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Aus dem Risale-Nur Gesamtwerk

BriefeKommentare zum Qur’an

von

Bediüzzaman Said Nursi

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Said Nursi (1877-1960)...erhielt vom Scheichu-l’Islam den Ehrentitel Bediüzza-man (sprich: Bedius-Saman), welcher besagt, dass er zuseiner Zeit seinesgleichen nicht hatte....Zeigte schon als Knabe erstaunliches, wissenschaftli-ches Interesse und lernte viele Bücher auswendig. Ver-suchte dem Niedergang der Türkei durch Besinnung aufdie Werte des Islam entgegen zu wirken....Schrieb 130 Abhandlungen über den Qur’an, welche inviele Sprachen übersetzt wurde.

...Lehrte entsprechend dem islamischen Glauben, dassdie Schöpfung selbst stets aufs Beste über ihren Schöp-fer unterrichtet und somit sogar moderne WissenschaftenKunde geben von Gott.

Titel der Originalausgabe: MektubatHerausgeber: VFJH e.V.Druck: Ebner & Spiegel, UlmÜbersetzt von: Davut Korkmaz

Lichtstraße 650825 Kölnhttp://www.lichtstr.de

Mitarbeiter: R. Wagner, U. Grünberg

© Alle Rechte vorbehaltenUrheberrechtlich geschützt

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Inhalt

Erster Brief: Lebensbereiche

Zweiter Brief: Geschenk

Dritter Brief: Kosmisches Schauspiel

Vierter Brief: Naqshi-Orden

Gesang der Sterne

Fünfter Brief: Arten der Heiligkeit

Sechster Brief: Heimweh

Siebenter Brief: Seyneb – Frau des Propheten

Achter Brief: Liebe Jakobs zu Joseph

Neunter Brief: Erfolg – Eine Gabe Gottes

Zweitens: Wunder, Gabe GottesDrittens: Umwandlung negativer GefühleViertens: Hingabe (Islam) und Glaube (Iman)

Zehnter Brief: Zwei Fragen

Erstens: Imam-i Mubin – Kitab-i MubinZweite Frage: Platz der Auferstehung

Elfter Brief: Vier Themen

Erstes Thema: EinflüsterungenZweites Thema: …im Band der Worte erschienenDrittes Thema: Anteil der Schwester am ErbteilViertes Thema: Erbteil der Mutter am Erbe

Zwölfter Brief: Drei Fragen

Erste Frage: Vertreibung Adams aus dem ParadiesZweite Frage: Erschaffung der TeufelDritte Frage: Unglück und Katastrophen

Dreizehnter Brief: Bezug zur politischen Lage

Vierzehnter Brief: nicht geschrieben

Fünfzehnter Brief:

Erste Frage: Heiligkeit der SahabisZweite Frage: Absolute und relative GerechtigkeitDritte Frage: Hasret Husseyn und OmajadenVierte Frage: Jesus in der EndzeitFünfte Frage: Verstorbene während des WeltuntergangsSechste Frage: Absolute Nichtexistenz

Sechzehnter Brief: Stellungnahme zu Politikern

Siebzehnter Brief: Beileidsbrief zum Tode eines Kindes

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Achtzehnter Brief:Erste Fragestellung: Merkwürdiges in den Berichten der HeiligenZweite Fragestellung: Einheit allen SeinsDritte Fragestellung: Aktivitäten im Weltall

Neunzehnter Brief: Wunder Muhammeds (ASM)Anhang:

1. Teil – Kunde über Gott aus drei großen Quellen2. Teil – Die Spaltung des Mondes3. Teil – Die Himmelfahrt, ein Privileg des Propheten (ASM)4. Teil – Im Zeitalter des Propheten (ASM)

Zwanzigster Brief: Formel der EinheitsbekenntnisErstes Kapitel: Botschaft der EinheitsbekenntnisZweites Kapitel: Beweise zur Einheitsbekenntnis

Anhang: Allmacht Gottes

Einundzwanzigster Brief: Liebe zu den Eltern

Zweiundzwanzigster Brief: BruderschaftErstes Kapitel: Bruderschaft im IslamZweites Kapitel: Habgier und BescheidenheitEin TraumgesichtNachwort: Zuträgerei

Dreiundzwanzigster Brief:Erste Frage: Bedingungen zur Annahme des GebetesZweite Frage: Brauch der SegensformelDritte Frage: Vorzüglichkeit der GeistlichenVierte Frage: GeduldFünfte Frage: Der Propheten vor seiner BerufungSechste Frage: Bezug des Alters zum ProphetentumSiebente Frage: Merktafel der WeisheitAchte Frage: Geschichte Josephs

Vierundzwanzigster Brief: Rauhe Erscheinungen und die GüteErster Anhang: GebetsartenZweiter Anhang: Über die Kasside von Suleyman EfendiNachwort

Fünfundzwanzigster Brief: wurde nicht niedergeschrieben

Sechsundzwanzigster Brief:Erstes Kapitel: NeutralitätZweites Kapitel: Verschiedene Persönlichkeiten – verschiede-

ne CharaktereDrittes Kapitel: NationalismusViertes Kapitel:

Erste Fragestellung: Achtzehntausend WeltenZweite Fragestellung: Theologie und MystikDritte Fragestellung: Gutes und Schlechtes im MenschenVierte Fragestellung: Erfrischung des Glaubens

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Fünfte Fragestellung: Zur Formel der GlaubensbekenntnisSechste Fragestellung: Ergänzung zum Kapitel NeutralitätSiebente Fragestellung: Schläge der Göttlichen LiebeAchte Fragestellung: Übersetzbarkeit des Qur’anNeunte Fragestellung: Von Gott berauschtZehnte Fragestellung: Freunde, Brüder, Schüler

Siebenundzwanzigster Brief: …separat herausgegebenAchtundzwanzigster Brief: Acht Problemstellungen

Erste Problemstellung: TraumZweite Problemstellung: TodesengelDritte Problemstellung: Wundertaten der Risale-i Nur

Ein kleiner privater BriefVierte Problemstellung: UngerechtigkeitFünfte Problemstellung: DankbarkeitSechste Problemstellung: den osmanischen Briefen begefügtSiebente Problemstellung: Risale-i Nur – Wohltat des Qur’an

Antwort auf eine vertrauliche FrageAnhang: Übereinstimmungen

Achte Abhandlung: Erster Punkt: Die Göttliche Gnade im Dienst am Qur’anVierter Punkt: Der Prophet am Jüngsten TagFünfter Punkt: Der Glaube seiner VorfahrenSechster Punkt: Propheten unter seinen VorfahrenSiebenter Punkt: Glaube seiner Eltern und GroßelternAchter Punkt: Sein Onkel Abu Talib

Neunundzwanzigster Brief: Neun KapitelErstes Kapitel: Auslegbarkeit des Qur’anZweites Kapitel: Über den Heiligen Monat RamadanDrittes Kapitel: Symmetrische Übereinstimmung im Qur’anViertes Kapitel: Symmetrische Übereinstimmung im Qur’anFünftes Kapitel: Visionäre SchauSechstes Kapitel: Listen des Satans

Ein heiliges (Jahr) in der GeschichteAnhang: Sechs Fragen

Siebentes Kapitel: Die Sieben HinweiseAchtes Kapitel: Die Acht Hinweise – separat erschienenNeuntes Kapitel: Neun Andeutungen zur Mystik

Anhang: Vier Schritte zur Vervollkommnung

Dreißigster Brief: Hinweise auf die Wunderhaftigkeit des Qur’anEinunddreißigster Brief: Einunddreißig BlitzeZweiunddreißigster Brief: Zweiunddreißigster Blitz

Dreiunddreißigster Brief: Dreiunddreißigstes WortBuchgebetLiteraturverzeichnis

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Regeln für die Schreibweise und Aussprache für diein diesem Buch verwendeten Fremdwörter:

Dh entspricht der engl. Aussprache in »there«Gh entspricht dem deutschen »r«Kh entspricht dem »ch« in »Acht«Sh deutsches »sch«Th entspricht der engl. Aussprache in »thing«Dj entspricht der Aussprache des »dsch«Tj entspricht der Aussprache des »tsch«Q hauchloses »k«R wird grundsätzlich gerolltS wird scharf ausgesprochen wie »ß«H wird grundsätzlich ausgesprochenV wird »w« ausgesprochenY wie in deutsch »Ja«Z wie deutsches »s« am SilbenanfangDoppelkonsonanten werden separat ausgesprochen.Die Verse im Qur’an (Einzahl: Ayah, Mehrzahl: Ayat)

wurden nur in arabischer Schrift mit nachfolgender deut-scher Übersetzung angeführt.

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»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Und bei Ihmsuchen wir Hilfe.«

Erster Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)

Eine kurze Antwort auf vier Fragen

Erste Frage: Lebt Hasret Hidhir, mit dem der Friede sei?Und wenn er lebt, warum stimmen dann einige bedeuten-de Gelehrte darin nicht überein, dass er lebt?

Antwort: Er lebt zwar, doch gibt es fünf Lebensberei-che. Er ist im zweiten Bereich. Aus diesem Grund habeneinige Gelehrte daran gezweifelt, dass er lebt.

Erster Lebensbereich: Dies ist derjenige unseres Le-bens, in dem man abhängig ist von vielerlei Umständen.

Zweiter Lebensbereich: Dies ist derjenige, in demHasret Hidhir und Iljas leben, mit denen der Friede sei,und in dem sie bis zu einem gewissen Grade frei sind,

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denn sie können an vielen Orten gleichzeitig anwesendsein. Sie sind nicht wie wir ständig von menschlichen Le-bensumständen abhängig. Sie können manchmal essenund trinken wie wir, wenn sie das möchten, doch andersals wir, müssen sie das nicht. Erlebnisse der Heiligen inihren geistigen Entdeckungen und Schauungen mit Chi-der, mit dem der Friede sei, und der Grad ihrer allgemei-nen Bekanntheit, erleuchten und beweisen diesen Le-bensbereich. Es gibt sogar eine Stufe (makam) der Hei-ligkeit, die als »Hidhirs makam« bezeichnet wird. Ein Hei-liger, der diesen Makam erlangt hat, empfängt von ChiderUnterricht und trifft sich deshalb mit Chider. Jedoch wer-den manche, die sich auf dieser Stufe befinden, fälsch-licher Weise für Hidhir gehalten.

Dritter Lebensbereich: Dies ist der Bereich, in demHasret Idris und Isa leben, mit denen der Friede sei. Siesind, frei von menschlichen Lebensbedingungen, in einengelgleiches Leben eingegangen und haben einen Kör-per von der Feinheit des Lichtes erlangt. Sie befindensich im Himmel mit einer Art irdischem Körper, in seinerFeinheit vergleichbar dem Körper in unseren Träumenund in seiner Leuchtkraft dem des Astralkörpers. In derEndzeit wird Hasret Isa, mit dem der Friede sei, wieder-kommen, nach dem islamischen Gesetz leben, wie diesein Hadith sagt, dessen Sinn der Folgende ist:

In der Endzeit wird sich die christliche Religion reinigen,sich gegen den Materialismus und Naturalismus, der dieVerleugnung Gottes und die atheistischen Strömungenhervorgebracht hat, zur Wehr setzen, sich so vom Aber-glauben befreien und in den Islam umwandeln. Währendalso diese furchtbaren atheistischen Kräfte durch diechristlichen Kräfte mit dem Schwert der göttlichen Offen-barung zerstört werden, wird auch Hasret Isa – Friede seimit ihm – als das Haupt der geistigen Kräfte des Chris-tentums, den Deddjal töten, der die gottlosen Kräfte ver-körpert; das heißt, er wird die gottlose Gesinnung ver-nichten.

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Vierter Lebensbereich: das Leben der Märtyrer. Es istdies ein Lebensbereich, der nach Aussage des Qur’an ei-ne Stufe höher liegt als der der übrigen Toten in ihrenGräbern. Denn weil die Märtyrer ihr irdisches Leben derWahrheit geopfert haben, beschenkt Gott der Gerechtesie in Seiner vollkommenen Freigiebigkeit im Zwischen-reich in der Tat mit einem Leben, das dem irdischengleicht, jedoch ohne Kummer und Sorgen. Sie wissennoch nicht, dass sie gestorben sind… Sie wissen nur,dass sie in eine bessere Welt gelangt sind… Sie erfreuensich vollkommener Glückseligkeit… Sie spüren in ihremTotenreich nicht den Schmerz der Trennung. Zwar blei-ben die Seelen (ruh) der Bewohner der Gräber drübenweiter bestehen, doch sie wissen, dass sie tot sind. Sieverkosten nicht die Freuden, die den Freuden und derGlückseligkeit, die den Märtyrern zuteil werden, gleichwären. Es ist, als ob zwei Menschen im Traum in einschönes Schloss gingen, das dem Paradiese gleicht. Dereine von ihnen beiden weiß, dass er nur träumt. Die Freu-den und Vergnügen, die er empfängt, sind recht mangel-haft. Er denkt: »Sobald ich aufwache, ist der ganze Spaßvorbei.« Der andere aber weiß nicht, dass er träumt. Soerlebt er eine wahre Freude und eine wirkliche Glückse-ligkeit.

So unterscheidet sich denn auch das Leben, das dieToten im Bersah genießen, von dem der Märtyrer im Ber-sah. Auf Grund zahlloser Ereignisse und Überlieferungensteht mit Sicherheit fest, dass das Leben den Märtyrern indieser Weise erscheint und sie selbst es lebendig erfah-ren. Ja durch viele Ereignisse ist dieser Lebensbereichbeleuchtet und auf Grund wiederholter Erlebnisse durchMänner bewiesen worden, die bei Hasret-i Hamsa, mitdem Gott zufrieden sein möge, dem Haupt aller Märtyrer,Zuflucht gesucht haben, der sie beschützte und ihre welt-lichen Angelegenheiten erledigte, oder den Auftrag dazugab, sie zu erledigen. Ja, ich hatte sogar einmal einenNeffen mit Namen Ubeyd als Schüler. Nachdem er neben

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mir gefallen und an meiner Stelle gestorben war, stieg ichzu einer Zeit, in der ich bereits drei Monate (von diesemPlatz) entfernt in Gefangenschaft geraten war, im Traumin sein Grab, obwohl ich gar nicht wusste, wo er begrabenwar, so als träte ich in Wirklichkeit in seine unterirdischeBehausung ein. Dort erblickte ich ihn im Lebensbereichder Märtyrer. Er glaubte, ich sei gestorben. Er sagte, dasser viel um mich geweint habe. Er glaubte, dass er nocham Leben sei. Doch um sich vor der russischen Invasionzu verbergen, hatte er sich unter der Erde ein gutes Zu-hause geschaffen. So haben mir also dieser ganz per-sönliche Traum und verschiedene Umstände und Hin-weise auf die oben geschilderten Tatsachen eine Über-zeugung im Grade einer eigenen Beobachtung vermittelt.

Fünfter Lebensbereich: Es ist das innere (ruh) Lebender Bewohner des Grabes. Der Tod ist in der Tat einOrtswechsel, die Befreiung der Seele (ruh), eine Entlas-sung aus dem Dienst. Er ist nicht eine Hinrichtung, einVerlöschen, ein Nichts. Zahllose Ereignisse, wie die Er-scheinung der Geister (ruh) der Heiligen, die sich dengeistigen Forschern gezeigt haben, und andere Bewoh-ner des Grabes, die im Wachen oder im Träumen mit unsVerbindung aufgenommen und uns von Ereignissen be-richtet, Nachrichten überbracht und uns so viele Beweiseerbracht haben, bestätigen uns und werfen ein Licht aufdiesen Lebensbereich. Tatsächlich beweist das »Neu-nundzwanzigste Wort« über die Fortdauer des Geistes(beqa-i ruh) mit sicheren Zeugnissen (das Bestehen) die-ses Lebensbereiches.

Zweite Frage: Im Weisen Qur’an (Furqan) wird (mitden Worten):

»Er, der den Tod und das Leben schuf, um euch zu prüfen, wer voneuch am besten handelt.« (Sure 67, 2)

und anderen Ayat verständlich gemacht, dass Leben und

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Tod gleichermaßen erschaffen wurden und gleicherma-ßen eine Gnade (ni’met) sind. Wohingegen der Tod dochganz offensichtlich eine Auflösung, die Vernichtung, Ver-fall, Erlöschen der Lebensfunktionen, das Ende jeglicherFreude ist… wie also könnte er erschaffen und eine Gna-de sein?

Antwort: Wie wir bereits am Ende der »Ersten Frage«gesagt haben, ist der Tod eine Dienstentlassung, das En-de der Arbeit, eine Ortsveränderung, ein Zustandswech-sel, eine Einladung zu einem beständigen Leben, ein An-fang, eine Einführung in ein beständiges Leben. So wiedas Leben durch Erschaffung und Planung in die Weltkommt, so geschieht auch der Weggang aus dieser Weltdurch eine Erschaffung und Planung, in weiser und sinn-voller Leitung. Denn auf der untersten Ebene des Lebensist der Tod eines Pflanzenlebens ein Zeichen für ein nochbesser ausgeführtes Kunstwerk als das Leben. Denn ob-wohl der Tod von Früchten, Kernen und Körnern äußer-lich als Zerfall, Auflösung, Fäulnis erscheint, ist er viel-mehr gleich dem Kneten ein überaus wohlgeordneterchemischer Prozess, eine wohl ausgewogene Vermi-schung von Bestandteilen und eine weisheitsvolle Zu-sammenstellung von Molekülen, die nach der unsichtba-ren Weisheit des Todes im neu aufkeimenden Leben wie-der erscheint. Das heißt also, dass der Tod eines Saat-korns der Beginn des Lebens ist für die neue, grünendeSaat, ja sogar dem Leben selber gleich kommt, weil derTod ebenso wie das Leben erschaffen worden und wohlgeordnet ist.

Was aber den Tod als eine Gnadengabe betrifft, so wol-len wir hier auf vier Aspekte unter all den vielen Aspektenhinweisen.

Erstens: Er ist eine große Gnade, als eine Befreiungvon den schweren Pflichten des Lebens, entbindet vonder drückenden Verantwortung im Leben und ist ein Ein-gangstor zum Berzah, um neunundneunzig seiner hun-dert Freunde wieder zu treffen.

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Zweitens: Er ist ein Weg heraus aus diesem engen, be-drückenden, unruhevollen irdischen Kerker mit all seinenErschütterungen, um zur vollen Entfaltung eines Lebens,das beständig voll Freude ohne Leiden ist, zu gelangenund in eine Sphäre des Erbarmens des Ewigen Geliebten(Mahbub-u Baqi) einzugehen.

Drittens: Neben dem Alter gibt es noch viele Faktoren,welche die Lebensbedingungen erschweren und den Todweit mehr als das Leben als eine Gnade erscheinen las-sen. Ein Beispiel: Wenn deine Eltern, dein Großvater unddessen Vorväter schon hochbetagt sind und dir viel Kum-mer und Mühe bereiten hier und heute vor deinen Augenin ihrem erbärmlichen Zustand lebten: du würdest verste-hen, welch großen Schaden das Leben, welch großeGnaden der Tod geben kann! – Ein anderes Beispiel: Ver-ständlich ist auch, wie schwierig das Leben der schönen,geflügelten Insekten, den Lieblingen der schönen Blu-men, unter winterlichen Bedingungen wäre und welch ei-ne Gnade doch ihr Tod ist!

Viertens: So wie auch der Schlaf eine Erholung, eineBarmherzigkeit, eine Ruhepause besonders für alle Opfervon Unfällen und Krankheiten ist, so ist auch des Schla-fes großer Bruder, der Tod für alle Opfer von Unglückenund solche, die vom Schicksal verfolgt, den Tod herbei-sehnen, in gleicher Weise ein Gnadengeschenk. Wenndemgegenüber für die Leute des Irrweges, wie wir bereitsin verschiedenen »Worten« unwiderlegbar bewiesen ha-ben, der Tod Qual über Qual und Strafe über Strafe ist, sosteht das jetzt hier nicht zur Debatte.

Dritte Frage: Wo ist die Hölle?

»Sprich: Fürwahr, das Wissen ist bei Gott.« (Sure 67, 26) »Niemandkennt das Verborgene außer Gott.«

Der Platz für die Hölle wird nach einigen Überlieferungen

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als »unter der Erde« angegeben. Wie wir schon an ande-rer Stelle erörtert haben, umkreist der Erdball in seinerjährlichen Umrundung einen Bereich, der in der Zukunftdie Arena für die Große Wiederversammlung und desLetzten Gerichtes sein wird. Was aber die Hölle betrifft, soheißt das: sie liegt unterhalb der Ebene, welche die Erdejährlich umkreist. Sie ist nicht sichtbar und nicht erfahrbar,weil sie aus einem Feuer besteht, das lichtlos und ver-schleiert ist. Innerhalb dieses riesigen Bereiches, den dieErde umrundet, gibt es sehr viele Geschöpfe, die wir nichtsehen können, weil sie lichtlos sind. So wie uns die Ge-stalt des Mondes entschwindet, wenn das Licht sich vonihm zurückzieht, so sind vor unseren Augen noch vielelichtlose Gestirne und andere Objekte, die wir nicht se-hen.

Es gibt zwei Arten von Höllen. Die eine ist klein, die an-dere ist groß. In Zukunft wird sich die kleine in die großeverwandeln und, gleichsam als ihr Kern, in Zukunft inner-halb ihrer eine Wohnstatt bilden. Die kleine Hölle ist unterder Erdoberfläche, das heißt in deren Mitte. Das Untereder Erde ist deren Mitte. Nun ist es aber in der Geologiebekannt, dass die Temperatur an den meisten Stellen un-serer Erde jeweils alle dreiunddreißig Meter Tiefe um einGrad zunimmt. Das also heißt, dass bei einem Radiusvon sechstausend Kilometern und etwas eine Temperaturvon 200.000 Grad erreicht, das heißt zweihundertfachstärker als irdische Hitze, so wie es einem Hadith ent-spricht. Diese kleine Hölle versieht in dieser Welt und imBersah viele Aufgaben der großen Hölle, worauf auch inden Ahadith hingewiesen wird. So wie in der jenseitigenWelt die Erde ihre Bewohner auf den Platz der Wieder-versammlung innerhalb ihrer alljährlichen Umlaufbahngießen wird, so wird sie auch diese kleine Hölle in ihremInneren auf Gottes Weisung der großen Hölle übergeben.

Wenn nun manche Imame der Mu’tesiliten sagten, dassdie Hölle später erschaffen werden würde, so ist dies einFehler, ein Irrtum, weil die Hölle z.Zt. noch nicht in ihrer

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vollen Ausdehnung besteht und noch nicht den Zustanderreicht hat, der ihren (zukünftigen) Bewohnern entspre-chen würde. Wenn wir nun mit unseren irdischen Augendie Wohnstätten der jenseitigen Welt in dem Schleier desUnsichtbaren sehen und zeigen wollen, müssen wir ent-weder diese Welt auf die Größe zweier Provinzenschrumpfen lassen, oder aber unsere Augen wachsenlassen, bis schließlich unsere Augen die Größe von Ster-nen erreicht haben, so dass wir die (jenseitigen Plätzeschauen und sie unterscheiden können. Und das Wissenist bei Gott. Wir können die Wohnstätten der jenseitigenWelt nicht mit unseren irdischen Augen erblicken. Dochwissen wir aus Hinweisen in einigen Erzählungen, dassdie Hölle in der jenseitigen Welt mit unserer Welt verbun-den ist. In einem Hadith wird von einem glühend heißenSommertag gesagt: er gemahnt uns an den Gluthauchder Hölle. Das heißt, wir können diese große Hölle mit un-seren winzig kleinen trüben irdischen Augen nicht wahr-nehmen. Doch können wir sie im Lichte des Namens »derAllweise (Hakiem)« betrachten, und zwar wie folgt: Diegroße Hölle, die unter der jährlichen Umlaufbahn der Er-de liegt, hat die kleine Hölle in der Mitte der Erde gleich-sam zu ihrem Stellvertreter gemacht, um einige ihrer Auf-gaben an sie zu übertragen. Das Reich des Allmächtigenin Seiner Majestät ist ungeheuer weit ausgestreckt. Woauch immer es die göttliche Weisheit angegeben hat, dortbreitet sich die große Hölle aus. Er ist der Allmächtige inSeiner Majestät, der vollkommene Allweise, der über denBefehl:

»Sei! Und es ist.«

verfügt, der vor unseren Augen in vollkommener Weisheitund Wohlordnung den Mond mit der Erde verbunden, ingewaltig großen Macht und Wohlausgewogenheit die Er-de mit der Sonne verbunden und die Sonne mit all ihrenPlaneten mit einer Geschwindigkeit, die sich der Ge-

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schwindigkeit der Erde in ihrer jährlichen Umlaufbahn an-nähert in der Pracht Seiner Herrschaft, wie man annimmt,in Richtung zur Sonne der Sonnen in Bewegung gebrachtund der die Sterne wie die elektrischen Lampen zu einerFlotte lichtausstrahlender Zeugen für das Reich SeinerHerrschaft gemacht hat und so das Königreich SeinerHerrschaft und die Größe Seiner Macht dadurch präsen-tiert. So ist es denn nicht weit entfernt von Seiner voll-kommene Weisheit, von der Größe Seiner Macht unddem Königreich seiner Herrschaft, dass Er die große Höl-le zu einem Reaktorblock für eine Fabrik (zur Herstellung)elektrischer Lampen macht und die Sterne im Himmel,die auf das Jenseits hin ausgerichtet sind, damit ent-flammt und ihnen Hitze und Kraft verleiht. Das heißt, dasser aus dem Paradies, das die Welt des Lichtes ist, denSternen Licht gibt und von der Hölle Feuer und Hitze sen-det. Gleichzeitig macht Er einen Teil dieser Hölle zurWohnstatt und zum Gefängnis für die Leute der Qual.Des Weiteren ist Er ein allweiser Schöpfer, der einenBaum, riesengroß wie ein Berg, in einem Kern von derGröße eines Fingernagels verbirgt. So ist es auch mit Si-cherheit von der Macht und Weisheit dieses majestäti-schen Herrn nicht weit entfernt, dass er in der kleinenHölle, die im Herzen der Erdkugel liegt die große Höllewie in einem Kern verbirgt.

Zusammenfassung: Paradies und Hölle sind die bei-den Früchte an einem verzweigten Ast des Schöpfungs-baumes, der sich in die Ewigkeit hinüber erstreckt. Wasaber nun die Stelle betrifft, an der eine Frucht entsteht, soist sie an der Spitze eines Zweiges. Des Weiteren sind(beide Früchte) das Ergebnis der Kette des Lebens ausdem Universum und der Platz für die beiden Ergebnissefindet sich an den beiden Enden dieser Kette, die verdor-benen, schweren, an der Unterseite, die leuchtenden, er-habenen, an der Oberseite. Des Weiteren sind sie zweiSpeicher, in welche sich der Strom der Geschehnisse undder immateriellen Erzeugnisse dieser Welt ergießt. Was

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den Ort dieser Speicher betrifft, so finden sich (seine Er-zeugnisse) ihrer Qualität entsprechend: die schlechtenunten und die guten oben. Sie sind außerdem zwei Be-cken der Ewigkeit in welche die Wellen vom Strom allenSeins münden. Was nun den Ort dieser Becken betrifft,so befindet er sich dort, wo die Strömung aufhört und (dieWasser) sich sammeln. So sind denn dort die schmutzi-gen, unreinen Wasser unten und die reinen, sauberenoben. Des Weiteren ist dies ein Erscheinungsort der Gü-te und des Zorns, von (Gottes) Allbarmherzigkeit und Sei-ner Allgewalt. Was den Ort Seiner Erscheinung betrifft, sokann dieser sich überall befinden. Der Barmherzige in allSeiner Schönheit (Djemal) und der Zornige in all SeinerMajestät kann Seinen Erscheinungsort überall begrün-den.

Was aber die Existenz von Himmel und Hölle betrifft, sowurden sie bereits im Zehnten, Achtundzwanzigsten undNeunundzwanzigsten Wort mit unwiderlegbaren Zeugnis-sen bewiesen. Hier wollen wir daher nur Folgendes sa-gen: Die Existenz einer Frucht ist so sicher und gewisswie der Ast, des Ergebnisses, wie die der Kette, des Spei-chers wie die des Erzeugnisses, die des Beckens wie diedes Stromes und die des Erscheinungsortes wie die Sei-ner Barmherzigkeit und Seines Zornes.

Vierte Frage: Wenn sich eine rein platonische Liebe ineine echte Liebe verwandeln kann, kann sich dann etwaeine rein platonische Liebe zur Welt, wie sie sich bei denmeisten Menschen findet, auch in eine echte Liebe ver-wandeln?

Antwort: Ja, wenn ein Liebender, der sich in einer pla-tonischen Liebe dem vergänglichen Gesicht dieser Weltzugewandt hat, wenn er erkannt, wie abstoßend diesesGesicht ist, der Verfall und die Vergänglichkeit in ihm undsich von ihm abwendet. Wenn er nach einem ewigen Ge-liebten (mahbub) sucht und es ihm gelingt, die beiden an-deren so schönen Gesichter dieser Welt zu erkennen,welche ein Spiegel der Namen Gottes und ein Saatfeld

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für das Jenseits sind, so wird seine unerlaubte (weil nichtauf Gott gerichtete) platonische Liebe beginnen, sich ineine wahre Liebe umzuwandeln, jedoch unter der Bedin-gung, dass er seine eigene, vergängliche, unbeständige,an sein irdisches Leben gebundene Welt nicht mit derAußenwelt verwechselt. Wenn er aber wie die Leute desIrrtums und der Gottvergessenheit sich selbst vergisst,sich in der Außenwelt verliert und nun annimmt, die all-gemeine Welt sei seine eigene, ganz private Welt undsich in sie verliert, so wird er in den Sumpf der Natur-gläubigkeit fallen und in ihm ersticken, falls ihn nicht dieHand der Gnade wunderbarer Weise errettet. DieseWahrheit näher zu beleuchten, betrachte das folgendeGleichnis.

Beispiel: Fänden sich an den vier Wänden dieses be-stens eingerichteten Zimmers vier mannshohe Spiegel,deren jeder einem von uns gehörte, so hätten wir fünfZimmer. Eines davon wäre das wirkliche, das allgemeine,die anderen vier aber virtuell und ganz persönlich… Jedervon uns könnte durch seinen eigenen Spiegel die Gestaltseines persönlichen Zimmers, seine Form, Gestalt undFarbe verändern. Streichst du sie rot, dann wird sie rot,streichst du sie grün, so sieht sie grün aus usw. In dieserWeise können wir ihm mit Hilfe des Spiegels stets wiederein anderes Aussehen geben. Wir könnten es schön oderhässlich aussehen lassen, oder ihm eine andere Gestaltverleihen. Doch das äußere, allen gemeinsame Zimmerließe sich nicht so leicht verändern und verwandeln. Wäh-rend in Wirklichkeit das allgemeine Zimmer und die Pri-vaträume ein und dasselbe sind, sind sie doch in der Pra-xis voneinander verschieden. Du kannst dein eigenesZimmer mit einem Fingerdruck zerstören, doch in den an-deren noch nicht einmal einen Stein bewegen.

So ist denn diese Welt eine schön eingerichtete Wohn-statt. Das Leben eines jeden von uns gleicht einem sol-chen mannshohen Spiegel. Von dieser Welt hat jeder vonuns eine Welt, einen Kosmos. Doch ihr Pfosten, ihr Zen-

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trum, ihre Pforte ist unser Leben. Und sicherlich ist unse-re eigene Welt, unser Kosmos wie eine Seite. Unser Le-ben ist der Stift, mit dem viele Dinge niedergeschriebenwerden, die auf die Seite unseres Lebens hinüber wech-seln. Wenn wir diese Welt geliebt haben, so sehen wirspäter: Da unsere Welt über unserem Leben aufgebautist, spüren und erfahren wir, dass sie flüchtig, vergänglichund unstet ist gleich unserem Leben. Unsere Liebe zu ihrwendet sich den Ornamenten der Gottesnamen zu, de-nen unsere Welt als Spiegel dient und die sie uns vor-stellt. Wenn wir darüber hinaus verstehen, dass unserepersönliche Welt nur ein vorübergehendes Pflanzbeet fürdas Jenseits und das Paradies ist und wir unsere Emp-findungen für sie, wie brennendes Verlangen, Sehnsuchtund Liebe, dem jenseitigen Nutzen zuwenden, ihrem Er-gebnis, Frucht und Spross, dann verwandelt sich dieseplatonische Liebe in eine echte Liebe. Im anderen Fallwird jemand in Bestätigung der Ayah:

»Sie vergaßen Gott und Er ließ sie sich selbst vergessen. Sie sind dieFrevler. (Sure 59, 19)

sich selbst vergessen, nicht mehr an die flüchtige Naturdes Lebens denken, seine eigene, unstete Welt für be-ständig halten wie die allgemeine Welt und sich selbst fürunsterblich halten, er wird sich in dieser Welt festkrallenund sie mit heftigen Gefühlen umarmen, er wird in ihr er-sticken und untergehen. Diese Art von Liebe wird für ihnein grenzenloses Unglück, wird ihm zur Qual. Denn ausdieser Liebe (muhabbet) wird eine Liebe (shefqat) wie zuWaisenkindern, ein geradezu verzweifeltes Mitleiden ge-boren. Er wird alles bedauern, was da lebt, ja sogar Mit-leid und den Schmerz der Trennung gegenüber allen Ge-schöpfen, die so schön und doch dem Verfall ausgeliefertsind. Er hat nichts in Händen, was er tun könnte. So lei-det er nur in völliger Verzweiflung. Doch ersterer, der sich

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aus seiner Gottvergessenheit gerettet hatte, findet ein er-habenes Gegenmittel für diesen Schmerz seiner Liebe(shefqat). Denn der Tod und der Verfall aller Lebewesensieht er die Spiegel ihrer Seelen (ruh), welche uns dieständigen Erscheinungen der ewigen Namen des ewigenHerrn, vorstellen und verwandelt seine Liebe in Frohsinn.Er sieht auch hinter all den schönen Geschöpfen, die demTod und dem Verfall ausgeliefert sind, ein Ornament, eineFeinheit, eine Kunstfertigkeit, eine Verzierung, eine Güteund ein immerwährendes Licht, welches eine reineSchönheit und heilige Güte erahnen lässt. Er sieht Todund Verfall unter der Gestalt einer Erneuerung, um dieSchönheit zu steigern, die Freude zu erneuern und dieKunstwerke auszustellen und steigert, seine Freude, sei-ne Begeisterung und seine Bewunderung.

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Zweiter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)

(Teil einer Antwort auf ein Geschenk einesoben erwähnten wohlbekannten Schülers)

Drittens: Du hast mir ein Geschenk geschickt. Du möch-test damit eines meiner äußerst wichtigen Prinzipiendurchbrechen. Ich möchte damit nicht sagen: »Von Dirnehme ich Geschenke ebenso wenig an wie ich sie auchvon meinem Bruder Abdulmecid oder von meinem NeffenAbdurrahman nicht annehmen würde.« weil du schonweiter fortgeschritten bist und mir innerlich (ruh) näherstehst als sie. Auch würden die Geschenke von jedem ab-gelehnt, soll doch deines, wenn auch nur für dieses Mal,nicht abgelehnt werden. Doch möchte ich in diesem Zu-sammenhang über das Geheimnis meines Prinzips spre-chen. Es ist dies wie folgt:

Der Alte Said hat niemals Vergünstigungen angenom-men. Anstatt Vergünstigungen anzunehmen, zog er eslieber vor zu sterben. Trotz all der Mühen und Anstren-gungen, die er erleiden musste, hat er sein Gesetz den-noch nie gebrochen. Dieser Charakterzug, den dieserdein armseliger Bruder gewissermaßen als Erbe des Al-ten Said übernommen hat, ist kein Asketizismus oder ei-ne erkünstelte Selbstbeschränkung, sondern beruht aufvier oder fünf ernsthaften Gründen.

Erstens: Die Leute des Irrweges behaupten, dass dieLeute des Wissens ihr Wissen zu einem Erwerbsmittelgemacht hätten. Sie greifen sie unfairer Weise an, indemsie behaupten: »Sie machen ihr Wissen und ihren Glau-ben zur Geldquelle für ihren Lebensunterhalt.« Ihnen

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muss man mit der Tat beweisen, dass dies eine Lüge ist. Zweitens: Wir sind dafür verantwortlich, den Propheten

in der Verbreitung der Wahrheit zu folgen. Im WeisenQur’an wird über die Verkünder der Wahrheit gesagt:

»Mein Lohn kommt nur von Gott. Denn mein Lohn kommt einzig undallein von Gott.« (Sure 10, 72)

So haben sie ihre Unabhängigkeit bewiesen und ihre Zu-rückhaltung gegenüber den Menschen gezeigt.

Auch in der Sure Ya-Sin lesen wir:

»Folgt denen, die von euch keinen Lohn fordern und rechtgeleitet sind!«(Sure 36, 21)

ein Satz, der für unser Thema von hoher Bedeutung ist…Drittens: Im »Ersten Wort« haben wir bereits darge-

legt: Man muss im Namen Gottes geben. Man muss imNamen Gottes nehmen. Dem gegenüber ist entweder derGeber gottvergessen und gibt in seinem eigenen Namenund erwartet dafür im Gegenzug eine diskrete Vergünsti-gung, oder aber der Nehmende ist gottvergessen und er-weist so den Dank, das Lob, das dem Wahren Geber ge-bührt, den äußerlichen Ursachen und begeht so einenFehler.

Viertens: Gottvertrauen, Bescheidenheit und Sparsam-keit sind ein solcher Schatz, ein Reichtum, das man siegegen kein Ding eintauschen kann. Ich möchte keine Gü-ter von den Menschen annehmen und mir so diesen un-erschöpflichen Schatz, diese Goldmine versperren. Ichdanke dem majestätischen Versorger (Rezzaq) viele hun-derttausend Mal, dass er mich niemals in eine Notlagegebracht hat, die mich dazu gezwungen hätte, mich Ver-günstigungen und Erniedrigungen zu unterziehen. Auf

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Seine Großzügigkeit (kerem) gestützt, erbitte ich von Sei-ner Barmherzigkeit (rahmet), auch den Rest meines Le-bens in Übereinstimmung mit dieser Regel verbringen zudürfen.

Fünftens: Seit ein, zwei Jahren bin ich durch viele Zei-chen und Erfahrungen zu der sicheren Überzeugung ge-langt, dass es mir nicht erlaubt ist, Eigentum von Leuten,besonders aber Geschenke von den Reichen oder vonBeamten anzunehmen. Manche von ihnen machen michkrank… bedrücken, belasten mich; ich darf sie nicht zumir nehmen. Manche von ihnen verändern sich zu mei-nem Schaden. Das aber heißt, dass es in der Tat eineninnerlichen Befehl (emir) gibt, anderer Leute Eigentumnicht anzunehmen, ein Verbot sie anzunehmen. Darüberhinaus habe ich eine solche Scheu vor Menschen, dassich nicht jeden jederzeit empfangen kann. Geschenkevon Leuten anzunehmen macht es notwendig, auf ihreLaunen Rücksicht zu nehmen und sie dabei doch zu ei-ner Zeit zu empfangen, in der ich es nicht wünsche… undauch das ist mir nicht angenehm. Des Weiteren ist es mirweit angenehmer, zwar ein Stückchen trockenes Brot zuessen und hundertmal geflickte Kleidung zu tragen, michdafür aber vor Kriecherei und Sklaverei zu bewahren. Voneinem anderen die feinste Baklava zu essen und die kost-barsten Kleider zu tragen und dabei dazu gezwungen zusein, ihre Launen zu berücksichtigen, ist mir zuwider.

Sechstens: Der wichtigste Grund zur Selbstgenüg-samkeit ist, dass Ibn-i Hacer, der zuverlässigste unsererSchule (medhheb) sagt: »Etwas anzunehmen, dass dirgegeben wurde, in der Absicht es einem Reinen und Ge-rechten (salih) zu geben, wenn du doch nicht rein bist, istverboten (haram).«

So verkaufen denn die Menschen unserer Zeit ein klei-nes Geschenk in ihrer Habsucht und Gier zu einem ho-hen Preis. Sie stellen sich vor, dass ein armseliger, sün-diger Mensch wie ich, ein Gerechter oder ein Heiliger seiund geben ihm dann ein Stück Brot. Hielte ich mich

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selbst, was Gott verhüten möge, für gerecht, so wäre dasein Zeichen von Stolz und ein Hinweis auf das Fehlen je-der Gerechtigkeit. Wenn ich aber weiß, dass ich nicht zuden Gerechten zähle, dann ist es mir auch nicht erlaubt,derartige Güter anzunehmen. Des Weiteren heißt es,wenn jemand Spenden (sadaqa) und Geschenke für Din-ge annimmt, die er mit Blick auf das Jenseits getan hat,dass er schon in dieser Welt die unvergänglichen Früch-te des Jenseits in einer Weise verzehrt, die sie wiedervergänglich macht.

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Dritter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, dass ihnnicht lobt und preist.«

(Teil eines Briefes an seinen wohlbekanntenSchüler)

Fünftens: Du schreibst in einem Deiner Briefe an mich,dass Du meine Gefühle hier mit mir teilen möchtest. Hö-re nun hier über eines unter tausend von ihnen!

