-

gütung im Fokus, sondern die Justiz-haushalte der Länder.

Dennoch wird die Anwaltschaft das Zielim Auge behalten und beim Endspurtnoch einmal alle Kräfte mobilisieren.Wir, die Bundesrechtsanwaltskammerund der Deutsche AnwaltVerein, werdendaher in den nächsten Wochen die Ge-spräche zwischen Bund und Ländern au-ßerhalb und, soweit möglich, innerhalbdes Vermittlungsausschusses weiter ver-antwortlich und mit Augenmaß beglei-ten und beeinflussen. Und wir werdenalles daran setzen, dass ich Ihnen inmeinen nächsten Akzenten Erfolg ver-melden kann. Ein Scheitern der Gesetz-

gebungsverfahren Kostenrechtsmodernisierungsgesetzund Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- undBeratungshilferechts kann sich niemand erlauben!

Ihr Axel C. Filges

AKZENTE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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BRAKMIT TEILUNGEN

JUNI 2013 · AUSGABE 3/201344. JAHRGANG

INFORMATIONEN ZU BERUFSRECHT UND BERUFSPOLITIK

Axel C. Filges

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AUFSÄTZEZUR GEWICHTUNG DER FÄLLE BEIM NACHWEIS DERPRAKTISCHEN FÄHIGKEITEN NACH § 5 FAO – EINE KRITISCHEANALYSE DER ENTSCHEIDUNG DES BGHRECHTSANWÄLTIN DR. SUSANNE OFFERMANN-BURCKART, DÜSSELDORF*

Der BGH hat Anfang Mai das von der Fachwelt unge-duldig erwartete Urteil zur Gewichtung der Fälle nach§ 5 Abs. 4 FAO veröffentlicht (BRAK-Mitt. 2013, 135[in diesem Heft]). Der Anwaltssenat hatte sich dabeimit der Frage zu befassen, ob die Norm den verfas-sungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Er hat die-se Frage bejaht und dabei sogar festgestellt, dass essich nicht um eine Ausnahmeregelung handelt. Beider Aufstellung verallgemeinerungsfähiger Kriterienfür eine Höher- wie Mindergewichtung tut sich aller-dings auch der BGH schwer.

I. DER ANWALTSSENAT LIEBT OBITER DICTA

Auch der Bundesgerichtshof trifft Einzelfallentscheidun-gen. Eigentlich. Denn häufig geben Einzelfälle demBGH Veranlassung, sich zu bestimmten Rechtsfragenganz grundsätzlich zu äußern. Und manchmal nimmtsich der BGH die Freiheit, einen Einzelfall als willkom-mene Gelegenheit zu grundsätzlicher Äußerung zu nut-zen, auch wenn der konkrete Sachverhalt dies nicht ver-langt. Man spricht dann von „obiter dictum“, was so vielheißt wie „beiläufig bemerkt“. Es kommt zu Ausführun-gen in den Entscheidungsgründen, „die hinweggedachtwerden können, ohne dass sich dadurch am Ergebnis et-was ändern würde“. Im Hinblick auf Art. 20 Abs. 2Satz 2 GG wird im Schrifttum die Auffassung vertreten,die obersten Gerichte sollten mit ihren obiter dictaZurückhaltung üben.1 Diese Zurückhaltung lässt derAnwaltssenat des BGH immer wieder, so auch im vorlie-genden Urteil, vermissen, wenn es um Fachanwaltsange-legenheiten geht. Leider führt dies für die Fach-(anwalts)welt, also die Vorprüfungsausschüsse undKammervorstände und insbesondere auch für die Bewer-ber um einen Fachanwaltstitel nicht immer zu der wohlbeabsichtigten Klarstellung, sondern nur zu weitererVerwirrung. Denn die Entscheidungen sind zum größtenTeil eben doch sehr stark einzelfallbezogen und taugendeshalb – eigentlich – kaum zu Verallgemeinerungen.

II. AKTUELLER SACHVERHALT

So liegt es auch in dem Fall, mit dem sich der BGH am8.4.2013 beschäftigte. Dieser Fall hatte wegen seiner

Einzigartigkeit schon vor der BGH-Entscheidung für Fu-rore gesorgt, und die Fachleute warteten gespannt aufdas Votum des Anwaltssenats. Es ging um einen An-tragsteller, der bereits im September 2008 die Verlei-hung der Bezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“ bean-tragt hatte und der im August 2009 von der zuständi-gen Rechtsanwaltskammer negativ beschieden wordenwar, weil er nicht den Nachweis besonderer prakti-scher Erfahrungen im Erbrecht erbracht habe. Der An-waltsgerichtshof Niedersachsen hob den Ablehnungs-bescheid am 18.1.2010 auf und verpflichtete dieAnwaltskammer, den Antrag des Klägers unter Beach-tung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu be-scheiden. Dabei äußerte der AGH Zweifel an der Ver-fassungskonformität von § 5 Satz 3 FAO a.F. (= § 5Abs. 1 Satz 4 FAO n.F.),2 der bei der ablehnenden Ent-scheidung eine tragende Rolle gespielt hatte.3

Nachdem der Antragsteller zwischenzeitlich Untätig-keitsklage erhoben hatte, erließ die Anwaltskammeram 21.12.2010 erneut einen Ablehnungsbescheid.Zwar habe, so die Begründung, der Bewerber im maß-geblichen Referenzzeitraum insgesamt 94 erbrecht-liche Fälle bearbeitet, doch seien diese insgesamt nurmit einem Gewicht von 74,5 zu bewerten, weshalbder geforderte Nachweis von 80 Mandaten nicht er-bracht sei. Die Kammer hatte eine Reihe von Fällennicht mit dem Faktor 1,0, sondern mit einem Gewichtvon 0,2, 0,3, 0,5, 0,6, 0,7, 0,8 und 0,9 gewertet.4

Im nächsten Akt des Dramas, nämlich am 29.8.2011,gab der AGH Niedersachsen der entsprechend umge-wandelten Untätigkeitsklage des Antragstellers statt.5

Der AGH vertrat die Auffassung, die vom Antragstel-ler/Kläger bearbeiteten über 90 Erbrechtsfälle seien je-weils mit dem Faktor 1 zu bewerten. Dabei kommt eineMindergewichtung einzelner Fälle aus Sicht des AGHschon deshalb nicht in Betracht, weil er § 5 Abs. 4FAO wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1, 20 Abs. 3und 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig und somit nich-tig hält. Eine „derart systemwidrige und unbestimmte,das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit ein-schränkende Vorschrift“ könne gerade in dem auchaus verfassungsrechtlichen Gründen stark formalisier-

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* Die Autorin ist Vorsitzende des Ausschusses 1 (Fachanwaltschaften) der Satzungs-versammlung und Hauptgeschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf.

1 Vgl. Tilch/Arloth, Deutsches Rechtslexikon, Band 2.

2 Der Einfachheit halber wird im weiteren Verlauf der Darstellung nur noch von § 5Abs. 4 FAO, also der Norm in ihrer heutigen Fassung, die Rede sein.

3 AnwBl. 2010, 715.4 Vgl. hierzu auch Wendt, AnwBl. 2012, 110, 112.5 AnwBl. 2011, 957.

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ten Fachanwaltszulassungsverfahren keine Anwen-dung finden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegen-heit ließ der AGH die Berufung zu, die die RAK aucheinlegte. Die „never ending story“ ging damit in dienächste Runde. Mit Spannung wurde erwartet, wiesich der Anwaltssenat zur Frage einer möglichen Ver-fassungswidrigkeit von § 5 Abs. 4 FAO positionierenwürde.

III. IMMER ÄRGER MIT DER GEWICHTUNG (?)

Die Gewichtungsregelung sorgt seit jeher für vielfältigeDiskussionen – Diskussionen über die Frage, ob nureine Höhergewichtung oder auch – was die Satzungs-versammlung zwischenzeitlich klargestellt hat – eineMindergewichtung möglich sei, über die Frage, bis zuwelchem Faktor (0,5 oder auch weniger) man abge-wichten könne, über die Frage, nach welchen Kriterieneine Höher- oder auch Mindergewichtung zu erfolgenhabe und ob man nicht zweckmäßigerweise so etwaswie einen Kriterienkatalog erstellen könne, und ebenauch über die Frage, ob die Norm nicht wegen ihrerUnbestimmtheit und der zu befürchtenden Relativie-rung der in § 5 Abs. 1 lit. a bis t FAO normierten Fall-zahlen verfassungswidrig sei. Soweit zu beobachten,gehen Vorprüfungsausschüsse und Kammervorständemit der Gewichtungsregel zurückhaltend (und tenden-ziell antragstellerfreundlich) um, wobei § 5 Abs. 4FAO, der von der Gewichtung „einzelner Fälle“ spricht,bislang als Ausnahmebestimmung und nicht als Auf-forderung verstanden wurde, nun ausnahmslos undausdrücklich jeden nachgewiesenen Fall einer konkre-ten Gewichtung zu unterziehen.6

Deshalb war von den meisten Kennern der FAO erwar-tet worden, der Anwaltssenat werde § 5 Abs. 4 FAOnicht für verfassungswidrig erklären, allerdings seineverfassungskonforme Auslegung dahin anmahnen,dass es sich um eine Ausnahmeregelung handele indem Sinne, dass natürlich jeder Fall (die Nr. 1 ebensowie die Nr. 33 oder 75 aus einer Fallliste) gewichtetwerden könne, aber nicht zwingend müsse, und dassnur sich aufdrängende Andersgewichtungen vorzuneh-men seien.

IV. § 5 ABS. 4 FAO IST KEINE AUSNAHME-REGELUNG

Dieser Erwartung hat der BGH nicht entsprochen.Zwar erklärt er § 5 Abs. 4 FAO in der Tat für verfas-sungsgemäß, doch stellt er außerdem fest, dass dieGewichtungsregelung mitnichten eine Ausnahme-bestimmung sei, sondern jeder eingereichte Fall daraufüberprüft werden müsse, ob eine Minder- oder Höher-gewichtung angezeigt sei.

1. WIE ERMITTELT MAN DEN WILLEN DES SATZUNGS-GEBERS?Zur Begründung dieser Lesart stellt der Anwaltssenatnicht auf den Wortlaut der Norm, der für eine gegen-teilige Interpretation spräche, sondern auf die Intenti-on des Satzungsgebers ab, der einerseits die Schwellefür den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung nichtsehr hoch habe ansetzen, andererseits aber die Vo-raussetzungen für die Verleihung so habe gestaltenwollen, dass eine „herausragende Qualifikation derFachanwaltschaft“ sichergestellt sei. Daher sei es ge-boten, die schematische Ermittlung der erforderlichenpraktischen Erfahrungen des Bewerbers durch eine„einzelfallbezogene Bewertung der eingereichten Fälle“zu ergänzen. Nur so könne sichergestellt werden, dasseinerseits – bei unterdurchschnittlichem Gehalt dereingereichten Fälle – das vom Satzungsgeber im Inte-resse der Rechtsuchenden angestrebte hohe Fach-anwaltsniveau erreicht und dass andererseits – bei ge-ringeren Fallzahlen, aber überdurchschnittlichem Ge-wicht eingereichter Fälle – dem Interesse desBewerbers Rechnung getragen werde, den Fach-anwaltstitel zu erlangen, ohne übermäßig hohe Hür-den überwinden zu müssen. „Einzelfallbezogene Be-wertung“? Wie verträgt sich die mit dem Credo vomstreng formalisierten Prüfungsverfahren?7

Was der Satzungsgeber (sprich die Erste Satzungsver-sammlung) sich bei Schaffung der Gewichtungsrege-lung tatsächlich gedacht hat, ist nicht zu ermitteln. Lei-der sah die Geschäftsordnung der Satzungsversamm-lung damals noch nicht vor, dass die Satzung undihre Änderungen mit einem Begründungstext des je-weils zuständigen Ausschusses versehen wurden, undleider sind die Protokolle der Ausschuss- und Plenums-sitzungen der ersten Stunde nicht sehr aussagekräftig.

a) AMTLICHE BEGRÜNDUNG ZU § 9 ABS. 1 SATZ 2RAFACHBEZG

Auch der Anwaltssenat scheint diesbezüglich nicht fün-dig geworden zu sein und rekurriert auf die Vorläufer-bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 2 RAFachBezG unddie hierzu vorliegende amtliche Begründung des Ge-setzgebers (nämlich BT-Drucks. 12/1710, S. 8).

In der Tat war auch in § 9 Abs. 1 Satz 2 RAFachBezGdie Rede davon, dass „die Bedeutung einzelner Fällezu einer anderen Gewichtung führen (kann)“. Und inder Tat heißt es in der Gesetzesbegründung: „Die auf-geführten Fallzahlen gelten nicht absolut, vielmehr istdie Bedeutung der einzelnen Fälle … mit zu berücksich-tigen und kann zu einer Mehr- oder Minderanforde-rung von Fällen führen.“

b) DIE SCHWÄCHEN DER VORLÄUFERREGELUNGAllerdings weist das frühere Gesetz über Fachanwalts-bezeichnungen gegenüber der heutigen Situation einemaßgebliche Lücke auf, die der Begründungstextmit einer gravierenden Ungereimtheit zu schließen

AUFSÄTZE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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6 Anders aber wohl Vossebürger, Feuerich/Weyland, BRAO, § 5 FAO, Rdnr. 23. 7 Vgl. hierzu nur BGH, BRAK-Mitt. 2007, 166, 168 m. zahlr. w. Nachw.

OFFERMANN-BURCKART, ZUR GEWICHTUNG DER FÄLLE BEIM NACHWEIS DER PRAKTISCHEN FÄHIGKEITEN NACH § 5 FAO

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sucht, was insgesamt den damaligen Gesetzgeber alsschlechten Gewährsmann für die aktuelle FAO-Regelerscheinen lässt. Denn in § 9 RAFachBezG fehlte völligdie Festlegung eines Referenzzeitraums (der heute be-kanntlich drei Jahre beträgt), was der Gesetzgeberdurch die Formulierung, es seien nicht nur die Bedeu-tung der einzelnen Fälle, sondern auch der Zeitraum,in dem diese bearbeitet worden seien, mit zu berück-sichtigen, zu heilen suchte. Wörtlich heißt es: „Anderer-seits kann etwa einer Vielzahl gleichgelagerter, ein-facher Verfahren nur ein geringeres Gewicht beizumes-sen sein; gleiches gilt, wenn die Bearbeitung derMehrzahl der Fälle weit zurückliegt.“ Wie man das„weite Zurückliegen“ von Fällen mit ihrer – offenbar ge-ringeren – Bedeutung gleichsetzen und dabei zu einerAbwertung gelangen will, erschließt sich nicht.

2. SCHLUSSFOLGERUNGEN DES ANWALTSSENATS UNDNEUE PROBLEMEEs wäre auch müßig, hierüber nachzudenken, würdenicht der Anwaltssenat im Jahr 2013 diese etwas kru-de Begründung aus dem Jahr 1991 zur Auslegungvon § 5 Abs. 4 FAO heranziehen.8 Auf der Basis seinesNormverständnisses geht der BGH davon aus, dass fürdie Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung derNachweis der Bearbeitung der in § 5 Abs. 1 lit. a bis tFAO jeweils konkret bestimmten Anzahl von Fällen al-lein nicht genüge. Vielmehr müsse jeder Bewerber zu-sätzlich, „etwa durch einen hinreichend aussagekräfti-gen Fallbeschrieb“, belegen, dass den bearbeitetenFällen insgesamt betrachtet mindestens das gleicheGesamtgewicht wie der vorgegebenen Anzahl durch-schnittlicher Mandate zukomme. Und es stehe nichtim Ermessen des Kammervorstands, ob er von der Ge-wichtungsregelung Gebrauch mache.

Bei der Formulierung „hinreichend aussagekräftigerFallbeschrieb“ drängt sich zwangsläufig die Frage auf,wie es denn möglich sein soll, in der in § 6 Abs. 3 FAOvorgesehenen Fallliste deutlich zu machen, ob Bedeu-tung, Umfang und Schwierigkeit jedes einzelnen Fallesunterdurchschnittlich, durchschnittlich oder überdurch-schnittlich sind, ohne einerseits den Antragsteller, an-dererseits die Entscheider durch den schieren Umfangder Beschreibungen zu überfordern. Und wann ist der„Fallbeschrieb“ aussagekräftig genug? Reicht es etwazum Beleg der besonderen Bedeutung aus, dass essich bei einem Mandat um eine Kündigungsschutzkla-ge oder eine Scheidung handelt, die für den Betroffe-nen zwangsläufig von besonderer Wichtigkeit sind?Das könnte dazu führen, dass etwa Arbeits- oder Fami-lienrechtler gegenüber Mietrechtlern oder Verkehrs-rechtlern, die sich häufig mit Nebenkostenabrechnun-gen und Bagatellunfällen zu befassen haben, per seim Vorteil wären. Würden die Vorprüfungsausschüssedie jetzigen Vorgaben des BGH wörtlich nehmen,

müsste dies dazu führen, dass in Zukunft zahllose (mit-unter vielleicht sogar 100 Prozent) Arbeitsproben an-gefordert werden. Denn wirklichen Aufschluss über Be-deutung, Umfang und Schwierigkeit eines Mandatswird im Zweifel erst die Handakte liefern.

V. WAS IST EIN „DURCHSCHNITTLICHER“ FALL?

Und überhaupt, was ist ein „durchschnittlicher“ Fall? Indem Bemühen, diese Frage plausibel zu beantworten,tut sich auch der Anwaltssenat schwer. Die Beurtei-lung habe sich nicht an den Erwartungen eines erfah-renen Fachanwalts, sondern daran auszurichten, wasbei einer Allgemeinpraxis als durchschnittlicher Fallaus dem betreffenden Fachgebiet zu gelten habe. DasSpektrum durchschnittlicher Fälle reiche von Man-daten, die sich an der Grenze zur Überdurchschnitt-lichkeit bewegten, bis hin zu Fällen, die an der Schnitt-stelle zur Unterdurchschnittlichkeit anzusiedeln seien.Bei dieser Wortakrobatik drängt sich sofort die Frageauf, wie denn ein Fall „an der Schnittstelle zur Unter-durchschnittlichkeit“ zu bewerten ist. Doch noch mit1,0 oder wegen Unterschreitens der Schnittstelle mit0,9 oder 0,8? Und wann ist die Unterdurchschnittlich-keit klar erreicht? Wer 3 Juristen zur Durchschnittlich-keit desselben Rechtsfalles befragt, wird vermutlich 3(wenn nicht mehr) unterschiedliche Einschätzungen hö-ren. Der BGH verweist auf eine umfangreiche Kasuis-tik, die bei näherer Betrachtung so umfangreich leidernicht ist und, wie oben schon ausgeführt, starke Einzel-fallbezogenheit aufweist. Außerdem fordert der An-waltssenat einige Sätze nach den Betrachtungen zuDurchschnittlichkeit und Über- bzw. Unterdurchschnitt-lichkeit selbst, dass für eine Höher- oder Minderge-wichtung der vom Bewerber vorgelegten Mandate„tragfähige Anhaltspunkte“ vorliegen müssen, die eine„zuverlässige Beurteilung“ dahin zulassen, dass sichder jeweilige Fall in seinem Gewicht in der einen oderanderen Richtung vom Durchschnitt abhebt. Lassesich nicht abschließend beurteilen, ob sich die bearbei-tete Rechtssache vom Durchschnittsfall unterscheide,sei sie als durchschnittliche Angelegenheit einzuord-nen und mit dem Faktor 1 zu bewerten. Also führenZweifel des Entscheiders (immer) zu einer in dubio proreo-Regelung zugunsten des Antragstellers? Ist das ob-jektiv richtig und „gerecht“ und unter Gleichbehand-lungsgesichtspunkten vertretbar? Und wie verträgtsich dies mit der soeben dargestellten Forderung,dass der Bewerber „belegen (muss)“, dass den bearbei-teten Fällen das gleiche Gesamtgewicht wie der vor-gegebenen Anzahl durchschnittlicher Mandate zukom-me? Haben wir es hier mit der Forderung nach derQuadratur des Kreises, einem Widerspruch in sichoder beidem zu tun?

Noch mehr Verwunderung stellt sich beim Lesen derEntscheidungsgründe ein, wenn man erkennt, dassder Anwaltssenat im konkreten Fall zu dem Ergebnisgelangt, von den über 90 Fällen des Antragstellers/

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8 Nur am Rande sei erwähnt, dass das Fachanwaltsbezeichnungs-Gesetz und dasThema Fachanwaltschaften überhaupt seinerzeit ein reichlich „ungeliebtes Kind“des Gesetzgebers war, der sich nur gezwungenermaßen des Sujets annahm. Vgl.hierzu näher Offermann-Burckart, Fachanwalt werden und bleiben, 3. Aufl., S. 7 ff.

OFFERMANN-BURCKART, ZUR GEWICHTUNG DER FÄLLE BEIM NACHWEIS DER PRAKTISCHEN FÄHIGKEITEN NACH § 5 FAO

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Klägers, die vom Vorprüfungsausschuss bzw. Kammer-vorstand zum Teil sehr deutlich abgewichtet wurden,seien immerhin 91 Fälle jeweils zumindest mit demFaktor 1 zu bewerten. Nur in 2 Fällen gelangt derBGH zu einer anderen Gewichtung – und zwar in ei-nem Fall zu einer Gewichtung mit dem Faktor 1,5(von der auch die beklagte Anwaltskammer ausgegan-gen war) und im anderen Fall zu einer Gewichtung mitdem Faktor 0,5 (und nicht mit 0,2, wie die Beklagte fürrichtig gehalten hatte). Abgesehen von diesem letzt-genannten Fall, zu dem der Anwaltssenat bemerkt,bei der von der Kammer vorgenommenen Herabstu-fung auf 0,2 werde verkannt, dass die von ihm selbstin einer früheren Entscheidung gebilligte Minder-gewichtung auf 0,2 sich auf besonders gelagerteFallgestaltungen bezogen habe, fehlt es in den Ent-scheidungsgründen an jeder konkreten und mandats-bezogenen Auseinandersetzung mit den Gewichtungs-kriterien.

Der BGH verweist lediglich auf frühere Senatsentschei-dungen und urteilt pauschal, die beklagte Kammerhabe in allen Fällen, in denen sie eine Mindergewich-tung vorgenommen habe, einen viel zu strengen Maß-stab bei der Beurteilung der Anforderungen an einendurchschnittlichen Erbrechtsfall angelegt. Deshalb sei-en selbst schwierigere Erbrechtsfälle oder sich von ein-fachen Fallgestaltungen deutlich abhebende Fälle miteinem niedrigeren Gewicht als 1,0 angesetzt worden.Ebenfalls nur verallgemeinernd wird noch ausgeführt,dass eine Mindergewichtung jedenfalls nicht stets vor-zunehmen sei, wenn eine einfach gelagerte und damitohne großen zeitlichen Aufwand zu beantwortendeRechtsfrage zu beurteilen gewesen sei oder es sichum einen Beratungsfall gehandelt habe oder vielleichtder Umfang und die Schwierigkeit der im Referenzzeit-raum entfalteten Tätigkeit unterdurchschnittlich gewe-sen seien. Soll denn wirklich keine einzige (außer denvorerwähnten beiden) der vielen Einzelfallbetrachtun-gen, die Vorprüfungsausschuss und Kammervorstandoffenbar angestellt haben, dem BGH Anlass zu nähe-rer Auseinandersetzung geboten haben?

VI. VIELE ALLGEMEINPLÄTZE UND EINSTATEMENT ZUR MINDERGEWICHTUNG

Da aber der Anwaltssenat jedenfalls mit der „sehr aus-differenzierten Abstufung“ der Beklagten nicht kon-form geht, hätten sich – um zum Thema „obiterdictum“ zurückzukommen – die für Vorprüfungsaus-schüsse und Kammervorstände wie für (künftige) An-tragsteller höchst problematischen Ausführungen zurVerpflichtung des Bewerbers, den Nachweis der„Durchschnittlichkeit“ sämtlicher Fälle zu führen, erüb-rigt. Es hätte die Feststellung genügt, dass die Gewich-tungsregel jedenfalls nicht verfassungswidrig, die be-klagte Kammer aber bei der Gewichtung im Einzelfallüber das Ziel hinausgeschossen sei. Statt der vielengrundsätzlichen und nicht zwingend erforderlichen

Ausführungen wäre es dabei hilfreich gewesen, mehrüber die Details, nämlich darüber zu erfahren, in wel-cher Hinsicht konkret die Beklagte falsch gewichtethat und weshalb die eine oder andere erbrechtlicheRechtsfrage bzw. Beratung des Antragstellers/Klägersvon durchschnittlichem Gewicht und also mit 1,0 zubewerten war. Auf diese Weise – und nur auf dieseWeise – hätte der Anwaltssenat die Kasuistik schaffenkönnen, von der er so gerne spricht.

Völlig unklar bleibt, warum der Senat feststellt undauch noch als Leitsatz formuliert, dass eine – auch er-hebliche – Mindergewichtung vorzunehmen sei, wennWiederholungsfälle eng miteinander verknüpft seien,etwa weil ihnen im Wesentlichen derselbe Lebenssach-verhalt zugrunde liege oder sie Teil eines Verfahrens-verbundes seien. Zu dieser Feststellung bietet der kon-krete Fall offenbar keine Veranlassung. Jedenfallsbleibt der BGH die Herstellung einer Verbindung sei-ner Aussage zu dem zu entscheidenden Lebenssach-verhalt schuldig. Und die in dem Leitsatz in Bezug ge-nommene Entscheidung v. 20.4.20099 ist für sich ge-nommen schwierig genug. In dieser Entscheidungformuliert der BGH – in scheinbarem Widerspruch zueinem Beschluss v. 6.3.200610 –, dass sich einemRechtsanwalt in unterschiedlichen Fällen wiederholtdieselben erbrechtlichen Fragen stellten, könne zu ei-ner Mindergewichtung der Wiederholungsfälle führen.Betrachtet man die seinerzeit im Fokus stehenden Fäl-le, stellt man fest, dass es mehrfach um die Erhebungder Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB hinsichtlichein und desselben Erbfalles gegenüber verschiedenenForderungen zweier Nachlassgläubiger, und damitalso eigentlich nur um einen Fall ging.

Und überhaupt – der Fallbegriff. Berücksichtigt man,dass der BGH als Fallbearbeitung jedes (auch ganz ru-dimentäre und/oder unbedeutende) inhaltliche Arbei-ten an einem Fall innerhalb des dreijährigen Referenz-zeitraums ausreichen lässt und auch bei der bloßenBearbeitung nur eines Fallfragments eine Minderge-wichtung ablehnt, weil es auf Bedeutung, Inhalt undSchwierigkeitsgrad des (einzelnen) Falles und nichtdes Bearbeitungsteiles ankomme,11 dann führt die ak-tuelle Entscheidung zur Gewichtung erst recht dazu,dass sich Antragsteller wie Entscheider zutiefst verunsi-chert fühlen müssen. Erstere müssen ständig damitrechnen, trotz Erreichens der absoluten Fallzahl eineunzureichende Fallliste vorzulegen, Letztere müssen –hin und hergerissen zwischen formalisierender Be-trachtung und Qualitätsanspruch – befürchten, zu laxoder zu streng zu urteilen, es jedenfalls in letzter Kon-sequenz dem BGH doch nicht recht machen zu kön-nen.

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9 FamRZ 2009, 1320 = BRAK-Mitt. 2009, 177 m. Anm. Siegmund.10 BGH, BRAK-Mitt. 2006, 131, 132 f. = BGHReport 2006, 819, 821 m. krit. Anm.

Offermann-Burckart.11 BGH, BRAK-Mitt. 2006, 131 ff. = BGHReport 2006, 819 ff. m. krit. Anm. Offer-

mann-Burckart.

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VII. AUSBLICK UND APPELL

Man kann nur hoffen, dass alle Beteiligten auch in Zu-kunft das Augenmaß wahren, das sich seit vielen Jah-ren im Großen und Ganzen bewährt. Wenn es einenGedanken in der BGH-Entscheidung gibt, dem man fol-gen sollte, dann ist das die Überlegung, dass eine Min-der- oder Höhergewichtung nur dann in Betrachtkommt, wenn tragfähige Anhaltspunkte vorliegen, dieeine entsprechende Beurteilung zuverlässig zulassen.

Und ein wirklich Gutes hat die Entscheidung auch,kann sie doch nochmals als ausdrückliche Ermunte-rung für Antragsteller verstanden wissen, in ihrer Fall-liste selbst eine Höhergewichtung einzelner Mandatevorzunehmen.12 Eventuell wird sich aber auch die Sat-zungsversammlung aufgerufen fühlen, doch noch füreine Präzisierung der Gewichtungsregelung zu sorgen.

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VERFASSUNGSKONFORME AUSLEGUNG DES TÄTIGKEITS-VERBOTS FÜR SYNDIKUSANWÄLTE GEM. § 46 BRAORECHTSANWALT DR. HARALD KOLLRUS, UFFING AM STAFFELSEE*

I. EINLEITUNG

Nach wie vor zählen die Tätigkeits- und Vertretungsver-bote der § 45, § 46 BRAO für angestellte Rechtsanwäl-te zu den umstrittensten Vorschriften des anwaltlichenBerufsrechts. Der Deutsche Anwaltverein hat deshalbeinen neuen Anlauf für die Novellierung dieser Vor-schriften unternommen.1 Der BRAO-Ausschuss der Bun-desrechtsanwaltskammer plant ebenfalls, wenn auchzeitlich noch nicht absehbar, mit einer Beschlussvorlagezu reagieren.2 Generell lässt sich die Dynamik im an-waltlichen Berufsrecht mit dem Bestreben der h.L. undeiner zunehmenden Anzahl von Gerichten3 charakteri-sieren, die Rechtsordnung dem anhaltenden Struktur-wandel in der Rechtsanwaltschaft anzugleichen. Im Fo-kus steht der Syndikusanwalt, also ein Rechtsanwalt,der in einem festen Arbeits- oder Dienstverhältnis fürseinen nichtanwaltlichen Arbeitgeber bzw. Dienst-berechtigten rechtsberatend tätig ist (vgl. § 46 BRAO).4

Seine berufsrechtliche Stellung als Rechtsanwalt istnicht anerkannt. Verfolgt man aber die Entwicklungder Rechtsprechung, so wäre der Fall, dass ein Syn-dikusanwalt nach Beendigung seines Anstellungsver-hältnisses seinen vormaligen Arbeitgeber in der glei-

chen Angelegenheit als frei praktizierender Rechts-anwalt vor Gericht weiter vertritt, für eine weitereLiberalisierung prädestiniert. Der Einfluss des ehemali-gen Dienstberechtigten bzw. Arbeitgebers spielt nachBeendigung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses näm-lich dann nur eine untergeordnete Rolle.5 Mit Urteil v.25.2.1999 sprach sich der BGH zwar noch für die un-eingeschränkte Verfassungsmäßigkeit des § 46 BRAOund damit für ein umfassendes Tätigkeitsverbot aus.6

Zwischenzeitlich verlagerten sich aber die Schwerpunk-te der verfassungsrechtlichen Güterabwägung hin zuranwaltlichen Berufsfreiheit.7 Eine aktuelle Positionie-rung des BGH steht zu dieser Thematik seither nochaus. Dafür bietet die zwischenzeitlich in mehreren Ent-scheidungen manifestierte Rechtsprechung des EuGHAnhaltspunkte für vermittelnde Lösungsansätze.8

II. ANALYSE ZUR AKTUELLEN ENTWICKLUNGDER DOPPELBERUFSTHEORIE

1. FESTHALTEN DER HERRSCHENDEN MEINUNG ANDER DOPPELBERUFSTHEORIEDer Gesetzgeber9 und die h.M. in der Judikatur10 hal-ten unter Hinweis auf die berufsrechtliche Unabhän-

12 Vgl. hierzu Scharmer, Hartung/Scharmer, BORA, § 5 FAO, Rdnr. 332 und Offer-mann-Burckart, a.a.O., S. 117.

* Der Autor ist Geschäftsführender Direktor des Institut für Recht, Steuern und Be-trieb GmbH.

1 DAV-Stellungnahme Nr. 42/12 v. 4.5.2012, S. 3, und DAV, AnwBl. 2007, 676(688).

2 Kury, BRAK-Mitt. 2013, 2 (6).3 Vgl. z.B. LG Berlin v. 30.11.2005 – 505 QS 185/05, NStZ 2006, 470; AGH Bre-men v. 10.10.2001 – 1 AGH 6/00, AnwBl. 2002, 298 = BRAK-Mitt. 2002, 144(146), LS 1; Bürkle, MDR 2005, 848; Frenzel, MDR 2003, 1324; Hartung, Har-tung, Anwaltliches Berufsrecht, 5. Aufl. 2012, § 46 BRAO, Rdnr. 41 f.; Hamacher,AnwBl. 2011, 42 f., Huff, AnwBl. 2011, 473 (474), und Kleine-Cosack, AnwBl.2011, 467, jeweils m. krit. Anm. zu BGH v. 7.2.2011 – AnwZ (B) 20/10, AnwBl.2011, 494 (495) = BRAK-Mitt. 2011, 145 = NJW 2011, 1517, Rdnr. 6; Kleine-Co-sack, BRAO, 6. Aufl. 2009, § 46, Rdnr. 3 f.; Koch/Kilian, Anwaltliches Berufsrecht,2007, lit. B., Rdnr. 690; Mann, AnwBl. 2010, 87 (88); ders., DB 2011, 978 (983);Offermann-Burckart, AnwBl. 2012, 778; Prütting, AnwBl. 2001, 313.

4 BGH v. 7.2.2011 – AnwZ (B) 20/10, AnwBl. 2011, 494 (495) = BRAK-Mitt. 2011,145 = NJW 2011, 1517, Rdnr. 6; Huff, s. Fn. 3; Kleine-Cosack, s. Fn. 3.

5 Vgl. BGH v. 13.1.2003 – AnwZ (B) 25/02, AnwBl. 2003, 233 = BB 2003, 2020 =MDR 2003, 659 = NJW 2003, 883 (884) = NZA 2003, 327, LS. u. Rdnr. 7, zu § 5FAO.

6 BGH v. 25.2.1999 – IX ZR 384/97, AnwBl. 1999, 554 = BB 1999, 978 = BGHZ141, 69 = MDR 1999, 640 = NJW 1999, 1715 (1717), Rdnr. 26, 29.

7 Vgl. BGH v. 4.11.2009 – AnwZ (B) 16/09, AnwBl. 2010, 64 = BGHZ 183, 73 =BRAK-Mitt. 2010, 27 = MDR 2010, 356 = NJW 2010, 377, LS 3 und Rdnr. 17 f.

8 EuGH v. 6.9.2012 – C-422/11 u.a. (Prezes Urzêdu Komunikacji Elektronicznej),AnwBl. 2012, 1003 f. = BRAK-Mitt. 2012, 273 (red. LS), Rdnr. 18, 23 f.; EuGH v.14.9.2010 – C-550/07 P (Akzo Nobel Chemicals Ltd. und Akcros Chemicals Ltd.),AnwBl. 2010, 796 = BB 2010, 2313 = BRAK-Mitt. 2010, 259 = DB 2010, 2218(2219) = NJW 2010, 3557 = NZG 2010, 1137, Rdnr. 45 – 49, 56 f. und 72; EuGHv. 18.5.1982 – C-155/79 (AM & S Europe Ltd.), NJW 1983, 503 (504).

9 BT-Drucks. 12/7656, S. 49, zu § 46 BRAO (Stellungnahme des Rechtsausschus-ses); aber offengelassen Leutheusser-Schnarrenberger, AnwBl. 2012, 577 (580).

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gigkeit (§§ 1 bis 3, § 43a Abs. 1 BRAO, § 1 BORA; vgl.§ 1 PartGG) an dem tradierten Bild des klassischen,frei praktizierenden Anwalts und der davon abgeleite-ten sog. Doppelberufstheorie fest. Ihre Theorie besagt,nur soweit ein Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft„frei“ tätig wird, unterliege er dem anwaltlichen Berufs-recht. Nur er garantiere als unabhängiges, integresOrgan der Rechtspflege die anwaltliche Unabhängig-keit. Wird ein Anwalt aber in seiner Funktion als Syn-dikusanwalt tätig, soll er aufgrund des dienst- oder ar-beitsvertraglichen Über- und Unterordnungsverhältnis-ses und angesichts seiner Identifizierung mit denGeschäftszielen seines (ehemaligen) Dienstberechtig-ten/Arbeitgebers nicht über den notwendigen Gradan Unabhängigkeit verfügen, um frei von den Weisun-gen und Geschäftsstrategien seines Dienstberechtig-ten/Arbeitgebers agieren zu können. Aus Gründen derRechtssicherheit und Beweisbarkeit sollen für die Diffe-renzierung nach der Doppelberufstheorie abstrakt al-lein die rechtlich möglichen Interessenkonflikte ent-scheidend sein; auf eine tatsächliche Einflussnahmedes Arbeitgebers komme es nicht an.11

Dieser Standpunkt erfuhr in der Vergangenheit nurAusnahmen, soweit er in Einzelfällen für verfassungs-widrig befunden wurde. Die Doppelberufstheorie ansich wurde für verfassungsgemäß erklärt.12 Deshalbwird sie wohl auch künftig im Grundsatz die bestim-mende Regel bleiben, wie die Statements ihrer Befür-worter zur Anerkennung des Syndikus-Steuerberatersin § 58 Nr. 5a StBerG n.F. verdeutlichen. So erkennenGesetzgeber13 und BFH14 den Syndikus-Steuerberaterjetzt an, befürworten aber gleichzeitig die Beibehal-tung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Dop-pelberufstheorie für Rechtsanwälte. Steuerberater wür-den nämlich im Gegensatz zu Anwälten wegen ihresDauermandats einen umfassenden Einblick in die wirt-schaftlichen und rechtlichen Verhältnisse ihres Man-danten benötigen.15 Außerdem habe ein Anwalt eilbe-dürftige, nicht aufschiebbare Tätigkeiten zu erledi-gen.16

2. AUSNAHMEN ZUR DOPPELBERUFSTHEORIEZugeständnisse werden vom BGH17 nur insoweit einge-räumt, als Syndikusmandate für den Nachweis vonPraxisfällen gem. § 5 FAO zur Führung von Fach-anwaltsbezeichnungen unter bestimmten Bedingungenanerkannt werden. Weiterhin ist mit § 1, § 3 UWG ver-einbar, die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ im ge-schäftlichen, nicht anwaltlichen Bereich als Angestell-ter eines Unternehmens zu führen.18 Anwälten in An-stellungsverhältnissen steht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1,Abs. 5 SGB VI ein Anspruch auf Befreiung von der ge-setzlichen Rentenversicherung zu; Tätigkeiten von Syn-dici werden als anwaltlich anerkannt, wenn sie rechts-beratend, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend undrechtsvermittelnd sind.19

III. RESÜMEE FÜR DIE AUSLEGUNG DESBERUFSAUSÜBUNGSVERBOTS NACH § 46ABS. 2 NR. 1 BRAO

Insbesondere die Anerkennung der Praxisfälle von Syn-dikusanwälten nach § 5 FAO wird damit gerechtfertigt,dass der Einfluss des Dienstberechtigten bzw. Arbeit-gebers nur eine untergeordnete Rolle spielt.20 Diese Be-gründung lässt sich auf die Auslegung des Tätigkeits-verbotes nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO übertragen.

1. KEINE INTERESSENGERECHTE PROBLEMLÖSUNGNACH DER ALLGEMEINEN JURISTISCHEN METHODEN-LEHRE§ 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO normiert nach seinem klarenWortlaut zwar das Tätigkeitsverbot, dass ein Anwalt,der „in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Be-schäftigungsverhältnis“ rechtsbesorgend befasst war,nach Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnissesin gleicher Angelegenheit als freier Anwalt nicht mehrforensisch tätig sein darf. Ein Umkehrschluss zur Paral-lelvorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO untermauertdiese Auslegung. Sie erlaubt nämlich explizit die Fort-setzung der forensischen Interessenvertretung als frei-beruflicher Rechtsanwalt in einer Angelegenheit, inder er zuvor als Angestellter nichtanwaltlich tätigwar,21 weil von ihm eine geringere Missbrauchsgefahrausgehe.22 Historisch gesehen hatte der Gesetzgeber

AUFSÄTZE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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10 EuGH v. 6.9.2012 – C-422/11 u.a. (Prezes Urzêdu Komunikacji Elektronicznej), s.Fn. 8; EuGH v. 14.9.2010 – C-550/07 P (Akzo Nobel Chemicals Ltd. und AkcrosChemicals Ltd.), s. Fn. 8; EuGH v. 18.5.1982 – C-155/79 (AM & S Europe Ltd.), s.Fn. 8; BFH v. 9.8.2011 – VII R 2/11, AnwBl. 2011, 955 = BB 2011, 2773 = DB2011, 2545 = DStR 2011, 2266 = NJW 2012, 479 = WPg 2012, 59, Rdnr. 16;BFH v. 13.6.2006 – VII B 13/06, DStR 2006, 2147, Rdnr. 5; BGH v. 7.2.2011 –AnwZ (B) 20/10, s. Fn. 4, Rdnr. 6; BGH v. 4.11.2009 – AnwZ (B) 16/09, s. Fn. 7,LS 3 und Rdnr. 17; OLG Koblenz v. 29.11.2006 – 1 U 44/06, BRAK-Mitt. 2007, 88= NJW-RR 2007, 1003, LS 2 und Rdnr. 30; AGH Bayern v. 12.11.2009 – BayAGHI-47/2008 u.a., BeckRS 2011, 07001, Anm. II. B) 1., zu § 11 EuRAG; AnwG Köln v.24.11.2011 – 10 EV 173/11, BRAK-Mitt. 2012, 85 f., Anm. II.1, und 2. b); FG Ba-den-Württemberg v. 27.10.2010 – 2 K 1529/10, DStR 2011, 739 = StB 2011,123, Rdnr. 29; Singer, BRAK-Mitt. 2012, 145 (150).

11 AGH Bayern v. 12.11.2009 – BayAGH I-47/2008 u.a., s. Fn. 10.12 BVerfG v. 4.11.1992 – 1 BvR 79/85, AnwBl. 1993, 120 = BB 1993, 460 = BRAK-Mitt. 1993, 50 = DB 1993, 376 = JZ 1993, 466 = MDR 1993, 276 = NJW 1993,317 (318), Rdnr. 26.

13 BT-Drucks. 16/7077, S. 33.14 BFH v. 9.8.2011 – VII R 2/11, s. Fn. 10; BFH v. 13.6.2006 – VII B 13/06, s. Fn. 10,Rdnr. 5.

15 BT-Drucks. 16/7077, S. 33.16 BFH v. 9.8.2011 – VII R 2/11, s. Fn. 10; BGH v. 9.11.2009 – AnwZ (B) 83/08,AnwBl. 2010, 214 = BRAK-Mitt. 2010, 29 = NJW 2010, 1381, LS 2 und Rdnr. 12.

17 BGH v. 4.11.2009 – AnwZ (B) 16/09, s. Fn. 7; vgl. Plitt/Stütze, NJW 2011, 2556(2557) zur „Aufweichung“ der Doppelberufstheorie.

18 OLG Nürnberg v. 8.6.1993 – 3 U 1075/93, AnwBl. 1994, 419 = BRAK-Mitt. 1995,85 = NJW 1994, 2301, Rdnr. 23; Böhnlein, Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl.2012, § 46, Rdnr. 13.

19 BayLSG v. 7.4.2004 – L 13 RA 45/03, juris, Rdnr. 19; HessLSG v. 20.1.2010 – L 8KR 189/08, juris; SG Köln v. 15.12.2011 – S 31 R 865/10, BeckRS 2012, 66002;Merkblatt „Hinweise für nichtanwaltliche Arbeitgeber zu den Merkmalen eineranwaltlichen Tätigkeit“ zum Formular „Befreiung § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI(RAe) – Stand: 10/05“ der Deutschen Rentenversicherung; vgl. Huff, Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, BRAO § 46, Rdnr. 32; Kury, s. Fn. 2 (5);Plitt/Stütze, s. Fn. 17.

20 Vgl. BGH v. 13.1.2003 – AnwZ (B) 25/02, s. Fn. 5.21 Böhnlein, Feuerich/Weyland, s. Fn. 18, Rdnr. 23; Kilian, Henssler/Prütting, BRAO,3. Aufl. 2010, § 45, Rdnr. 40; Kleine-Cosack, s. Fn. 3, § 46, Rdnr. 35.

22 Böhnlein, Feuerich/Weyland, s. Fn. 18, Rdnr. 23; Kilian, Henssler/Prütting, s.Fn. 21.

KOLLRUS, VERFASSUNGSKONFORME AUSLEGUNG DES TÄTIGKEITSVERBOTS VON SYNDIKUSANWÄLTEN GEM. § 46 BRAO

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diese Unterscheidung seinerzeit bewusst gewollt.23 An-derseits kommt selbst einem klaren Gesetzeswortlautnach der allgemeinen juristischen Methodenlehre nurindizielle Bedeutung zu.24 Zudem wurde in der Geset-zesbegründung mit dem Hinweis, dass mit diesen Nor-men „nicht alle im Berufsrecht der Rechtsanwälte an-stehenden Probleme ausgeräumt werden“,25 der Wegfür eine künftige Rechtsfortbildung zu § 46 Abs. 2BRAO geebnet.26

Nach ihrer ratio legis sollen beide VerbotsvorschriftenInteressenskollisionen vermeiden, dadurch die anwalt-liche Unabhängigkeit und Integrität (§ 1, § 3 Abs. 1BRAO) gewährleisten und so das Vertrauen der All-gemeinheit in eine funktionierende Rechtspflege schüt-zen.27 Der Anwalt soll sich am Recht und nicht an denUnternehmenszielen seines ehemaligen Arbeitgebersorientieren. Insofern spricht auch nach der teleologi-schen Interpretation des § 46 Abs. 2 BRAO vieles fürein Tätigkeitsverbot des Rechtsanwalt, der vorher alsangestellter Syndikusanwalt mit derselben Angelegen-heit schon befasst war.

2. VERFASSUNGSKONFORME AUSLEGUNG DES TAT-BESTANDSMERKMALS „IN EINEM STÄNDIGEN DIENST-ODER ÄHNLICHEN BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNIS“

a) VERFASSUNGSRECHTLICHE BEDENKEN GEGEN DIEDOPPELBERUFSTHEORIEBei uneingeschränkter Anwendung würde das Tätig-keitsverbot des § 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO die in Art. 12Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheitbeeinträchtigen. Anwaltliche Tätigkeiten in Beschäfti-gungsverhältnissen gehören jedenfalls heute zumKernbereich des eigentlichen anwaltlichen Tätigkeits-feldes. Denn für das anwaltliche Berufsbild ist charak-teristisch, dass es sich in den außergerichtlichen Be-reich verlagert hat und nur noch zu 30 % forensischerNatur ist.28 Anwälte nehmen verstärkt außerdisziplinä-re Haupt- oder Zweitberufe an, u.a. in klein- und mittel-ständischen Betrieben.29 Dort ist der oft einzige Juristi.d.R. sowohl rechtsbesorgend als auch kaufmännischbzw. erwerbswirtschaftlich tätig. Außerdem sind kauf-

männische Angelegenheiten ohnehin stets mit juristi-schen Fragen verbunden.30 Allein deshalb erscheintdie Doppelberufstheorie mit ihrer Funktionstrennungnicht mehr zeitgemäß.31 Ein Vergleich zu dem fak-tischen Abhängigkeitsverhältnis von in Kanzleien ange-stellten Anwälten unterstreicht dies. Während Syn-dikusanwälte in praxi ihre Position infolge ihres arbeits-rechtlichen Sozialschutzes selbstbewusst vertreten, dasDirektionsrecht im Hinblick auf eine anwaltlich juristi-sche Tätigkeit in Anstellungsverträgen teilweise sogarexplizit eingeschränkt wird,32 ist das Verhältnis ange-stellter Rechtsanwälte zu ihrem Arbeitgeber und zu ih-ren Mandanten von einer extrem kundenorientiertenAbhängigkeit geprägt, um ein ausreichendes Einkom-men zu erzielen.33 Deren berufsrechtliche Anerkennungsteht hingegen außer Frage (vgl. § 59b Abs. 2 Nr. 8BRAO, § 26 BORA).34 In der Literatur35 wird § 46BRAO deshalb wegen Verletzung der Berufsaus-übungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, danebenauch wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz(Art. 3 Abs. 1 GG) und infolge des fehlenden Bestimmt-heitserfordernisses (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 GG)36

für verfassungswidrig sowie wegen Verletzung desArt. 49 EG-Vertrag für europarechtswidrig gehalten.

b) SICHERUNG DER ANWALTLICHEN UNABHÄNGIGKEITALS GRUNDRECHTSSCHRANKE I.S.V. ART. 12 ABS. 1SATZ 2 GGDie Schranke für diese Berufsausübungsbeschränkungmuss in ausreichenden Gründen des Gemeinwohls lie-gen. Dafür kommt in concreto nur die Sicherung deranwaltlichen Unabhängigkeit (§ 1, § 3, § 43a Abs. 1BRAO) in Betracht.37 Dem Tätigkeitsverbot des § 46Abs. 2 BRAO kommt allerdings schon per se eine sehrweitreichende Wirkung und Tragweite zu.38 Die obenbeschriebenen Strukturveränderungen verleihen derGrundrechtsverletzung im Verhältnis zum Postulat deranwaltlichen Unabhängigkeit als rechtfertigendenGrund mittlerweile zusätzliches Gewicht. Um demRechnung zu tragen, wird das Tatbestandsmerkmal„in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäfti-gungsverhältnis“ i.S.v. § 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO verfas-

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUFSÄTZE

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23 BT-Drucks. 12/7656, S. 49; OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, AnwBl.2009, 452 = BRAK-Mitt. 2009, 190, Rdnr. 26.

24 Jarass, Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Einl., Rdnr. 7, Art. 20, Rdnr. 34; Kra-mer, Juristische Methodenlehre, 3. Aufl. 2010, Rdnr. 57, 78; Wank, Die Auslegungvon Gesetzen, 4. Aufl. 2008, § 5 Abs. 1 Satz 2.

25 BT-Drucks. 12/4993, S. 22; BT-Drucks. 12/7656, S. 46 f.26 Anhaltspunkte für die teleologische Interpretationsfähigkeit finden sich auch inder zugehörigen Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks.12/7656, S. 49.

27 BR-Drucks. 93/93, S. 66, 88 f.; BT-Drucks. 12/4993, S. 23, 29 f.; BT-Drucks.12/7656, S. 49; BVerfG v. 5.11.2001 – 1 BvR 1523/00, AnwBl. 2002, 182 = MDR2002, 359 = NJW 2002, 503, Rdnr. 10; BGH v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 37/05,AnwBl. 2006, 354 = BGHZ 166, 299 = BRAK-Mitt. 2006, 134 = DB 2006, 946 =DStR 2006, 2056 = NJW 2006, 1516, Rdnr. 11; OLG Frankfurt v. 16.4.2009 –2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 26; Huff, Gaier/Wolf/Göcken, s. Fn. 19, Rdnr. 8; Dis-kussionspapier des BRAK-Präsidiums, BRAK-Mitt. 2011, 58 (59).

28 Koch, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 1, Rdnr. 49.29 BVerfG v. 4.11.1992 – 1 BvR 79/85, s. Fn. 12, Rdnr. 102; Hettinger, MünchRAK-Mitt 2/2012, 14 (15); Huff, KammerForum 2/2012, 52 (53), wonach 26 % allerim Kammerbezirk Köln neu zugelassenen Anwälte als Syndikusanwälte tätig sind;Kleine-Cosack, DB 2011, 2589; Mann, s. Fn. 3; Offermann-Burckart, s. Fn. 3.

30 Vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 30, zum RDG; Bormann, Gaier/Wolf/Göcken, s.Fn. 19, § 45, Rdnr. 37; Kleine-Cosack, s. Fn. 3, § 45, Rdnr. 31.

31 In BR-Drucks. 93/93, S. 87, wurde diese Problematik erkannt.32 Vgl. Offermann-Burckart, s. Fn. 3 (781).33 Huff, Gaier/Wolf/Göcken, s. Fn. 19, § 46, Rdnr. 19; vgl. AGH Bremen v. 10.10.2001 – 1 AGH 6/00, s. Fn. 3, Rdnr. 27; Kleine-Cosack, s. Fn. 3, § 1, Rdnr. 16;Offermann-Burckart, s. Fn. 3 (781); Redeker, NJW 2004, 889 (890); vgl. AGHBremen v. 10.10.2001 – 1 AGH 6/00, s. Fn. 3, Rdnr. 27.

34 Koch, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 2, Rdnr. 18.35 Kleine-Cosack, s. Fn. 3, § 45, Rdnr. 9 und § 46, Rdnr. 5, 36.36 Vgl. OLG Koblenz v. 29.11.2006 – 1 U 44/06, s. Fn. 10, Rdnr. 30; Hartung, Har-tung, s. Fn. 3, Rdnr. 47 f., 51; Huff, Gaier/Wolf/Göcken, s. Fn. 19, § 46, Rdnr. 19,27; Kleine-Cosack, s. Fn. 3 (469).

37 BVerfG v. 5.11.2001 – 1 BvR 1523/00, s. Fn. 27, Rdnr. 13; BVerfG v. 4.11.1992 –1 BvR 79/85, s. Fn. 12, Rdnr. 128; BGH v. 25.2.1999 – IX ZR 384/97, s. Fn. 6,Rdnr. 20, 25, 29 f.; LG Köln v. 12.1.2012 – 91 O 77/11, BeckRS 2012, 02345 –Anm. II. 3; Böhnlein, Feuerich/Weyland, s. Fn. 18, Rdnr. 11; Hartung, Hartung, s.Fn. 3, § 45, Rdnr. 4 und § 46, Rdnr. 6, 47; § 46, Rdnr. 12; Kleine-Cosack, NJW1994, 2249 (2254).

38 Vgl. BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 48/10, AnwBl. 2011, 65 = BRAK-Mitt. 2011, 38 =DB 2010, 2612 = MDR 2010, 1495 = NJW 2011, 373 = WM 2010, 2374,Rdnr. 11.

KOLLRUS, VERFASSUNGSKONFORME AUSLEGUNG DES TÄTIGKEITSVERBOTS VON SYNDIKUSANWÄLTEN GEM. § 46 BRAO

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sungskonform in dem Sinne ausgelegt, dass von demBeschäftigungsverhältnis die Gefahr ausgehen muss,dass der vormalige Dienstberechtigte bzw. Arbeit-geber auf die ausgeübte anwaltliche Tätigkeit Einflussnehmen kann.39 Darüber sind sich alle einig.Kontrovers diskutiert wird indes die alles entscheiden-de Frage, wo die Grenze für diese Gefährdung zu zie-hen ist. Soll nach wie vor der freie, vorwiegend foren-sisch tätige Anwalt Leitbild für die anwaltliche Unab-hängigkeit sein,40 bleibt die Kompromissbereitschaftverhalten. Hier gilt, jede abstrakte Gefährdung der an-waltlichen Unabhängigkeit zu verhüten. Doch diese Ar-gumentation wäre zu einseitig. Sie ist nicht stimmig.Die Doppelberufstheorie rechtfertigt die unterschiedli-che Behandlung von frei praktizierendem und Syn-dikusanwalt i.W. mit dem Recht, Einfluss auf den ab-hängig Beschäftigten nehmen zu können, und zwar un-abhängig davon, ob und inwieweit tatsächlich Einflussgenommen wird. Geht es aber darum, ob ein Rechts-anwalt nach Beendigung seines Beschäftigungsverhält-nisses als Syndikusanwalt seinen Arbeitgeber/Dienst-berechtigten in gleicher Angelegenheit nun als freierAnwalt vertreten darf, tritt plötzlich die umgekehrte,jetzt aber rein tatsachenbezogene Argumentation zurVermeidung einer Gefahr für die anwaltliche Unabhän-gigkeit zum Vorschein. Es kommt nicht mehr auf ar-beitsvertragliche Beziehungen, sondern allein daraufan, dass die anwaltliche Unabhängigkeit nach einembeendeten Beschäftigungsverhältnis rein faktisch be-einträchtigt werden könnte.Dieser Argumentationswechsel unterstellt, dass einSyndikusanwalt nicht über die erforderliche Charakter-stärke verfüge, sich von den Bindungen seines ehemali-gen Arbeitgebers zu befreien,41 eine durch nichts be-gründete Hypothese. Im Gegenteil, ein Rechtsanwaltwird alles tun, um zu vermeiden, sich wegen einer Be-einflussung durch seinen vormaligen Arbeitgeber einerAnwaltshaftung auszusetzen.42

Des Weiteren dürfte bei dieser Gesamtabwägung die„Grenze der Zumutbarkeit“ nicht gewahrt sein.43 Denndie Doppelberufstheorie basiert auf der überkom-menen, nicht empirisch festgestellten Annahme einesvon freier Selbstbestimmung geprägten Bildes desklassischen Rechtsanwalts.44 Sie berücksichtigt in kei-ner Weise die zwischenzeitlich eingetretenen Struktur-veränderungen.45

Schließlich gibt es keinen sachlichen Grund für einederart typisierte und generalisierte Argumentations-weise. Die anwaltliche Unabhängigkeit wird nämlichnur in geringem Maße tangiert, weil der Anwalt diesel-ben Interessen desselben Mandanten lediglich in ande-rer Funktion weiter vertritt. Damit fehlt es an der Ver-letzung des, in diesem Zusammenhang oft zitiertenVerbots der Vertretung widerstreitender Interessen(§ 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 BORA).46 Der Syn-dikusanwalt erfährt durch diese undifferenzierte Be-trachtungsweise eine nicht zu rechtfertigende Sonder-belastung.47 Im Verhältnis des angestellten Rechts-anwalts zum erwerbstätig angestellten Juristen (§ 45Abs. 1 Nr. 4 BRAO) werden nämlich identischen Ge-fährdungen der anwaltlichen Unabhängigkeit unter-schiedliche Gewichte beigemessen.48

Vor diesem Hintergrund ist eine so weitgehende Typi-sierung zur Rechtfertigung einer Grundrechtsschrankei.S.v. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG unverhältnismäßig. Voneiner Generalisierung aber gänzlich abzusehen, würdewiederum bedeuten, dass ein Tätigkeitsverbot aus-schließlich bei Nachweis konkreter Gefährdungen aus-gesprochen werden darf.49 Dieses Extrem wäre nichtmit der gebotenen Präventivwirkung der Verbotsvor-schrift für einen effektiven Schutz der anwaltlichen Un-abhängigkeit in Einklang zu bringen.50

c) DER FORMALJURISTISCHE ANSATZ DES EUGH ALSVERMITTELNDES LÖSUNGSMODELLWird an der Doppelberufstheorie festgehalten, somuss die Lösung in einem einheitlichen Maßstab fürdie Feststellung einer abstrakten Gefährdung der an-waltlichen Unabhängigkeit liegen. Nur so wird der Be-deutung anwaltlicher Tätigkeiten von Syndikusanwäl-ten und damit der Verhältnismäßigkeit für die verfas-sungskonforme Auslegung des § 46 BRAO Rechnunggetragen. Als Leitlinie mag die Begründung des EuGHdienen.51 Der EuGH rechtfertigt seine Rspr. zwar mitdem Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit durchEinhaltung berufsständischer Pflichten. Doch die Un-terscheidung, ob es sich um eine unabhängige anwalt-liche Tätigkeit handelt oder nicht, vollzieht er im We-sentlichen rein formaljuristisch am Bestehen einesArbeitsverhältnisses. Art und Umfang eines tatsäch-lichen Abhängigkeitsverhältnisses bleiben von nach-rangiger Bedeutung. Allein abstrakt vertragsrechtlicheEinflussmöglichkeiten entscheiden darüber, ob ein Syn-dikusanwalt in seinem Beschäftigungsverhältnis an-waltlich frei tätig ist.

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39 BVerfG v. 5.11.2001 – 1 BvR 1523/00, s. Fn. 27, LS 2 und Rdnr. 10, 17; BGH v.25.2.1999 – IX ZR 384/97, s. Fn. 6, Rdnr. 31 f.; OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U243/08, s. Fn. 23, LS und Rdnr. 30; LG Köln v. 12.1.2012 – 91 O 77/11, s. Fn. 37,Anm. II. 3; Böhnlein, Feuerich/Weyland, s. Fn. 18, Rdnr. 24; Henssler, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 46, Rdnr. 9; Huff, Gaier/Wolf/Göcken, s. Fn. 19, § 46,Rdnr. 19; Kleine-Cosack, s. Fn. 3, § 45, Rdnr. 9 und § 46, Rdnr. 5, 36.

40 BGH v. 25.2.1999 – IX ZR 384/97, s. Fn. 6, Rdnr. 29 ff.; Böhnlein, Feuerich/Wey-land, s. Fn. 18, Rdnr. 26.

41 Vgl. OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 26, 30, wonachjedenfalls nach mehr als 3 Jahren seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses keineGefahr einer Beeinflussung mehr bestehe.

42 OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 30.43 Vgl. OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 30; Jarass, Ja-rass/Pieroth, s. Fn. 24, Art. 12, Rdnr. 44.

44 Vgl. Koch, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 1, Rdnr. 49.45 Offermann-Burckart, s. Fn. 3 (781).

46 Vgl. Hartung, Hartung, s. Fn. 3, § 45, Rdnr. 3.47 Huff, s. Fn. 3; Prosegga, MDR 2003, 609 (611); Hartung, Hartung, s. Fn. 3, § 46,Rdnr. 36, Kleine-Cosack, s. Fn. 3 (469), ders., s. Fn. 3, § 46, Rdnr. 9, 17; Pankau,DB 2008, 2295 (2296) und Redeker, s. Fn. 33, vermuten eher einen Konkurrenz-schutz für freie Rechtsanwälte.

48 Vgl. OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 26, 30; Jarass,Jarass/Pieroth, s. Fn. 24, Art. 12, Rdnr. 51.

49 So aber Henssler, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 46, Rdnr. 9; Kleine-Cosack, s.Fn. 3, § 46, Rdnr. 7, 10, 13.

50 Bartosch-Koch, AnwBl. 2010, 237 (240).51 EuGH v. 6.9.2012 – C-422/11 u.a. (Prezes Urzêdu Komunikacji Elektronicznej), s.Fn. 8.

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Im Umkehrschluss fehlt es an einer abstrakten Gefähr-dung der anwaltlichen Unabhängigkeit, wenn von demBeschäftigungsverhältnis keine rechtlichen Einfluss-möglichkeiten (mehr) ausgehen (arg. e § 45 Abs. 1Nr. 4 BRAO),52 wenn es also beendet ist. Selbst einnoch bestehendes Beschäftigungsverhältnis (vgl. § 46Abs. 1 BRAO) strahlt keine abstrakte Gefahr für die an-waltliche Unabhängigkeit aus, wenn eine Einflussnah-me des Arbeitgebers auf die juristische Tätigkeit desSyndikusanwalts vertraglich ausgeschlossen ist. DerVerdacht eines in diesem Fall denkbaren Gestaltungs-missbrauchs müsste dadurch ausgeräumt sein, dassder Geschäftsablauf eines Syndikusanwalts nach sei-nem äußeren Erscheinungsbild im Wesentlichen demeines selbstständigen Rechtsanwalts entspricht. Nebenabgetrennten, abschließbaren Büroräumen oder we-nigstens nur dem Syndikusanwalt zugänglichen Akten-schränken, einer von der Geschäftsleitung unkontrol-lierten Korrespondenz und einem eigenen E-Mail-Ser-ver53 muss dem Syndikusanwalt für seinen Aufgaben-und Verantwortungsbereich eine von der Geschäftslei-tung autonome Vertretungsvollmacht eingeräumt sein,soweit dies gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Rein fak-tische Beeinflussungen, die für eine konkrete Gefahrsprechen, bleiben auch hier zunächst unberücksichtigt.

Wird in diesen Fällen allerdings der Nachweis geführt,dass der Dienstberechtigte/Arbeitgeber die Tätigkeitseines Syndikusanwalts tatsächlich beeinflusst, ist sienach § 46 BRAO verboten.54 Der Effekt dieses Lösungs-modells ist eine Beweislastumkehr für den Nachweiseiner konkreten Gefährdung. Auf diese Weise wird dieBerufsausübungsfreiheit für Syndikusanwälte bei der

Güterabwägung für die Verhältnismäßigkeit i.e.S. an-gemessen berücksichtigt.

IV. FAZIT

Die Rechtsanwaltschaft braucht rechtspolitisch gewisseine, ihren gewandelten Bedürfnissen angepasste mo-derne Berufsordnung, um den Anforderungen der Wirt-schaft im internationalen Vergleich Rechnung tragen zukönnen. Sicherlich könnten auch empirische Unter-suchungen einen repräsentativen Einblick in die aktuelleAnwaltslandschaft mit ihren Tätigkeitsprofilen gebenund somit Annahmen einer der Meinungsrichtungen ent-kräften. Bis dahin dürfte es schwer fallen, die h.M. zueiner Abkehr von ihrer Doppelberufstheorie zu bewegen.Nach dem formaljuristischen Verständnis des EuGHführt die Doppelberufstheorie jedenfalls für die Frage,ob ein Beschäftigungsverhältnis die anwaltliche Unab-hängigkeit gefährdet, zu durchaus interessensgerech-ten Ergebnissen. Für die Abgrenzung zwischen der Tä-tigkeit eines freien Rechtsanwalts und der eines Syn-dikusanwalts kommt es für ihn primär nur auf die reinvertragsrechtliche Einflussmöglichkeit des (vormaligen)Dienstberechtigten bzw. Arbeitgebers an.Bei konsequenter einheitlicher Anwendung dieses Ab-grenzungsmaßstabs ist das Tätigkeitsverbot des § 46BRAO verfassungskonform restriktiv dahingehend aus-zulegen, dass von dem Beschäftigungsverhältnis keineGefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit ausgeht,solange ein Dritter auf die anwaltliche Tätigkeit vonSyndikusanwälten rein rechtlich keinen Einfluss nehmenkann. Diese Unabhängigkeit trifft im Regelfall für dieZeit nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisseszu. Sie ist aber auch dann zu vermuten, wenn eine Ein-flussnahme auf die anwaltlichen Tätigkeiten eines Syn-dikusanwalts dienst- oder arbeitsvertraglich aus-geschlossen ist und darin kein Gestaltungsmissbrauchgesehen werden kann. In diesen Fällen müsste eine kon-krete Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeitnachgewiesen werden, um das Tatbestandsmerkmal ei-nes „ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungs-verhältnisses“ i.S.v. § 46 BRAO noch zu erfüllen.

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BEFREIUNG NACH § 6 SGB VI INFOLGE TÄTIGKEITSWECHSELRECHTSANWALT JAN HORN, BERLIN*

Das Bundessozialgericht hat mit seinen Entscheidun-gen v. 31.10.2012 das oftmals als „Magna Charta“1

der berufsständischen Versorgung bezeichnete Befrei-ungsrecht der verkammerten Freien Berufe von der ge-

setzlichen Rentenversicherungspflicht, das infolge dergroßen Rentenreform von 1957 und dem Verweis derFreiberufler „vom Tisch der Solidarität in der Renten-versicherung“2 auf solidarische Hilfe zur Selbsthilfe imfrüheren § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz

52 BR-Drucks. 93/93, S. 88; BVerfG v. 5.11.2001 – 1 BvR 1523/00, s. Fn. 27,Rdnr. 17 ff.; OLG Frankfurt v. 16.4.2009 – 2 U 243/08, s. Fn. 23, Rdnr. 26, 30;OLG Koblenz v. 29.11.2006 – 1 U 44/06, s. Fn. 10, LS 2 und Rdnr. 32; Böhnlein,Feuerich/Weyland, s. Fn. 18, § 46, Rdnr. 26; Hartung, Hartung, s. Fn. 3, § 45,Rdnr. 45.

53 Vgl. Kury, s. Fn. 2 (5), zu Bedingungen für eine mögliche Ausweitung des Zeug-nisverweigerungsrechts und des Beschlagnahmeverbotes auf Synikusanwälte.

54 Vgl. BVerfG v. 5.11.2001 – 1 BvR 1523/00, s. Fn. 27, Rdnr. 10; OLG Koblenz v.29.11.2006 – 1 U 44/06, s. Fn. 10, LS 2 und Rdnr. 30; Kleine-Cosack, s. Fn. 3,§ 45, Rdnr. 9, 28; Kilian, Henssler/Prütting, s. Fn. 21, § 45, Rdnr. 1a.

* Der Autor ist Referent der Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft Berufsstän-discher Versorgungseinrichtungen.

1 Reusch, rv 1987, S. 169.

2 Butzer, Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl. 2011, § 16, Rdnr. 6 f.; Hart-mann/Horn, HK-AKM, Rdnr. 2 (Stand: 41. EG, April 2012), Reusch, rv 1987, S. 169.

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(AVG) verankert wurde (und keineswegs ein Privilegdarstellt),3 grundsätzlich umgestaltet. Der nachfolgen-de Beitrag setzt sich mit der Entscheidung auseinan-der, die insbesondere die Frage der Befreiung von dergesetzlichen Rentenversicherungspflicht beim Beschäf-tigungs- bzw. Tätigkeitswechsel behandelt.

I. DIE GRUNDAUSSAGE DES BSG

Die Entscheidungen des BSG lassen sich in zwei Kern-thesen zusammenfassen:

I. Die Rechtswirkung einer Befreiung von der gesetz-lichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 231 SGB VI ist i.S.v. § 6Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf das jeweilige Beschäftigungs-verhältnis wegen einer einheitlichen und wortgetreuenAuslegung des Begriffes „Beschäftigung“ i.S.v. § 7SGB IV beschränkt.

II. Die Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für einezeitlich befristete berufsfremde Tätigkeit ist kein eigen-ständiger Befreiungstatbestand, sondern setzt auf-grund des Wortlauts der Vorschrift („erstreckt sich“)stets eine berufsgruppenspezifische Befreiung nach§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI voraus.

II. DIE RECHTSWIRKUNG DER BEFREIUNG

Bislang war es so, dass eine einmal nach § 6 Abs. 1Satz 1 Nr. 1 SGB VI erteilte Befreiung von der Versiche-rungspflicht seitens der Deutschen RentenversicherungBund für jede Tätigkeit unter der BerufsbezeichnungRechtsanwalt4 fortwirkte. Diese von der früheren Bun-desversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit In-krafttreten des SGB VI im Zuge des Rentenreformgeset-zes 1992 eingeführte Verwaltungspraxis hatte die BfAder Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versor-gungseinrichtungen (ABV) mit Schreiben v. 24.8.1992ausdrücklich bestätigt – Befreiungen von der Versiche-rungspflicht sollten danach für die jeweilige berufs-gruppenspezifische Tätigkeit weiter gelten können.

Aus der Aussage, dass die Befreiung nach § 6 Abs. 5Satz 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung bzw.selbstständige Tätigkeit beschränkt sei, leitet das Bun-dessozialgericht5 jedoch die Unzulässigkeit der bisheri-gen Befreiungspraxis der Deutschen Rentenversiche-rung Bund ab. Tragender Grund hierfür ist ein sehrenges – und keinesfalls zwingendes – Wortlautver-ständnis des Begriffes „Beschäftigung“. Das BSG inter-pretiert diesen Rechtsbegriff gleichlautend mit dem In-halt von § 7 SGB IV und kommt daher zu dem Ergeb-nis, dass wegen § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI die jeweiligeBefreiung auf das konkret ausgeübte Beschäftigungs-

verhältnis beschränkt sein müsse. Das BSG möchte ei-ner einmal ausgesprochenen Befreiung nach § 6Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI damit nur solange eineRechtswirkung zusprechen, wie der Rechtsanwalt seineTätigkeit, für die die Befreiung einmal ausgesprochenworden ist, noch ausübt. Mit anderen Worten mussbei jedem Arbeitgeberwechsel zukünftig ein neuer Be-freiungsantrag gestellt werden. Die Antragsfrist des§ 6 Abs. 4 SGB VI von drei Monaten wirkt dabei konsti-tutiv. Hält der Rechtsanwalt diese Frist nicht ein, kanneine Befreiung erst ab Zeitpunkt der Antragstellung er-folgen, unabhängig davon, ob zuvor bereits die mate-riellen Befreiungsvoraussetzungen vorgelegen haben.Dieses Befreiungsverfahren entspricht demjenigen Prü-fungsansatz, den die Deutsche RentenversicherungBund seit einiger Zeit bereits bei den Syndikusanwältenverfolgt. Sie hatte hier argumentiert, dass auf dieseWeise die rechtzeitige Stellung von Befreiungsanträ-gen erreicht werde, was spätere (umständliche) Bei-tragsrückforderungen überflüssig mache und die Ar-beit des Betriebsprüfers erheblich erleichtere, da die-ser nur noch zu prüfen brauche, ob eine Befreiung fürdie jeweils ausgeübte Beschäftigung bereits vorliege6.Im Lichte der Entscheidungen des BSG vom 31.10.2012 wird nunmehr allerdings die Durchführung einerVielzahl von zusätzlichen Befreiungsverfahren auch inmateriell rechtlich völlig unzweifelhaften Fallgestaltun-gen, die regelmäßig zu einer Befreiung von der Ver-sicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIführen (z.B. im Falle des in einer Anwaltskanzlei ange-stellten Rechtsanwalts), notwendig werden. Die An-sicht des BSG7, dass die neue Befreiungspraxis zu kei-nem bürokratischen Monstrum werde, kann von daherbezweifelt werden.Auch bei der Behandlung von Altfällen nach § 231SGB VI verfolgt das Gericht einen zu § 6 SGB VI gleich-lautenden Prüfungsansatz. § 231 SGB VI knüpfe für diefortdauernde Wirkung einer früheren Befreiung vonder Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenver-sicherung an die konkrete Beschäftigung oder selbst-ständige Tätigkeit an und fordere „eine Identität“ derBeschäftigung oder der selbstständigen Tätigkeit, diewährend der ursprünglichen Befreiung von der Ver-sicherungspflicht verrichtet wurde, indem die Fortwir-kung einer vor dem 1.1.1992 erteilten Befreiung vonder Versicherungspflicht nur hinsichtlich „derselben“Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit möglichsei.8 Damit spielt es zukünftig auch keine Rolle mehr,welcher Tenor einem möglicherweise anders lautendenAltbefreiungsbescheid zugrunde liegt, da dessenRechtswirkungen ebenso auf die jeweilige Beschäfti-gung beschränkt sind, für die der Befreiungsbescheideinmal ausgesprochen worden ist. Die immer wiederaufflammende Diskussion, inwieweit Altbescheide, dienoch auf der Basis des früheren § 7 Abs. 2 AVG undnach der vom BSG bestätigten Rechtsauffassung im

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3 Vgl. Härtel, Altersversorgung Modell Schweiz?, Wirtschaftsdienst 2003, S. 4.4 Soweit im vorliegenden Beitrag die berufsbezogene Bezeichnung „Rechtsanwalt“verwendet wird, bezieht sich diese auf Männer und Frauen in gleicher Weise.

5 BSG, 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, B 12 R 5/10 R.

6 Vgl. Horn, AnwBl. 2011, 755, 756.7 BSG, 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R, Rdnr. 32.8 BSG, 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R, Rdnr. 20.

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Sinne einer „personenbezogenen Befreiung“9 aus-gesprochen worden sind, rechtlich anders behandeltwerden müssen als „tätigkeitsbezogene Befreiungen“,hat das Gericht damit ein für alle Mal beendet.

Das BSG hat im Ergebnis eine 20 Jahre andauerndeVerwaltungspraxis, nach der Rechtsanwälte nicht beijedem Tätigkeitswechsel einen erneuten Befreiungs-antrag zu stellen brauchten, solange eine einmal erteil-te Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unter ihrer Berufsbezeich-nung fortwirkte (bis zum 31.10.2012 wurde dieseRechtsauskunft seitens der Deutschen Rentenversiche-rung Bund regelhaft erteilt), umfassend beseitigt. FürRechtsanwälte, die im Lichte der Entscheidungen desBSG vom 31.10.2012 damit über keine aktuell wirk-same Befreiung für die von ihnen zuletzt ausgeübte Be-schäftigung mehr verfügen, stellt sich angesichts die-ser langjährig geübten Verwaltungspraxis die Fragenach Bestands- und Vertrauensschutz.

Bei der Behandlung von Altfällen muss nach Auffas-sung von ABV Rechtsfrieden eintreten, solange (wienach bisheriger Rechtslage) die materiellen Befreiungs-voraussetzungen rückwirkend gegeben sind, also eineberufsgruppenspezifische Tätigkeit i.S.v. § 6 Abs. 1Satz 1 Nr. 1 SGB VI ausgeübt wurde. Allein wegendes Fehlens eines Befreiungsantrages für die zuletztausgeübte Beschäftigung darf deshalb auch keineRückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen be-trieben werden; eine „ex-ante“ Betrachtungsweise desneuen Verfahrensrechts verbietet sich schon ausgrundrechtlichen Verbürgungen. Die Deutsche Renten-versicherung Bund hat in diesem Zusammenhang be-reits signalisiert, dass Rechtsanwälte, die bei anwalt-lichen Arbeitgebern tätig sind und ihre derzeitige Be-schäftigung vor dem 31.10.2012 aufgenommenhaben, neue Befreiungsanträge erst beim nächstenWechsel ihrer Beschäftigung zu stellen brauchen. AufWunsch können Anträge zur Klarstellung auch für dieaktuell ausgeübte Beschäftigung gestellt werden. Fürbereits beendete Beschäftigungen werden für diesenPersonenkreis keine Befreiungsbescheide mehr erteilt.10

Probleme entstehen auch dort, wo bislang der sozial-versicherungsrechtliche Status einer Tätigkeit nicht hin-reichend geklärt ist. Kommt eine Betriebsprüfung etwazu dem Ergebnis, dass ein Sozietäts-Rechtsanwalt einescheinselbstständige Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 9SGB VI ausübt und damit der Versicherungspflicht inder gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt, kanner nicht mehr – wie bisher – auf die Erstreckungsoptionder Altbefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIsetzen. Vielmehr muss er einen neuen Befreiungs-antrag stellen, mit der Konsequenz, dass die Befreiungerst ab Antragstellung gilt und rückwirkend nicht mehrerteilt werden kann. Von daher ist zukünftig dringend

anzuraten, in Zweifelsfällen unverzüglich nach Aufnah-me einer „selbstständigen“ anwaltlichen Tätigkeit einStatusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Ren-tenversicherung Bund zu durchlaufen. Nach Ablaufder Frist von 1 Monat (§ 7a Abs. 6 SGB IV) sollte jedesAnfrageverfahren eines Rechtsanwalts hilfsweise miteinem Befreiungsantrag verbunden werden, für denFall, dass durch die Statusfeststellung eine in der ge-setzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigeTätigkeit festgestellt wird, um die Dreimonatsfrist des§ 6 Abs. 4 SGB VI in jedem Falle zu wahren.

III. § 6 ABS. 5 SATZ 2 SGB VI KEIN EIGEN-STÄNDIGER BEFREIUNGSTATBESTAND

1. STRENGE WORTLAUTAUSLEGUNGSehr grundlegend sind auch die Ausführungen desBundessozialgerichts11 zur Bedeutung des Befreiungs-tatbestands des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für zeitlichbefristete berufsfremde Tätigkeiten. Diesen lag eineFallgestaltung zugrunde, bei der ein Steuerberater fürdie Zeit der Absolvierung des juristischen Vorberei-tungsdienstes seine Zulassung zurückgegeben hatteund eine Nebentätigkeit zeitlich befristeter Natur auf400 Euro Basis ausübte, für die er (nach frühererRechtslage) auf seine Versicherungsfreiheit wegen ge-ringfügiger Beschäftigung in der gesetzlichen Renten-versicherung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI verzichtethatte. Der Kläger war der Auffassung, dass es für einederartige Tätigkeit einer Kammerpflichtmitgliedschaftnicht mehr bedürfe. Schließlich habe er nach Absolvie-rung des Referendardienstes seine steuerberatende Tä-tigkeit in der Praxis seines Vaters erneut aufgenommen,weswegen eine einheitliche Zuordnung seiner Versiche-rungszeiten infolge der koordinierenden Funktion des§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von Nöten sei.

Das BSG ist dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt. Eshat sich an einer strengen Wortlautauslegung des § 6Abs. 5 Satz 2 SGB VI orientiert, der insoweit kein eigen-ständiger Befreiungstatbestand sei, als er aufgrundseiner Formulierung („erstreckt sich“) regelmäßig eineBefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI voraus-setze. Bei Ausübung einer zeitlich befristeten berufs-fremden Tätigkeit sei von daher auch die Pflichtmit-gliedschaft in einer berufsständischen Kammer weiter-hin originäre Befreiungsvoraussetzung. Mit diesemRichterspruch wurde eine seit etwa zwei Jahren ver-änderte Befreiungspraxis der Deutschen Rentenver-sicherung Bund zur Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 2SGB VI bestätigt. Zukünftig können Rechtsanwälte, dienoch über keine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1SGB VI verfügen, für berufsfremde Tätigkeiten keine Be-freiung über § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI mehr erhalten.

Für Rechtsanwälte, die zu Beginn ihrer beruflichen Lauf-bahn z.B. an einem rechtswissenschaftlichen Lehrstuhltätig sind, um einen akademischen Grad zu erlagen,

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9 Ob es eine derartige „personenbezogene Befreiung“ jemals gegeben hat, kannbezweifelt werden, denn dem Sozialrecht wohnt regelmäßig der Anknüpfungs-punkt der Beschäftigung inne (vgl. etwa § 4,§ 5, § 7 SGB IV).

10 Quelle http://www.deutsche-rentenversicherung.de; Suchpfad: Presse, Aktuelles ausder Rechtsprechung, BSG, Änderungen im Befreiungsrecht der Rentenversicherung. 11 BSG, 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R.

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der im späteren Umfeld der Freien Berufe nutzbar ge-macht werden kann, wird es von daher wichtig sein, he-rauszuarbeiten, dass die jeweilige Tätigkeit berufsbezo-gen i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ausgeübt wird(z.B. aufgrund Mitarbeit an einem Institut für Anwalts-recht oder in der Fachanwaltsausbildung) und dieserBefreiungstatbestand auch für zeitlich befristete Tätig-keiten Anwendung finden kann. Der Rechtsanwalt solltedazu eine Stellen- und Funktionsbeschreibung entwer-fen. Befreiungen von Assistenten eines Bundestags-abgeordneten dürfen zukünftig nicht mehr ausgespro-chen werden, wenn nicht bereits eine Befreiung nach§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorgelegen hat, da dieTätigkeit regelmäßig berufsfremder Natur ist und dahernur über § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI befreit werden kann.Auch selbstständige Rechtsanwälte verfügen wegen ih-rer Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenver-sicherung typischerweise über keine Befreiung von derVersicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1SGB VI. Wenn diese eine zusätzliche Tätigkeit aufneh-men, welche die Deutsche Rentenversicherung Bundals berufsfremd klassifiziert, könnte eine Befreiungüber § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ebenfalls nicht mehrmöglich sein. Dass das BSG in dieser speziellen, bis-lang abschließend nicht geklärten Fallkonstellationdurchaus auch zu einem anderen Ergebnis kommenkönnte, zeigt allerdings eine im vergangenen Jahr er-gangene Entscheidung des SG Münster,12 nach derfür die Dozententätigkeit eines selbstständigen Rechts-anwalts an einer Universität die Befreiungsvorausset-zungen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI gegeben seinsollten. Das SG Münster kam unter Berücksichtigungdes Art. 12 GG und insbesondere des Art. 3 Abs. 1GG im Wege einer verfassungskonformen Auslegungzu diesem Ergebnis.Soweit eine Dozententätigkeit im anwaltlichen13 Um-feld ausgeübt wird, kann darüber hinaus eine Befrei-ung über § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ausgespro-chen werden. Auch das SG Münster hatte in seinenEntscheidungsgründen einen ähnlichen Ansatz ver-folgt, indem es aus dem Befreiungsmerkmal der„Rechtsvermittlung“ für Syndikusanwälte heraus dieDozententätigkeit eines selbstständigen Rechtsanwaltsals berufsgruppenspezifisch zu definieren versuchte.Auf den Überlegungen des BSG basierend, die bereitsGegenstand der mündlichen Verhandlung am 31.10.2012 waren, gab es seit Jahresbeginn einen nochmalsverengenden Bescheidungsansatz der Deutschen Ren-tenversicherung Bund, nach dem eine Erstreckung derBefreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI grundsätzlichnicht mehr möglich sein sollte, solange nicht für eineparallel ausgeübte anwaltliche Tätigkeit eine Befreiung

von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 SGB VI vorlag. Befreiungen nach § 6 Abs. 5 Satz 2SGB VI wären damit nur noch für Nebentätigkeiten (ne-ben dem anwaltlichen Kammerberuf) denkbar gewesen.

Das Bundessozialgericht hat einer derartigen Rechts-auffassung unter Bezugnahme auf die Gesetzes-begründung eine Absage erteilt. Es entspricht nämlichdem eindeutigen Willen des Gesetzgebers14 – der mitder Schaffung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI die Mög-lichkeit eröffnen wollte, dass Freiberufler in ihrem be-rufsständischen Versorgungssystem versichert bleibenkönnen –, dass die Ausübung einer zeitlich befristetenberufsfremden Tätigkeit gerade der Überbrückung ei-ner Lücke in der Erwerbsbiografie z.B. zur Vermeidungvon Arbeitslosigkeit dienen soll. Das BSG stellt insoweitklar, dass die Unterbrechung einer kammerpflichtigenErwerbstätigkeit („Hauptbeschäftigung“) durch eineberufsfremde, zeitlich befristete Tätigkeit gerade dervom Gesetzgeber intendierte Regelfall der Befreiungnach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ist15. Dass darüber hi-naus eine zeitlich befristete berufsfremde Tätigkeit,die als Nebentätigkeit neben dem Kammerberuf aus-geübt wird, über § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu befreienist, steht nach ganz überwiegender Auffassung in derLiteratur16 außer Zweifel.