Eines Nachts betrachtete ich aus der Höhe meinesBaumhauses im Gipfel einer Zeder in das wunderschöneAntlitz des Himmels, von den Sternen vergoldet, und er-kannte in dem Schwur des Weisen Qur’an:

»Fürwahr, ich schwöre bei den Planeten, wenn sie vor oder zurück lau-fen oder sich verbergen.« (Sure 81,15-16)

das erhabene Licht des Wunders und das glänzende Ge-heimnis der Beredsamkeit. Dieser Vers, der sich auf diePlaneten bezieht, wenn sie sich verbergen oder aus-schwärmen, führt den Blicken der Beobachter ein ganzbesonders schön gesticktes Kunstwerk, eine hocherha-bene Tafel mit Beispielen vor Augen. In der Tat treten die-se Planeten im Umkreis der Sonne, ihres Kommandan-ten, treten in den Kreis der Fixsterne hinüber und zeigenuns am Himmel immer wieder neue kunstvolle Muster.Manchmal zeigen sie sich Schulter an Schulter mit ande-ren Sternen, ebenso glänzend wie sie, und bilden einebesonders schöne Konstellation. Und manchmal tretensie unter die kleinen Sterne und nehmen die Position desKommandanten ein. Besonders in dieser Jahreszeit bie-

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tet die Venus am späten Abend, dicht über dem west-lichen Horizont und am Osthimmel, ganz früh, noch vorder Morgendämmerung ihr strahlender Bruder ein wahr-haft liebenswertes und prächtiges Schauspiel. Später,nachdem sie ihre Pflicht als Inspektoren oder als Weber-schiffchen in der Kunstwerkstatt erfüllt haben, kehren siewieder in die prächtige Sphäre der Sonne, ihres Sultans,zurück und verbergen sich dort. Jetzt demonstrieren sie,ebenso glänzend wie die Sonne die Pracht der Herrschaftund den Glanz des göttlichen Königreiches des Herrn,der unsere Erde zusammen mit den genannten vor undzurück laufenden Planeten in den Tiefen des Alls wieSchiffe oder Flugzeuge in vollkommener Ordnung, krei-sen, segeln und reisen lässt. Siehe die Pracht eines Kö-nigreiches unter dessen Schiffen und Flugzeugen es sol-che gibt, die tausendmal größer als unsere Erde sind undin einer Sekunde eine Entfernung von acht Stundenüberbrücken können. So kannst du denn nun einen Ver-gleich ziehen, welch hohes Glück und was für eine großeEhre es ist, einem solchen König in Dienst, Anbetung undGlaube verbunden und in dieser Welt sein Gast zu sein.

Danach betrachtete ich den Mond und sah das hellstrahlende Licht eines Wunders ausgedrückt in der Ayah:

»Und dem Mond haben wir seine Phasen und Stationen bestimmt, biser schließlich einem alten Dattelrispenstiel gleicht.« (Sure 36, 39)

In der Tat ist die Bestimmung, die Rotation, die Regulie-rung, die Lichteinstrahlung des Mondes und seine Stel-lung im Verhältnis zu unserer Erde und zur Sonne mit ei-ner so außerordentlichen Präzision so wunderbar, so er-staunlich, dass für den Allmächtigen, der (seine Datenund Bahnelemente) in dieser Weise ordnete und be-stimmte, nichts schwer sein kann. (Der Mond) unterrich-tet alle mit Bewusstsein begabten Wesen in der Vorstel-lung:

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»Der ihn so gemacht hat, vermag alles zu tun«.Und weiter folgt er der Sonne in der Weise, dass er

auch nicht für eine Sekunde von seiner Bahn abweicht,noch auch nur ein Stäubchen hinter seiner Aufgabe zu-rück bleibt. Er lässt die ihn aufmerksam beobachten aus-rufen:

»Gepriesen sei der, durch dessen Kunst der Verstand in Erstaunen ver-setzt wird!«

Besonders aber dann, wenn es Ende Mai gelegentlichgeschieht, dass er in der Form einer schmalen Sichel indas Haus des Siebengestirns eintritt, was dann so aus-sieht, wie ein weißer, gebogener Palmwedel und das Sie-bengestirn wie eine Dattelrispe, was in der Phantasie dieVorstellung wachruft, als wäre da ein riesiger leuchtenderBaum hinter dem Schleier eines grünen Himmels. Es istals habe die Phantasie die Vorstellung von einem solchenBaum hervorgerufen, der sich mit dem spitzen Ende ei-nes Zweiges (ein Loch) durch diesen Vorhang gebohrtund da seinen Kopf hervor gestreckt habe, woraus nundas Siebengestirn und die Mondsichel entstanden seienund all die anderen Sterne, welche die Früchte diesesverborgenen Baumes geworden sind. So siehe denn nundie subtile Ausdruckskraft dieser Metapher:

»Gleicht einem alten Dattelrispenstiel.« (Sure 36, 39)

Dann kam mir der folgende Ayah ins Gedächtnis:

»Er ist es, der euch die Erde untertan gemacht hat. So geht den aufihren Schultern!« (Sure 67, 15)

die darauf hinweist, dass die Erde einem Schiff oder ei-

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nem Reittier gleicht, das in euren Dienst gestellt ist. Indiesem Zeichen habe ich mich denn hoch droben auf ei-nem riesigen Schiff gesehen, das mit großer Geschwin-digkeit durch die Tiefen des Alls eilt. Da habe ich die Ay-ah gelesen, die zu rezitieren Sunnah ist, wenn man einTransportmittel, also ein Pferd oder Schiff benutzt:

»Gepriesen sei der, der dies in unseren Dienst gestellt hat. Wir wärennie dazu in der Lage gewesen.« (Sure 43, 13)

Des Weiteren habe ich gesehen, dass die Erde durch die-se Bewegung einem Projektor glich, welcher Bilder auf ei-ne Leinwand wirft. Sie versetzte die Himmel in Bewegungund begann alle Sterne wie ein prächtiges Heer aufmar-schieren zu lassen. Das brachte einen solch schönen underhabenen Anblick zu Stande, dass die, welche nachden-ken, davon berauscht und in Bewunderung geraten. »Eh-re sei Gott!« habe ich da gesagt. Mit wie wenig Aufwandwerden doch so viele, große, einzigartige, erstaunliche,erhabene und kostbare Werke verrichtet! An dieser Stelletauchten in meinem Gedächtnis zwei Anmerkungen zumGlauben auf:

Erste Anmerkung: Vor einigen Tagen hat mir einermeiner Gäste eine Frage gestellt. Im Wesentlichen be-ruhte seine Frage auf dem folgenden Zweifel: Himmelund Hölle sind sehr weit von hier entfernt. Nun sagen wireinmal, dass die Leute des Paradieses durch die GnadeGottes den Ort der Auferstehung schnell wie Blitz und Bu-raq durcheilen und ins Paradies eingehen werden. Wieaber werden die Leute der Hölle mit ihren schweren Lei-bern und unter der Last ihrer großen und schweren Sün-den dahin gelangen? Durch welches Mittel?

Woran ich mich nun erinnerte, war das Folgende: Wiezum Beispiel von allen Völkern, die zu einem allgemeinenKongress nach Amerika eingeladen worden sind, ein je-des Volk an Bord eines großen Schiffes geht und dorthin

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fährt, so lädt auch die Erde, die es gewohnt ist, den Oze-an des Alls auf ihrer langen Reise von fünfundzwanzigTausend Jahren Entfernung in einem einzigen Jahre zu-rückzulegen, ihre Bewohner ein, bringt sie zum Ort derAuferstehung und lädt sie dort wieder aus. Des Weiterenwird sie das Feuer der Hölle, die einige Aufgaben der gro-ßen Hölle in dieser Welt und im Bersah versieht und diein der Mitte der Erde liegt, entsprechend dem Hinweis,dass (ihre Temperatur) alle dreiunddreißig Meter um einGrad zunimmt und so zweihunderttausend Grad Hitze er-reicht, (der Temperatur), die einem Hadith entsprechendals die Hitze des Höllenfeuers erklärt wird, in das Feuerder Hölle entleeren und sich dann auf den Befehl Gottesin eine noch schönere, ewige Form umwandeln und eineWohnstatt der jenseitigen Welt werden.

Zweite der Anmerkungen, die in meinem Gedächtnisaufgetaucht sind: Es ist eine Gewohnheit des Allmächti-gen Meisters (Sani-i Qadir), des Allweisen Schöpfers (Fa-tir-i Hakim), des Einen und Einzigartigen (Vahid-i Ahad),um die Vollkommenheit Seiner Macht (kemal-i qudret),die Schönheit Seiner Weisheit (djemal-i hikmet) und dieBeweise Seiner Allgegenwart (Vahdet) zu zeigen, vieleWerke mit sehr wenig Mitteln zu bewirken und sehr gro-ße Aufgabe mit sehr wenig Einsatz ausführen zu lassen.Ich hatte bereits in einigen Abhandlungen (Sözler) ge-sagt: Wenn alle Dinge auf ein einziges Wesen zurück-geführt werden, so werden alle Dinge in dem Maße leicht,wie es ihrer Notwendigkeit entspricht. Wenn aber alleDinge auf verschiedene Meister und Ursachen zurückge-führt werden, so entstehen so viele Schwierigkeiten, dasssie schließlich den Grad der Unmöglichkeit erreichen.Denn während eine einzige Person, wie ein Offizier oderein Meister, einer Vielzahl von Einzelpersonen oder vie-len einzelnen Steinen durch eine einzige Handlung, eineeinzige Bewegung mit Leichtigkeit formieren und so zu ei-nem Ergebnis führen kann, könnte man dies nur mit sehrvielen Handlungen, unter erheblichen Schwierigkeiten

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und großen Wirrungen bewerkstellingen, überließe manes den Einzelnen im Heer oder den Steinen, die sich oh-ne stützende Säulen in einer Kuppel befinden, sich selbstzu formieren und so zu einem Ergebnis zu kommen.

Wenn man also nun Werke, wie alles Wirbeln und Krei-sen, alle Umdrehungen und Umwälzungen, ein Lob undRuhm versprühendes Schauspiel, den Ablauf der vierJahreszeiten und den Wechsel von Tag und Nacht imUniversum dem einen Allgegenwärtigen (vahdet) zu-schreibt, so vermag eine einzige Person mit einem einzi-gen Befehl eine Kugel in Bewegung zu versetzen, imWechsel der Jahreszeiten die einzigartigen Kunstwerke,im Wechsel von Tag und Nacht außerordentliche Weis-heit, durch die augenscheinlichen Bewegungen von Son-ne und Mond schöne Szenen und andere erhebende Auf-tritte und kostbare Ergebnisse zu bewirken. Denn Ihmgehört das ganze Heer des Seins. Wenn Er will, kann Ereinen einfachen Soldaten wie die Erde zum Komman-danten aller Sterne ernennen, die riesengroße Sonne fürderen Bewohner zu einer Lampe, die Licht und Wärmeausstrahlt, die vier Jahreszeiten zu Weberschiffchen fürdie Bildtafeln der göttlichen Macht, Tag und Nacht zu ei-ner Feder für die Seiten der göttlichen Weisheiten ma-chen. Indem Er den Mond jedem Tag in einer anderenForm zeigt, macht er ihn zu einem Kalender für die Be-rechnung der Zeit. Und so wie Er die Sterne zu verzier-ten, wunderschönen, strahlenden Fackeln in den Händenzum Tanze angetretener und in Ekstase tanzender Engelgemacht hat, so führt Er noch viele andere Seiner Weis-heiten auf der Erde vor. Wenn dergleichen Dinge nichtvon einer einzigen Person nachgefragt werden, derenAutorität, Disziplin, Gesetze und Maßnahmen allem Seinzugewandt sind, dann müssten alle Sonnen und alle Ster-ne in einer tatsächlichen Bewegung und einer unendlichhohen Geschwindigkeit täglich eine unendlich weite Ent-fernung zurücklegen.

Es ist auf Grund dieser unendlichen Leichtigkeit die in

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der Einheit (vahdet) und auf Grund einer unendlichenSchwierigkeit, die in der Vielheit liegt, dass Geschäftsleu-te und Handwerker aus der Vielheit zur Einheit kommen,um Erleichterungen und Vereinfachungen zu bewirken,das heißt, sie bilden Handelsgesellschaften.

Kurzum: Es gibt unendlich viele Schwierigkeiten aufden Wegen des Irrtums und eine unendliche Leichtigkeitauf dem Wege der Rechtleitung und Einheit.

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Vierter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei; und fürwahr, es gibt kein Ding,das nicht lobend Ihn preist.« »Gottes Friede, Sein Erbarmen und Segensei über euch und über eure Brüder in Fülle usw.«

Meine lieben Brüder,ich befinde mich gerade in den Tscham-Bergen, auf ei-nem hohen Gipfel, auf dem Wipfel einer riesigen Tanne inmeiner Behausung. Die Grausamkeit von Menschen undBestien ist mir vertraut geworden. Wenn ich einenWunsch nach der Gesellschaft der Menschen verspüre,seid ihr in meinen Träumen und Gedanken bei mir, wirunterhalten uns miteinander und ich finde meinen Trostbei euch. Wenn nichts dazwischen kommt, möchte ichhier ein, zwei Monate allein bleiben. Wenn ich dann wie-der nach Barla zurückkehre, werden wir nach einer Mög-lichkeit suchen, wie wir zusammen kommen und euremWunsch entsprechend miteinander reden können, wo-nach ich mich mehr sehne als ihr. Ich will jetzt hier auf die-ser Tanne ein, zwei Gedanken niederschreiben, die mir inErinnerung gekommen sind.

Erstens: Ein Arcanum privatum (mahrem bir sirr = eineWahrheit von geheimnisvoller Tiefe, die nur Eingeweihtenverständlich wird), das jedoch für euch kein Geheimnisist. Es handelt sich um Folgendes:

So wie ein Teil derer, denen die Wahrheit zuteil gewor-den ist, den Namen »Vedud (= Freund)« offenbaren unddurch die Fenster allen Seins hindurch den »notwendi-gerweise Seienden (Vadjibu-l’Vudjud)« in überwältigen-dem Grade unter der Gestalt dieses Namens betrachtet,so wurde diesem eurem Bruder, der doch ein Nichts ist

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von einem Nichts, der Status verliehen, ausschließlichzur Zeit seines Dienstes am Qur’an und während er derHerold dieser unendlichen Schatzkammer ist, eine Offen-barung der göttlichen Namen »Rahim (= Barmherziger)«und »Hakim (= Allweiser)« zu sein. Alle Sözler (= Worte)offenbaren sich in dieser Gestalt. Insha-a’llah offenbarenalle »Sözler« das Geheimnis der Ayah:

»Wem die Weisheit gegeben wurde, dem wurde mit Sicherheit die Füllealles Guten gegeben.« (Sure 2, 269)

Zweitens: Es kam mir plötzlich das folgende schöne Ge-dicht in den Sinn, worin über den Nakschi-Orden ausge-sagt wird: »Im Naqshibandi Orden muss man auf vier Din-ge verzichten: Verzicht auf das Diesseits (als Stätte irdi-scher Genüsse), Verzicht auf das Jenseits (als Stättehimmlischer Genüsse), Verzicht auf das Dasein (alsWunsch, Wille und Vorstellung aller Genüsse in dieserund in jener Welt), Verzicht auf den Verzicht (auf Dies-seits und Jenseits, Da-Sein und Nicht-Sein und über-haupt jede nur mögliche Ausdrucksform des Egoismus).Es kam mir dieser Gedanke in den Sinn und zugleichstieg auch folgende Erinnerung in mir auf: »In dem Ordender Besitzlosen (adjz-i mendi) sind vier Dinge notwendig:vollkommene Armut, vollkommene Unterwerfung (adjz =die Schwachheit des Menschen gegenüber der göttlichenAllmacht), vollkommene Dankbarkeit und vollkommeneHingabe (shauq = die Begeisterung des Herzens für Gott,seinen Herrn), ihr Freunde! (aziz = ein Mensch, der dieHeiligkeit Gottes respektiert und Seine göttlichen Ge-schenke nicht zu irdischen Zwecken missbraucht).

Danach fiel mir dieses farbenfrohe und reiche Gedichtwieder ein, das du geschrieben hast: »Betrachte jenenfarbenreichen Band aus dem Gesamtwerk der Schöp-fung… usw.« An dieses Gedicht musste ich wieder den-ken, als ich den gestirnten Himmel über mir betrachtete.

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»Ach wäre ich doch ein Dichter und könnte dies vollen-den«, sagte ich. Aber obwohl ich für Poesie und Dichtungnicht begabt bin, habe ich wieder damit begonnen. Dochkonnte ich Poesie und Dichtung nicht gestalten. So wie esmir einfiel, habe ich es geschrieben. Du als mein Erbemagst es in Poesie verwandeln, einen Reim darauf ma-chen. Dies war es, was mir plötzlich einfiel:

Lausche der Sterne Gesang, ihrer berauschenden Pre-digt (hutbe)!Entnimm ihrer leuchtenden Schrift die Weisheit, die sieverkündet!Gekommen sind sie und sagen, alle gemeinsam einenAusdruck der Wahrheit:»Wir sind das strahlende Zeugnis des großartigen Kö-nigreiches einer allmächtigen Majestät.Wir sind dafür Zeuge, dass es einen Meister gibt in Sei-ner Einheit und in Seiner Kraft…Den Engeln gleich betrachten wir vom Himmel herabdie Erde, schauen das Antlitz der Erdevoll tiefer und feinsinniger Wunder, halten stets das Pa-radies auch im Blick.Des Himmels tausend aufmerksame Augen* sind wir.Es wuchs der Tuba-Baum der Schöpfung und seineÄste strecken sich durch einen Spalt der Himmelund seine Zweige bilden die Milchstraße.Schönheit und Majestät heißt die Hand der göttlichenWeisheit, die uns an ihnen aufgehängt hat

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Gesang der Sternewww.Lichtstr.de

* Das heißt: So wie die Engel in den himmlischen Welten dieseStaunen erregenden Wunder der Macht, diese Blumen desParadieses in den Gärten und auf den Feldern unserer Erdebetrachten, so betrachten auch die Sterne, welche am Himmeldie Augen sind, den Engeln gleich, die feinsinnigen Kunstwerkehier auf Erden, schauen in die Welt des Paradieses und erbli-cken dort die wundervollen unvergänglichen Urbilder jener ver-gänglichen Abbilder. Die betrachten zu gleicher Zeit Himmel undErde; das heißt, sie haben einen Blick für beide Welten.

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als seine wundervollen Früchte.Für die Bewohner des Himmels sind wir eine wandeln-de Moschee,ein Haus, das seine Kreise zieht und ein erhabenesNest,ein strahlender Leuchter, ein gewaltiges Schiff;Flugzeugen gleich sind wir alle und ein jeder von uns.Eines Allmächtigen in Seiner Vollkommenheit, eines All-weisen in Seiner Majestätwunderbare Kraft und Staunen erregendes KunstwerkSeiner Schöpfung,ein Kleinod Seiner Weisheit und Ingenium SeinerSchöpfung,eine Welt voller Licht sind wir, jeder von uns eine Weltaus Licht.So zeigen wir mit hunderttausenden von Zungen hun-derttausende Beweiselassen sie vernehmlich werden dem Menschen, derMensch ist.Mit Blindheit geschlagen das Auge der Gottlosen, ver-mag es nicht mehr zu schauen unser Antlitzund vernimmt er unsere Stimme nicht. Doch sind wir dieZeichen, die Wahrheit verkünden.Eines ist unsere Prägung, einer unser Siegel.Immerwährend wiederholen wir den Lobpreis unseresHerrn, wir seine Dienergedenken Seines Namens, Ihn verehrend alle Zeit.In Ihm versunken reihen wir uns ein als die Glieder inder Kette der endlosen Milchstraße.«

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Fünfter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei; und fürwahr; es gibt kein Ding,das nicht lobend Ihn preist.«

In seinen »Mektubat« sagt Imam Rabbani (möge Gott mitihm zufrieden sein), einer der Großen in der Kette (silsi-lah) des Naqshibandi-Ordens und seine Sonne: »Ich zie-he die Entfaltung einer einzigen Glaubenswahrheit allenFreuden, Ekstasen und tausend Wundern (keramet) vor.«

Er sagte auch: »Der Endpunkt allen Sufi Weges ist dieVerdeutlichung und die Entfaltung der Glaubenswahrhei-ten.«

Und er sagte weiter: »Heiligkeit (Vilayat) ist von dreier-lei Art: die erste ist die kleine Heiligkeit, welche die be-kannte Heiligkeit ist. Eine andere ist die mittlere Heiligkeiteine weitere die große Heiligkeit. Was die große Heiligkeitbetrifft, so besteht sie darin, durch das Erbe des Prophe-tentums einen direkten Weg zur Wahrheit einzuschlagen,ohne in die Zwischenwelt (berzah) der Mystik einzutre-ten.«

Des Weiteren sagt er: »Der Naqshibandi-Orden mar-schiert mit zwei Flügeln voran.« Nämlich: »mit dem fest-en Vertrauen in die Glaubenswahrheiten und in der Erfül-lung der religiösen Pflichten. Ist einer dieser beiden Flü-gel fehlerhaft, ist ein Voranschreiten auf dem Wege nichtmöglich.« Wenn dies aber so ist, so unterscheiden wir aufdem Naqshibandi-Weg drei Stufen (perde):

Die erste, zuvorderste und größte: der unmittelbareDienst an den Glaubenswahrheiten. Imam Rabbani (mitdem Gott zufrieden sein möge) ging diesen Weg in sei-nen späten Jahren.

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Der zweite Weg ist der des Dienstes in der Erfüllung derreligiösen Pflichten und der gelobten Sunna unter demSchatten des Ordens.

Der dritte besteht darin, auf dem mystischen Wege dieWunden des Herzens zu heilen und dem Weg des Her-zens zu folgen. Von diesen ist der erste gleich einerPflicht (fardh), der zweite notwendig (vadjib) und der drit-te Sunna.

Da aber die Sachlage nun einmal so ist, bin ich nun fol-gender Meinung: Würden Sheyh Abdulqadir-i Geylani,Shah-i Naqshiband und Imam Rabbani (möge Gott mit ih-nen zufrieden sein) in heutiger Zeit leben, sie würden ih-re ganze Kraft dafür einsetzen, die Glaubenswahrheitenund die Grundpfeiler des Islam zu verstärken. Denn siesind die Quelle der ewigen Glückseligkeit. Wenn es an ih-nen mangelt, ist dies die Ursache zu ewiger Qual. OhneGlaube gelangt man nicht ins Paradies, doch gibt es vie-le, die ohne jede Mystik ins Paradies gelangen. DerMensch lebt nicht ohne Brot, doch kann er auch ohneObst leben. Die Mystik gleicht dem Obst, doch die islami-schen Glaubenswahrheiten sind wie die Grundnahrungs-mittel. In alten Zeiten konnte man nur durch eine spiri-tuelle Reise von vierzig Tagen bis zu vierzig Jahren die ei-ne oder andere Glaubenswahrheit erlangen. Wenn esaber heute durch das Erbarmen Gottes des Gerechten ei-nen Weg gibt, der in vierzig Minuten zu der selben Wahr-heit führen könnte, ist es mit Sicherheit nicht vernünftig,vor einem solchen Weg gleichgültig zu bleiben…

So bestätigen denn diejenigen, welche die dreiunddrei-ßig Abhandlungen (»Sözler«) aufmerksam gelesen ha-ben, dass diese letzteren einen solchen qur’anischenWeg eröffnen. Von dieser Tatsache ausgehend bin ich da-von überzeugt, dass diese »Sözler«, die über die Ge-heimnisse des Qur’an geschrieben worden sind, das ambesten geeignete Medikament ist, eine Salbe für dieWunden dieser Zeit, das segensreichste Licht für die isla-mische Gemeinschaft, die den Angriffen finsterer Mächte

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ausgesetzt ist, und der aufrichtigste Führer für die ver-wundert durch das Tal der Verirrungen Wandernden.Wenn ihr wisst, dass Irreführung aus Unwissenheit er-wächst, so kann diese leicht beseitigt werden. Entstehtsie jedoch aus der Philosophie und der Wissenschaft, soist sie nur schwer zu beendigen. In alter Zeit fand sich diezweite Art nur in einer unter tausend Fällen. Unter ihnenkonnte nur eine unter Tausenden durch Rechtleitung zurBesinnung gelangen, denn solche Leute halten sichselbst für überlegen. Zwar wissen sie nichts, doch glau-ben sie, sie wüssten etwas. Ich kann mir jedoch vorstel-len, dass Gott der Gerechte uns diese bekannten »Söz-ler« als Funken aus dem wundersamen Qur’an in unse-rer Zeit als ein Gegengift gegen diese atheistische Irre-führung gegeben hat.

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

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Sechster Brief

»Im Namen des Hochgelobten; und fürwahr gibt es kein Ding, das Ihnnicht lobpreist.« »Der Friede Allahs, Sein Erbarmen und Sein Segen seimit Euch beiden und Euren Brüdern, solange Tag und Nacht einanderablösen, die Tage sich neigen, Sonne und Mond einander ablösen unddie Polarsterne uns den Weg weisen.«

Meine Brüder, die ihr so voll Begeisterung seid und mei-ne Gefährten, die ihr so voller Eifer seid und die Quellemeines Trostes in dieser Fremde, die man die Welt nennt.

Denn Gott der Gerechte hat euch ja schon euren Anteilam Verständnis meiner Abhandlungen und Auslegungengeschenkt, die Er mir in Seiner Güte zuteil werden ließ;und darum habt ihr sicherlich auch ein Anrecht darauf,auch an meinen Empfindungen Anteil zu nehmen. Umeuch nicht allzu sehr zu betrüben, will ich den überausleidvollen Teil meines Schmerzes über die Trennung undüber die Fremde beiseite lassen und euch nur einen Teildavon erzählen. Es ist nun Folgendeses:

Ich bin in diesen zwei, drei Monaten ganz allein geblie-ben. Manchmal fand sich einmal in fünfzehn, zwanzig Ta -gen ein Gast bei mir ein. Die übrige Zeit bin ich allein. Jaseit fast zwanzig Tagen waren selbst die Hirten in denBergen hier nicht mehr in meiner Nähe, haben sich zer-streut…

So habe ich zur Nachtzeit, auf diesen Bergen, fremd,still, stumm und allein im Raunen und Rauschen der Bäu-me mich inmitten einer fünffach farbig verschlungenenFremde gesehen.

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Erstens: Es ist ein Geheimnis des Alters, dass die über-wältigende Mehrheit derer, die mir nahe standen, Freun-de und Verwandte, mich in der Fremde allein gelassenhat. Sie sind in die Zwischenwelt (Alem-i Berzah) hinübergegangen und haben mich hier zurückgelassen. In mirblieb nichts als Heimweh. So öffnete sich mir in dieserFremde noch ein weiterer Bereich dieser Fremde. Es ent-stand in mir ein Gefühl der Trennung und der Fremdegegenüber den meisten Geschöpfen, mit denen ich nochim vergangenen Frühling verbunden war und die michnun verlassen hatten. Und inmitten dieser Fremde öffne-te sich mir noch ein weiterer Kreis der Fremde: man hat-te mich in die Trennung von meiner Heimat und den Lie-ben daheim fallen und darin allein gelassen, sodass michein Gefühl der Trennung überkam und noch eine neueFremde in mir geboren wurde. Und in dieser Fremde leg-te sich mir die Fremde der Nacht und der Berge wie nocheine neue Fremde auf mein Gemüt. Und aus dieserFremde heraus erkannte ich nun, dass meine Seele (ruh),die bereit ist, aus diesem vergänglichen Gasthaus dieReise in die unendliche Ewigkeit anzutreten, sich hier ineiner überwältigenden Fremde befindet. »Fasubhana’l-lah« (gepriesen sei Gott!) sagte ich da und dachte darü-ber nach, wie man diese Fremde und Dunkelheit ertragenkönne. Da schrie mein Herz:

»Oh Herr! Ich bin in der Fremde, ein Nichts,schwach und ohne Macht, ohne Kraft.Alt und krank und hilflos bin ich; und keine Wahlmehr ist mir geblieben.Ich flehe zu Dir um Deine Gnade! Ich suche DeineVergebung.Vor Deinen Toren, oh DU Mein Gott, stehe ich undrufe zu Dir um Deine Hilfe.«

Da kamen mir plötzlich das Licht des Glaubens, der Se-gen des Qur’an und die Freigiebigkeit des Allbarmherzi-gen zu Hilfe. Sie verwandelten diese fünf Fremdheiten,

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die mir so voll Dunkelheit gewesen waren und es öffnetesich mir ein lichtvoller, vertrauter Kreis.

Mein Mund sprach:

»Allah ist unser Genügen und der vortrefflichste Anwalt.«

Mein Herz zitierte die Ayah:

»Wenn sie sich von dir abwenden, sprich: Allah ist mein Genügen. Esgibt keinen Gott außer Ihm. Auf Ihn vertraue ich und Er ist der Herr desgewaltigen Thrones.« (Sure 9, 129)

Auch mein Verstand wandte sich an meine Seele (nefs),die da schrie in ihrer Qual und in ihrer Angst und sagte zuihr:

Lass du Ärmster deine Klagen! Vertraue auf Gottvor dem Unglück! Denn wisse, dass ein Fehler ist,zu klagen, sich im Unglück noch zu plagen.

Hast du gefunden den, der dich plagte, wisse:Glück und Freundschaft und ein Geschenk umhülltdir die Plage. So lass denn nun dein Klagen! Danke! Es lächelndie Rosen. Es freut sich die Nachtigall. Findest du Ihn nicht, dann wisse, dass die Weltliegt in Qualen, Vernichtung in ihr, Zerstörung in ihr. Es droht dir eine Welt voll Unglück ( = Hölle) ! Wasklagst du über dein kleines Missgeschick? Kommdoch, vertraue!

Voll Vertrauen lache ihr ins Gesicht, der Plage!Auch sie wird lachen, die Plage. Wird lächelnd sichumwandelnd dir entschwinden.

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Ich sprach auch wie einer meiner Lehrer, Maulana Cela-leddin einmal zu seiner Seele (nefs) gesagt hatte:

»Er sagte: ›Bin Ich nicht dein Herr?‹ Du hast gesagt: ›Doch! Du bistmein Herr.‹ Was also ist nun deine Dankespflicht in Bela! ( = in jenemAugenblick, wo du ja gesagt hast)? Was hast du auf dich genommen inBela? was ruht für ein Geheimnis in Bela?« »Es heißt gleichsam: Ichklopfe an Seine Tür in meiner Armseligkeit und Nichtigkeit.«

Nun antwortete mir auch meine Seele: »Wahrlich, meineHilfsbedürftigkeit und mein Vertrauen und die Zuflucht,die ich in meiner Armseligkeit suche, öffnen in der Tat dieTore des Lichtes und vertreiben alle Finsternis. Gepriesensei Allah für das Licht des Glaubens und den Islam.« Undich erkannte, welch hohe Wahrheit der folgende Aus-spruch von Hikem-i Ataiyye enthält, wenn er sagt:

»Was hat der gefunden, welcher Ihn verloren hat und was hat der ver-loren, der Ihn gefunden hat?«

Das heißt: »Wer Gott den Gerechten gefunden hat, waskann er noch verlieren? Und wer Ihn verloren hat, waskann er noch gewinnen?«

Denn: »Wer Ihn gefunden hat, hat alles gefunden. WerIhn nicht gefunden hat, kann nichts mehr finden; und hät-te er etwas gefunden, käme es gleich einem Unglück aufihn herab.« Nun verstand ich das Geheimnis des Hadith:

»Selig sind die Fremdlinge (ghuraba’)«

und dankte dafür.Nun also meine Brüder sind diese Fremdheiten, die mir

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so voll Dunkelheit gewesen waren, durch das Licht desGlaubens wirklich erhellt und erleuchtet worden. Dochwirken sie immer noch in gewissem Grade auf mich einund haben mir den folgenden Gedanken eingegeben: Istdenn nun, da ich nun einmal ein Fremdling bin, der in derFremde lebt und in die Fremde geht, meine Aufgabe indieser Herberge beendet, sodass ich nun euch und mei-ne »Sözler« zu Stellvertretern ernennen und alle meineBindungen sämtlich abbrechen kann…

Dieser Gedanke war mir in den Sinn gekommen unddarum hatte ich euch auch gefragt: Sind die bereitsniedergeschriebenen »Sözler« schon ausreichend? Fehltdaran noch etwas? Das heißt: Ist meine Aufgabe nun be-endet? sodass ich in der Ruhe meines Herzens mich ineine leuchtende, wohltuende, wahrhaftige Fremde stür-zen und die Welt vergessen könnte, so wie Maulana Dje-laluddin gesagt hat:

»Weißt du, was Ekstase (sema’) ist? Sich selbst verlieren, in der völli-gen Vergänglichkeit einen Vorgeschmack der Ewigkeit genießen.«

Darf auch ich so sagen und nach einer erhabenen Frem-de suchen? Darum also habe ich euch mit dieser Fragebelästigt.

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

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Siebenter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« (Sure 17, 44) »Friede mit euch und Gottes Erbarmenund Sein Segen für immer und ewig.«

Meine lieben Brüder!Ein Wort zu den beiden Fragen, die mir Schamli Hafis

von euch überbracht hat:Erstens: Ihr fragt mich: »Gleich den Heuchlern alter

Zeit nehmen auch die Leute des Irrweges in neuer Zeitdie Heirat des Ehrenwerten Propheten, mit dem Friedeund Segen sei, mit Seyneb zum Vorwand ihrer Kritik, in-dem sie meinen, es handle sich hier um eine Befriedigungseines Verlangens.«

Antwort: Gott bewahre! Hunderttausend Mal: Keines-wegs! Den Saum dieses erhabenen Gewandes vermö-gen solche niederträchtigen Zweifel nicht zu berühren.Denn es ist in der Tat ein Zeugnis und ein Beweis für ei-nen jeden billig denkenden Menschen, dass eine solchePersönlichkeit, die von ihrem fünfzehnten bis zu ihremvierzigsten Lebensjahr, also zu einer Zeit, in der das Feu-er der Leidenschaft auflodert und das Verlangen in derSeele (nefs) brennt, sich in absoluter Keuschheit und voll-kommener Ehrenhaftigkeit, worin Freund und Feind über-einstimmen, mit einer einzigen, bereits älteren Frau, wieKhadidja der Großen, mit der Gott zufrieden sein möge,zufrieden gab und begnügte, erst nach seinem vierzig-sten Lebensjahr, also zu einer Zeit, wo das Feuer der Lei-denschaft zu erlöschen und das Verlangen der Seele zuverstummen beginnt, viele Frauen zu ehelichen, sie zuheiraten begann, dass dies zwangsläufig und offensicht-

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lich nicht geschah, um seine Seele (nefs) zu befriedigen,sondern anderen, wichtigeren Gründen (hikmet) diente.

Einer dieser Gründe ist der Folgende: So wie die Wor-te des Herrn der Botschaft sind auch seine Taten, seineHaltung, seine Verhaltensweise und sein Umgang eineQuelle des Glaubenslebens mit all seinen Gesetzen undMaßstab unseres Verhaltens. Während die Sahabis dieGrundregeln des äußerlichen und öffentlichen Verhaltensübermittelten, waren seine ehrbaren Frauen als Trägerin-nen der Überlieferung die Übermittlerinnen der Geheim-nisse des Glaubens und gesetzestreuen Verhaltens inseinem privaten Leben und Betragen. Sie waren es, diein der Tat diese Aufgabe übernommen haben. Denn bei-nahe die Hälfte aller Geheimnisse und Maßstäbe desGlaubenslebens gehen auf sie zurück. Das heißt, zur Er-füllung dieser gewaltigen Aufgabe waren mehrere ehrba-re Frauen von verschiedenem Charakter erforderlich.

Doch nun zu der Heirat mit Hasret-i Seyneb: Im Fün-fundzwanzigsten Wort wurde als Beispiel für den DrittenStrahl der Ersten Flamme in Bezug auf die Ayah

»Mohammed ist nicht der Vater einer eurer Männer, sondern GottesGesandter und das Siegel der Propheten.« (Sure 33, 40)

Folgendes geschrieben: Eine einzelne Ayah hat mitRück-sicht auf die verschiedenen Schichten der Bevölke-rung auch unterschiedliche Bedeutungen je nach demVerständnis jeder einzelnen Bevölkerungsschicht. Nachdem Verständnis der einen Schicht bedeutet die obigeAyah Folgendes: entsprechend einer zuverlässigen Ha-dith hat Seyd, der Diener des Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, und den er mit »meinSohn« anredete, nach eigener Aussage seine ehrwürdigeGattin als ihm nicht ebenbürtig empfunden und deshalbauf einer Scheidung von ihr bestanden. Das heißt, Seydbemerkte, dass Hasret-i Seyneb nach seinem Empfinden

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und im Unterschied zu ihm von edlem Charakter war unddazu geboren, die Gattin eine Propheten zu sein. Da ersich, als ihr Gatte, von Natur aus als ihr nicht ebenbürtigempfand, was dann schließlich zur Unverträglichkeit zwi-schen ihnen führte, schied er sich von ihr. Im Auftrag Got-tes nahm nun der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, sie zu sich. Dies wird ausgedrückt in derAyah:

»Wir haben sie dir ehelich angetraut.« (Sure 33, 37)

was heißt, dass diese Eheschließung auf Grund eineshimmlischen Vertrages eine außergewöhnliche, außer-halb jeder Tradition stehende, bis dahin noch nie gesehe-ne Handlung war und nur kraft göttlicher Vorhersehung zuStande kam. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, folgte nur diesem Urteilsspruch göttlicherVorhersehung. Er war genötigt, sich ihm zu unterwerfen.Es entsprach nicht dem Verlangen seiner Seele (nefs).Was diesen Urteilsspruch der göttlichen Vorhersehungbetrifft, so weist die ehrwürdige Ayah

»Damit die Gläubigen nicht in Ungelegenheiten kommen sollen, wennsie die Frauen ihrer Adoptivsöhne heiraten.« (Sure 33, 37)

welche eine wichtige Bestimmung des Gesetzes (Scha-ria) und eine Begründung von allgemeiner Bedeutung ineiner allgemeingültigen, umfassenden Angelegenheitzum Inhalt hat, darauf hin, dass für den Fall, dass einerder Alten zu einem von den Jungen »mein Sohn« sagte,es sich hier nicht um einen Fall von »Sihar« handelt, alsoum einen Mann, der zu seiner Frau gesagt hat: »Du bistfür mich gleich wie meine Mutter«, wodurch seine Frau fürihn haram (verboten) geworden und sein Rechtsverhält-nis zu ihr sich geändert hat.

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Und ferner liegt es innerhalb des Aufgabenbereichs einesBotschafters, wenn die Obrigkeit ihre Untergebenen,wenn die Propheten ihre Gemeinde in väterlicher Weisebetrachten und anreden. Ja wäre es denn nun hinsichtlichihrer menschlichen Identität für sie unangemessen, ausderen Mitte eine Frau zu ehelichen!?

Was die zweite Schicht darunter versteht, ist: Ein gro-ßer Gebieter betrachtet seine Untertanen mit väterlicherLiebe. Wenn dieser Gebieter auch im übertragenen Sin-ne König der äußerlichen wie innerlichen Welt ist, dannübersteigt seine Barmherzigkeit hundertfach die Liebe ei-nes Vaters und jeder seiner Untertanen betrachtet ihn alsseinen Vater, als ob er tatsächlich sein Kind wäre. Da derväterliche Blick sich nicht zum Blick eines Bräutigamsverändert, und da der Blick einer Tochter sich nicht leichtin den Blick einer Braut verwandelt, passt es der allge-meinen Vorstellung nicht, dass der Prophet, mit dem Frie-de und Segen sei, Töchter der Gläubigen heiratet. Ausdiesem Grund sagt der Qur’an, um diese irrige Vorstel-lung zu korrigieren: »Der Prophet, mit dem Friede undSegen sei, hegt für euch selbstlose Liebe, die aus derBarmherzigkeit Gottes entspringt, und geht mit euch vä-terlich um. Von der Haltung eines Gottesgesandten herseid ihr wie seine Kinder. Aber von seiner Identität alsMensch ist er nicht euer Vater, sodass es für ihn unpas-send sein könnte, eine eurer Frauen zu ehelichen. Undwenn er euch als ›mein Sohn‹ anspricht, könnt ihr nachdem Rechtsverhältnis des Gesetzes nicht seine Kinderwerden.«

»Der Beständige ist der, welcher ewig bleibt und besteht.«

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Achter Brief

»Im Seinem Namen. Und es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihn preist.«

Es liegt viel Weisheit in den Namen

»der Erbarmer, der Allbarmherzige«

die in

»Im Namen Gottes, des Erbarmens, des Allbarmherzigen«

eingegangen sind, und zu Beginn einer jeden guten (mu-barek) Sache erwähnt werden. Während ich die Erklä-rung dafür auf einen anderen Zeitpunkt verschiebe,möchte ich doch jetzt schon meine eigenen diesbezüg-lichen Empfindungen zum Ausdruck bringen:

Bruder, die Namen

»der Erbarmer, der Allbarmherzige«

zeigen sich mir als ein gewaltiges Licht, welches das gan-ze Universum umfasst und alle Bedürfnisse eines jedenGeistes (ruh) in der Ewigkeit zu befriedigen vermag, undein Licht, dass sich als so strahlend und mächtig zeigt,dass es sie vor den zahllosen Feinden zu bewahren(emin) vermag. Um zu diesen Namen, die zwei gewaltigeLichter sind, voranschreiten zu können, ist das wichtigsteMittel, das ich gefunden habe Armut in Dankbarkeit und

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eine Ohnmächtigkeit verbunden mit Liebe (shefqat), d.h.Dienst, Anbetung und das Bewusstsein der eigenen Be-dürftigkeit. Und was mir noch zu diesem Thema einfällt,sage ich im Gegensatz zu den Kennern der Wahrheit, jasogar zu Imam-i Rabbani, der mein Lehrer ist: Diesesmächtige, strahlende Empfinden, das der Prophet Jakob,mit dem der Friede sei, gegenüber Joseph, mit dem derFriede sei, empfand, war nicht Liebe (muhabbet) oderLeidenschaft (ashk), sondern Mitgefühl (shefqat), dennMitgefühl (shefqat) ist weit wirksamer, strahlender, erha-bener und reiner als Liebe (muhabbet) und Leidenschaft(ashk) und dem Stande (makam) eines Propheten würdi-ger, doch wenn Liebe (muhabbet) und Leidenschaft(ashk) zu Personen (mahbub) und Geschöpfen im welt-lichen Sinne allzu heftig wird, sind sie dem erhabenenRang (makam) eines Propheten nicht mehr würdig. Dasheißt, dass die Empfindungen Jakobs (mit dem Friedesei), die der Weise Qur’an auf eine so glänzende, so wun-derbare Art, in einer so glänzenden Weise aufzeigt unddie ein Mittel sind, um zu dem Namen »er-Rahiem (derErbarmer)« zu gelangen, eine erhabene Stufe (makam)des Mitgefühls (shefqat) darstellen.