2. PFLICHTMITGLIEDSCHAFT IN BERUFSSTÄNDISCHERKAMMER UND VERSORGUNGSWERK ALS ORIGINÄREBEFREIUNGSVORAUSSETZUNGNach § 6 Abs. 1 Nr. 1a) SGB VI besteht ein Anspruchauf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversiche-rungspflicht nur dann, soweit am jeweiligen Ort derBeschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für die je-weilige Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 einegesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der be-rufsständischen Kammer bestanden hat. Dieser Nach-weis bereitet dem angestellten Rechtsanwalt in allerRegel wenige Schwierigkeiten. Zusätzlich muss aberauch Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischenVersorgungswerk bestehen. Dies geschieht dadurch,dass das Antragsformular nach Ausfüllung und Unter-schrift beim Versorgungswerk eingereicht wird. DasVersorgungswerk tritt insoweit als Empfangsbevoll-mächtigter der Deutschen Rentenversicherung auf. Esbringt seinen Eingangsstempel an, womit die imRechtsverhältnis zur Rentenversicherung geltende Fristpostalisch gewahrt ist. Das Versorgungswerk beschei-nigt damit die Pflichtmitgliedschaft.

Probleme entstehen in jüngerer Zeit bei der fortgesetz-ten freiwilligen Mitgliedschaft im Versorgungswerk,selbst wenn diese satzungsrechtlich als echte Antrags-pflichtversicherung ausgestaltet ist und von daher

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12 SG Münster, 23.03.2012 – S 4 R 895/10, AnwBl. 2012, 772 mit Anm. Horn.13 Etwa vor Personen, die selbst dem Anwaltsstand zugehörig sind, den Anwalts-beruf zukünftig ausüben möchten (z.B. Referendare) oder zum Mitarbeiterkreisvon Anwaltskanzleien (z.B. Rechtsanwaltsfachangestellte) zählen: Vgl. dazu dasRundschreiben der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtun-gen (ABV) v. 7.7.2011 – gemeinsame Handhabungsempfehlung mit der Deut-schen Rentenversicherung Bund über die versicherungsrechtliche Behandlung vonDozententätigkeiten innerhalb des Rechtsanwaltsberufs.

14 Vgl. BT-Drucks. 11/5530, S. 40: „Abs. 5 S. 2 soll sicherstellen, dass eine vorüber-gehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssys-tems führt“.

15 BSG, 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R, Rdnr. 27.16 Voelzke, Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts – Rentenversicherungs-recht, 1999, § 17, Rdnr. 74; Fichte, Hauck/Noftz, SGB VI, Stand VI/08, § 6,Rdnr. 133; Schmidt, Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl. 2008, § 6, Rdnr. 96.

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nicht gekündigt werden kann. Eine echte Pflichtver-sicherung auf Antrag, wie sie in § 4 SGB VI und § 28aSGB III niedergelegt ist, ist von ihrer Rechtsfolge hereindeutig auf den Eintritt einer Versicherungspflicht ge-richtet und damit von allen Formen freiwilliger Ver-sicherungen (§ 7 Abs. 1 SGB VI, § 9 Abs. 1 Nr. 1SGB V, § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII), wo das Versiche-rungsverhältnis (jederzeit) gekündigt werden kann,grundsätzlich zu unterscheiden.17 Es ist unverständlich,warum die Deutsche Rentenversicherung Bund diesenin ihrem Rechtskreis allgemein anerkannten Rechts-grundsatz im Befreiungsrecht des § 6 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 SGB VI nicht anwendet.

Ungeachtet dessen soll im Lichte der Rechtsprechungdes BSG v. 31.10.2012 im Sinne einer möglichst wort-getreuen Auslegung des Befreiungsrechts der Grund-satz gelten, dass die fortgesetzte freiwillige Mitglied-schaft in einem berufsständischen Versorgungswerk

weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einerBefreiung von der Rentenversicherungspflicht berech-tigt. Sie wird nur dann von der Deutsche Rentenver-sicherung Bund als ausreichend erachtet, wenn sie(im Anschluss an eine Pflichtmitgliedschaft) eine an-sonsten in einer anderen berufsständischen Versor-gungseinrichtung eintretende Pflichtmitgliedschaft er-setzt. Gemeint ist damit die Fallgestaltung, wenn sichein unter 45-ähriger Rechtsanwalt von der Pflichtmit-gliedschaft in einem Versorgungswerk zugunsten einesanderen Versorgungswerks befreien lässt, weil er seineTätigkeit in ein anderes Bundesland verlegt, aber wei-terhin (freiwilliges) Mitglied in seinem alten Versor-gungswerk bleiben möchte. Soweit der Rechtsanwaltaber das 45. Lebensjahr überschritten hat und inso-weit keine ersetzende Pflichtmitgliedschaft in dem neuaufnehmenden Versorgungswerk vorweisen kann, istdie Befreiung im Lichte der jüngsten Bescheidungspra-xis der Deutschen Rentenversicherung Bund hinfällig.18

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ANWALTSCHAFT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHTDER RUSSISCHEN FÖDERATIONRECHTSANWÄLTIN VERONIKA HORRER, LL.M. UND PAVEL MAGUTA*

Russland ist ein zentraler Partner für Deutschland unddie Europäische Union. Mit Russland verbindetDeutschland eine langjährige Zusammenarbeit in einergroßen Breite von Themenfeldern, auch im anwaltlichenBereich. Zwischen der BRAK und der Föderalen Rechts-anwaltskammer der Russischen Föderation bestehenseit vielen Jahren eine Partnerschaft und eine intensivefachliche Zusammenarbeit. Der deutsch-russischeRechtsverkehr ist in den letzten 20 Jahren wegen deszugenommenen Wirtschafts- und Personenverkehreszwischen den beiden Ländern gewachsen. Viele deut-sche Anwaltskollegen sind in Russland tätig oder bear-beiten von Deutschland aus russlandbezogene Sachver-halte. Die deutsche Anwaltschaft hat daher ein starkesInteresse an einer modernen und unabhängigen An-waltschaft in Russland. Dieser Artikel gibt einen Einblickin die Geschichte und die Organisation der russischenAnwaltschaft sowie in ihr anwaltliches Berufsrecht.

I. HISTORISCHE ENTWICKLUNG

Die Geschichte der russischen Anwaltschaft ist relativjung und kann in drei Phasen eingeteilt werden: Die

Schaffung des Berufes des Rechtsanwalts und derInstitution Anwaltschaft durch GerichtsreformenAlexander II. im Jahre 1864, die Einbindung der An-waltschaft in staatliche Strukturen in der Zeit der kom-munistischen Herrschaft und die Wiedergewinnungder berufsständischen Unabhängigkeit nach dem Zer-fall der Sowjetunion und der Entstehung der Russi-schen Föderation.

Die russische Anwaltschaft hatte keinen einfachenWerdegang. Um ihren gegenwärtigen Zustand undihr Selbstverständnis zu begreifen, ist das Wissen umihre Geschichte unerlässlich.

1. ANWALTSCHAFT IM ZARENREICHDie russische „vereidigte Rechtsanwaltschaft“ (prisja-schnije powerennije) wurde durch das Gerichtsverfas-sungsgesetz vom 20.11.1864 ins Leben gerufen. EineVorgeschichte hat die russische Anwaltschaft nicht.Ein Vertreter und Verteidiger der Rechte des Volkeswar im absolutistischen Russland lange Zeit undenk-bar. Im zaristischen Gericht vor den Reformen 1864wurde nicht nur in Zivil-, sondern auch in Strafsachenohne Anhörung der Parteien bzw. des Angeklagten ent-schieden. Die Richter urteilten hinter geschlossenenTüren auf der Grundlage schriftlichen Materials, dasvon einer unwissenden und bestechlichen Polizei ge-sammelt, und im Stillen der Gerichtskanzlei bearbeitet

17 Vgl. Fuchs, Gagel, SGB II/SGB III, Grundsicherung und Arbeitsförderung, § 28aSGB III, Rdnr. 2 m.w.V. 18 Vgl. dazu BMAS, Übersicht über das Sozialrecht 2011/2012, S. 816.

* Rechtsanwältin Veronika Horrer, LL.M. ist Mitglied der Geschäftsführung derBRAK in Berlin; Pavel Maguta ist russischer Rechtsberater und Leiter derAbteilung für Internationale Beziehungen der Föderalen Rechtsanwaltskammerder Russischen Föderation in Moskau.

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wurde.1 Dass es im Ausland einen Berufsstand derRechtsanwälte gab, verwunderte die russischen Zaren.Als Peter I. 1698 in der Londoner Westminster Halleine Gruppe von Anwälten in schwarzen Roben und Pe-rücke sah, fragte er seinen Begleiter, wer diese Männerseien. „Anwälte“ war die Antwort. Der Zar erwiderteverwundert: „Anwälte! Wozu braucht man so viele?Ich habe in meinem ganzen Imperium nur zwei davon,und einen von ihnen gedenke ich zu erhängen, wennich wieder zurück bin.“2 Aber auch Mitte des 19. Jahr-hunderts, ein halbes Jahrhundert nach der Französi-schen Revolution, die zu den grundlegenden gesell-schaftlichen und politischen Umwälzungen in Europaführte, antwortete Zar Nikolaus I. auf den Vorschlagseines Ministers, eine Rechtsanwaltschaft zu gründen:„Solange ich Zar bin, hat Russland keine Advokaten nö-tig.“3

Sein Nachfolger Alexander II. sah sich angesichts desdesolaten Zustandes in der Gesellschaft zu grund-legenden Reformen gezwungen.4 Die Gerichtsreform,die für die Schaffung der professionellen und unabhän-gigen Richter, für die Öffentlichkeit und Mündlichkeitder Hauptverhandlung, für die Geschworenengerichteund die Einführung der Kassationsinstanz stand,5 warohne die Schaffung der Institution Anwaltschaft nichtmöglich. Also wurde aus dem Boden ein neues undbis dahin in Russland unbekanntes Institut geschaffen:die freie russische Anwaltschaft, die nach dem Prinzipder Selbstverwaltung organisiert wurde.6 Sie hattezwei Selbstverwaltungsorgane: eine Vollversammlungund einen Rat (Sowjet) der Rechtsanwälte, der überdie Aufnahme in den Anwaltsstand entschied unddie Disziplinargewalt ausübte.7 Um vereidigter Rechts-anwalt zu werden, bedurfte es des Rechtsstudiums aneiner Universität und einer fünfjährigen praktischenBerufserfahrung bei einem Gericht oder unter Leitungeines vereidigten Rechtsanwalts.8 Der Kandidat muss-te das Alter von 25 Jahren erreicht haben, eine unbe-scholtene Lebensführung vorweisen und einen Eid ab-leisten.9

Um die Unabhängigkeit des Anwalts zu wahren, wur-de festgelegt, dass der Beruf mit einem besoldetenStaats- bzw. Kommunaldienst unvereinbar ist. Die An-wälte wurden dem Oberlandesgericht zugeschrieben,in dessen Bezirk sie ihren Wohnsitz hatten, durften je-doch vor allen Gerichten des Zarenreiches auftreten.10

2. DIE SOWJETISCHE ANWALTSCHAFTDie Oktoberrevolution 1917 und die Machtergreifungdurch die sog. Bolschewiki brachte grundlegende Än-derungen für die russische Anwaltschaft. Die Bolsche-wiki betrachteten die Anwaltschaft als Rechtspflegeor-gan der zaristischen Unterdrückungsjustiz, die nur zurVertretung der Interessen der Bourgeoisie im Jahre1864 gegründet wurde. Der erste gesetzgeberischeAkt der Bolschewiki, das Dekret Nr. 1, richtete sich ge-gen diese verhasste „bürgerlich-grundbesitzerische Jus-tiz“: Die Gerichte, die Staatsanwaltschaft und die An-waltschaft wurden am 24.11.1917 kurzerhand abge-schafft. Die rechtsprechende Gewalt ging auf dieVolksgerichte über, deren Richter über keine juristischeAusbildung zu verfügen brauchten, sondern ideologischsattelfest sein und die Ideale der Revolution vertretenmussten.11 Die Anwaltschaft der vorrevolutionären Prä-gung galt es zu bekämpfen. Die Geschäftsräume derKammern wurden beschlagnahmt und den Kammervor-ständen wurde nahe gelegt, ihre Mitglieder aufzufor-dern, zur neuen Macht überzuwechseln.12

Einer anfänglichen Diskussion darüber, ob die Anwältein der sowjetischen Gerichtsbarkeit, die als die fairsteGerichtsbarkeit der Welt proklamiert wurde, überhauptnotwendig seien,13 folgte eine Periode der Umformungund Anpassung der Anwaltschaft an die neuen Verhält-nisse. Da die neuen Machthaber die Anwälte als vor-malige Büttel der zaristischen Justiz sahen, sollten dieseAnwälte jetzt zu den Bütteln der kommunistischen Ideo-logie werden. Nach dem neuen Anwaltsbild sollte einRechtsanwalt „zu jeder Zeit der sowjetischen Rechtspre-chung dienen und die gesetzlichen Rechte und Interes-sen eines Bürgers, einer Organisation verteidigen. Zu ei-nem inneren Konflikt kann es bei einem sowjetischenRechtsanwalt nicht kommen, weil die persönlichen Inte-ressen des sowjetischen Bürgers immer mehr, und zwarganz bewusst, sich mit den Interessen des sozialisti-schen Staates verbinden“.14 Ein Rechtsanwalt „muss esverstehen, seinen Standpunkt durchzusetzen und furcht-los dafür einzutreten, woran er glaubt, nicht mit Rück-sicht auf seinen Mandanten, sondern mit Rücksicht aufden sozialistischen Aufbau, mit Rücksicht auf die Inte-ressen unseres Staates“.15

Gleichzeitig fand der organisatorische Umbau der An-waltschaft statt. Die Anwälte wurden gezwungen, ihreprivaten Praxen aufzugeben und sich den so genann-ten ‚Kollektiven der Verteidiger‘ anzuschließen. DieSchikanen der ‚privaten‘ Rechtsanwälte steigertensich zu einem Ausmaß, dass es ihnen unmöglich wur-

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1 Gerschin, Boris, „Länderbericht Russland“, Magnus, Julius (Hrsg.), Die Rechts-anwaltschaft, Leipzig 1929, S. 218.

2 Smith, Gordon B., Reforming the Russian legal system, Cambridge 1992, 1;ebenso Gerschin, a.a.O., S. 217.

3 Gerschin, a.a.O., S. 217.4 Ausführlich dazu Popova A., Femida in den Umbruchszeiten (russ.) (Femida v

epochu preobrozovanij), Moskau 2009, S. 16 ff.; ebenso Ascher, Abraham, Ge-schichte Russlands, Essen 2005, S. 119 ff.

5 Popova, a.a.O.6 Schulz, Lothar, Russische Rechtsgeschichte, Berlin 1951, S. 209.7 Schulz, a.a.O., S. 210.8 Gerschin, a.a.O., S. 218.9 Ebenda.10 Ebenda.

11 Schroeder, Friedrich-Christian, Die Bestellung der Richter in Russland, in: Recht inOst und West, 1995, S. 165, abrufbar unter http://www.richterverein.de/links/ribestruss.pdf.

12 Gerschin, a.a.O., S. 228.13 Ausführlich dazu Bilinsky, Andreas, Die Organisation der sowjetischen Anwalt-schaft, Berlin 1958, S. 11 ff.

14 Antimonow, Gerson, Der Rechtsanwalt im sowjetischen Zivilprozess (russ.) (Advo-kat v sovetskom grazdanskom processe), Moskau 1954, S. 3, zitiert nach Bilinsky,a.a.O., S. 4.

15 Wyschinkskij, Die revolutionäre Gesetzlichkeit und die Aufgaben der sowjetischenVerteidigung (russ.) (Revolucionnaja zakonnost' i zadaci sovetskoj zasciti), Moskau1934, S. 38, zitiert nach Bilinsky, a.a.O., S. 4.

HORRER/MAGUTA, ANWALTSCHAFT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT DER RUSSISCHEN FÖDERATION

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de, ihren Beruf auszuüben. Schließlich erfasste die Säu-berungswelle der 1930er Jahre auch die Anwaltschaft,deren Opfer die angeblich ‚antisowjetischen‘ Anwältewurden. Die Gesetzgebung über die Anwaltschaft von1922 und 1939 (Polozenie ob advokature-Ordnungder Anwaltschaft) verfestigte die Abhängigkeit der An-wälte von den Justizverwaltungen sowie vom Willender Partei. Bis zum Ende der sowjetischen Herrschaftwaren die Anwälte – trotz der Einführung einer gewis-sen Autonomie im Jahre 1969 – in Anwaltskollegienzusammengefasst und dem Justizministerium unter-stellt. Sie waren einer strengen Hierarchie unterworfenund von den Vorgaben der Partei abhängig16.

3. DIE ANWALTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATIONEnde 1991 nach der Auflösung der Sowjetunion been-dete der Rechtsanwaltsverband der UdSSR seine Exis-tenz. Die sowjetischen gesetzlichen Grundlagen fürdie Anwaltstätigkeit blieben noch bis zur Verabschie-dung des neuen Anwaltsgesetzes der Russischen Föde-ration in 2002 in Kraft. Eine Einigung darüber, wie dierussische Anwaltschaft nun organisiert sein soll, konn-te ein ganzes Jahrzehnt lang nicht erzielt werden.

Ende 2001 begann die Arbeit an einem neuen Gesetz-entwurf und 2002 wurde das neue Anwaltsgesetz inder Russischen Föderation verabschiedet. Das neueAnwaltsgesetz setzte den gesetzlichen Rahmen für dieanwaltliche Selbstverwaltung, definierte den Statusdes Rechtsanwalts, verankerte Unabhängigkeitsgaran-tien des Rechtsanwalts, führte verschiedene Formender Berufsausübung und die Garantien des Rechts-anwaltsgeheimnisses ein.17

II. RECHTSBERATUNGSMARKT IN DERRUSSISCHEN FÖDERATION

Der Rechtsberatungsmarkt in der Russischen Föderati-on ist weitestgehend unreguliert. Die Befugnis zur ge-richtlichen Vertretung ist nur für das Strafverfahren ge-regelt. So sagt § 49 Abs. 2 der russischen Strafprozess-ordnung, dass nur ein Anwalt einen Angeklagten imStrafverfahren vertreten darf. Ausnahme besteht inden Fällen der Kleinkriminalität, die vor dem Gerichtder unteren Instanz verhandelt werden (Mirovoi Sud),vor dem wiederum jedermann die Interessen des Ange-klagten vertreten darf. Vor höheren Strafgerichten be-steht Anwaltszwang. In allen anderen Gerichten darfjedermann als Vertreter des Klägers/Beklagten auf-treten.

Im Bereich der außergerichtlichen Dienstleistungen se-hen sich Rechtsanwälte intensiver Konkurrenz aus-gesetzt, da hier ein Rechtsdienstleistungsmonopol fürRechtsanwälte nicht existiert. Im wirtschaftsberaten-den Bereich sind juristische Firmen tätig, die Rechts-dienstleistungen durch Rechtsberater, die zwar über

eine juristische Ausbildung, jedoch über keine Anwalts-zulassung verfügen, anbieten. Solche Rechtsberaterunterliegen zwar nicht den anwaltlichen Berufspflich-ten wie der Verschwiegenheit, dem Verbot der Vertre-tung widerstreitender Interessen, Loyalität etc. Sie wer-den sich jedoch in der Regel im Rahmen des Bera-tungsvertrages privatrechtlich zur Einhaltung dieserPflichten gegenüber dem Mandanten verpflichten. Eingrößeres Problem besteht darin, dass die Rechtsbera-ter keine Anwaltsprivilegien, wie das Verbot der Ver-nehmung des Anwalts oder das Verbot der Durch-suchung der Kanzleiräume durch die Strafverfolgungs-behörden, genießen.

Ausländische Rechtsanwälte dürfen in der RussischenFöderation Rechtsrat auf den Gebieten des Rechts ih-res Herkunftsstaates erteilen.18 Die ausländischen An-wälte, die in der Russischen Föderation anwaltliche Tä-tigkeiten ausüben wollen, sollen sich in einem Registerfür ausländische Rechtsanwälte, das bei dem russi-schen Justizministerium geführt wird, registrieren las-sen.19 Da die Eintragung in das Register eine kompli-zierte bürokratische Prozedur darstellt und die Eintra-gung lediglich für die Verteidigung in Strafsachennotwendig ist, ist sie meistens für die russischsprechen-den Strafverteidiger aus den ehemaligen Sowjetrepu-bliken vom Interesse.20 Viele ausländische Rechts-anwälte oder Juristen, die auf den Gebieten des Zivil-und/oder Verwaltungsrechts tätig werden, werden alsRechtsberater ohne einen Eintrag im Register tätig.

III. RECHTSQUELLEN DES ANWALTSRECHTS

Rechtliche Grundlage der anwaltlichen Tätigkeit in derRussischen Föderation ist das Föderalgesetz „Über dieRechtsanwaltschaft und die Rechtsanwaltstätigkeit inder Russischen Föderation“ v. 31.5.2002 (in der derzeitgültigen Fassung v. 21.11.2011) („AnwaltsG“) und derBerufsethische Kodex v. 31.1.2003 (in der derzeit gel-tenden Fassung v. 5.4.2007) („Ethikkodex“).

IV. ZUGANG ZUR ANWALTSCHAFT

Um zur Rechtsanwaltschaft zugelassen zu werden,muss ein Kandidat über einen juristischen Universitäts-abschluss und über eine zweijährige praktische Ar-beitserfahrung in einem juristischen Beruf verfügen,voll rechtsfähig und entweder nicht vorbestraft seinoder seine Vorstrafe muss bereits erlassen wordensein.21 Weiterhin muss ein Kandidat eine Aufnahme-prüfung bei der Rechtsanwaltskammer bestehen.

Die universitäre Juristenausbildung erfolgt in der Rus-sischen Föderation sowohl an staatlichen wie auch an

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16 Nußberger, Angelika, Einführung in das russische Recht, München 2012, S. 11.17 Ausführlich dazu unten.

18 Art. 2 Abs. 5 AnwaltsG.19 Art. 2 Abs. 6 AnwaltsG.20 Zum 1.2.2013 waren nur 39 Anwälte im Register für ausländische Rechtsanwälteregistriert.

21 Art. 9 AnwaltsG.

HORRER/MAGUTA, ANWALTSCHAFT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT DER RUSSISCHEN FÖDERATION

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staatlich akkreditierten, privaten Universitäten. Der Zu-gang zum Studium erfolgt durch eine Eignungsprü-fung. Die zweijährige praktische Arbeitszeit in einemjuristischen Beruf kann auf vielerlei Weise abgeleistetwerden: z.B. als Lektor an einer Hochschule, als Juristbei einer staatlichen Organisation oder einem Ministeri-um, als Assistent eines Rechtsanwalts usw. Beim Nach-weis dieser Voraussetzungen kann ein Kandidat einenAntrag auf Ableisten der Zulassungsprüfung bei derfür ihn zuständigen regionalen Anwaltskammer stellen.Die Aufnahmeprüfungen, die im Allgemeinen als sehranspruchsvoll gelten, werden von den bei jeder Kam-mer eingerichteten Qualifikationskommissionen durch-geführt. Ein Kandidat kann die Prüfung beliebig oft, je-doch in einem Abstand von einem Jahr, wiederholen.

Die Zahl der Rechtsanwälte in Russland liegt heute beiüber 66.000 und erhöht sich jährlich um durchschnitt-lich 1.400 Neumitglieder. An schnellsten wächst dieAnwaltschaft in der russischen Hauptstadt Moskauum ca. 300 Anwälte pro Jahr. Derzeit sind ca. 55 %der Rechtsanwälte Männer und 45 % sind Frauen.19 % der Anwälte sind unter 30 Jahre alt und 11 %über 60 Jahre alt.22

V. ANWALTLICHE SELBSTVERWALTUNG

Die Anwaltschaft der Russischen Föderation ist unab-hängig, selbstverwaltet und basiert auf der Pflichtmit-gliedschaft aller Rechtsanwälte.23 Die 68 Rechts-anwaltskammern sind in Form nichtstaatlicher Einrich-tungen organisiert und als juristische Personenregistriert. An der Spitze der anwaltlichen Selbstver-waltung steht die Föderale Rechtsanwaltskammer derRussischen Föderation mit Sitz in Moskau.

1. KAMMERWESENDie Aufgaben einer Rechtsanwaltskammer nach demAnwaltsG sind vielfältig: Gewährleistung des Zugangesder Bevölkerung zum qualifizierten Rechtsrat,24 Orga-nisation der kostenlosen Rechtshilfe für Bürger, Vertre-tung der Interessen der Anwälte bei den Behörden, derörtlichen Selbstverwaltung, der gesellschaftlichen Ver-einigung und anderen Organisationen, Kontrolle derberuflichen Ausbildung der Anwaltsanwärter sowiedie Überwachung der Einhaltung der anwaltlichenStandesregeln durch die Anwälte.25 Die Anwaltskam-mer unterliegt der staatlichen Registrierung beimJustizministerium, wird von diesem jedoch nicht beauf-sichtigt.26 Die Entscheidungen der Organe der An-waltskammer sind für alle Mitglieder der Anwaltskam-

mer verbindlich.27 Eine Anwaltskammer hat drei Orga-ne: die Mitgliederversammlung, den Rat und dasPräsidium. Das höchste Organ der Anwaltskammerist die Mitgliederversammlung, die mindestens einmalim Jahr einberufen wird.28 Bei jeder Anwaltskammerwird eine Revisionskommission,29 die sich mit der Prü-fung der Einnahmen und Ausgaben der Kammer be-fasst, und die Qualifikationskommission,30 die für dieZulassungen und Disziplinarmaßnahmen zuständigist, gebildet.

Zu den Kompetenzen der Mitgliederversammlung ge-hört unter anderem die Wahl des Rates der Anwalts-kammer, die Wahl der Delegierten für den Gesamtrus-sischen Kongress der Rechtsanwälte bei der FöderalenRechtsanwaltskammer der Russischen Föderation, dieBestimmung der Höhe der Pflichtbeiträge, die Bestäti-gung des Ausgabebudgets der Anwaltskammer unddie Höhe der Vergütung der Mitglieder des Rates.31

Die Entscheidungen der Versammlung der Rechts-anwälte werden mit einfacher Mehrheit der an derVersammlung teilnehmenden Anwälte getroffen.32

Eine Anwaltskammer handelt durch ihren Rat („Sow-jet“), der von der Mitgliederversammlung aus Mitglie-dern der Anwaltskammer für die Dauer von vier Jahrengewählt wird und aus höchstens 15 Mitgliedern be-steht.33 Der Rat wählt aus seiner Mitte für die Dauervon vier Jahren einen Präsidenten der Anwaltskammersowie auf dessen Vorschlag einen oder mehrere Vize-präsidenten für die Dauer von zwei Jahren.34 Die Mit-glieder des Rates dürfen ihrer anwaltlichen Tätigkeitneben ihrer Tätigkeit im Rat weiter nachgehen.

Die Föderale Rechtsanwaltskammer der RussischenFöderation („FRAK“) ist eine Dachorganisation der68 regionalen Rechtsanwaltskammern der RussischenFöderation.35 Die FRAK ist eine nicht staatliche, nichtwirtschaftliche Organisation, die auf der Pflichtmit-gliedschaft der regionalen Anwaltskammern grün-det.36 Die FRAK ist dazu berufen, die Interessen der An-wälte vor den föderalen Organen der staatlichen Ge-walt und den Organen der örtlichen Selbstverwaltungzu vertreten.37 Sie koordiniert die Tätigkeit der An-waltskammern und ist dazu berufen, für die Qualitätder anwaltlichen Dienstleistungen zu sorgen. Die Ent-scheidungen der FRAK und ihrer Organe sind für alleAnwaltskammern und somit für alle Anwälte verpflich-tend.38 Das höchste Organ der FRAK ist der Gesamt-russische Anwaltskongress. Der Kongress wird mindes-tens einmal alle zwei Jahre einberufen.39 Die regiona-

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22 Informationsblatt der Föderalen Rechtsanwaltskammer der Russischen Föderati-on, Moskau 2012, No2, 67.

23 Art. 3 AnwaltsG.24 Was in vielen dünn besiedelten Gebieten Russlands eine besonders wichtige Auf-gabe ist, der die Kammern durch die Gründung der Rechtsberatungsstellennachkommen (Informationsblatt der Föderalen Rechtsanwaltskammer der Russi-schen Föderation, Moskau 2012, No2, 68).

25 Art. 29 AnwaltsG.26 Art. 3, Art. 29 AnwaltsG.

27 Art. 29 Abs.9 AnwaltsG.28 Art. 30 Abs. 1 AnwaltsG.29 Art. 32 AnwaltsG.30 Art. 33 Abs. 1 AnwaltsG.31 Art. 30 AnwaltsG.32 Art. 30 Abs. 3 AnwaltsG.33 Art. 31 Abs. 2 AnwaltsG.34 Art. 31 Abs. 3 Satz 1 AnwaltsG.35 Art. 35 Abs. 2 AnwaltsG.36 Art. 35 Abs. 1 AnwaltsG.37 Art. 35 Abs. 2 AnwaltsG.38 Art. 35 Abs. 7 AnwaltsG.39 Art. 36 Abs. 1 AnwaltsG.

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len Anwaltskammern wählen aus ihren Mitgliedern dieDelegierten, die bei dem Gesamtrussischen Anwalts-kongress die Kammern vertreten. Der GesamtrussischeAnwaltskongress ist zuständig für die Änderungen derSatzung der FRAK, Verabschiedungen und Änderungendes Kodexes der anwaltlichen Standesregeln, die Wahldes Rates der FRAK, die Bestimmung der Höhe der Bei-träge, die die Anwaltskammern an die FRAK zu entrich-ten haben, die Bestätigung des Geschäftsordnungs-und Personalplans des Apparates der FRAK, die Bestä-tigung der Berichte des Präsidiums der FRAK und dieBestätigung des Haushaltsplanes der FRAK.40

Das Handlungsorgan der FRAK ist ihr Rat, der vom Ge-samtrussischen Anwaltskongress in geheimer Abstim-mung für die Dauer von vier Jahren gewählt wird undaus höchstens 30 Mitgliedern besteht.41 Dabei sollmindestens ein Drittel des Rates einmal alle zwei Jahreerneuert werden.42 Das Präsidium der FRAK wählt ausseiner Mitte für die Dauer von vier Jahren einen Prä-sidenten und auf seinen Vorschlag für die Dauer vonzwei Jahren drei Vizepräsidenten.43

Den russischen Rechtsanwälten steht es frei, sich inprivatrechtlichen Vereinigungen zu organisieren. Aller-dings ist solchen anwaltlichen Vereinigungen nachArt. 39 des AnwaltsG verwehrt, die im Anwaltsgesetzden Anwaltskammern und der FRAK vorbehaltenenFunktion zu erfüllen. Das bedeutet, dass z.B. eine Inte-ressenvertretung durch private anwaltliche Vereinigun-gen bei der Politik in der Russischen Föderation nichtbeansprucht werden kann.

2. DISZIPLINARWESENFür vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstöße gegendas Anwaltsgesetz und den Ethikkodex hat der Rechts-anwalt disziplinarisch einzustehen.44 Das Disziplinar-verfahren findet vor der Qualifikationskommission derAnwaltskammer und – in der 2. Instanz – bei demRat der zuständigen Anwaltskammer statt.

Die Aufgaben und die Zusammensetzung der Qualifi-kationskommission wurden vom föderalen Gesetz-geber im Anwaltsgesetz geregelt. Die Qualifikations-kommission besteht aus 13 Mitgliedern und wird wiefolgt besetzt: Präsident der Anwaltskammer, sechsausgewählte Mitglieder der Anwaltskammer, die überdie anwaltliche Berufserfahrung von mindestens fünfJahren verfügen müssen, zwei Vertreter der örtlichenJustizverwaltung, zwei Vertreter des gesetzgebendenOrgans des Subjektes der Russischen Föderation, einRichter des Obersten Gerichts des Subjektes der Russi-schen Föderation und ein Richter des Wirtschafts-gerichts des Subjektes der Russischen Föderation.45

Den Vorsitz der Aufnahmekommission führt der Prä-sident der Anwaltskammer.

Die Regelung des Disziplinarverfahrens hat der födera-le Gesetzgeber der Anwaltschaft überlassen. Das Ver-fahren ist daher im Kodex der anwaltlichen Berufsethik(Ethikkodex) geregelt, das vom Gesamtrussischen An-waltskongress in 2003 verabschiedet wurde.46

Ein Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwaltwird aufgrund einer Beschwerde oder vom Amts we-gen durch den Rat der Anwaltskammer eingeleitet.47

Beschwerdebefugt sind die Mandanten, andereRechtsanwälte, Richter und Vertreter der staatlichenBehörden und Organisationen. Gegenstand des Diszip-linarverfahrens können nur Verfehlungen des Anwaltsbei der Ausübung seines Berufes sein.48 Die Beteiligteneines Disziplinarverfahrens haben das Recht zur Akten-einsicht und das Recht auf rechtliches Gehör.49 Überdas nichtöffentliche Verfahren wird ein Protokoll er-stellt.50 Die Entscheidung der Qualifikationskommis-sion muss mit einer Begründung versehen werden.51

Der Anwalt und sein Gegner im Disziplinarverfahrenkönnen sich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorder Qualifikationskommission gütlich einigen.52 DieQualifikationskommission kann eine von drei folgen-den Disziplinarmaßnahmen verhängen: Rüge, Verwar-nung und Ausschluss aus der Anwaltschaft.53

Gegen die Entscheidung der Qualifikationskommissionist eine Beschwerde beim Rat der Anwaltskammer in-nerhalb von 10 Tagen nach der Entscheidung mög-lich.54 Der Beschwerdeführer beim Rat der Kammerkann sich nur auf Rechtsfehler oder Verfahrensfehlerberufen. Der Rat prüft nicht mehr die von der Qualifika-tionskommission festgestellten Tatsachen, das Vorbrin-gen neuer Tatsachen und neuer Beweise durchBeschwerdeführer ist nicht zulässig.55 Der Rat der An-waltskammer kann die Entscheidung der Qualifikations-kommission entweder bestätigen oder kassieren. Beider Feststellung von Verfahrensfehlern wird die Sachean die Qualifikationskommission zur erneuten Entschei-dung zurückverwiesen.56 Art. 25 Abs. 2 Ethikkodex er-laubt dem Anwalt gegen die Entscheidung des Ratesder Kammer eine Klage beim Gericht zu erheben.57

VI. BERUFSAUSÜBUNG

1. GRUNDPFLICHTENBerufspflichten eines Anwalts sind im AnwaltsG nurpartiell geregelt: § 7 AnwaltsG legt fest, dass ein An-

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40 Art. 36 Abs. 2 AnwaltsG.41 Art. 37 Abs. 2 AnwaltsG.42 Ebenda.43 Art. 37 Abs. 2 Satz 1 AnwaltsG.44 Art. 19 des Ethikkodexes.45 Art. 33 Abs. 2 AnwaltsG.

46 Und in 2005 und 2007 ergänzt bzw. geändert wurde.47 Art. 20 Abs. 1 Nr. 1–4 Ethikkodex.48 Art. 20 Abs. 4 Ethikkodex.49 Art. 23 Abs. 5 Ethikkodex.50 Art. 23 Abs. 10 und 11 Ethikkodex.51 Art. 23 Abs. 14 Ethikkodex.52 Art. 23 Abs. 7 Ethikkodex.53 Art. 18 Abs. 6 Ethikkodex.54 Art. 24 Abs. 3 Ethikkodex.55 Art. 24 Abs. 4 Ethikkodex.56 Art. 25 Abs. 1 Ethikkodex.57 Pilipenko, Yuriy (Hrsg.), Ethikkodex. Wissenschaftlicher Kommentar für die Praxis,Moskau 2012, 387; siehe auch Disziplinarverfahrensübersicht in: Informations-blatt der Moskauer Anwaltskammer. Moskau 2008, Ausgabe 5–6, 18–22.

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walt ehrlich und gewissenhaft die Interessen seinesMandanten vertreten muss, die Pflichtverteidigungund in den gesetzlich vorgesehenen Fällen auch diekostenlose Rechtsberatung übernehmen58 und sichständig fortbilden und monatlich die Kammerbeiträgebezahlen muss. § 7 Abs. 6 AnwaltsG verpflichtet einenAnwalt, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschlie-ßen. Diese Regelung wird jedoch mangels ausreichen-der Angebote der Versicherungsgesellschaften nichtangewendet.

§ 6 Abs. 4 AnwaltsG verbietet es einem Anwalt, sich inmögliche illegale Aktivitäten seines Mandanten zu in-volvieren, widerstreitende Interessen zu vertreten odersich einer Sache anzunehmen, wenn er mit ihr bereitsfrüher als Richter oder Staatsanwalt vorbefasst war.Weiterhin darf er nicht gegen den Willen seines Man-danten handeln, außer er ist überzeugt, dass der Man-dant sich absichtlich belastet, und muss Verschwiegen-heit bewahren.59 Flankiert wird die Verschwiegenheits-pflicht durch das Zeugnisverweigerungsrecht.60 DieArbeitsräume des Anwalts dürfen nicht durchsuchtwerden, außer in den Fällen, in denen der Anwalt unterVerdacht steht, Tatwerkzeuge im Auftrag des Mandan-ten aufzubewahren oder im Besitz verbotener Gegen-stände zu sein.61

Die Konkretisierung der Berufspflichten erfolgt durchden Ethikkodex. Der Ethikkodex verpflichtet die Rechts-anwälte, unter allen Umständen die Ehre und die Wür-de ihres Berufes zu wahren.62 Die berufliche Unabhän-gigkeit des Rechtsanwaltes – eine notwendige Bedin-gung für das Vertrauen des Mandanten in seinenAnwalt – muss unbedingt eingehalten und gewahrtwerden.63 Nach dem Ethikkodex fallen unter die zeit-lich unbegrenzte Verschwiegenheitspflicht alle Infor-mationen und Erkenntnisse, die dem Rechtsanwalt beider Ausübung seines Mandats bekannt gewordensind.64 Dem Rechtsanwalt gem. Art. 6 Abs. 3 Ethikko-dex kann die Befreiung von seiner Verschwiegenheits-pflicht nur durch den Mandanten erteilt werden. DieAbtretung der Honorarforderungen gegen den Man-danten ist untersagt.65 Die Verschwiegenheitspflichtund das Zeugnisverweigerungsrecht erstrecken sichauf die Mitarbeiter des Rechtsanwalts.

2. FORMEN DER BERUFSAUSÜBUNGDas AnwaltsG enthält detaillierte Bestimmungen zuFragen der Berufsausübung von Rechtsanwälten. EinRechtsanwalt, der selbstständig tätig werden möchte,hat nur die Möglichkeit, ein Anwaltskabinett66 zu eröff-nen. Das Anwaltskabinett ist die einfachste Form der

Berufsausübung, die mit der deutschen Einzelkanzleivergleichbar ist. Der Inhaber eines Anwaltskabinettsdarf Assistenten haben, die über einen juristischen Ab-schluss verfügen, jedoch keine Rechtsanwälte sein dür-fen. Kein Rechtsanwalt kann von einem anderenRechtsanwalt oder von einem Unternehmen angestelltsein, da dadurch die Gefährdung seiner Unabhängig-keit befürchtet wird. Mehr als 20 % der Rechtsanwälteüben ihre Tätigkeit in Anwaltskabinetten aus.67

Beabsichtigt jedoch ein Rechtsanwalt, sich zur gemein-samen Berufsausübung mit seinen Kollegen zusam-menzutun, so stehen ihm die Formen des Kollegiumsder Advokaten68 und des Advokatenbüros69 zur Aus-wahl. Das Kollegium und das Büro sind juristische Per-sonen und können Niederlassungen an anderen Ortenerrichten.Ein Kollegium der Advokaten in Form einer juristischenPerson wird von den Anwälten, die der gleichen An-waltskammer angehören, gegründet.70 Die Mitgliederdes Kollegiums haften für die Verpflichtungen des Kol-legiums nicht, das Kollegium der Advokaten haftet fürdie Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder nicht.71

Derzeit gibt es mehr als 2.000 Kollegien der Advoka-ten, in denen beinahe 75 % aller Anwälte tätig sind.72

Die Anwälte, die ein Advokatenbüro gründen, schlie-ßen untereinander einen Partnervertrag, und verpflich-ten sich ihre berufliche Tätigkeit im Namen aller Part-ner auszuüben. Die Verantwortung für die Besorgungder allgemeinen Angelegenheiten des Advokatenbü-ros, sofern nicht anders im Partnervertrag bestimmtist, trägt der geschäftsführende Partner. Der Vertragmit dem Mandanten wird vom geschäftsführendenPartner oder anderem Partner im Namen aller Partneraufgrund der von ihnen ausgestellten Vollmachten ab-geschlossen. Die Anwälte haften nach Beendigung desPartnerschaftsvertrages gesamtschuldnerisch. In denAdvokatenbüros sind 2,6 % der Anwälte tätig, ins-gesamt gibt es ca. 500 davon in Russland.73

VI. AUSBLICK

Die russische Anwaltschaft steht gerade vor großenVeränderungen ihres Berufsrechtes. Es hat sich heraus-gestellt, dass viele Fragen, die den Anwälten wichtigerscheinen, durch das Anwaltsgesetz und den Ethikko-dex nicht beantwortet werden. Die Anwaltschaft dis-kutiert deshalb über die Änderungen des Anwalts-gesetzes und des Ethikkodexes.Es gibt Vorschläge, die berufsrechtliche Verantwort-lichkeit eines Anwalts für sein Verhalten nach französi-

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58 Näheres dazu in: Informationsblatt der Föderalen Rechtsanwaltskammer derRussischen Föderation, Moskau 2012, No2, 73.

59 Art. 4 Abs. 4 AnwaltsG.60 Art. 8 Abs. 2 AnwaltsG.61 Art. 8 Abs. 3 AnwaltsG.62 Art. 4 Ethikkodex.63 Art. 5 Ethikkodex.64 Art. 6 Abs. 2 Ethikkodex.65 Art. 6 Abs. 7 Ethikkodex.66 Art. 21 AnwaltsG.

67 Informationsblatt der Föderalen Rechtsanwaltskammer der Russischen Föderati-on, Moskau 2012, No2, 68.

68 Art. 22 AnwaltsG.69 Art. 23 AnwaltsG.70 Art. 22 Abs. 3 AnwaltsG.71 Art. 22 Abs. 12 AnwaltsG.72 Informationsblatt der Föderalen Rechtsanwaltskammer der Russischen Föderati-on, Moskau 2012, No2, 68.

73 Ebenda.

HORRER/MAGUTA, ANWALTSCHAFT UND ANWALTLICHES BERUFSRECHT DER RUSSISCHEN FÖDERATION

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schem Modell auszuweiten, nach dem ein Anwalt auchfür jegliche Vergehen aus seinem Privatleben berufs-rechtliche Konsequenzen befürchten muss. Im Bereichder Disziplinarmaßnahmen gibt es derzeit einen Vor-schlag, nach deutschem Vorbild ein zeitlich begrenztesVertretungsverbot als eine mildere Maßnahme im Ver-gleich zum Entzug der Zulassung einzuführen. Weiter-hin wird über die Änderung der Regeln zur Einleitungeines Disziplinarverfahrens gegen den Präsidenten ei-ner Rechtsanwaltskammer diskutiert. Nach derzeitigerRegelung darf nur der Präsident der Rechtsanwalts-kammer gegen sich selbst ein Disziplinarverfahren er-öffnen, was in der Praxis nicht oft vorkommen sollte.Auch über die Möglichkeiten der Aufweichung der der-zeit absoluten Verschwiegenheitspflicht, zum Beispielzur Vermeidung schwerer Straftaten, wird gesprochen.Große Herausforderung stellt für die russische Anwalt-schaft die Lösung der Frage der Berufshaftpflichtver-sicherung dar. Ein weiteres Thema ist die Fortentwick-lung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts und die Ein-

führung der Anwalts-AG und Anwalts-GmbH, die vonweiten Teilen der Anwaltschaft verlangt wird. Diesebeiden Punkte sind nach dem Beitritt Russlands in dieWelthandelsorganisation besonders aktuell geworden.Ein großes Projekt für die Vertreter der russischen An-waltschaft ist die Regulierung des Marktes der Rechts-dienstleistungen, die Durchsetzung des Anwalts-monopols für die gerichtlichen Dienstleistungen in Zivil-und Verwaltungssachen und die Vereinigung der Juris-ten und Rechtsanwälte. Das sind die Aufgaben der be-vorstehenden Reform des Rechtsberatungsmarktes inRussland, die das russische Justizministerium 2010 an-nonciert hat.74 Als Endziel der bevorstehenden Reformstellt das Justizministerium Russlands die Vereinigungder Rechtsanwälte und der Juristen im Rahmen einerKörperschaft aufgrund des Rechtsanwaltsstatus.75

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NEUES ITALIENISCHES BERUFSRECHTRECHTSANWALT UND AVVOCATO DR. RODOLFO DOLCE, FRANKFURT/MAIN*

Der italienische Gesetzgeber hat mit der „Nuova dis-ciplina dell'ordinamento della professione forense“(Gesetz v. 31.12.2012, Nr. 247)1 das italienische Be-rufsrecht für Rechtsanwälte neu geregelt. Es ist am2.2.2012 in Kraft getreten und ersetzt nicht nur diealte Berufsordnung aus dem Jahre 1933,2 sondernauch die Fülle von darauf folgenden Verordnungen,die in den letzten Jahren für viel Unruhe in der italie-nischen Anwaltschaft gesorgt haben; so u.a. die Ab-schaffung der gesetzlichen Gebührenordnung3 unddie Einführung einer erfolgsabhängigen Vergütung(quota litis).4 Das Prinzip der anwaltlichen Selbstver-waltung und die Stellung der Rechtsanwaltskammernbleiben unangetastet.

Ein Gespenst geht um in Europa: Das Gespenst der Ab-schaffung der anwaltlichen Selbstverwaltung. Die vonMonti als Wettbewerbskommissar angestoßene Libe-ralisierung aller freien Berufe und die damit verbunde-ne Ablehnung aller autonomen Kammern mit eigenerDisziplinargewalt drohte – nicht nur in Italien5 – zurAbschaffung der „ordini“ zu führen. Noch zu der feier-lichen Eröffnung des Gerichtsjahres 2012, die in Italienin allen Gerichten mit einem feierlichen Einzug der

Richter und Rechtsanwälte in Amtstracht in das örtli-che Gerichtsgebäude gefeiert wird, blieben die italie-nischen Rechtsanwälte unter Protest erstmals den Ver-anstaltungen fern. Die Regierung Monti drohte allePrivilegien des Standes zu beseitigen und den Rechts-anwalt als gewöhnlichen Dienstleister dem freienMarkt überlassen. Die von den Kammern in Italien aus-geübte berufs- und disziplinarrechtliche Aufsicht sollteauf einen Ausschuss bei dem jeweiligen Landgerichtübertragen werden, der unter Beteiligung von Anwäl-ten, aber unter Vorsitz eines Richters eingerichtet wer-den sollte.6

Das Thema eignete sich in Italien nicht zum Diskurs ineiner breiten Öffentlichkeit, auch wenn aufgrund derAnwaltsschwemme in Italien7 bald jeder Bürger einenAnwalt im erweiterten Familienkreis haben und so zu-mindest mittelbar betroffen sein wird. Soweit das The-ma aber öffentlich erörtert wurde, haben sich viele fürdie Abschaffung der Kammern ausgesprochen, so ei-ner der einflussreichsten Kolumnisten des Corriere del-la Sera, der neben der „Repubblica“ bedeutendsten Ta-geszeitung Italien, der ehemalige Botschafter SergioRomano. So hält er in seinem Beitrag im Corriere v.

74 Rossijskaja Gazeta. Woche No5312 (233), v. 14.10.2010. „— ææŁØæŒ ª “– ˝ º No5312 (233) 14 Œ Æ 2010 ª.

75 Novaja Advokatskaya Gazeta. 2013, No3 (140), 1.

* Partner der Rechtsanwaltskanzlei Dolce Lauda, Rechtsanwalt und Avvocato.1 Veröffentlicht in der Gazzetta Ufficiale (Staatsanzeiger) v. 18.1.2013.2 Regio decreto legge (Königliches Gesetzesdekret) v. 27.11.1933, Nr. 1578.3 Art. 9 Ziff. 1 Gesetzesdekret v. 24.1.2012, Nr. 1/2012.4 Art. 2 Ziff. 1, a des Gesetzesdekrets v. 4.7.2006, Nr. 233 („Decreto Bersani“),konvertiert als Gesetz Nr. 48 v. 4.8.2006.

5 Vgl. auch die Entwicklungen in England und Irland.

6 Aus dem Vortrag des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Mailand, Avv. PaoloGiuggioli zur Eröffnung des Gerichtsjahres 2012, Lawyers and competitivenesswithin the market, Fees and tariffs deregulation – Suppression of Bars andRegisters – Law firms and external investors v. 27.1.2012.

7 Gem. „Albo Nazionale Avvocati“, dem nationalen Anwaltsregister, waren im Au-gust 2012 247040 Rechtsanwälte in Italien zugelassen. Bei einer gleichzeitigenBevölkerungszahl von 60779708 entspricht dies im Vergleich zu Deutschland ei-ner „doppelten“ Anwaltsdichte.

DOLCE, NEUES ITALIENISCHES BERUFSRECHT

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2.11.2011 (unter der Überschrift „Die Berufskammernbremsen den Fortschritt“) das Kammerwesen für eineReminiszenz des faschistischen Staates und seinen kor-porativen, das mittelalterliche Zunftwesen nachäffen-den Strukturen. Die zugrundeliegenden Absichten derQualitätssicherung mögen ehrbar sein – so Romano –,in der Praxis würden sie aber im Wesentlichen die Privi-legien ihrer Mitglieder verteidigen.8

In diesem Geist wurde bereits am 28.7.2011 von ei-nem Senatsmitglied der von Berlusconi gegründetenund geführten Partei PDL (Sen. Lauro) eine Gesetzes-vorlage zur Änderung des Art. 33 Abs. 5 der italie-nischen Verfassung eingebracht, der mittelbar die Aus-übung der freien Berufe an die Mitgliedschaft in denKammern knüpft. Eine größere und konkrete Gefahrfür die Rechtsanwaltskammern ging aber von Art. 33des sog. Montidekretes v. 6.12.2011 aus, das in seinerursprünglichen Fassung eine Frist zum 13.8.2012 setz-te, in der das Kammerwesen entweder reformiert oderabgeschafft werden sollte.Dass der Kelch einer staatlichen Aufsicht an den italie-nischen Anwälten vorübergegangen ist, haben diesevor allen Dingen der sehr rührigen Aufklärungsarbeitdes „Consiglio Nazionale Forense“ (der Dachorganisa-tion der italienischen Kammern, im Folgenden CNF, inetwa mit der BRAK zu vergleichen) zu verdanken, so-wie den kämpferischen Aktionen der einzelnen Kam-mern, die 2012 mehrere Demonstrationen in Rom or-ganisierten – mit Bustransfer –, in denen die Kollegenin Roben auf die Straße gegangen sind.

Letztlich hat die Montiregierung Vernunft angenom-men und sich dem schlagenden Argument nicht mehrverschließen können, dass es mit der Unabhängigkeiteines Rechtsanwaltes nicht mehr weit her sein kann,wenn dieser der Disziplinargewalt eines Richters unter-stellt wird.

Ein weiteres Wechselbad der Gefühle für die italie-nische Rechtsanwaltschaft war das anwaltliche Ver-gütungsrecht. Dieses war bis zum 5.12.2006, an demdie EuGH Entscheidung Cipolla9 verkündet wurde, diedie Mindestgrenzen der italienischen Gebührenord-nung für europarechtswidrig erklärte, ähnlich der ös-terreichischen Gebührenordnung ausgestaltet: Einkomplexes Vergütungssystem, das zwischen Gebührenund Honoraren für den Rechtsanwalt unterschied undfür jede einzelne Prozesshandlung einen Gebührentat-bestand vorsah. Umso länger der Prozess andauerte,umso mehr konnte der Rechtsanwalt hieran verdienen.Mit dem Gesetzesdekret v. 24.1.2012, Nr. 1, Art. 9,10

wurde dann die Gebührenordnung schlicht abge-schafft.

Damit begann eine Zeit der großen Verunsicherung,da u.a. nicht gleichzeitig geklärt wurde, welcheMaßstäbe dann für die Gebührenerstattung im Rechts-streit gelten sollten. War der italienische Richter, dernach italienischem Prozessrecht nicht nur das Kosten-grundurteil verkündet, sondern auch gleich die Höheder Erstattung festsetzt, seit jeher schon frei, nach ei-genem Ermessen nur ein Teil der beantragten Kostenfestzusetzen, fehlte ihm nach der Abschaffung der Ge-bühren jede Grundlage.

Das neue Berufsrecht schafft hier nicht unmittelbarLinderung, der Richter kann weiterhin die ihm oppor-tun erscheinenden Abstriche an der zur Festsetzungeingereichten anwaltlichen Kostenrechnung vorneh-men, es führt aber den Grundsatz einer einheitlichenGebührenordnung wieder ein; die Ausgestaltung bleibteinem ministeriellen Erlass überlassen.

Das zuständige Justizministerium wird hier die Stel-lungnahme des Consiglio di Stato,11 Sezione Consulti-va per gli Atti Normativi v. 20.12.201212 berücksichti-gen; danach soll die neue italienische Gebührenord-nung nach Vorbild des deutschen RVG, das in derStellungnahme ausdrücklich genannt wird, grundsätz-lich nur vier Gebührentatbestände feststellen, undzwar für die Einführung in das Verfahren, für die Be-weisaufnahme, für die Entscheidungsphase und fürdie Zwangsvollstreckung.13

Nach deutschem Vorbild führt das neue Berufsrechtauch erstmalig eine Fachanwaltsbezeichnung ein. Einerster Versuch des CNF scheiterte vor dem Verwal-tungsgericht Lazio14 auf Antrag eines Rechtsanwaltes,der die vom Gericht geteilte Meinung vertrat, nichtdie Kammer, sondern dem Gesetzgeber sei es vor-behalten, neue Berufsbilder einzuführen. Dieser Auf-gabe ist der Gesetzgeber nun nachgekommen.

Das neue Gesetz führt auch die Pflicht zum Abschlusseiner Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälteein und gestattet dem Rechtsanwalt jede Art von infor-mativer Werbung; nur die vergleichende Werbungbleibt untersagt.

Die Berufsausübung ist den Rechtsanwälten jetzt auchin Italien in jeder Gesellschaftsform gestattet; möchteer sich mit anderen Berufsträgern (Steuerberater, Wirt-schaftsprüfer) zusammenschließen, bedarf es einer mi-nisteriellen Genehmigung.

Dulcis in fundo ist den italienischen Rechtsanwältenerstmals eine Form von Rechtsberatungsmonopol fürdie außergerichtliche Tätigkeit gewährt worden. Gera-

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8 Romano, Ebenda: „Ma nella realtà questi ordini diventano molto spessocittadelle che difendono, insieme alle nomenklature che li governano, iprivilegi dei soci. Le ricadute negative sono numerose. Le corporazionifrenano la modernizzazione dei mestieri perché ogni cambiamento turba isonni di tutti coloro che temono di essere scavalcati dai tempi. Riduconodrasticamente la competizione e penalizzano i giovani. Rallentano iprogressi dell'Italia rispetto ai suoi partner europei.“

9 EuGH v. 5.12.2006 – C-94/04 und C-202/04.10 Gazzetta Ufficiale 24.1.2012, Nr. 19).

11 Wörtlich übersetzt ist der Consiglio di Stato der Regierungsrat, er ist u.a. auchletzte Instanz für den Verwaltungsrechtsweg.

12 Geschäftsnummer 12463/2012.13 Eine derartige Gebührenreform hätte einen entscheidenden Einfluss auf das Ar-beitsverhalten. In diesem Zusammenhang passt die kolportierte Geschichte desösterreichischen Anwalts, der seinen Sohn, der die Kanzlei übernehmen soll, inDeutschland Jura studieren lässt. Nach Abschluss aller Studien tritt der Sohn indie Kanzlei des Vaters ein und der Vater gönnt sich erstmals in seiner Karriereeinen 6-wöchigen Urlaub. Er kommt erholt zurück und stellt fest, dass der Sohn,der ihm stolz verkündet, er habe alle Fälle durch Vergleich erledigt, ihn ruinierthat. Die österreichische Gebührenordnung entspricht der bisherigen italienischen.

14 Urt. v. 9.6.2011, Nr. 5151.

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de in allen Gegenständen der Unternehmensberatungleidet der italienische Rechtsanwalt unter dem Wett-bewerb des „commercialista“, einer Art von Steuerbe-rater, der nach eigenem Selbstverständnis (und seinemdeklarierten Berufsbild)15 über die Steuerberatung hi-naus die Geschäftsführung auch auf dem Gebiet desHandels- und Gesellschaftsrechts berät.

Einige Vorschriften des neuen Berufsrechts gelten absofort, andere Regelungen bedürfen einer näherenAusgestaltung durch Rechtsverordnung.

Im Einzelnen gilt:

I. DEFINITION UND RECHTSBERATUNGS-MONOPOL

Dass ein Rechtsanwalt ein Organ der Rechtspflegesein soll, bleibt eine deutsche Besonderheit: nach bis-herigem italienischem Berufsrecht, an dem das neueGesetz nichts geändert hat, ist die Aufgabe desRechtsanwaltes, für einen effektiven Rechtsschutz desBürgers Sorge zu tragen.16

Gleich in Art. 2 Ziff. 5 und 6 findet sich das für Italienneue Rechtsberatungsmonopol mit der Besonderheitin Ziff. 5, dass den Rechtsanwälten selbst die Vertre-tung in ordentlichen Schiedsgerichten vorbehaltenwird.

Das Monopol soll gem. Art. 2 Ziff. 6 aber die geschütz-ten Rechte anderer regulierter Berufe nicht berühren;das wird zu Abgrenzungsfragen mit den Commercialis-ti (s.o.) führen.

II. STANDESRECHT

Erstmals wird dem Consiglio Nazionale Forense, derDachorganisation der italienischen Kammern, aus-drücklich vom Gesetzgeber die Zuständigkeit für dasStandesrecht zugewiesen.

III. DISZIPLINARVERFAHREN

Bislang waren die jeweiligen Anwaltskammern für dasDisziplinarverfahren gegen die Rechtsanwälte zustän-dig. Die örtliche Zuständigkeit war an die Mitglied-schaft des Rechtsanwaltes oder an das locus delictiverknüpft. Das neue Gesetz sieht die Gründung einesneuen Standesrechtsorgans vor, welches für die Diszip-linarverfahren zuständig sein wird, den Consiglio dis-trettuale di disciplina. Dieses Organ wird für einen Be-zirk (distretto) gebildet, der mehrere Kammerbezirkeumfasst, und besteht aus gewählten Mitgliedern, de-ren Anzahl einem Drittel der Vorstandsmitglieder be-troffenen Anwaltskammern entspricht. Die neue Zu-

ständigkeitsregelung soll gewährleisten, dass kein Vor-standsmitglied einer Anwaltskammer über einenRechtsanwalt der gleichen Anwaltskammer urteilenkann.

Das neue Disziplinarverfahren tritt jedoch nicht sofortin Kraft, da der Consiglio Nazionale Forense zunächstzwei hierfür erforderliche Verordnungen verabschiedensoll, mit denen (i) die Consigli distrettuali di disciplinagegründet werden und (ii) eine neue Verfahrensord-nung beschlossen wird.

IV. GESELLSCHAFT VON RECHTSANWÄLTEN

Art. 4 des Gesetzes gewährt den Rechtsanwälten dieMöglichkeit, den Beruf in eigenen Beteiligungsgesell-schaften (Associazioni di partecipazione)17 auszuüben.Die Höhe der Beteiligung an der Gesellschaft kann vonRechtsanwalt zu Rechtsanwalt variieren.

Die Einführung von Kapitalgesellschaften und Gesell-schaften mit anderen Freiberuflern wird einem Ministe-rialdekret vorbehalten, das innerhalb von 2 Jahren inKraft treten soll. Art. 5 Ziff. 2a schreibt dem Verord-nungsgeber aber vor, dass reine Kapitalbeteiligungenan Rechtsanwaltsgesellschaften untersagt werden sol-len. Das Halten von Geschäftsanteilen oder Aktien ansolchen Kapitalgesellschaften bleibt Rechtsanwältenvorbehalten, die auch Mitglieder der jeweiligen Kam-mern sein müssen.

V. FACHANWALTSCHAFTEN

In Art. 9 werden erstmals in Italien Fachanwaltschaf-ten eingeführt; auch hier wird aber zunächst auf einMinisterialdekret verwiesen, das innerhalb von zweiJahren zu ergehen hat. Der zukünftige Fachanwaltwird eine Zulassung von acht Jahren benötigen undeine Praxis auf dem bestimmten Fach/Rechtsgebiet inden letzten fünf Jahren seiner Tätigkeit nachweisenmüssen. Die Anerkennung als Fachanwalt wird in aus-schließlicher Zuständigkeit dem CNF übertragen, derdie Ernennung auch widerrufen kann.

Welche Fachanwaltsbezeichnungen es geben wird, sollerst durch das Ministerialdekret geregelt werden. Essteht zu vermuten, dass man sich an dem „unwirk-samen“ (siehe oben) Beschluss des CNF orientierenwird, der elf Fachbezeichnungen vorsah – und dervom Verwaltungsgericht Lazio aufgehoben wurde.18

Der Beschluss des CNF sah seinerzeit auch vor, dassein Rechtsanwalt nicht mehr als zwei Fachanwalts-bezeichnungen erwerben dürfe. Folgende Fachanwalts-

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15 Berufsrecht geregelt im Gesetzesdekret v. 28.6.2005, Nr. 139.16 „L'avvocato ha la funzione di garantire al cittadino l'effettività della tutela dei di-ritti“, Art. 2 Ziff. 2.

17 In der für die autonome Provinz Südtirol geltenden Fassung wird diese Gesell-schaftsform als „Stille Gesellschaft“ übersetzt: Art. 2549 Codice civile: „2549.(Begriff) Mit dem Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft räumt der tätigeGesellschafter dem stillen Gesellschafter gegen eine bestimmte Einlage eine Be-teiligung am Gewinn seines Unternehmens oder eines oder mehrerer Geschäfteein.“

18 Urt. v. 9.6.2011, Nr. 5151.

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bezeichnungen – auf die der CNF mit großer Wahr-scheinlichkeit wieder zurückgreifen wird – warenvorgesehen: Familienrecht, Haftungs- und Versiche-rungsrecht, Handelsrecht, Arbeitsrecht, gewerblicherRechtsschutz (im italienischen „diritto industriale“),Wettbewerbsrecht, Steuerrecht, Verwaltungsrecht, See-recht, Recht der Europäischen Union, Strafrecht.

VI. WERBUNG

Unter dem Titel „Information über die Berufsaus-übung“19 regelt Art. 10 des Gesetzes, dass demRechtsanwalt informative Werbung über die eigene be-rufliche Tätigkeit, über die Organisation und Strukturseiner Kanzlei und über eventuelle Spezialisierungen,wissenschaftliche und berufsrechtliche Titel, die er er-worben hat, erlaubt ist. Ausdrücklich verboten wirdihm die vergleichende Werbung, die im vorausgehen-den Präsidialdekret 137/2012, das die Regelung dergleichen Materie zum Inhalt hatte, nicht ausdrücklichuntersagt wurde.

VII. STÄNDIGE FORTBILDUNG

In Art. 11 wird die Fortbildungspflicht für jeden italie-nischen Rechtsanwalt, wie sie im Übrigen in Italienseit 2007 besteht, festgeschrieben. Dem CNF wird esüberlassen, Näheres zu regeln. Ausgenommen vonder Fortbildungspflicht sind Rechtsanwälte mit einerZulassung von über 25 Jahren oder einem Lebensaltervon über 60 Jahren (Art. 11 Ziff. 2).

VIII. BERUFSHAFTPFLICHT

In Art. 12 wird die Verpflichtung für alle Rechtsanwäl-te und alle Rechtsanwaltsgesellschaften festgeschrie-ben, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.Auch hier wird aber die Ausgestaltung der Einzelheiteneinem Ministerialerlass übertragen. Sofort in Kraft trittdie Verpflichtung für den Rechtsanwalt, der schonüber eine Haftpflichtversicherung verfügt, den Man-danten über die Versicherungspolice in Kenntnis zusetzen.

Sobald das Ministerialdekret die Bedingungen für dieVermögenshaftpflichtversicherung regeln wird undalle italienischen Anwälte über eine Berufshaftpflicht-versicherung verfügen werden, gilt die Informations-pflicht bei Mandatierung für alle Rechtsanwälte. So-weit ein deutscher Rechtsanwalt grenzüberschreitendtätig wird, in Italien ein Mandat übernimmt und dabeiitalienischem Berufsrecht unterliegen sollte, wird auchihn die Verpflichtung zur Offenlegung treffen.

IX. VERGÜTUNG

Es gilt gem. Art. 13 Ziff. 3 des Gesetzes der Grundsatzder freien Honorarvereinbarung. Der Gesetzgebernennt hier alle Formen, Zeithonorar, Gebührenpau-schalen, für bestimmte Mandatsabschnitte oder fürdas gesamte Mandat; es sind auch Prozentsätze desGegenstandswertes oder des beabsichtigten Ver-mögensvorteiles erlaubt.20 Ausdrücklich untersagtsind erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarungen(sog. pactum de quota litis). Diese waren zuvor durchdas Decreto Bersani21 ausdrücklich zugelassen.22

Gem. Art. 13 Ziff. 5 hat der Mandant ein Recht auf ei-nen schriftlichen Kostenvoranschlag bei Mandatie-rung. Gem. Art. 13 Ziff. 6 gilt die gesetzliche Gebüh-renordnung, die im zweijährigen Turnus angepasstwerden soll, subsidiär, falls die Parteien kein Honorarvereinbart haben sollten.

X. KAMMERWESEN

Die Rolle der italienischen Kammern – die im Wegedes Liberalisierungsprozesses in Italien zeitweilig umihre Zukunft fürchten mussten, s.o. – blieb vom Gesetz-geber im Wesentlichen unangetastet. Als Besonderheitist Art. 30 zu sehen, der jeder Kammer aufgibt, ein Be-ratungshilfeschalter für den Bürger kostenlos zu unter-halten (sportello per il cittadino).

XI. BERATUNGSHILFESCHALTER

Die Beratungshilfe bei den Kammern soll von denRechtsanwälten und den im Praktikum befindlichen An-waltsreferendaren vorgenommen werden, die sich inein besonderes Register eingetragen haben, in demauch die angegebenen Spezialisierungen aufgeführtsind. Jeder die Kammer aufsuchende Bürger hat dasRecht, über folgende Gegenstände beraten zu werden:– alle gerichtlichen Maßnahmen, die zum Schutz sei-ner Rechte und Interessen gebotenen erscheinen;

– Dauer und Kosten eines Gerichtsverfahrens, auch fürden Fall des Unterliegens;

– alle nötigen Erläuterungen in Bezug auf Prozesskos-tenhilfe und Pflichtverteidigung;

– alle Informationen über Verfahren der alternativenStreitbeilegung unter besonderer Berücksichtigung

AUFSÄTZE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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19 Informazioni sull'esercizio della professione.

20 „… a percentuale sul valore dell'affare o quanto si prevede possa giovar-sene …“

21 S.o. Fn. 4.22 Die italienische Lehre hat dem ehemaligen Justizminister Bersani, der die Einfüh-rung der erfolgsabhängigen Vergütungen mit entsprechenden Tendenzen in EU-Staaten begründet hatte, schlicht Unkenntnis der europäischen Rechte vorwerfenkönnen (siehe de Tilla, Perché è stato abolito il divieto del patto di quota li-te?, in La previdenza forense, 2012, S. 325 ff.). Die vom französischen Conseilnational des barreaux im November 2005 erlassene neue Gebührenordnungsieht ein ausdrückliches Verbot der quota litis vor. In Österreich ist das Verbotbereits in § 879 Abs. 1 Ziff. 2 ABGB festgeschrieben. Im englischen Recht gilt zurSicherung der Unabhängigkeit des Rechtsanwaltes und eben anders als in denU.S.A. das Verbot ebenfalls (siehe mit weiteren Beispielen, de Tilla, ebenda).

DOLCE, NEUES ITALIENISCHES BERUFSRECHT

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der eventuell bei der jeweiligen Kammer eingerichte-ten Schiedsstelle;

– alle Vorteile in Bezug auf Dauer und Kosten der al-ternativen Streitbeilegung;

– das Verfahren der Honorarvereinbarung mit demRechtsanwalt;

– die erforderlichen Formen für die Mandatserteilungund die sich hieraus ergebenden Pflichten;

– im Falle einer mangelnden Einigung mit dem eige-nen Rechtsanwalt über die Möglichkeit, sich zurSchlichtung an die Rechtsanwaltskammer zu wen-den.

Um jeglichen Interessenkonflikt zu vermeiden, darf derim Beratungshilfeschalter beratende Rechtsanwaltvom rechtssuchenden Bürger kein Mandat überneh-men. Das Verbot umfasst auch die Kollegen, die in der-selben Kanzlei tätig sind, und ist zeitlich auf eine Dau-er von zwei Jahren nach der Beratungstätigkeit be-schränkt. Dem beratenden Rechtsanwalt ist es auchuntersagt, dem Bürger Rechtsanwälte zu empfehlen.

XII. SONSTIGES

Es bleibt auch im neuen Berufsrecht dabei, dass deritalienische Rechtsanwalt kein Arbeitsverhältnis einge-hen kann (Art. 18). Die Zulassung zum Kassationshofist neu geregelt worden; reichte es bislang, zwölf Jahreals Rechtsanwalt zugelassen zu sein, wird es in Zukunfteiner besonderen Prüfung bedürfen (Art. 22).Schließlich erbarmt sich der Gesetzgeber den „Prati-canti“, den Anwaltsreferendaren, die in Italien 18 Mo-nate Berufserfahrung bei einem Rechtsanwalt sam-

meln müssen, bevor sie zur Anwaltsprüfung zugelas-sen werden. Es ist übliche Praxis, dass diese Praticantikeine Vergütung für ihre Tätigkeit bei dem Rechts-anwalt erhalten. Art. 41 Ziff. 11 des Gesetzes regelt,dass in Zukunft dem Praticante zumindest die Kostenzu erstatten sind. Der Gesetzgeber sieht in der glei-chen Vorschrift immerhin auch die Möglichkeit vor,mit dem Praticante, der schon sechs Monate tätigwar, eine Vergütung zu vereinbaren.

Für die vielen italienischen Avvocati, die sich mittler-weile in Deutschland und in anderen EU-Mitgliedstaa-ten niedergelassen haben, hat Art. 7 Abs. 5 zu einernotwendigen Klarstellung geführt; sie bleiben Mitglie-der der Kammer, in der sie zuletzt in Italien einge-schrieben waren. Damit wurde auch eine Reihe vonschwebenden Verfahren in den verschiedenen Kam-merbezirken entschieden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass deritalienische Gesetzgeber den befürchteten Schritt zurvölligen Liberalisierung des Rechtsanwaltsberufes aus-gelassen hat. Die Einführung des Rechtsberatungs-monopols ist sicherlich zu begrüßen und kommt denRechtssuchenden zu Gute. Der „Rückschritt“ in Sachenvergleichende Werbung und vor allen Dingen die Wie-dereinführung des quota litis Verbotes trägt der beson-deren Stellung des Rechtsanwaltes als verantwortungs-bewusster Rechtsdienstleister Rechnung. Es ist sicherzu begrüßen, dass der italienische Gesetzgeber diesanerkennt.

Last but noch least wurde an dem Selbstverwaltungs-recht der Anwaltschaft nicht gerüttelt.

PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS –EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHTRECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK UND RECHTSANWALT BERTIN CHAB, ALLIANZ MÜNCHEN,RECHTSANWALT HOLGER GRAMS, MÜNCHEN

In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentierendie Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungenzum anwaltlichen Haftungsrecht.

HAFTUNG

RECHTSANWALT ALS WISSENSVERTRETER DESMANDANTEN1. Ein vom Gläubiger mit der Durchsetzung einerForderung gegen den späteren Insolvenzschuldnerbeauftragter Rechtsanwalt ist Wissensvertreterdes Gläubigers, soweit er sein Wissen aus all-

gemein zugänglichen Quellen erlangt oder es überseine Internetseite selbst verbreitet hat.

2. Die Angaben des Rechtsanwalts auf seiner Inter-netseite zu der Liquiditätslage des späteren Insol-venzschuldners können ein Beweisanzeichen fürdie Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvor-satz darstellen.

BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 13/12, NJW 2013, 611; NZI 2013,133

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der sog. GöttingerGruppe (Schuldnerin). Diese hatte von zahlreichenKleinanlegern Kapital zum Erwerb, zur Verwaltungund zur Verwertung von Immobilien, Wertpapieren

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUFSÄTZE

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JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT

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und Unternehmensbeteiligungen gesammelt, indemsie diese veranlasste, mit ihr stille Gesellschaften zugründen. Auch der Beklagte hatte sich in den Neunzi-ger Jahren an der Schuldnerin beteiligt. Im Jahre2001 kündigte er die Beteiligung und verlangte vonder Schuldnerin seine Einlage zurück. Er erhob Klage,wobei er durch die Rechtsanwälte L. und Kollegen ver-treten wurde, die neben dem Beklagten eine Vielzahlweiterer Anleger vertraten und auf ihrer Homepageseit 2001 über die Schuldnerin berichteten. Nach meh-reren Entscheidungen des BGH zu Ansprüchen der An-leger schlossen die Anwälte am 18.11.2005 mit derSchuldnerin einen Gesamtvergleich, wonach an dieMandanten nach einem bestimmten Schlüssel bis zum15.4.2006 Zahlungen zu leisten waren. Bei verspäteterZahlung erhöhte sich der geschuldete Betrag. Der Ter-min verstrich zunächst. Erst im August 2006 leistetedie Schuldnerin nach der Veräußerung von Anlagever-mögen Zahlungen, darunter auch an den Beklagten.Auf Gläubigerantrag v. 7.4.2007 wurde am 14.6.2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen derSchuldnerin eröffnet. Der Kläger focht die an den Be-klagten geleistete Zahlung an. Die Klage des Insolvenz-verwalters war in sämtlichen Instanzen erfolgreich.Dem Kläger stehe ein Rückzahlungsanspruch aus § 143Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zu. Danach sindRechtshandlungen, die der Schuldner in den letztenzehn Jahren vor dem Insolvenzantrag vornimmt, an-fechtbar, wenn der Schuldner mit Gläubigerbenachtei-ligungsvorsatz handelt und der andere Teil den Vorsatzdes Schuldners kannte. Die streitgegenständliche Zah-lung stelle objektiv eine Benachteiligung der Insolvenz-gläubiger dar. Die Schuldnerin habe sowohl bei Ab-schluss des Gesamtvergleichs als auch bei Zahlung anden Beklagten mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt,weil sie ihre seit Mitte November 2005 offen zu Tageliegende Zahlungsunfähigkeit gekannt habe.Die Kenntnis des Beklagten vom Gläubigerbenachtei-ligungsvorsatz der Schuldnerin werde vermutet, da ergewusst habe, dass Zahlungsunfähigkeit der Schuldne-rin drohte und dass durch die Zahlung andere Gläubi-ger benachteiligt würden. Dabei sei im Wege der Wis-senszurechnung auf das Wissen der Anwälte des Be-klagten abzustellen. Soweit diese ihr Wissen ausallgemein zugänglichen Quellen erlangt oder ihr Wis-sen auf ihrer Homepage verbreitet hätten, seien sienach § 166 Abs. 1 BGB als Wissensvertreter des Be-klagten anzusehen. Die Anwälte hätten sich seit 2001mit der Schuldnerin beschäftigt und etwa 400 Anlegervertreten. Auf ihrer Homepage hätten sie nach Be-kanntwerden der BGH-Entscheidungen v. 29.11.2004,1

21.3.20052 und 26.9.20053 mitgeteilt, dass aufgrunddieser Entscheidungen das Schicksal der GöttingerGruppe als Unternehmen „besiegelt“ sei. Jedem, derseine Augen nicht völlig verschlossen habe, müsseklar sein, dass eine Erfüllung der Schadensersatz-

ansprüche selbst dann nicht möglich sei, wenn sie nurvon einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht wür-den, da das von den Anlegern eingenommene Geldnicht mehr vorhanden sei. Den Anwälten des Beklag-ten sei somit klar gewesen, dass die Schuldnerin we-gen der Vielzahl der Anleger und des Umfangs derSchadensersatzansprüche nicht alle Forderungen wer-de begleichen können.Aufgrund der Zurechnung des Wissens seiner Anwältemuss der Beklagte also den aus dem Vergleich mit derSchuldnerin erlangten Betrag zurückzahlen. Die Beauf-tragung von im Kapitalanlagerecht „versierten“ Anwäl-ten kann sich somit für den selbst „unwissenden“ Man-danten negativ auswirken. Die Wissenszurechnung alssolche kann dem Anwalt natürlich nicht als Verletzunganwaltlicher Pflichten angekreidet werden. Problema-tisch dürfte in diesen Fällen die Belehrung der Man-danten über die Anfechtbarkeit der Zahlung sein. (hg)

FRISTEN

PROZESSFÖRDERUNGSPFLICHT UND VERJÄHRUNG1. Eine Untätigkeit der Parteien führt dann nichtzum Stillstand des Verfahrens i.S.d. § 204 Abs. 2Satz 2 BGB und folglich auch nicht zum Ende derVerjährungshemmung, wenn die Verfahrensleitungbeim Gericht liegt, das für den Fortgang des Pro-zesses Sorge zu tragen hat (Anschluss an BGH,Urt. v. 27.1.2005 – VII ZR 238/03, BauR 2005, 868m.w.N.).2. Stellt der Kläger einer Stufenklage einen Termins-antrag (in der dritten Stufe), mit dem er einen nichtbezifferten Zahlungsantrag und einen Schadens-ersatzfeststellungsantrag ankündigt, so ist esgrundsätzlich Sache des Gerichts und nicht desKlägers, für den Fortgang des Prozesses Sorge zutragen.BGH, Urt. v. 7.2.2013 – VII ZR 263/11

Es geht um eine Stufenklage aus einem Franchisever-trag. Der Kläger hatte den Beklagten zunächst aufAuskunftserteilung in Anspruch genommen. Nach Aus-kunftserteilung wies das LG die Parteien darauf hin,dass Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhand-lung erst auf Antrag einer der Parteien gestellt werde.Daraufhin stellte der Kläger Terminsantrag und kün-digte einen unbezifferten Zahlungsantrag, einen Scha-densersatzfeststellungsantrag und einen Hilfsantragan. Mit Verfügung v. 25.4.2005 wies das LG daraufhin, dass neuer Termin erst nach Abschluss des vomKläger anhängig gemachten Zwangsmittelverfahrensbestimmt werde. Das Zwangsmittelverfahren wurdeseit Mai 2005 nicht mehr betrieben. Mit Verfügung v.25.10.2005 legte das LG die Akten des Stufenklagever-fahrens wegen sechsmonatigen Nichtbetreibens desVerfahrens weg. Am 8.5.2009 bat der Kläger erneutum Terminierung. Das LG verurteilte die Beklagteschließlich zu einer Zahlung und stellte fest, dass dieBeklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet

AUFSÄTZE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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1 ZIP 2005, 254.2 ZIP 2005, 753 und 763.3 ZIP 2005, 2060.

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sei. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG dieKlage wegen Verjährung ab. Auf die zugelassene Revi-sion des Klägers stellte der BGH im Wesentlichen dasLG-Urteil wieder her.

Das OLG habe die Klage zu Unrecht wegen Verjäh-rung abgewiesen. Die Prozessförderungspflicht habenicht bei den Parteien, sondern beim Gericht gelegen.Die durch Klageerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1BGB eingetretene Verjährungshemmung habe nichtdurch einen auf Untätigkeit der Parteien beruhendenStillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 BGB geen-det. Aufgrund des vom Kläger gestellten Terminsan-trags habe die Verfahrensleitung beim LG gelegen.4

Die Mitteilung des LG, dass neuer Termin erst nachAbschluss des Zwangsmittelverfahrens bestimmt wer-de, habe nicht zum Übergang der Prozessförderungs-pflicht vom Gericht auf die Parteien geführt. Etwas an-deres ergebe sich auch nicht daraus, dass der Klägerdas LG außergewöhnlich und unverständlich langenicht an die Fortsetzung des Verfahrens erinnert ha-be.5

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Gleichwohl müssendie Anwälte aufpassen. So tritt im Fall einer Stufenkla-ge ein vom Kläger zu vertretender Stillstand ein undendet die Verjährungshemmung, wenn er nach Erledi-gung der vorangegangenen Stufe (Auskunftserteilung,ggf. eidesstattliche Versicherung) den auf Zahlung ge-richteten Leistungsantrag nicht weiterverfolgt.6 Auchbei einem auf Antrag der Parteien vom Gericht ange-ordneten Ruhen des Verfahrens liegt ein den Parteienzuzurechnender Stillstand vor, der zum Ende der Hem-mung nach § 204 Abs. 2 BGB führt.7 Bei einer Unter-brechung oder Aussetzung des Verfahrens von Geset-zes wegen nach §§ 239ff., §§ 246 ff. ZPO ist § 204Abs. 2 Satz 2 BGB dagegen nicht anwendbar.8 (hg)

EINZELWEISUNG MACHT BÜROORGANISATON NICHTOBSOLETDie Übergabe des vom Prozessbevollmächtigtenunterschriebenen Schriftsatzes an die Kanzleiange-stellte am Tag des Fristablaufs mit der Bitte, denSchriftsatz noch am selben Tag auszufertigen undeinem auf der Akte angehefteten Zettel „Frist! Heu-te noch an OLG Jena faxen“, macht ausreichendeVorkehrungen zur Ausgangs- und Fristenkontrolleam Tagesende nicht entbehrlich.

BGH, Beschl. v. 23.1.2013 – XII ZB 559/12, AnwBl. 2013, 294

Mit dem Stichwort „Einzelanweisung“ wird häufig derGrundsatz assoziiert, „Auf das Befolgen der Einzelwei-sung durch die Kanzleiangestellten darf der Rechts-anwalt vertrauen.“9 Schon die Kernaussage gilt nichtohne Wenn und Aber, denn gerade in fristkritischen

Fällen verlangte die Rechtsprechung zuletzt immerhäufiger zusätzliche Sicherungsmaßnahmen.10

Darüber hinaus muss man allerdings auch noch über-legen, ob das Befolgen der Einzelweisung allein über-haupt ausgereicht hätte, um die Fristeinhaltung zu ge-währleisten. Die meisten Fälle sind nämlich so gela-gert, dass durch die Einzelweisung nur ein Teil desOrganisationsablaufs außer Kraft gesetzt wird. Die Bü-roorganisation im Übrigen muss trotzdem stimmenund der vorgegebene Ablauf im Wiedereinsetzungs-antrag auch geschildert werden. Hierzu gehört ins-besondere, dass die Frist im Fristenkalender eingetra-gen, am Abend eines jeden Arbeitstages überprüftwerden muss und erst gestrichen werden darf, wenndie fristgebundene Maßnahme tatsächlich durch-geführt wurde.

Hier hatte der Rechtsanwalt auf den unterzeichnetenSchriftsatz einen Zettel geheftet: „Frist! Heute noch anOLG Jena faxen“. Ein solcher Hinweis ist keine qualifi-zierte Einzelweisung, sondern wiederholt nur das, wasnach der allgemeinen Anweisung ohnehin erforderlichwar. Wäre die abendliche Fristenkontrolle erfolgt,wäre auch bemerkt worden, dass der Schriftsatz nichtgefaxt worden war. Wieso auch dies unterblieb, waroffenbar nicht vorgetragen worden. (ju)

BEILÄUFIGE FRISTENÜBERPRÜFUNG BEI UNTERZEICH-NUNG DER BERUFUNGSSCHRIFT1. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusam-menhang mit einer fristgebundenen Prozesshand-lung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhal-tung seiner Anweisung zur Berechnung und Notie-rung laufender Rechtsmittelfristen einschließlichderen Eintragung in den Fristenkalender eigenver-antwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlichauf die Prüfung der Vermerke in der Handakte be-schränken darf. Diese anwaltliche Prüfungspflichtbesteht auch dann, wenn die Handakte zur Bear-beitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist, sodass in diesen Fällen die Vorlage der Handaktezur Fristenkontrolle zu veranlassen ist (FortführungBGH v. 22.9.2011 – III ZB 25/11).

2. Die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsa-chen müssen gem. § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO grund-sätzlich bereits im Wiedereinsetzungsantrag ent-halten sein; jedenfalls sind sie innerhalb der fürdie Wiedereinsetzung geltenden Frist nach § 234Abs. 1 ZPO vorzubringen (Fortführung BGH v.24.6.2010 – III ZB 63/09).

BGH, Beschl. v. 20.12.2012 – III ZB 47/12

Sogleich nach Eingang des landgerichtlichen Urteilsam 23.3.2012 verfügte der Prozessbevollmächtigteder unterlegenen Beklagten, dass Berufung einzulegenund die Berufungsbegründungsfrist zu notieren sei. DieFristnotierung sei aber dann trotz entsprechender Mar-kierung der Akte unterblieben. Berufung wurde am

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4 St. Rspr., z.B. BGH, BauR 2005, 868.5 Vgl. BGH, NJW 1979, 2307.6 Z.B. BGH, NJW-RR 2006, 948.7 BGH, NJW-RR 2001, 218.8 BGH, NJW 2004, 3418.9 St. Rspr., vgl. BGH, NJW-RR 2012, 1268. 10 Z.B. BGH, NJW-RR 2012, 743.