Was aber die Leidenschaft (ashk) betrifft, die ein Mittelist, um zu dem Namen »der Freund (Vedud)« zu gelan-gen, so findet sie sich in der Geschichte von der Liebe(muhabbet) Suleichas zu Joseph, mit dem der Friede sei.Das heißt, der Qur’an als ein Wunder in seiner Verkündi-gung zeigt, in welchem Grade die Empfindungen vonHasret-i Yakub, mit dem der Friede sei, höher sind als dieentsprechenden Empfindungen Suleichas, sodass Mitge-fühl (shefqat) in gleichem Grade höher anzusehen ist alsLeidenschaft (ashk). Weil aber mein Meister, Imam Rab-bani, Leidenschaft im weltlichen Sinne für den Rang (ma-kam) eines Propheten als nicht ganz passend erachtete,sagte er: »Da die Schönheit Josefs, mit dem Friede sei,von der Art jenseitiger Schönheit war, so war auch dieLiebe zu ihm nicht von weltlicher Art, sodass sie hätte ein

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Fehler sein können.« Ich aber sage: »Meister! Das ist ei-ne diffizile Auslegung. Die Wahrheit aber sollte folgender-maßen sein: Dies ist keine Liebe (muhabbet), sondern ei-ne Stufe des Mitgefühls (shefqat), die noch hundertfachstrahlender, intensiver und erhabener ist als die Liebe(muhabbet).« In der Tat ist das Mitgefühl in all seinen Ar-ten subtiler und reiner. Was aber Liebe und Leidenschaftbetrifft, so sollte man sich für viele ihrer Arten nicht ernie-drigen.

Und weiter umfasst das Mitgefühl sehr viele Dinge.Durch das Mitgefühl, das jemand für sein Kind empfindet,umfängt er auch alle Jungtiere, ja überhaupt alles, was dalebt, mit dieser Liebe und zeigt so sich selbst als eine ArtSpiegel für die ganze Breite des göttlichen Namens »Ra-hiem«. Dem entgegen beschränkt die Leidenschaft(ashk) ihren Blick auf den Geliebten (mahbub), opfert al-les für ihren Geliebten auf. Oder aber sie erniedrigt ande-re, verletzt sie innerlich, kränkt sie in ihrer Ehre, nur umden Geliebten (aus den andern) herauszuheben und ihn(über sie hinaus) zu loben. So sagt z.B. jemand: »DieSonne hat die Schönheit meiner Geliebten geschaut undhat in ihrer Verlegenheit den Wolkenvorhang vor ihr Ge-sicht gezogen, um sie nicht zu sehen.« Oh, he, Geliebter,edler Herr! Was für ein Recht hast du denn, dass du dieSonne, dieses von Licht erfüllte Blatt mit den acht gewal-tigen Namen, so in Verlegenheit bringen willst?

Außerdem ist selbstlose Liebe aufrichtig. Sie erwartetkeine Gegenleistung, ist rein und unentgeltlich... ja selbstdie Liebe der Tiere zu ihren Jungen ist in ihrer selbstlosenBereitschaft, sich zu opfern, noch auf dieser so einfachenStufe ein Beweis dafür. Leidenschaft hingegen wünschtein Entgelt, verlangt eine Gegenleistung. Tränen der Lie-be drücken eine Art von Verlangen aus, betteln um Lohn.

Das also heißt nun, dass die Liebe Jakobs, mit dem derFriede sei, welche das strahlendste Licht der Sure Yusuf,die strahlendste unter den Suren des Qur’an ist, auf dieNamen »der Erbarmer, der Allbarmherzige« verweist und

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erkennen lässt, dass der Weg des Mitleids zugleich derWeg der Barmherzigkeit ist und als ein Mittel gegen die-sen Schmerz des Mit-einander-leidens ausrufen lässt:

»Denn Gott ist der beste aller Beschützer und Er ist der Erbarmer, derAllbarmherzige.« (Sure 12, 64)

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

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Neunter Brief

»Im Namen des Hochgelobten; und fürwahr gibt es kein Ding, das Ihnnicht lobpreist.«

Wiederum ein Teil aus einem Brief, den er anden bekannten aufrichtigen Schüler schickte.

Zweitens: Dein Erfolg, dein Eifer, deine Begeisterung beider Verbreitung der Lichter des Qur’an ist eine Gabe Got-tes, ja mehr noch ein Wunder des Qur’an, eine Gunst(inayat) des Herrn. Ich gratuliere dir dazu. Da wir abernun schon einmal über Wunder (keramet), Geschenk(ikram) und Gunst (inayet) gesprochen haben, möchte ichhier noch etwas zu dem Unterschied zwischen einemWunder und einer Gabe Gottes sagen. Es ist dies wiefolgt:

Wunder zu wirken und darüber zu reden, obwohl keinSchaden befürchtet wurde, ist schädlich. Wenn es jedochdarum geht, eine Gabe Gottes auch zu nutzen und darü-ber zu reden, so ist dies ein Ausdruck der Freude überGottes Gnade (ni’met). Wenn jemand, der mit einemWunder beehrt wurde, dieses wunderbare Ereignis be-wusst erlebt und doch dabei seine Seele (nefs-i emmare)an ihrer Eigenwilligkeit festhält, dann kann dies eine Ver-lockung ins Verderben (istidradj) sein, wenn er nur sichselbst vertraut, wenn er sich auf sich selbst (nefs) undseine Entdeckung verlässt und dem Hochmut verfällt. Er-lebt er aber dieses Wunder nicht bewusst, so z.B. wennjemand eine (unausgesprochene) Frage im Herzen trägtund ein anderer, einer plötzlichen Eingebung folgend, ihmeine genaue Antwort darauf gibt und er dies erst im nach-hinein begreift; hat er dies aber verstanden, so wächstnun sein Vertrauen nicht etwa in sich selbst (nefs), son-

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dern in seinen Herrn und er sagt: »Ich habe einen Wäch-ter (hafidh) über mir, der für mich besser sorgt als ichselbst.« Das stärkt sein Vertrauen in Gott. Und es ist indieser Art ohne Gefahr. Er ist nicht dazu verpflichtet, eszu verheimlichen, sollte sich aber, des Stolzes wegen,auch nicht darum bemühen, es besonders herauszustel-len. Denn: Er könnte es ja auf sich selbst (nefs) beziehen,weil ja die menschliche Fähigkeit ganz offensichtlich da-mit verbunden ist. Wenn es sich aber um eine Gabe han-delt, so ist diese noch weniger gefährlich als die (obenbeschriebene) zweite, ungefährlichere Art eines Wundersund meiner Meinung nach auch die höher stehende. Et-was herauszustellen heißt, eine Wohltat (ni’met) bekannt-zumachen. Mit ihr ist eigenes Zutun nicht verbunden. Sokann sich die Seele (nefs) auch nicht darauf berufen.

So ist denn also, mein Bruder, die Güte (ihsan) Gottes,die ich seit langer Zeit an dir sowohl als auch an mir, be-sonders aber in unserem Dienst am Qur’an beobachtetund darüber berichtet habe, Sein Geschenk (ikram). Dasherauszustellen heißt, eine Wohltat (ni’met) bekanntzu-machen. Aus diesem Grunde schreibe ich dir über unserbeider Erfolg in unserem Dienst, um diese Wohltat (ni’-met) bekanntzumachen. Ich wusste ja, dass dies nichtdeinen Nerv, stolz zu sein, erregen würde, vielmehr deineDankbarkeit.

Drittens: Ich habe beobachtet, dass der glücklichsteMensch in diesem weltlichen Leben derjenige ist, der die-se Welt als ein Feldlager ansieht und auch so verstehtund sich dementsprechend verhält. Mit diesem Verständ-nis kann er dann sehr schnell bis zur Stufe der Zufrie-denheit (Gottes) aufsteigen, welche die höchste Stufe ist,und wird nicht den Preis eines unvergänglichen Diaman-ten für den Wert einer Glasscherbe geben. So wird ersein Leben in einer freudigen und geradlinigen Gesin-nung verbringen. In der Tat sind die Dinge, die dieser Weltangehören so vergänglich wie zerbrechliches Glas. Wasaber die Dinge betrifft, die wir für das Jenseits tun, so ha-

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ben sie den Wert harter, unzerstörbarer Diamanten. Star-ke Gefühle wie heftige Neugier, brennende Liebe (mu-habbet), schreckliche Gier und ein unstillbares Verlangensind uns gegeben, um sie im Dienst der für das Jenseitserforderlichen Dinge (wie Beten und Fasten) einzusetzen.Diese Gefühle mit einer so starken energetischen Ladungfür vergängliche irdische Dinge einzusetzen hieße also,vergängliches, zerbrechliches Glas um den Preis unzer-störbarer Diamanten zu geben. In diesem Zusammen-hang ist mir etwas eingefallen, was ich hier erzählenmöchte. Es ist dies wie folgt:

Leidenschaft (ashk) ist heftige Liebe (muhabbet). Rich-tet sie sich auf einen irdischen Geliebten (mahbub), ver-ursacht sie entweder ihrem Träger beständige Qual undLeid, oder aber sie veranlasst ihn, den ewigen (baqi) Ge-liebten zu suchen, weil (der irdische) den Preis einer sol-chen starken Liebe (muhabbet) nicht wert ist. So verwan-delt sich vergängliche Liebe (ashk) in wahre Liebe (ashk).

So gibt es denn im Menschen tausenderlei Gefühle.Jedes von ihnen hat wie die Liebe (ashk) zwei Aspekte,einen irdischen (also nur imaginären) und einen wahren(himmlischen). Zum Beispiel: Ein Gefühl der Sorge umdie Zukunft gibt es in jedem. Macht sich aber jemand be-sonders heftige Sorgen, so sieht er, dass er nichts in derHand hat, um dieser Sorge um seine Zukunft begegnenzu können. Des Weiteren ist es, in Anbetracht dessen,dass für unsere Versorgung ein Unterhalt gegeben undunser Blick in eine Zukunft nur kurz ist, nicht wert, uns da-rüber so heftig Sorgen zu machen. So wendet er dennsein Gesicht davon ab und statt dessen der Zukunft zu,welche die wahre ist und sich bis weiter hinter dem Grab(ins Unendliche) erstreckt, jedoch nicht die der gottver-gessenen ist, denen kein (Unterhalt) zugesichert ist. DesWeiteren zeigt er eine große Begierde um Würde und Be-sitz... doch sieht er, dass dieser vergängliche Besitz, derihm nur vorübergehend unter seine Verwaltung gestelltworden ist, dieser fatale Ruhm, seine Würde, die so ge-

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fährlich ist und eine Quelle des Hochmuts, einer so hefti-gen Begierde nach ihr nicht wert ist. So wendet er sichdavon ab und den geistigen Ebenen einer wahren Würdezu, den Stufen der Nähe zu Gott, die seine Wegzehrung(auf der Reise) ins Jenseits sind und den guten Werken,die sein wahres Besitztum. Irdisches Streben im Sinne ei-ner schlechten Charaktereigenschaft wandelt sich da-durch in eine echte, wahre Bestrebung um.

Ein anderes Beispiel: In unnachgiebigem Starrsinn ver-geudet man seine Gefühle bedeutungslose, flüchtige,vergängliche Dinge. Danach bemerkt er, dass er ein Jahrlang hartnäckig auf einer Sache bestanden hat, die nichteine Minute einer solchen Verbohrtheit wert gewesen wä-re. Und weiter besteht er aus reinem Trotz auf Dingen, dieschädlich, giftig sind. Dann bemerkt er, dass ein so star-kes Gefühl ihm nicht für solche Dinge gegeben wordenwar. Es für sie zu vergeuden widerspricht der Weisheitund der Wahrhaftigkeit. So wendet er diese hartnäckigeBeharrlichkeit nicht mehr für so nutzlose und flüchtigeDinge auf, sondern für die hohen und ewigen Glaubens-wahrheiten, die Prinzipien des Islam und Werke um ewi-gen Lohn. So verwandelt sich irdische Hartnäckigkeit alsprimitive Eigenschaft in eine aufrichtige Beharrlichkeit,die eine schöne und erhabene Eigenschaft ist.

Wenn der Mensch also, wie diese drei Beispiele zeigen,die dem Menschen gegebenen geistigen Anlagen zugun-sten seiner eigenen Seele (nefs) und für weltliche Zweckemissbraucht und sich in seiner Gottlosigkeit so verhält,als würde er für ewig in dieser Welt verweilen, so werdensie zu einer Quelle der niederen Gesittung, der Ver-schwendung und der Sinnlosigkeit. Setzt er sie jedochnur in abgeschwächter Form für die weltlichen Dinge....jedoch mit ganzer Kraft für Dinge, die das Jenseits unddie geistige Welt betreffen, so werden sie ihm zu einerQuelle lobenswerter Gesittung, entsprechend der Weis-heit und Wahrhaftigkeit und dadurch Anlass für die Glück-seligkeit in beiden Welten. So stelle ich mir also vor, dass

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ein Grund dafür, dass die Vorschläge von Ratgebern inunserer Zeit wirkungslos verhallt sind, darin zu suchen ist,dass sie den sittenlosen Menschen sagen: »Beneidetnicht! Seid nicht gierig! Hasst nicht! Seid nicht verbohrt!Liebt die Welt nicht!« Das heißt, dass sie ihnen vorschla-gen, ihre Natur zu verändern, was ihnen als scheinbar un-möglich vorkommt. Sagten sie ihnen statt dessen ledig-lich: »Gebt doch diesen (emotionalen Energien) einen gu-ten Aspekt; kehrt ihre Stromrichtung um!« So hätte dieserRat Erfolg und wäre zugleich ein Vorschlag im Rahmenihrer Entscheidungsmöglichkeiten...

Viertens: Die Unterschiede zwischen »Islam« und»Glaube« sind seit langem ein Diskussionsthema unterden Gelehrten. Ein Teil von ihnen sagt: »beides ist dasgleiche«, ein anderer Teil »beides ist nicht das gleiche;doch das eine kann ohne das andere nicht sein« undnoch viele andere ähnliche Gedanken geäußert. Ichselbst habe den Unterschied zwischen beiden so ver-standen:

Der Islam ist eine Wahl, der Glaube eine Gewissheit.Mit anderen Worten: Islam(iyet) ist Parteinahme für dieWahrheit, Hingabe an sie und Gehorsam ihr gegenüber.Der Glaube (iman) hingegen ist die Annahme und Bestä-tigung dieser Wahrheit. Ich habe einmal einige Atheistengetroffen, die mit Eifer für die Anordnungen im Qur’anPartei ergriffen. Das heißt, dass diese Atheisten dadurch,dass sie für die Wahrheit (Haqq) Partei ergriffen, zur Is-lam(iyet) gelangt sind, weshalb man sie als atheistischeMoslime bezeichnen könnte. Später habe ich dann einigeGläubige getroffen, die nicht für die Anordnungen imQur’an Partei ergreifen wollten, dies für unnötig hielten...Dies würde also dem Ausdruck »nicht-moslimische Gläu-bige« entsprechen.

Könnte also ein Glaube ohne Islam(iyet) etwa ein Mittelzur Rettung sein?

Antwort: So wie eine Islam(iyet) ohne Glaube nicht das

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Mittel der Rettung sein kann, so kann auch ein Glaube(iman) ohne die Islam(iyet) nicht das Mittel zur Rettungsein. Lobpreis und Dank sei Gott dafür, dass die Beispie-le aus der Risale-i Nur durch die Segensfülle des geisti-gen Wunders des Qur’an die Früchte, die Ergebnisse desislamischen Glaubens (din) und der Wahrheiten des Qur’-an in der Weise klar und deutlich aufgezeigt haben, dasses selbst für einen Ungläubigen unmöglich ist, nicht fürsie einzutreten, nachdem er sie einmal verstanden hat.Darüber hinaus haben sie die Beweise und Zeugnissedes Islam in einer so kraftvollen Weise aufgezeigt, dassauch wer kein Moslem ist, sie in jedem Fall bestätigenwird, nachdem er sie einmal verstanden hat. Und auchwenn er kein Moslem bleibt, so wird er doch glauben. Die»Worte (Sözler)« zeigen in der Tat die Früchte des Glau-bens und des Islam, welche so wohlschmeckend undschön sind wie die Früchte am Tubabaum des Paradie-ses, und ihre Ergebnisse, welche so schön und süß wiedie Schönheit der Glückseligkeit in beiden Welten sind, inder Weise, dass sie denen, die sie sehen und kennen dasGefühl einer unendlichen Bereitschaft vermitteln, sich fürihn einzusetzen, sich ihm hinzugeben und ihm Gehorsamzu leisten. Sie weisen Zeugnisse für den Glauben undden Islam auf, so kraftvoll wie die Kette allen Lebens (inFolge) und so zahllos wie Staubkörnchen, so dass sie fürunendlich lange (Zeit) Gewissheit und Stärke im Glaubenvermitteln. Ja, ich verspüre sogar manchmal, wenn ichmit dem Gebet von Schah-i Naqschiband Zeugnis ablegeund sage:

»Wir leben in Übereinstimmung mit diesem (Glauben) und werden inihm sterben und in ihm werden wir wieder auferstehen.«

eine grenzenlose Einsatzbereitschaft. Würde auch dieganze Welt mir dafür gegeben, wollte ich doch nicht eineeinzige Glaubenswahrheit dafür opfern. Mir auch nur eine

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einzige Minute das Gegenteil von einer Wahrheit vorzu-stellen, bereitet mir große Schmerzen. Ja, meine Seele(nefs) wäre damit einverstanden, gehörte mir auch dieganze Welt, sie zu geben, damit auch nur eine einzigeGlaubenswahrheit entstehen kann.

Sobald ich sage:

»Wir glauben an das, was Du uns durch unseren Propheten gesandthast; und wir glauben an das, was Du uns durch das Buch geoffenbarthast, und stimmen dem zu.«

So verspüre ich die grenzenlose Kraft des Glaubens.Nach meiner Vorstellung ist das Gegenteil einer jedenGlaubenswahrheit unserem Verstand nicht zugänglichund ich glaube, dass die Leute des Irrtums grenzenlos tö-richt und verblendet sind.

Ich sende deinen Eltern sehr viele Grüße und sprecheihnen meine Ehrerbietung aus. Sie mögen auch für michbeten. Da du mir ein Bruder bist, erachte ich sie auch alsmeinen Vater und meine Mutter. Auch sende ich Selamdeinem ganzen Dorf, besonders aber all denen, die durchdich die »Worte (Sözler)« hören.

»Der Beständige ist der da besteht und bleibt.«

Said Nursi

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Zehnter Brief

Eine Antwort auf zwei Fragen

» In Seinem Namen; Und es gibt kein Ding, das nicht lobend ihn preist.«

Erstens: Dies ist die Anmerkung, die sich auf den langenSatz im Zweiten Kapitel des Dreißigsten Wortes bezieht,indem die Umwandlung der kleinen Teilchen beschriebenwird.

Im Weisen Qur’an wird mehrmals von »einem KlarenVorbild (Imam-i Mubin, Sure 36, 12)« und von »einer Kla-ren Schrift (Kitab-i Mubin, Sure 6, 59)« gesprochen. EinTeil der Kommentatoren meint: »Beide bedeuten das glei-che.«, ein anderer Teil hingegen: »Sie sind völlig ver-schieden.« Ihre Aussagen über deren Bedeutung sind al-so verschieden. Kurz gesagt meinen sie jedoch: »Es sindBezeichnungen für das Wissen Gottes.« Mit den Segendes Qur’an kam ich zu der Überzeugung, dass mit demKlaren Vorbild eine Art Wissen (ilm) und ein Befehl (emr)Gottes bezeichnet werden soll und sich mehr auf die un-sichtbare Welt (alem-i ghayb) als auf die sichtbare Welt(alem-i shehadet) bezieht, d.h. mehr auf die Vergangen-heit und die Zukunft als auf die Gegenwart. (Dieser Aus-druck) bezieht sich mehr auf die Ursprünge, die Wurzeln,die Samen und Früchte und die Nachkommen als auf dieäußerliche Erscheinungsform der Dinge, bezeichnet einBuch Seiner Vorherbestimmung. Die Existenz dieses Bu-ches wurde bereits im Sechsundzwanzigsten Wort und ineiner Anmerkung des Zehnten Wortes bewiesen.

So ist das Klare Vorbild (Imam-i Mubin) in der Tat eineBezeichnung für eine Art Wissen und Befehl Gottes. Dadie Anfänge aller Dinge, ihre Wurzeln und ihre Ursprüngealles mit einer solchen Meisterschaft und in so vollkom-

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mener Ordnung zu Ende führen, beweist auf jeden Fall,dass sie auf Grund der Prinzipien göttlichen Wissens undnach Seinem Plan bestimmt worden sind. Und da die Er-gebnisse aller Dinge, die Samen und Früchte (der Pflan-zen) und die Nachkommen (der Tiere) die Programme,Verzeichnisse allen künftigen Seins in sich tragen, lässtuns begreifen, dass sie Katalogen der Befehle Gottesgleichen. Man kann sagen, dass zum Beispiel ein Kern,der die Programme und Inhaltsverzeichnisse für dasWachstum eines ganzen Baumes und die Befehle desSeins (= die Naturgesetze) enthält, welche diese Inhalts-verzeichnisse und Programme bestimmen, deren winzigkleine Verkörperung ist.

Zusammenfassung: Imam-i Mubin (das Klare Vorbild)gleicht einem Programm oder Inhaltsverzeichnis desSchöpfungsbaumes, der seine Äste und Zweige in dieVergangenheit und die Zukunft und in alle Richtungen derunsichtbaren Welt hinein ausbreitet. In diesem Sinne istdas Klare Vorbild ein Buch, eine Sammlung der Prinzipiender Vorherbestimmung Gottes. Nach der Aufzeichnungdieser Prinzipien und nach ihren Bestimmungen werdendie kleinen Teilchen in den Körpern der Dinge in Dienstgestellt und ihren Funktionen zugeführt.

Was aber die Klare Schrift (Kitab-i Mubin) betrifft, so be-zieht sie sich mehr auf die sichtbare als auf die unsicht-bare Welt. Sie ist mehr auf die gegenwärtige Zeit, als aufdie Vergangenheit oder Zukunft gerichtet. Sie ist mehr einHeft, ein Buch, eine Bezeichnung für die Macht und dieEntscheidungsgewalt Gottes als für Sein Wissen und Sei-nen Befehl. Wie das Klare Vorbild (Imam-i Mubin) dasBuch der Vorherbestimmung Gottes ist, so ist die KlareSchrift (Kitab-i Mubin) das Buch Seiner Macht. Das We-sen, die Eigenschaften und Begabungen im Körper einesjeden Dinges sind vollkommen kunstvoll und wohlgeord-net. Das zeigt uns, dass jedes Ding nach den Prinzipieneiner vollkommenen Macht und nach den Gesetzen eineseinflussreichen Entscheidungswillens mit seiner Form be-

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kleidet wird. Seine Gestalt wird bestimmt und festgelegt.Sie bekommt ein bestimmtes Maß und eine individuelleForm. Also hat diese Macht und dieser Entscheidungswil-le eine umfassende, allgemeine Gesetzessammlung, einHauptbuch, nach dem eine geeignete Form für jedesDing und ein ihm eigenes Aussehen zugeschnitten, ge-schneidert und ihm angezogen wird. Die Existenz diesesBuches ist bei der Abhandlung über das Vorherwissen(Qader) und die Entscheidungsfreiheit (djüz’-i ihtiyari) wieauch die des Klaren Vorbildes (Imam-i Mubin) bewiesen.Siehe die Torheit der Gottvergessenen und der Leute desIrrweges und der Philosophen, wie sie die »Wohlver-wahrte Tafel« (Levh-i Mahfudh) der Macht des Schöpfersund die Erscheinungen, Reflexionen und Nachbildungendieses Buches der Weisheit und des Entscheidungswillendes Herrn in den Dingen verspürten und – Gott bewahre!– mit »Natur« bezeichneten und aus dem Blickfeld ge-rückt haben. Also schreibt die Macht Gottes mit der Auf-zeichnung des Klaren Vorbildes (Imam-i Mubin), d.h. mitder Geltung und dem Gesetz des Vorherwissens (qader)bei der Erschaffung der Dinge die Wogen allen Seins, de-ren jede ein klares Zeichen ist, auf die Seite der Zeit, diedie Tafel vom Aufbau und der Zerstörung (Levh-i Mahv-Is-bat) genannt wird. Sie erschafft und bringt die kleinstenTeilchen in Bewegung.

Also ist die Umwandlung der kleinsten Teilchen eineSchwingung, eine Bewegung, die während dieser Auf-zeichnung, dieser Niederschrift entsteht, und alles Seingeht aus der Welt des Unsichtbaren in die bezeugte Weltund aus dem Wissen (Gottes) in Seine Macht hinüber.Was die Tafel vom Aufbau und der Zerstörung (Levh-iMahv-Isbat) betrifft, so dient sie der verwahrten Tafel vongewaltiger Größe (Levh-i Mahfudh-u A’zam), die bestän-dig und fortdauernd ist, als ein Buch, eine Tafel im Be-reich der Möglichkeiten, d.h. in den Dingen, die dem Todund dem Leben, dem Dasein und dem Vergehen ständigausgesetzt sind, was ja auch der Sinn der Zeit ist. Wie je-

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des Ding seine eigene Wahrheit hat, so gilt auch dieWahrheit des gewaltigen Flusses im Kosmos, den wir Zeitnennen, als Blatt und Tinte für die Niederschrift der Machtauf der Tafel vom Aufbau und der Zerstörung (Levh-iMahv-Isbat).

»Niemand kennt das Verborgene außer Gott!«

Zweite Frage: Wo ist der Platz der Auferstehung?Antwort:

»Das Wissen ist bei Gott.« (Sure 67, 26)

In Seiner erhabenen Weisheit, die der allweise Schöpferin jedem Ding aufzeigt, ja dadurch, dass Er sehr großeWeisheiten mit einem sehr kleinen Ding verbindet, setztEr im Grade der Offensichtlichkeit ein Zeichen, dass un-sere Erde ihre gewaltigen Kreise nicht in sinn- und ziello-sem Umherschweifen zieht... sie kreist vielmehr um et-was von Bedeutung, zieht ihre Bahnen um ein großesFeld. Während sie so um ein gewaltiges Ausstellungsge-lände herumreist, übergibt sie ihm die geistigen Erzeug-nisse, die einmal später auf diesem Ausstellungsgeländevor den Augen der Menschen gezeigt werden sollen. Dasheißt, dass sich dort das Gelände für die Wiederver-sammlung ausbreiten und dabei ein Gebiet gefüllt werdenwird, (in dessen Mitte) einer alten Überlieferung nach Da-makus liegen soll, und dessen Umkreis zu umschreitenfünfundzwanzigtausend Jahre dauern soll. Alle geistigenErzeugnisse der Erde werden dann zu den Büchern undTafeln auf diesem Platz gesandt, der jetzt noch hinterdem Schleier des Unsichtbaren verborgen liegt. Wirddann später dieser Platz eröffnet, wird auch sie ihre Be-wohner auf diesen Platz entleeren und ihre geistigen Er-

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zeugnisse werden aus der Verborgenheit heraus zu ihrerZeugenschaft überführt werden. In der Tat gleicht die Er-de einem Acker, der Erzeugnisse genug hervorgebrachthat, um diesen ganzen, großen Platz damit zu füllen, ei-nem Brunnen, aus dem genug Geschöpfe herausge-strömt sind, ihn einzunehmen, einem Scheffel, alleKunstwerke damit zu messen und ihn damit zu bedeckenDas heißt, dass die Erde wie ein Kern ist und der Aufer-stehungsplatz mit allem, was sich auf ihm versammelt,wie ein Baum, eine Ähre, ein Kornspeicher. So wie sich inder Tat ein Lichtpunkt in schneller Bewegung zu einer Li-nie oder einem Kreis aus Licht ausdehnt, so wird auch dieErde durch ihre rasche, zweckmäßige Bewegung zu ei-ner Quelle, aus der heraus der Kreis allen Seins sichtbarwird und der Platz der Großen Wiedersammlung zusam-men mit den Erzeugnissen dieses Kreises allen Seinsentsteht.

»Sprich: Das Wissen darüber ist bei Gott.« (Sure 67, 26)

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Elfter Brief

»Im Namen des Hochgelobten; und fürwahr gibt es kein Ding, das Ihnnicht lobpreist.«

Dieser Brief ist ein wichtiges Heilmittel und weist auf vierkleine Juwelen aus der Schatzkammer von vier Ayat hin.

Lieber Bruder!Über diese vier verschiedenen Dinge hat mich der

Weise Qur’an zu verschiedenen Zeiten unterwiesen. Ichhabe sie aufgeschrieben, damit auch diejenigen meinerBrüder, die danach das Bedürfnis haben, hieraus ihreUnterweisung empfangen oder eine Lehre daraus ziehenmögen. Es wird hier in diesem Zusammenhang je ein Ju-wel aus der Schatzkammer der Wahrheiten dieser vierverschiedenen ehrwürdigen Verse gezeigt. Von diesenvier Themen hat jedes Thema eine andere Form undbringt einen anderen Gewinn.

Erstes Thema:

»Es sind in der Tat die Listen des Teufels nur schwach.« (Sure 4, 76)

Oh du, meine Seele, die du über den bösen Einflüsterun-gen verzweifelt bist! Die Gedankenverbindungen und dasNachdenken über Vermutungen sind eine Art von unwill-kürlicher Bildformung. Was aber diese Bildformung betrifftund es sich dabei um etwas Gutes und Lichtvolles han-delt, so geht ihre Auswirkung in gewissem Grade zu ihrenReflektierungen hinüber, so wie ja auch das Licht und dieWärme der Sonne in das sie reflektierende Spiegelbildhinüber gehen. Wenn es sich dabei aber um etwasSchlechtes handelt, um etwas, das kein Licht durchlässt,

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so geht ihre Auswirkung und Eigenschaft nicht in ihreForm hinüber und kann ihr Bild nicht erreichen. So ist z.B.etwas, das schmutzig und verdorben ist, in seinem Spie-gelbild weder schmutzig noch verdorben. Auch kann dasSpiegelbild einer Schlange nicht beißen.

So ergibt sich denn aus diesem Geheimnis, dass einnur vorgestellter Unglaube noch kein Unglaube und einenur vorgestellte Beleidigung keine Beleidigung ist. Undferner liegt der Grund dafür, dass etwas hässlich, ab-scheulich oder schmutzig ist, den Leuten der Schule derTradition und Gemeinschaft (Ehl-i Sünnet ve Djemaat)zufolge, welche die Leute der Wahrheit sind, im VerbotGottes. Da es sich hier aber nun einmal um ein Nach-denken über Mutmaßungen, eine Ideenverknüpfung ge-gen Wunsch und Willen handelt, kann man es nicht aufein Verbot (Gottes) beziehen. Wie abscheulich undschmutzig auch immer ein Ding sein mag, so kann dochdessen Bild nicht abscheulich oder schmutzig sein.

Zweites Thema: Es sind dies die Früchte von Tannenund Lärchen, Wacholder und Pappel auf der Alm von Bar-la. Da sie bereits im Band der »Worte (Sözler)« angeführtwurden, sind sie hier nicht nochmals erwähnt.

Drittes Thema: Dieses und das folgende Thema sindTeile von Beispielen aus dem Fünfundzwanzigsten Wort,welche die Unfähigkeit unserer heutigen Zivilisationgegenüber dem Wunder des Qur’an aufzeigen. Es sindzwei unter Tausenden von Beispielen, die beweisen, wieungerecht die Gesetze heutiger Zivilisation sind, die demQur’an widersprechen.

So ist die Satzung:

»Und für einen Mann einen Anteil, entsprechend dem zweier Frauen.«(Sure 4, 176)

qur’anisches Recht und absolute Gerechtigkeit und zu-gleich auch eine Barmherzigkeit. Es ist dies in der Tat bil-

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lig und recht, denn die überwältigende Mehrheit allerMänner nimmt sich eine Frau und übernimmt es damit zu-gleich auch, für sie zu sorgen. Was aber die Frau betrifft,so geht sie zu ihrem Mann, bürdet ihm die Sorge für sichselbst auf, und genau das gleicht den Unterschied zwi-schen dem, was sie ererbt haben wieder aus. Es ist dieszugleich auch eine Barmherzigkeit, denn das schwäche-re Geschlecht bedarf in hohem Maße aller Liebe (shefqat)ihres Vaters und von ihren Brüdern. Entsprechend demRecht des Qur’an empfängt ein Mädchen die Liebe ihresVaters völlig problemlos. So kann ihr Vater sie ohne jedeSorge betrachten und braucht nicht zu sagen: »Sie ist einKind der Sorge, denn aus ihrer Hand wird die Hälfte mei-nes Erbes (als ihr Erbteil) in die Hände eine Fremdlingsübergehen.« So mischen sich Kummer und Sorge nichtmit seiner Liebe. So empfängt sie auch die Liebe und Für-sorge ihres Bruders ohne (einen Gedanken von) Rivalitätund Neid. Er braucht sie nicht mit seinen Augen wie »ei-ne Rivalin, welche die Hälfte meiner Familie zu Grunderichten und einen bedeutenden Teil unseres Besitztumsaus ihrer Hand einer anderen Hand übergeben wird« be-trachten. So werden sich in dieses Gefühl der Liebe undder Fürsorge keine Vorbehalte oder gar Feindseligkeiteinmischen. So ist denn dieses von Natur aus zierlicheund leicht empfindliche, in ihrer Art schwache, anfälligeMädchen zwar offensichtlich ein wenig benachteiligt,doch statt dessen gewinnt sie einen unerschöpflichenReichtum an Liebe und Mitleid all derer, die ihr nahe ste-hen. Ihr also mehr zu geben, als ihr eigentlich zustünde,der Meinung, ihr so mehr Barmherzigkeit zu erweisen alsdas Wahrhaftige Erbarmen, ist gar keine Barmherzigkeit,sondern ein großes Übel.

So vermag denn in der Tat die wilde Gier unserer Zeit(eine Erinnerung) an die offensichtliche Grausamkeit invorislamischer Zeit (wachzurufen), als Mädchen noch inwilder Eifersucht lebendig begraben wurden und das Torzu erbarmungsloser Ruchlosigkeit zu öffnen. Und so be-

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Anteil der Schwester am Erbteilwww.Lichtstr.de

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stätigen denn gleich diesem alle qur’anischen Satzungendas Gebot:

»Wir haben dich einzig als Barmherzigkeit für alle Welten gesandt.«(Sure 21, 107)

Viertes Thema:

»Und der Mutter ein Sechstel.« (Sure 4, 11)

So hat denn diese Art einer mehr ärgerlichen als bürger-lichen Zivilisation, so wie sie den Töchtern einen größe-ren Anteil gibt, als das, was ihr gerechter Anteil ist, eingroßes Unrecht begangen und begeht sie ein noch weitgrößeres Unrecht, indem sie der Mutter nicht den ge-rechten Anteil gibt, der ihr gerechterweise zusteht. Istdoch in der Tat die Liebe der Mutter, welche des Herrn All-barmherzigkeit in ihrer ehrenvollsten, süßesten,tiefgründigsten und lieblichsten Form ist, unter denGrundgesetzen des Alls das ehrenwerteste und ehrwür-digste Gesetz (haqiqat). Eine Mutter ist eine Freundin, sogroßzügig (kerim) und so barmherzig und zu jedem Opferbereit, dass eine Mutter, von dieser Liebe getrieben, all ihrHab und Gut, Leib und Leben, für ihr Kind zum Opferbringt. Noch auf der einfachsten und untersten Ebene derMütterlichkeit wird selbst noch ein ängstliches Huhn in ei-nem (Ausdruck eines) winzig kleinen Fünkleins dieser(göttlichen) Liebe selbst noch einen Hund anspringen,sich einem Löwen entgegenwerfen, um ihr Junges zu ver-teidigen.

Eine Mutter, die Trägerin einer so ehrenwerten und er-habenen Wahrheit, des Eigentums ihres Kindes zu be-rauben, ist eine so schreckliche Ungerechtigkeit, eine sofürchterliche Ehrlosigkeit, eine solche Undankbarkeitgegenüber der göttlichen Gnade, dass der Thron der

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Göttlichen Barmherzigkeit darüber ins Wanken gerät undein Gift, dass sich unter den so strahlenden, genesendenHeiltrank menschlichen Gemeinschaftslebens mischt,dass selbst dann, wenn solch menschliche Ungeheuer,die behaupten, dass die Liebe zur Menschheit ihnen amHerzen läge, dies nicht verstehen können, es doch einwahrer Mensch versteht. Sie wissen, dass die Satzungdes Allweisen Qur’an:

»Der Mutter ein Sechstel.« (Sure 4, 11)

absolutes Recht und die reinste Gerechtigkeit ist.

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Erbteil der Mutter am Erbewww.Lichtstr.de

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Zwölfter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, dass ihnnicht in Dankbarkeit lobpreist. Friede sei mit euch und mit euren Freun-den!«

Meine geliebten Brüder!Ihr habt mir in der letzten Nacht eine Frage gestellt, auf

die ich euch keine Antwort gegeben habe, denn es istnicht erlaubt, die Glaubensfragen nach Art eines Streitge-sprächs zu behandeln. Ihr habt jedoch ein solches Streit-gespräch miteinander geführt. Deshalb schreibe ich jetzteine ganz kurze Antwort auf die drei Fragen, über die ihreuch gestritten habt. Eine ausführliche Erklärung könntihr in den »Sözler« finden, deren Titel sich der Herr Apo-theker notiert hatte. Dabei war mir aber das Sechsund-zwanzigste Wort nicht mehr eingefallen, das vom Voraus-wissen Gottes und von der menschlichen Entscheidungs-freiheit handelt. Ihr könnt dort nachlesen; das hatte icheuch noch nicht gesagt. Lest das aber nicht so wie eineZeitung! Der Grund (sirr) dafür, dass ich den Herrn Apo-theker empfohlen hatte, diese »Sözler« zu lesen, ist je-doch der: Bei solcher Art Fragen kommen die Zweifel auseiner Glaubensschwäche gegenüber den Grundsätzendes Glaubens. Diese »Sözler« aber sind ein vollkomme-ner Beweis für diese Glaubensgrundsätze.

Eure erste Frage: Wo findet sich der Sinn (hikmet) da-für, dass Hasret Adam aus dem Paradies vertrieben wur-de und ein Teil der Adamssöhne zur Hölle verdammtwird?

Antwort: Die Weisheit (hikmet) liegt in dem (mit ihr ver-

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bundenen) Auftrag… Adam wurde mit einer Aufgabe be-traut und dazu gesandt, dass der Geist des Menschensich vollkommen entwickle, der Same aller menschlichenBegabung sich öffne und entfalte und das Wesen desMenschen zu einem Spiegel werde, in dem sich alle Na-men Gottes sammeln. Dies war der Zweck seiner Aufga-be. Wäre Adam im Paradies geblieben, wäre seine Stel-lung (makam) der eines Engels gleich geblieben, hättensich seine menschlichen Begabungen nicht entfalten kön-nen. Dagegen aber ist die Zahl der Engel, die permanentauf der selben Stufe (makam) verharren, groß. Für dieseArt Anbetung ist der Mensch nicht notwendig. Vielmehrverlangt die Weisheit Gottes nach einem Ort der Prüfung,welcher den Fähigkeiten des Menschen entspricht. Ist erdoch dafür bestimmt, auf unendlich vielen Stufen empor-zusteigen. Aus diesem Grunde wurde er nach dem be-kannten Sündenfall, so wie er nun einmal im Gegensatzzu den Engeln in seiner Natur lag, aus dem Paradies ver-trieben. Das aber heißt, dass so, wie die VertreibungAdams aus dem Paradiese lautere Weisheit und Barm-herzigkeit war, auch die Verdammung der Ungläubigenzur Höllenstrafe nur recht und billig ist.