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29.3.2012 eingelegt, die Begründung erfolgte zusam-men mit einem Wiedereinsetzungsantrag erst unterdem 1.6., eingegangen bei Gericht am 4.6.2012. DerWiedereinsetzungsantrag scheiterte in beiden Instan-zen. Der BGH erläutert, dass es zu den Pflichten desRechtsanwalts gehöre, bei Unterzeichnung der Beru-fungsschrift die Notierung der Berufungsbegründungs-schrift auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Dabeidarf er sich darauf beschränken, die Vermerke in derHandakte zu kontrollieren, er muss sich nicht den Fris-tenkalender vorlegen lassen. Wird die Handakte zurUnterzeichnung des Schriftsatzes nicht mit vorgelegt,kann er aus diesem Umstand heraus sein Verschuldennicht erfolgreich in Abrede stellen. Dann nämlich, soder III. Zivilsenat, muss er sich die Akte vorlegen lassenund darf nicht den Schriftsatz ohne weitere Prüfung un-terzeichnen.11

An der Nichtbeachtung der sogenannten beiläufigenFristenprüfung scheitern außerordentlich viele Wieder-einsetzungsanträge. Immer wieder muss festgestelltwerden, dass die Kanzleiabläufe an dieser Stelle nichtkorrekt organisiert sind.

Erste Voraussetzung dafür, dass diese Fristenkontrolledurch den Anwalt durchgeführt werden kann, ist natür-lich, dass die Notierung der Fristen in der Handakte angeeigneter Stelle – das kann im Aktenbogen oder auchauf dem Schriftstück selbst sein – vermerkt ist. Es ge-nügt nicht allein ein Erledigungsvermerk, sondern dasnotierte Datum selbst muss aus der Verfügung erkenn-bar sein. Weitere Voraussetzung ist, dass die Akte spä-testens mit Unterzeichnung der Berufungsschrift mitvorgelegt wird. Geprüft werden kann natürlich auchschon in einem früheren Stadium, nämlich dann,wenn darüber entschieden wird, dass Berufung über-haupt eingelegt wird. In aller Regel wird zu diesemZeitpunkt bereits die Notierung der Fristen in den Ka-lender erfolgt sein. Dann kann man anlässlich der ent-sprechenden Verfügung die korrekte Berechnung undEintragung der Berufungsfrist, der Begründungsfristund auch einer Vorfrist kontrollieren. Konnten aus be-stimmten Gründen bis dahin noch keine Fristen einge-tragen werden, z.B. weil das Mandat erst ganz neufür die Berufungsinstanz angenommen wurde, kommtder Anwalt nicht darum herum, sich die Akte bei Un-terzeichnung mit vorlegen zu lassen. Umgekehrt hater auch bei Fertigung der Berufungsbegründung nocheinmal nachzuprüfen, ob alle Fristen richtig berechnetwurden; dabei muss er auch noch einmal einen Blickauf die Berufungsfrist werfen. Tut er das nicht, kanndie Wiedereinsetzungsfrist für einen Antrag wegen ver-säumter Berufungsfrist schon zu diesem Zeitpunkt an-laufen.12

Dass innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ein in sichschlüssiger und vollständiger Vortrag notwendig wird,entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, woraufaber an dieser Stelle nochmals hingewiesen werden

darf. Nicht selten scheitern aussichtsreiche Wiederein-setzungsanträge daran, dass entscheidender Vortragzur Büroorganisation nicht gebracht wird, möglicher-weise deshalb, weil man diese Dinge ohnehin fürselbstverständlich erachtet. Eine Zurückweisung ausdiesem Grunde ist besonders schmerzlich. RechtzeitigeMeldung an den Berufshaftpflichtversicherer kann hel-fen, eine kritische Durchsicht des Antrags sicherzustel-len. (bc)

AKTENEINSICHT IST KEIN WIEDEREINSETZUNGSGRUNDEin Akteneinsichtsgesuch stellt einen erheblichenGrund für eine Verlängerung der Berufungsbegrün-dungsfrist dar, macht jedoch einen Fristverlänge-rungsantrag nicht entbehrlich. (eigener Leitsatz)BGH, Beschl. v. 7.2.2013 – V ZB 176/12

Der Prozessbevollmächtigte hatte „der Begründungdes Rechtsmittels vorangehend“ mit Berufungsein-legung Akteneinsicht beantragt. Die Akten wurdenihm über zwei Monate später zugesandt. Nach ge-richtlichem Hinweis auf die Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist beantragte der Prozessbevoll-mächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die-se wurde ihm sowohl vom Berufungsgericht als auchvom BGH versagt: Das Ausbleiben der Gerichtsaktenstelle zwar einen erheblichen Grund für eine Fristver-längerung i.S.d. § 520 Abs. 1 Satz 3 ZPO dar. Hierfürhätte aber ein entsprechender Antrag gestellt werdenmüssen. Die Versäumung der Frist hätte hierdurch ver-hindert werden können und beruhte also nicht darauf,dass die Akten nicht zur Verfügung standen, sondernauf dem fehlenden Fristverlängerungsantrag. (ju)

VERTRAUEN AUF ERKLÄRUNGEN DES URKUNDS-BEAMTENDer Anwalt darf auf Erklärungen des Urkunds-beamten der Geschäftsstelle, die sich auf die Wirk-samkeit einer Urteilszustellung beziehen, ohne ei-gene Prüfung verlassen, da der Urkundsbeamtedas für die Ausführung der Zustellung zuständige,unabhängige Organ der Rechtspflege ist. (eigenerLeitsatz)BGH, Beschl. v. 5.4.2013 – XI ZB 15/12

Das klagestattgebende Urteil des LG München I wurdeden Beklagtenvertretern am 19.1.2012 zugestellt. Am23.1.2012 wurde das Urteil der Kanzlei erneut zuge-stellt, mit folgendem Anschreiben des Urkundsbeam-ten der Geschäftsstelle: „In der Anlage erhalten Sienochmals das Urteil v. 5.1.2012, da fehlerhafte Ausfer-tigungen in den Postversand gegeben wurden. Auf derRückseite wurde ein verfahrensfremdes Urteil abgelich-tet. Sie werden gebeten, die bereits übersandten Urtei-le zu vernichten und das Eingangsdatum der über-arbeiteten Fassung auf dem Empfangsbekenntnis zunotieren.“ Die Beklagtenvertreter legten am 23.2.2012 Berufung gegen das Urteil ein. Nach Hinweisdes Senatsvorsitzenden, dass die Berufung verfristetsei, beantragten die Beklagtenvertreter Wiedereinset-zung in den vorigen Stand. Das OLG wies den Wieder-

AUFSÄTZE | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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11 So bereits BGH v. 22.9.2011 – III ZB 25/11.12 BGH v. 16.10.2008 – III ZB 31/2008, NJW 2008, 3706.

JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT

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einsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufungals unzulässig. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklag-tenvertreter hob der BGH den Beschluss des OLG aufund gewährte Wiedereinsetzung.Zwar sei die erste Urteilszustellung wirksam gewesen.Das Verständnis des Tatbestands und der Urteilsgrün-de sei durch den zusätzlichen Abdruck einer weiterenEntscheidung auf den Rückseiten nicht erschwert odergar vereitelt worden. Objektiv sei daher die Berufungverfristet gewesen. Die Beklagtenvertreter treffe hieranjedoch kein der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechen-bares Verschulden, so dass Wiedereinsetzung zu ge-währen sei. Die irrige Annahme, dass erst die zweiteZustellung die Berufungsfrist in Lauf gesetzt habe, seivom Gericht ausgelöst worden. Die erneute Zustellungmusste insbesondere angesichts des Begleitschreibensden Eindruck erwecken, das Gericht sehe die erste Zu-stellung als unwirksam an. Hierauf habe der Anwaltvertrauen dürfen.Das OLG hatte ausgeführt, der Anwalt habe auf die Er-klärung eines bayerischen Justizangestellten, der eineangelernte Arbeitskraft sei und für den eine eigeneAusbildung nicht vorgesehen sei, nicht wie auf die Er-klärung eines Richters vertrauen dürfen. Auf die Ausbil-dung komme es, so der BGH, jedoch nicht entschei-dend an. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Urkunds-beamte das für die Ausführung der Zustellungzuständige, unabhängige Organ der Rechtspflege sei,auf dessen Erklärung der Anwalt habe vertrauen dür-fen, so dass er nicht zu einer eigenen Prüfung der Wirk-samkeit der Zustellung verpflichtet gewesen sei. (hg)

WIEDEREINSETZUNG OHNE ANTRAGZur Erkennbarkeit des Willens des Berufungsklä-gers zur Fortsetzung des Verfahrens als Vorausset-zung für die Gewährung der Wiedereinsetzung inden vorigen Stand gegen die Versäumung der Beru-fungsbegründungsfrist ohne Antrag gem. § 236Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO.BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – III ZR 168/12

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfordertgrundsätzlich einen entsprechenden Antrag. Nach§ 236 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO kann ausnahms-weise auch ohne Antrag nach pflichtgemäßem Ermes-sen Wiedereinsetzung gewährt werden.Zur Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kames hier, weil das Berufungsgericht selbst den unzutref-fenden Hinweis erteilt hatte, dass der Rechtsstreit we-gen eines gegenüber dem sich selbst vertretenden Be-rufungskläger verhängten Vertretungsverbots (§ 156Abs. 2 BRAO) nach § 244 Abs. 1 ZPO unterbrochensei. Der dann bestellte neue Prozessbevollmächtigtereichte die Berufungsbegründung innerhalb der – vomGericht verlängerten – Frist ein. Mit gerichtlicher Ver-fügung wurde dem Berufungskläger sodann mitgeteilt,es könne an den Voraussetzungen des § 244 Abs. 1ZPO fehlen und es müsse noch geprüft werden, ob dieBerufung zulässig sei. Hierauf reagierte der Berufungs-kläger nicht, die Berufung wurde als unzulässig ver-

worfen. Zwar sei die Versäumung der Berufungs-begründungsfrist angesichts der Hinweise des Beru-fungsgerichts entschuldbar gewesen. Es sei jedochnicht innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPOWiedereinsetzung beantragt worden. Eine Wiederein-setzung ohne Antrag nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPOkomme nicht in Betracht, weil die Partei nach Mittei-lung der Tatsachen, aus denen die Fristversäumung er-kenntlich sei, untätig blieb.Diesen Schluss hält der BGH für falsch: Die versäumteProzesshandlung war bereits vor Beginn der Wieder-einsetzungsfrist vorgenommen worden. Wiedereinset-zung ist in diesen Fällen ohne Antrag zu gewähren,wenn der Wille der Partei, das Verfahren fortzusetzen,erkennbar ist. Das Berufungsgericht hatte dies ver-neint, weil der Prozessbevollmächtigte auf den gericht-lichen Hinweis, dass möglicherweise die Voraussetzun-gen des § 244 Abs. 1 ZPO nicht vorlagen, nicht rea-giert hatte. Der XII. Zivilsenat sah in dieserFormulierung hingegen keinen ausreichenden Anlassfür eine Stellungnahme. Die Umstände sprächen für ei-nen Fortsetzungswillen.Die Entscheidung zeigt, dass das gerichtliche Ermes-sen für eine Wiedereinsetzung ohne Antrag ebendoch schwer zu kalkulieren ist. Bei geringsten Zweifelnsollte daher vorsorglich ein ausdrücklicher Wiederein-setzungsantrag gestellt werden. (ju)

FRIST ZUR EINLEGUNG DER GEHÖRSRÜGEDie Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO läuft ab Zu-stellung bzw. Bekanntgabe der Entscheidung, ausder heraus sich die Möglichkeit einer Verletzungrechtlichen Gehörs ergeben soll. (eigener Leitsatz)BGH, Beschl. v. 11.2.2013 – IX ZB 101/12

Der Beschluss ist zusammen mit dem Beschluss in glei-cher Sache v. 5.11.2012 zu lesen. Mit dieser Entschei-dung wurden dem Beschwerdeführer dessen Beschwer-de gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerdeverworfen und entsprechende PKH-Anträge abgelehnt.Dabei hatte der Beschwerdeführer schon nicht beach-tet, dass das Gesetz eine Nichtzulassungsbeschwerdenur für den Fall der fehlenden Zulassung einer Revisiondurch das Berufungsgericht vorsieht, nicht auch fürden Fall fehlender Zulassung einer Rechtsbeschwerde.Ein gesetzlich normierter Fall für eine Rechtsbeschwer-de lag nicht vor.Durch diese Entscheidung sah sich der Beschwerdefüh-rer wiederum in seinen Rechten verletzt und rügte dieVerletzung rechtlichen Gehörs. Die Gehörsrüge gingallerdings erst am 18.1.2013 beim BGH ein. Die Zwei-Wochen-Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO lief aberbereits an, als die Entscheidung v. 5.11.2012 bekannt-gegeben wurde. Zum Fristlauf wird vorgetragen, dassdie Kenntnis der Verletzung rechtlichen Gehörs erstnach Aktenstudium vorgelegen habe. Dem tritt derBGH entgegen. Die notwendige Kenntnis liege viel-mehr schon mit Bekanntgabe der Entscheidung vor,wenn sich die (angebliche) Verletzung rechtlichen Ge-hörs aus der Entscheidung selbst bereits ergebe. (bc)

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUFSÄTZE

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JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT

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AUS DER ARBEIT DER BRAKDIE BRAK IN BERLINRECHTSANWÄLTIN PEGGY FIEBIG, LL.M., BRAK, BERLIN

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick überdie Tätigkeit der BRAK zu nationalen Themen in denMonaten März und April 2013.

KOSTENRECHTSMODERNISIERUNG UND PROZESS-KOSTENHILFE-/BERATUNGSHILFERECHTAm 13.3.2013 hat der Rechtsausschuss des Bundes-tages zu den zwischenzeitlich vom Parlament (vgl.Filges, BRAK-Mitt. 2013, 93 [in diesem Heft]) verabschie-deten Entwürfen zur Kostenrechtsmodernisierung (BT-Drucks. 17/11471) und zum Prozesskosten- und Bera-tungskostenhilferecht (BT-Drucks. 17/11472) eine öffent-liche Sachverständigenanhörung durchgeführt.Für die Anwaltschaft legte die Vorsitzende des Aus-schusses RVG der BRAK, Rechtsanwältin und NotarinDagmar Beck-Bever, die von BRAK und DAV in den ge-meinsamen Stellungnahmen vorgebrachten Kritikpunk-te dar (Stlln.-Nrn. 50/2012, 51/2012). Sie konzentriertesich beim 2. KostRMoG auf das lineare Anpassungs-volumen, welches um weitere 2 % erhöht werden sollte,auf die Einführung einer Zusatzgebühr i.H.v. 0,3 für zu-sätzliche Beweisaufnahmetermine, die Beibehaltungder jetzigen Formulierung der Nr. 2300 VV RVG, die fik-tive Terminsgebühr im Sozial- und Verwaltungsrecht,die Einigungsgebühr und den Gegenstandswert beimRatenzahlungsvergleich und die Fahrtkostenpauschale.Im Hinblick auf das Gesetz zur Änderung der PKH undBeratungshilfe kritisierte sie die geplanten Änderungenbei der Beiordnung in Scheidungsverfahren, die Defini-tion der Mutwilligkeit, die Erweiterung des Beschwerde-rechts der Staatskasse, den Vorrang der Selbstvertre-tung bei der Beratungshilfe, die Abschaffung der nach-träglichen Antragstellung sowie der Möglichkeit vonVergütungsvereinbarungen und Erfolgshonoraren beiBeratungshilfeberechtigten.

BRAK ZUM GESETZENTWURF GEGEN UNSERIÖSEGESCHÄFTSPRAKTIKENZum Referentenentwurf des Bundesjustizministeriumsgegen unseriöse Geschäftspraktiken hat die BRAKeine Stellungnahme erarbeitet (Stlln.-Nr. 5/2013). DerGesetzentwurf wurde mittlerweile vom Bundeskabinettverabschiedet und befindet sich in der parlamentari-schen Beratung (BT-Drucks. 17/13057). Bereits im ver-gangenen Jahr kursierte ein Vorentwurf des Ministeri-ums, zu dem die BRAK auch eine Stellungnahme abge-geben hatte (Stlln.-Nr. 27/2012).Sowohl der frühere als auch der jetzige Entwurf sehenumfangreiche Darlegungs- und Informationspflichtengegenüber den Schuldnern, die auch für Rechtsanwäl-te gelten sollen (§ 11a RDG und § 43d BRAO). Wie

schon in der früheren Stellungnahme wendet sichauch jetzt die BRAK nachdrücklich gegen diese geplan-ten Neuregelungen. Der Grundsatz der freien undselbstverantworteten Berufsausübung verbiete es, indas anwaltliche Berufsrecht zivilrechtliche Pflichten ge-genüber Dritten aufzunehmen, heißt es in der Stellung-nahme. Darüber hinaus würden Berufspflichten desRechtsanwaltes, die allein der Unterrichtung und Auf-klärung der Gegenpartei dienten, das gesetzlich ge-schützte Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwaltund Mandant beeinträchtigen.Ebenfalls scharf wird von der BRAK die vorgeseheneEinführung von Regelsätzen, die auch für Rechtsanwäl-te gelten sollen, kritisiert. Rechtsanwälte, die Inkasso-dienstleistungen erbringen, seien im Grundsatz an-waltlich tätig, sodass das Rechtsanwaltsvergütungs-gesetz Anwendung fände und die Zugrundelegungeines „Inkasso-Regelsatzes“ gerade nicht in Betrachtkäme, so die BRAK.Ausführlich setzt sich die BRAK darüber hinaus in ihrerStellungnahme mit den in § 97a UrhG geplanten Än-derungen beim Abmahnverfahren auseinander. (Siehedazu auch Möller, BRAKMagazin Heft 3/2013)

ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHRAm 15.4.2013 hat im Rechtsausschuss des Bundes-tages eine Anhörung zum Elektronischen Rechtsverkehrstattgefunden. Behandelt wurden dabei ein Entwurfder Bundesregierung (BT-Drucks. 17/12634) und einEntwurf des Bundesrates (BT-Drucks. 17/11691). DieBRAK hat anlässlich der Anhörung erneut eine Stellung-nahme herausgegeben (Stlln.-Nr. 6/2013). Grundsätz-lich spricht sie sich darin für das Projekt aus, allerdingsbesteht aus Sicht der Kammer noch Änderungsbedarf.Kritisch sieht die BRAK beispielsweise die bisher nocheinseitige Verpflichtung zur Übermittlung elektronischerDaten. Während die Kommunikation zwischen Rechts-anwälten und Gerichten nach einer Übergangsfrist aus-schließlich auf elektronischem Weg erfolgen muss, solles eine solche Verpflichtung für die Gerichte nicht ge-ben. Außerdem fordert die BRAK, zum Nachweis der Zu-stellung ein elektronisches Empfangsbekenntnis vor-zusehen. Nach den bisherigen Plänen soll eine auto-matisch generierte Eingangsbestätigung ausreichen.In der Anhörung hat als Vertreter der BRAK der Vorsit-zende des Ausschusses Elektronischer RechtsverkehrRechtsanwalt Christoph Sandkühler teilgenommen. Ersprach sich auch dafür aus, ein Gesetz noch vor derSommerpause zu verabschieden. Insgesamt wurdedas Vorhaben von den Sachverständigen mehrheitlichbegrüßt.

AUS DER ARBEIT DER BRAK | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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Page 38: brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

E-GOVERNMENT-GESETZDer Bundestag hat am 18.4.2013 das Gesetz zur För-derung der elektronischen Verwaltung sowie zur Ände-rung weiterer Vorschriften in der vom Innenausschussvorgeschlagenen Fassung beschlossen (BT-Drucks.17/11473, 17/13139). Ziel des neuen Gesetzes ist es,durch den Abbau bundesrechtlicher Hindernisse dieelektronische Kommunikation mit der Verwaltung zuerleichtern. Dazu soll die Anwendung moderner Infor-mations- und Kommunikationstechnik (IT) in öffent-lichen Verwaltungen innerhalb staatlicher Institutionenund zwischen ihnen sowie zwischen diesen Institutio-nen und Bürgerinnen und Bürgern bzw. Unternehmenverbessert und erleichtert werden.Die BRAK hatte, wie auch jetzt die Vertreter der Oppo-sition im Innenausschuss, in ihrer Stellungnahme dievorgesehene Verwendung des De-mail-Verfahrens kriti-siert (Stlln.-Nr. 18/2012). Die Authentizität und Ver-traulichkeit der übermittelten Dokumente sei bei die-sem Verfahren auf Grund der fehlenden Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht gewährleistet, so die BRAK.

OPFERSCHUTZGESETZDer Deutsche Bundestag hat am 14.3.2013 das Ge-setz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellenMissbrauchs beschlossen. Das Gesetz sieht u.a. Rege-lungen zur Vermeidung von Mehrfachvernehmungensowie eine Verlängerung der zivilrechtlichen Verjäh-rungsfristen vor.Die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 35/2011) kritisiert, dass mit der Opfer-Zuschrei-bung Rechte in einem Verfahren begründet werden,dessen Ziel es ist, erst noch herauszufinden, ob über-haupt eine Straftat zum Nachteil des Zeugen/der Zeu-gin begangen wurde und ob der Angeklagte dafür ver-antwortlich ist.

KRONZEUGENREGELUNGEbenfalls am 14.3.2013 verabschiedete der Bundestagdas Gesetz zur Beschränkung der Möglichkeit zurStrafmilderung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe(BT-Drucks. 17/9695, BT-Drucks. 17/12732). Danachsoll wieder – wie schon früher – die Strafmilderung vo-raussetzen, dass zwischen der Tat des „Kronzeugen“und der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, einZusammenhang besteht.Die BRAK hatte seinerzeit die Abschaffung des Kon-nexitätserfordernisses kritisiert und begrüßt deshalbdie Wiedereinführung. Nur derjenige, der eine mit dereigenen Tat im Zusammenhang stehende Tat offen-bart, werde glaubhaft machen können, dass er sichvon dem kriminellen Umfeld, in dem (auch) seine Tatbegangen wurde, lösen wolle, heißt es in der damali-gen Stellungnahme. Hinzu komme, dass der „Kronzeu-ge“, der eine Tat offenbart, die im Zusammenhang mitder eigenen steht, wesentlich detaillierteres Wissenüber den offenbarten Sachverhalt aufweisen wird, alsdies ohne einen solchen Zusammenhang der Fall wäre(Stlln.-Nr. 54/2011).

STRAFTATBESTAND DATENHEHLEREIDas Land Hessen hat im Bundesrat einen Gesetzent-wurf eingebracht, mit dem im Strafgesetzbuch der Tat-bestand der Datenhehlerei eingeführt werden soll (BR-Drucks. 284/13). Der Entwurf sieht einen neuen§ 202d StGB vor, nach dem derjenige, der „Daten(§ 202a Abs. 2), die ein anderer ausgespäht odersonst durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sichoder einem anderen verschafft, einem anderen über-lässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sichoder einen Dritten zu bereichern oder einen anderenzu schädigen“ mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahrenoder mit Geldstrafe bestraft werden soll. Der jetzt vor-gelegte Gesetzentwurf geht auf einen Beschluss derJustizministerkonferenz im Frühjahr des vergangenenJahres zurück.

Der Ankauf von Steuerdaten durch den Staat soll aller-dings weiterhin möglich sein: § 202d Abs. 5 StGB-Estellt klar, dass „Handlungen, die ausschließlich der Er-füllung gesetzlicher Pflichten durch Amtsträger die-nen“, nicht erfasst sind. Neben der Einführung des neu-en Straftatbestandes soll auch das Strafmaß zur den§ 202a (Ausspähen von Daten) und § 202b (Abfangenvon Daten) erhöht werden, wenn die Taten in Bereiche-rungs- bzw. Schädigungsabsicht oder gewerbsmäßig/bandenmäßig erfolgten. Weiterhin sieht der Gesetzent-wurf eine Ausweitung der Befugnisse nach § 100a (Te-lekommunikationsüberwachung) und § 100c StPO(akustische Wohnraumüberwachung) durch eine Erwei-terung der jeweiligen Anlasstatenkataloge um die ge-werbs- bzw. bandenmäßige Begehung der § 202a,§ 202b und § 202d StGB vor.

UMGANGSRECHT DES LEIBLICHEN, NICHT RECHT-LICHEN VATERSDer Bundestag hat am 26.4.2013 das Gesetz zurStärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichenVaters verabschiedet (BT-Drucks. 17/12163, BT-Drucks. 17/13269). Künftig soll es danach für das Um-gangsrecht des leiblichen Vaters nicht mehr darauf an-kommen, dass bereits eine enge Beziehung zu dem Kindbesteht. Entscheidend soll vielmehr sein, ob der leibli-che Vater nachhaltiges Interesse an seinem Kind ge-zeigt hat und ob der Umgang dem Kindeswohl dient.Zudem wird dem leiblichen Vater bei berechtigtem Inte-resse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Ver-hältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohldes Kindes nicht widerspricht.

Die BRAK hatte zum Referentenentwurf eine Stellung-nahme abgegeben (Stlln.-Nr. 40/2012). Sie begrüßtedarin den Gesetzentwurf grundsätzlich, schlug jedocheinige Änderungen vor. So sollte in dem Gesetz nichtnur ein Umgangsrecht sondern auch eine Umgangs-pflicht des Vaters statuiert werden. Auch wenn der bio-logische Vater mangels rechtlicher Elternschaft nichtdie Pflichten eines Vaters habe und er dem Kind ge-genüber in keiner vergleichbaren Verantwortung stehe,sollte gleichwohl für ihn, um sein Bewusstsein dafür zustärken, im Gesetz verankert sein, dass der Umgang

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUS DER ARBEIT DER BRAK

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mit einem und die Verantwortung für ein Kind nichtnur Rechte, sondern auch Pflichten mit sich bringe,heißt es in der Stellungnahme der BRAK.

BUNDESRAT BILLIGT ÄNDERUNGEN BEIM SORGERECHTDer Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 1.3.2013das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht mit-einander verheirateter Eltern passieren lassen (BR-Drucks. 77/13). Mit dem Gesetz werden die Rechteder unverheirateten Väter erweitert. Bisher stand derMutter allein die elterliche Sorge zu, wenn die nicht mit-einander verheirateten Eltern nicht die gemeinsameSorge vereinbart hatten. Künftig kann der Vater einenAntrag stellen und das Familiengericht regelmäßig diegemeinsame Sorge beschließen, wenn sie dem Kindes-wohl nicht widerspricht. Die BRAK hatte zum Gesetzent-wurf eine Stellungnahme erarbeitet (Stlln.-Nr. 23/2012).Mittlerweile ist das Gesetz im Bundesgesetzblatt ver-öffentlicht worden (BGBl. l 2013, S. 795) und am 19.5.2013 in Kraft getreten.

GESETZGEBUNGSOUTSOURCINGDie Bundesregierung hat in einer Antwort auf eine Klei-ne Anfrage der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN Stellung zur Einbeziehung von Anwaltskanzleienbei der Erstellung von Gesetzentwürfen genommen (BT-Drucks. 17/9266). Darin weist sie darauf hin, dass zumeinen die Zahl der durch externe Dritte erarbeiteten Ge-setzentwürfe „quantitativ nicht signifikant“ sei und zumanderen die konzeptionelle Arbeit in jedem Fall durchdie Verfassungsorgane geleistet werde. Die Verfas-sungsorgane würden die durch externe Dritte erstelltenVorarbeiten eigenständig und abschließend prüfen,ohne dabei an sie gebunden zu sein. Eine nur formelleÜbernahme von Gesetzentwürfen gebe es nicht, so dieBundesregierung. Auf die konkrete Nachfrage stellt dieBundesregierung klar, dass sie auch weiterhin Rechts-anwaltskanzleien an der Erstellung von Gesetzentwür-fen beteiligen werde. (siehe dazu auch Filges, „Gesetz-gebungsoutsourcing – ein neues Berufsfeld für Rechts-anwälte?“ – BRAK-Mitt. 2010, 239)

SITZUNG DER SATZUNGSVERSAMMLUNGIn ihrer Sitzung Mitte April hat die Satzungsversamm-lung beschlossen, § 29 BORA, der bisher pauschalauf die Anwendbarkeit der CCBE-Reglungen bei grenz-überschreitenden Tätigkeiten verweist, aufzuheben.Stattdessen sollen nun nur noch die von der Satzungs-versammlung neu beschlossenen § 29a und § 29bBORA besondere Pflichten für die grenzüberschreiten-de Tätigkeit vorsehen. So muss der grenzüberschrei-tend tätige Anwalt nach Rücksprache mit seinem Man-danten die Anfrage eines ausländischen Rechts-anwalts beantworten, ob er „vertraulich“ gegenüberseinem Mandanten oder „ohne Präjudiz“ (d.h. ohnespätere Verwendung gegen den ausländischen Rechts-anwalt oder dessen Mandanten) Informationen aus-tauschen oder Gespräche führen kann. Außerdemmuss bei Einschaltung eines ausländischen Rechts-anwalts der Kollege informiert werden, wenn eine sichaus der Einschaltung ergebende eigene Verbindlichkeitoder Haftung für das Honorar, die Kosten und die Aus-lagen des ausländischen Rechtsanwalts nicht über-nommen werden sollen.

In einem zusätzlichen Beschluss stellte die Satzungs-versammlung deklaratorisch klar, dass damit keine Ab-kehr von den Regelungen des CCBE Code of Conductgewollt sei. Die dort geregelten Bereiche seien viel-mehr überwiegend bereits in den allgemein geltendenRegelungen der BRAO und der BORA enthalten, sodie Satzungsversammlung.

Weitere Beschlüsse betreffen unter anderem die Gestal-tung des Briefkopfes bei der Unterhaltung einer odermehrerer Zweigstellen, sowie das Recht eines aus einerSozietät ausscheidenden Rechtsanwaltes auf seinenUmzug auch auf der Homepage hinzuweisen.

Die Beschlüsse der Satzungsversammlung sind unterhttp://www.brak.de/die-brak/satzungsversammlung zufinden. Sie werden voraussichtlich im kommenden Heftder BRAK-Mitteilungen veröffentlicht und würden dannam 1.11.2013 in Kraft treten.

DIE BRAK IN BRÜSSELRECHTSANWÄLTIN PEGGY FIEBIG, LL.M., BRAK, BERLIN

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick überdie Tätigkeit der BRAK zu europarechtlichen Themenin den Monaten März und April 2013.

ALTERNATIVE STREITBEILEGUNG UND ONLINE-STREIT-BEILEGUNGAm 22.4.2013 hat der Rat die Richtlinie über die alter-native Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten(ADR) und die Verordnung über die Online-Streitbeile-gung in Verbraucherangelegenheiten (ODR) offiziell an-genommen.

Das Regelungspaket gibt dem Verbraucher bessereMöglichkeiten, seine Rechte gegenüber Händlern in ei-nem außergerichtlichen Verfahren zur Streitbeilegunggeltend zu machen. Der Anwendungsbereich der Ver-ordnung zur alternativen Streitbeilegung wurde aufOnlinekäufe ausgedehnt und bezieht sich sowohl aufnationale, als auch auf grenzüberschreitende Einkäufe.Generell sollen Streitigkeiten innerhalb von 90 Tagenkostenlos bzw. zumindest kostengünstig beigelegt wer-den. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, flächen-deckend für außergerichtliche Streitbeilegungsstellen

AUS DER ARBEIT DER BRAK | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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FIEBIG, DIE BRAK IN BRÜSSEL

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zu sorgen. Die Richtlinie ADR muss binnen der nächs-ten zwei Jahre in nationales Recht umgesetzt werden.Die Verordnung ODR ist sechs Monate nach Ablaufder Umsetzungsfrist für die Richtlinie ADR anwendbar.

GRENZÜBERSCHREITENDE PROZESSKOSTENHILFESowohl der federführende Rechtsausschuss als auchder Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutzim Europäischen Parlament haben im April ihre Stel-lungnahmen zur grenzüberschreitenden Prozesskosten-hilfe beschlossen. Beide Ausschüsse fordern die Schaf-fung eines europaweiten Pools von Rechtsanwälten,an die sich Empfänger von EU-Prozesskostenhilfe beiBedarf wenden können. Außerdem sollen die Fortbil-dungsmöglichkeiten für Rechtsanwälte auf diesemGebiet ausgebaut werden. Die Ausschüsse fordernebenfalls, in jedem Mitgliedstaat eine zentrale Stelleeinzurichten, die für Entscheidungen über die EU-Pro-zesskostenhilfe zuständig sein soll.

VERORDNUNGSVORSCHLAG ZUR ANERKENNUNG DERECHTHEIT ÖFFENTLICHER URKUNDENAm 24.4.2013 hat die Europäische Kommission einenVerordnungsvorschlag zur Förderung der Freizügigkeitvon Bürgern und Unternehmen durch die Vereinfachungder Annahme bestimmter öffentlicher Urkunden inner-halb der Europäischen Union veröffentlicht. ÖffentlicheUrkunden im Sinne dieses Vorschlages sind von Behör-den ausgestellte Urkunden, die formelle Beweiskraft be-sitzen in Bezug auf Geburt, Tod, Namen, Ehe undeingetragene Partnerschaft, Abstammung, Adoption,Wohnsitz, Unionsbürgerschaft und Staatsangehörigkeit,Grundeigentum, Rechtsform und Vertretung einer Ge-sellschaft oder eines sonstigen Unternehmens, Rechtedes geistigen Eigentums und Vorstrafenfreiheit. DieEchtheit solcher Urkunden soll nach der Verordnungohne weiteres von den Behörden anerkannt werden.Hegt die anerkennende Behörde berechtigte Zweifel aneiner vorgelegten Urkunde, so kann diese deren Echtheitzusammen mit der ausstellenden Behörde mithilfe desBinnenmarkt-Informationssystems (IMI) überprüfen.

REFORM DES MARKENSCHUTZES IN DER EUDie Europäische Kommission hat am 27.3.2013 dreiInitiativen für eine gezielte Modernisierung des Mar-kenrechts in Europa vorgelegt, die die Verfahren zurMarkeneintragung günstiger, einfacher und zuverlässi-ger machen und Produktpiraterie in der EU erschwerensollen. Das Paket umfasst die Neufassung der Richt-linie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit-gliedstaaten über die Marken (2008/95/EG), eineÜberarbeitung der Verordnung über die Gemein-schaftsmarke (Verordnung (EG) Nr. 207/2009) undeine Überarbeitung der Verordnung über die zu ent-richtenden Gebühren (Verordnung (EG) Nr. 2869/95).

Kernpunkte der Maßnahmen sind eine Straffung undHarmonisierung der Eintragungsverfahren, auch aufEbene der Mitgliedstaaten und eine Modernisierungder bestehenden Vorschriften sowie eine Stärkung der

Rechtssicherheit. Das Reformpaket sieht eine Erleichte-rung der Zusammenarbeit zwischen den Marken-ämtern der Mitgliedstaaten und der europäischenAgentur für Marken (HABM) vor, um die Verfahrens-weisen besser aufeinander abzustimmen und die Ent-wicklung gemeinsamer Instrumente zu fördern.

WOHNIMMOBILIENKREDITVERTRÄGEIm April haben sich der Rat der Europäischen Union,die Europäische Kommission und das Europäische Par-lament in den so genannten Trilogverhandlungen aufeinen Kompromiss zum Richtlinienvorschlag für Immo-bilienkredite geeinigt. Danach soll unter anderem dieInformationspflicht der Kreditgeber erhöht werden.Kreditnehmern soll u.a. durch das neu eingeführtestandardisierte EU-Informationsblatt (ESISA) ein direk-ter Vergleich zwischen mehreren Angeboten ermög-licht werden. Außerdem ist vorgesehen, dem Kredit-nehmer eine Bedenkzeit von sieben Tagen einzuräu-men, bevor der Kreditvertrag unterzeichnet werdenmuss. Alternativ kann ihm ein Rücktrittsrecht vom Ver-trag eingeräumt werden, das spätestens sieben Tagenach Vertragsschluss geltend gemacht werden muss.Zudem müssen Kreditnehmer die Möglichkeit haben,ihren Kredit vor Ablauf der Vertragslaufzeit abzuzah-len. Ebenso wird dem Kreditnehmer die Möglichkeiteingeräumt, die Währung des Kredites zu wechseln,wenn dieser in einer anderen Währung erteilt wurde.Kreditgeber sind zudem aufgefordert, im Falle von Zah-lungsverzögerungen eine angemessene Nachsicht undGeduld walten zu lassen, bevor der Pfändungsprozesseingeleitet wird. Auch die Bonitätsprüfung der Kredit-nehmer soll verschärft werden. Vermittler sollen Zugriffauf die notwendigen Daten von den jeweiligen Behör-den erhalten. Der Vorschlag muss nun noch vom EPund vom Rat angenommen werden.

Die BRAK hatte zum Richtlinienvorschlag eine Stellung-nahme erarbeitet (Stlln.-Nr. 40/2011)

KOMMISSIONSVORSCHLAG FÜR DIE BESSEREANWENDUNG DES RECHTS AUF FREIZÜGIGKEITAm 26.4.2013 stellte die Europäische Kommission denRichtlinienvorschlag über Maßnahmen zur Erleichte-rung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern imRahmen der Freizügigkeit zustehen, vor. Nach Ansichtder Kommission bestehen immer noch Hindernisse fürdie Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Binnenmarkt.So würden u.a. berufliche Qualifikationen und Erfahrun-gen, die in anderen Mitgliedstaaten erworben wurden,beim Zugang zur Beschäftigung nicht oder unterschied-lich berücksichtigt. Die Mitgliedstaaten sollen dazu ver-pflichtet werden, gerichtliche und außergerichtlicheRechtsbehelfe in Fällen von Diskriminierung von EU-Wanderarbeitern bereit zu stellen. Ferner sollen die Mit-gliedstaaten die Möglichkeit von Verbandsklagenvorsehen müssen. Es sollen weiterhin nationale Stelleneingerichtet werden, die Informationen für EU-Wander-arbeiter sowie Beratung und Unterstützung von Diskri-minierungsopfern bei der Rechtsverfolgung anbieten.

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUS DER ARBEIT DER BRAK

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FIEBIG, DIE BRAK IN BRÜSSEL

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MITTEILUNG DER EUROPÄISCHE KOMMISSION:EU-JUSTIZINDEXEnde März hat die Europäische Kommission ihre Mit-teilung „Das EU-Justizbarometer – Ein Instrument füreine leistungsfähige, wachstumsfördernde Justiz“ vor-gestellt. Die Kommission möchte damit zu effektivenJustizsystemen in der EU beitragen und das Wirt-schaftswachstum stärken. Das EU-Justizbarometer2013 enthält Zahlen zur Funktionsweise der Justizsys-teme in den 27 Mitgliedstaaten der EU. Ausgewertetwurden insbesondere Effizienzindikatoren für zivil- undhandelsrechtliche Streitigkeiten sowie die Verwaltungs-gerichtsbarkeit, da diese nach Ansicht der Kommissionzur Verbesserung des Geschäfts- und Investitions-

klimas beitragen. Wesentliche Indikatoren der Studiewaren dabei die Verfahrensdauer, die internen Mecha-nismen zur Qualitätskontrolle der Gerichte sowiedie Bereitstellung außergerichtlicher Streitbeilegungs-mechanismen. Deutschland liegt bei der Auswer-tung in fast allen Punkten im oberen Bereich, ledig-lich die Anzahl der anhängigen Verwaltungsverfahrenist überdurchschnittlich hoch. Die Ergebnisse des EU-Justizbarometers 2013 werden in die Vorbereitungder anstehenden länderspezifischen Analysen desEuropäischen Semesters einfließen und könnten Grund-lage der voraussichtlich im Mai 2013 zu veröffent-lichenden länderspezifischen Empfehlungen der Kom-mission sein.

DIE BRAK INTERNATIONALRECHTSANWÄLTIN KEI-LIN TING-WINARTO, RECHTSANWÄLTIN VERONIKA HORRER LL.M.,RECHTSANWÄLTIN PEGGY FIEBIG, LL.M., BRAK, BERLIN

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick überdie Tätigkeit der BRAK im internationalen Bereich inden Monaten März und April 2013.

„RECHTSANWÄLTE ALS RICHTER“1. INTERNATIONALES ANWALTSFORUM DER BRAKAm 21.3.2013 fand das 1. Internationale Anwalts-forum der BRAK in Fortführung der bisherigen Europäi-schen Konferenz statt. Insgesamt fast 100 Teilnehmeraus mehr als 25 Ländern diskutierten u.a. die Frage,ob der Rechtsstaat gestärkt werden würde, wenn dieanwaltliche Expertise auch auf der Richterbank ge-stärkt werden würde. Die BRAK und der DAV setzensich seit längerem dafür ein, dass beim Bundesverfas-sungsgericht eine Rechtsanwältin oder ein Rechts-anwalt zum Richter bzw. zur Richterin ernannt wird.Im Rahmen des Forums, bei dem u.a. auch Bundes-tagspräsident Norbert Lammert, Bundesverfassungs-richter Reinhard Gaier sowie der Richter beim israe-lischen Supreme Court und frühere RechtsanwaltYoram Danziger sprachen, forderte der Vizepräsidentder BRAK Ekkehart Schäfer eine feste Quote für die an-waltliche Beteiligung an der Zahl der Richter beim Bun-desverfassungsgericht. Wenn das Gesetz sechs Berufs-richter verlange, sei es nur plausibel, dass auch sechsRechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte dort sitzen, soVizepräsident Schäfer in seiner Begrüßungsrede. (siehedazu auch den Bericht in BRAKMagazin Heft 2/2013)

DEUTSCH-CHINESISCHER RECHTSSTAATSDIALOGDer diesjährige Deutsch-Chinesische Rechtsstaatsdia-log fand im April in der chinesischen Stadt Hangzhoustatt. Er befasste sich im Schwerpunkt mit Fragen zurVermeidung und Beilegung von verwaltungsrechtlichenStreitigkeiten. Erörtert wurden das Verhältnis von Bür-ger zu Staat, die Rechte des Bürgers gegenüber dem

Staat und die Befugnisse des Staates gegenüber denBürgern. Beide Seiten waren sich einig, dass es ins-besondere einer unabhängigen Justiz bedarf, um dieDurchsetzung der Rechte des Bürgers zu gewährleistenund die Bürger vor willkürlichen Handlungen staatlicherVertreter und Organe zu schützen. Bundesjustizministe-rin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte in ihrerSchlussrede darüber hinaus, dass es auch einer starken,gutausgebildeten und unabhängigen Anwaltschaft fürdie Erfüllung dieser Aufgabe bedarf.

Die BRAK ist seit Beginn des Deutsch-ChinesischenRechtsstaatsdialoges im Jahre 1999 aktiver Bestand-teil des Projektes. Das aktuelle Drei-Jahres-Programm(2013 bis 2015) sieht nicht zuletzt auf Initiative derBRAK eine Stärkung der Zusammenarbeit zur Aus-und Fortbildung sowie zum Austausch von Rechts-anwälten und Notaren vor.

Das nächste Symposium findet turnusgemäß im nächs-ten Jahr wieder in Deutschland statt.

KROATISCHER ANWALTSTAGDer diesjährige 31. Kroatische Anwaltstag, der imApril in Zagreb stattfand, beschäftigte sich mit denThemen „Fortbildung der Anwaltschaft“ und „Organi-sation kostenloser Rechtsberatung für Bedürftige“. An-lass für diese Themenstellung ist die gegenwärtig ge-führte Diskussion innerhalb der kroatischen Anwalt-schaft, ob verbindliche Pflichten zur anwaltlichenFortbildung eingeführt werden sollen und wie dieseauszugestalten wären. Die BRAK, die mit der kroati-schen Anwaltskammer seit 2012 ein Kooperations-abkommen hat, hat sich auf dem Podium an der Dis-kussion beteiligt und die Regelungen der Fortbildungs-pflicht im deutschen Berufsrecht dargestellt.

AUS DER ARBEIT DER BRAK | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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Page 42: brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

SEMINAR ZUM ANWALTLICHEN BERUFSRECHTIn Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung für In-ternationale Rechtliche Zusammenarbeit e.V. (IRZ)führte die BRAK am 5. und 6.4.2013 ein zweitägigesBlockseminar zum deutschen anwaltlichen Berufsrechtan der Ivan-Franko-Universität in Lemberg/Ukrainedurch. Teilnehmer waren ausgewählte ukrainische Stu-denten der Rechtswissenschaften und junge ukrai-nische Rechtsanwälte aus der Region Lemberg. Das

Blockseminar stieß auf besonders reges Interesse gera-de auch der jungen Anwälte, da es ein kodifiziertes an-waltliches Berufsrecht in der Ukraine überhaupt erstseit August 2012 gibt und daher bisher nur wenig Er-fahrungen in diesem Bereich vorhanden sind. Die Dar-stellung des deutschen Berufsrechts in Theorie und Pra-xis durch die BRAK wurde mit sehr großem Interesseverfolgt und war Gegenstand zahlreicher Fragen undlebhafter Diskussionen.

MITGLIEDER DER RECHTSANWALTSKAMMERN ZUM 1.1.2013

Zum 1.1.2013 waren 160.880 Rechtsanwältinnen undRechtsanwälte zugelassen. Dies bedeutet zum Vorjahreine Steigerung um 1,55 %. Insgesamt hatten dieRechtsanwaltskammern 161.821 Mitglieder.

Die höchste Mitgliederzahl hat weiterhin die RAK Mün-chen mit 20.520, gefolgt von der RAK Frankfurt mit17.912 und der RAK Hamm mit 13.791 Mitgliedern.Den höchsten Mitgliederzuwachs verzeichnet die RAKBerlin mit 2,52 %. Fünf weitere Kammern erreichen ei-nen Zuwachs von über 2 % (RAK Hamburg: 2,46 %;RAK München: 2,38 %, RAK Tübingen: 2,37 %, RAK Bre-men: 2,29 % und Stuttgart 2,06 %. Neun Kammern wei-sen einen Zuwachs von unter 1 % auf. Die Mitglieder-zahlen der Kammern Mecklenburg Vorpommern undZweibrücken gehen zurück (–0,81 % und –0,14 %).

Die Anzahl derjenigen Rechtsanwälte, die neben ihremBeruf als Rechtsanwalt zugleich als Wirtschaftsprüferund/oder Steuerberater und/oder vereidigter Buchprü-fer tätig sind, entstammt den Meldungen bei den re-gionalen Rechtsanwaltskammern. Zum 1.1.2013 wa-ren 662 Rechtsanwälte auch als Wirtschaftsprüfer.2.134 auch als Steuerberater und 513 als vereidigteBuchprüfer tätig.

Zum 1.1.2013 waren bei den Rechtsanwaltskammern586 Rechtsanwalts-GmbHs zu verzeichnen. Darüber hi-naus wurden insgesamt 25 Rechtsanwaltsaktiengesell-schaften gemeldet. Die Anzahl der Partnerschafts-gesellschaften stieg um 6,44 % auf 3.224.

Ein Rückgang von –2,42 % ist bei den Anwaltsnotarenzu verzeichnen, deren Anzahl 6.050 beträgt.

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AUS DER ARBEIT DER BRAK

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Große Mitgliederstatistik zum 1.1.2013

RAK Mitglieder Rechtsanwälte darunter Rechtsbeistände RA-GmbH

RA-AG PartGInsgesamt gem. § 60

Abs. 1 S. 3BRAO

insg. w Anwaltsnotare ausländ.RAe

WP StB vereid.Buch-prüfer

insg. winsg. w

BGH 37 0 37 7 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0Bamberg 2.715 0 2.696 823 0 0 5 6 55 9 9 1 10 0 64Berlin 13.523 4 13.459 4.506 861 131 77 42 151 14 2 0 58 0 321Brandenburg 2.355 0 2.352 854 0 0 1 2 19 3 0 0 3 0 61Braunschweig 1.664 0 1.654 506 206 27 4 3 21 2 4 1 6 0 29Bremen 1.923 0 1.916 594 211 33 7 4 7 6 4 0 3 0 0Celle 5.862 1 5.824 1.846 722 97 12 14 111 22 21 1 16 0 160Düsseldorf 12.093 0 12.038 3.914 160 13 53 64 124 34 16 1 38 1 330Frankfurt 17.912 0 17.839 6.314 898 119 201 85 100 26 20 1 47 6 205Freiburg 3.487 0 3.459 1.102 0 0 7 29 62 30 5 0 22 1 96Hamburg 9.840 0 9.768 3.241 0 0 49 85 261 45 36 0 34 2 248Hamm 13.791 1 13.742 4.098 1.567 131 20 7 32 3 13 2 35 0 246Karlsruhe 4.622 0 4.599 1.494 0 0 16 18 23 80 5 0 14 4 76Kassel 1.751 0 1.743 530 182 13 1 2 14 6 3 0 5 0 24Koblenz 3.362 0 3.349 1.050 4 11 47 11 47 17 3 0 10 0 37Köln* 12.584 6 12.526 4.194 0 0 35 27 131 36 11 0 38 3 211Meckl.-Vorp. 1.596 0 1.591 514 0 0 1 3 21 4 0 0 5 0 55München* 20.520 15 20.301 7.210 0 0 173 136 502 75 92 15 107 5 412Nürnberg 4.677 3 4.638 1.630 0 0 17 24 93 23 13 1 23 0 82Oldenburg 2.689 0 2.667 762 447 48 4 17 82 8 7 0 15 0 51Saarbrücken 1.458 0 1.445 463 0 0 5 7 13 8 1 0 12 0 16Sachsen 4.785 0 4.765 1.716 0 0 3 8 35 8 1 0 19 0 117Sachsen-Anh. 1.835 0 1.828 649 0 0 1 2 4 1 0 0 4 3 27Schleswig 3.832 2 3.822 1.162 714 85 3 12 59 3 3 0 5 0 95Stuttgart 7.267 8 7.215 2.224 65 3 36 42 102 35 13 2 31 0 174Thüringen 2.072 0 2.061 718 0 0 0 3 14 3 0 0 11 0 41Tübingen 2.120 0 2.103 612 13 0 2 7 39 5 6 0 11 0 22Zweibrücken 1.449 0 1.443 442 0 0 3 2 11 6 2 0 4 0 24Bundesgebiet 161.821 40 160.880 53.175 6.050 711 783 662 2.134 513 290 25 586 25 3.224Vorjahr 159.315 33 158.426 51.585 6.200 701 681 678 2.139 472 298 26 535 23 3.029Veränderung in % 1,57 1,55 3,08 –2,42 1,43 14,98 –2,36 –0,23 8,69 –2,68 –3,85 9,53 6,44

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Die Anzahl der Rechtsanwältinnen ist im Vergleichzum Vorjahr um 3,08 % angestiegen. 33,05 % der An-waltschaft sind Rechtsanwältinnen (53.175). Der An-teil der Rechtsanwältinnen an den Fachanwältennimmt weiter zu (12.866 = 27,50 %). In der Fach-anwaltschaft Familienrecht sind 55,6 % aller Fach-anwälte für Familienrecht Rechtsanwältinnen (4.983).Allerdings ist dies die einzige Fachanwaltschaft, beider der Anteil der Rechtsanwältinnen überwiegt.

Die Gesamtzahl der erworbenen Fachanwaltschaftenstieg auf 46.723.1 Stärkste Fachanwaltschaft ist wei-terhin die für Arbeitsrecht (9.425), gefolgt von derFachanwaltschaft für Familienrecht (8.967). Einen star-

ken Zuwachs verzeichneten die Fachanwaltschaft fürVerkehrsrecht (3.210), die Fachanwaltschaft für Miet-und Wohnungseigentumsrecht (2.950), die Fach-anwaltschaft für Strafrecht (2.931) und die Fach-anwaltschaft für Bau- und Architektenrecht (2.421).Die nach Rechtsanwaltskammern aufgeschlüsselteFachanwaltsstatistik finden Sie unter www.brak.de,Statistiken.

Der Anteil der Fachanwälte an der Gesamtzahlder zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechts-anwälte steigt weiter. 7.443 Fachanwälte erwarbenzwei Fachanwaltstitel, 461 bereits drei Fachanwalts-titel. Unter Beachtung dieser Zwei- und Dreifachtitelhaben ca. 23 % aller Rechtsanwältinnen und Rechts-anwälte mindestens einen Fachanwaltstitel erworben.

AUS DER ARBEIT DER BRAK | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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Entwicklung der Fachanwaltschaften seit 1960

Jahr

Steuerrecht

Verwaltungsrecht

Strafrecht

Familienrecht

Arbeitsrecht

Sozialrecht

Insolvenzrecht

Versicherungsrecht

Medizinrecht

Miet-undImmobilienrecht

Verkehrsrecht

Bau-undArchitektenrecht

Erbrecht

Transport-undSpeditionsrecht

gewerblicherRechtsschutz

Handels-und

Gesellschaftsrecht

Urheber-und

Medienrecht

Informationstechnologierecht

Bank-und

Kapitalmarktrecht

Agrarrecht

insgesam

t

zumVorjahrinProzent

1960 836 75 911

1970 1.296 52 1.348 47,97

1980 1.609 32 1.641 21,74

1989 2.097 259 692 145 3.193 94,58

1990 2.145 307 911 190 3.553 11,27

1991 2.137 316 952 196 3.601 1,35

1993 2.170 355 1060 250 3.835 6,50

1994 2.260 413 1340 294 4.307 12,31

1995 2.350 464 1557 319 4.690 8,89

1996 2.415 520 1749 349 5.033 7,31

1997 2.507 579 2110 384 5.580 10,87

1998 2.674 643 194 1160 2487 409 7.567 35,61

1999 2.769 706 438 2238 2843 432 9.426 24,57

2000 2.792 785 702 2997 3315 459 30 11.080 17,55

2001 2.939 866 912 3789 3827 542 141 13.016 17,47

2002 3.151 966 1.129 4502 4414 612 268 15.042 15,57

2003 3.391 1.044 1.326 5126 5000 673 373 16.933 12,57

2004 3.570 1.111 1.456 5648 5446 733 446 14 18.424 8,81

2005 3.688 1.145 1.585 5.943 5.948 787 561 222 19.879 7,90

2006 3.901 1.178 1.730 6.353 6.457 845 631 395 125 276 396 360 173 21 22.841 14,90

2007 4.042 1.244 1.865 6.935 7.047 930 755 588 401 1.007 1.156 1.192 540 60 67 104 9 11 27.953 22,38

2008 4.313 1.299 2.096 7.474 7.669 1.065 931 726 628 1.540 1.762 1.610 793 98 255 372 41 71 4 32.747 17,15

2009 4.431 1.329 2.276 7.749 8.038 1.155 1.060 818 777 1.887 2.104 1.845 942 120 411 539 85 135 218 35.919 9,69

2010 4.463 1.372 2.414 8.098 8.368 1.252 1.147 883 916 2.181 2.420 2.013 1.076 134 543 734 121 190 372 48 38.745 7,87

2011 4.615 1.416 2.596 8.373 8.701 1.346 1.261 967 1.052 2.441 2.744 2.163 1.205 150 652 891 154 244 515 83 41.569 7,29

2012 4.728 1.456 2.755 8.716 9.101 1.453 1.367 1.052 1.182 2.726 2.981 2.310 1.320 156 773 1.033 193 290 642 106 44.340 6,67

2013 4.795 1.473 2.931 8.967 9.425 1.567 1.446 1.122 1.310 2.950 3.210 2.421 1.444 166 855 1.211 226 354 732 118 46.723 5,37

1 Rechtsanwälte, die über mehrere Fachanwaltstitel verfügen, werden in allen die-sen Rechtsgebieten als Fachanwalt gezählt.

MITGLIEDER DER RECHTSANWALTSKAMMERN ZUM 1.1.2013

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ALTERSSTATISTIK DER RECHTSANWALTSKAMMERN

Die Altersstatistik der Rechtsanwaltskammern wurde2012 aktualisiert (Stand jeweils 1.1.). Danach ist dasDurchschnittsalter der Anwaltschaft angestiegen undliegt jetzt bei 47,5 Jahren. Der Anteil der unter 30-jäh-rigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist mit2,0 % auf dem im Jahresvergleich niedrigsten Niveau.Die 40–50 Jahre alten Rechtsanwältinnen und Rechts-anwälte bilden mit 31,1 % den größten Anteil. Der An-teil der noch mit über 70 Jahren zugelassenen Rechts-anwältinnen und Rechtsanwälte liegt mit 4,5 % überdem Niveau von 1986.

Zweitstärkste Altersgruppe bilden die 30- bis 40-Jäh-rigen in der Anwaltschaft.

Die Statistik ist unter www.brak.de abrufbar.

1956 1965 1986 1998 2002 2012

Gesamt 8.534 19.820 47.691 91.220 116.391 158.335

Durchschnittsalter 50,7 51,3 44,4 44,6 43,9 47,5

über 70 Jahre (%) 8,6 7,3 6,6 3,0 2,8 4,5

60–70 Jahre (%) 11,1 20,3 6,4 7,2 7,5 12,1

50–60 Jahre (%) 28,6 25,5 12,5 16,8 17,1 22,7

40–50 Jahre (%) 30,4 18,7 25,5 30,1 29,0 31,1

30–40 Jahre (%) 18,6 25,9 40,8 36,7 35,7 27,6

bis 30 Jahre (%) 2,7 2,3 8,2 6,3 7,9 2,0

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG

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NÄCHSTE SITZUNG DER SATZUNGSVERSAMMLUNG

Die 5. Sitzung der 5. Satzungsversammlung findet am 6. und 7.12.2013 in Berlin statt.

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNGBERUFSRECHTE UND -PFLICHTEN*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

VERSTOSS EINES ANWALTSNOTARS GEGENDAS TÄTIGKEITSVERBOT NACH § 45 ABS. 1NR. 1 BRAO

BRAO § 45 Abs. 1 Nr. 1; BNotO § 110 Abs. 1, § 14Abs. 1 Satz 1

1. Zur Zuständigkeit für die Ahndung des Verstoßeseines Anwaltsnotars gegen das Tätigkeitsverbotnach § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO und damit einher-gehender Verletzung der Neutralitätspflicht nach§ 14 Abs. 1 Satz 1 BNotO.

* 2. Maßgebend für die Zuständigkeit zur Ahndungeiner Pflichtverletzung ist, ob der Pflichtenverstoßdes Anwaltsnotars vorwiegend mit dem Amt alsNotar oder der Tätigkeit als Rechtsanwalt im Zu-sammenhang steht. Ist dies zweifelhaft oder be-steht ein solcher Zusammenhang nicht, so ist im

anwaltsgerichtlichen Verfahren, andernfalls im Dis-ziplinarverfahren zu entscheiden.

BGH, Urt. v. 4.3.2013 – NotSt (Brfg) 1/12

Volltext unter www.brak-mitteilungen.de

KEIN AUSSCHLUSS AUS DER RECHTSANWALT-SCHAFT TROTZ GRAVIERENDER PFLICHT-VERLETZUNGEN

BRAO § 114 Abs. 1 Nr. 4

* 1. Ob besondere Umstände vorliegen, die es trotzgravierender Pflichtverletzungen rechtfertigen, voneinem Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft ab-zusehen, hat der Tatrichter aufgrund einer Gesamt-

BERUFSRECHTE UND -PFLICHTEN

Page 45: brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

würdigung aller für die Rechtsfolgenzumessungmaßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu ent-scheiden.

* 2. Kann der Gefahr erneuter schwerwiegenderBerufsrechtsverfehlungen mit milderen Maßnah-men als dem Ausschluss aus der Rechtsanwalt-schaft begegnet werden, so sind diese zu verhän-gen.

BGH, Urt. v. 26.11.2012 – AnwSt (R) 6/12

AUS DEN GRÜNDEN:[1] Das AnwG hat den RA für schuldig befunden, inden Jahren 2006 sowie 2008 und 2009 sich der Ach-tung und des Vertrauens, welche die Stellung des RAerfordert, nicht würdig erwiesen zu haben, indem ergewerbsmäßigen Betrug in 58 Fällen zum Nachteil ver-schiedener Rechtsschutzversicherungen beging. Es hatihm für die Dauer von drei Jahren verboten, als Vertre-ter und Beistand in Strafsachen und Ordnungswidrig-keitenverfahren tätig zu werden. Die gegen dieses Ur-teil eingelegte, auf den Rechtsfolgenausspruch be-schränkte Berufung der Generalstaatsanwaltschafthat der AGH verworfen. Dagegen wendet sich die Ge-neralstaatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge ge-stützten Revision.

[2] Das Rechtsmittel, mit dem in erster Linie die Aus-schließung von RA D aus der Rechtsanwaltschaft er-strebt wird, hat keinen Erfolg.

[6] 2. Die Revision ist unbegründet. Dass eineschwerwiegende Pflichtverletzung des betroffenenRA vorliegt, die im Regelfall zum Ausschluss ausder Rechtsanwaltschaft führt, hat der AGH gesehen.Hinsichtlich der erkannten Maßnahme nach § 114Abs. 1 Nr. 4 BRAO deckt die Revision keinen Rechtsfeh-ler auf.

[7] Ob besondere Umstände vorliegen, die es trotzgravierender Pflichtverletzung rechtfertigen, von einemAusschluss aus der Rechtsanwaltschaft abzusehen, hatder Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung allerfür die Rechtsfolgenzumessung maßgeblichen Umstän-de des Einzelfalls zu entscheiden. Es ist allein seineAufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Ein-drucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tatund der Persönlichkeit des betroffenen RA gewonnenhat, die wesentlichen ent- und belastenden Umständefestzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander ab-zuwägen. Der Schuldgehalt der Tat hat dabei imstandesrechtlichen Verfahren eine geringere Bedeu-tung als im allgemeinen Strafrecht. Kann der Gefahrerneuter schwerwiegender Standesverfehlungen mitmilderen Maßnahmen als dem Ausschluss aus derRechtsanwaltschaft begegnet werden, so sind diesezu verhängen. Das Revisionsgericht kann in diese Ent-scheidung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwä-gungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich aner-kannte Zwecke verstoßen oder wenn sich die verhängteMaßnahme von ihrer Bestimmung, gerechter Schuld-

ausgleich zu sein und das rechtsuchende Publikum vorweiteren Gefahren zu schützen, soweit löst, dass sienicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumtenSpielraums liegt.

Keine Richtigkeits-kontrolle

Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist aus-geschlossen. In Zweifelsfäl-len muss das Revisions-gericht die vom Tatrichtervorgenommene Bewertung

hinnehmen (BGH, Urt. v. 28.6.2004 – AnwSt (R)16/03).

[8] Der AGH hat nach Abwägung aller Umständedes Einzelfalles die Verhängung eines dreijährigenVertretungsverbots auf dem Gebiet des Straf- undOrdnungswidrigkeitenrechts als ausreichend ange-sehen, um eine weitere Gefährdung der Rechts-pflege durch den betroffenen RA zu verhindern. Erhat dabei insbesondere abgestellt auf die Selbst-anzeige des RA, die vorbehaltlose Aufarbeitungdes Sachverhalts gegenüber allen Geschädigtenund die Schadenswiedergutmachung innerhalb weni-ger Tage.

[9] Rechtsfehler bei dieser Abwägung zeigt die Revisi-on nicht auf. Weder geht der AGH von unzutreffendenTatsachen aus, noch hat er wesentliche Umstände, diesich zum Nachteil des betroffenen RA auswirken könn-ten, übersehen. Mit ihrer eigenen, abweichenden Be-wertung der festgestellten Umstände kann die Revisi-onsführerin im Revisionsverfahren nicht gehört wer-den. Dass die verhängte Maßnahme offensichtlichungeeignet wäre, die dem berufsgerichtlichen Verfah-ren gesetzten Ziele zu erreichen, lässt sich nicht fest-stellen.

HINWEISE DER REDAKTION:Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden,dass gegen einen Rechtsanwalt auf Ausschließungaus der Rechtsanwaltschaft erkannt werden wird,kann gem. § 150 BRAO gegen ihn durch Beschlussein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot ver-hängt werden. Der AGH Schleswig-Holstein (BRAK-Mitt. 2010, 271) hat entschieden, dass es die ver-fassungskonforme Auslegung von § 150 Abs. 1BRAO gebietet, die Verhängung des vorläufigen Be-rufsverbotes von einem zusätzlichen Sicherungs-grund abhängig zu machen. Für die Begründungeines präventiven Berufsverbots ist positiv die Fest-stellung einer Gefährdung erforderlich, die ein Zu-warten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrensausschließt. Die Feststellung einer Gefährdung be-deutet als Gefahrenprognose, dass die Wahrschein-lichkeit für eine konkrete Gefährdung wichtiger Ge-meinschaftsgüter (funktionierende Rechtspflege, In-tegrität der Anwaltschaft und das Vertrauen derRechtsuchenden in diese) höher ist, als die Erwar-tung, die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts werdekeine konkreten Gefahren für wichtige Gemein-schaftsgüter hervorrufen.

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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Page 46: brak 2013 03 roemer 1. · 2013. 6. 14. · WERBUNG BGH 18.10.2012 IZR137/11 Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Steuerbüro“ 132 FACHANWALTSCHAFTEN BGH 8.4.2013 AnwZ (Brfg)

INTERNETPLATTFORM FÜR DIE SUCHENACH TERMINSVERTRETERN

BRAO § 49b Abs. 3 Satz 1; UWG § 4 Nr. 11

Der Betreiber eines Internetportals, der Rechts-anwälten darüber die Möglichkeit bietet, u.a. Ter-minsvertreter zu finden, und der sich dafür im Er-folgsfall eine Transaktionsgebühr entrichten lässt,verstößt nicht gegen berufsrechtliche Verbote undkann deshalb von einem Mitbewerber nicht auf Un-terlassung gem. § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 49bAbs. 3 Satz 1 BRAO, § 27 Satz 1 BORA in Anspruchgenommen werden.OLG Karlsruhe, Urt. v. 5.4.2013 – 4 U 18/13

AUS DEN GRÜNDEN:[1] I. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinenErfolg. Das LG hat im Ergebnis zu Recht die Beschluss-verfügung v. 20.11.2012 hinsichtlich Ziff. I. 2. aufgeho-ben und insoweit die Voraussetzungen für den Erlasseiner einstweiligen Verfügung verneint. Der Kl. stehtder geltend gemachte Verfügungsanspruch aus § 8Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m.§ 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO gegen die Bekl. nicht zu.

[2] 1. Die berufsrechtliche Bestimmung des § 49bAbs. 3 Satz 1 BRAO wird, da sie darauf gerichtet ist,die Gewährung von Vorteilen im Kontext der Vermitt-lung von Aufträgen (Mandaten) an RAe zu unterbin-den, als Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWGangesehen. Allerdings erfasst § 49b Abs. 3 Satz 1BRAO unmittelbar nur RAe (vgl. Kilian, Henssler/Prüt-ting, BRAO, 3. Aufl. 2010, § 49b, Rdnr. 190, 192). Die-se, nicht die Bekl., unterliegen dem berufsrechtlichenVerbot.

[3] 2. Auf das Verhalten der Bekl. treffen die tat-bestandlichen Voraussetzungen des § 49b Abs. 3Satz 1 BRAO indes nicht zu.

[4] a. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO bestimmt, dass dieAbgabe oder Entgegennahme eines Teils der Gebüh-ren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Auf-trägen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem RA oderDritten gleich welcher Art, unzulässig ist. Das Verboterfasst damit Provisionszahlungen für ein konkret ver-mitteltes Mandat.

Keine Gebühr fürdie Vermittlung vonMandanten

Die von der Bekl. erhobene Transaktionsgebühr wirdnicht für die Vermittlungeines Auftrags geschuldet.Die Bekl. stellt lediglichdas Medium für die Ver-mittlung der Übernahme

einer Terminvertretung zur Verfügung. Die Bereitstel-lung der Internetplattform ist mit den Leistungen her-kömmlicher Medien vergleichbar. Die beteiligten RAekönnten ohne Weiteres über Annoncen in überregiona-len Zeitungen zueinander finden (vgl. zum vergleich-baren Fall der Erhebung einer vom Höchstgebot

abhängigen Provision für die Versteigerung von an-waltlichen Beratungsleistungen in einem Internetaukti-onshaus: BVerfG, BRAK-Mitt. 2008, 66 = NJW 2008,1298). Die rechtliche Einstufung der Leistung der Bekl.ist dabei nicht davon abhängig, welcher der beteilig-ten RAe die Gebühr entrichtet.

[5] Auch der Schutz vorrangiger Interessen des All-gemeinwohls gebietet keine andere Beurteilung. Durchdas Verbot des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO soll ver-hindert werden, dass Mandate gewerblich „gekauft“oder „verkauft“ werden (vgl. BT-Drucks. 12/4993,S. 31). Darum geht es bei der Einschaltung einer Ter-minvertretung nicht (vgl. Kilian, a.a.O., Rdnr. 175 ff.).

[6] b. Die Beurteilung ändert sich nicht unter Berück-sichtigung von § 27 Satz 1 BORA. Denn die von derBekl. erhobene Transaktionsgebühr stellt sich nicht alsBeteiligung am wirtschaftlichen Ergebnis anwaltlicherTätigkeit dar. Es handelt sich um einen dem Verbotgem. Satz 2 der Vorschrift nicht unterliegenden Kos-tenfaktor in der Anwaltskanzlei, aber nicht um eine Be-teiligung am Gewinn.

HINWEISE DER REDAKTION:Das BVerfG (BRAK-Mitt. 2008, 66) hatte sich mitder Versteigerung anwaltlichen Rechtsrats auf derAuktionsplattform eBay im Internet zu befassen. Esentschied, dass eine derartige Versteigerung keinenVerstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO darstellt.Auch in diesem Zusammenhang wurde argumen-tiert, dass die zu zahlende Provision nicht für dieVermittlung eines Mandats geschuldet wird, son-dern das Unternehmen lediglich das Medium fürdie Werbung der Anbieter zur Verfügung stellt.

KEINE AUSKUNFTSPFLICHT GEGENÜBERDEM RECHTSSCHUTZVERSICHERER DESMANDANTEN

BRAO § 43a Abs. 2; BORA § 11

* 1. Aus dem besonderen Vertrauensverhältnis zwi-schen Rechtsanwalt und Mandant folgt, dass eineRechtsschutzversicherung Auskunftsansprüche ih-res Versicherten gegenüber einem Rechtsanwaltnur dann geltend machen kann, wenn der Ver-sicherte seinen Anwalt zuvor von dessen Schwei-gepflicht entbunden hat.

* 2. Auch durch den Anspruchsübergang nach § 86Abs. 1 VVG, § 401 Abs. 1, § 402 BGB wird der Ver-sicherer nicht selbst zum Mandanten.

AG Frankfurt/Main, Urt. v. 16.10.2012 – 30 C 1926/12

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AUS DEM TATBESTAND:Die Kl. nimmt den Bekl. auf Auskunft über ein Man-datsverhältnis in Anspruch.

Die Kl. ist Rechtschutzversicherer des Herrn A (nachfol-gend: der Versicherte), welcher den Bekl. anlässlich ei-nes Verkehrsunfalles am 3.12.2008 mit der Geltend-machung von Schadensersatzansprüchen gegenüberdem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners man-datierte. Die dafür anfallenden Vorschüsse auf seine– als Bestandteil des Schadensersatzes geltend ge-machten – Kosten i.H.v. 546,68 Euro forderte die Bekl.unmittelbar bei der Kl. an.

In der Folge ließ der Bekl. mehrfache Anfragen der Kl.nach dem Sachstand des Mandats unbeantwortet.

Die Kl. beantragt, den Bekl. zu verurteilen, Auskunft zuerteilen:

Konnte der Schadensersatzanspruch den Herrn A ausdem Verkehrsunfall v. 3.12.2008 gegenüber dem Hal-ter und Eigentümer des Fahrzeugs bzw. seiner Kfz-Haftpflichtversicherung zu Versicherungsschein-Nr. …durchgesetzt werden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet die klägerische Prozessvollmacht und istder Auffassung, dass der begehrten Auskunftserteilungdie anwaltliche Schweigepflicht entgegenstehe, da er –insoweit unstreitig – durch seinen Mandanten von die-ser nicht entbunden wurde.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Schrift-sätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Pro-tokoll der mündlichen Verhandlung v. 25.9.2012 Be-zug genommen.

AUS DEN GRÜNDEN:Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Kl. hat keinen Anspruch gegenüber dem Bekl. aus§ 86 Abs. 1 VVG, § 401 Abs. 1, § 402, § 666, § 675Abs. 1 BGB, § 11 BORA, § 17 Abs. 5 lit. b), Abs. 8Satz 2 ARB 2008.

Zwar kann im Ansatz zutreffend davon ausgegangenwerden, dass nach § 86 Abs. 1 VVG, § 401 Abs. 1,§ 402 BGB Auskunftsansprüche des Versicherten imZuge des Übergangs von Ersatzansprüchen gegenden Unfallgegner oder Ansprüchen auf Herausgabeüberzahlter Vorschüsse gegen seinen Rechtsbeistandals Nebenrechte grundsätzlich mit auf den Rechts-schutzversicherer übergehen (vgl. LG Bonn, Urt. v. 3.9.2010 – 10 O 345/09, Rdnr. 28; OLG Düsseldorf,Beschl. v. 11.2.2008 – I-24 U 104/07, Rdnr. 11 f.; AGAachen, Urt. v. 1.4.2010 – 112 C 182/09, Rdnr. 6;AG Bonn, Urt. v. 8.11.2006 – 13 C 604/05, Rdnr. 21(jeweils zitiert nach juris)).

Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Die von der Kl.vorliegend begehrte Auskunft unterliegt der anwalt-lichen Verschwiegenheitspflicht gem. § 43a Abs. 2

BRAO, welche grundsätzlich gegenüber jedermanngilt und nur der Disposition des Mandanten selbst un-terliegt (vgl. AG Bonn, AG Aachen, a.a.O.). Aus diesembesonderen und gesetzlich privilegierten (vgl. § 383Abs. 1 Nr. 6 ZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO) Vertrauens-verhältnis zwischen RA und Mandant folgt, dass dieKl. Auskunftsansprüche ihres Versicherten gegenüberdem Bekl. nur dann geltend machen kann, sofern ihrVersicherter den Bekl. zuvor von dessen anwaltlicherSchweigepflicht entbunden hat (so zutreffend AGBonn, AG Aachen, a.a.O., diese Frage nicht thematisie-rend LG Bonn und OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Entbindung vonder Schweigepflichterforderlich

Auch durch den Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1VVG, § 401 Abs. 1, § 402BGB wird der Versicherernicht selbst zum Mandan-ten (vgl. AnwG Frankfurtam Main, Urt. v. 23.11.

2011 – IV AG 69/11, 4 EV 231/11 = DStRE 2012,1034, 1035).

Eine solche Entbindung kann auch der durch den Bekl.gegenüber der Kl. erfolgten Vorschussanmeldung nichtals konkludent miterklärt entnommen werden. Dieswürde zum einen der besonderen Privilegierung desanwaltlichen Vertrauensverhältnisses nicht gerecht(AG Aachen, a.a.O.), zum anderen ist auch nicht er-sichtlich, warum in der Anforderung und Entgegennah-me eines Geldbetrages zugleich eine Disposition überein Vertrauensverhältnis zu sehen sein soll.

Die Kl. ist durch die hier vertretene Auffassung nichtrechtlos gestellt. Ihr stehen aus § 17 Abs. 5 lit. b),Abs. 8 Satz 2 ARB 2008 Ansprüche gegen den Ver-sicherten zu, von diesem entweder selbst die Sach-standsauskunft oder die diesbezügliche Entbindungdes Bekl. von dessen Schweigepflicht zu verlangen. Die-sen Weg hat sie – erforderlichenfalls im Wege der Kla-ge – zunächst zu beschreiten, bevor sie den Bekl. aufAuskunft in Anspruch nehmen kann.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung streitet auch,dass auch ein einem Prozess des Rechtsschutzversiche-rers gegen seinen Versicherten als Zeuge benannterRA als solcher nur dann aussagen dürfte, sofern ervon seinem Mandanten selbst von der Schweigepflichtentbunden wurde (§ 385 Abs. 2 ZPO).

HINWEISE DER REDAKTION:Ein Rechtsanwalt verstößt gegen die ihm obliegendeVerschwiegenheitspflicht, wenn er nach Erteilungder Deckungszusage und Zahlung durch die Rechts-schutzversicherung nach deren Übernahme durcheinen anderen Rechtsschutzversicherer Auskünfteerteilt. Ohne Zustimmung seines Mandanten darfder Rechtsanwalt an die übernehmende Rechts-schutzversicherung auch keine Zahlungen leisten(vgl. AG Bonn, BRAK-Mitt. 2007, 42).

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BERUFSRECHTE UND -PFLICHTEN

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WERBUNG*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

BEZEICHNUNG EINER RECHTSANWALTS-KANZLEI ALS „STEUERBÜRO“

BRAO § 43b; BORA § 7; StBerG § 3 Nr. 1, § 43 Abs. 4Satz 2 und 3; UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3

1. Erbringt ein Rechtsanwalt zu einem überwiegen-den Teil seiner Berufstätigkeit Hilfeleistungen inSteuersachen und ist deshalb die Angabe „Steuer-büro“ in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutref-fend, so ist diese Angabe nicht allein deshalb als ir-reführend zu verbieten, weil ein Teil der an diesenDienstleistungen interessierten Verbraucher ausder Angabe „Steuerbüro“ den unrichtigen Schlusszieht, in der Kanzlei sei auch ein Steuerberateroder ein Fachanwalt für Steuerrecht tätig.

* 2. Müsste dieser Rechtsanwalt die Angabe „Steu-erbüro“ durch die Angabe „InteressenschwerpunktSteuerrecht“ oder „Tätigkeitsschwerpunkt Steuer-recht“ ersetzen, wäre er auf die Benennung vonTeilbereichen seiner Berufstätigkeit i.S.v. § 7 BORAbeschränkt und an der Verwendung einer objektivzutreffenden Kanzleibezeichnung gehindert.

BGH, Urt. v. 18.10.2012 – I ZR 137/11

AUS DEM TATBESTAND:[1] Die Kl. ist die Berufskammer der Steuerberater undSteuerbevollmächtigten.

[2] Der Bekl. ist ein RA, der im Bezirk der Kl. eine Kanz-lei unterhält. Er bietet dabei auch Steuerberatungsleis-tungen an, die nach seiner Darstellung etwa zwei Drit-tel seiner Gesamttätigkeit ausmachen. Über eine Fach-anwaltsqualifikation für Steuerrecht verfügt der Bekl.nicht. Im örtlichen Telefonbuch ist er wie folgt verzeich-net: „Steuerberatung … Rechtsanwalt … Rechts-anwaltskanzlei – Steuerbüro – Tel. …“

[3] Auf dem vom Bekl. für seine Kanzlei verwendetenBriefkopf findet sich rechts oben die Angabe „…Rechtsanwaltskanzlei & Steuerbüro“.

[4] Unterhalb des Anschriftenfelds ist dann ebenfallsauf der rechten Seite der volle Name des Bekl. mitdem Zusatz „Rechtsanwalt“ wiedergegeben.

[5] Der Kopf des Internetauftritts des Bekl. enthält diefarbig hervorgehobene Angabe „… Rechtsanwalts-kanzlei und Steuerbüro“.

[8] Die im ersten Rechtszug unterlegene Kl. hat vordem Berufungsgericht beantragt, es dem Bekl. unterAndrohung von Ordnungsmitteln zu untersagen, imberuflichen Verkehr eine Kanzleibezeichnung unterVerwendung des Wortes „Steuerbüro“ zu führen.

[9] Das Berufungsgericht hat der Klage mit diesem An-trag stattgegeben.

AUS DEN GRÜNDEN:[15] 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Rechtangenommen, dass der Kl. gegen den Bekl. kein Unter-lassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4Nr. 11 UWG i.V.m. § 43b BRAO, § 7 BORA zusteht.Die beanstandete Bezeichnung „Steuerbüro“ verstößtnicht gegen § 7 BORA.[16] Nach § 7 Abs. 1 BORA darf ein RA unabhängigvon Fachanwaltsbezeichnungen Teilbereiche der Be-rufstätigkeit nur benennen, wenn er seinen Angabenentsprechende Kenntnisse nachweisen kann, die er inder Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichun-gen oder in sonstiger Weise erworben hat. Verwendeter qualifizierende Zusätze, muss er zusätzlich über ent-sprechende theoretische Kenntnisse verfügen und aufdem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätiggewesen seit. Nach § 7 Abs. 2 BORA sind die Angabengem. Abs. 1 unzulässig, wenn sie die Gefahr einer Ver-wechslung mit Fachanwaltschaften begründen odersonst irreführend sind. Die Vorschrift regelt nur die Zu-lässigkeit von Angaben über Teilbereiche der Berufs-tätigkeit des einzelnen RA. Sie besagt nichts über dieZulässigkeit von Kanzleibezeichnungen, mit denen aufdie fachliche Ausrichtung der Kanzlei hingewiesenwird (vgl. BGH, Beschl. v. 12.2.2001 – AnwZ (B) 11/00,BRAK-Mitt. 2001, 139 = NJW 2001, 1573, 1574 =WRP 2001, 537; Urt. v. 19.4.2001 – I ZR 46/99, BRAK-Mitt. 2001, 298 = GRUR 2002, 81, 82 = WRP 2002,81 – Anwalts- und Steuerkanzlei). Daran hat sichauch durch die Neufassung des § 7 BORA mit Wir-kung v. 1.3.2006 nichts geändert.[17] Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des§ 7 BORA auf die Benennung von Teilbereichen der Be-rufstätigkeit des einzelnen Anwalts gilt auch, wenn –wie im vorliegenden Fall – die Kanzleibezeichnung eineseinzelnen RA und nicht einer Sozietät in Rede steht (vgl.BGH, BRAK-Mitt. 2001, 139 = NJW 2001, 1573, 1574).[18] 2. Der Bekl. handelt mit seinem von der Kl. bean-standeten Verhalten auch nicht dem in § 43 Abs. 4Satz 2 StBerG bestimmten Verbot zuwider. Danach istes unzulässig, zum Hinweis auf eine steuerberatendeTätigkeit andere als die in § 43 Abs. 4 Satz 1 StBerGangeführten Bezeichnungen „Steuerberater“, „Steuer-bevollmächtigter“ oder „Steuerberatungsgesellschaft“zu verwenden. Die Vorschrift des § 43 Abs. 4 Satz 2StBerG findet nach § 43 Abs. 4 Satz 3 StBerG auf RAekeine Anwendung.[19] 3. Das vom Berufungsgericht gegen den Bekl. nach§ 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWGi.V.m. § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA ausgesprochenegenerelle Verbot, im beruflichen Verkehr eine Kanzleibe-zeichnung unter Verwendung des Wortes „Steuerbüro“zu führen, hat in der vom Berufungsgericht dafür gege-benen Begründung keine hinreichende Grundlage.