Wir haben schon in der »Dritten Anmerkung« zum»Zehnten Wort« gesagt: Hätte ein Ungläubiger in seinemkurzen Leben nur diese eine einzige Sünde (seines Un-glaubens) begangen, so läge dennoch in dieser Sündeein grenzenloses Verbrechen (als dessen Folge), dennUnglaube heißt, die ganze Schöpfung zu beleidigen, ih-ren Wert herabzusetzen und das Zeugnis, das allerKunstwerke (also alles Geschaffenen) für die Einheit Got-tes zu leugnen und alle Namen Gottes, die in allem, wasda ist, wie in einem Spiegel in Erscheinung treten, zu ver-achten. Wo also alles Sein gegenüber den Ungläubigensein Recht fordert und wenn Gott dann in Seinem Zorn(Qahhar) und in all Seiner Majestät (Djelal) diese Ungläu-bigen für ewig in die Hölle wirft, so ist dies nur recht undbillig, denn ein grenzenloses Verbrechen erfordert auch

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eine unendliche Strafe.Eure zweite Frage: Wofür wurde der Teufel erschaffen

und weshalb ist er da? Zu welchem Zweck (hikmet) hatGott der Gerechte den Teufel und das Böse geschaffen?Ist die Schaffung des Bösen böse und Schaffung desSchlechten schlecht?

Antwort: Gott bewahre!…Nicht die Erschaffung desBösen ist böse, vielmehr das Böse zu tun ist böse. DennErschaffung und Dasein beziehen sich auf ihren Sinn undden ganzen Zweck. Das Tun aber steht in einem be-stimmten Zusammenhang, geschieht zu einem besonde-ren Zweck. Zum Beispiel: Die Regenwolken, die herauf-ziehen, kommen aus tausenderlei Gründen und jededient einem guten Zweck. Wenn jedoch einzelne durchihr falsches Verhalten zu Schaden kommen, so dürfen siedeswegen nicht etwa sagen: »Die Existenz des Regensist keine Barmherzigkeit.« Es wäre ungerecht, wollte ei-ner behaupten: »Die Erschaffung des Regens ist böse.«Vielmehr ist das falsche, das verkehrte Tun, der Miss-brauch böse für ihn. So liegt auch in der Erschaffung desFeuers eine Fülle von Segen. Segen aber ist gut. Wennjedoch eine durch ihr falsches Verhalten und ihr verkehr-tes Tun einen Feuerschaden erleidet, so darf sie dannnicht sagen: »Die Erschaffung des Feuers ist schlecht.«Denn das Feuer ist nicht einzig dazu erschaffen, sie zubrennen, denn sie hat durch ihr eigenes falsches Verhal-ten ihre Hand in das Feuer gesteckt, das ihr das Essenkochen sollte und sich so einen Diener zum Feind ge-macht.

Zusammenfassung: Wenn ein großes Gut mit ein we-nig Schlechtem verbunden ist, so ist dies akzeptabel.Wollte also jemand, weil ein wenig Schlechtes nicht seinsoll, das jedoch viel Gutes hervorbrächte, nun dasSchlechte vermeiden, so hieße dies doch, viel Schlechteszu tun. Zum Beispiel: Werden Soldaten für den Kampfausgehoben, so entsteht dabei mit Sicherheit auch einwenig Schaden an Hab und Gut, an Leib und Leben.

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Doch in diesem Kampf liegt auch viel Gutes, sodass derIslam vor einem Angriff der Ungläubigen gerettet werdenkann. Unterbleibt aber um dieses kleinen Schadens wil-len der Kampf, so entsteht daraus durch den Verlust ei-nes großen Gutes ein großes Übel. Das aber kommt derTyrannei gleich. Oder, um ein anderes Beispiel anzufüh-ren: Wenn es bei einem Gasbrand notwendig gewordenist, den Finger abzuschneiden, so ist dies gut und schön,denn es ist nur ein äußerliches Übel. Schneidet man nichtden Finger ab, muss man (statt dessen später) die ganzeHand abnehmen. Das aber wäre ein großes Übel.

So ist den die Erschaffung und das Dasein des Bösen,des Unheils, der Zerstörung und des Zerfalls, der Teufelund jeglicher Art Schädlinge weder böse noch hässlich.Denn sie sind zu vielen bedeutenden Zwecken erschaf-fen worden. Zum Beispiel: Da die Engel nicht von denTeufeln gequält werden, gibt es für sie auch keine Fort-entwicklung. Ihre Stellung (makam) ist festgelegt undunterliegt keinem Wandel. Genauso werden auch die Tie-re nicht von den Teufeln gequält, ihre Rangordnung istfestgelegt, mangelhaft. Was aber die Menschenwelt be-trifft, so ist ihre Stufenleiter nach oben und unten hin oh-ne Grenze. Von Nimrod angefangen über die Pharaonenbis hin zu den Heiligen und Propheten führt ein sehr lan-ger Weg in vielen Stufen aufwärts.

So wurde denn bei der Erschaffung der Teufel, im Ge-heimnis (sirr) unserer Verantwortung, verbunden mit derSendung der Propheten, ein Ort der Prüfung eröffnet, umErfahrungen zu sammeln, sich zu bemühen (Djihad), (jain guten Werken miteinander) zu wetteifern, um die nie-deren, kohlengleichen Geister von den diamantenglei-chen, erhabenen Geistern zu scheiden und zu trennen.Wenn dieses Bemühen und der Wetteifer nicht wären,würden die (verschiedenen) Begabungen des mensch-lichen Geistes, die den Diamanten und der Kohle glei-chen, beieinander bleiben. Der Geist von Ebu Baqr as-Siddiq in den höchsten Höhen und der Geist von Abu Dje-

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hil in der tiefsten Tiefe befänden sich miteinander auf dergleichen Stufe. Das heißt, die Erschaffung der Teufel undallen Unheils sind, da sie sich auf große und allgemeineBelange erstrecken, nicht von ihrem Dasein her böse,nicht hässlich, sondern führen durch das, aus ihrem Miss-brauch und dem persönlichen Umgang mit ihnen, durchdas eigene Tun entstandene Böse, Hässliche, zu dem,was dem menschlichen Daseinsbereich zugehört, nichtzu dem, was dem Bereich der göttlichen Schöpfung zu-gehört.

Nun könnte man aber die folgende Frage stellen: Durchdie Sendung der Propheten bei gleichzeitiger Existenzder Teufel werden die meisten Menschen zu Ungläubi-gen, verfallen dem Unglauben, erleiden Schaden. Ziehtman nun die Schlussfolgerung im Hinblick auf die Masse,jene Mehrheit, die dabei den Schaden davongetragenhat, kann man dann nicht sagen, dass die Erschaffungdes Bösen böse, ja sogar die Sendung der Propheten garkeine Barmherzigkeit ist?

Antwort: Die Quantität hat keine Bedeutung gegenü-ber der Qualität. Die eigentliche Mehrheit bezieht sich aufdie Qualität. Zum Beispiel: Gäbe es hundert Dattelkerneund würde man diese nicht in die Erde stecken und mitWasser begießen und würde sodann nicht der Wachs-tumsprozess in Gang kommen und der Kampf ums Lebenstattfinden, so würde der Wert von hundert Dattelkernenhundert Para betragen. Wenn man sie aber mit Wasserbegießt und nun der Kampf ums Überleben beginnt, wo-bei dann achtzig von ihnen infolge schlechter Qualitätverderben, während nur zwanzig von ihnen zu zwanzigfruchttragenden Dattelpalmen werden, würdest du dannsagen: »Sie zu begießen war schlecht, weil es diemeisten von ihnen verdorben hat?« Das wirst du sicher-lich nicht sagen. Denn aus diesen zwanzig sind zwanzig-tausend geworden. Wo also zwar achtzig verdorben, je-doch zwanzigtausend gewonnen wurden, ist kein Scha-den entstanden, ist nichts Schlechtes geschehen. Oder

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um ein anderes Beispiel zu bringen: Hätten wir hundertPfaueneier, betrüge der Wert der Eier fünfhundert Ku-rusch. Ließe man jedoch diese hundert Eier ausbrütenund würden achtzig von ihnen dabei verderben, währendaus zwanzig von ihnen zwanzig Küken schlüpfen und je-des von ihnen zu einem Pfau heranwachsen würde,könnte man dann etwa sagen: »Das hat viel Schaden an-gerichtet. Es war hässlich, so zu handeln. Das Bebrütender Eier war schlecht, war böse?« Nein, natürlich nicht;es war gut so. Denn den Pfauenvögeln ging zwar aus derZahl ihrer Eier achtzig Stück im Werte von vierhundertKurusch verloren, stattdessen konnte jedoch ein Gewinnvon zwanzig Vögeln im Werte von achtzig Lira erzielt wer-den.

So hat denn das Menschengeschlecht durch die Ent-sendung der Propheten im Geheimnis (sirr) unserer Ver-antwortung, durch unsere Bemühungen, im Kampf gegendie Teufel Hunderttausende von Propheten, Millionen vonHeiligen und Milliarden von Gottesgelehrten gewonnen,welche zu Sonnen, Monden und Sternen in der Welt derMenschen wurden, während die Ungläubigen und dieHeuchler zwar zahlenmäßig viele, von ihrer Qualität je-doch bedeutungslos sind.

Ihre dritte Frage: Gott der Gerechte schickt das Un-glück, bringt Katastrophen (über die Welt). Ist das nichteine Ungerechtigkeit gegenüber allen unschuldigen(Menschen), ja sogar gegenüber den Tieren?

Antwort: Gott bewahre! Sein ist das Reich. Er verfügtüber Sein Eigentum so wie Er will. Ja, ließe dich einKünstler gegen ein Honorar Modell stehen, hieße dich einkünstlerisch entworfenes und ausgestaltetes Gewand an-ziehen und würde Er es nun, um Seine Kunstfertigkeitund Geschicklichkeit vor Augen zu führen, ausmessenund zuschneiden, es kürzen oder verlängern, ließe dichhinsetzen oder aufstehen, würdest du dann etwa zu Ihmsagen: »Du hast aus dem Kleid, das mich doch so ge-schmückt hatte, ein hässliches gemacht, mir dadurch,

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dass du mich aufstehen und wieder hinsetzen hießest,Umstände gemacht«? Du wirst es sicherlich nicht sagen.Sagtest du es aber, hättest du einen Unsinn gesagt. Ge-nauso aber ist es, wenn der Schöpfer in Seiner Herrlich-keit dich mit einem künstlerisch gestalteten Körper be-kleidet und ihn mit solchen Sinnen wie Gesicht, Gehör,Geruch Geschmack ausgeschmückt hat, um zu zeigen,wie Seine verschiedenen Namen so schön verziert sind,dich krank werden lässt, dich einem Unglück aussetzt,dich hungrig oder satt werden lässt oder dich durstigmacht und dich zwischen diesen verschiedenen Zustän-den hin und her wirft. Um das Wesen des Lebens stärkerhervortreten zu lassen und dir die ErscheinungsweisenSeiner Namen vor Augen zu führen, lässt er dich in sovielen Lebensumständen herumwirbeln. Wolltest du abernun sagen: »Warum hast du mir dieses Unglück zustoßenlassen?« würden dich hundert Weisheiten schweigen hei-ßen, wie wir ja in unserem Beispiel darauf hingewiesenhaben. Es ist in der Tat das Verweilen, die Ruhe, die Träg-heit, die Eintönigkeit, der Stillstand eine Art des Nicht-Seins und also ein Schaden. Bewegung und Verände-rung bilden das Dasein und also dessen Güte (d.h. Qua-lität). Das Leben findet seine Vollendung in der Bewe-gung, entfaltet sich mit den Unglücken. Das Leben wirdmit den Namen Gottes, die dabei durch mannigfaltige Er-eignisse in Erscheinung treten, herausdestilliert, gewinntseine Kraft, wächst, blüht und gedeiht, und gestaltet sichzu der Feder, die (über die Seiten des Lebens) geführtwird, um das eigene künftige Geschick damit niederzu-schreiben, erfüllt so seinen Sinn, erlangt ein Recht aufseinen jenseitigen Lohn.

Dies also sind kurzgefasst die Antworten auf die (obenangeführten) drei Streitfragen. Weitere Erklärungen fin-den sich in den dreiunddreißig »Worten« (Sözler).

Lieber Bruder, lies diesen Brief bitte dem Apotheker unddenen, die du unter denen, welche diese Disputation mitangehört haben, für geeignet hältst, vor! Grüße (Selam)

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meinerseits diesem Apotheker, der mein neuer Schülerist, und sage ihm auch:

»Derart kritische Fragen über den Glauben gleich die-sen oben erwähnten Fragen, darf man innerhalb einerGemeinschaft nicht nach Art eines unausgewogenenStreitgesprächs behandeln, weil derartige unausgewoge-nen Streitgespräche, obwohl sie doch ein Heiltrank seinkönnten, zu Gift werden für diejenigen welche derartigeDisputationen durchführen, als auch für deren Zuhörerund ihnen zum Schaden gereichen. Man sollte derartigeGlaubensfragen vielmehr mit einem gewissen Gleichmut,mit Wohlausgewogenheit und Gerechtigkeit und der Be-reitschaft zu einem echten Dialog besprechen.« Und sa-ge ihm weiter: »Wenn in deinem Herzen Zweifel über der-artige Disputationen auftauchen und ihr auch in den»Worten« (Sözler) die Antwort nicht findet, könnt ihr mirjederzeit persönlich schreiben.« Des Weiteren sage demHerrn Apotheker: »Was den Traum von seinem verstor-benen Vater betrifft, so habe ich in meiner Vorstellung diefolgende Deutung gefunden: Da sein verstorbener Vaterein Arzt war, hat er bestimmt auch vielen frommen undgesegneten, ja heiligmäßigen Menschen helfen könnenund die Seelen (ervah) dieser Gesegneten, die mit ihmzufrieden waren und nun verstorben sind, und die seinSohn als dessen nächster Verwandter bei dessen Hin-scheiden in der Gestalt von Vögeln gesehen hat, sind nunals seine Fürsprecher zu ihm gekommen, um ihm ihr Will-kommen zu entbieten. Das war es, was mir dazu einge-fallen ist.«

Allen Freunden, die in jener Nacht da waren, meinenGruß (Selam) und mein Gebet.

»Der Bleibende ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Dreizehnter Brief

»In Seinem Namen. Und fürwahr gibt es kein Ding, das Ihn nicht lob-preist.« »Friede allen, die der Rechtleitung folgen und Schande überalle, die ihrem Gelüste folgen.«

Meine lieben Brüder, Ihr fragt mich so oft nach meinem Befinden, nach mei-

nem Wohlergehen, warum ich mich nicht um einen Aus-weis bemühe und warum ich der politischen Lage derWelt gegenüber gleichgültig bleibe. Weil mir aber derglei-chen Fragen wiederholtermaßen gestellt wurden undauch in meinem Inneren aufgetaucht sind, sehe ich michdazu gezwungen, die nachstehenden drei Fragen nicht inder Sprache des Neuen Said, aber doch in der Sprachedes Alten Said zu beantworten.

Eure erste Frage: Befindest du dich wohl und wiefühlst du dich?

Antwort: Dem Herrn sei hunderttausendmal Dank ge-sagt dafür, dass Er nach der Überfülle Seiner Erbarmun-gen alle die Arten von Ungerechtigkeit, welche die Welt-leute mir angetan haben, in Arten Seines Erbarmens um-gewandelt hat. Und das geschah so:

Nachdem ich mich von der Politik und den weltlichenDingen zurückgezogen hatte, um in einer Berghöhle überdas Jenseits nachzudenken, haben die Weltleute in ihrerUngerechtigkeit mich da wieder herausgeholt und ver-bannt. Doch der weise und barmherzige Schöpfer hat die-se Verbannung für mich umgewandelt und mir Barmher-zigkeit erwiesen. Er hat mir dieses Einsiedlerleben aufdem Berg mit der Unsicherheit, der ich dort ausgesetzt

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war und all den Gründen, die die Reinheit meiner Absicht(ikhlas) hätten zerstören können, in eine sichere und auf-richtige Rüstzeit (halvet) in den Bergen von Barla umge-wandelt. Während ich mich in Russland in Gefangen-schaft befand, fasste ich den Vorsatz (niya) und flehte,mich die letzte Zeit meines Lebens in eine Höhle zurük-kzuziehen. Er hat mir nach der Überfülle Seiner Erbar-mungen Barla als meine Höhle bereitet, mir einer Höhlegleich zum Lohn gegeben. Doch hat Er meinem schwa-chen Körper die mühselige Anstrengung einer Höhle nichtaufgelastet. Es hatten aber in Barla zwei, drei MännerVerdacht geschöpft. Ich wurde auf Grund dieser Ver-dächtigungen unter Druck gesetzt. Und dabei hatten dochdiese meine Freunde angeblich nur an mein Wohlerge-hen gedacht. Sie haben aber mit ihren Verdächtigungensowohl meinem Herzen als auch dem Dienst am Qur’angeschadet. Obwohl die Weltleute allen Verbannten ihreAusweise gegeben, sie amnestiert und aus den Gefäng-nissen entlassen haben, haben sie mir ungerechterweisenichts gegeben. Mein Herr, der mich in Seiner Barmher-zigkeit in dieser Fremde vor allen Unruhen diese WirrenZeit bewahrt hat, um mich in meiner Arbeit am Qur’annoch mehr in den Dienst zu nehmen und damit ich überdas Licht (envar) des Qur’an in meinen »Sözler« nochmehr niederschreiben könne, hat mein Los umgewandeltund mir so eine große Barmherzigkeit erwiesen.

Die Weltleute haben noch dazu alle einflussreichen undmächtigen Führer und Scheiche, die sich in ihre welt-lichen Angelegenheiten einmischen könnten, erlaubt, inihren kleinen und großen Städten zu bleiben und mit ih-ren Verwandten und überhaupt mit jedermann zu verkeh-ren; mich hingegen haben sie ungerechterweise isoliertund aufs Dorf geschickt. Man hat meinen Verwandtenund den Landsleuten aus meiner näheren Heimat, ein,zwei von ihnen ausgenommen, noch nicht einmal eineBesuchserlaubnis erteilt. Mein Schöpfer hat mir diese Iso-lation in Seiner Barmherzigkeit in ein ganz großes Erbar-

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men umgewandelt. Dadurch hat Er mir mein Denken reinerhalten, meinen Verstand von jeglicher Verwirrung be-freit und mich den Segen aus dem Weisen Qur’an unver-fälscht schöpfen lassen. Überdies haben es die Weltleu-te im Anfang als zu viel angesehen, dass ich in einem Zei-traum von zwei Jahren zwei einfache Briefe geschriebenhabe. Ja sogar noch heute sehen sie es gar nicht gerne,wenn alle zehn oder zwanzig Tage oder einmal im Monatein, zwei Gäste kommen, nur um des Jenseits willen (d.h.um über das Himmelreich und andere religiöse Dinge zusprechen). So setzen sie mich unter Druck. Mein Herr inSeinen Erbarmen und Schöpfer hat mir diese Ungerech-tigkeit in Seiner Weisheit in eine Barmherzigkeit umge-wandelt. Denn in meiner Isolierung hat Er mir diese heili-gen drei Monate ( = Redjeb, Shaban, Ramadan), aus de-nen man den inneren Gewinn eines neunzig jährigen Le-bens ziehen kann, umgewandelt und einer ersehntenRüstzeit gleich auferlegt wie ein willkommenes Einsied-lerdasein. Lobpreis und Dank sei Allah für einen jeglichenZustand und jede Lage. So also ist mein Wohlergehenund wie ich mich befinde…

Eure zweite Frage: Warum bemühst du dich nicht da-rum, einen Ausweis zu erhalten?

Antwort: In dieser Angelegenheit wurde ich von derMacht Gottes (qader) gerichtet. Nicht ein weltliches Ge-richt hat mich verurteilt. Beim Herrn des Schicksals (qa-der) muss ich vorstellig werden. Erteilt Er mir die Erlaub-nis, stellt Er meine Versorgung hier ein, werde ich gehen.Diese Tatsache erklärt sich folgendermaßen:

Für jedes Ereignis, das über einen kommt, gibt es zweiGründe: der eine ist ein äußerlicher, der andere der wah-re. Die Weltleute sind der äußerliche Grund dafür, dassman mich hierher gebracht hat. Was aber die Macht Got-tes (qader) betrifft, so ist sie der wahre Grund dafür, dassich zu dieser Rüstzeit verurteilt worden bin. Die äußereVeranlassung hat mir ein Unrecht getan, was aber denwahren Grund betrifft, so bin ich gerecht behandelt. Äu-

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ßerlich betrachtet hat man sich gedacht: »Dieser Mannsetzt sich bis zum Äußersten für die Wissenschaft undden Glauben ein. Vielleicht mischt er sich noch in unsereweltlichen Angelegenheiten ein.« Auf Grund dieser Ver-mutung hat man mich verbannt und mir in dreifacher Hin-sicht ein Unrecht getan. Doch die Macht Gottes hat ge-sehen, dass ich nicht in Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeitder Wissenschaft und dem Glauben diene und mich ummeinetwillen zu dieser Verbannung verurteilt. Sie hat ihrvielfaches Unrecht in hundertfältiges Erbarmen umge-wandelt.

Da also nun einmal die Konsequenz (qader) in meinerVerbannung der Richter ist und das Schicksal (qader) ge-recht ist, muss ich bei ihm vorstellig werden. Was aberden äußeren Grund betrifft, so ist er in der Tat eine Sachevon der Art eines Vorwandes. Das heißt also, dass bei ih-nen vorstellig zu werden, sinnlos wäre. Wären sie imRecht, oder hätten sie einen zutreffenden Grund zurHand, dann könnte ich auch bei ihnen vorstellig werden.Obwohl ich ihre Welt vollständig aufgegeben habe undmich von ihrer Politik ganz und gar abgewandt habe, er-finden sie dennoch Einwände, Ausreden und Verdächti-gungen, die ganz gewiss grundlos sind, weshalb ich umnichts weiter bei ihnen nachfragen möchte, um ihren Ver-dächtigungen nicht einen Anstrich von Wahrheit zu verlei-hen. Hätte ich dazu Lust verspürt, mich in weltliche Poli-tik einzumischen, deren Fäden in den Händen der Frem-den zusammenlaufen, würde es keine acht Jahre, ja viel-leicht nicht einmal acht Stunden dauern, bis das durchsi-ckern und sich selbst verraten würde. Doch habe ich seitacht Jahren nicht mehr den Wunsch gehabt, eine Zeitungzu lesen und habe auch keine gelesen. Ich stehe hierschon seit vier Jahren unter Kuratel und nicht ein Tröpf-chen ist durchgesickert und hat sich verraten. Das heißt:der Dienst am Weisen Qur’an ist von einer solchen Erha-benheit über alle Politik, dass darinnen kein Platz mehrbleibt, sich zu einer weltlichen Politik herabzulassen, die

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zum größten Teil aus Lüge besteht. Der zweite Grund dafür, dass ich bei Weltleuten nicht

vorstellig werden will, ist der, dass ich kein Recht von de-nen fordern will, die das Unrecht für Recht ansehen, wasauch eine Art Ungerechtigkeit wäre. Diese Art Unrecht zubegehen aber will ich nicht.

Eure dritte Frage: Warum verhältst du dich weltlicherPolitik gegenüber so gleichgültig? Warum kümmert dichnicht das verbotene Vergnügen dieser Welt? Willst duüber diese Vergnügungen wohlwollend hinwegsehen?Oder fürchtest du dich, sodass du schweigst?

Antwort: Der Dienst am Weisen Qur’an hat mir dieWelt der Politik streng verboten. Ja sie lässt mich sogarjeden Gedanken daran vergessen. Im Gegenteil: meinganzes Leben ist ein Zeugnis dafür, dass Furcht michnicht an meinen Platz fesseln und daran hindern konnte,den einmal als wahr erkannten Weg zu beschreiten, michgar nicht daran hindern kann. Und wovor sollte ich michdenn auch fürchten? Ich bin durch nichts an dieses irdi-sche Leben gebunden außer durch eine Frist. Ich brau-che nicht an Frau und Kinder zu denken. Ich brauchenicht an Hab und Gut zu denken. Ich brauche nicht an dieEhre meines Hauses zu denken. Nicht über denen, diemir helfen, Ruhm und Ehre dieser Welt zu bewahren, dieja doch nur aus Heuchelei und trügerischer Berühmtheitbestehen, sei das Erbarmen, nein, vielmehr über denen,die mir helfen, sie zu zerbrechen… Es verbleibt mir nocheine Frist. Sie ruht in den Händen der Majestät (Gottes)des Schöpfers. Wer könnte es wagen, an ihr zu rühren,bevor sie abgelaufen ist? Gewiss gehören wir zu denen,die »einen Tod in Würde vor einem Leben in Schmach be-vorzugen.« Einer, der so war wie der »alte Said«, hat ein-mal gesagt:

»Wir sind diejenigen, für die es keinen Mittelweg gibt. Uns gehört ent-weder ein Ehrenplatz unter den Menschen oder das Grab.«

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Ja, der Dienst am Qur’an hat mir sogar verboten, an dasöffentliche und soziale Leben der Menschen zu denken.Das ist folgendermaßen:

Das Menschenleben ist eine Reise. Ich habe im Lichtedes Qur’an gesehen, dass dieser Weg heute in einenSumpf hineingeraten ist. In diesem fauligen und schlam-migen Sumpfgelände zieht die Schar der Menschen da-hin, bald fallend, bald wieder aufstehend. Nur ein Teil vonihnen schreitet auf sicherem Pfad. Ein anderer Teil ver-sucht, sich so weit wie möglich zu behelfen, um sich ausdem Schlamm und dem Sumpf zu befreien. Der größteTeil von ihnen aber watet im Dunkel durch diesen fauli-gen, schmutzigen, schlammigen Sumpf. Zwanzig Prozentvon ihnen schmiert sich gleich wie ein Rausch diesen fau-ligen Schlamm ins Gesicht und in die Augen, der Mei-nung, es handele sich um Moschus und Amber… Baldfallend, bald wieder aufstehend setzen sie ihren Weg fort,bis sie ersticken. Achtzig Prozent von ihnen bemerkenzwar den Sumpf, verspüren, wie er fault und stinkt, dochin ihrer Ratlosigkeit können sie den sicheren Weg nichterkennen…

Nun aber kann man ihnen zwei Mögliche Hilfen anbie-ten.

Erstens: Man kann diese zwanzig mit einer Keule ausihrem Rauschzustand erwecken.

Zweitens: Man kann den Ratlosen ein Licht zeigen,das ihnen den sicheren Weg weist.

Ich sehe aber, dass achtzig Mann für die zwanzig eineKeule in ihren Händen halten. Doch man zeigt diesen hilf-und ratlosen achtzig nicht das Licht der Wahrheit ent-sprechend… zeigte man es ihnen, würden sie dennochverunsichert werden, weil die Hand sowohl den Stock alsauch das Licht daran hält. Der Mensch in seiner Ratlo-sigkeit wird unruhig und fragt sich: »Will man mich etwamit dem Licht anlocken und dann mit dem Stock schlagender es hält?« Hinzu kommt, dass manchmal durch einen

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Zwischenfall der Stock zerbricht… Das Licht, das an ihmhängt, entschwindet und verlischt.

Nun aber ist dieser Sumpf den Ausschweifungen immenschlichen Gemeinschaftsleben vergleichbar, das inSorglosigkeit und Irrtum verläuft. Es gleicht einemRausch, in dem die verstockte Menschheit ihren eigenenIrrtum genießt. Was aber die Ratlosen betrifft, so handeltes sich bei ihnen um solche, die zwar einen Abscheu vordem Irrtum empfinden, doch sie können nicht ausstei-gen… sie möchten sich retten, doch sie finden den Wegnicht… es sind ratlose Menschen. Die Keule hinwiederumentspricht den politischen Strömungen. Das Licht aberbezeichnet die Wahrheit des Qur’an. Gegen das Lichtaber gibt es keinen Kampf, ihm bringt man keine Feind-schaft entgegen. Den gesteinigten Satan ausgenommengibt es niemanden, der davor Abscheu hätte. So habe ichdenn, um das Licht des Qur’an in meiner Hand bewahrenzu können,

»Ich nehme meine Zuflucht zu Allah vor dem Satan und vor der Politik.«

gesagt, die Keule der Politik weggeworfen und das Lichtmit beiden Armen umfasst. Ich habe gesehen, dass es inden politischen Strömungen, sowohl auf Seiten der Re-gierung wie der Opposition glühende Verehrer des Lich-tes gibt. Keine Partei und keine Gruppierung darf vor ei-nem Qur’an-Unterricht zurückschrecken oder ihn inirgendeiner Weise verdächtigen, der auf einer Stufe (ma-kam) erteilt wird, die hoch und weit über allen politischenStrömungen und jeglicher Parteilichkeit liegt und rein undfrei ist von jeglicher Eigensüchtelei und auf das Licht desQur’an (envar-i Qur’aniye) hinweist. Davon ausgenom-men sind nur jene Teufel in Menschengestalt oder Wölfeim Schafspelz, die ihren Unglauben und ihre Gottlosigkeitfür Politik halten und für sie Partei ergreifen. Elhamdu-li’l-lah! ich wollte, dass durch meinen Rückzug aus der Poli-

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tik der Wert der Wahrheiten des Qur’an, die einem Dia-manten gleichen, nicht durch den Verdacht, bloße politi-sche Propaganda zu sein, auf den Wert von Glasscher-ben herabgesetzt wird. Aber vielleicht werden diese Dia-manten mit der Zeit ihren Wert in den Augen einer jedenGruppe zu noch größerem Glanze erhöhen.

»Und sie sagten: Lob und Preis und Dank sei Allah, der uns bis hierhergeführt hat. Stünden wir nicht unter Seiner Führung, könnten wir nichtauf den rechten Weg gelangen. Wahrlich, die Propheten unseres Herrnsind zu uns gekommen mit der Wahrheit.«

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Vierzehnter Brief

Dieser Brief ist nicht geschrieben worden!

Fünfzehnter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)

Mein lieber Bruder!Zu deiner ersten Frage: Warum konnten die Sahabis

mit ihren Augen der Gottesfreunde (velayet) die Übeltäter(mufsidine) nicht entdecken, sodass es sich am Ende er-gab, dass drei der vier rechtgeleiteten Kalifen zu Märty-rern geworden sind? Denn es wird doch gesagt, dassselbst die geringsten unter den Ssahabis größer sind alsdie größten Heiligen?

Antwort: Es gilt hier, zwei Punkte (makam) zu beach-ten.

Erster Punkt: Diese Frage lässt sich beantworten,wenn man das folgende feinsinnige Geheimnis der Hei-ligkeit erklärt. Es ist dies wie folgt:

Die Heiligkeit der Sahabis, bekannt geworden als die»größere Gottesfreundschaft«, ist eine Art der Heiligkeit,die aus der Erbschaft des Prophetentums erwuchs unddie, indem sie am Engpass der Mystik vorbei direkt vomAugenscheinlichen zur Wirklichkeit führt, sich auf die Ent-faltung der göttlichen Unmittelbarkeit (akrebiyet) richtet;und obwohl dieser Weg der Gottesfreundschaft sehr kurzist, so ist er doch ein sehr erhabener Weg. Seiner Wun-der sind wenige, doch seiner Tugenden viele. Erleuch-

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tung und Wunder (keshif ve keramet) gibt es auf ihm we-nige. Was jedoch die Wunder der Heiligen (späterer Jahr-hunderte) betrifft, so geschehen sie gewöhnlich ohne Ab-sicht. Wunder (harika) geschehen völlig unerwartet alsGnadenerweis (ikram) Gottes. Erleuchtungen und Wun-der ereignen sich meistens zu Zeiten spiritueller Reisen,wenn sich ihnen in der Absonderung ihrer Ordensschu-lung (tariqat bersahi), in der sie sich in gewissem Gradevom normalen menschlichen Leben zurückgezogen ha-ben, außergewöhnliche Zustände (hal) öffnen. Was aberdie Sahabis betrifft, so war es für sie, dank der Wider-spiegelung, der Anziehungskraft, dem Elixier ihrer Ge-meinschaft (sohbet) mit dem Propheten nicht erforderlich,den riesigen Bereich spiritueller Reisen eines Ordensle-bens (tariqat) zu überqueren. Sie konnten mit einemSchritt, in einem Gespräch (sohbet) von der Augen-scheinlichkeit zur Wirklichkeit (haqiqat) hinüber gelangen.Zum Beispiel: Es gibt zwei Wege, um in die vergangeneNacht der Bestimmung zurückkehren zu können:

Der erste Weg ist der, ein Jahr zu durchreisen und zudurchwandern, bis man wieder zu dieser Nacht gelangt.Um in ihre Nähe gelangen zu können, muss man eineEntfernung von einem Jahr durchqueren. Dies ist derWeg derer, die eine spirituelle Reise unternehmen, so wiedies die meisten derer tun, die einem Ordensweg folgen.

Der zweite (Weg aber ist der), aus der leiblichen Hülle,welche durch die Zeit begrenzt ist, hinauszuschlüpfen,sich im Aussteigen geistig zu erheben und so die gestri-ge Nacht der Bestimmung zusammen mit der Nacht vordem Festtag übermorgen zugleich im gegenwärtigen Au-genblick zu erleben. Denn der Geist ist nicht von der Zeitbegrenzt. Wenn das menschliche Wahrnehmungsvermö-gen sich zur Stufe des Geistes steigert, dehnt sich unse-re gegenwärtige Zeit aus. Zeit, die für andere Vergangen-heit und Zukunft ist, bedeutet für ihn (ruh) Gegenwart.

So muss man denn, diesem Beispiel entsprechend, umzu der gestrigen Nacht der Bestimmung gelangen zu kön-

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nen, die Stufenleiter des Geistes emporklimmen und dieVergangenheit als gegenwärtig wahrnehmen. Der Kernaller Hermetik dieses Geheimnisses findet sich in der Ent-hüllung Göttlicher Nähe. Zum Beispiel: Die Sonne ist unsnahe, denn ihre Strahlen, ihre Wärme, ihre Reflektion hal-ten wir durch einen Spiegel in unserer Hand. Und dochsind wir weit von ihr entfernt. Wenn wir, was ihre Licht-ausstrahlung betrifft, ihre Nähe empfinden und unsereBeziehung zu ihrem Bild in unserem Spiegel verstehenund auf diese Weise das Wesen ihres Lichtes, und ihrerWärme und woraus sie zusammengesetzt ist, erkennenkönnen, dann entfaltet sich uns ihre Unmittelbarkeit undwir begreifen so, dass sie uns nahe ist und zu uns in Be-ziehung steht. Wollten wir aber angesichts unserer Ent-fernung von ihr versuchen, ihr nahe zu kommen und siekennen zu lernen, so müssten wir mit unserem Verstandund in unseren Gedanken sehr viele Reisen unterneh-men, um auf diese Weise anhand wissenschaftlicherPrinzipien in unserer Vorstellung zum Himmel aufsteigenund die Sonne dort oben am Himmel betrachten zu kön-nen, wonach wir dann ihr Licht, ihre Wärme und die sie-ben Farben ihres Lichtes des Langen und Breiten wis-senschaftlich erforschen könnten, um am Ende zu dergleichen innerlichen Nähe zu gelangen, die bereits jenerMensch mit ein wenig Nachdenken erlangt hatte, der zumersten Mal einen Spiegel zur Sonne richtete.

So verhält es sich denn wie in obigem Beispiel mit demProphetentum und der Heiligkeit, die im Erbe des Pro-phetentums liegt, im Bezug zu dem Geheimnis der Ent-faltung göttlicher Unmittelbarkeit. Die andere Art Heilig-keit aber geht gewöhnlich von dem Versuch einer Annä-herung aus und ist deshalb gezwungen, über viele Stu-fenleitern hinweg spirituelle Reisen zu unternehmen.

Zweiter Punkt: Diejenigen, welche diese Ereignisseverursacht hatten und die Drahtzieher der Unruhen wa-ren, das waren nicht nur ein paar Juden, sodass man dieUnruhen durch ihre rechtzeitige Entdeckung hätte verhin-

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dern können. Denn dadurch dass sehr viele verschiede-ne Stämme der islamischen Gemeinschaft (Islamiyet)beitraten, haben sich auch viele einander entgegenge-setzte, einander zuwiderlaufende Strömungen unterein-ander vermischt. Besonders nachdem der Nationalstolzeiniger unter ihnen durch den Schlag, den Hasret Omar,mit dem Gott zufrieden sein möge, ihnen versetzt hatte,zutiefst verletzt worden waren, warteten diese nun natür-lich auf eine Gelegenheit zur Rache. Denn er hatte nichtnur ihren alten Glauben zunichte gemacht, sondern auchihre alte Herrschaft und Souveränität, auf die sie so stolzgewesen waren, hinweggefegt. Wissentlich oder unwis-sentlich gerieten sie in die Lage, Rache an der islami-schen Herrschaft emotional den Vorzug zu geben. Es waraus diesem Grunde, dass man sagt, ein Teil besondersintelligenter Intriganten und Heuchler, worunter auch Ju-den, habe die Gelegenheit, welche ihnen der damaligeZustand der Gesellschaft bot, beim Schopfe gepackt. Dasaber heißt, dass es möglich gewesen wäre, die damali-gen Ereignisse durch eine Reform der sozialen Verhält-nisse und Anschauungsweisen zu verhindern. Anderer-seits aber wäre das durch die Enttarnung von ein oderzwei Aufständischen nicht möglich gewesen.

Wenn man sich erzählt: Warum konnte Omar, mit demGott zufrieden sein möge, der von seiner Kanzel (Mim-ber) herab zu einem seiner Kommandanten mit NamenSariya sagen konnte:

»Oh Sariya, der Berg, der Berg!«

und bewirken konnte, dass Sariya, der eine Monatsreisevon ihm entfernt war, ihn hörte und so auf wunderbareWeise einen strategischen Sieg errang, was die Scharf-sinnigkeit des Auges seiner Heiligkeit unter Beweis stellt,dennoch seinen Mörder nicht erkennen, der doch nebenihm stand?

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keit. Es ist dies wie folgt:Hasret Ali betrachtete die absolute Gerechtigkeit als

grundlegend und focht wie in der Zeit der beiden Schei-che vor ihm entsprechend diesem Grundsatz von der ab-soluten Gerechtigkeit. Was aber seine Gegner betrifft, sosagten sie: In der Zeit dieser beiden Kalifen erlaubte dieReinheit des Islam noch die Reinheit der Gerechtigkeit.Doch mit dem Fortschreiten der Zeit wurde es sehrschwierig noch diese absolute Gerechtigkeit walten zulassen, weil nun verschiedene Völker der islamischenGemeinschaft (Islamiyet) beitraten, die noch im islami-schen sozialen Leben schwach waren, weshalb nun einrelatives sogenanntes Recht des »geringeren Übels« an-gewandt werden musste. Um diesen Streit über Rechts-auslegung in die Politik einzuführen, wurde sogar einKrieg geführt. Weil aber nun die Auslegung rein um Got-tes willen und zum Wohle des Islam erfolgt war und derStreit nun aber über der Auslegung des Gesetzes ent-brannt war, können wir sicherlich sagen, dass sowohl die,welche töteten, als auch die, welche getötet wurden, Ge-fährten des Paradieses und auch beide Empfänger ihresLohnes geworden sind. Wie richtig auch immer HasretAlis Auslegung (itjtihad) und wie falsch auch immer seineGegner gelegen haben mögen, so haben sie dennochkeine Strafe dafür verdient, denn wer mit seiner Ausle-gung die Wahrheit findet, erwirbt zwei Verdienste; wer sienicht findet, hat doch einen Verdienst, nämlich das Ver-dienst für seine Auslegung, was auch eine Art Gottes-dienst ist. Sein Irrtum wird ihm vergeben. Bei uns zuhau-se hat ein sehr berühmter Mann in bestem Kurdisch ge-sagt und dabei die Wahrheit gesprochen:

Das heißt: Zerreiß dir nicht das Maul über den Kampf un-ter den Sahabis, denn sowohl die, welche töteten, alsauch die, welche getötet wurden, sind doch beide Ge-

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fährten des Paradieses geworden.Die absolute Gerechtigkeit und eine relative Gerechtig-

keit, können entsprechend der Ausdeutung der Ayah:

»Wer einen Menschen tötet, es sei denn einen Mörder oder wegeneines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, der ist gleich einem, derdie Menschheit getötet hat.« (Sure 5, 32)

vielleicht folgendermaßen erklärt werden: Die Rechte ei-nes Unschuldigen können nicht zum Wohle der Mensch-heit für ungültig erklärt werden. Auch darf ein Einzelnernicht dem Wohle der Allgemeinheit geopfert werden. Inden Augen Gottes des Gerechten und vor Seiner Barm-herzigkeit ist Recht gleich Recht, unbesehen ob großoder klein. Das kleine darf nicht für das große gelöschtwerden. Für das Allgemeinwohl dürfen Leben und Rechteines Einzelnen nicht ohne dessen Zustimmung geopfertwerden. Ist er bereit, sie zu opfern, so ist dies eine ande-re Sache.

Was aber das relative Recht betrifft, so wird der Einzel-ne dem Wohl aller zum Opfer gebracht. Vor der Gemein-schaft fällt das Recht des Einzelnen außer Betracht. Manbemüht sich darum, eine Art relativer Gerechtigkeit alsdas geringere Übel zur Anwendung zu bringen. Wo es je-doch möglich ist, absolutes Recht walten zu lassen, darfman eine relative Gerechtigkeit nicht zulassen. Es wäreein Verbrechen, dies zu tun.

So kann man also sagen, dass Imam Ali, mit dem Gottzufrieden sein möge, wie in der Zeit der beiden Kalifenvor ihm, absolutes Recht zur Anwendung gebracht und soein Gebäude auf der Grundlage des islamischen Kalifatserrichtet hat. Was aber seine Gegner und Widersacherbetrifft, so sagen sie, dass dies nicht möglich war, weil esda zu viele Differenzen gab, so urteilten sie dementspre-chend auf Grund eines relativen Rechts. Was aber dieübrigen Gründe betrifft, welche die Geschichte aufzeigt,

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so handelt es sich hier nicht um die wahren Gründe. Essind Vorurteile.