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WERBUNG

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[20] a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dieBezeichnung „Rechtsanwaltskanzlei und Steuerbüro“werde von maßgeblichen Teilen des Verkehrs so ver-standen, dass in der Kanzlei ein Steuerberater oderFachanwalt für Steuerrecht tätig sei. Dies sei in derKanzlei des Bekl. nicht der Fall. Die danach bestehendeGefahr der Irreführung werde unter den Gegebenhei-ten des Streitfalls nicht dadurch beseitigt, dass im Tele-fonbucheintrag, auf den Kanzleibriefbögen und im In-ternetauftritt allein der Bekl. genannt sei. Diese Fest-stellungen, die auf die konkrete Gestaltung abstellen,in der die Kanzleibezeichnung dem Publikum entgegen-tritt, rechtfertigen kein allgemeines Verbot der Verwen-dung dieser Bezeichnung.[21] b) In einem Unterlassungsantrag brauchen Aus-nahmetatbestände nicht aufgenommen zu werden,wenn der Antrag die konkrete Verletzungsform be-schreibt. Ist der Antrag dagegen – wie im Streitfall – ge-gen ein von der konkreten Verletzungsform losgelöstesVerhalten gerichtet, müssen Einschränkungen in denAntrag und entsprechend in den diesem stattgebendenUrteilstenor aufgenommen werden, um von einem weitgefassten Verbot etwa erlaubte Verhaltensweisen aus-zunehmen. Dementsprechend müssen, wenn der Kla-geantrag nicht auf die konkrete Verletzungsform be-schränkt wird, die Umstände, unter denen die Verhal-tensweise ausnahmsweise erlaubt ist, so genauumschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahrenerkennbar ist, welche konkreten Handlungen von demVerbot ausgenommen werden (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 202/07, GRUR 2010, 749, Rdnr. 25 f. =WRP 2010, 1030 – Erinnerungswerbung im Internet;Urt. v. 2.2.2012 – I ZR 81/10, GRUR 2012, 945,Rdnr. 25 = WRP 2012, 1222 – Tribenuronmethyl).[22] c) Der von der Kl. zuletzt gestellte und vom Beru-fungsgericht als begründet angesehene Unterlassungs-antrag enthält keine solche Einschränkung. Er erfasstdamit auch Sachverhalte, in denen es an einer Irrefüh-rung fehlt, weil der Bekl. durch klarstellende Zusätze zu-treffend darüber informiert, welche Bewandtnis es mitder Angabe „Steuerbüro“ in seiner Kanzleibezeichnunghat. Ein solcher zu weit gefasster Unterlassungsantragist unbegründet (vgl. BGH, Urt. v. 29.3.2007 – I ZR164/04, GRUR 2007, 987, Rdnr. 22 = WRP 2007,1341 – Änderung der Voreinstellung; BGH, GRUR2010, 749, Rdnr. 32 – Erinnerungswerbung im Internet;BGH, Urt. v. 27.3.2012 – KZR 108/10, GRUR 2012,1062, Rdnr. 38 – Elektronischer Programmführer).[23] 4. Bei einem – wie zuvor festgestellt (Rdnr. 21 und22) – zu weit gefassten Unterlassungsantrag könnenes der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der An-spruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahrengebieten, von einer Abweisung der Klage abzusehenund der Klagepartei im wiedereröffneten Berufungsver-fahren Gelegenheit zu geben, den aufgetretenen Be-denken durch eine angepasste Antragsfassung zu be-gegnen (vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2012 – I ZR 85/10,GRUR 2012, 1153, Rdnr. 16 = WRP 2012, 1390 – Un-fallersatzgeschäft). Das ist der Fall, wenn die Mängeldes Klageantrags erst in der Revisionsinstanz fest-

gestellt werden, in der eine Änderung der Klageanträ-ge grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urt. v.28.9.1989 – IX ZR 180/88, NJW-RR 1990, 122) undsich das Klagebegehren – wie nachstehend dargestellt– nicht schon jetzt als unberechtigt darstellt.[24] a) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend,wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil derangesprochenen Verkehrskreise irrige Vorstellungenhervorzurufen und die zu treffende Marktentschließungin wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen(vgl. BGH, Urt. v. 7.7.2011 – I ZR 173/09, GRUR 2012,208, Rdnr. 31 = WRP 2012, 311 – 10 % Geburtstags-Rabatt; Bornkamm, Köhler/Bornkamm, UWG,30. Aufl., § 5, Rdnr. 20 f. und Rdnr. 2.172 f.). Zudemsetzt ein Verbot voraus, dass den Adressaten unter Be-rücksichtigung der beteiligten Interessen nicht aus-nahmsweise zuzumuten ist, die Irreführung hinzuneh-men, etwa weil eine Werbung mit einer objektiv richti-gen Angabe vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.2010 – IZR 172/08, GRUR 2010, 1024, Rdnr. 25 = WRP 2010,1390 – Master of Science Kieferorthopädie; Born-kamm, Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5, Rdnr. 2.197 ff.).[25] Das Berufungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei da-von ausgegangen, dass die von der Kl. beanstandetenWerbemaßnahmen des Bekl. zur Täuschung ihrerAdressaten geeignete Angaben enthalten (dazu nach-folgend b). Es hat jedoch versäumt festzustellen, obvorliegend nicht von einer objektiv richtigen Angabeauszugehen ist, deren Verbot eine Interessenabwä-gung erfordert (dazu nachfolgend c).[26] b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon aus-gegangen, dass die Verwendung der Bezeichnung„Steuerbüro“ im Telefonbucheintrag, auf dem Kanzlei-briefbogen und im Internetauftritt des Bekl. jeweils einberufliches und damit geschäftliches Handeln zu Wett-bewerbszwecken i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5Abs. 1 Satz 1 UWG ist.[27] Entgegen der Ansicht der Revision lässt auch dieauf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung desBerufungsgerichts keinen Rechtsfehler erkennen, ein er-heblicher Teil der an den Dienstleistungen eines RAoder der Hilfeleistung in Steuersachen interessiertenVerbraucher verstehe die genannte Bezeichnung da-hin, dass in der beworbenen Kanzlei entweder ein RAund ein Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrechttätig seien oder dort ein Berufsträger arbeite, der überbeide Qualifikationen verfüge. Entsprechendes gilt fürdie Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandeteBezeichnung spreche ebenso für einen Verbund von RAund Steuerberater wie die Bezeichnung „Anwalts- undSteuerkanzlei“, die nach der Senatsentscheidung „An-walts- und Steuerkanzlei“ (GRUR 2002, 81, 82 f.) iso-liert betrachtet geeignet sei, bei einem erheblichenTeil der Werbeadressaten den unzutreffenden Eindruckeines Zusammenschlusses von RAen und Steuerbera-tern zu erwecken. Gleichfalls keinen durchgreifendenrechtlichen Bedenken unterliegt die ebenfalls auf tat-richterlichem Gebiet liegende weitere Annahme desBerufungsgerichts, die der beanstandeten Bezeichnunginnewohnende Eignung zur Irreführung werde ferner

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nicht dadurch beseitigt, dass bei allen Werbemaßnah-men allein der Bekl. namentlich genannt sei, weil je-weils nicht klar sei, ob der RA zugleich die anwaltlicheDienstleistung und die umfassende Tätigkeit im Be-reich der Steuersachen wahrnehme oder im Steuerbü-ro ein insoweit über besonderes Fachwissen verfügen-der weiterer Berufsträger tätig sei.[28] c) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststel-lungen dazu getroffen, ob die Fehlvorstellung des Ver-kehrs nicht auf einer objektiv richtigen Angabe beruht.[29] aa) Zwar kann auch eine objektiv richtige Angabeirreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den siesich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt,die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entschei-dung über die Inanspruchnahme einer Dienstleistungdurch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflus-sen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung desVerkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zu-treffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des§ 5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquoteals im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen An-gaben erforderlich. Außerdem ist eine Interessenabwä-gung vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 23.5.1996 – I ZR76/94, GRUR 1996, 985, 986 = WRP 1996, 1156 –PVC-frei; Urt. v. 7.11.2002 – I ZR 276/99, GRUR 2003,628, 630 = WRP 2003, 747 – Klosterbrauerei). An die-sen Grundsätzen hat sich durch die Richtlinie2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nichtsgeändert (vgl. BGH, GRUR 2010, 1024, Rdnr. 25 –Master of Science Kieferorthopädie; BGH, Urt. v. 13.6.2012 – I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273, Rdnr. 22 =WRP 2012, 1523 – Stadtwerke Wolfsburg).

Objektiv zutreffendeAngabe

[30] bb) Im Streitfall kommt in Betracht, dass die vomBekl. verwandte Angabe„Steuerbüro“ in seinerKanzleibezeichnung objek-tiv zutreffend ist.

[31] Der Bekl. hat behauptet, seit Beginn seiner Tätig-keit zugleich Steuerberatungsleistungen angeboten zuhaben. Der Anteil der steuerberatenden Tätigkeit ma-che mittlerweile zwei Drittel seiner gesamten Tätigkeitaus. Er beschäftige drei Steuerfachangestellte und ei-nen Diplom-Betriebswirt in seiner Kanzlei. Sollten dieseAngaben zutreffen, ist die Bezeichnung „Steuerbüro“ inder Kanzleiangabe des Bekl. für sich genommen objek-tiv richtig.[32] (1) Zu den in § 3 StBerG im Einzelnen angeführtenPersonen, die zu unbeschränkter Hilfeleistung in Steu-ersachen befugt sind, gehören nach der Nr. 1 dieserBestimmung u.a. RAe. Der Bekl. ist daher zur steuer-rechtlichen Beratung und Hilfeleistung in Steuersachenberechtigt. Auf diesen Umstand und darauf, dass erdiese Tätigkeit in nennenswertem Umfang ausübt,darf er grundsätzlich – auch schlagwortartig in demvon ihm verwendeten Briefkopf, im Internetauftrittund in Telefonbucheinträgen – mit seiner Kanzleibe-zeichnung hinweisen.[33] (2) Der Bekl. erbringt nach seiner Behauptungauch in einem Umfang Hilfeleistung in Steuersachen,

die die zusätzliche Bezeichnung „Steuerbüro“ nebender Angabe „Rechtsanwaltskanzlei“ rechtfertigt.[34] III. In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wirddas Berufungsgericht bei einer auf die konkret bean-standeten Werbemaßnahmen des Bekl. bezogenen An-tragstellung der Kl. Folgendes zu beachten haben:[35] 1. Ist die Kanzleiangabe mit der Bezeichnung„Steuerbüro“ objektiv zutreffend und ist deshalb eineInteressenabwägung geboten, ist zugunsten des Bekl.zu berücksichtigen, dass für ihn von erheblicher Bedeu-tung ist, auf diesen Umstand in seiner Kanzleibezeich-nung hinzuweisen.

Benennung vonTeilbereichen keineAlternative

Müsste der Bekl. die beanstandete Angabe durchdie von der Kl. in der Ver-handlung vor dem LG vor-geschlagenen Angaben „In-teressenschwerpunkt Steu-errecht“ oder „Tätigkeits-

schwerpunkt Steuerrecht“ ersetzen, wäre er auf die Be-nennung von Teilbereichen seiner Berufstätigkeit i.S.v.§ 7 BORA beschränkt und an der Verwendung einer ob-jektiv zutreffenden Kanzleibezeichnung gehindert.[36] Soweit das Berufungsgericht die Eignung der be-anstandeten Bezeichnung zur Täuschung bejaht hat,beruhte dies ersichtlich auch darauf, dass tatsächlichnur ein kleiner Teil der RAe umfassend steuerberatendtätig ist (vgl. Koslowski, Gehre/Koslowski, StBerG,6. Aufl., § 3, Rdnr. 7), obwohl sie zur geschäftsmäßi-gen Hilfeleistung in Steuersachen ohne Einschränkun-gen befugt (vgl. § 3 Nr. 1 StBerG) und in diesem Zu-sammenhang auch nicht auf die Verwendung be-stimmter Bezeichnungen für ihre Tätigkeit festgelegtsind (§ 43 Abs. 4 Satz 3 StBerG). Dieser Zustand wür-de verfestigt, wenn RAe, die steuerberatend tätig sind,durch das Wettbewerbsrecht daran gehindert würden,die Verkehrskreise in objektiv richtiger Weise – vorlie-gend durch die Verwendung der Bezeichnung „Steuer-büro“ – über diesen Umstand zu unterrichten.[37] 2. Anders ist dagegen der in Rede stehende Ein-trag im Telefonbuch zu beurteilen, wenn diese Eintra-gung in der Rubrik „Steuerberater“ erfolgt ist.[38] Nach den in den Gründen des Berufungsurteilszum unstreitigen Sachverhalt enthaltenen Ausführun-gen befand sich die beanstandete Eintragung des Bekl.mit der Bezeichnung „Steuerbüro“ unter der Rubrik„Steuerberatung“. Das Berufungsgericht hat allerdingsauch ergänzend auf die landgerichtliche Entscheidungverwiesen. Zu dem vom LG in Bezug genommenen Par-teivortrag gehört der von der Kl. vorgelegte Abdruckdes Telefonbucheintrags des Bekl. Danach ist der Tele-fonbucheintrag in der Rubrik „Steuerberater“ erfolgt.

Unrichtiger Eintragim Telefonbuch

Bei der Eintragung in dieser Rubrik ist – unabhängigvom Umfang, in dem derBekl. auf dem Gebiet desSteuerrechts tätig ist –nicht von einer objektiv

richtigen Angabe auszugehen. Vielmehr erweckt derBekl. mit dem Eintrag in der Rubrik „Steuerberater“i.V.m. der Bezeichnung „Steuerbüro“ in der Kanzlei-angabe den Eindruck, er sei auch Steuerberater oder

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in seiner Kanzlei sei auch ein Steuerberater tätig. DemBekl. ist zwar nicht generell verboten, sich im Telefon-buch mit seiner Kanzleibezeichnung auch in der Rubrik„Steuerberater“ eintragen zu lassen. Er muss dann je-doch durch geeignete Hinweise klarstellen, dass in sei-ner Kanzlei kein Steuerberater tätig ist. Dazu reicht esnicht aus, dass der Bekl. seinem Namen die Bezeich-nung „Rechtsanwalt“ beifügt.

HINWEISE DER REDAKTION:Im konkreten Fall ist die Bezeichnung „Steuerbüro“im Telefonbuch in der Rubrik „Steuerberater“ einge-

tragen worden. Hierin erblickt der BGH sehr wohleine Irreführung, da mit dem Eintrag in die Rubrik„Steuerberater“ der Eindruck vermittelt werde, dassder betreffende Berufsträger auch ein Steuerberaterist. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten,dass ein Rechtsanwalt gem. § 6 Abs. 3 BORA nichtdaran mitwirken darf, dass Dritte für ihn Werbungbetreiben, die ihm selbst verboten ist. Die Mitwir-kungshandlung kann in einer Anstiftung, der För-derung, dem Dulden oder dem Einsatz eines Stroh-manns liegen.

FACHANWALTSCHAFTEN*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

ZUR GEWICHTUNGSREGELUNG DES§ 5 ABS. 4 FAO

BRAO § 43c; FAO § 5 Abs. 1, 4, § 5 Satz 1, 3 a.F.; GGArt. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

1. Die Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAO istkeine Ausnahmebestimmung; jeder eingereichteFall ist darauf zu prüfen, ob eine Minder- oder Hö-hergewichtung angezeigt ist.

2. § 5 Abs. 1 FAO geht von dem Grundsatz aus,dass der Erwerb besonderer praktischer Erfahrun-gen schon mit dem Nachweis der vorgegebenenFallzahlen aus den betreffenden Bereichen des je-weiligen Fachgebiets belegt ist; soll hiervon abge-wichen werden, müssen tragfähige Anhaltspunktevorliegen, welche die zuverlässige Beurteilung zu-lassen, dass der zu beurteilende Fall außerhalbder Bandbreite eines durchschnittlichen Falles liegt.

3. Eine – auch erhebliche – Mindergewichtung istvorzunehmen, wenn Wiederholungsfälle eng mit-einander verknüpft sind, etwa weil ihnen im We-sentlichen derselbe Lebenssachverhalt zugrundeliegt oder sie Teil eines Verfahrensverbundes sind(im Anschluss an Senatsbeschl. v. 20.4.2009 –AnwZ (B) 48/08, BRAK-Mitt. 2009, 177 = FamRZ2009, 1320, Rdnr. 21, 30 f.).

4. Die Entscheidung der RAK über die Verleihung ei-ner Fachanwaltsbezeichnung (§ 43c Abs. 1 BRAO)ist auch in Bezug auf die Höher- oder Minderge-wichtung rechtlich gebunden und unterliegt ein-schließlich der ihr vorausgehenden Würdigung desFachausschusses (§ 43c Abs. 2 BRAO) in recht-licher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich un-eingeschränkt der richterlichen Nachprüfung (imAnschluss an Senatsbeschl. v. 18.11.1996 – AnwZ(B) 29/96, BRAK-Mitt. 1997, 128 = NJW 1997,1307; v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 40/01, BRAK-Mitt.2003, 25 = NJW 2003, 741).

5. Die Gewichtungsregelung des § 5 Abs. 4 FAOsteht mit den verfassungsrechtlichen Anforderun-gen in Einklang.BGH, Urt. v. 8.4.2013 – AnwZ (Brfg) 54/11

AUS DEN GRÜNDEN:[20] 2. Anders als der AGH meint, ist im Anschluss andie Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Fälle zuprüfen, welches Gewicht den einzelnen Fällen zu-kommt. Denn gem. § 5 Satz 3 FAO a.F. (heute § 5Abs. 4 FAO) können Bedeutung, Umfang und Schwie-rigkeit einzelner Fälle zu einer höheren oder niedrige-ren Gewichtung führen (vgl. auch Senatsbeschl. v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 36/05, a.a.O., Rdnr. 17).

§ 5 IV FAO ist ver-fassungsgemäß

Diese Vorschrift verstößt bei richtiger Auslegung nichtgegen Art. 12 Abs. 1,Art. 3 Abs. 1, Art. 20Abs. 3 GG. Dass die Bekl.viele Fälle mit weniger als

1 gewichtet und dabei zudem eine sehr ausdifferen-zierte Abstufung vorgenommen hat, beruht nicht aufeinem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsdefizit dieserNorm, sondern darauf, dass die Bekl. von einem unzu-treffenden Regelungsverständnis ausgegangen ist.[21] a) Dem AGH ist darin zuzustimmen, dass § 5Satz 3 FAO a.F. (heute § 5 Abs. 4 FAO) eine an Art. 12Abs. 1 GG zu messende Regelung der Berufsausübungenthält (vgl. BVerfG, NJW-RR 1998, 1001 f. zur Vor-gängerregelung des § 9 RAFachBezG). Eingriffe in die-ses Recht sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur aufder Grundlage einer Regelung zulässig, aus der sichhinreichend deutlich die gesetzgeberische Entschei-dung über den Umfang und die Grenzen des Eingriffsergibt (BVerfGE 110, 304, 321; vgl. auch BVerfG,NJW 2008, 1293, Rdnr. 34). Dies bedeutet aber nicht,dass der Gesetzgeber daran gehindert ist, General-klauseln oder unbestimmte Rechtsbegriffe – auch meh-rere zugleich – zu verwenden (st. Rspr.; vgl. etwaBVerfGE 78, 214, 226 f. m.w.N.; 110, 33, 56 f.; 56, 1,12 f.; BVerfGK 17, 273, 285). Die Vielgestaltigkeit der

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FACHANWALTSCHAFTEN

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zu regelnden Sachverhalte lässt sich nicht immer inklar umrissene Begriffe einfangen (BVerfGE 56, a.a.O.).Das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheits-gebot zwingt den Gesetzgeber dementsprechendnicht, einen Tatbestand mit genau erfassbaren Merk-malen zu umschreiben; gesetzliche Vorschriften brau-chen nur so bestimmt zu sein, wie dies nach der Eigen-art der zu regelnden Sachverhalte mit Rücksicht aufden Normzweck möglich ist (BVerfGE 78, 205, 212;87, 234, 263 f.; 93, 213, 238; 117, 71, 111; BVerfG,NJW 2000, 2187).[22] Es ist insoweit nur zu fordern, dass die Betroffenendie Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ein-richten können (vgl. BVerfGE 78, a.a.O.; 84, 133, 149;87, 234, 263; 102, 254, 337). Dies ist schon dann anzu-nehmen, wenn sich der Regelungsgehalt der Norm imWege der Auslegung der einschlägigen Bestimmungmit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden fest-stellen lässt (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 102, a.a.O.; 110,33, 56 f.; 117, 71, 111 f.; BVerfG, Beschl. v. 4.6.2012 –2 BvL 9/08 [10/08, 11/08, 12/08], juris, Rdnr. 91; je-weils m.w.N.). Es obliegt also nicht allein dem Gesetz-oder Satzungsgeber, die Rechtslage für die Betroffenenklar und berechenbar auszugestalten. Vielmehr sindhierbei auch die Rechtsanwendungsorgane gefordert,deren herkömmliche und anerkannte Aufgabe die Kon-kretisierung und Anwendung unbestimmter Rechts-begriffe ist (vgl. BVerfGE 80, 103, 108; BVerfG, Beschl.v. 30.11.1988 – 1 BvR 900/88, juris, Rdnr. 8; v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 [10/08, 11/08, 12/08], a.a.O.,Rdnr. 96). In Anbetracht dieser Rollenverteilung wirddas rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot u.a. schondann eingehalten, wenn sich aus der gesetzlichen Rege-lung und ihrer Zielsetzung richtungsweisende Gesichts-punkte für die – den Gerichten und Verwaltungsbehör-den übertragene – Auslegung der verwendeten unbe-stimmten Rechtsbegriffe ergeben (vgl. BVerfG, Beschl.v. 30.11.1988 – 1 BvR 900/88, a.a.O.).[23] b) Das ist hier der Fall. Der Regelungsgehalt des§ 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) lässt sich aufder Grundlage der Entstehungsgeschichte, des Norm-zwecks und der Systematik dieser Vorschrift hinrei-chend konkretisieren und – unter Berücksichtigungder berufsrechtlichen Bedeutung einer Fachanwalts-bezeichnung – mit den verfassungsrechtlichen Anfor-derungen der Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20Abs. 3 GG in Einklang bringen.[24] aa) Die materiellen Voraussetzungen für die Ver-leihung einer Fachanwaltsbezeichnung (§ 43c BRAO)sind in §§ 2 ff. FAO im Rahmen der verliehenen Sat-zungskompetenz (§ 59b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b BRAO)in Anlehnung an die aufgehobenen Bestimmungendes Gesetzes über Fachanwaltsbezeichnungen nachder BRAO (RAFachBezG) v. 27.2.1992 (BGBl. IS. 369 ff.) geregelt worden (Senatsbeschl. v. 23.9.2002– AnwZ (B) 40/01, BRAK-Mitt. 2003, 25 = NJW 2003,741, 742). Dies gilt auch für die Bestimmung des § 5FAO über den Nachweis besonderer praktischer Erfah-rungen, die das Regelungskonzept des § 9 RAFach-BezG übernommen hat.

[25] (1) Die Vorschriften des Gesetzes über Fach-anwaltsbezeichnungen haben die Feststellung dervom Bewerber nachzuweisenden Kenntnisse und Erfah-rungen in hohem Maße formalisiert (vgl. Senatsbeschl.v. 18.11.1996 – AnwZ (B) 29/96, BRAK-Mitt. 1997,128 = NJW 1997, 1307, 1308; v. 29.9.1997 – AnwZ(B) 33/97, BRAK-Mitt. 1997, 255 = NJW-RR 1998,635, 636). Für den Erwerb besonderer theoretischerKenntnisse sollte eine erfolgreiche Lehrgangsteilnahmeund für den Nachweis besonderer praktischer Erfah-rungen eine näher bestimmte Anzahl selbstständigerFallbearbeitungen in der Regel erforderlich, aber auchausreichend sein. Dieses Modell ist von der Fach-anwaltsordnung übernommen worden. Auch die den§ 8, § 9 RAFachBezG nachempfundenen Regelungender § 4, § 5 FAO begnügen sich mit einem formalisier-ten Nachweis der für die Erlangung einer Fachanwalts-qualifikation erforderlichen theoretischen Kenntnisseund praktischen Erfahrungen (vgl. etwa Senatsbeschl.v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 40/01, a.a.O.; v. 12.7.2010– AnwZ (B) 85/09, a.a.O., Rdnr. 10). Dabei sollten diebesonderen praktischen Erfahrungen nach der biszum Jahr 2002 geltenden Fassung des § 5 FAO –ebenso wie bei der Vorläuferregelung des § 9 Abs. 1RAFachBezG – „in der Regel“ nachgewiesen sein,wenn der Bewerber die vorgegebene Anzahl von Fällenselbstständig bearbeitet hat (vgl. Senatsbeschl. v.18.6.2001 – AnwZ (B) 41/00, BRAK-Mitt. 2001, 297(LS) = NJW 2001, 3130, 3131). Mit Beschl. v.25./26.4.2002 strich die 2. Satzungsversammlung diebis dahin in § 5 Satz 1 FAO enthaltene Formulierung„in der Regel“ und erhob damit die Fallzahlen sogarvom Regel-Erfordernis zu einer zwingenden Anforde-rung (vgl. Henssler/Prütting/Offermann-Burckart,BRAO, 3. Aufl., § 5 FAO, Rdnr. 3; Quaas, Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 5 FAO,Rdnr. 3).[26] Die darin zum Ausdruck kommende schematischeBetrachtungsweise entspricht der sowohl vom Gesetz-geber als auch vom Satzungsgeber verfolgten Zielset-zung, die Schwelle für den Erwerb der Fachanwalts-bezeichnung (§ 43c BRAO) nicht sehr hoch anzusetzen(vgl. BT-Drucks. 12/1710, S. 8; Senatsbeschl. v. 18.11.1996 – AnwZ (B) 29/96, a.a.O.; v. 29.9.1997 – AnwZ(B) 33/97, a.a.O. [jeweils zum RAFachBezG]; vgl.Henssler/Prütting/Stobbe, a.a.O., § 1 FAO, Rdnr. 8).Es sollte vermieden werden, dass die Voraussetzungenfür den Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung zu einerHürde werden, die insbesondere jüngere Einzelanwälteund RAe in strukturschwachen Gebieten nur schwerüberwinden können (Henssler/Prütting/Stobbe, a.a.O.).[27] (2) Der Satzungsgeber verfolgte aber in Fortfüh-rung der Intention des Gesetzes über Fachanwalts-bezeichnungen ein weiteres gleichwertiges Ziel: Die Vo-raussetzungen für die Verleihung der Fachanwalts-bezeichnung sollten so gestaltet werden, dass eineherausragende Qualifikation der Fachanwaltschaft si-chergestellt ist, die sich deutlich von der in einer All-gemeinpraxis üblichen Anwaltstätigkeit abhebt (§ 2Abs. 2 FAO; § 2 Abs. 1 RAFachBezG; vgl. Henssler/

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FACHANWALTSCHAFTEN

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Prütting/Stobbe, a.a.O.). Durch eine allein an Fallzah-len und nicht zugleich an der Eigenart der jeweils bear-beiteten Mandate orientierte Betrachtungsweise kanndieses Ziel nicht erreicht werden (vgl. Feuerich/Wey-land/Vossebürger, BRAO, 8. Aufl., § 5 FAO, Rdnr. 21).Daher ist es geboten, die schematische Ermittlung dererforderlichen praktischen Erfahrungen des Bewerbersdurch eine einzelfallbezogene Bewertung der einge-reichten Fälle zu ergänzen.

EinzelfallbezogeneBewertung der Fälle

Nur so kann sichergestellt werden, dass einerseits –bei unterdurchschnitt-lichem Gehalt der einge-reichten Fälle – das vomSatzungsgeber im Interes-

se der Rechtsuchenden angestrebte hohe Fachanwalts-niveau erreicht und dass andererseits – bei geringerenFallzahlen, aber überdurchschnittlichem Gewicht ein-gereichter Fälle – dem Interesse des Bewerbers (vgl.Art. 12 Abs. 1 GG) Rechnung getragen wird, den Fach-anwaltstitel zu erlangen, ohne übermäßig hohe Hür-den überwinden zu müssen.

[28] Diese Aufgabe kam zunächst § 9 Abs. 1 Satz 2RAFachBezG zu (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.1996 –AnwZ (B) 29/96, a.a.O.), der vorsah, dass die Bedeu-tung einzelner Fälle (Beratung, außergerichtliche undgerichtliche Tätigkeit) zu einer anderen Gewichtungführen konnte. Mit dieser Regelung wollte der Gesetz-geber sicherstellen, dass die aufgeführten Fallzahlennicht absolut galten, sondern die Bedeutung der einzel-nen Fälle sowie der Zeitraum in dem diese bearbeitetwurden, zu berücksichtigen war (BT-Drucks. 12/1710,S. 8). Nach den dabei vom Gesetzgeber angestelltenErwägungen konnte „etwa die Vertretung in einem um-fangreichen, rechtlich schwierigen Verfahren mit demGewicht mehrerer Fälle zu Buche schlagen“ (BT-Drucks.12/1710, a.a.O.); umgekehrt konnte „etwa einer Viel-zahl gleichgelagerter, einfacher Verfahren nur ein ge-ringeres Gewicht beizumessen sein“ (BT-Drucks.12/1710, a.a.O.). Der Satzungsgeber hat die in § 9Abs. 1 Satz 2 RAFachBezG vorgesehene Korrektur derschematischen Fallbewertung durch eine auf den Ein-zelfall bezogene Gewichtungsregelung in § 5 FAOübernommen, und zwar zunächst mit folgendem Wort-laut: „Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelnerFälle können zu einer anderen Gewichtung führen“.Später ist diese Formulierung durch die im Streitfallmaßgebliche Fassung „(…) können zu einer höherenoder niedrigeren Gewichtung führen“ ersetzt worden.

[29] bb) Aus den dargestellten Zielsetzungen, dem Re-gelungskonzept und der Entstehungsgeschichte des§ 5 FAO, der seinerseits der Umsetzung des § 43cBRAO dient, ergeben sich grundlegende Folgerungenfür die Gewichtung der eingereichten Fälle. Bei derenBeachtung ist es – anders als der AGH und der Kl. mei-nen – ohne weiteres möglich, der Bestimmung des § 5Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) einen hinreichendkonkreten Regelungsgehalt zu entnehmen und eineverlässliche, berechenbare und gleichförmige Anwen-dung dieser Norm sicherzustellen.

Keine Ausnahme-regelung

[30] (1) Zunächst ist klarzustellen, dass die Gewich-tungsregelung des § 5Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4FAO) – entgegen der An-sicht des Kl. – nicht als

Ausnahmebestimmung ausgestaltet ist. Soweit dortvon einer Gewichtung „einzelner Fälle“ die Rede ist, be-sagt dies nicht, dass nur bei bestimmten Fällen undnicht bei jedem eingereichten Fall zu prüfen ist, obeine Minder- oder Höhergewichtung angezeigt ist. Viel-mehr wird damit allein der Bezugspunkt für die Fall-gewichtung beschrieben. Die jeweilige Gewichtungdarf sich nicht an abstrakten Falleigenschaften aus-richten, sondern muss konkret am einzelnen Fall anset-zen. Der Senat hat dementsprechend schon mehrfachentschieden, dass die Vorschrift des § 5 Satz 3 FAOa.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) keine Handhabe bietet, eine be-stimmte anwaltliche Tätigkeit losgelöst vom einzelnenFall höher oder niedriger zu gewichten (Senatsbeschl.v. 8.11.2004 – AnwZ (B) 84/03, BRAK-Mitt. 2005, 85= NJW 2005, 214, 215; v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 36/05,a.a.O., Rdnr. 28; v. 12.7.2010 – AnwZ (B) 85/09,a.a.O., Rdnr. 5).

[31] Der Kl., der dies anders sieht, verkennt den Rege-lungsgehalt des § 5 FAO. Für die Verleihung einerFachanwaltsbezeichnung genügt der Nachweis der Be-arbeitung der in § 5 FAO bestimmten Anzahl von Fäl-len aus dem betreffenden Fachgebiet allein nicht. Dasich diese Fallzahlen – wie gerade die Wertung des§ 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) zeigt – auf Man-date von durchschnittlichem Zuschnitt beziehen, mussder Bewerber vielmehr zusätzlich, etwa durch einenhinreichend aussagekräftigen Fallbeschrieb, belegen,dass den bearbeiteten Fällen insgesamt betrachtetmindestens das gleiche Gesamtgewicht wie der vor-gegebenen Anzahl durchschnittlicher Mandate zu-kommt (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.1996 – AnwZ (B)29/96, a.a.O.; v. 29.9.1997 – AnwZ (B) 33/97, a.a.O.).An die Prüfung, wie viele Fälle aus dem betreffendenFachgebiet der Anwalt vorgelegt hat, schließt sich da-her zwingend die nach § 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4FAO) gebotene einzelfallbezogene Bewertung der je-weiligen Fälle an (vgl. Senatsbeschl. v. 18.6.2001 –AnwZ (B) 41/00, a.a.O.; v. 20.4.2009 – AnwZ (B)48/08, a.a.O., Rdnr. 19 f.; Feuerich/Weyland/Vossebür-ger, BRAO, 8. Aufl., § 5 FAO, Rdnr. 23). Nur so lässtsich das in § 5 FAO vorausgesetzte Gesamtgewichtder bearbeiteten Fälle ordnungsgemäß ermitteln. Einanderes Verständnis des Regelungsgehalts des § 5FAO würde den oben beschriebenen Zielsetzungendes Satzungsgebers zuwiderlaufen.

[32] (2) Weiter lassen sich dem Regelungszweck des§ 5 FAO, seiner Konzeption und seiner Entstehungs-geschichte – anders als der AGH und ihm folgend derKl. meinen – grundlegende Maßstäbe für die Art undWeise der im Rahmen der Einzelfallprüfung vorzuneh-menden Gewichtung und damit für eine Ausfüllungder unbestimmten Rechtsbegriffe „Bedeutung, Umfangund Schwierigkeit“ entnehmen.

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[33] (a) § 5 Satz 1 FAO a.F. (§ 5 Abs. 1 FAO) geht vondem Grundsatz aus, dass der Erwerb besonderer prak-tischer Erfahrungen mit dem formalisierten Nachweisder vorgegebenen Fallzahlen aus den betreffenden Be-reichen des jeweiligen Fachgebiets belegt ist. Die Rege-lung geht dabei von Fällen aus, die gemessen an ihrerBedeutung, ihrem Umfang und ihrem Schwierigkeits-grad von durchschnittlichem Gewicht sind (vgl. Senats-beschl. v. 12.7.2010 – AnwZ (B) 85/09, a.a.O. [zu § 5FAO]; vgl. ferner Senatsbeschl. v. 18.11.1996 – AnwZ(B) 29/96, a.a.O.; v. 29.9.1997 – AnwZ (B) 33/97,a.a.O. [jeweils zu § 9 RAFachBezG]).[34] (aa) Der „durchschnittliche Fall“ ist dabei natur-gemäß keine punktgenaue Größe, sondern umfassteine gewisse Bandbreite. Dies belegt schon die Rege-lung des § 5 FAO selbst, indem sie die Bearbeitungverschiedener Arten von (durchschnittlichen) Fällen ein-bezieht, so etwa im – vorliegend zu beurteilenden –Erbrecht 20 rechtsförmliche Verfahren (davon höchs-tens zehn aus dem Gebiet der Freiwilligen Gerichtsbar-keit) und 60 nicht rechtsförmliche Fälle. Dementspre-chend reicht das Spektrum durchschnittlicher Fällevon Mandaten, die sich an der Grenze zur Überdurch-schnittlichkeit bewegen, bis hin zu Fällen, die an derSchnittstelle zur Unterdurchschnittlichkeit anzusiedelnsind. Zu der erstgenannten Fallgestaltung zählen etwadie Verfahren, die in eine höhere Instanz gelangen;hier liegt entweder ein noch durchschnittlicher oderein schon überdurchschnittlicher Fall vor (vgl. Senats-beschl. v. 12.7.2010 – AnwZ (B) 85/09, a.a.O.,Rdnr. 5 ff.). In die letztgenannte Kategorie sind etwaFälle einzuordnen, bei denen sich eine Rechtsfragestellt, die bereits wiederholt in anderen Fällen auf-geworfen worden ist (vgl. Senatsbeschl. v. 6.3.2006 –AnwZ (B) 36/05, a.a.O., Rdnr. 26 ff. einerseits und Se-natsbeschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, a.a.O.,Rdnr. 21 andererseits).

Tragfähige Anhalts-punkte erforderlich

[35] Die beschriebene Spannbreite durchschnittlicherFälle hat zur Folge, dassfür eine Höher- oder Min-dergewichtung der vom Be-werber vorgelegten Man-

date tragfähige Anhaltspunkte vorliegen müssen, dieeine zuverlässige Beurteilung dahin zulassen, dass sichder zu beurteilende Fall in seinem Gewicht in der einenoder anderen Richtung vom Durchschnitt abhebt. Lässtsich trotz aussagekräftiger Fallbeschreibung (und ggf.eingeholter Arbeitsproben) nicht abschließend beurtei-len, ob sich die bearbeitete Rechtssache vom Durch-schnittsfall unterscheidet, ist sie als durchschnittlicheAngelegenheit einzuordnen und mit dem Faktor 1 zu be-werten. Diese Beurteilung hat sich nicht an den Erwar-tungen eines erfahrenen Fachanwalts, sondern daranauszurichten, was bei einer Allgemeinpraxis als durch-schnittlicher Fall aus dem betreffenden Fachgebiet zugelten hat (vgl. § 2 Abs. 2 FAO; vgl. Senatsbeschl. v.18.11.1996 – AnwZ (B) 29/96, a.a.O.).[36] (bb) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in wel-chem Maße sich ein Fall vom Durchschnitt abhebt, isteine (nachvollziehbare) Gesamtbewertung anhand al-

ler drei in § 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) ge-nannter Kriterien vorzunehmen. Dabei kann der objek-tiven Bedeutung der Sache allerdings auch Indizwir-kung für den Umfang und die Schwierigkeit des Falleszukommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL1/89, juris, Rdnr. 38 zur Streitwertregelung des § 48Abs. 2 WEG a.F.). Zur Anwendung der in § 5 Satz 3FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) aufgeführten Kriterien hatdie Rechtsprechung eine umfangreiche Kasuistik ent-wickelt (vgl. zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegrif-fe durch eine gefestigte Rechtsprechung BVerfGE 86,288, 311; 117, 71, 112). Im Hinblick auf die fehlerhaf-te Begründung des angefochtenen Versagungs-bescheids sind hierbei folgende vom Senat aufgestell-ten Leitlinien hervorzuheben:[37] Da alle drei in § 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4FAO) genannten Gesichtspunkte für die Fallgewichtungeine Rolle spielen, kann eine Mindergewichtung nichtallein darauf gestützt werden, dass die sich aus demFachgebiet stellende Rechtsfrage eher einfach gelagertist. Der Senat hat dementsprechend eine Herabstu-fung des Fallgewichts in einer Erbrechtssache nichtschon deswegen vorgenommen, weil sich die erbrecht-liche Problematik auf die Erhebung der Dürftigkeitsein-rede nach § 1990 BGB beschränkte (Senatsbeschl. v.20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, a.a.O., Rdnr. 19 ff.).[38] Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich dann,wenn sich dem Bewerber in unterschiedlichen Fällendieselben fachrechtlichen Fragen gestellt haben, eineMindergewichtung der Wiederholungsfälle (nicht desersten Falles) zwar in Betracht kommt (Senatsbeschl.v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, a.a.O., Rdnr. 18, 21),aber nicht zwingend ist.

Wiederholungsfälle

Es kann nämlich nicht allgemein davon ausgegangenwerden, dass in solchenWiederholungsfällen weni-ger praktische Erfahrun-

gen erlangt werden. Vielmehr besteht eine Wechselwir-kung zwischen der praktischen Erfahrung und der Wie-derholbarkeit der Fälle; je mehr praktische Erfahrungder Bewerber hat, umso wahrscheinlicher ist es, dasser wiederholt dieselben Rechtsfragen zu beurteilenhat (Senatsbeschl. v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 36/05,a.a.O., Rdnr. 28). Eine – auch erhebliche – Minderge-wichtung ist aber dann gerechtfertigt und geboten,wenn Wiederholungsfälle eng miteinander verknüpftsind, etwa weil ihnen im Wesentlichen derselbe Le-benssachverhalt zugrunde liegt oder weil sie Teil einesVerfahrensverbundes sind (vgl. Senatsbeschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08, a.a.O., Rdnr. 21, 30 f.).[39] Zu beachten ist schließlich auch der schon er-wähnte Umstand, dass Bezugspunkte für die Gewich-tung nicht der Umfang und die Schwierigkeiten derim maßgeblichen Beurteilungszeitraum entfalteten an-waltlichen Tätigkeit ist, sondern die Bedeutung, derUmfang und die Schwierigkeit des jeweiligen Falles ins-gesamt (Senatsbeschl. v. 6.3.2006 – AnwZ (B) 36/05,a.a.O., Rdnr. 17).[40] (cc) Dass der „durchschnittliche Fall“ eine gewisseBandbreite auf der Fallskala einnimmt, bedeutet aber

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nicht, dass der RAK – wie etwa bei Prüfungsentschei-dungen – ein Beurteilungsspielraum dahin eingeräumtwird, welches Gewicht sie dem jeweiligen Fall zumisst.Die Entscheidung der RAK über die Verleihung einerFachanwaltsbezeichnung (§ 43c Abs. 1 BRAO) ist invollem Umfang rechtlich gebunden und unterliegt da-her auch hinsichtlich der ihr vorausgehenden Würdi-gung und Verfahrensweise des Fachausschusses(§ 43c Abs. 2 BRAO) in rechtlicher und tatsächlicherHinsicht grundsätzlich uneingeschränkt der richterli-chen Nachprüfung (Senatsbeschl. v. 18.11.1996 –AnwZ (B) 29/96, a.a.O. [zum RAFachBezG]; v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 40/01, a.a.O. [zur FAO]). Die vomFachausschuss vorzunehmende Tatsachenaufklärungsowie die ihm bei der Beurteilung der praktischen Er-fahrungen des Bewerbers obliegende rechtliche Wer-tung betreffen keine Fragen, die sich ihrer Natur nacheiner vollständigen gerichtlichen Kontrolle entziehen(Senatsbeschl. v. 18.11.1996 – AnwZ (B) 29/96, a.a.O.[zum RAFachBezG]; vgl. auch Senatsbeschl. v. 23.9.2002 – AnwZ (B) 40/01, a.a.O. [zur FAO]). Daher ha-ben die Gerichte regelmäßig eigenständig zu prüfen,ob die der angefochtenen Entscheidung der RAK zu-grunde liegenden Fallbewertungen zutreffend sind.Dem Fachausschuss kommt damit bei der Gewichtungder Fälle kein der richterlichen Nachprüfung entzoge-ner Beurteilungsspielraum zu (Feuerich/Weyland/Vos-sebürger, a.a.O., Rdnr. 21; a.A. wohl AGH Thüringen,BRAK-Mitt. 2005, 134, 135). Der Bewerber ist also da-vor geschützt, dass auch eine beliebige Bewertung derFälle vor Gericht Bestand hat.[41] (b) Bei Beachtung dieser Grundsätze wird ein sach-gerechter Ausgleich zwischen dem Bestreben des Sat-zungsgebers, keine allzu hohen Anforderungen an denErwerb der Fachanwaltsqualifikation zu stellen, unddessen weiterer Zielsetzung geschaffen, die Qualitätder Fachanwaltschaft im Interesse des Rechtsverkehrsauf einem überdurchschnittlichen Niveau zu halten. Zu-gleich wird für den Bewerber die notwendige Rechts-klarheit gewährleistet, denn für ihn ist bei Anlegungder beschriebenen Bewertungsmaßstäbe – entgegender Befürchtung des AGH – ausreichend vorhersehbar,ob die von ihm im vorgegebenen Zeitraum bearbeitetenFälle genügen, um seine besonderen praktischen Erfah-rungen i.S.d. § 5 FAO nachzuweisen.[42] (aa) Zum einen kann er sich darauf einstellen, dasser für eine höhere Gewichtung aussagekräftige Anga-ben zu dem sich vom Durchschnitt abhebenden Um-fang und/oder der Komplexität beziehungsweise der Be-deutung der Angelegenheit zu liefern hat. Zum anderenmuss er damit rechnen, dass eine Rechtssache, dienach der Fallbeschreibung bei objektiver Betrachtunghinter den Anforderungen eines durchschnittlichen Fallszurückbleibt, mindergewichtet wird. Bei einer solchenKonstellation stellt zudem die Verfahrensregelung des§ 24 Abs. 4 FAO – wie die Bekl. mit Recht geltendmacht – sicher, dass der Bewerber von einer beabsich-tigten Mindergewichtung nicht überrascht wird, son-dern Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme undzur Nachmeldung von weiteren Fällen erhält.

Unter- bzw. Ober-grenze nicht erfor-derlich

[43] (bb) Anders als der AGH meint, war der Satzungs-geber nicht gehalten, ausGründen der Rechtsklarheitetwa in Anlehnung an an-waltliche Rahmengebühren(§ 14 Abs. 1 RVG i.V.m.

dem Vergütungsverzeichnis) eine Unter- und Obergren-ze für die Gewichtung einzuführen (für eine Orientie-rung an der Spannbreite anwaltlicher Rahmengebührendagegen Klose, BRAK-Mitt. 2008, 150, 151). Währendbei den Anwaltsgebühren eine Deckelung vor dem Hin-tergrund des Justizgewährungsanspruchs einerseitsund der anwaltlichen Berufsfreiheit andererseits gebo-ten ist, hätte eine Beschränkung der Fallgewichtungnach § 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) verfassungs-rechtlich bedenkliche Auswirkungen.