Wenn man sagt: Aus der Perspektive des islamischenKalifats war Imam Ali eine Persönlichkeit mit außerge-wöhnlichen Fähigkeiten, einer wunderbaren Intelligenzund einer hohen Qualifikation (für sein Amt). Warum aberblieb er dann im Vergleich zu seinen Vorgängern so ohneErfolg?

Antwort: Diese gesegnete Persönlichkeit war über sei-ne politischen und hochherrschaftlichen Aufgaben hinausnoch weit bedeutenderer Aufgaben würdig. Wäre er auchnoch ein perfekter Politiker und ein vollendeter Herrschergewesen, so hätte er nie zu recht den bedeutenden Titeleines »Königs der Heiligkeit« erlangen können. Dagegenerlangte er ein geistiges Königreich, das weit über ein äu-ßerliches, rein politisches Kalifat hinausreicht und wurdezu einem universalen Meister; ja, dieses geistige König-reich wird noch bis zum Ende der Welt fortbestehen.

Wenn es aber nun um die Schlacht von Hasret Imam Aligegen Hasret Muaviye und seine Gefolgsleute bei Siffingeht, so handelte es sich dabei um den Kampf zwischendem Kalifat und dem Sultanat (Königsherrschaft). Dasheißt: Hasret Imam Ali nahm die Gesetze des Glaubens(din), die islamischen Glaubenswahrheiten und (die Sor-ge um das Leben im) Jenseits zur Grundlage und opferteihr einen Teil der Gesetze des Königreichs und der gna-denlosen Erfordernisse der Politik. Was aber Hasret Mu-aviye und seine Gefolgschaft betrifft, so vernachlässigtensie alle Erschwernisse (islamischer Vorschriften), bevor-zugten hingegen die (zugestandenen) Erleichterungen,um so das islamische soziale Leben mit ihrer Regie-rungspolitik zu stärken und glaubten, im politischen Le-ben dazu gezwungen zu sein; und indem sie Zugeständ-nisse machten, verfielen sie dem Irrtum.

Was aber nun den Kampf von Hasret Hassan und Hus-seyn gegen die Omajaden betrifft, so handelte es sich

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hier um einen Streit zwischen religiösen und nationalenInteressen. Das heißt: die Omajaden bauten den islami-schen Staat auf der Grundlage des arabischen Nationa-lismus, setzten ihre Bindungen an den islamischen Glau-ben (Islamiyet) nach ihrer Bindung an die Nation hintenan und richteten so einen zweifachen Schaden an:

Erstens: Sie beleidigten die anderen Nationen und ver-setzten sie in Furcht.

Zweitens: Da die Prinzipien des Rassismus und Natio-nalismus nicht den Gesetzen von Recht und Gerechtig-keit folgen, sind sie verbrecherisch. Sie folgen nicht denRechtsprinzipien, denn als Nationalist zieht ein Herrscherdie eigene Nation vor, handelt nicht rechtmäßig.

»Die Islamiyet hat abgeschafft, was ihr (in der Zeit der) Unwissenheitvoraus ging. Es gibt keinen Unterschied zwischen einem abyssinischenSklaven und seinem Herrn vom (Stamme der) Qureysch, nachdem sieeinmal den Islam angenommen haben.«

Nach diesem Ferman steht fest: Man kann nicht an Stel-le der religiösen Bindungen nationale Bindungen setzen.Tut man dies, so kann es keine Gerechtigkeit geben, dasRecht entschwindet.

So bestimmte denn Hasret Husseyn die Bindung anden Glauben zum Grundgesetz und kämpfte als ein Ge-rechter gegen (die Omajaden) bis er den Rang eines Mär-tyrers erlangt hatte.

Wenn man sagt: Wenn er denn so rechtschaffen undgerecht denkend war, warum denn hatte er dann keinenErfolg? Und warum erlaubte es dann die göttliche Vor-ausschau und auch die göttliche Barmherzigkeit, dass sieeinem so schrecklichen Ende entgegen gingen?

Antwort: Es waren nicht Hasret Husseyns nächste Ge-

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folgsleute, sondern Angehörige fremder Nationen, diesich seiner Gemeinschaft angeschlossen hatten und dienun dank ihres gekränkten Nationalstolzes dem arabi-schen Volk gegenüber Gefühle der Rache hegten, wasnun der reinen und klaren Sache Hasret Husseyns undseiner Gefolgsleute diesen Schaden zufügte und der An-lass zu ihrer Niederlage wurde.

Was nun aber die Weisheit hinter ihrem tragischen En-de, aus dem Blickwinkel der göttlichen Vorausschau be-trachtet, betrifft: Hassan und Husseyn, ihre Familien undihre Nachkommen waren für eine spirituelle Herrschaftvorbestimmt. Es ist sehr schwer, weltliche und geistlicheHerrschaft miteinander zu vereinbaren. So bewirkte esdenn die göttliche Vorausschau, dass sie einen Ekelgegenüber der Welt empfanden. Sie zeigte ihnen dashässliche Gesicht dieser Welt, sodass sie sich in ihrenHerzen nicht zu dieser Welt hingezogen fühlen sollten. Soentglitt denn eine flüchtige und nur oberflächliche Herr-schaft ihren Händen; doch wurde ihnen eine glänzendeund immerwährende Herrschaft gegeben. An Stelle ge-wöhnlicher Gouverneure wurden sie zum geistigen Polunter allen Heiligen.

Zu deiner dritten Frage: »Worin liegt die Weisheit hin-ter der Grausamkeit, mit der man diese gesegneten Per-sönlichkeiten behandelt hat und all der Tragik, die ihnenwiderfahren ist?«

Antwort: Wie bereits oben erklärt, gab es während derHerrschaft der Omajaden vier Grundsätze, welche zur Ur-sache für die gnadenlose Grausamkeit der Gegner Hus-seyns wurden.

Der eine war der gnadenlose Grundsatz der Politik:»Für das Wohl der Regierung und die Aufrechterhaltungder Ordnung dürfen einzelne Personen geopfert wer-den.«

Der zweite war der grausame Grundsatz des Nationa-lismus, dessen Herrschaft auf der Basis von Volk und Na-

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tion beruht: »Dem nationalen Wohl darf jedermann geo-pfert werden.«

Der dritte findet sich in dem Gift der Rivalität zwischenden Omajaden und den Haschimiten, einigen Leuten wieYesid gleich, die eine erbarmungslose Fähigkeit zeigten,grausam zu sein.

Und ein vierter Grund findet sich unter der Anhänger-schaft von Hasret Husseyn, welche – da die Herrschaftder Omajaden auf dem Nationalismus der Araber beruh-te, welche einzelne Personen anderer Völker als »Aus-länder« bezeichneten und als Sklaven betrachteten, wel-che ihren Nationalstolz kränkten, während diese anderenVolksstämme sich der Gemeinschaft von Hasret Husseynaus verschiedenen Gründen oder aber um Rache zu neh-men angeschlossen hatten – da sie den nationalen Fa-natismus der Omajaden nur allzu sehr berührte, nunGrund genug war für außergewöhnliche Grausamkeit unddiese uns wohlbekannte Tragödie.

Die vier oben erwähnten Gründe sind offensichtlich. Be-trachtet man sie unter dem Gesichtspunkt der göttlichenVorausschau, so ist das Ergebnis im Jenseits, die geisti-ge Königsherrschaft und der spirituelle Fortschritt, wel-chen Hasret Husseyn und seine Gefolgsleute auf Grunddieser Tragödie erlangten, von so hohem Wert, dass dieAnstrengung, der sie sich bei dieser Tragödie unterziehenmussten, geradezu als billig und einfach erscheint. Es istso, als ob ein Soldat nach einer Stunde Folter den Rangeines Märtyrers erlangt, wo er doch andererseits ein Jahrhätte kämpfen müssen, um diesen Rang zu erwerben.Könnte man diesen Soldaten, nachdem er das Martyriumerlangt hatte, noch fragen, so würde er sagen: »Ich habemit nur sehr wenigem sehr viel gewonnen.«

Zur Auslegung deiner vierten Frage: Nachdem Has-ret Isa (Jesus), mit dem der Friede sei, in der Endzeit denAntichrist (Deddjal) getötet hat, werden die meisten Men-schen dem wahren Glauben beitreten; und doch gibt es

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eine Überlieferung, die besagt: Solange sich noch auf derWelt Menschen finden, die Gott anrufen, wird das Endenoch nicht kommen. Wie aber können nun, nachdem diemeisten zum Glauben gelangt sind, die meisten von ih-nen Ungläubige werden?

Antwort: Einer zuverlässigen Überlieferung (Hadith-iSahih) entsprechend wird berichtet: »Hasret Isa, mit demder Friede sei, wird kommen, unter dem islamischen Ge-setz leben und den Deddjal töten.« Denen, deren Glaubeschwach ist, erscheint dies jedoch als unwahrscheinlich.Ist (diese Voraussage jedoch erst einmal) Wirklichkeit ge-worden, bleibt kein Raum mehr für deren Unwahrschein-lichkeit. Es ist dies wie folgt:

Die Auslegung der Hadithe, die sich mit der Hadith vomSufian und vom Mehdi befassen, ist Folgende: In derEndzeit werden zwei gottlose Strömungen an Macht ge-winnen:

Erstens: Unter dem Schleier der Zwietracht wird einfürchterliches Wesen mit dem Namen Sufyan erscheinen,die Botschaft Ahmeds, mit dem der Friede sei, leugnen,sich an die Spitze der Heuchler (ehl-i nifaq) setzen undversuchen, das islamische Gesetz aufzuheben. Gegenihn wird sich ein lichtvolles Wesen mit Namen Moham-med Mehdi aus der Familie des Propheten erheben, umdas Haupt der Heiligen und Vollendeten zu werden. Erwird die geistigen Strömungen der Heuchler, die den Su-fyan verkörpern, zerstören und vernichten.

Was nun die zweite Strömung betrifft: Sie wird eineaus der naturalistischen, materialistischen Philosophieentstehende Strömung sein, dem Nimrod gleich, in derEndzeit allmählich mit der materialistischen Weltanschau-ung wachsen und bis zum Grade der Gottesleugnung er-starken.

Gleich wie ein Barbare, der den König nicht kennt undnicht akzeptiert, dass die Offiziere und Mannschaften imHeere seine Soldaten sind, alle, jeden einzelnen Solda-

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ten als eine Art von König und wie einen Herrscher be-trachtet, ebenso betrachten auch die einzelnen Angehöri-gen jener Strömung derer, die Allah verleugnen, sichselbst als eine Art kleiner Nimrod und maßen sich dessenHerrschaft an. Was aber den Deddjal betrifft, welcher dergrößte unter ihnen ist und sich an ihre Spitze gesetzt hatund Furcht erregende Wunder, den Manifestationen derSpiritisten und Magnetiseure vergleichbar, zeigt, so wirder sogar so weit gehen, sich seine nach Außen in Er-scheinung tretende Gewaltherrschaft als Gottesherr-schaft vorzustellen und seine Gottheit zu verkünden.Wenn jedoch ein armer Mensch, der von einer Mücke be-siegt werden kann, und noch nicht einmal den Flügel ei-ner Mücke zu erschaffen vermag, behauptet, ein Gott zusein, was für eine ganz offensichtliche, törichte Maskera-de ist das doch dann!?

So wird denn in einer solchen Zeit, in der sich dieseStrömung als so stark erweist, der wahre christliche Glau-be in Erscheinung treten, der die geistige Kraft von Has-ret Isa ist, mit dem der Friede sei, das heißt, er wird ausdem Himmel der göttlichen Barmherzigkeit herabsteigen,der derzeitige christliche Glaube wird sich zu dieserWahrheit hin reinigen, den Aberglauben und die Missdeu-tungen der Schrift aufgeben, sich mit der Wahrheit des Is-lam vereinigen, und die christliche Religion wird sichinnerlich in eine Art von Islam umwandeln… Und sie wirddem Qur’an nacheifern; die geistige Kraft des Christen-tum wird in der Gefolgschaft des Islam und der Islam seinVorbild bleiben. Der wahre Glaube wird aus dieser Verei-nigung eine gewaltig große Kraft schöpfen.

Solange Christentum und Islam noch voneinander ge-trennt sind, werden sie den gottlosen Strömungen unter-legen sein. Sobald sie sich aber vereinigt haben, werdensie die gottlosen Strömungen besiegen und vernichten.

Hasret Isa, mit dem der Friede sei, der sich in seinermenschlichen Erscheinung in der himmlichen Welt befin-det, wird sich an die Spitze dieser Bewegung des wahren

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Glaubens stellen. Davon hat uns der getreue Herold, ge-stützt auf die Verheißung Dessen, Der aller Dinge mäch-tig ist, Kunde gebracht. Da er uns diese Kunde gebrachthat, ist dies wahr. Da der Allmächtige über allen Dingenes verheißen hat, wird es mit Sicherheit geschehen.

Der Allweise in Seiner Herrlichkeit, der allezeit vomHimmel herab Seine Engel zur Erde sendet, und ihnenmanchmal menschliche Gestalt verleiht, (sowie der Er-zengel Gabriel in Gestalt des Ssahabi Dihye erschien),der die Geister aus ihrer Welt in menschlicher Gestalt er-scheinen lässt, ja sogar die Geister von vielen verstorbe-nen Heiligen in ihrer irdischen Gestalt wieder zur Erdeherabsendet, wird mit Sicherheit auch Hasret Isa, mitdem der Friede sei, der in seiner irdischen Gestalt weiterim erdnahen Himmel lebt, um den christlichen Glauben inbester und schönster Form abzuschließen, zur Erde sen-den. Auch wenn Hasret Isa in den entferntesten Winkelder jenseitigen Welt gegangen sein sollte, oder wenn Erihn aus dem Totenreich zurückholen müsste, Er würdeihn um dieser gewaltigen Aufgabe willen mit einem neuenKörper bekleiden und zur Erde senden, was der Weisheitdes Allweisen nicht ferne liegt, Er es vielmehr verspro-chen hat, weil Seine Weisheit es erfordert; und weil Er esso versprochen hat, wird Er ihn sicher senden.

Es ist nicht notwendig, dass jeder Hasret Isa, mit demder Friede sei, wenn er kommt, als den wahren Herrn Je-sus wiedererkennt. Die ihm nahe stehen und die Auser-wählten werden ihn im Lichte des Glaubens erkennen.Doch mit letzter Sicherheit wird nicht jeder ihn erkennen.

Frage: In der Überlieferung heißt es: »Der Deddjal hatein erlogenes Paradies. Die ihm folgen, wirft er da hinein.Er hat auch eine falsche Hölle; und die ihm nicht folgenwollen, wirft er da hinein. Er hat sogar ein Reittier, desseneines Ohr er dem Paradies gleich, das andere Ohr aberwie die Hölle gemacht hat. Seine gewaltigen Körpermaßesind …solcher Art, …dieser Art…« Wie verhält es sich miteiner solchen Darstellung?

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Antwort: Die äußere Erscheinung des Deddjals ist dieeines Menschen. In seinem Pharaonenstolz und seinerGottvergessenheit hat er die Idee seiner angemaßtenGewaltherrschaft zum Gott erhoben. In dieser Torheit ister ein Teufel und ein Verführer. Betrachtet man ihn jedochals die geistige Kraft einer gewaltigen gottlosen Strö-mung, so sind seine Ausmaße riesig. Darauf wird in denÜberlieferungen mit solchen fürchterlichen Kennzeichen,wie sie dem Deddjal zu Eigen sind, hingewiesen.

In einer Karikatur wurde einmal der japanische Ober-kommandierende mit einem Bein im Pazifik, dem ande-ren auf der zehn Tagereisen entfernten Hafenfestung PortArthur dargestellt. Mit der Art dieser Darstellung des klei-nen japanischen Kommandanten wurde die geistige Kraftseines Heeres zum Ausdruck gebracht.

Was aber Deddjals verlogenes Paradies betrifft, so be-steht es in den Verlockungen seiner Vergnügungsstättenund seinen Phantastereien. Was nun sein Reittier betrifft,so ist es ein Verkehrsmittel wie die Eisenbahn, an derenKopf sich ein Feuerloch findet, wobei dann der Deddjalzuweilen die Ungehorsamen in dieses Feuer wirft. EinOhr dieses Reittiers, nämlich das andere Ende des Zugesist wie ein Paradies ausgestattet, wobei dann der Deddjalseine Gefolgsleute dort Platz zu nehmen heißt. Die Ei-senbahn ist ja tatsächlich schon ein wichtiges Verkehrs-mittel, gleich einem Reittier der zivilisierten Welt mit ihrenAusschweifungen und ihrer Ichsucht, welche die Weltleu-te mit ihrer Vergnügungssucht in ein trügerisches Para-dies bringt. Die hilflosen Gläubigen und Muslime abersind in der Gefahr, mit ihr wie durch Höllenwächter in derHand der Zivilisation in Elend und Gefangenschaft ge-worfen zu werden.

So wird denn der wahre christliche Glaube offenbarwerden und nach seiner Umwandlung in den Islam zwarüber die absolute Mehrheit in dieser Welt sein Licht aus-breiten, doch kurz vor dem Anbruch des Weltendes, so-bald die gottlosen Strömungen wieder ihr Haupt erheben,

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die Oberhand gewinnen, wird es auf Erden, urteilt mannach der Mehrheit, niemanden mehr geben, der nochGott anruft, das heißt, es wird keine Gemeinschaft vonBedeutung, die Gott noch anruft, mehr geben, die auf Er-den noch eine wichtige Stellung einnimmt. Am Ende wirdschließlich eine zur Bedeutungslosigkeit herabgesunkeneMinderheit von Leuten der Wahrheit bis zum Weltunter-gang übrig bleiben und nur im Augenblick des Weltunter-ganges werden die Seelen der Gläubigen als ein Akt derBarmherzigkeit hinweggenommen werden, um die Schre-cken des Weltunterganges nicht wahrzunehmen. Dannwird der Weltuntergang über den Häuptern der Ungläubi-gen hereinbrechen.

Die Bedeutung der fünften Frage: Werden dieGeister der Verstorbenen über die Ereignisse des Welt-unterganges betroffen sein?

Antwort: Ihre Betroffenheit wird sich nach dem Grad ih-

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vermodert sind, ihren Anteil an dieser Drohung desQur’an haben werden.

Die Bedeutung der sechsten Frage:

»Alle Dinge werden vergehen, außer Seinem Antlitz.« (Sure 28, 88)

Schließt dieser Vers das Jenseits, Himmel und Hölle undderen Bewohner mit ein, oder nicht?

Antwort: Diese Frage war bereits häufig unter den For-schern, den Entdeckern und Heiligen Diskussionsthema.Sie haben bei dieser Frage das Wort. Außerdem ist (dieMaterie, um die es) in dieser Ayah geht, sehr weitläufigund umfasst mehrere Ebenen. Die Mehrheit der Forschersagen: Die beständige Welt ist nicht mit eingeschlossen.Es gibt aber auch andere, (die sagen): Es wird dort, wennauch nur für eine kurze Zeit, einen Augenblick geben, inder eine Art Untergang Platz greifen wird. Diese Zeit wirdso kurz sein, dass (die Menschen) gar nicht mehr wahr-nehmen werden, dass sie in diesen Untergang (fena) mithineingesogen und von dort wieder zurückgekehrt sind.Was aber diese vollständige Vernichtung (fena) betrifft,sowie dies einige extrem denkende Entdecker beurteilen,so entspricht sie nicht der Tatsache (haqiqat). Denn daGott (ilah), der Heilige in Seinem Wesen, ewig undimmerwährend ist, sind sicherlich auch Seine Namen undEigenschaften ewig und immerwährend. Und weil alsoSeine Namen und Eigenschaften ewig und immerwäh-rend sind, so können sicherlich auch deren Spiegelbilder,Erscheinungsformen, Abdrücke und Manifestationen, al-so alles, was ewig ist in dieser ewigen Welt und die Ge-fährten der Ewigkeit zwangsläufig nicht der ewigen Ver-nichtung anheim fallen.

Wir wollen nun kurz zwei Punkte aus der Fülle des Wei-sen Qur’an niederschreiben, die mir eingefallen sind.

Erstens: Gott der Gerechte ist von so vollkommener

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Allmacht (Qadir), dass er ganz leicht etwas ins Nichtseinoder Dasein bringen kann, als gäbe es zwei Häuser, diedurch Seine Macht (qudret) und Seinen Willen (irade) mit-einander in Beziehung stehen und Er könne etwas in siehinein bringen oder aus ihnen herausholen. Wenn er eswünscht, kann er diese Umwandlung in einem Tag, wenner es wünscht, in einem Augenblick vollziehen. Darüberhinaus gibt es eigentlich gar nicht so etwas wie eine ab-solute Nichtexistenz, weil es ein alles umfassendes Wis-sen gibt. Es gibt keinen (Bereich eines) Nichtseins, deraußerhalb Seines Wissensbereiches läge und in den man(wie in einen Abgrund etwas hinunter)werfen könnte. Wasdiesen Bereich des Nichtseins innerhalb Seines Wis-sensbereiches betrifft, so handelt es sich dabei um einNichtsein als eine Exklave, eine Bezeichnung für einen

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anheim, denn er trägt den Schatten eines ewigen Seins insich. Er hat eine Wirklichkeit (haqiqat), ist beständig underhaben. Denn er ist die Manifestation einer Art beständi-gen Schattens von einem bleibenden Namen. Zudem ister ein Schwert, das mit der Parole

»Alle Dinge sind vergänglich außer Seinem Antlitz.«

die Hand des Menschen von allen Dingen abschneidet,die nicht als zu dem Bereich dessen gehörig betrachtetwerden, der von Ihm getrennt ist, (Dingen), über die dasUrteil der Vergänglichkeit dieser Welt gesprochen ist. Dasheißt, was um Gottes willen besteht und von Ihm eine Artpräpositionaler Funktion erhält, für Ihn da ist und vor Sei-nem Antlitz, dem wird nicht der Kopf mit dem Schwert des

»Alle Dinge sind vergänglich außer Seinem Antlitz.«

abgeschlagen, weil sie nicht zu dem Bereich dessen ge-hörig betrachtet werden, der von Ihm getrennt ist.

Kurz gesagt: Wenn es um Gottes willen ist, dass je-mand Gott findet, so bleibt nichts anderes, dessen Kopfabgeschlagen werden sollte. Wo Gott nicht gefundenwird, und nicht, was um Seinet willen ist, so ist alles vonIhm unterschieden. Hier ist das Schwert des

»Alle Dinge sind vergänglich außer Seinem Antlitz«

von Nöten, um den Vorhang zu zerspellen und so Ihn zufinden.

»Der Ewige ist der da bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Sechzehnter Brief

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Man sagte zuihnen, dass die Menschen sich grade gegen die Menschen gesammelthaben. Fürchtet euch vor ihnen. Doch das bestärkte sie im Glauben undsie sagten: ›Es genügt uns Allah und Er ist unser bester Anwalt (Vekil).‹«(Sure 3, 173)

Dieser Brief verdeutlicht den Sinn der Ayah 20, 44:

»Sprich mit sanften Worten zu ihm!«

und ist deshalb nicht in scharfe Worte gesetzt. Er ist dieAntwort auf eine Frage, die in wörtlichem oder übertrage-nem Sinne von vielen gestellt wurde.

Es ist mir keineswegs angenehm, diese Antwort zu ge-ben und eigentlich wollte ich es gar nicht. Ich hatte meinganzes Vertrauen (tevekkül) in Gott den Gerechten ge-setzt. Weil man mich aber nicht mir selbst und in meinerWelt in Frieden leben lassen, vielmehr mir das Gesichtzur Welt (dunya) hin drehen wollte, will ich hier nun in»Fünf Punkten« eine Erklärung abgeben; nicht jedoch alsder Neue Said, sondern erzwungenermaßen in der Spra-che des Alten Said; und das nicht um meinetwillen, son-dern um meine Freunde wie auch meine Worte (Sözler)vor den Weltleuten mit ihren Verdächtigungen und Nach-stellungen zu retten und den wirklichen Sachverhalt so-wohl meinen Freunden als auch den Leuten von Welt und

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den Leuten von Urteil Klarheit zu verschaffen.Erster Punkt: Es wurde gesagt: Warum hast du dich

aus der Politik zurückgezogen? Warum zeigst du dich sowenig entgegenkommend?

Antwort: Vor neun oder zehn Jahren hatte sich der Al-te Said einmal ein wenig mit Politik befasst. Doch derDienst, den er dem Glauben und der Wissenschaft mitder Politik hatte erweisen wollen, erwies sich als eine ver-gebliche Mühe, und so musste er einsehen, dass dieserWeg zweifelhaft und schwierig und für ihn ein unnötigerWeg ist, dass er für seine wichtigsten Aufgaben ein Hin-dernis und ein gefährlicher Weg ist. Das meiste (an derPolitik) ist Lüge und es besteht die Möglichkeit, dass man,ohne es zu bemerken, zum Werkzeug in der Hand des(nichtislamischen) Auslands wird. Zudem wird, wer sichmit der Politik beschäftigt, entweder für sie oder gegen siesein. Wollte ich für sie sein, wäre, da ich kein Beamteroder Abgeordneter bin, die Beschäftigung mit der Politikeine nutz- und zwecklose Sache. Man benötigt michnicht, sodass ich mich vergeblich mit ihr beschäftige.Wollte ich aber in den Reihen der Opposition Politik ma-chen, müsste ich dies entweder in Gedanken tun, oderaber die Macht dazu haben. Täte ich es in Gedanken, sowäre ich dazu nicht vonnöten. Denn die Problematik istallgemein bekannt. Jeder kennt sie so gut wie ich. Zweck-loses Gerede aber ist zugleich auch sinnlos. Wollte ichaber mit Macht Widerstand leisten und den Lauf der Din-ge herausfordern, dann bestünde die Möglichkeit, Tau-sende von Sünden zu begehen, um eines Zweckeswillen, dessen Erreichung unsicher ist. So würden um ei-nes Einzelnen willen viele ins Unglück gestürzt. Weil aberdas Gewissen sich weigert, wegen ein, zwei Möglichkei-ten unter zehn Möglichkeiten eine Sünde zu begehen undUnschuldige mit in eine Sünde hineinzureißen, hat es derAlte Said aufgegeben, zu rauchen, Zeitungen zu lesen,Politik zu betreiben, oder auch nur bei privaten Zu-sammenkünften über derartige weltliche Dinge wie die

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Politik zu reden. Ein sicheres Zeugnis dafür ist, dass ichseit acht Jahren keine einzige Zeitung mehr gelesen ha-be oder mir hätte vorlesen lassen. Hätte mich jemals wie-der irgendeiner eine Zeitung lesen sehen, oder gehört,wie mir jemand daraus berichtete, so möge er hierherkommen und es sagen. Dagegen hatte der Alte Said voracht Jahren noch täglich vielleicht acht Zeitungen gele-sen. Außerdem wird meine ganze Lebens- und Verhal-tensweise seit fünf Jahren mit großer Aufmerksamkeit un-ter die Lupe genommen… Wer bei mir jemals bemerkthaben sollte, ich hätte etwas anklingen lassen, was nachPolitik schmeckt, der möge es sagen! Denn der Gedankeeines Menschen, der so hochempfindlich ist wie ich, dernach dem Motto:

»Der größte Betrug liegt in der Aufgabe des Betruges.«

einsam, furchtlos und alleine lebt, kann nicht acht Jahrelang, ja noch nicht einmal acht Tage verborgen bleiben.Hätte er die Lust verspürt, den Wunsch gehabt, Politik zutreiben, hätte das einen Donnerschlag gleich einem Ka-nonenschuss ausgelöst, ohne dass es dabei noch irgend-welche Nachforschungen oder Untersuchungen gegebenhätte.

Zweiter Punkt: Warum hält sich der Neue Said sostreng von jeglicher Politik zurück?

Antwort: Er möchte sich um ein Ewiges Leben, dasmehr als eine Milliarde Jahre währt, bemühen und es sichverdienen und es nicht für ein irdisches Leben von ein,zwei Jahren dahingeben, das sinn- und zwecklos mit ei-ner Einmischung (in die Politik) verbunden ist. Deshalbflieht er für den Dienst am Glauben und am Qur’an, derder wichtigste, notwendigste, reinste und wahrhaftigsteDienst ist, so unbeirrbar vor der Politik. Denn er sagt: Ichwerde alt. Ich weiß nicht, wie lange ich noch zu leben ha-

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be. Weil dies nun so ist, ist die wichtigste Aufgabe fürmich, mich um ein Ewiges Leben zu bemühen. Das Ewi-ge Leben zu verdienen, ist das allererste Mittel und derSchlüssel zur Ewigen Glückseligkeit der Glaube. Es istnotwendig, dass ich mich um ihn bemühe. Um mich aberauch den anderen Menschen als Wissenschaftler nützlichzu erweisen, möchte ich meinen Dienst versehen als ei-ner der dem (islamischen) Gesetz verpflichtet ist. Natür-lich könnte ich diesen Dienst auch im gesellschaftlichenund sozialen Leben tun. Doch bin ich dazu nicht befähigt.Doch in stürmischer Zeit ist ein unverfälschter Dienstnicht gewährleistet. Deshalb habe ich diesen Gedankenwieder fallen gelassen und gebe nur dem Gedanken aneinen Dienst im Glauben, der der wichtigste, notwendig-ste und reinste Dienst ist, den Vorzug. Mögen diese Glau-benswahrheiten, die ich mir selbst erworben habe unddiese geistigen Heilmittel, welche ich selbst ausprobierthabe, auch noch anderen Menschen zugänglich sein! Fürsie lasse ich das Tor offen. Vielleicht nimmt Gott der Ge-rechte diesen Dienst an und macht mir daraus eine Bußefür meine Sünden. Es hat niemand, der gesteinigte Satanausgenommen, das Recht, sei er nun ein Gläubiger oderein Leugner, einer von den Getreuen oder einer von denGottlosen, gegen einen solchen Dienst etwas zu unter-nehmen. Doch Glaubenslosigkeit ist eine Sache, die sichnicht mit anderen Sachen vergleichen lässt. In SachenUngerechtigkeit, leichter Verfehlungen oder schwererSünde findet sich ein, wenn auch abscheulich, teuflicherWohlgeschmack. Doch in der Glaubenslosigkeit findetsich in gar keiner Weise irgendein Wohlgeschmack. Sieist Schmerz über Schmerz. Sie ist Finsternis über Fins-ternis. Sie ist Qual über Qual.

Einen solch lichtvollen Dienst aufzugeben, wie es derGlaube ist, und das Bemühen um ein unendliches undewiges Leben, sich im Alter auf nutzlose und gefährlicheSpielereien zu werfen, was das für einen Menschen wiemich, der einsam und zurückgezogen für seine früheren

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Sünden Buße tun muss, für ein Unverstand, eine Unver-nunft, eine Unklugheit und in welchem Grade ein Wahn-sinn ist, das vermag selbst noch ein Wahnsinniger zu ver-stehen.

Wenn du sagst: »Warum sollten der Dienst am Glau-ben und am Qur’an mir die Politik verbieten?« so sageich: Die Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an sind inder Tat jede einzelne wie ein Juwel. Hätte ich mich mit derPolitik besudelt, müssten die einfachen Leute, die sichdoch so leicht verführen lassen, über diese Juwelen inmeiner Hand denken: »Ist das vielleicht politische Propa-ganda, um Anhänger zu gewinnen?« Sie würden dieseDiamanten für gewöhnliche Glassplitter ansehen. Sobaldich also mit der Politik in Berührung käme, wäre das so,als würde ich diesen Juwelen Unrecht tun und ihren Wertherabmindern. Nun also, ihr Weltleute! Warum lasst Ihrmich nicht zufrieden? Gebt Ihr keine Ruhe? Lasst michnicht wo wie ich bin?

Wenn Ihr aber sagt: »Auch unsere Scheiche müssensich manchmal mit unseren Angelegenheiten befassen.Und auch du wirst manchmal ein Scheich genannt…«

Ich aber sage Euch: Meine Herren! Ich bin keinScheich. Ich bin ein Hoca. Beweis dafür ist, dass ich seitvier Jahren hier bin. Hätte ich auch nur einem einzigenMenschen Ordensunterricht (tariqat) erteilt, hättet ihr dasRecht, mich zu verdächtigen. Doch wisst ihr, dass ich je-dem, der zu mir gekommen ist, gesagt habe: Glaube istnötig; Islam ist nötig; für Ordensunterricht ist es nicht dieZeit.

Wenn ihr sagt: »Man nennt dich Said-i Kürdi (=Kurde).Vielleicht vertrittst du einen rassistischen Standpunkt.Das aber dient nicht unserer Sache.«

Ich aber sage: Meine Herren! Was der Alte Said undwas der Neue Said geschrieben haben, liegt offen vor. Ichbezeuge, dass ich bekanntlich, entsprechend dem unbe-dingten Erlass (ferman):

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»Die Religion des Islam (islamiyet) hat die Merkmale vorislamischer Zeit(djahiliyet) ausgelöscht.«

seit alter Zeit Nationalismus und Rassismus, welche eineArt fränkischer (=in Europa endemischer) Krankheit inEuropa darstellen, als ein mörderisches Gift angesehenhabe. Und Europa hat diese fränkische Krankheit in denIslam hineingeworfen, um ihn zu spalten und zu teilenund denkt nun, dass es ihn so leichter hinunterschluckenkönne. Dass ich mich schon seit langem darum bemühe,diese fränkische Krankheit zu heilen, das wissen meineSchüler und alle, die mit mir in Berührung gekommensind. Wenn die Sache aber nun so ist, was ist dann wohlder Grund dafür, meine Herren, dass sie jedes Ereigniszum Vorwand dafür nehmen, mich zu belästigen? Wennein Soldat im Osten einen Fehler begeht und man bestraftdafür einen Soldaten im Westen und bereitet ihm Schwie-rigkeiten, bloß weil er auch inm Militär dient… oder aber,wenn ein Kaufmann in Istanbul ein Verbrechen begehtund man misst nun auch einem Händler in Bagdad eineArt von Schuld zu, weil auch er dem Stande der Kaufleu-te angehört, und wenn Ihr mich wegen eines jeden Vor-falles in dieser Welt belästigt, nach welchem Gesetz gehtdas dann? Welches Gewissen urteilt hier? Welcher Vor-teil wird dadurch gewonnen?

Dritter Punkt: Freunde, die an meine Ruhe denkenund meine Haltung befremdlich finden, mit der ich jedemÜbel in schweigender Geduld begegne, stellen sich fol-gende Frage: »Wie kannst du diese Umstände und all dieSchwierigkeiten, die über dich gekommen sind, ertragen?Denn früher warst du doch so jähzornig und so auf deineEhre bedacht und konntest noch nicht einmal eine harm-lose Kränkung verkraften.«

Meine Antwort: Ich möchte Euch zwei kleine Erleb-nisse und Geschichten zu Gehör bringen. Daraus könnt

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Ihr die Antwort entnehmen.Erste Geschichte: Vor zwei Jahren hatte sich ein Di-

rektor in meiner Abwesenheit grundlos in abschätzigerWeise und mit beleidigenden Worten gegen mich ausge-sprochen. Man teilte mir das später mit. Da stieg die Na-tur des Alten Said wieder in mir hoch und überwältigtemich fast eine Stunde lang. Danach aber ergriff durch dieBarmherzigkeit Gottes des Gerechten eine Wahrheitmein Herz, vertrieb aus ihm jede Missstimmung, löschtemeine Ansprüche gegenüber diesem Mann und ich trugihm nichts mehr nach. Diese Wahrheit aber war die Fol-gende:

Ich sprach zu meiner Seele: Wenn seine Beschimpfun-gen und die Fehler, die er bloßgestellt hat, mich selbst,meine Person (shahis) und meine Seele (nefis) betreffen,so möge Allahs Wohlgefallen über ihm sein, dafür, dasser die Ungebührlichkeiten meiner Seele ausgesprochenhat. Hat er recht gesprochen, so wird meine Seele zurZucht führen und mir helfen, mich vor dem Stolz zu be-wahren. Hat er aber falsch gesprochen, so ist er mir eineHilfe, mich vor Heuchelei und trügerischem Ruhm zu be-wahren, der die Grundlage aller Heuchelei ist. Ich habe inder Tat noch keinen Frieden mit meiner Seele ge-schlossen, denn ich habe meine Erziehung noch nichtvollendet. Sagte mir jemand, es säße ein Skorpion anmeinem Hals oder auf meiner Brust, oder zeigte er dar-auf, so sollte man deswegen nicht gekränkt, vielmehr da-für dankbar sein. Beziehen sich jedoch die Beleidigungendieses Mannes auf mich in meiner Eigenschaft als Dieneram Glauben und am Qur’an, so betrifft mich dies nicht.Diesen Mann überlass ich dem Herrn des Qur’an, dermich in Seinen Dienst genommen hat. Er ist der Allmäch-tige (Aziz) und Allweise (Hakim). Wäre es aber nur, ummich zu beschimpfen, beleidigen, erniedrigen, so träfemich auch dies nicht. Als ein Verbannter, ein Gefangener,ein Fremdling, dem die Hände gebunden sind, fällt es mirnicht mehr zu, selber meine eigene Ehre wieder herstel-

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len zu wollen. Es ist dies vielmehr die Aufgabe derer, diemich als Regierungsräte und Ratsherren in diesem Dorf,dieser Stadt, diesem Vilayat als ihren Gast im Auge be-halten sollen. Die Beleidigung eines Gefangenen, dersich in der Hand irgendeines Menschen befindet, betrifftdessen Herrn und diesem obliegt die Verteidigung. Sosind nun einmal die Tatsachen und so kam auch meinHerz zur Ruhe. Ich sagte:

»Ich stelle meine Sache Allah anheim. Denn fürwahr, Allah schaut aufSeine Diener und Verehrer.«

Also habe ich dieses Ereignis so hingenommen, als wärees nie geschehen und es wieder vergessen. Leider stell-te es sich dann später doch noch heraus, dass der Qur’anihm nicht verziehen (helal) hatte…

Zweite Geschichte: In diesem Jahr habe ich von ei-nem Zwischenfall gehört. Nachdem sich dieserZwischenfall ereignet hatte, hörte ich zwar nur kurz vondiesem Geschehnis, wurde jedoch so behandelt, als wä-re ich ernsthaft in dieses Geschehnis verwickelt gewe-sen. Ich tausche schon seit langem keine Nachrichtenmehr aus. Wenn ich es dennoch tue, schreibe ich höchstselten einmal einem Freund über Glaubensdinge. Selbstmeinem Bruder habe ich in vier Jahren nur einen einzigenBrief geschrieben. Ich habe diese Beziehungen sowohlmir selbst untersagt, als auch die Weltleute ihn mir unter-sagt haben. Nur ein, zwei Freunde konnte ich einmal inder Woche wiedersehen. Was die Gäste im Dorf – ein,zwei im Monat – betrifft, so sprachen sie mit mir ein, zweiMinuten über ein religiöses (akhiret) Thema. Hier in die-ser Fremde, wo es für Leute wie mich, einen Fremdling,der allein ist und keine Menschenseele kennt, nicht mög-lich ist, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, bin ich vonallen Menschen ausgeschlossen und alle Dinge sind mir

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verboten. Ich habe sogar vor vier Jahren eine halb verfal-lene Moschee wieder in Stand setzen lassen. Doch trotz-dem man mir in meiner Heimat die Urkunden für meinenDienst als Prediger und Imam ausgestellt und ausgehän-digt und ich dort in dieser Moschee vier Jahre meinenDienst als Imam versehen hatte (möge Allah diesenDienst von mir annehmen), konnte ich in diesem letztengesegneten Monat Ramadan nicht mehr in diese Mo-schee gehen. Mein Gebet habe ich manchmal allein ver-richtet. So bin ich der fünfundzwanzig Sevab (=Verdien-ste) und Wohltaten eines in der Gemeinschaft verrichte-ten Gebetes verlustig geblieben.

So habe ich denn auch diese beiden Ereignisse, vondenen ich betroffen wurde, genau so wie vor zwei Jahrendas Verhalten, das dieser Beamte mir gegenüber an denTag legte, geduldig ertragen und ausgeharrt. Und wollees Gott, dass ich es auch in Zukunft so halten werde. Da-bei denke ich und sage ich mir: Wenn dieses Leid, diesePlage, diese Unterdrückung, wie sie mir von Leuten zu-gefügt werden, meine Seele (nefs) betreffen, die so vollerFehler und Mängel ist, so trage ich nichts nach. Vielleichtwird meine Seele dadurch eine bessere Haltung (hal) an-nehmen. Und es ist zudem auch noch eine Buße für dieSünden. Ich habe in diesem irdischen Gasthaus sehr vie-le Vergnügungen genossen. Wenn man mich nun einganz klein wenig misshandelt, so bin ich auch wiederumdankbar dafür. Wenn mich die Weltleute unterdrücken,weil ich dem Glauben und dem Qur’an diene, so ist esnicht meine Sache, mich dagegen zu verteidigen. Dasüberlasse ich dem Allgewaltigen (Djebbar) in Seiner All-macht (Aziz). Falls die Absicht darin besteht, die mir über-wiesene allgemeine Aufmerksamkeit von mir abzulenken,um jenen eitlen Ruhm zu zerbrechen, der unbegründetund Ursache zur Heuchelei ist und die Aufrichtigkeit (ikh-las) zerstört, dann möge das Erbarmen (rahmet) mit ih-nen sein. Denn ich denke, dass es für Menschen wiemich schädlich ist, in den Blickpunkt der allgemeinen Auf-

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merksamkeit zu geraten und in den Augen der Leute einberühmter Mann zu sein. Leute, die mit mir in Verbindungstehen, wissen, dass ich keine Ehrerbietung für meinePerson wünsche, vielmehr sie verabscheue. Ja, ich habedies sogar einem achtbaren Freund, der mir etwas be-deutet, vielleicht fünfzigmal verwiesen. Falls sie beab-sichtigen, mich zu diffamieren, mich in der öffentlichenMeinung verächtlich zu machen und herabzuwürdigen,um damit die Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an,dessen Dolmetscher ich bin, zu treffen, so ist dies vergeb-lich. Denn die Sterne des Qur’an kann man nicht hinter ei-nem Vorhang verstecken. »Wer seine Augen verschließt,kann selbst nichts sehen, kann andere nicht in Nachtstürzen.«

Vierter Punkt: Antwort auf einige Fragen, die auf irri-gen Vorstellungen beruhen.