[44] Im anwaltlichen Gebührenrecht dient eine Be-grenzung der Rahmengebühren nach oben dazu, si-cherzustellen, dass den Rechtsuchenden der Zugangzur Rechtspflege nicht in wirtschaftlicher Hinsicht un-zumutbar erschwert wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL 1/89, juris, Rdnr. 33, 37 [zu der Streit-wertregelung des § 48 Abs. 2 WEG a.F.]; vgl. fernerBVerfGE 50, 217, 231). Die Untergrenze der Rahmen-gebühren soll dagegen im Interesse der Berufsfreiheitder RAe gewährleisten, dass sie aus ihrem Gebühren-aufkommen nach einer Mischkalkulation sowohl ihrenKostenaufwand als auch ihren Lebensunterhalt bestrei-ten können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL1/89, a.a.O., Rdnr. 37).

[45] Bei der Gewichtungsregelung des § 5 Satz 3 FAOa.F. (§ 5 Abs. 4 FAO) würde eine Eingrenzung der Reich-weite der Gewichtung dagegen zu einer nicht gerechtfer-tigten Ungleichbehandlung bestimmter Gruppen von An-wälten führen und zugleich die Zielsetzungen der FAO inFrage stellen. So würden RAe, die sich mit besondersumfangreichen und/oder komplexen Verfahren befasst,aber nicht die von § 5 FAO vorgegebenen Fallzahlen er-reicht hätten, durch eine Begrenzung der Gewichtungnach oben benachteiligt, wenn die von ihnen bearbeite-ten aufwändigen und schwierigen Verfahren an sich hö-her als die gesetzte Obergrenze zu gewichten wären. Ih-nen würde der Fachanwaltstitel versagt, obwohl sie überdas von § 2 Abs. 2 FAO geforderte überdurchschnitt-liche Erfahrungswissen verfügen. Die Einführung einerObergrenze für die Gewichtung würde damit zu einerBeschneidung der anwaltlichen Berufsfreiheit führen.Umgekehrt würden solche Bewerber, die zwar das vor-gegebene Quorum erfüllen, jedoch nur Fälle leichtestenGewichts vorweisen, ungerechtfertigt bevorzugt, wennfür die Mindergewichtung solcher Mandate eine – ihrenwahren Gehalt nicht ausschöpfende – Untergrenze vor-gesehen wäre. Eine solche Handhabung würde demSchutzbedürfnis des Rechtsverkehrs widersprechen,denn der Fachanwaltstitel müsste dann auch solchen Be-werbern zugesprochen werden, die an sich nicht überdie hierfür notwendige Qualifikation verfügen.

[46] (3) Schließlich stellt § 5 Satz 3 FAO a.F. (§ 5Abs. 4 FAO) es – entgegen der Auffassung des Kl. –

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auch nicht in das Ermessen der RAK, ob sie von derGewichtungsregelung Gebrauch macht, also eine an-gezeigte Minder- oder Höhergewichtung tatsächlichvornimmt. Die sinngemäß von § 9 Abs. 1 Satz 2 RA-FachBezG übernommene Formulierung „können“ ist al-lein dem Umstand geschuldet, dass vor Abschluss derjeweiligen Einzelfallprüfung noch nicht feststeht, obdem konkreten Fall ein vom Faktor 1 abweichendes Ge-wicht zuzumessen ist. Bereits die in den Gesetzesmate-rialien enthaltenen Erläuterungen zu § 9 RAFachBezGhaben die Höher- oder Mindergewichtung als zwin-gend aufgefasst („ist […] mit zu berücksichtigen undkann zu einer Mehr- oder Minderanforderung von Fäl-len führen“ [BT-Drucks. 12/1710, a.a.O.]). Der Sat-zungsgeber hat diese Regelung nachgezeichnet undin den Wortlaut des § 5 FAO auch die in den Materia-lien zu § 9 RAFachBezG angestellten Erwägungen zurArt und Weise der Gewichtung (Schwierigkeit, Umfang,zeitlicher Rahmen; vgl. BT-Drucks. 12/1710, a.a.O.)aufgenommen. Es entspricht daher gefestigter Senats-rechtsprechung, dass die RAK die Bedeutung, den Um-fang und die Schwierigkeit der eingereichten Fälle zugewichten und zu berücksichtigen hat, was bei den Be-werbern dazu führen kann, dass wegen besonders um-fangreicher und schwieriger Mandate schon eine ge-ringere Anzahl genügt und bei vielen gleichgelagerten,einfachen Verfahren die vorgegebene Fallzahl über-schritten sein muss (vgl. Senatsbeschl. v. 18.6.2001 –AnwZ (B) 41/00, a.a.O. [zu § 5 FAO]; v. 18.11.1996 –AnwZ (B) 29/96, a.a.O. [zu § 9 RAFachBezG]; vgl. auchFeuerich/Weyland/Vossebürger, a.a.O., Rdnr. 18).[47] 3. Bei Beachtung der oben beschriebenen Grund-sätze sind von den 93 als erbrechtliche Fälle anzuer-kennenden Mandaten des Kl. 91 Fälle jeweils zumin-dest mit dem Faktor 1 zu bewerten. Nur das in der Teil-liste „FGG-Fälle“ mit Nr. 4 bezeichnete Verfahren, dasals nicht rechtsförmlicher Fall anzuerkennen ist, undder in der Teilliste „ZPO-Fälle“ mit Nr. 18 bezeichneteFall weisen ein vom Durchschnitt abweichendes Ge-wicht auf. Da somit die erforderlichen Fallzahlen nach-gewiesen sind, bedarf es vorliegend keiner Entschei-dung, ob – wie der Kl. geltend macht – manche Fällemit einem höheren Gewicht als 1 zu bewerten wären.[48] a) Die Bekl. hat sich bei ihrer Gewichtung am hö-heren Erwartungshorizont eines praktizierenden Fach-anwalts und nicht daran orientiert, was bei einer All-gemeinpraxis als durchschnittlicher Erbrechtsfall zugelten hat. Sie hat demzufolge in allen Fällen, in denensie eine Mindergewichtung vorgenommen hat, einenviel zu strengen Maßstab bei der – den Ausgangs-punkt der Gewichtung bildenden – Beurteilung der An-forderungen an einen durchschnittlichen Erbrechtsfallangelegt. Der fehlerhafte Ansatz der Bekl. wird beson-ders deutlich in den Fällen, in denen sie selbst schwieri-gere Erbrechtsfälle (vgl. etwa Fälle Nr. 27, 37, 39, 41der Teilliste „Beratungen“) oder sich von einfachen Fall-gestaltungen deutlich abhebende Fälle (vgl. etwa FälleNr. 7, 16, 21, 23, 38 der Teilliste „Beratungen“) mit ei-nem niedrigeren Gewicht als 1,0 angesetzt hat, sowiein den Fällen, in denen sie das Vorliegen eines durch-

schnittlichen Falls mit der Begründung verneint hat,der Kl. habe keine Besonderheiten hinsichtlich Schwie-rigkeit, Umfang oder Bedeutung der Angelegenheitvorgetragen (vgl. etwa Fälle Nr. 3, 4, 33 der Teilliste„Beratungen“). Wenn keine besonderen Abweichungenfestzustellen sind, handelt es sich naturgemäß um ei-nen durchschnittlichen und nicht – wie die Bekl. ange-nommen hat – um einen unterdurchschnittlichen Fall.[49] Weiter geht die Bekl. in ihrer Auffassung fehl,dass eine Mindergewichtung (vgl. etwa die von ihr min-dergewichteten Fälle Nr. 1, 2, 6, 8 bis 11, 13, 15, 19,25, 28, 34, 37, 40, 44, 45 aus der Teilliste „Beratun-gen“) stets vorzunehmen sei, wenn eine einfach gela-gerte und damit ohne großen zeitlichen Aufwand zubeantwortende Rechtsfrage zu beurteilen gewesen sei(vgl. Senatsbeschl. v. 20.4.2009 – AnwZ (B) 48/08,a.a.O., Rdnr. 19 ff.). Weiter hat sie außer Acht gelas-sen, dass es nicht gerechtfertigt ist, einem Beratungs-fall generell mit einem geringeren Gewicht anzusetzenals einen rechtsförmlichen Fall (vgl. etwa Fälle Nr. 34und Nr. 36 der Teilliste „Beratungen“).[50] Schließlich hat sie übersehen, dass nach der Se-natsrechtsprechung für die Gewichtung nicht der Um-fang und die Schwierigkeit der im Referenzzeitraumentfalteten anwaltlichen Tätigkeit, sondern des Fallsinsgesamt maßgebend ist (vgl. Fall 1 der Teilliste „ZPO-Fälle“).[51] b) Daher sind mit Ausnahme des (nicht rechts-förmlichen) Falles Nr. 4 aus der Teilliste „FGG-Fälle“und des Falles Nr. 18 aus der Teilliste „ZPO-Fälle“ alleberücksichtigungsfähigen Fälle mit einem Gewicht von1 zu bewerten. Das letztgenannte Verfahren, das überzwei Instanzen hinweg betrieben wurde, wobei auchim Berufungsverfahren substantielle erbrechtliche Fra-gen zu erörtern waren, ist in Übereinstimmung mitder Bekl. mit dem Faktor 1,5 zu bemessen. Das erst-genannte, von der Bekl. mit 0,2 bewertete Verfahrenist mit einem Gewicht von 0,5 anzusetzen. Der Kl. hatdargelegt, dass sich das ihm erteilte Mandat nichtauf die Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines no-tariellen Testaments beschränkt, sondern sich auchauf die Beratung über die rechtlichen Möglichkeitenbei einem Untätigbleiben des Nachlassgerichts er-streckt hat. Dass es sich hierbei um eine einfache Fra-gestellung handelte, rechtfertigt nicht die von der Bekl.vorgenommene Herabstufung auf den Faktor 0,2. DieBekl. hat hierbei verkannt, dass sich die vom Senat imBeschl. v. 20.4.2009 (AnwZ (B) 48/08, a.a.O.) gebillig-te Mindergewichtung auf 0,2 auf besonders gelagerteFallgestaltungen (eng miteinander verknüpfte Wieder-holungsfälle) bezogen hat.[52] Damit hat der Kl. die Bearbeitung von 93 Erb-rechtsfällen, darunter 31 rechtsförmliche Verfahren,hiervon 2,5 aus dem Gebiet der Freiwilligen Gerichts-barkeit, nachgewiesen.

HINWEIS DER REDAKTION:Einen Aufsatz zu dieser Entscheidung finden Sie inBRAK-Mitt. 2013, 94 (in diesem Heft).

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VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE ANERKENNUNGVON „ZWEITVERTEIDIGUNGEN“

FAO § 5 Abs. 1 lit. f

* 1. Legt ein Fachanwaltsanwärter Fälle von „Zweit-verteidigungen“ vor, muss er in geeigneter Formnäher glaubhaft machen, dass er diese Fälle per-sönlich und weisungsfrei als Rechtsanwalt bearbei-tet hat.* 2. Für eine persönliche und weisungsfreie Tätig-keit kann insbesondere sprechen, dass sich derRechtsanwalt in Vorbereitung der Hauptverhand-lung mit dem Inhalt der Verfahrensakten vertrautgemacht und die Sache mit dem Mandanten be-sprochen hat.BGH, Urt. v. 11.3.2013 – AnwZ (Brfg) 24/12

AUS DEM TATBESTAND:[1] Der Kl. ist Mitglied der Bekl. Mit Schreiben v. 2.4.2009 beantragte er bei dieser die Verleihung der Be-fugnis, die Bezeichnung „Fachanwalt für Strafrecht“zu führen. Die Bekl. lehnte den Antrag durch Bescheidv. 12.7.2010 mit der Begründung ab, dass der Kl. denNachweis der Teilnahme an 40 Hauptverhandlungster-minen vor dem Schöffengericht oder einem übergeord-neten Gericht nicht ordnungsgemäß erbracht habe.U.a. betreffe eine Reihe der von ihm aufgelistetenHauptverhandlungstermine „Zweitverteidigungen“, de-ren einziger Zweck die Erlangung der Fachanwalts-bezeichnung gewesen sei, ohne dass der Kl. dabei per-sönlich und weisungsfrei als RA tätig geworden wäre.Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsver-fahrens verpflichtete der AGH die Bekl. im angefochte-nen Urteil, dem Kl. die Befugnis zum Führen der Be-zeichnung „Fachanwalt für Strafrecht“ zu verleihen.[2] Mit ihrer Berufung erstrebt die Bekl. die Aufhebungdes Urteils und die Abweisung der Klage.

AUS DEN GRÜNDEN:[3] Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Bescheidder Bekl. in Gestalt des Widerspruchsbescheides istrechtmäßig und verletzt den Kl. nicht in seinen Rechten(§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 5 VwGO). DieBerufung führt daher unter Abänderung des angefoch-tenen Urteils zur Abweisung der Klage.[4] 1. Die Bekl. hat die Erlaubnis zum Führen der Fach-anwaltsbezeichnung im Ergebnis mit Recht versagt.Der Kl. hat nicht nachgewiesen, dass er im Zeitraumvon drei Jahren vor der Antragstellung Fälle an 40Hauptverhandlungstagen vor einem Schöffengerichtoder einem übergeordneten Gericht (persönlich undweisungsfrei) als RA bearbeitet hat (§ 5 Abs. 1Buchst. f FAO).[5] Entgegen der Auffassung des AGH können die Fäl-le 27, 31 und 34 schon deswegen nicht i.S.d. Vorschrift„zählen“, weil sie Hauptverhandlungstermine vor demStrafrichter betreffen.

[6] Auch der im angefochtenen Urteil nicht erörterteFall 22 ist für den erforderlichen Nachweis nicht geeig-net. In Frage stehen insoweit zwei Strafvollstreckungs-sachen (jeweils betreffend die Strafrestaussetzung zurBewährung). Dabei spricht viel dafür, dass im Vollstre-ckungsverfahren in Anwesenheit des RA durchgeführtemündliche Anhörungen keine „Hauptverhandlungstage“i.S.d. § 5 Abs. 1 Buchst. f FAO sind. Indessen muss diesnicht abschließend entschieden werden, weil sich ausden Unterlagen des Kl. nicht ergibt, dass er überhauptan einer mündlichen Anhörung teilgenommen hat.[7] Im Ergebnis das Gleiche gilt für den auch im ange-fochtenen Urteil nicht anerkannten Fall 19. Denn derdurch den Kl. vorgelegten Niederschrift über die Sitzungdes Jugendschöffengerichts v. 2.4.2009 ist nur zu ent-nehmen, dass dieser neben dem Verteidiger zum Ter-min erschienen war. Dass er durch den dortigen Ange-klagten mandatiert worden ist, geht hingegen wederaus dem Protokoll noch aus sonstigen Unterlagen her-vor. Eine Mandatierung, die unerlässliche Vorausset-zung für eine Verhandlungsteilnahme „als RA“ ist (vgl.auch AGH Hamm, StraFo 1999, 393), hat er auch vordem Senat trotz Erörterung nicht behauptet. Dahin-gestellt bleiben kann mithin, ob der genannte Hauptver-handlungstermin auch deshalb nicht anerkennungs-fähig ist, weil wegen Nichterscheinens des Angeklagtenkeine Verhandlung in der Sache stattgefunden hat.[8] 2. Nach alledem kommt es nicht entscheidend da-rauf an, ob die vom Kl. weiter vorgelegten Fälle von„Zweitverteidigungen“ (Nr. 2, 3, 4, 5, 7, 9 und 14) hät-ten Anerkennung finden können. Der zu beurteilendeSachverhalt gibt dem Senat aber Anlass zu folgendenHinweisen:[9] Die Erlaubnis zum Führen einer Fachanwalts-bezeichnung wird RAen verliehen, deren auch prakti-sche Erfahrungen auf dem jeweiligen Gebiet über-durchschnittlich sind (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 29.1.1996 AnwZ (B) 50/95, NJW-RR 1996, 1147). Vor die-sem Hintergrund stehen die in § 5 Abs. 1 FAO normier-ten Mindestfallzahlen im Drei-Jahres-Zeitraum. Die –bestätigt durch die Beweisaufnahme vor dem AGHhier gepflogene Verfahrensweise, Kollegen mit dem al-leinigen Ziel des Erreichens der Mindestzahlen darauf-hin anzusprechen, ob man als zweiter Verteidiger aneiner kurz danach stattfindenden Hauptverhandlungteilnehmen dürfe, ist mit den Zielvorstellungen derFachanwaltsordnung demgemäß schwerlich vereinbar.In Konstellationen, in denen Anzeichen für solches aus-schließlich vom Blick auf die Mindestzahlen geprägtesVorgehen gegeben sind (hier etwa: neun „Zweitvertei-digungen“ im Monat vor der Antragstellung), wird derRA in geeigneter Form näher glaubhaft zu machen ha-ben, dass er, wie es die FAO verlangt, den Fall persön-lich und weisungsfrei als RA bearbeitet hat.

Persönlich undweisungsfrei

Hierfür kann insbesondere sprechen, dass er sich inVorbereitung der Haupt-verhandlung mit dem In-halt der Verfahrensaktenvertraut gemacht und die

Sache mit dem Mandanten besprochen hat. Davon

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bleibt unberührt, dass es der RAK im Grundsatz nichtauferlegt ist und auch nicht zukommt, eine Tätigkeitals Strafverteidiger im eigentlichen Sinn zu bewerten.

HINWEISE DER REDAKTION:Mit Beschl. v. 8.11.2004 (BRAK-Mitt. 2005, 85) hatder BGH entschieden, dass auch die Teilnahme an ei-ner Hauptverhandlung als Vertreter der Nebenklageals Fall bzw. Hauptverhandlungstag zu berücksichti-gen ist. Dies folge unmittelbar aus dem Wortlaut

des § 5 Abs. 1 Satz 1 FAO, der nicht eine Fallbear-beitung „als Strafverteidiger“ fordere, sondern einesolche „als Rechtsanwalt“ genügen lasse. Auch imRahmen einer von der Rechtsanwaltskammer vor-zunehmenden Gewichtung seien Nebenklagefällemithin grundsätzlich in gleicher Weise zu bewertenwie Verteidigungen. Soweit eine abweichende Ge-wichtung in Betracht kommt, könne diese immernur konkret auf den einzelnen Fall bezogen erfolgen.

SOZIETÄTSRECHT*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

BEIORDNUNG EINER INTERPROFESSIONELLENANWALTSGESELLSCHAFT

BRAO § 59e, § 59g, § 59l; ZPO § 121 Abs. 1

1. Im Rahmen der Bewilligung von Prozess- bzw.Verfahrenskostenhilfe kann auch eine Rechts-anwaltsgesellschaft, zu deren Geschäftsführern an-dere Personen als Rechtsanwälte gehören, nach§ 121 ZPO beigeordnet werden.* 2. Der Tatsache, dass ein einzelner Geschäftsfüh-rer nicht als anwaltlicher Vertreter vor Gericht auf-treten kann, wird dadurch Rechnung getragen,dass gem. § 59l Satz 2 und 3 BRAO eine Rechts-anwaltsgesellschaft zwar grundsätzlich die Rechteund Pflichten eines Rechtsanwalts hat, aber nurdurch solche Organe und Vertreter handeln kann,in deren Person die für die Erbringung der man-datsbezogenen Leistungen gesetzlich vorgeschrie-benen Voraussetzungen vorliegen.OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2013 – 10 WF 1449/12

AUS DEN GRÜNDEN:I. Der Ag. beantragte im vorliegenden Kindesunterhalts-verfahren in der Sitzung des Familiengerichts v. 25.7.2012 die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Bereitsmit Schriftsatz v. 11.6.2012 hatte die R & S Rechts-anwaltsgesellschaft mbH (im Folgenden: R & S GmbH)sich anlässlich des Verfahrenskostenhilfeantrags derAstin. als Vertreterin des Ag. angezeigt und beantragt,dem Ag. Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und „ihmdie Unterzeichner als Anwalt beizuordnen“.Mit Beschl. v. 31.7.2012 hat das Familiengericht demAg. Verfahrenskostenhilfe bewilligt und „RA I. St.“ alsVerfahrensbevollmächtigte beigeordnet.Mit Schriftsatz v. 1.8.2012 hat die R & S GmbH bean-tragt, den Beschluss zu ändern und sie als Verfahrens-bevollmächtigte beizuordnen. Mit Schriftsatz v. 27.9.2012 wurde klargestellt, dass der Schriftsatz v. 1.8.2012 als Beschwerde anzusehen sei. Das Familien-

gericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und imNichtabhilfebeschluss v. 2.10.2012 ausgeführt, dassvorliegend die Beiordnung der R & S GmbH nicht in Be-tracht komme, da einer der vertretungsberechtigtenGeschäftsführer als Steuerberater und Rechtsbeistandnicht befugt sei, „im Familienrecht fremde Rechtsange-legenheiten zu regeln“.Mit Schriftsatz v. 20.11.2012 hat die R & S GmbH klar-gestellt, dass die Beschwerde im Namen des Ag. einge-legt worden sei.II. Die zulässige Beschwerde des Ag. führt zur Abände-rung der angefochtenen Entscheidung.Nach ständiger Rechtsprechung des Senates (vgl.FamRZ 2003, 106) kann nach § 121 ZPO nicht nurein RA als Einzelperson beigeordnet werden, sondernauch eine nach § 59g BRAO zugelassene Rechts-anwaltsgesellschaft. Diese Rechtsprechung steht inEinklang mit der des BGH (vgl. FamRZ 2009, 37). Anihr wird festgehalten.Der Wortlaut des § 121 Abs. 1 ZPO steht der Beiord-nung einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht entgegen.Zwar wird in genannter Vorschrift von einem „bei-zuordnenden RA“ gesprochen und wurde an diesemGesetzestext auch nach Einführung der Rechtsanwalts-gesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft nichtsgeändert. Hieraus kann jedoch – entgegen der Mei-nung des Sächsischen Landessozialgerichts (sieheBeschl. v. 24.4.2012, NZS 2012, 679) – nicht gefolgertwerden, dass der Kreis der Beiordnungsfähigen nur imWege einer Gesetzesänderung auf Rechtsanwalts-gesellschaften ausgedehnt werden könne.

VerfassungskonformeAuslegung des § 121I ZPO

Nach Meinung des Senates bedarf die Vorschrift des§ 121 Abs. 1 ZPO vielmehrvor dem Hintergrund derNeuregelungen im Berufs-recht einer verfassungs-konformen Auslegung da-

hingehend, dass auch Rechtsanwaltsgesellschaften imRahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet wer-den können. Dies auch vor dem Hintergrund, dasseine vermögende Prozesspartei nach Einführung des

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§ 59l BRAO eine Rechtsanwaltsgesellschaft als Bevoll-mächtigte beauftragen und die mit einer Arbeitstei-lung der dort agierenden Anwälte verbundenen Vortei-le nutzen könnte, während sich eine bedürftige Pro-zesspartei auf die Beiordnung eines Einzelanwaltesbeschränken lassen müsste (siehe BGH, a.a.O.).Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch eineRechtsanwaltsgesellschaft dem Schutz des Art. 12Abs. 1 GG untersteht, erscheint es nicht gerechtfertigt,Rechtsanwaltsgesellschaften, bei denen auch anderePersonen als RAe Geschäftsführer sind, von einer Bei-ordnung auszuschließen. Nach § 59e BRAO sind auchRechtsanwaltsgesellschaften zuzulassen, zu deren Ge-sellschaftern Steuerberater gehören. Unter verfassungs-rechtlichen Gesichtspunkten müssen daher auch „ge-mischte“ Rechtsanwaltsgesellschaften unbeschränkt ih-rer beruflichen Bestimmung nachgehen können. DerTatsache, dass ein einzelner Geschäftsführer nicht alsanwaltlicher Vertreter in Familiensachen vor Gerichtauftreten kann, wird dadurch Rechnung getragen,dass nach § 59l Satz 2 und 3 BRAO eine Rechts-anwaltsgesellschaft zwar grundsätzlich die Rechte undPflichten eines RA hat, aber nur durch solche Organeund Vertreter handeln kann, in deren Person die fürdie Erbringung der mandatsbezogenen Leistungen ge-

setzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegen.Die Rechtsanwaltsgesellschaft hat daher in eigener Ver-antwortung zu bestimmen, durch welches Organ oderdurch welchen qualifizierten Vertreter sie im konkretenFall gegenüber dem Gericht auftritt (siehe Senat,a.a.O.). Diese Entscheidungsbefugnis kann der Rechts-anwaltsgesellschaft nicht im Wege einer durch das Ge-richt ausgesprochenen Beiordnung einer Einzelpersongenommen werden (vgl. a. Horn, NJW 2009, 441).Dem Ag. war daher antragsgemäß die R und S Rechts-anwaltsgesellschaft mbH als Verfahrensbevollmächtig-te beizuordnen.

HINWEISE DER REDAKTION:Von der Rechtsprechung bisher noch nicht beant-wortet worden ist die Frage, ob in diesem Fall aucheine interprofessionelle Sozietät in Form der GbRhätte beigeordnet werden können. Da auch die in-terprofessionelle Sozietät Partei des Mandatsvertra-ges sein kann (vgl. BGH, NJW 2012, 2435) und derGleichlauf der Beiordnung mit dem Auftrag – unab-hängig von der Postulationsfähigkeit der Sozietät –angestrebt wird (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2009, 90)wird man auch die interprofessionelle Sozietät alsbeiordnungsfähig ansehen können.

ABWICKLUNG UND VERTRETUNG*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

FESTSETZUNG DER BÜRO- UND PERSONAL-KOSTEN DES ABWICKLERS

BRAO § 112c Abs. 1 Satz 1; VwGO § 42; VwVfG § 36Abs. 2

* 1. Enthält die von der Rechtsanwaltskammer fest-gesetzte Abwicklervergütung einen Pauschal-betrag, der auch alle Büro- und Personalkosten um-fassen soll, ist eine isolierte Anfechtung bezüglichdieser Kosten nicht möglich.* 2. Eine diesbezügliche Korrektur wäre lediglichdurch Aufhebung des Bescheids insgesamt zu errei-chen.BGH, Urt. v. 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 8/12

AUS DEN GRÜNDEN:[10] Die Berufungen der Bekl. und der Beigeladenenführen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils undzur Abweisung der Klage als unzulässig.[11] 1. Für das anwaltsgerichtliche Verfahren über öf-fentlichrechtliche Streitigkeiten gelten nach § 112cAbs. 1 Satz 1 BRAO die Vorschriften der VwGO ent-sprechend. Soweit die Kl. die teilweise Aufhebung desBescheides v. 15.7.2010 verlangt, handelt es sich umeine Anfechtungsklage, deren Zulässigkeit nach § 42VwGO zu beurteilen ist.

[12] a) Mit der Anfechtungsklage kann nicht nur derVerwaltungsakt als solcher angefochten werden. Zuläs-sig ist auch die isolierte Anfechtung belastender Ne-benbestimmungen. Nebenbestimmungen sind Rege-lungen, die auf einen bestimmten Verwaltungsakt be-zogen sind, also mit dem Haupt-Verwaltungsaktstehen und fallen, ohne dass sie integrale Inhalts-bestimmungen des Haupt-Verwaltungsaktes selbstdarstellen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 36,Rdnr. 4). In § 36 Abs. 2 VwVfG sind verschiedene Ar-ten von Nebenbestimmungen aufgeführt und definiert.Der von der Kl. beanstandete Satz, dass Büro- und Per-sonalkosten von der festgesetzten Pauschalvergütungumfasst seien, soweit sie nicht gesondert festzusetzenseien, lässt sich unter keine der genannten Neben-bestimmungen fassen. Er stellt keine Befristung oderBedingung, keinen Widerrufsvorbehalt, keine Auflageund auch nicht den Vorbehalt einer Auflage dar. § 36Abs. 2 VwVfG ist allerdings nicht abschließend; esgibt weitere Arten von Nebenbestimmungen, die dortnicht genannt sind und im Wege der Anfechtungsklageisoliert angegriffen werden können. Selbst Inhalts-bestimmungen sind nicht generell unanfechtbar (Wysk,VwGO, § 42, Rdnr. 34). Ob die Klage zur Aufhebungder beanstandeten Teilregelung führen kann, ist grund-sätzlich eine Frage der Begründetheit, sofern nicht eineisolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG | BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013

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ABWICKLUNG UND VERTRETUNG

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ausscheidet (BVerwGE 112, 221, 223 f.; BVerwG,NVwZ-RR 2007, 776, Rdnr. 20; Wysk, VwGO, § 42,Rdnr. 29, 32, 38). Ist dies der Fall, ist die Anfechtungs-klage unstatthaft und damit unzulässig.[13] Der von der Kl. beanstandete Satz lässt sich offen-sichtlich nicht vom sonstigen Inhalt des Festsetzungs-bescheides trennen. Es ist eine Vergütung festgesetztworden, die als Pauschalvergütung die Tätigkeit derAbwicklerin einschließlich deren Büro- und Personalkos-ten abgelten soll. Würde der beanstandete Satz gestri-chen, würde der Regelungsgehalt des verbleibendenTeils des Festsetzungsbescheides verändert werden.

Keine isolierte Auf-hebung möglich

Damit scheidet eine isolierte Aufhebung des beanstan-deten Satzes der Begrün-dung aus.[14] b) Eine Auslegung derKlage dahingehend, dass

der Bescheid v. 15.7.2010 insgesamt angefochten wer-de, ist nicht möglich. Zwar hätte das Rechtsschutzzielder Kl. nur durch Aufhebung des Festsetzungsbeschei-des und Neufestsetzung der Abwicklervergütung aus-schließlich der Büro- und Personalkosten erreicht wer-den können. Das Gericht ist an die Fassung des An-trags nicht gebunden. Es darf jedoch nicht über dasKlagebegehren hinausgehen (§ 112c Abs. 1 Satz 1BRAO, § 88 VwGO). Die Kl. hat von Anfang an deutlichgemacht, dass die Festsetzung der 10.000 Euro nebstUmsatzsteuer Bestand haben soll. Schon vorprozessu-al hat sie angekündigt, dass sie den Bescheid „be-schränkt auf die Korrektur der Entscheidung zu denPersonal- und Sachkosten“ anfechten werde. Entspre-chend hat sie ihren Antrag formuliert. Nachdem dieBeigeladene im Zivilprozess sowie in ihrer Klageerwide-rung die Ansicht vertreten hatte, dass der Bescheid nurinsgesamt angefochten werden könne und insgesamtangefochten worden sei, hat die Kl. dies bestrittenund erklärt, die Klage richte sich „isoliert gegen die an-gegriffene Formulierung“, während hinsichtlich der ei-

gentlichen Abwicklervergütung Bestandskraft eingetre-ten sei. Die im Urkundenprozess erhobene Klage aufZahlung des festgesetzten Betrages beruhte ebenfallsauf der Bestandskraft der Festsetzung. Gegen den er-klärten Willen der Kl. kann das Gericht den Bescheidv. 15.7.2010 nicht aufheben.[15] 2. Soweit die Kl. die Feststellung begehrt, dassder Bescheid v. 15.7.2010 die Büro- und Personalkos-ten der Abwicklerin nicht umfasst, handelt es sich umeine Feststellungsklage.[16] a) Nach § 43 VwGO kann die Feststellung des Be-stehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnissesoder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrtwerden, wenn der Kl. ein berechtigtes Interesse ander baldigen Feststellung hat; die Feststellung kannnicht begehrt werden, soweit der Kl. seine Rechtedurch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgenkann oder hätte verfolgen können.[17] b) Die Parteien messen dem Bescheid unter-schiedliche Bedeutungen bei. Die Bekl. und die Beigela-dene meinen, der Bescheid behandele nur die eigenenBüro- und Personalkosten der Kl.; nicht erfasst seiendemgegenüber die Büro- und Personalkosten des abzu-wickelnden Büros der Erblasserin. Die Kl. bestreitetdies unter Hinweis darauf, dass sich für eine derartigeUnterscheidung keine Anhaltspunkte im Bescheid fän-den. Eine nachträglich entstandene Unklarheit überden Inhalt eines bestandskräftigen Bescheides kannunter Umständen im Wege einer Feststellungsklagebeseitigt werden (vgl. BVerwGE 115, 103, 104 f.;BVerwG, NJW 2004, 1815; Wysk, VwGO, § 43,Rdnr. 44; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 43,Rdnr. 7a). Das ist jedoch nicht das Rechtsschutzzielder Kl. Die Kl. will mit ihrem Feststellungsantrag errei-chen, dass die im Bescheid enthaltene Einbeziehungder Büro- und Personalkosten, welchen Inhalt sie auchhabe, gestrichen wird. Dieses Ziel wäre (nur) durchAufhebung des Bescheides zu erreichen gewesen.

STEUERN*LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ)

ABGRENZUNG ZWISCHEN DEN BERUFS-ÜBLICHEN UND DEN AUSSERORDENTLICHENEINKÜNFTEN EINES RECHTSANWALTS

EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4

1. Die Vereinnahmung eines berufsüblichen Hono-rars für die Bearbeitung eines mehrjährigen Man-dats führt bei einem Rechtsanwalt nicht zu außer-ordentlichen Einkünften i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

* 2. Infolge der Häufigkeit und Regelmäßigkeit, mitder mehrjährige Mandate von Freiberuflern typi-scherweise angenommen, abgewickelt und abge-

rechnet werden, gehen Vergütungen auch ohne Vor-schusszahlungen für mehrjährige Tätigkeiten kon-tinuierlich in die Gewinnermittlung der jeweiligenVeranlagungszeiträume ein und sorgen schon hier-durch, jedenfalls bei halbwegs stabiler Auftrags-lage, für die von § 34 EStG bezweckte Tarifglättung.* 3. Dass ein Rechtsanwalt von seinem Mandantenkeine Vorschusszahlungen erlangen kann, ändert ander Berufsüblichkeit des Honorars nichts. Honorar-einnahmen sind nicht deshalb „außerordentlich“oder atypisch, weil der Mandant finanziell nicht oderkaum in der Lage ist, Vorschusszahlungen zu leisten.BFH, Urt. v. 30.1.2013 – III R 84/11

Volltext unter www.brak-mitteilungen.de

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG

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STEUERN

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BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AKTUELLE HINWEISE

X

(Fortsetzung von S. VIII)

(Fortsetzung S. XII)

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Neues vom Vollstrecker.

Wie man die Abläufe des gerichtli-chen Forderungseinzugs vom Aus-füllen des Mahnbescheidantrags bis zur Geltendmachung der Forderung im Rahmen der Zwangsvollstreckung richtig durchführt, erfahren Sie aus diesem Praxisbuch. Das bewährte Werk erläutert, wie man möglichst fehlerfrei zum Vollstreckungstitel kommt und mit möglichst wenig Aufwand erfolgreich die Zwangs-vollstreckung betreibt. Viele praktische und technische Verfahrensänderungen sowie neue Rechtsprechungsansätze erforderten eine komplette Über-arbeitung der 5. Auflage, die um zahlreiche zusätzliche Tipps und Ausfüllhilfen ergänzt wurde. Das in der Vorauflage noch brand-neue Online-Mahnverfahren mit Barcode-Mahnbescheidsantrag und die schon enthaltene Einführung in die Einrichtung und Bedienung des Elektronischen Gerichts- und Ver-waltungspostfachs sind nun noch ausführlicher geworden.

Die in der 5. Auflage dargestellten Neuerungen reichen vom neuen Layout der Mahn- und Vollstreckungs-bescheide, der Zwangsvollstreckungs-formularverordnung (ZVFV), dem Online-Mahnantrag, dem EGVP, dem Europäischen Mahnverfahren bis zu den Änderungen durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklä-rung, durch die das Verfahren der „alten“ eidesstattlichen Versiche-rung komplett neu gefasst worden ist. Natürlich gibt es für alle kritischen Bereiche wieder nützliche Hinweise, Checklisten und Ausfüllhilfen, die helfen, im Druck des Tagesgeschäfts Fehler zu vermeiden. „Zu allen diesen Vorgängen liefert das Werk eine exzellente Anleitung. Auch abgelegene Fragen werden berücksichtigt.“

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Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Aktuelle Praxisschwerpunkte Mietrecht – Wohnraum-modernisierung, Kündigung, Mietsicherheit, Betriebs-kosten, Mietrechtsänderungsgesetz

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Sozialrecht

Kosten der Unterkunft im Recht der Grundsicherungund der Sozialhilfe

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Steuerrecht

Brennpunkt Betriebsprüfung

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Finanzgerichtliche Schwerpunkte anwaltlicher Tätigkeit

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VERANSTALTUNGEN

„ANWALTSRECHT 150“

65 Jahre Prof. Hanns Prütting – 60 Jahre Prof. MartinHenssler – 25 Jahre Institut für Anwaltsrecht

Das Jahr 2013 steht für das Institut für Anwaltsrechtan der Universität zu Köln im Zeichen von drei Jubilä-en: Das Institut für Anwaltsrecht, das älteste und tradi-tionsreichste Institut seiner Art in Deutschland, wirdein Vierteljahrhundert alt. Die Direktoren des Instituts,Hanns Prütting und Martin Henssler, die beide fastebenso lang das Institut leiten, begehen 2013 ihren65. bzw. 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass veranstal-tet das Institut für Anwaltsrecht am Freitag, den21. Juni 2013 ein anwaltsrechtliches Symposion mitden folgenden Vorträgen:• RA Manfred Wissmann, Vorsitzender der Hans Sol-dan Stiftung: „65 Jahre Prof. Hanns Prütting –60 Jahre Prof. Martin Henssler – 25 Jahre Institutfür Anwaltsrecht“

• Prof. Dr. Martin Henssler: „Interessenkonflikte – derDauerbrenner des Berufsrechts: Aktuelle Problemeund Entwicklungen“

• Prof. Dr. Hanns Prütting: „Die Unabhängigkeit alskonstitutives Merkmal der rechtsberatenden Berufe“

• RA Dr. Matthias Kilian: „Berufsethische Regeln fürdie Anwaltschaft? Gedanken zu einer falsch akzen-tuierten Diskussion“

• RA Prof. Dr. Bernd Hirtz: „25 Jahre Institut für An-waltsrecht in Köln: Anlass für einen Blick auf die Ent-wicklung des Sozietätsrechts in den letzten 25 Jah-ren“

Das Symposion findet von 15.00 bis 17.30 Uhr imNeuen Senatssaal, Hauptgebäude der Universität,statt. Die Teilnahme am Symposion ist kostenlos, eineAnmeldung nicht erforderlich. Im Anschluss bittet derVerein zur Förderung des Instituts für Anwaltsrechtzu einem Umtrunk im sog. Dozentencafé. NähereInformationen zu den einzelnen Veranstaltungen:www.anwaltsrecht.uni-koeln.de/Veranstaltungen oderunter Tel. 0221/470-5711.

CRASHKURS EUROPARECHT DES CENTRUMS FÜREUROPARECHT AN DER UNIVERSITÄT PASSAU E.V. (CEP)

Das CEP veranstaltet am 12./13.9.2013 einenCrashkurs Europarecht an der Universität Passau. Die-ses Fortbildungsseminar richtet sich jeweils an Juristenaller Berufsfelder, die in ihrer täglichen Praxis mit derstetig wachsenden Bedeutung des Europarechts kon-frontiert werden. In den Seminarblöcken 1–3 werdendie Grundlagen des Europarechts vermittelt. Im Rah-men des Seminarblocks 4 erhalten die Teilnehmer dieMöglichkeit, einen für sie besonders relevanten Bereichzu vertiefen. Zur Wahl stehen die Grundfreiheiten, dasEuropäische Beihilfenrecht sowie das Europäische Ver-gaberecht. Allen ehemaligen Teilnehmern und Interes-senten mit Vorkenntnissen im Europarecht bieten wirauch die Möglichkeit, nur am zweiten Kurstag teil-zunehmen und so gezielt auch nur einen der Schwer-punkte zu besuchen („Crashkurs Add-On“). Referierenwerden Prof. Dr. Michael Schweitzer (CEP), Prof.Dr. Martin Selmayr (Europäische Kommission, Kabi-nettchef der EU-Justizkommissarin Viviane Reding),Rechtsanwalt Prof. Dr. Hans-Georg Kamann (Rechts-anwalt und Partner bei WilmerHale LLP, Frankfurta.M.), ORRin Sabine Ahlers (Hochschullehrerin an derFachhochschule für Öffentliche Verwaltung undRechtspflege, Hof; Abteilungsleiterin für Sicherheitund Verbraucherschutz beim Landratsamt Aichach-Friedberg) und RR Florian Vogel (Ausbildungsleiter fürRechtsreferendare an der Regierung von Niederbay-ern). Der Teilnahmebeitrag beträgt 600 Euro bzw.300 Euro („Crashkurs Add-On“). Die Anmeldung istbis zum 16.8.2013 möglich.

Interessenten wenden sich bitte an das Centrum fürEuroparecht an der Universität Passau e.V. (CEP),Innstraße 40, 94032 Passau, Tel.: (0851) 509-2395,Fax: -2396, [email protected], www.cep-passau.eu.

BRAK-MITTEILUNGEN 3/2013 | AKTUELLE HINWEISE

XII

(Fortsetzung von S. X)

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Das Buch für alle Fälle.

Mit dem GNotKG kommt im Sommer eine echte Herausforde-rung auf die Notariate zu, denn das Gesetz bringt für das notari-elle Kostenrecht eine Vielzahl von Neuregelungen mit sich. Es sieht zahlreiche neue Geschäftswert-vorschriften vor, mit dem Kosten-verzeichnis wird ein geschlossener Gebühren- und Auslagenkatalog eingeführt. Auffangtatbestände wird es nicht mehr geben, da-für aber eine Vielzahl weiterer Änderungen, die der Notar und seine Mitarbeiter in kürzester Zeit korrekt umsetzen müssen. Mit dem „Leipziger Kostenspie-gel“ steht ihnen dazu ein beson-deres Hilfsmittel zur Verfügung: für dieses Handbuch wurde ein spezieller Ansatz gewählt, um einen sicheren, möglichst effizien-ten Einstieg in das neue Recht zu gewährleisten.

Perfekt strukturiert bildet das Werk zu allen denkbaren Tätigkei-ten des Notars ihre jeweiligen Kos-tenfolgen ab. Ganz konkret stellt es dabei altes und neues Recht in rund 1000 Berechnungsbeispie-len synoptisch gegenüber – vom Kosten auslösenden Tatbestand bis hin zur Lösung. Durch diesen Schritt vom Alten zum Neuen bietet das Buch dem Notar einen schnellen Einstieg in das gesamte neue Recht. Seine Mitarbeiter fin-den damit eine problemorientierte Arbeitsanleitung, die – ausgehend von bekanntem Terrain hin zum neuen Recht – den Umgang mit der Kostennovelle Fall für Fall erschließt. Kurz: Mit dem „Leipziger Kos-tenspiegel“ gelingt die Auseinan-dersetzung mit den neuen Vor-schriften in jedem Fall! Leseprobe gefällig? www.otto-schmidt.de

Leipziger Kostenspiegel. Das neue Notar-Kos-tenrecht Herausgegeben von der Ländernotar-kasse. 2013, ca. 1.400 Seiten Lexikonformat, brosch. 79,80 €. ISBN 978-3-504-06763-2.

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