Erste Frage: Weltleute fragen mich immer wieder:»Wovon lebst du? Wie findest du dein Auskommen ohnezu arbeiten? Wir wollen in unserem Lande keine Leute,die faul herumsitzen und sich auf anderer Leute Kostendurchbringen!…«

Antwort: Ich bin sparsam und mein Leben ist geseg-net. Ich nehme von niemandem außer meinem Versorger(Rezzaq) etwas an, keine Gefälligkeiten und nichts, wasmich zu Dank verpflichten könnte, und habe mir das auchfür die Zukunft vorgenommen. Es braucht in der Tat einMann, der von hundert Para, ja sogar von vierzig Paratäglich lebt, von anderen keine Gefälligkeiten anzuneh-men. Auf diese Frage einzugehen, war überhaupt nichtmeine Absicht. Denn eine Erklärung abgeben zu müssen,die in den anderen vielleicht den eindruck erweckt, stolzund selbstgefällig zu sein, ist mir besonders peinlich.Doch Weltleute haben mich in einer Weise verdächtigtund ausgefragt, dass ich nun sagen muss: Es ist ein Prin-zip, das ich in meinem ganzen Leben stets eingehaltenhabe, schon von meiner Kindheit an, nichts von den Leu-ten anzunehmen (auch nicht, wenn es Zekat sein sollte),

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auch mein monatliches Gehalt nicht anzunehmen (nurein, zwei Jahre wurde ich an der Daru-l’Hikmeti-l’Islamiyeunter dem Druck meiner Freunde dazu gezwungen, esanzunehmen), nicht für mein monatliches Auskommen ei-ne Dankesschuld auf mich zu laden. Meine Landsleuteund auch die mich anderen Orts kennen, wissen das. Indiesen fünf Jahren meiner Verbannung haben sich vieleFreunde sehr darum bemüht, mir ihre Geschenke aufzu-drängen. Ich habe sie nicht angenommen. Wenn sie michdann fragen: »Wie kannst du dich unter diesen Umstän-den noch über Wasser halten?« antworte ich ihnen: »Ichlebe durch Gottes Segen (bereket) und Seine Freigiebig-keit (ikram).« Obwohl meine Seele eigentlich jegliche Ver-achtung verdient hätte und dass man ihr alle Treue auf-kündige, habe ich dennoch jenen Segen erfahren, wel-cher in der Versorgung durch Gottes Freigiebigkeit be-steht und ein Wunder (keramet) des Dienstes am Qur’anist. Dem Geheimnis (der Ayah):

»Doch erzähle von der Gnade deines Herrn!« (Sure 93, 11)

folgend, möchte ich die Gnadengeschenke, die Gott derGerechte mir erwiesen hat, erwähnen. Möge es eine Artvon Danksagung sein, wenn ich hier einige Beispiele er-zähle! Doch wenn ich es auch tue, damit es eine Dank-sagung sein solle, so fürchte ich doch, selbstgefällig undstolz zu erscheinen und so des Segens verlustig zu ge-hen. Denn wenn einer, sich selber rühmend, einen gehei-men Segen ausposaunt, so verursacht er damit dessenerlöschen. Doch was hilft das, ich muss es dennoch sa-gen.

Erstens: Seit sechs Monaten komme ich mit einemScheffel (35,27 kg) Weizen aus. Es reicht für sechsund-dreißig Brote. Es ist noch etwas davon da, noch nicht al-les aufgebraucht. Wie lange es noch reichen wird, weiß

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ich nicht.*Zweitens: In diesem gesegneten Monat Ramadan ha-

ben mir nur zwei Häuser Essen gebracht. Und beide ha-ben mich krank gemacht. So habe ich verstanden, dasses mir verboten ist, Speisen von anderen zu essen. Übri-gens berichtete mir Abdullah Tschawusch, der Herr desHauses und das Oberhaupt dieses ganzen gesegnetenHauses, mein getreuer Freund, der sich den ganzen Ra-madan über um meine Verpflegung kümmerte, und er be-zeugte, dass mir drei Laib Brot und eine Kiyye (1283 g)Reis genügten. Dieser Reis ging sogar erst fünfzehn Ta -ge nach dem Ramadan zu Ende.

Drittens: Auf dem Berg genügte mir und meinenGästen eine Kiyye Butter für drei Monate, obwohl wirdoch jeden Tag Butterbrote gegessen haben. Einer mei-ner gesegneten Gäste hieß Süleyman. Mein Brot undauch sein Brot gingen zu Ende. Es war an einem Mitt-woch, als ich zu ihm sagte: »Gehe und bringe Brot!« Esgab aber zwei Stunden weit im Umkreis niemanden, vondem man hätte Brot holen können. Er sagte zu mir: »Ichhabe den Wunsch, die Freitagsnacht bei dir auf dem Ber-ge im Gebet zu verbringen.« Ich gab ihm zur Antwort:»Wir vertrauen auf Gott. Bleib also.« Danach stiegen wirbeide, ohne dass wir dazu eine Veranlassung gehabt hät-ten, oder es dafür einen Grund gegeben hätte, immerweiter wandernd bis zum Gipfel eines Berges hinauf. Beiuns hatten wir eine Kanne mit etwas Wasser. Auch hattenwir ein bisschen Zucker und etwas Tee bei uns. Ich sag-te: »Mein Bruder, mach ein wenig Tee.« Während er da-mit beschäftigt war, den Tee zuzubereiten, saß ich untereiner Zeder, die sich hoch über einem Bach erhob. Trau-rig dachte ich bei mir: »Wir haben noch etwas schimme-liges Brot. Es reicht heute abend noch für uns beide. Wiesollen wir das zwei Tage lang machen und wie soll ich dasdiesem Mann in seiner Herzensreinheit beibringen?«

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* Es reichte noch ein Jahr.

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Während ich noch darüber nachdachte, wendete ich mei-nen Kopf, und es war mir, als drehte sich mir der Kopf wievon selbst, und da sah ich: In den Zweigen der Zederüber mir lag ein riesengroßer Laib Brot für uns bereit.»Süleyman, eine Überraschung (müjde)!« rief ich, »Gottder Gerechte hat für uns gesorgt.« Wir holten das Brotherunter, betrachteten es und sahen, dass Vögel oderandere frei lebende Tiere es nicht angerührt hatten. Seitzwanzig, dreißig Tagen war kein Mensch mehr auf diesenGipfel gestiegen. Dieses Brot reichte uns beiden für zweiTage. Während wir davon aßen und es fast schon aufge-gessen hatten, kam (ein anderer) Süleyman, der mirschon seit vier Jahren ein wahrer und treuer Freund ist,von unten herauf mit Brot.

Viertens: Diese Jacke, die ich hier jetzt trage, habe ichvor sieben Jahren gebraucht gekauft. In fünf Jahren habeich für Oberkleidung, Unterwäsche, Schuhe und Strümp-fe viereinhalb Lira ausgegeben. Es genügten mir der Se-gen Gottes, die Sparsamkeit und Seine Barmherzigkeit.

So gibt es diesen Beispielen entsprechend noch vieledergleichen Dinge und sehr viele Erscheinungsweisengöttlichen Segens. Die Bewohner dieses Dorfes kennenviele von ihnen. Es soll aber niemand meinen, dass ich alldies erzähle, um mich zu rühmen; vielmehr wurde ich da-zu gezwungen. Und denken Sie bitte nicht, es habe sichmir eine Quelle aufgetan, weil ich ein so guter Menschbin. Diese Segnungen sind entweder ein Gnadenerweisfür die Lauterkeit der Freunde, welche zu mir kommen,oder ein Gastgeschenk für den Dienst am Qur’an, oderder segensreiche Gewinn der Sparsamkeit. Vielleicht istes auch die Versorgung der vier Katzen, die bei mir sindund mit ihrem »Ya Rahim, Ya Rahim« ständig der Barm-herzigkeit Allahs gedenken (dhikr) und die in Form diesesSegens zu mir kommt, wovon dann auch ich meinen Nut-zen habe. Wenn du aufmerksam ihrem melancholischenschnurren zuhörst, kannst du in der Tat verstehen, wie sie»Ya Rahim, Ya Rahim« rezitieren. Die Geschichte mit der

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Katze bringt mir die Sache mit dem Huhn in Erinnerung.Ich habe nämlich ein Huhn. Es brachte mir während desWinters, einer Eiermaschine gleich, mit sehr seltenenUnterbrechungen an jedem Tag ein Ei aus der Schatz-kammer der göttlichen Barmherzigkeit. Ja, an einem Taglegte es sogar zwei Eier. Ich war erstaunt und fragte mei-ne Freunde: »Gibt es so etwas?« Sie sagten: »Vielleichtist es ein Gnadenerweis Gottes!« Im Sommer hatte die-ses Huhn auch noch ein kleines Kücken ausgebrütet.Dieses begann dann zu Anfang des heiligen Monats Ra-madan mit dem Eierlegen und setzte das vierzig Tage sofort. Weder ich, noch die, welche mir dienten, hatten ei-nen Zweifel daran, dass dieser gesegnete Umstand (hal),sowohl seine Kleinheit, als auch der Winter, als auch derRamadan ein Gastgeschenk (ikram) des Herrn war. Alsdann seine Mutter das Eierlegen einstellte, begann es so-fort wieder und ließ mich nicht ohne Eier.

Die zweite irrtümliche Frage: Die Weltleute fragenmich: »Wie können wir uns darauf verlassen, dass dudich in unsere weltlichen Angelegenheiten nicht einmi-schen wirst? Wenn wir dich freilassen, wirst du dich viel-leicht in unsere weltlichen Angelegenheiten einmischen.Woher sollen wir wissen, was du mit deiner Schläue imSchilde führst? Woher sollen wir wissen, ob du mit deinerSchläue nicht vielleicht nur so tust, als habest du die Weltverlassen und ob du Volkseigentum nur öffentlich nichtnimmst, es aber sehr wohl im Geheimen an dichbringst?«

Meine Antwort: Ich wurde vor zwanzig Jahren vor einKriegsgericht gestellt. Und auch schon füher, in der Zeitvor der Hürriyet (=die Zeit der konstitutionellen Monar-chie, genannt »Hürriyet« = Freiheit) waren meine innereund äußere Haltung vielen bekannt. Desgleichen zeigtauch meine Verteidigungsrede vor dem Gericht mit demTitel: »Mein Zeugnis an zwei Schulen des Unglücks«ganz deutlich, dass ich mein Leben in der Weise ver-bracht habe, dass ich mich nicht dazu erniedrigt habe,

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irgendwelche Manöver anzuwenden oder einen Hinter-halt anzulegen, ja noch nicht einmal zu einer harmlosenLobhudelei. Hätte es eine solche Lobhudelei gegeben, sowäre in diesen fünf Jahren schon eine Anmeldung ange-dient worden. Mit einer solchen Lobhudelei möchte einMann sich beliebt machen. Er nimmt sich nicht zurück. Erhat immer eine Hinterlist, irgedeinen Betrug im Sinn. Ichaber habe mich trotz schwerer Angriffe und Kritiken zukeiner Würdelosigkeit erniedrigt. »Ich vertraue auf Gott«,sagte ich und habe den Weltleuten den Rücken gekehrt.Wer zudem das Jenseits kennt und die Realitäten in die-ser Welt erkannt hat, wird da nicht bedauern, kehrt nichtwieder in die Welt zurück, strebt nicht nach ihr. Nach fün-zig Jahren opfert ein Mann, der ganz auf sich allein ge-stellt und an irdischen nicht interessiert ist, nicht sein Ewi-ges Leben um in dieser Welt ein, zwei Jahre für leeresGerede und politische Kurpfuscherei zu opfern… opferteer es aber, wäre das keineswegs besonders intelligent,vielmehr irrsinniger Wahnwitz. Was aber sollte aus derHand eines solchen wahnwitzigen Irren schon kommen,dass man sich mit ihm beschäftigen sollte?

Was jedoch den Zweifel daran betrifft, ob ich nicht äu-ßerlich zwar die Welt verlassen habe, mich aber dochinnerlich noch nach der Welt sehne, so sage ich entspre-chend dem Geheimnis:

»Ich will mein Herz (nefs) nicht freisprechen von Schuld; denn dasmenschliche Herz (nefsu l-emmare: das Tier in uns) ist dem Bösenzugeneigt.« (Sure 12, 53),

dass ich mich (nefs) nicht für schuldlos erklären will…denn das Tier in mir (nefs) verlangt ja nach all dem, wasdoch nicht gut ist. Aber in dieser vergänglichen Welt, indiesem behelfsmäßigen Gasthaus, in meinem vorgerück-ten Alter, ein ewiges, unvergängliches Leben und die Ewi-ge Glückseligkeit innerhalb einer kurzen Lebensspanne

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für ein wenig Genuss zu zerstören, ist nicht Art einesMenschen von Verstand. Weil es aber nicht die Art einesMenschen von Verstand ist, hat sich dieses Tier in mir(nefsu l-emmare), mochte es nun wollen oder nicht, demVerstand unterworfen.

Dritte irrtümliche Frage: Die Weltleute fragen mich:Liebst du uns? Sind wir dir genehm? Wenn du uns liebst,warum bist du uns dann böse und kümmerst dich nichtum uns? Wenn wir dir nicht genehm sind, bist du unserGegner. Gegner aber werden von uns niedergeworfen.

Meine Antwort: Hätte ich nicht nur euch, sondern aucheure Welt geliebt, so hätte ich mich nicht aus der Welt zu-rückgezogen. Ihr seid mir nicht genehm und eure Weltgefällt mir auch nicht. Aber da mische ich mich nicht ein.Denn ich habe eine andere Zielsetzung. Mein Herz ist vonanderen Dingen erfüllt. An andere Dinge zu denken,bleibt in meinem Herzen kein Platz mehr übrig. Eure Auf-gabe ist es, auf die Hand zu achten (d.h. auf das, was tat-sächlich geschieht) und nicht das Herz zu beurteilen.Denn eure Angelegenheit ist das Regierungsgeschäftund die allgemeine Sicherheit im Lande. Mischt sich je-mand nicht in eure Angelegenheiten ein, welches Rechthabt ihr dann noch, zu verlangen, er solle euch auch nochmit dem Herzen lieben?… Ihr mischt euch in Herzensan-gelegenheiten ein. In der Tat will ich und wünsche ich denFrühling zu dieser Winterzeit. Aber ich kann ihn nicht her-beiführen, ja es noch nicht einmal versuchen. In ähnlicherWeise wünsche ich auch die Erlösung der Welt und betedarum und wünsche Erlösung für alle Menschen in dieserWelt. Aber ich kann sie nicht herbeiführen… Denn dasliegt nicht in meiner Hand. Tatsächlich kann ich es nochnicht einmal versuchen… Denn das ist weder meine Auf-gabe, noch bin ich dazu überhaupt in der Lage.

Vierte irrtümliche Frage: Die Weltleute sagen zu mir:Wir haben schon so viel Schwierigkeiten bekommen,dass wir niemandem mehr Vertrauen schenken können.Wie können wir deiner sicher sein, dass du dich nicht in

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unsere Angelegenheiten einmischen wirst, sobald sich dirnur eine entsprechend günstige Gelegenheit dazu bietet?

Meine Antwort: Die oben angeführten Punkte sollteneuch diese Sicherheit geben. Zudem habe ich mich auchnicht in eure Angelegenheiten eingemischt, als ich nochinmitten meiner Freunde und Verwandten, die mir aufmein Wort folgten, lebte und die Ereignisse aufregend ge-nug dazu waren. Jetzt, wo ich einsam und verlassen undganz auf mich allein gestellt als ein Fremdling schwachund hilflos in der Verbannung lebe, isoliert von allen Men-schen, die sich mit ganzer Kraft nach einer anderen Weltsehnen und von jeder Nachricht abgeschnitten lebe, hier,wo es nur wenige Freunde und Glaubensbrüder gibt, dieselten genug und von weit her um des Glaubens und ei-ner besseren Welt willen zu mir kommen und wo einerdem anderen fremd ist und sich die Menschen mit mis-strauischen Blicken betrachten, mich in eure gefährlichenweltlichen Angelegenheiten einzumischen, wäre in mehr-facher Hinsicht Wahnsinn…

Fünfter Punkt: Betrifft fünf kürzere Fragen:

Erstens: Die Weltleute fragen mich: Warum über-nimmst du nicht unsere Art zu leben und uns zu beklei-den, kurz, den Stil unserer Kultur und die Form unsererZivilisation? Willst du damit zum Ausdruck bringen, dassdu gegen uns bist?

Ich halte dem entgegen: Meine Herren! Mit welchemRecht erwarten Sie von mir, dass ich von Ihnen lernensoll, was Kultur und Zivilisation ist? Haben doch geradeSie mich von jeglichem Recht auf Zivilisation ausge-schlossen und dazu gezwungen, fünf Jahre rechtlos in ei-nem Dorf zu leben, eine Kontakt- und Nachrichtensperreüber mich verhängt. Allen Verbannten haben Sie erlaubt,in den Städten mit ihren Freunden und Verwandten zu-sammenzukommen. Sie haben ihnen danach die Aus-weispapiere ausgehändigt, mich aber ohne Grund isoliertund, von ein, zwei Ausnahmen abgesehen, keinen Ver-

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kehr mit meinen Landsleuten zugelassen. Das heißt dochwohl, dass Ihr mich nicht zu Euren Untertanen und Volks-genossen zählt. Wie könnt Ihr da noch von mir erwarten,dass ich die Gesetze Eurer Zivilisation übernehmen wer-de? Die Welt habt Ihr mir zu einem Kerker gemacht. Voneinem Mann, der im Kerker sitzt, kann man aber derarti-ge Dinge nicht erwarten. Die Türe zur Welt habt Ihr mirverschlossen. Ich aber habe an die Pforten einer anderenWelt (akhiret) angeklopft. Gottes Barmherzigkeit hat miraufgetan. Wie aber kann man von einem Mann, derschon an den Pforten jener Welt (akhiret) angeklopft hat,die doch so schwierigen Sitten und Gebräuche dieserWelt erwarten? Erst wenn Ihr mir meine Freiheit wieder-gegeben und das Recht gegeben habt, wieder in meineHeimat zurückzukehren, erst dann mögt Ihr wünschen,dass ich Eure Sitten übernehmen solle…

Zweite Frage: Die Weltleute sagen zu mir: Wir habenein offizielles Amt, dass dafür zuständig ist, über denGlauben (din) und die Wahrheiten des Islam zu unterrich-ten. Du aber, in wessen Vollmacht betreibst du denn reli-giöse Propaganda? Denn da du nun einmal zur Verban-nung verurteilt worden bist, hast du auch kein Rechtmehr, dich in diese Angelegenheiten einzumischen.

Meine Antwort: Das Recht und die Wahrheit unterlie-gen keiner Beschränkung. Wie kann man Glaube (iman)und Qur’an einer Beschränkung unterwerfen? Ihr könnteure weltlichen Prinzipien und Gesetze einer Beschrän-kung unterwerfen. Doch die Glaubenswahrheiten und dieGrundsätze des Qur’an können nicht nach Art der öffent-lichen Angelegenheiten und gleich einem irdischen Ge-schäft, das man gegen Entgelt verrichtet, in eine Formgepresst werden. Denn diese Geheimnisse, die eineGnadengabe Gottes sind, können nur reinen Herzens(niyet) empfangen werden. Diese Segnungen erlangtman nur, wenn man sich aus diesen irdischen Geschäf-ten zurückzieht und nur dadurch, dass man über allenweltlichen (nefs) Genüssen nach Erlösung strebt. Darü-

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ber hinaus hat mich sogar Ihre eigene öffentliche Behör-de, damals, als ich noch in meiner Heimat lebte, zum Pre-diger bestellt und anerkannt. Ich habe damals diese Pre-digerstelle angenommen, auf mein Gehalt aber verzich-tet. Eine entsprechende Urkunde trage ich bei mir. Mitdieser Urkunde kann ich überall als Prediger oder Imamtätig werden. Denn meine Verbannung ist zu Unrecht er-folgt. Überdies sind ja all die Verbannten längst schonheimgekehrt und diese meine Urkunde hat Wert und Gül-tigkeit immer noch behalten.

Zweitens: Durch die Glaubenswahrheiten, welche ichniedergeschrieben habe, wollte ich nur unmittelbar meineeigene Seele (nefs) ansprechen. Ich habe nicht jeder-mann dazu eingeladen. Vielmehr suchen diejenigen, de-ren Seele (ruh) ihrer bedarf und deren Herzen verwundetsind nach diesen Heilmitteln im Qur’an und finden siedort. Zu meinem Lebensunterhalt habe ich nur die Risalaüber die Auferstehung drucken lassen, und zwar noch vorder Einführung der neuen Schrift. Sie wurde auch vondiesem ehemaligen Gouverneur (vali), der sich mirgegenüber ungerecht verhalten hat, geprüft. Doch bliebdiese Risala unbeanstandet, weil er nichts darin findenkonnte, was einer Kritik wert gewesen wäre.

Dritte Infragestellung: Manche meiner Freunde habensich ganz offensichtlich von mir distanziert, weil ich beiden Weltleuten in Verdacht geraten bin und weil sie nunihrerseits bei diesen Weltleuten gut angesehen seinmöchten; ja sie kritisieren mich vielleicht. Doch sind die-se Weltleute schlau genug, diese äußerliche Zurückhal-tung und die kühle Distanziertheit solcher Leute mirgegenüber nicht als ein Zeichen der Treue gegenüberden Weltleuten anzusehen, sie vielmehr als eine Art vonHeuchelei, als eine Gewissenlosigkeit zu betrachten undverfolgen solche Freunde daher mit bösen Blicken.

Ich halte dem entgegen: Oh Ihr meine Freunde imGlauben! Wenn ich dem Qur’an diene, so braucht ihreuch deswegen nicht gleich von mir zurückzuziehen und

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vor mir davonzulaufen! Denn von mir droht auch inscha-a’llah keine Gefahr. Denn selbst angenommen, es würdesich irgend etwas Schlimmes ereignen, oder mir ein Un-recht zustoßen, so könntet ihr euch doch nicht retten da-durch, dass ihr euch vor mir zurückzöget. Denn in diesemFalle hättet ihr das Unglück und den Schlag, der euch ge-troffen hat, nur noch um so mehr verdient. Und was istdenn eigentlich passiert, dass ihr so sehr euren Wahn-ideen verfallen seid?

Vierte Frage: In dieser Zeit meiner Verbannung seheich, dass manche Menschen, die in den Sumpf der Poli-tik hineingeraten sind, sich selbst aber gerne ein wenigherausheben möchten, mich mit Blicken betrachten, alsstünde ich auf der gegnerischen Seite, so als ob auch ichso wie sie in den Strom dieser Welt mit hinein verwickeltwäre.

Meine Herren! Der Strom, der mich bewegt, ist derStrom des Glaubens. Und der Strom, der sich mir ent-gegenstellt, ist der Strom des Unglaubens. Eine andereStrömung ist für mich nicht von Interesse. Männer, diesich zu einer solchen Arbeit für Lohn verdingen, mögensich vielleicht selbst für entschuldigt halten. Mich aber oh-ne allen Lohn, in patriotischem Übereifer, aus einer Hal-tung der Parteilichkeit oder Gegnerschaft heraus anzu-greifen und zu schikanieren, ist ein ganz besonders üblerFehler. Denn wie ich bereits weiter oben bewiesen habe,habe ich mich auf die Politik dieser Welt überhaupt nichteingelassen. Ich habe all meine Zeit und mein ganzes Le-ben auf die Glaubenswahrheiten und den Qur’an be-schränkt und nur ihm allein gewidmet. Und weil dies nuneinmal so ist, möge doch derjenige, der mich in dieserWeise schikaniert und sich mir entgegenstellt, denken,dass er im Namen seiner Gottlosigkeit und Glaubenslo-sigkeit so handelt und damit den Glauben angreift.

Fünfte Frage: Die Welt ist nun einmal vergänglich.Außerdem ist das Leben nun einmal kurz. Außerdem gibtes nun einmal viele wichtige Aufgaben. Außerdem muss

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man sich nun einmal das Ewige Leben hier verdienen.Außerdem ist nun einmal diese Welt nicht ohne Besitzer.Außerdem hat nun einmal diese unsere irdische Herber-ge einen Lenker und Leiter von großer Weisheit und Frei-giebigkeit. Außerdem bleibt nun einmal das Gute und dasSchlechte nicht ohne seinen Lohn. Außerdem gibt es nuneinmal entsprechend dem Geheimnis von

»Gott verlangt von keiner Seele (nefs) mehr, als sie zu tragen vermag.«(Sure 2, 286)

keine unerträglichen Belastungen. Außerdem ist nun ein-mal ein gefahrloser Weg immer einem gefährlichen Wegvorzuziehen. Außerdem reichen nun einmal Freundes-bande und Standesverpflichtungen nur bis zum Rand desGrabes…

Der Glücklichste aber ist sicherlich derjenige, der dasJenseits nicht um des Diesseits willen vergisst, der dasJenseits nicht dem Diesseits zum Opfer bringt, der dasEwige Leben nicht um des irdischen Lebens willen zer-stört, der sein Leben nicht mit nutzlosen Dingen vertän-delt, der sich selbst nur als einen Gast betrachtet und dersich den Weisungen seines Gastherrn entsprechend ver-hält. Er wird heil und sicher das Tor seines Grabes öffnenund in die Ewige Glückseligkeit eingehen.*

* Was ich mit den obigen »außerdem…«-Sätzen zum Ausdruckbringen möchte, ist Folgendes: Ich kümmere mich nicht um alldas Unrecht, das man mir zufügt und messe den Schikanenkeine Bedeutung bei. Ich sage mir: »Es ist die ganze Aufregungnicht wert.« und mische mich nicht in weltliche Angelegenhei-ten.

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Anhang zum »Sechzehnten Brief«

»Im Namen dessen, außer dem es fürwahr kein Ding gibt, das Ihn nichtdankend lobpreist.«

Die Weltleute verdächtigen mich, einen armseligenFremdling, ohne jeden Grund. In ihrer Phantasie meinensie, ich sei stark wie tausend Mann und halten mich untervielen Vorbehalten gefangen. Sie haben mir nicht erlaubt,ein, zwei Nächte an einem Ort in der Gegend von Bedreoder auf einem Berg in der Nähe von Barla zu bleiben. Ichhabe sie sagen gehört: »Said hat die Macht von fünfzig-tausend einfachen Soldaten. Darum können wir ihn nichtfrei lassen.«

Ich halte dem entgegen: Oh ihr unglückseligen Weltleu-te! Warum versteht ihr die Dinge dieser Welt noch immernicht, obwohl ihr euch doch mit all eurer Kraft für eureweltlichen Angelegenheiten einsetzt? Ihr urteilt einemGeisteskranken gleich. Wenn ihr in Bezug auf meine Per-son irgendwelche Befürchtungen habt, so können dochfünfzigtausend Soldaten nicht, nein, es kann vielleichtschon ein einzelner Soldat fünfzigmal mehr an Arbeit ver-richten als ich. Denn er kann vor der Tür zu meiner Kam-mer Posten beziehen und zu mir sagen: »Hier kommst dunicht mehr raus!«

Wenn ihr euch vor meiner Berufung fürchtet, wenn ihrAngst habt, weil ich der öffentliche Ausrufer des Qur’anbin und die Kraft des Glaubens in mir ist, dann bin ichfünfzigtausend Soldaten nicht gleichzusetzen. Da irrt ihreuch! Angesichts meiner Berufung bin ich so stark wiefünfzig Millionen von ihnen. Das sollt ihr wissen! Denn inder Kraft des Weisen Qur’an fordere ich mitsamt all eurenGottlosen auch ganz Europa heraus. Denn durch den

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Glauben (iman), dessen Lichter (envar) ich überall ver-breitet, habe ich ihre positiven Wissenschaften, diesefeste Burg, welche sie als Natur bezeichnen, zunichte ge-macht. Die größten unter den atheistischen Wissen-schaftlern habe ich dahin geführt, dass sie (in ihrem Un-verständnis) noch unter die Tiere hinabgerutscht sind.Wolltet ihr all eure Atheisten mitsamt dem ganzen Europazusammenrufen, so könntet ihr mich durch die FührungAllahs, der mir den Erfolg verleiht, doch nicht in auch nureiner einzigen Fragestellung von meiner Berufung ab-bringen. Sie werden inscha-a’llah nicht den Sieg davon-tragen!…

Weil dies aber nun einmal so ist, mische ich mich nichtin eure weltlichen Angelegenheiten ein. Doch sollt auchihr euch nicht in meine Angelegenheiten einmischen,welche das Jenseits betreffen. Zudem ist diese eure Ein-mischung auch vergeblich.

Was Gott bestimmt hat, lässt sich nicht abwendenmit des Armes Kraft.

Was der Herr entzündet hat, lässt sich nicht auslö-schen mit des Mundes Blasen.

Über mich nähren die Weltleute in ganz ausnehmenderWeise völlig irrige Vorstellungen, als ob sie mich fürchte-ten. Sie bilden sich ein, ich wäre, was ich gar nicht binund selbst wenn ich es wäre, bildete es doch nicht denGegenstand einer politischen Verfehlung und wäre garkein Grund zur Anklage, Dinge wie die Würde einesScheichs, Größe, Vornehmheit, Adel, ein Stammesfürstzu sein, Einfluss und eine persönliche Ausstrahlung zubesitzen, viele Anhänger zu haben, mit seinen Landsleu-ten Umgang zu pflegen, sich für die Ereignisse in dieserWelt zu interessieren, ja sogar politisch aktiv zu sein unddas selbst auf Seiten der Opposition, Dinge, die gar nichtauf mich zutreffen und über die sie dennoch in Aufregunggeraten. Ja, während sie schon darüber reden, diejenigenzu amnestieren, die noch im Gefängnis sitzen oder schon

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wieder draußen sind und die doch nach ihrer Meinung garnicht für eine Amnestie in Frage kommen, verbieten siemir selbst nahezu alles. Ein Mann von schlechtem Rufund obzwar sein Ruhm schon vergänglich war, hat einmaldas folgende schöne unvergängliche Wort geprägt:

Wenngleich auch das Unrecht eine Kanone hätte,eine Kugel hätte, eine Burg hätte, So besitzt doch die Gerechtigkeit einen unbeugsa-men Arm, ein Antlitz, das sich nicht abwendet.

Dementsprechend sage auch ich:

Wenngleich auch sich auf Seiten der Weltleute dieSouveränität findet, die Majestät sichtbar wird, dieMacht zum Ausdruck kommt,so besitzt doch durch den Segen des Qur’an seinDiener ein unbeirrbares Wissen und ein Wort, dasman nicht zum Verstummen bringen kann, einenuntrüglichen Sinn und ein unauslöschliches Licht.

Viele meiner Freunde haben mir ebenso wie der Kom-mandant, der mich überwachte, immer wieder die Fragevorgelegt: Warum kommst du nicht um einen Ausweisnach, stellst keinen Antrag?

Meine Antwort: Es gibt fünf, sechs Gründe dafür, dassich einen solchen Antrag nicht stelle und auch gar nichtstellen darf.

Erstens: Ich habe mich in die weltlichen Angelegenhei-ten der Weltleute nicht eingemischt, sodass ich nun in ih-rer Schuld stünde und bei ihnen vorstellig werden müss-te. Ich bin ein Schuldner der göttlichen Allmacht (Qader)und habe mich gegen sie versündigt, sodass ich nun beiihr vorstellig werden muss.

Zweitens: Ich habe mit absoluter Sicherheit geglaubtund erkannt, dass diese Welt eine Herberge ist, die sichschnell verwandelt. Deswegen ist sie keine wahre Hei-mat. Das ist überall das gleiche. Da ich aber nun einmalnicht ewig in meiner Heimat (Bitlis) bleiben kann, bringt es

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auch gar nichts ein, sich vergeblich darum zu bemühen,dorthin zu gelangen. Es ist nun einmal jeder Platz einerHerberge gleich. Ist aber der Herr dieser Herberge in Sei-ner Barmherzigkeit mir freundlich gesinnt, so ist mir je-dermann freundlich gesinnt und jeder Platz ist mir einfreundlicher Ort. Ist Er mir aber nicht freundlich gesinnt,so lastet mir jeder Ort auf der Seele (qalb) und jedermannist mein Feind.

Drittens: Ein Anmeldeantrag kann nur im Rahmen desGesetzes erfolgen. Doch seit sechs Jahren hat man michstets nur mit Willkür behandelt und außerhalb der Geset-ze gestellt. Nach dem Gesetz für die Verbannten wurdeich nicht behandelt. Man hat mich so betrachtet, als seiich vom bürgerlichen Recht, ja sogar von den Menschen-rechten ausgeschlossen. Es ist daher einfach widersin-nig, im Namen des Gesetzes bei denen einen Antrag aufAnmeldung einzureichen, die sich selbst gesetzwidrigverhalten.

Viertens: In diesem Jahr hat der Herr Distriktsdirektorin meinem Namen einen Antrag eingereicht, mit der Bitte,mir für einige Tage in Bedre, einem zur Stadtgemeindevon Barla gehörigen Stadtbezirk, Aufenthalt und Luftver-änderung zu gestatten. Man hat mir diese Aufenthaltsge-nehmigung nicht erteilt. Wenn aber bereits bei derart un-wichtigen Angelegenheiten ein Antrag abgelehnt wird, wiekann ich denn dann bei solchen Leuten noch vorstelligwerden? Wollte ich bei ihnen noch einen Antrag einrei-chen, wäre dies eine fruchtlose Erniedrigung in einer ent-würdigenden Lage.

Fünftens: Gegenüber Leuten, die Unrecht für Rechthinstellen, sein Recht zu fordern und bei ihnen vorstelligzu werden, ist eine Ungerechtigkeit. Es wäre eine Res-pektlosigkeit gegenüber der Gerechtigkeit. Eine solcheUngerechtigkeit und eine solche Respektlosigkeit gegen-über dem Recht will ich nicht begehen und damit Friede*.

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* Selam! = Gruß beim Abschiednehmen (A.d.Ü.).

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Sechster Grund: Die Schwierigkeiten, die Weltleute mirbereiten, haben keine politischen Gründe. Denn dieseLeute wissen, dass ich mich nicht in die Politik einmische,dass ich die Politik fliehe. Vielleicht gehen ihre Schikanenbewusst oder unbewusst auf die Rechnung ihresAtheismus, weil ich doch dem Glauben (din) verbundenbin. Wenn dies aber so ist, dann hieße, bei ihnen vorstel-lig zu werden, sich mit Bedauern vom Glauben (din) ab-zuwenden und statt seiner dem Atheismus in die Arme zuwerfen. Wollte ich aber bei ihnen vorstellig und kniefälligwerden, so würde mich dennoch die Allmacht (Qader)Gottes in ihrer Gerechtigkeit durch ihre eigene Hand be-strafen. Denn sie schikanieren mich ja, weil ich ein imGlauben (diyanet) gebundener Mensch bin. Denn nach(Gottes) Bestimmung (Qader) werde ich gepeinigt, weilmein religiöses Leben (diyanet) und meine Aufrichtigkeit(ikhlas) fehlerhaft sind und ich ab und zu einmal versuchthabe, mich bei Weltleuten beliebt zu machen. Wenn diesaber so ist, dann gibt es hier und jetzt keine Rettung vordieser Pein. Wollte ich aber bei diesen Weltleuten vor-stellig werden, so sagte mir Gottes Bestimmung (Qader):»Du Heuchler! Verkoste nun die Strafe dafür, dass dudich zu ihnen hin gewandt hast!« Wenn ich mich aber ih-nen nicht zuwende, dann sagen die Weltleute: »Du willstuns nicht kennen. Nun denn, so lass es und plage dichweiter!«

Siebenter Grund: Es ist bekannt, dass die Aufgabe ei-nes Beamten darin besteht, denjenigen, welche gesell-schaftlichen Schaden zufügen, keinen Platz einzuräumenund denen, welche ihm dienen, Hilfe zu gewähren. Den-noch kam jener Beamte, bei dem ich unter Kuratel gestelltwurde, während ich einmal einem alten Mann, der alsGast zu mir gekommen war und schon am Rande desGrabes stand, die Süße des Geheimnisses (latif) darbot,das der Glaube (iman) im »La ilaha illa’llah (Niemand undnichts ist anbetungs- und verehrungswürdig außer Gottallein)« in sich enthält, trotzdem er lange Zeit nicht mehr

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bei mir gewesen war, zu mir, so als habe er mich geradeeben auf frischer Tat ertappt und als ob ich ein Verbre-chen begangen hätte. Er hat diesen armen alten Mann,der mir aufrichtig (ikhlas) zuhörte, frustriert und leer aus-gehen lassen und mich selbst auch noch in Wut gebracht.Dabei gab es hier noch einige andere Leute, denen er garkeine Beachtung schenkte. Als es schließlich so weitkam, dass sie in ihrer Sittenlosigkeit im gesellschaftlichenLeben des Dorfes ihr Gift verstreuten, hat er auch nochbegonnen, ihnen seine Sympathie und seine Anerken-nung zu bezeigen. Dabei ist doch allgemein bekannt,dass ein Mann, und säße er auch für hundert Verbrechenim Kerker, jederzeit mit den Wache habenden Beamtensprechen kann, seien sie nun Offiziere oder einfache Sol-daten. Doch schon seit einem Jahr gehen sowohl der Be-fehlshaber als auch der wachhabende Beamte von derNationalregierung, also zwei hohe Persönlichkeiten, je-des Mal an meiner Zelle vorüber, ohne sich auch nur imgeringsten um mich zu kümmern oder gar nach mir zu er-kundigen. Ich hatte zunächst einmal vermutet, das lägevielleicht daran, dass sie mir feindlich gesinnt sind. Spä-ter wurde mir dann klar, dass sie in ihrem Wahn vor mirdavon laufen, als wollte ich sie verschlingen. Eine solcheRegierung, die aus derartigen Leuten zusammengesetztist und solche Beamten beschäftigt, überhaupt noch eineRegierung nennen zu wollen, sie als Meldebehörde an-zuerkennen und dort vorstellig zu werden, widersprichtdem gesunden Menschenverstand, ist eine fruchtlose Er-niedrigung. Der Alte Said hätte mit (dem französischenDichter) André dazu gesagt:

»Wasser des Lebens in Erniedrigung ist wie die Hölle; Hölle in Ehren istein Ort, stolz darauf zu sein.«

Es gibt den Alten Said nicht mehr. Der Neue Said aberhält es für sinnlos, mit den Weltleuten Umgang zu pfle-

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gen. Möge ihre Welt sie den Kopf kosten! Mögen sie mitmir machen, was sie wollen! Am Tag des Großen Gerich-tes wird er mit ihnen vor den Richter kommen, sagt er undschweigt.

Der Verweigerung, meine Anmeldung vornehmen zulassen, achter Grund: Entsprechend dem Grundsatz:»Die Folge gesetzloser Liebe ist gnadenloser Hass.« wirddie Allmacht (Qader) Gottes in ihrer Gerechtigkeit michdurch die ungerechte Hand dieser Weltleute bestrafen,wenn ich ihnen meine Sympathie erweise, obwohl sie de-rer doch gar nicht würdig sind. So denke ich denn, dassich diese Strafe verdient habe, und schweige. Denn alsich während des Ersten Weltkrieges Kommandeur einesFreiwilligenregimentes war, habe ich mich zwei Jahrelang eingesetzt und gekämpft. Ich habe unter dem Befehlvon Enver Pascha und seinem Obersten Kommandantenwertvolle Schüler und Freunde geopfert. Ich wurde ver-wundet und gefangen. Nach meiner Entlassung aus derGefangenschft habe ich mich durch meine »Sechs Schrit-te (Hutuvat-i Sitte)« und andere, ähnliche Werke in Ge-fahr gebracht, und zu der Zeit, als die Engländer Istanbulbesetzt hielten, die Engländer vor den Kopf gestoßen. Sohabe ich damals denen, die mich heute schikanieren undgrundlos gefangen halten, Hilfe geleistet. So lohnen siemir heute diese meine Hilfe auf diese ihre Weise. All dieStrapazen und Schwierigkeiten unter denen ich in russi-scher Gefangenschaft drei Jahre lang gelitten, haben mirhier meine »Freunde« in drei Monaten zugefügt. Denn dieRussen haben mir damals, als ich noch Kommandant ei-nes kurdischen Freicorps war, und obwohl sie mich alsKosakenmörder und Gefangenenschlächter betrachte-ten, nicht verboten, Unterricht abzuhalten. So habe ichdamals den meisten der neunzig Offiziere, die meineKriegskameraden waren, Unterricht erteilt. Einmal kamauch der russische Kommandant und hörte mit zu. Weiler kein türkisch verstand, glaubte er, ich gäbe politischenUnterricht. So verbot er mir dies zunächst, erteilte mir

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aber später doch wieder die Erlaubnis. Auch haben wirnoch im selben Winter einen Raum als Moschee herge-richtet. Ich habe dort als Imam gedient. Man hat uns nichtdabei gestört. Man hat Besuche mir nicht untersagt. EineNachrichtensperre gab es nicht. Doch meine heutigen»Freunde«, obwohl sie doch meine Landsleute und Mit-gläubigen sind, und Männer, denen im Glauben einenDienst zu erweisen ich mich bemühe und die doch wis-sen, dass ich mich nicht für Politik interessiere und umweltliche Angelegenheiten nicht kümmere, haben michnicht nur drei, nein sechs Jahre lang gefangen gehalten,mich grundlos schikaniert und mir jeden Umgang verbo-ten. Sie haben mir den Unterricht verboten, obwohl mei-ne Papiere in Ordnung sind, ja sogar Privatstunden inmeinem eigenen Zimmer untersagt und mich von derAußenwelt abgeschottet. Ja sie haben mir sogar unge-achtet meiner Urkunden und Diplome meinen Gebets-raum verboten, den ich mir selbst hergerichtet hatte undin dem ich vier Jahre lang Imam gewesen bin. Ja, sie er-laubten mir jetzt noch nicht einmal, den drei Leuten, diemeine Glaubensbrüder sind und mit mir eine feste Ge-meinschaft bilden, ganz privat Imam zu sein, damit mirder Lohn des Gemeinschafsdienstes versagt bleibe.

Selbst wenn irgendjemand gegen meinen eigenenWillen etwas Gutes zu mir sagt, wird der Beamte, dermich überwachen soll, blass vor Neid und rot vor Wut undergreift gewissenlos Maßnahmen, um meinen Einfluss zubrechen und schikaniert mich in der Absicht, bei seinenVorgesetzten besser angeschrieben dazustehen.

Bei wem anders soll also nun ein Mann in meiner Lagevorstellig werden, denn bei Gott dem Gerechten? Wennder Richter selber zugleich auch der Ankläger ist, beiwem denn soll man da noch seine Klage vorbringen?Komm nun und sprich zu mir, was ich in diesem Falle sa-gen sollte!? Was du auch sagen magst… ich halte dementgegen: Es gibt unter diesen meinen Freunden vieleHeuchler. Ein Heuchler ist schlimmer als ein Ungläubiger.

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Darum verursachen sie mir Qualen, die mir die Russennicht zugefügt haben.

Oh ihr Unglückseligen! Was habe ich euch denn getanoder tue ich denn? Ich erweise euch einen Dienst zurRettung eures Glaubens und für eure Ewige Glückselig-keit! Mein Dienst war also nicht lauter und rein. Weil ichihn nicht um Allahs willen verrichtet habe, ist nun eineGegenreaktion eingetreten. Im Gegenzug kränkt ihr michnun bei jeder Gelegenheit… Sicherlich werden wir unsvor dem Großen Gericht wiedersehen!…

»Es genügt uns Allah und Er ist unser bester Anwalt (wakil), unserbester Herr (maula) und unser bester Helfer (nasir).«

sage ich!

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Siebzehnter Brief

(Anhang zum Fünfundzwanzigsten Blitz)

Ein Beileidsbrief zum Tode eines Kindes

»In Seinem Namen und fürwahr; es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihnpreist!« (Sure 17, 44)

Lieber Mitbruder Hafiz Halid Efendi,

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen; Und verkündigeden Geduldigen, wenn ein Unglück sie trifft, dann sagen sie: Von Allahsind wir und zu Ihm werden wir zurückkehren.« (Sure 2, 155-156)

Mein lieber Bruder! Über den Tod deines Kindes bin ichsehr betroffen. Aber

»Der Urteilsspruch ist Allahs Sache.«

sich einzufügen in den Willen Gottes, sich zu ergeben inden Ratschluss des Herrn, ist Kennzeichen des Islam.Gott der Gerechte möge Ihnen Geduld zum Guten verlei-hen! Er möge es zum Quartiermeister und zu Ihrem Für-sprecher im Jenseits machen! Ihnen und anderen auf-rechten Gläubigen, die in der gleichen Lage sind wie Sie,eine hohe und frohe Botschaft zu verkünden und eine

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wahrhaftige Tröstung aufzuzeigen, werden wir »FünfPunkte« darlegen.

Erster Punkt: Das Geheimnis von

»Ewige Jünglinge« (Sure 76, 19)

im Weisen Qur’an ist Folgendeses, kurz erklärt: Die nochals Minderjährige verstorbenen Kinder der Gläubigenwerden im Paradies ewig als beständig liebenswerte Kin-der mit einem des Paradieses würdigen Aussehen ver-bleiben. Sie werden ihrem Vater und ihrer Mutter, wennsie dereinst ins Paradies eingehen, auf ihrem Schoße einewiger Anlass zur Freude sein. Kinder werden ihren El-tern eine sichere Quelle zartester Empfindungen wiekindlicher Liebe und Liebkosungen sein. Behauptungenderer, welche sagen, es könne im Paradiese Kindesliebeund Liebkosungen nicht geben, weil dies ein Ort für Zeu-gung nicht sei, obwohl doch im Paradiese jede Art desFrohgenießens sich findet, entbehren der Wahrheit. Zu-dem bedeutet für ein kurzes Leben von zehn Jahren indieser Welt Kindesliebe und Liebkosungen, vermischt mitSchmerz, millionenjahrelange Kindesliebe und Liebko-sungen, unvermischt, rein und ohne Schmerz zu gewin-nen, für Leute des Glaubens die größte Quelle der Glück-seligkeit. Dafür gibt der Ausdruck

»Ewige Jünglinge« (Sure 76, 19)

aus dem ehrwürdigen Qur’anvers einen Hinweis und fro-he Kunde.

Zweiter Punkt: Es war einmal ein Mann. Der saß in ei-nem Gefängnis. Man schickte ihm eines seiner geliebtenKinder. Der arme Gefangene litt eines Teils unter seinemeigenen Kummer, zum anderen auch darunter, dass er

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seinem Kinde keine Bequemlichkeiten verschaffen konn-te. Und darüber war er traurig. Da schickte der barmher-zige Herrscher ihm einen Mann und ließ ihm sagen: »Die-ses Kind ist zwar dein Sohn, aber es ist auch einer derUntertanen meines Volkes. Ich werde es zu mir nehmenund in einem schönen Schloss für es sorgen.« Da beginntder Mann zu klagen und zu jammern und sagt: »MeinSohn ist mir die Quelle meines Trostes. Ich gebe ihn nichther.« Seine Mitgefangenen sagen zu ihm: »Dein Schmerzist unsinnig. Anstatt dein Kind zu bedauern, solltest du lie-ber bedenken, dass es nicht länger in diesem dreckigen,stinkenden, bedrückenden Gefängnis zu verbleibenbraucht. Es wird in ein Schloss gelangen und darinnenfroh und glücklich sein. Wenn du um deiner selbst Willentraurig bist und deinen eigenen Vorteil suchst, so wisse,dass du außer einem zweifelhaften Gewinn nur Mühen,Sorgen und Bedrängnisse für das Kind haben wirst, wenndein Sohn hier bleibt. Geht er aber dahin, wirst du tau-send Vorteile haben. Denn er wird die Barmherzigkeit desKönigs auf dich herabziehen und als dein Fürsprecher beiihm gelten. Und der König wird wünschen, dass deinSohn dich wieder sieht. Sicherlich wird er ihn nicht insGefängnis schicken, damit ihr euch hier begegnet, son-dern dich aus dem Gefängnis holen und ins Schloss brin-gen lassen, um dich dort mit ihm zusammenzuführen.Das alles aber unter der Bedingung, dass du auf den Kö-nig vertraust und ihm Gehorsam leistest.«

So wie in diesem Gleichnis, mein lieber Bruder, sollman, wenn einem Gläubigen wie dir, ein Kind stirbt, sodenken: »dieses Kind ist unschuldig. Sein Schöpfer istzudem barmherzig und freigiebig. Er hat ihm, statt meinermangelhaften Fürsorge und Zärtlichkeit, Seine so voll-kommene Gnade und Barmherzigkeit geschenkt und eszu sich genommen. Er hat es aus diesem irdischen Ker-ker mit seinen Mühen, Sorgen und Plagen herausgeholtund in den Garten Seines Paradieses geführt. Wie glück-lich ist doch dieses Kind! Wäre es in dieser Welt geblie-

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ben, wer weiß, was aus ihm geworden wäre. Deswegenbedauere ich es nicht, sondern wisse, dass es glücklichist. Bleibt noch zu sagen, dass – was mich und meinen ei-genen Vorteil betrifft – so bedauere ich mich ebenfallsnicht, werde ich nicht traurig und betrübt, denn wäre es inder Welt geblieben, so hätte es mir für zehn Jahre seinevorübergehende, mit Sorgen vermischte kindliche Liebegeschenkt. Wäre es aufrichtig geblieben, begabt für einenweltlichen Beruf, hätte es mir wahrscheinlich geholfen.Doch durch seinen Tod wird es in der Ewigkeit des Para-dieses zehn Millionen Jahre eine Quelle kindlicher Liebesein und als ein Fürsprecher zur ewigen Glückseligkeitdienen. Wer einen augenblicklichen zweifelhaften Vorteilverloren, dafür aber tausend zukünftige, unzweifelhafteVorteile gewonnen hat, ja, sicher und bestimmt wird der-jenige nicht Trauer und Schmerz zeigen, nicht hoffnungs-los jammern.

Dritter Punkt: Das verstorbene Kind war Geschöpf, Ei-gentum, Diener und Anbeter des barmherzigen Schöp-fers, war ganz und gar Sein Werk und Ihm gehörig, denEltern als ein Freund gegeben, der ihnen für kurze Zeitzur Betreuung überantwortet wurde. Vater und Mutter wa-ren ihm zum Dienst bestellt. Den Eltern wurde für ihrenDienst als gegenwärtiger Lohn ein Wohlempfinden bei ih-rer Liebe und Güte verliehen. Wenn nun der barmherzigeSchöpfer, Herr über 999 Anteile von tausend, es in SeinerBarmherzigkeit und Weisheit für notwendig erachtet, die-ses Kind aus deinen Händen zu nehmen und deinenDienst an ihm zu beenden, ist es für Leute des Glaubensnicht angemessen, mit einem einzigen, scheinbaren An-teil gegen den Herrn der tausend wahrhaftigen Anteile mitdeinem Jammern und Weinen zu klagen, vielmehr gleichtdies den Gottvergessenen und denen, die auf Irrwegengehen.

Vierter Punkt: Wenn die Welt ewig wäre, auch derMensch ewig darinnen bleiben könnte und auch die Tren-nung ewig wäre, dann hätten Kummer, Schmerz und hoff-

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nunglose Betrübnis ihren Sinn. Da aber nun einmal dieseWelt ein Gasthaus ist, darum werden Sie, werden auchwir dahin gehen, wohin das verstorbene Kind gegangenist. Außerdem ist der Tod nicht nur deinem Kind bestimmt,sondern ein Weg, den ein jeder gehen wird. Und da nuneinmal die Trennung nicht ewig ist, werden wir uns spätereinmal im Zwischenreich oder auch im Paradiese wieder-sehen. Man soll

»Der Urteilsspruch ist Allahs Sache.«

sagen. Er hat gegeben. Er hat genommen, und

»Lob, Preis und Dank sei Allah für eine jede Lage!«

soll man in Geduld danken.Fünfter Punkt: Die selbstlose Liebe ist unter den Er-

scheinungsformen der göttlichen Barmherzigkeit die zar-teste, schönste, willkommenste, anmutigste und ein Er-leuchtung schenkender Heiltrank. Sie ist stärker als jedeLiebessehnsucht. Sie ist das Fahrzeug, mit dem manrasch Gott den Gerechten erreicht. So wie sich die irdi-sche, diesseitige Liebe nach sehr vielen Mühen in diewahre Liebe verwandelt und Gott den Gerechten findet,so auch die selbstlose Liebe, jedoch verbindet sie ohneMühe das Herz mit Gott dem Gerechten in einer nochkürzeren, reineren Weise. Sowohl der Vater als auch dieMutter lieben ihr Kind über alles in der Welt. Wird ihnenihr Kind aus den Händen genommen, und sind sie wahreGläubige, so wenden sie ihren Blick von der Welt ab, undfinden den wahren Wohltäter (Gott). »Weil also nun dieWelt vergänglich ist«, sagen sie, »ist sie es nicht wert,dass wir unser Herz an sie hängen.« Wohin nun auch im-mer das Kind gegangen ist, es entsteht die Neigung, dort-hin zu gehen. Und so erlangen sie eine Haltung von geis-

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tiger Größe. Leute, die in Gottvergessenheit dahin leben und auf Irr-

wegen gehen, sind von der Glückseligkeit und der frohenBotschaft dieser fünf Wahrheiten ausgeschlossen. Ver-gleichen Sie damit, wie schmerzlich ihre Lage ist!

Eine ältere Dame sieht ihr einziges, so vielgeliebtesKind auf dem Sterbebett. Und weil sie sich die Welt in ih-rer Gottvergessenheit und in ihrem Irrtum als ewig vor-stellt, erscheint ihr der Tod als das Nicht-mehr-sein unddie ewige Trennung, und sie sieht nicht mehr vor sich einweiches Bett, sondern denkt an die Erde des Grabes. Inihrer Gottvergessenheit und in ihrem Irrtum denkt sienicht an das Paradies der Barmherzigkeit, des Erbar-mers, des Barmherzigen und die Gnade der ewigen Gär-ten.

So können Sie ermessen, in welcher Hoffnungslosigkeitsie Trauer und Schmerz erleidet. Aber Glaube und Islam,das Fahrzeug der Glückseligkeit beider Welten sprichtzum Gläubigen: »Der barmherzige Schöpfer dieses Kin-des, das auf dem Sterbebett liegt, wird es aus dieserschmutzigen Welt heraus in Sein Paradies führen, fürdich sowohl zum Fürsprecher machen als auch zu einemewigen Sohn. Die Trennung ist nur eine vorübergehende.Darum mache dir keine Sorgen! Sprich:

»Der Urteilsspruch ist Allahs Sache.« »Denn Allahs sind wir und zu Ihmkehren wir zurück.« (Sure 2, 156)

Sei geduldig!

»Der Beständige ist Er, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Achtzehnter Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)

(Dieser Brief enthält drei wichtige Fragestellungen.)

Die erste bedeutende Fragestellung: Berühmte Heilige,wie Muhyiddin al-Arabi (möge Gott seine Geheimnisseheiligen), der Verfasser des »Futuhat al-Mekkiya (Die Er-öffnung der islamischen Welt)« oder das berühmte »Dervollkommene Mensch« genannte Buch des Seyyid Ab-dulkerim (möge Gott seine Geheimnisse heiligen), be-richten von den sieben Schichten der Erde und von derWeißen Erde hinter dem Berg Qaf und von merkwürdigenDingen, die im »Futuhat« Meschmeschiye genannt wer-den und die sie gesehen haben wollen. Doch ist das, wo-von sie da berichten auch wahr? Doch auch wenn eswahr wäre, so haben diese Plätze keinen Platz auf unse-rer Erde. Darüber hinaus sind diese Dinge, von denen sieda berichten, von den Geographen und anderen Wissen-schaftlern nicht bestätigt. Wenn aber (diese Dinge) nichtwahr sind, wie können dann (diese Menschen) noch Hei-lige sein? Wie können Leute, die Dinge erzählen, die derWahrheit zuwiderlaufen, die nicht den Tatsachen (Haqq)entsprechen, Leute der Wahrheit sein?

Antwort: Sie sind Leute der Wahrheit und der Tatsa-chen. Sie sind auch Leute der Heiligkeit und der innerenSchau. Was sie geschaut haben, haben sie korrekt gese-hen, doch da sie sich bei ihren Erklärungen noch immerim Zustande dieser ihrer inneren Schau befanden, drück-ten sie das, was sie geschaut hatten, gleich Träumendenaus, weshalb ihre Perspektive eingeschränkt und ihr Ur-teil in einzelnen Abschnitten falsch war. So wie der Träu-mende seinen Traum nicht auszulegen vermag, so konn-

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ten auch diese Art Leute der Entdeckungen und Schau-ungen nicht ihre eigenen Visionen auslegen, während sieselbst sich noch im selben Zustand befanden. Diejenigen,welche sie auszulegen vermochten, werden die »Reinen(Asfiya)« genannt und sind die wahren Schüler der Erbender Propheten. Sobald diese Art Zeugen erst einmal zumRang (makam) der Asfiya aufgestiegen waren, verstan-den sie in der Rechtleitung durch das Buch und die Sun-nah die Irrtümer und konnten sie so korrigieren; und dastaten sie dann auch.

Höre als Beispiel die nachstehende Erzählung, welchediese Wahrheit darlegen wird. Es ist dies wie folgt:

Es waren einmal unter den Hirten zwei Leute des Her-zens. Sie molken die Milch in einen hölzernen Zuber undstellten ihn dann beiseite. Dann legten sie ihre Hirtenflöteauf den Milchzuber und der eine von beiden sagte: »Ichbin müde.« und legte sich schlafen. So schlief er denn ei-ne Weile. Während der andere ihn noch beobachtete, saher, wie ein Ding, das einer Fliege glich, aus der Nase desSchlafenden hervorkroch, den Milchzuber betrachtete,schließlich an dem einen Ende in die Flöte hinein und amanderen Ende wieder heraus krabbelte, worauf es in ei-nem Loch unter einem Dornstrauch verschwand. EinigeZeit später kam das Ding von dort wieder hervor, krab-belte wieder durch die Flöte hindurch und zurück in dieNase des Schläfers; worauf dieser erwachte und sagte:»Mein Freund! Ich hatte einen sonderbaren Traum.« Derantwortete ihm: »Möge Gott es für dich etwas Gutes seinlassen! Was war es denn?« Da erzählte er: »Ich habe einMeer von Milch gesehen, über dem sich eine merkwürdi-ge Brücke erstreckte. Diese Brücke war von oben über-dacht und sie hatte auch noch Fenster. Ich bin durch die-se Brücke hindurch gegangen. Ich habe einen Hain vonEichen gesehen, deren Wipfel alle spitz zuliefen. Da-runter erblickte ich eine Höhle. Ich bin hinein gegangen.Da entdeckte ich einen ganzen Schatz von Gold. Nunmöchte ich wissen, wie man das auslegen soll.«

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Sein Freund, der wach geblieben war, antwortete ihm:»Das Meer von Milch, das du gesehen hast, ist hier in die-sem Zuber. Die Brücke ist unsere Flöte hier. Der Eichen-hain mit den spitz zulaufenden Wipfeln ist der Dornbuschdort und die Höhle das kleine Loch (unter ihm). Bring mireine Hacke, dann werde ich dir auch den Schatz zeigen!«Er holt eine Hacke herbei. Dann gruben sie unter demDornstrauch nach und fanden unter ihm genug Goldstü-cke, um sie für diese Welt zufrieden zu stellen.

So war denn das, was der Schläfer geträumt hatte, rich-tig und richtig, was er gesehen hatte. Weil es ihm aber anVerständnis fehlte, während er noch träumte, und weil erdeswegen kein Recht hatte, den Traum selbst zu deuten,er auch nicht unterscheiden konnte zwischen der mate-riellen Welt und einer Welt von Symbolen (manevi) undsein Urteil deswegen zum Teil falsch war, sagte er: »Ichhabe tatsächlich ein richtiges Meer gesehen.« Weil aberder Mann, der wach geblieben war, zwischen der physi-schen Welt und der Welt der Bilder unterscheiden konnteund so das Recht hatte, (Träume) zu deuten, sagte er:»Was du gesehen hast, war zwar richtig, aber doch keinechtes Meer, vielmehr erschien dir unser Milchzuber indeiner Vorstellung wie ein Meer, unsere Flöte wie eineBrücke usw…« Das also heißt: man muss die materielleWelt und die geistige Welt voneinander unterscheiden.Vermischt man sie aber miteinander, so erscheinen un-sere Urteile als falsch.

Wenn du zum Beispiel ein kleines Zimmer hast, dessenvier Wände jedoch mit vier großen Spiegeln verkleidetsind, und du gehst in dieses Zimmer hinein, so scheint dirdein kleines Zimmer so groß wie ein Platz zu sein. Wenndu nun sagst: »Ich sehe mein Zimmer, groß wie einenPlatz«, so hast du es richtig gesagt. Sagst du aber stattdessen: »Mein Zimmer ist so groß wie ein Platz«, sosagst und beurteilst du (die Lage) falsch, denn du ver-wechselst die Welt der Gleichnisse mit der Welt der Tat-sachen.

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Was also die Beschreibung der sieben Schichten der Er-de betrifft, die einige der Entdecker abgegeben haben,ohne sie auf der Waage des Buches und der Sunna zuwägen, so befasst sich diese nicht allein mit den physika-lischen Verhältnissen, betrachtet aus dem Blickwinkel derGeographie. So sagen sie z.B.: »Eine der Schichten un-serer Erde ist die der Dschinnen und Dämonen (ifrits). Sieerstreckt sich über Tausende von Jahren.« Dabei kann esdoch auf unserem Globus, den man schon in ein, zweiJahren umrunden könnte, eine solch merkwürdigeSchicht gar nicht geben. Jedoch entsprechend der Vor-stellung, dass unser Globus in der Welt der Bedeutungen(mana), der Symbole (misal), der Geister (ruh) und in derZwischenwelt (berzah) nur (so klein) wie der Same einerTanne ist und das Bild des Baumes, das sich daraus er-gibt und aus ihm entsteht, im Vergleich zu diesem Sa-menkern ein riesiger Tannenbaum, erschienen einem Teilder Leute der geistigen Schau auf ihrer inneren Reise inder Welt der Symbole einige Schichten der Erde als sehrweit ausgedehnt. Sie erschienen ihnen, als erstrecktensie sich über eine Reise von Tausenden von Jahren. Wassie gesehen haben, ist richtig. Da aber die Welt der Bilderin ihren Gestalten der physischen Welt gleicht, schautensie die beiden Welten ineinander vermischt und erklärtensie in dieser Weise. In unsere alltägliche Welt wieder zu-rückgekehrt und, weil sie (die Dinge) nicht abwägenkonnten und, weil sie genau beschrieben, was sie er-schaut hatten, dachte man, (diese Dinge) widersprächender Realität (haqiqat).

So wie das Abbild eines großen Parks mit einem gro-ßen Schloss darinnen in einem kleinen Spiegel Platz fin-den kann, so kann auch in dieser unserer physischenWelt mit einer Entfernung von nur einem Jahr die Spie-gelgestalt und eine innerliche Realität (haqaiq-i manevi)mit einer Ausdehnung von Tausenden von Jahren ihrenPlatz finden.

Schlussfolgerung: So ergibt sich denn aus dieser Fra-

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gestellung, dass der Grad einer inneren Schau weit nie-driger ist, als der Glaube an das Unsichtbare. Das heißt:Entdeckungen von einigen Heiligen, die einzig auf ihrerinneren Schau ohne (Kenntnis der) Zusammenhängeberuhen, können nicht (den Wert) von Aussagen vonTheologen und Forschern erreichen, welche die Erbendes Propheten sind und (deren Kenntnisse) der Glau-benswahrheiten, die zwar unbesehen überliefert, aberdoch rein, umfassend und wahrheitsgemäß sind, nichtauf innerer Schau sondern auf dem Qur’an und der Of-fenbarung fußen. Und das heißt auch, dass die Ausge-wogenheit zwischen allen Zuständen, Entdeckungen,Verzückungen und Schauungen auf dem Buch und derSunna beruht. Und ihr Prüfstein sind die geheiligtenGrundsätze, (abgeleitet) aus dem Buch und der Sunnahund die (mit klarem Blick) erfassten Lehrsätze der Theo-logen und Forscher.

Zweite bedeutende Fragestellung: Folgendes Prob-lem: Die Frage der Einheit allen Seins wird von vielen alsdie höchste Stufe (makam) betrachtet. Doch diese ArtEinheit allen Seins wurde unter den Sahabis, vor allemaber unter den vier Kalifen, die auf der Stufe der GroßenHeiligkeit* stehen, ferner unter den Imamen aus demHause des Propheten insbesondere den Fünf Leuten desMantels, ferner unter den großen Interpreten des Geset-zes, insbesondere den vier Imamen (der großen Rechts-schulen), ferner unter den Nachfolgern der Sahabis (Ta-biine) nicht immer so deutlich gesehen. Sind etwa die,welche ihnen gefolgt sind, auf ihrem Wege weiter vorangeschritten, und haben sie etwa eine noch vollkommene-

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* »Heiligkeit (Vilayat) ist von dreierlei Art: die erste ist die kleineHeiligkeit, welche die bekannte Heiligkeit ist. Eine andere ist diemittlere Heiligkeit eine weitere die große Heiligkeit. Was diegroße Heiligkeit betrifft, so besteht sie darin, durch das Erbe desProphetentums einen direkten Weg zur Wahrheit einzuschla-gen, ohne in die Zwischenwelt (berzah) der Mystik einzutreten.«(Aus dem Fünften Brief)

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re Große Straße gefunden?Antwort: Gott bewahre! Es steht niemandem zu, weiter

als die Reinen (Asfiya) voranzuschreiten, die doch hinterder Sonne des Prophetentums die nächsten Sterne undseine voranstehenden Erben waren; denn ihnen gebührtin der Tat die Große Straße.

Was aber die Einheit allen Seins betrifft, so ist sie eineMethode und ein Zustand, jedoch eine Stufenleiter mitFehlern. Weil (diese Methode) aber mit Freude undFrohsinn verbunden ist, wollen viele, die auf ihrer geisti-gen Reise diese Stufe erlangt haben, sie nicht wieder ver-lassen. Sie verbleiben dort und stellen sich vor, dass siedie letzte Stufe erreicht hätten.

Wenn also nun jemand, welcher der obigen Methodefolgt, des Geistes ist, der sich der Materie entledigt, seinFahrzeug hinter sich gelassen und den Schleier der Ur-sachen zerrissen hat und so zu (einem Zustand) innererSchauungen gelangt und darin versunken ist, so mag ihm(eine Art) der Erfahrung (hal) und nicht der Erkenntnis(ilm) der Einheit allen Seins, die nicht aus (der Lehre von)der Einheit allen Seins sondern aus (der Lehre von) derEinheit alles Erschauten erwächst, einen (gewissen Zu-stand) der Vollkommenheit (kemal), einen Rang (makam)sicher stellen. Ja, er kann sogar dahin gelangen, dass erum Gottes willen den Kosmos verleugnet. Wenn er ande-rerseits in die (Welt der) Ursachen eingetaucht und vonder Materie überwältigt ist und dann über die Einheit allenSeins spricht, kann ihn das schließlich dahin führen, dasser um des Kosmos willen Gott verleugnet.

So ist denn die große Straße in der Tat die Straße derSahabis, der Tabiine und der Asfiya. Ihr allgemein gülti-ges Grundprinzip ist der Satz:

»Die Wahrheit in allen Dingen steht fest.«

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Und der Aussage entsprechend:

gibt es kein Ding, das eine Ähnlichkeit mit Ihm hätte (Su-re 42, 11). Er ist frei von Teilung und Spaltung. Seine Be-ziehung zum Dasein (maudjudat) besteht in SeinerSchöpferkraft (Khaliqiyet). Das Dasein ist nicht Traumoder Vorstellung, wie das die Vertreter (der Lehre von)der Einheit allen Seins sagen. Auch die sichtbaren Dingesind die Werke Gottes des Gerechten. Alle Dinge sindnicht »Er«, sondern alle Dinge sind von Ihm. Denn die Er-eignisse können nicht ohne Anfang (qadim) sein. Wir wol-len diese Angelegenheit dem Verständnis etwas näherbringen mit zwei Vergleichen:

Im ersten Vergleich gibt es da einen König. Dank seinesNamens als der »gerechte Richter« (hakim-i adil) gehörtihm das Justizministerium, das die Manifestation seinesNamens darstellt. Ein anderer Name ist »der Kalif«. DasAmt eines Scheich al-Islam und das Ministerium der Wis-senschaften sind der Erscheinungsort dieses Namens. Erhat außerdem auch noch den Namen eines Oberkom-mandierenden. Unter diesem Namen zeigt er alle Akti-vitäten im militärischen (Bereich). Das Heer tritt auf unterdiesem Namen. Wollte da nun jemand kommen und sa-gen: »Dieser König ist nur gerechter Richter. Es gibt keinanderes Amt als nur das Justizministerium.« In diesemFalle müssten die Eigenschaften der Gelehrten und ihreArbeitsbedingungen im Amt des Scheich al-Islam – zwarnicht tatsächlich, aber doch in der Theorie – den Justiz-beamten zugeschrieben werden. Ein nur zweitrangigesSchattenministerium eines Scheich al-Islam hätte nurnoch eine imaginäre Existenz in dem tatsächlichen Minis-terium für Justiz. Des Weiteren hätten wir wieder den an-genommenen Fall, dass die Angelegenheiten und Zu-ständigkeiten im militärischen Bereich beim Justizminis-terium als eine Art von irrealem Militäramt angesiedelt

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wären. Usw… So ist denn in diesem Fall der wahre Na-me des Königs der »Gerechte Richter«, und seine wahreHerrschaft läge im Justizministerium. Namen, wie »derKalif, der Oberkommandierende, der Sultan« usw. wärennicht wirklich, sondern nur hypothetisch. Das Wesen desKönigtums und die Wirklichkeit des Königreiches erfor-dern jedoch alle seine Namen als real und was die wah-ren Namen betrifft, so erfordern sie tatsächliche Ämter.

So erfordert denn die Göttliche Herrschaft, dass all dievielen Heiligen Namen, wie: der Erbarmer (Rahman), derVersorger (Rezzaq), der Spender (Vahhab), der Schöpfer(Khallaq), der Tätige (Fa’al), der Freigiebige (Kerim), derBarmherzige (Rahim) wirklich sind. Und diese wirklich(existenten) Namen erfordern auch, dass es tatsächlich(vorhandene) Spiegel gibt. Während aber nun die Vertre-ter der (Lehre von) der Einheit allen Seins sagen

»Es gibt kein Sein außer Ihm.«,

reduzieren sie die Wirklichkeit der Dinge auf die Stufe ei-ner Vorstellung. Die Namen Gottes des Gerechten »dernotwendig Seiende (Vadjibu-l’vudjud), der Daseiende(Maudjud), der Allgegenwärtige (Vahid), der Einzigartige(Ahad), haben eine reale Erscheinungsform und einen(tatsächlichen) Anwendungsbereich. Wären ihre Reflexio-nen und ihre Anwendungsbereiche nicht wirklich vorhan-den, wären sie nur in der Vorstellung oder überhaupt nichtvorhanden, könnte es ihnen nicht schaden. Hätte das,was dem, der da in Wahrheit ist, als Reflexionsflächedient, nicht die Eigenschaft, existent zu sein, dann hättesie (als Spiegel) einen noch (höheren Grad) von Reinheitund Glanz. Was jedoch Seine Namen wie: der Erbarmer(Rahman), der Versorger (Rezzaq), der Zornige (Kahhar),der Bezwinger (Djebbar), der Schöpfer (Khallaq) usw. be-trifft, so wären sie nicht wirklich, sondern nur vorgestellt.Tatsächlich aber sind auch diese Namen genau so wirk-

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lich wie der Name »der Seiende«. Sie können keine blo-ßen Schatten sein. Sie sind existentiell und nicht akzi-dentiell.

So sagen denn die Sahabis, die Exegeten und die Ima-me aus dem Hause des Propheten

»Die Wahrheit aller Dinge steht fest.«

Gott der Gerechte hat in all Seinen Namen eine tatsäch-lich vorhandene Erscheinungsform. Für alle Dinge gibt esin Seiner Schöpfung eine akzidentielle Existenz. Nun istzwar deren Existenz im Vergleich zu dem, der da not-wendigerweise Sein muss, nur ein sehr schwacher, ver-gänglicher Schatten, nur ein Hauch, aber dennoch nichtnur eine Vorstellung, ein Phantasiegebilde. Gott der All-mächtige verleiht ihnen in Seinem Namen »der Schöpfer(Khallaq)« ein Dasein und diesem Dasein eine Dauer.

Zweiter Vergleich: Stellen wir uns z.B. an den vierWänden dieses Zimmers vier Spiegel in voller Länge vor,so würde jeder einzelne von ihnen zugleich mit den an-deren drei Spiegeln auch diesen Raum abbilden… dochenthielte jeder einzelne Spiegel entsprechend seinerForm und Farbe ein ihm eigenes Abbild des Zimmers.Kämen also nun zwei Leute in dieses Zimmer hinein, sokönnte der eine von ihnen sagen, während er in einen derSpiegel hinein blickt: »Alles ist in ihm enthalten.« Wenn erdann von den anderen Spiegeln und den Bildern in ihnenhört, so schreibt er das, worüber er etwas gehört hat, ei-ner kleinen Ecke dieses einen Spiegels zu, wodurch esgleich dem Schatten über einem Schatten (zu einem wei-teren Abbild) wird, sich seine reale Existenz ein weiteresMal abschwächt und umwandelt. Dann sagt er : »Ich se-he es auf diese Weise, und wenn das so ist, dann ist auchdie Wirklichkeit dem gleich.« Doch sagt jetzt der anderezu ihm: »Du siehst das in der Tat so, und so wie du es

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siehst, ist es auch wahr. Doch die Wirklichkeit und dieWahrheit, so wie sie dir deine Seele (nefs) befiehlt, ent-spricht nicht dem wirklichen Bild der Wahrheit. Es gibt ne-ben dem Spiegel, dem du deine Aufmerksamkeitschenkst, auch noch andere Spiegel. Sie sind nicht sowinzig klein, wie du sie siehst, und nicht nur der Schatteneines Schattens.«

Und so verlangt denn jeder einzelne der Göttlichen Na-men nach seinem jeweils eigenen Spiegel. So verlangtz.B. der Erbarmer (Rahman) und der Versorger (Rezzaq),weil sie ja wahr und ursprünglich sind, nach Wesen, dieselbst würdig und der Versorgung und des Erbarmens be-dürftig sind. So wie der Allerbarmer nach den der Versor-gung tatsächlich bedürftigen Wesen (ruh) in einer wirk-lichen Welt verlangt, so verlangt auch der Allbarmherzige(Rahim) nach einem eben so wirklichen Paradies. Würdeman nur die Namen »der Da-Seiende (maudjud)« und»der notwendigerweise Seiende (vadjibu-l’vudjud)« und»der Allgegenwärtig-Einzige (Vahid-i Ahad)« als real be-trachten und dabei annehmen, dass alle die übrigen Na-men in ihnen nur ein Schattendasein hätten, so müssteman dies als Ungerechtigkeit gegenüber diesen anderenNamen betrachten.

So entspricht es denn diesem Geheimnis, dass die Gro-ße Straße sicherlich die Straße der Gefährten (Sahabis),der Reinen (Asfiya), der Schüler der Sahabis (Tabiine),der Imame aus der Familie des Propheten und der Ima-me der großen Rechtsschulen ist, welche die Große Hei-ligkeit (velayet-i kubra) inne hatten und die erste Schichtder unmittelbaren Schüler des Qur’an bildeten.

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns

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gelehrt hast. Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32)»Unser Herr! Lass unsere Herzen nicht wieder abirren, nachdem Duuns rechtgeleitet hast. Gieße Dein Erbarmen (Rahmah) über uns aus.Denn Du allein bist der Geber aller guten Gaben (Wahhab).« (Sure 3, 8)»Oh Gott, schenke Deinen Frieden und Deinen Segen dem, den Dugesandt hast als ein Erbarmen für die Welt, seiner Familie und allen sei-nen Gefährten!«

Dritte Fragestellung: Ein wichtiges Problem, das nichtmit Vernunft und Verstand zu lösen ist.

»Er ist den ganzen Tag über tätig.« (Sure 55, 29) »Er tut, was er will.«(Sure 11, 107)

Frage: Was ist der Grund und die Weisheit in dieser er-staunlichen, ununterbrochenen Aktivitäten im Weltall?Warum hören diese unbeständigen Dinge nicht auf, zubestehen, sondern drehen sich vielmehr beständig undbilden sich immer wieder von neuem?

Antwort: Um diese Weisheit (darzulegen), die sich da-hinter verbirgt, wären tausend Seiten erforderlich. Weildies nun so ist, wollen wir uns in unseren Darlegungendarauf beschränken, deren nur sehr kurze Zusammen-fassung auf zwei Seiten zusammenzustreichen.

Wenn also nun eine Person eine natürliche Funktion er-füllt oder einer sozialen Aufgabe nachkommt und an die-ser Aufgabe mit glühendem Eifer arbeitet, so wird je-mand, der ihn dabei beobachtet, sicherlich verstehen,dass es zwei Dinge gibt, die ihn dazu antreiben, dieseAufgabe zu erfüllen:

Erstens: Das erste sind die Verdienste, die Früchte, dieVorteile, die ihm aus der Aufgabe erwachsen, und dieman als den letztendlichen Grund bezeichnet.

Zweitens: Es gibt eine Liebe, eine Sehnsucht, ja gera-dezu ein Vergnügen, das ihn dazu antreibt, seine Aufga-be mit Begeisterung zu erfüllen, und das nennt man dannden notwendigen, den verständlichen Grund. Zum Bei-

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spiel: Bei der Einnahme einer Mahlzeit treibt der Genuss,der aus dem Appetit erwächst, einen Menschen dazu an,etwas zu essen. Danach ist dann das Ergebnis der Ein-nahme der Mahlzeit die Ernährung des Leibes und somitdie Fortsetzung des Lebens. In gleicher Weise liegt in

»Und Gottes ist das höchste Beispiel.« (Sure 6, 91)

gestützt auf zwei Arten von Göttlichen Namen der Ehr-furcht erweckende Schauer unendlichen Schaffens imUniversum in der Kraft zweier Weisheiten, deren jedewiederum grenzenlos ist:

Erstens: Die schönen Namen Gottes des Gerechtenhaben grenzenlos und unberechenbar viele Arten vonManifestationen. Die Vielzahl der Geschöpfe erwächstaus dieser Vielfalt an Manifestationen. Was diese Namenbetrifft, so verlangen sie danach, sich in einer beständi-gen Weise zu manifestieren, das heißt, sie wollen ihrenSchmuck zur Geltung bringen, das heißt, sie wollen dieManifestation ihrer Schönheit im Spiegel ihres Schmu-ckes sehen und zur Darstellung bringen, das heißt, siewollen das Buch der Schöpfung und die Briefe des Seinsin jedem Augenblick wieder erneuern, das heißt, (dieseNamen) erfordern es, dass (die Bücher) in ihrer Bedeu-tung immer wieder neu geschrieben werden und dass je-der Brief zugleich mit dem Herrn der Heiligkeit und Trägeraller Heiligen Namen von allen mit Bewusstsein begabtenWesen mit forschenden Blicken betrachtet und ihnen zulesen gegeben werde.

Der zweite Grund und seine Weisheit: So wie die Tä-tigkeiten der Geschöpfe abhängig ist von ihrer Motivation,ihrer Lust, ihrer Begeisterung und also eine jede Tätigkeitmit einem gewissen Maß an Lust verbunden ist, ja jedeTätigkeit geradezu eine Art Vergnügen ist, so hat auchder Notwendig Seiende in einer ihm würdigen Weise undentsprechend Seiner ihm gemäßen Autarkie, Seinem

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vollendeten Reichtum, Seiner absoluten (kemal) Vollkom-menheit eine Zuneigung (shefqat) von grenzenloser Hei-ligkeit, eine Liebe (muhabbet) von grenzenloser Heilig-keit. Und aus dieser heiligen Zuneigung, dieser heiligenLiebe erwächst eine grenzenlose heilige Begeisterung(shauk). Und aus dieser heiligen Begeisterung erwächsteine grenzenlose heilige Freude (surur). Und aus dieserheiligen Freude erwächst, mit Verlaub zu sagen, ein ho-her Genuss von unendlicher Heiligkeit. Und aus diesemheiligen Genuss, diesem grenzenlosen Erbarmen, derZufriedenheit und Vollkommenheit Seiner Geschöpfeinnerhalb des Tätigkeitsbereiches Seiner Macht, die ausder Entfaltung und Vervollkommnung ihrer Fähigkeitenerwächst und dem Herrn allen Erbarmens und aller Barm-herzigkeit zu Eigen ist, entfaltet sich, mit Verlaub zu sa-gen, eine grenzenlose heilige Befriedigung und ein gren-zenloser heiliger Stolz, der in grenzenloser Weise einegrenzenlos fortdauernde Aktivität erfordert.

So geschieht denn dies alles, weil die (westliche) Na-turwissenschaft, ihre Philosophie und Weisheit in ihrerUnkenntnis der obigen feinsinnigen Weisheit (behaupten,dass) die unbewusste Natur, der blinde Zufall und diestarren Ursachen sich in diese in so hohem Grade mitWissen, Weisheit und (einer klaren) Sichtweise (erfüllte)Handlungsweise eingemischt hätten, wodurch sie derFinsternis des Irrtums verfallen sind und das Licht derWahrheit nicht finden konnte.

»Sag: Gott! Dann lass sie weiter in ihrem Sumpf miteinander spielen!«

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(Sure 6, 91) »Herr, lass unsere Herzen nicht in die Irre gehen, nachdemDu uns rechtgeleitet hast. Schenke uns Deine Barmherzigkeit, denn Dubist der Spender (aller Wohltaten).« (Sure 3, 8) »Oh Gott gib DeinenFrieden und schenke dem, der das Geheimnis (Tilsim) des Kosmosgelöst hat, so viele Segnungen wie es Stäubchen allen Seins gibt, ihm,seiner Familie und seinen Gefährten, so lange wie der Himmel und dieErde bestehen.«

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Diese Abhandlung erklärt mehr als dreihundert Wunder.So wie sie das Wunder erklärt, dass Mohammeds Sen-dung darstellt, so ist sie selbst auch die wunderbare Wir-kung dieses Wunders. Sie ist in drei-, vierfacher Hinsichtein wundervolles Ergebnis:

Erstens: Sie wurde, einschließlich Zitaten und Quellen-angaben, ohne in Büchern nachzuschlagen, bei einemUmfang von mehr als hundert Seiten in drei, vier Tagenaus dem Kopf abgefasst. Bei einer täglichen Arbeit vonzwei, drei Stunden auf allen Bergen und in allen Eckenund Hecken in zwölf Stunden zusammengestellt, ist sieselbst ein wunderbares Ereignis.

Zweitens: Diese Abhandlung führte trotz ihrer Längeweder zu Langeweile beim Schreiben, noch verlor sichbeim Durchlesen die Lust an ihr. Sie brachte diese faulenBesitzer des Stiftes dermaßen in Eifer und Begeisterung,dass sie selbst noch in einer Zeit von Verdruss und Be-drängnis innerhalb eines Jahres nahezu siebzig Abschrif-ten verfertigten, was die wunderbare Wirkung dieser Ab-handlung über die Wunder des Gesandten ist und denen,die darum wussten, ihre Überzeugung gab.

Drittens: Ohne eine Kenntnis von der Kunst desSchreibens und den Gesetzen der Übereinstimmung undbevor wir noch selbst eine solche Übereinstimmungwahrnehmen konnten, zeigte sich auf der Niederschriftund acht weiteren Abschriften, ohne dass die Schreibereinander gesehen hätten, bei dem Wort »Rasul-u Ekrem(der Ehrenwerte Gesandte)« in der ganzen Abhandlungund bei dem Wort »Qur’an« im fünften Teil eine Überein-stimmung auf eine solche Weise, dass für den, der auchnur über ein Fünkchen klaren Denkens verfügt, ein Zufallausgeschlossen bleibt. Wer das gesehen hat, urteilt mitBestimmtheit, dass hier ein Geheimnis aus der unsicht-baren Welt vorliegt, ein Wunder, das von dieser Abhand-

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lung über die Wunder Mohammeds ausgegangen ist. Dieam Anfang dieser Risala stehenden Grundsätze sind be-sonders wichtig. Auch die in dieser Risala angeführtenHadithe künden zugleich mit den von fast allen Imamender Hadithe als zuverlässig angenommenen die zuverläs-sigsten Ereignisse aus dem Leben des Propheten. Wärees notwendig, zu sagen, welche Vorzüge diese Abhand-lung besitzt, müsste man ein Werk vom Umfang dieserAbhandlung schreiben, weshalb wir denen, die denWunsch dazu verspüren, empfehlen, sie doch nur einmalzu lesen.

Said Nursi

Hinweis: In dieser Abhandlung habe ich viele Ehrwürdige Aha-dith angeführt. Ich habe aber keine Hadith-Sammlung bei mir.Sollte im Wortlaut der von mir abgefassten Hadithe ein Fehlerauftauchen, möge man sie, bitte, verbessern, oder aber, es sollheißen: »Hadith dem Sinne nach«. Denn nach der vorherr-schenden Meinung gilt: »Es ist erlaubt ein Hadith sinngemäß zuzitieren.« Das heißt: Man entnimmt dem Hadith den Sinn undkleidet ihn in eigene Worte. In diesem Fall möge man dort, woder Wortlaut nicht stimmt, ihn als sinngemäßen Hadith betrach-ten.

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Wunder Ahmeds(Friede und Segen sei mit ihm!*)

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt kein Ding, das Ihnnicht dankend lobpreist.« »Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barm-herzigen. Er, der Seinen Propheten mit der Rechtleitung gesandt hatund mit dem wahren Glauben, damit er ihn über jedem Glauben zeigensolle. Und es genügt Allah als Zeuge. Mohammed (ASM) ist derGesandte Allahs… (usw.)« (Sure 48, 28-29)

Wir haben das Prophetentum Mohammeds,mit dem Friede und Segen sei, bereits imNeunzehnten und Einunddreißigsten Wort,der Abhandlung über Mohammeds (ASM)Sendung mit unbezweifelbaren Zeugnissenbewiesen. Wir lassen deshalb die Beweislastdort und zeigen hier nur noch einige Schlag-lichter zu dieser großen Wahrheit in neunzehnHinweispunkten zur Ergänzung auf.

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* Die Übersetzung eines Segenswunsches im Arabischen »Alai-hi-s’Salatu wa-s’Salam«, dessen Abkürzung »ASM«, die wir inkommenden Stellen gebrauchen. – Der Name Ahmed ist einervon den allgemein bekannten Namen des Propheten, nämlich:Ahmed, Mahmud, Mohammed, Mustafa. (A.d.Ü.)

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Erster Hinweispunkt

Er, welcher der Eigentümer und Verwalter des Alls ist,handelt sicher mit Wissen, verwaltet mit Weisheit, führtSeine Geschäfte mit einer allseitigen Umsicht, besorgt sieallwissend und allsehend und leitet sie mit der Weisheitund Zielstrebigkeit und zu dem Nutzen, den wir überall er-blicken, entsprechend Seinem Willen. Da aber nun derje-nige, der es getan hat, es auch weiß, redet sicherlichauch derjenige, der es weiß. Da Er aber nun einmal redenwird, wird er sicherlich auch mit denjenigen reden, die Be-wusstsein und Verstand haben und zu reden wissen. DaEr aber nun einmal mit den Verständigen reden wird, wirdEr sicherlich auch mit dem Menschengeschlecht reden,das im Kreise der bewusstseintragenden Geschöpfe dasvielfältigste ist und über das umfassendste Bewusstseinverfügt. Da Er aber nun einmal mit dem Menschenge-schlecht reden wird, wird Er sicherlich auch mit denjeni-gen Menschen reden, die für Ihn ansprechbar und voll-kommene Menschen sind. Da Er aber nun einmal mitdenjenigen reden wird, die am vollkommensten sind, de-ren Fähigkeit am höchsten entwickelt ist, deren Gesittungerhaben ist und die die Führer des Menschengeschlech-tes sein werden, wird Er sicherlich mit Mohammed (ASM)reden und hat auch mit ihm geredet, ihn zu Seinem Ge-sandten machen, was Er auch getan hat und ihn für dasMenschengeschlecht zu dessen Führer machen. Dies hatEr auch getan. Mit ihm sei Segen und Frieden, mit ihm,der in Übereinstimmung von Freund und Feind die bestenFähigkeiten und die höchste Gesinnung hat, dem sich einFünftel der Menschheit unterordnet und dessen geistigerHerrschaftsbereich die halbe Erde umfasst und von denLichtstrahlen, die er gebracht hat, in eine Zukunft von1300 Jahren hinein erleuchtet worden ist, mit dem der er-leuchtete Teil der Menschheit und die Leute des Glau-bens ununterbrochen fünfmal täglich ihren Bund erneu-ern, über ihn ihre Gebete um Frieden und Segen aus-

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sprechen, ihm ihr Lob und ihre Liebe entgegenbringen.

Zweiter Hinweispunkt

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Frieden und Segensei, hat für sich den Anspruch erhoben, ein Prophet zusein, den Ruhmreichen Qur’an als einen Ferman vorge-wiesen und nach Ansicht islamischer Gelehrter an dietausend offensichtlicher Wunder gewirkt1. Die Existenzdieser Wunder ist insgesamt ein Faktum von der gleichenSicherheit, wie sein Anspruch auf das Prophetentum. Deran vielen Stellen im Weisen Qur’an angeführte Hinweis,dass ganz besonders verbohrte Ungläubige von Zaubereiberichteten, zeigt, dass selbst diese so verbohrten Un-gläubigen solche Ereignisse und die Existenz dieserWunder nicht leugnen konnten. Doch sie haben sichselbst etwas vorgemacht und ihre Untertanen zu betörenversucht. Daher sprachen sie, Gott sei geklagt, von Zau-berei.

Es gibt diese Wunder Mohammeds, mit dem Friede undSegen sei, tatsächlich mit der Sicherheit von der Kraft ei-ner hundertfach bezeugten Übereinstimmung. Es ist aberein Wunder, die Bestätigung seines Anspruchs durch denSchöpfer des Alls und gilt wie ein »Sadaqt! (d.h. er hat dieWahrheit gesagt.)« Sagtest du also in königlicher Ver-sammlung und in seiner Gegenwart: »Der König hat michmit dieser oder jener Arbeit beauftragt.« und wollte manvon dir eine Bestätigung deiner Behauptung, und sagtedann der König »Ja!«, so wäre dies für dich eine Bestäti-gung. Desgleichen würde es deine Behauptung bestäti-gen, wenn er auf Grund deiner Vorrangstellung seine Ge-wohnheiten oder seine Haltung änderte, stärker noch undmit noch größerer Gewissheit als durch ein bloßes »Ja«-sagen. Desgleichen hat auch der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, verkündet: »Ich bin derBotschafter des Schöpfers dieser Welt. Mein Beweis da-

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für ist dies: Er wird Seinen immerwährenden Brauch, Sei-ne ewigen Gesetze auf mein Gebet und um meines Ran-ges willen ändern. So schaut denn einmal auf meine Fin-ger! Er lässt sie wie einen Brunnen mit fünf Ausläufen flie-ßen. Seht dort den Mond! Auf ein Zeichen meines Fingershin spaltet Er ihn entzwei. Betrachtet den Baum dort! Ummich zu bestätigen, kommt er zu mir und legt sein Zeug-nis (Shahada) ab. Betrachtet diese Stückchen einerMahlzeit hier! Obwohl dies kaum genug für zwei, dreiMann ist, seht doch, wie Er damit zwei-, dreihundertMann sättigt.« so vollbrachte er noch hunderte anderer,ähnlicher Wunder.

Die Zeugnisse für die Wahrhaftigkeit dieser Persönlich-keit und die Beweise für seine Sendung sind jedoch nichtnur auf seine Wunder beschränkt. Vielmehr beweisen na-hezu alle seine Handlungen und Taten, seine Reden, sei-ne Haltung, seine Gesinnung und sein Umgang, seine in-nere und äußere Erscheinung dem aufmerksamen Be-obachter seine Wahrhaftigkeit und Ernsthaftigkeit. SogarAbdullah ibn Selam, ein berühmter Gelehrter unter denSöhnen Israels und viele andere gleich ihm kamen zumGlauben, beeindruckt von dieser Ehrwürdigen Persön-lichkeit, mit der Friede und Segen sei, und einer Begeg-nung mit ihm und sagten: »Diese Persönlichkeit kenntkein Falsch! In seinem Gesicht kann Trug nicht sein2.«

Forscher und Gelehrte haben gesagt, dass es etwa tau-send Wunder und Beweise für sein Prophetentum gibt.Es gibt aber dennoch Tausende, ja vielleicht Hunderttau-sende von Beweisen für sein Prophetentum. Und hun-derttausende verschieden denkender Menschen habendas Prophetentum dieser Persönlichkeit auf Hunderttau-senden von Wegen bestätigt. Der Weise Qur’an alleinzeigt mit tausend Belegen das Prophetentum Moham-meds (ASM) auf, abgesehen davon, dass er selbst invierzigfacher Hinsicht ein Wunder ist.

Darüber hinaus hat es immer in der Geschichte derMenschheit immer wieder Propheten gegeben und Hun-

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derttausende3 sind gekommen, haben den Anspruch er-hoben, Propheten zu sein, Wunder gezeigt und sind wie-der gegangen. Das Prophetentum Mohammeds (ASM)steht mit einer Sicherheit fest, die über der aller anderenzuverlässig ist. Denn das, was als Beweis für die Sen-dung Jesu und Mosis, mit denen der Friede sei, und füralle anderen Propheten wie sie, zur Grundlage dient, undin ihren Eigenschaften , ihrer Haltung und in ihrem Wirkeninnerhalb ihrer Gemeinde zum Ausdruck kam, findet sichbei dem Ehrwürdigen Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, in noch vorzüglicherer Weise.

Dritter Hinweispunkt

Die Wunder des Ehrenwerten Botschafters, mit dem Frie-de und Segen sei, sind sehr unterschiedlich. Da sein Pro-phetentum allumfassend ist, hat er auf fast allen Gebietender Schöpfung ein Wunder gewirkt. Es ist wie bei der An-kunft des ehrenwerten Botschafters eines Königs, der mitvielen Geschenken in eine Stadt kommt, die von Angehö-rigen verschiedener Nationen bewohnt ist, wobei jedesVolk ihm durch seine Vertreter einen Empfang bereitetund ihn in der diesem Volk eigenen Sprache Willkommenheißt und ihm Beifall spendet. Genauso war es auch beider Ankunft des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, als er in seiner Eigenschaft als obersterBotschafter des Königs von Ewigkeit zu Ewigkeit die Weltmit seinem Besuch beehrte und zu dem Menschenge-schlecht, das die Bewohner der Erde bildet, als Beauf-tragter kam und ihr von dem Schöpfer des Alls das Lichtder Wahrheit und geistige Gaben brachte, die eng ver-bunden sind mit der Wahrheit über das ganze All. Gestei-ne, Gewässer, Gesträuch und Getier, sie alle, die Men-schen, und hin bis zum Mond, der Sonne und den Gestir-nen, eine jede Art spendete ihm als ihrem Botschafter inder ihr eigenen Sprache ihren Beifall, brachte ihm in ihrenHänden ein Wunder entgegen und entbot ihm Willkom-

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men.Es würde aber nun ein umfangreiches Werk erfordern,

wollte man von allen seinen Wundern erzählen. Theolo-gen und Erforscher der Wahrheit haben über die Beweisefür sein Prophetentum im Einzelnen mannigfaltige Bändeverfasst. Wir wollen hier nur als einen kurz zusammenge-fassten Hinweis auf diejenigen Wunder, welche sicher be-zeugt sind und hinsichtlich derer eine inhaltliche Überein-stimmung besteht, einen ganz allgemeinen Überblick ge-ben.

Es zerfallen aber die Beweise für das ProphetentumMohammeds (ASM) hauptsächlich in zwei Gruppen:

Erstens: Die erste wird Irhasat genannt und umfasstdie wunderbaren Ereignisse in der Zeit vor seiner Beru-fung zum Propheten und die während seiner Geburt.

Zweitens: Es sind die übrigen Beweise für sein Pro-phetentum. Auch diese zweite Gruppe zerfällt in zwei Ar-ten:

Erstens: Solche, die sich nach seiner Berufung zumPropheten ereignet haben, wunderbare Ereignisse je-doch, die offenbart wurden, um sein Prophetentum aber-mals zu bestätigen.

Zweitens: Wunder, die er in der »Glücklichen Zeit« ge-wirkt hat. Diese zweite Gruppe zerfällt wiederum in zweiArten.

Erstens: Beweise für sein Prophetentum, die durch sei-ne Persönlichkeit, seine innere und äußere Erscheinung,seine Gesittung und durch seine Vollkommenheit zumAusdruck kamen.

Zweitens: Es sind dies die Wunder, die sich an Objek-ten vollzogen, an äußerlichen Dingen in Erscheinung tra-ten. Diese zweite Gruppe zerfällt wiederum in zwei Arten.

Erstens: Sie betrifft das spirituelle Leben und den Qur’-an.

Zweitens: Sie betrifft den materiellen Bereich und dasirdische Leben. Auch dieser zweite Bereich umfasst zwei

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Gruppen.Erstens: Sie betrifft die Wunder und die außerordent-

lichen Geschehnisse, die sich während der Zeit seinerprophetischen Sendung gezeigt haben, um den Starrsinnder Ungläubigen zu brechen oder aber die Kraft desGlaubens der Gläubigen zu vermehren. Es gibt hierzwanzig verschiedene Arten, wie die Spaltung des Mon-des, das Strömen des Wassers aus seinen Fingern, dieSättigung vieler mit nur wenig Nahrung und das Redender Tiere, Bäume und Steine. Jede Art hat den Sicher-heitsgrad einer geistigen Übereinstimmung und es gibtauch für jede Art ein Beispiel, das sich oftmals wiederholthat.

Zweitens: Es sind dies zukünftige Ereignisse, die ervorausgesagt hat, nachdem Gott der Gerechte ihn darü-ber in Kenntnis gesetzt hatte und die sich dann genau soereignet haben, wie er es angekündigt hatte. Wir wollennun mit dieser letzten Gruppe beginnen und eine derarti-ge Liste zusammenfassen.*

Vierter Hinweispunkt

Die Berichte, die uns der Ehrwürdige Botschafter, mitdem Friede und Segen sei, aus nicht unmittelbar einseh-baren Bereichen durch die Übermittlung des Herrn allesUnsichtbaren mitgeteilt hat, lassen sich weder zählennoch berechnen. Entsprechend unserem Hinweis auf dieArten dieser Berichte im 25. Wort, das den Charakter desQur’an als Wunder betrifft und dieses zum Teil erklärt undbeweist, beziehen wir jetzt dieses Wort auf die Erklärungdes Berichtes, den er aus der verborgenen Welt über dievergangenen Zeiten und deren Propheten gegeben hat,

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* Leider konnte ich nicht so schreiben, wie ich es mir vorge-nommen hatte. So habe ich denn, ohne es zu wollen, dasgeschrieben, was mir ins Herz kam. So konnte ich meiner Glie-derung (des Stoffes) nicht ganz ordnunsgemäß folgen.

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als auch auf die Wahrheiten über Gott, über die Welt undüber das Jenseits und wollen auch auf einige der vielengenauen Voraussagen hinweisen, die Gottes Botschafterüber seine Gefährten gemacht hat, seine Familie und sei-ne Gemeinde. Doch zuerst wollen wir sechs Grundsätzezur Einleitung erklären, damit diese Wahrheit vollständigverstanden werden kann.

Erster Grundsatz: Es könnte in der Tat jede Haltungund Handlung des Ehrwürdigen Propheten, mit dem Frie-de und Segen sei, Zeugnis für seine Wahrhaftigkeit undfür sein Prophetentum ablegen, doch braucht nicht jedeHaltung und Handlung wunderbar zu sein. Denn Gott derGerechte hat ihn uns in Menschengestalt gesandt, so-dass er den Menschen in ihren gesellschaftlichen Ver-hältnissen Führer und Vorbild sein möge, um sich durchihren Umgang und durch ihre Handlungen das Glück indieser und in jener Welt zu verdienen und damit er dieKunst des Herrn und das Wirken der Macht Gottes auf-zeigen möge, das wunderbar und von dem jedes einWunder der Macht Gottes ist, obwohl wir es für alltäglichhalten. Wäre er in seinen Handlungen aus seinerMenschlichkeit herausgetreten und wären alle seine Ta -ten Wunder, hätte er kein Führer sein können. Er hätte inseinen Haltungen, Handlungen und durch seine Lebens-weise kein Vorbild sein können. Doch um sein Prophe-tentum den Verstockten gegenüber unter Beweis zu stel-len, hat er wunderbare Taten vollbracht und manchmal inNotfällen Wunder gezeigt. Da wir in dieser Welt in einerPrüfung sind, die nur bei Verantwortung einen Sinn hat,dürfte ein Wunder nicht so offensichtlich sein, dass dieUngläubigen gezwungenermaßen ihn bestätigen müss-ten. Denn in Übereinstimmung mit dem Sinn der Prüfungund der Weisheit, die aus der Verantwortung erwächst, istes erforderlich, dass das Tor der Vernunft offen bleibt unddie Freiheit zu vernunftgemäßer Entscheidung uns nichtaus der Hand genommen wird. Wären seine Wunder inganz offensichtlicher Weise geschehen, wäre dem Ver-

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stand keine Wahl mehr geblieben. Abu Djehil würdegleich Abu Baqr ihn bestätigen. Die Prüfung hätte keinenNutzen und die Verantwortung keinen Sinn mehr. Kohleund Diamanten hätten den gleichen Wert.

Obwohl tausende verschiedener Menschen mit tausen-den Gesinnungen – unübertrieben – jeder mit einem ein-zigen Wunder des Ehrenwerten Botschafters, mit demFriede und Segen sei, oder mit einem Beweis für seinProphetentum oder mit einem seiner Worte oder mit ei-nem Blick in sein Gesicht usw… je mit einem Zeichenzum Glauben gelangten, gehen manche unglückseligeMenschen von heute erstaunlicher Weise in die Irre, alssollten all diese tausende Beweise seines Propheten-tums, welche alle diese tausende verschiedene Men-schen und kritisch betrachtenden Denker durch zuverläs-sige Überlieferung und sicheren Werken zum Glaubengeführt hatten, für sie nicht genügen!

Zweiter Grundsatz: Der Ehrenwerte Botschafter, mitdem Friede und Segen sei, ist einerseits ein Mensch, dersich hinsichtlich seines Menschseins wie ein Mensch ver-hält, andererseits ist er aber auch ein Gesandter, der hin-sichtlich seiner Sendung der Botschafter Gottes des Ge-rechten und sein Prophet ist. Seine Botschaft beruht aufdem, was ihm offenbart wurde. Diese Offenbarung um-fasst zweierlei:

Die erste Art ist »direkte Offenbarung«. Hier ist derEhrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, nurder Dolmetscher, der Verkündiger, der keinen Kommentargibt. Beispiele dafür sind der Qur’an und einige außerqur-'anische Worte Gottes.

Die zweite Art ist »sinngemäße Offenbarung«. Auchsie ist in ihrem Kern und Wesen Eingebung und Offenba-rung, doch die Einzelheiten und Erklärungen dazu stam-men von dem Ehrwürdigen Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei. Wenn er solche Offenbarungen erklärtund beschreibt, stützt er sich auch hier manchmal auf Of-

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fenbarung und Eingebung, manchmal spricht er gemäßseiner eigenen Einsicht. Wenn er aber auf seine eigenenErklärungen zurückgreift, verkündet er entweder in derheiligen und erhabenen Vollmacht, die ihm auf Grund sei-nes prophetischen Auftrags zu Eigen ist, oder er äußertsich als Mensch entsprechend Sitte, Gewohnheit undEbene allgemeinen Verständnisses.

So sollte man denn nicht alle Einzelheiten eines Hadithso betrachten, als seien sie die lautere Offenbarung. Mansollte auch nicht die erhabenen Zeichen seiner Sendungin solchen Gedanken und Handlungen suchen, die ausseiner Menschlichkeit erwachsen sind. Da einige Wahr-heiten ihm in kurzer und abstrakter Form offenbart wor-den sind und er sie selbst im Lichte seiner eigenen Ein-sicht und allgemeinem Verständnis entsprechend be-schreibt, benötigen die bildlichen Ausdrücke und Gleich-nisse in seinen Beschreibungen manchmal der Erklärungoder sogar der Ausdeutung. Denn es gibt zuweilen Wahr-heiten, die dem Verstand nur durch Gleichnissen nahegebracht werden können. So hörte man zum Beispiel ein-mal während eines Beisammenseins mit dem Prophetenein Geräusch aus der Tiefe. Der Prophet sagte: »DiesesGeräusch entstammt der Tiefe der Hölle, von dort wo einStein, der siebzig Jahre lang hinab gerollt ist, dort aufge-schlagen und dieses Geräusch verursacht hat4.« EineStunde später kam die Nachricht: »Ein berühmter Heuch-ler ist im Alter von siebzig Jahren verstorben und zur Höl-le gefahren.« Dieser Bericht zeigt die Ausdeutung von ei-nem Geschehnis, das Mohammed, mit dem Friede undSegen sei, in einem so prägnanten Gleichnis mitgeteilthatte.

Dritter Grundsatz: Berichte, die uns in Form einer all-gemeinen Übereinstimmung überliefert worden sind, sindfest und zuverlässig. Es gibt zwei Arten solcher Überlie-ferungen. Die eine wird als »eindeutige« die andere alseine »sinngemäße« Überlieferung bezeichnet. Auch unterden sinngemäßen Überlieferungen gibt es zwei Arten. Die

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eine wird »stillschweigende« genannt, denn sie zeigt sichals eine, die stillschweigend akzeptiert wird. Zum Bei-spiel: In einer Gemeinschaft erzählt jemand ein Ereignis,das vor den Augen dieser Leute geschehen ist. Wider-sprechen die Leute seiner Erzählung nicht, nehmen die-se mit Stillschweigen auf, so bedeutet dies so viel wie Zu-stimmung. Wenn nun auch noch diese Gemeinschaft vondem berichteten Ereignis selbst betroffen und zudem be-reit ist, zu kritisieren, aber nicht dazu, Falschheit zu dek-ken, vielmehr eine Lüge als besonders hässlich betrach-tet, so ist ihr Stillschweigen sicherlich ein starker Beweisfür das geschehene Ereignis. Zum Beispiel: Wenn überein geschehenes Ereignis berichtet wird: »Mit einemPfund einer Mahlzeit wurden zweihundert Menschen ge-sättigt.«, jedoch die Berichterstatter auf unterschiedlicherWeise berichten, der eine auf diese, der andere auf jeneArt, der dritte wieder auf eine andere Art erzählt, sie alleaber über das gleiche geschehene Ereignis übereinstim-men, so ist also eine solche Erzählung zwar nicht klarumrissen, jedoch dem Inhalt nach stimmig und zuverläs-sig. Die Unterschiede in der Darstellung sind dabei nichtvon Nachteil. Ja, es kommt sogar manchmal vor, dass ei-ne Überlieferung zwar nur einen einzigen Garanten hat,jedoch unter gewissen Bedingungen die Kraft einer allge-meinen Überlieferung in sich trägt. Ja es kommt auch zu-weilen vor, dass eine Überlieferung trotz dieses nur einenGaranten infolge noch anderer, zusätzlicher Dinge einegleiche Zuverlässigkeit in sich trägt.

So besteht denn über die meisten Berichte, die sich aufdie Wunder und die Beweise für das Prophetentum desEhrwürdigen Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,beziehen, eine entweder eindeutige oder sinngemäßeoder stillschweigende Überlieferung. Ein Teil von ihnen istjedoch »Bericht nur eines Garanten«. Aber auch diesenmuss man unter den gegebenen Umständen, nachdemer die Billigung durch das kritische Auge der Kenner derHadithe erfahren hat, gleichfalls die Zuverlässigkeit einer

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allgemein anerkannten Überlieferung zusprechen. Es gabin der Tat unter den Kennern der Hadithe Forscherper-sönlichkeiten, die man Hafis nannte, die wenigstens hun-derttausend Hadithe auswendig kannten, die fünfzig Jah-re ihr Morgengebet mit dem Abdest des Nachtgebets ver-richteten, welche die Autoren der sechs Hadithsammlun-gen, angeführt von Buchari und Moslim waren, Kory-phäen der Wissenschaft auf dem Gebiete der Hadithe,Gelehrte, die solche Berichte nur eines Garanten verifi-ziert und akzeptiert haben, sodass diese in ihrer Zuver-lässigkeit nicht hinter den als allgemein anerkanntenÜberlieferungen zurückbleiben. Denn sie haben sich inder Tat dermaßen auf die Hadithe des Ehrwürdigen Bot-schafters, mit dem Friede und Segen sei, spezialisiert,wurden so vertraut mit dessen Ausdrucksweise, seinemüberragenden Stil und seiner Art, sich zu äußern, dass ih-nen daraus die Fähigkeit erwuchs, sobald sie unter hun-dert Hadith ein »hinzugefügtes« entdeckten, zu sagen:»Es ist hinzugefügt. Das kann kein Hadith sein, kein Wortdes Propheten.« So wiesen sie es zurück. Wie ein Juwe-lier kannten sie die Perlen der Überlieferung und ver-wechselten sie nicht mit gewöhnlichen Worten. Es gabnur wenige Forscher wie Ibn Djausi, die in ihrer Kritik soweit gingen, selbst einige Echte Hadithe als hinzugefügtanzusehen. Man darf jedoch nicht sagen: »Jedes hinzu-gefügte Wort ist seinem Inhalt nach falsch«, man mussvielmehr sagen: »Dieses Wort ist kein Hadith.«

Frage: Welcher Nutzen liegt darin, die Kette der Über-lieferung einer Tradition zu rezitieren, indem man selbstdann, wenn es im Falle eines wohlbekannten Ereignissesnicht nötig ist, sagt: »Dieser und jener informierte diesenund jenen… usw.«?

Antwort: Der Nutzen ist vielfältig. Er ist kurz gesagt fol-gender: Die Rezitierung der Kette zeigt die Übereinstim-mung der treuen, zuverlässigen Kenner der Hadithe unddie Einmütigkeit der urteilgebenden Autoritäten, derenNamen darin eingeschlossen sind. Jeder der Gelehrten

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und Imame zeichnet gewissermaßen für die Genauigkeitder Überlieferung und setzt seinen Stempel darunter.

Frage: Warum sind die wunderbaren Ereignisse nicht inder Form einer zuverlässigen Überlieferung weitergege-ben worden und das auf ebenso vielen Wegen und mitdem gleichen Nachdruck wie die grundlegenden Bestim-mungen des islamischen Gesetzes?

Antwort: Dies geschah, weil die Mehrheit der Bestim-mungen des islamischen Gesetzes von den meistenMenschen bei den meisten Ereignissen in Anwendungkommen, denn sie können an jeden Einzelfall angepasstwerden. Aber nicht jeder muss jedes Wunder kennen,und selbst wenn er es kennt, genügt es ihm es einmal ge-hört zu haben. Es ist hier ähnlich wie bei den Verpflich-tungen einer Gemeinschaft: Es genügt, wenn ein Teil vonihnen sie kennt.

Es ist aus diesem Grunde, dass Wunder uns nur vonein, zwei Erzählern berichtet werden, selbst wenn die Tat-sache eines solchen Ereignisses mit einer zehnfach hö-heren Zuverlässigkeit feststeht als eine Bestimmung ausder Schariah, wohingegen dergleichen Bestimmungenvon zehn oder zwanzig Personen überliefert werden.

Vierter Grundsatz: Künftige Ereignisse, die der Ehr-würdige Botschafter, mit dem Friede und Segen sei, vor-ausgesagt hat, waren keine eng abgegrenzten Gescheh-nisse, vielmehr sagte er allgemeine, sich wiederholendeEreignisse nach Art eines umgrenzten Geschehnissesvoraus. Dieses Geschehnis hatte jedoch verschiedeneGesichter. Dabei erklärte er jedes Mal einen Aspekt. AmEnde aber vereinigte der Haditherzähler diese Betrach-tungspunkte. Das scheint dann den Tatsachen zu wider-sprechen.

Es gibt zum Beispiel über Hasret Mehdi verschiedeneÜberlieferungen. Dabei sind die Schilderungen der Ein-zelheiten und die Beschreibungen der Zusammenhängevöllig verschieden voneinander. Wie wir jedoch bereits in

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einem Abschnitt des Vierundzwanzigsten Wortes erklärthaben, hat der Ehrwürdige Botschafter, mit dem Friedeund Segen sei, gestützt auf eine Offenbarung, einenMehdi verkündet, der in jedem Jahrhundert kommen wer-de, um die geistigen Kräfte der Gläubigen zu erhalten undzu bewahren, ihnen zu helfen, angesichts von Katastro-phen nicht in Verzweiflung zu verfallen und die Gläubigeninnerlich mit den Nachkommen aus dem Hause des Pro-pheten zu verbinden, die in der Welt des Islam eine leuch-tende Kette durch alle Zeiten bilden. Dem Mehdi ver-gleichbar, der am Ende der Zeiten kommt, fanden sich injedem Jahrhundert aus dem Hause des Propheten einoder mehrere Mehdis. Ja sogar einer der Kalifen von denAbbasiden, die mit dem Hause des Propheten verbundenwaren, vereinigte in sich eine ganze Reihe Eigenschaftendes großen Mehdi.

So haben denn die vielen Vorbilder des großen Mehdi,die ihm vorausgingen und für welche die Mehdis unterden Kalifen und die Mehdis unter den geistigen PolenBeispiele waren, dazu geführt, dass ihre Eigenschaftenmit den Eigenschaften des eigentlichen Mehdi verwech-selt wurden, weshalb die Überlieferungen einander zuwidersprechen scheinen.5

Fünfter Grundsatz: Der Ehrwürdige Gesandte selbst,mit dem Friede und Segen sei, konnte entsprechend demGeheimnis

»Niemand kennt das Verborgene außer Allah.«

das Verborgene nicht kennen. Stattdessen offenbarteGott der Gerechte es ihm und so offenbarte auch er es.Gott der Gerechte ist sowohl der Allweise als auch der All-barmherzige. Was aber Seine Weisheit und Seine Barm-herzigkeit betrifft, so erfordern die meisten verborgenenDinge verhüllt zu bleiben, unbekannt zu sein. Denn in die-ser Welt gibt es viele Dinge, die den Menschen nicht an-

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genehm sind. Sie schon vorauszuwissen, bevor sie ge-schehen, ist schmerzlich.

So liegt es denn in diesem Geheimnis, dass der Todund die Stunde des Abschieds im Dunkel bleiben undauch das Unglück, das auf den Menschen zukommt, un-ter dem Vorhang des verborgenen verhüllt bleiben. So istes denn auch ein solches Erfordernis der Weisheit desHerrn und der göttlichen Barmherzigkeit den EhrwürdigenBotschafter, mit dem Friede und Segen sei, in der großenEmpfindsamkeit seines Erbarmens für seine Gemeindenicht allzu sehr zu verletzen und ihn in seiner Liebe zuseiner Familie* und zu seinen Gefährten nicht allzu sehrzu verwunden, wenn er ihm die furchtbaren Ereignisse,welche seinen Gefährten und seiner Gemeinde nach demWeggang des Propheten bevorstehen würden, diesemErfordernis Seiner Weisheit und Barmherzigkeit entspre-chend nicht umfassend und in allen Einzelheiten zeigte.Zwar hat Er ihm auf Grund Seiner Weisheit einige bedeu-tende Ereignisse bekannt gemacht, jedoch nicht in ihrerganzen Grausamkeit. Diese hat er auch verkündet. Des-gleichen hat Er ihm auch von den schönen Ereignissenteilweise in einer Zusammenfassung, teilweise in ihrenEinzelheiten Kunde gegeben. Auch diese hat er bekanntgemacht. Diese Mitteilung haben auch die Kenner derAhadith, Vollendete, die in höchstem Grade in Gerechtig-keit, Rechtschaffenheit und Wahrhaftigkeit arbeiteten, vorder Hadith:

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* Um Ahmed (=Mohammed), mit dem Friede und Segen sei, inseiner tiefen Liebe und Zuneigung zu seiner Gattin Aisha as’-Siddiqa nicht zu verletzen, wurde ihm nicht eindeutig gezeigt,dass sie in der »Kamel-Schlacht« mit beteiligt sein würde. EinBeweis dafür ist, dass er seinen Gattinen einmal sagte: »Achwüsste ich doch, wer von euch in dieser Schlacht beteiligt seinwird!« Später jedoch sollte er durch einen kleinen Wink etwaserfahren, sodass er Hasret Ali (RA=Radya’llahu anh, Gott mögemit ihm zufrieden sein!) sagte: »Es könnte sein, dass sich ein-mal etwas zwischen dir und Aischa ereignen wird…«

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»Wer immer absichtlich eine Lüge über mich erdichtet, der bereite sichauf seinen Platz in der Hölle vor.« 6

zitterten und sich fürchteten und vor der furchtbaren Dro-hung der Ayah:

»Wer begeht ein größeres Verbrechen als der, welcher eine Lüge übermich erdichtet?!« (Sure 39, 32)

ungestüm flohen, uns auf zuverlässige Weise überliefert.

Sechster Grundsatz: Der ehrenwerte Botschafter, mitdem Friede und Segen sei, sein Verhalten nach außenhin und seine innere Haltung, wurden uns in den Ge-schichtsbüchern und in seiner Biographie geschildert.Seine Eigenschaften und sein Auftreten sind jedoch ge-wöhnlich mit seiner Menschlichkeit verknüpft. Hingegenist Hasret, der Gesegnete, in der Vergeistigung seinerPersönlichkeit und in der Heiligkeit seines Wesens von ei-ner so erhabenen und leuchtenden Ausstrahlung, dassdie Beschreibung seiner Eigenschaften in den Ge-schichtsbüchern und Biographien der überragenden Grö-ße und Bedeutung seiner Persönlichkeit nicht gerecht zuwerden vermögen. Denn entsprechend der tieferen Be-deutung des Grundsatzes:

»Der, welcher etwas veranlasst, ist dem gleich, der es ausführt.«

werden auch heute noch täglich Dienst und Anbetung indem gleich großen und gewaltigen Umfang wie derDienst und die Anbetung seiner ganzen Gemeinde (um-ma) dem Buch seiner Vollendungen gutgeschrieben. Sowie er Gottes grenzenlose Barmherzigkeit in unendlicher

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Weise und entsprechend seiner grenzenlosen Fähigkeitdiese zu erhalten auch empfängt, so empfängt er auchvon seiner unendlich großen Umma täglich unendlich vie-le Gebete. Er, der das Ergebnis der Schöpfung und des-sen vornehmste (mükemmel) Frucht ist, das Sprachrohrdes Schöpfers aller Welten und Sein Geliebter, diese ge-segnete Persönlichkeit kann in ihrem ganzen Wesen undin ihrer wahren Vollendung nicht in der Terminologie vonHaltung und Verhaltung von Menschen in der Geschichteund ihren Biographien adäquat zur Darstellung gebrachtwerden. So kann man diese gesegnete Persönlichkeit,wo wir sie z.B. in der Schlacht von Bedr mit Hasret Ga-briel und Michael als seinen zwei Helfern und Wächtern7

an ihrer Seite sehen, nicht in der Gestalt dessen wieder-finden, der auf dem Marktplatz mit einem Beduinen umden Preis eines Pferdes handelt und feilscht, wofür wirHuseyfe als den einzigen Zeugen sehen8, und nicht mitihr in Übereinstimmung bringen. Um nicht einem Irrtum zuverfallen, sollte man seinen Kopf über seine gewöhnlicheErscheinung emporheben, von deren Menschsein wir im-mer wieder hören, und stattdessen sein wahres Wesenund seine lichtvolle, geistige Persönlichkeit betrachten,die auf der Stufe und dem Rang seiner Sendung fußt. An-derenfalls begeht man entweder eine Unehrerbietigkeit,oder aber man verfällt dem Zweifel. Um dieses Geheim-nis verstehen zu können, merke auf das folgende Gleich-nis:

Nehmen wir einmal an, wir hätten einen Dattelkern indie Erde gelegt und dieser habe sich zu einer mächtigenDattelpalme voller Früchte entfaltet, die stets noch größerund mächtiger wird. Oder aber: Wir hätten ein Ei von ei-nem Pfau. Dieses Ei wäre nun ausgebrütet worden unddaraus ein Küken geschlüpft. Dieses sei zu einem vollen-det schönen, allseits mit den Zeichen der Macht verzier-ten und vergoldeten Pfauenvogel geworden, der noch da-zu stets größer und schöner geworden sei.

Dieser Kern und dieses Ei hat aber nun bestimmte Ei-

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genschaften, Maße und Formen. In seinem Inneren fin-den sich Stoffe von unendlicher Feinheit. Desgleichen hataber auch der Baum und der Vogel, der daraus hervor-gegangen ist, im Vergleich zu der Kleinheit und Einfach-heit der Eigenschaften, Maße und Formen, wie sie sich indem Kern und dem Ei vorfinden, große und überragendeAttribute und Qualitäten. Beschreibt man also jetzt die Ei-genschaften des Kerns und des Eies und zugleich die Ei-genschaften des Baumes und des Vogels, so ist es not-wendig, darauf zu achten, dass man jederzeit das Augedes menschlichen Verstandes über den Kern erhebt undauf den Baum richtet und den Blick von dem Ei hinwegauf den Vogel hin wendet, sodass der Verstand diese Din-ge, von denen er gehört hat, als annehmbar empfindet. Erwird anderenfalls, sagt man: »Ich habe aus einem DirhemKerne (etwa 3g) tausend Batman (etwa 8t) Datteln ge-wonnen« oder aber: »Dieses Ei ist der König der Vögelunter dem Himmelszelt«, dies bestreiten, es leugnen.

So ist denn nun die rein menschliche Erscheinung desEhrenwerten Botschafters, mit dem Friede und Segensei, diesem Kern, diesem Ei vergleichbar. Was jedochsein inneres Wesen betrifft, das im Glanz der ihm aufge-tragenen Botschaft erstrahlt, so gleicht es dem Tuba-baum und dem glückbringenden königlichen Vogel im Pa-radies. Zudem nimmt es noch ständig an Vollkommenheitzu. Deshalb sollte man bei dem Gedanken an diese Per-son, die auf dem Marktplatz mit einem Beduinen handeltund feilscht, innerlich seine Augen erheben und auf jenestrahlende Persönlichkeit richten, die Refref bestieg, Ga-briel hinter sich ließ und davon ritt. Anderenfalls würdeman entweder eine Respektlosigkeit begehen oder aberdie herrische Seele würde nicht glauben.

Fünfter Hinweispunkt

Was diese unsichtbaren Dinge betrifft, so wollen wir hiereinige Beispiele aus der Überlieferung (Hadith) anführen.

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Der ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede und Segensei, geruhte in der Versammlung der Sahabis wie folgt zuerklären:

»Dieser mein Enkel Hasan wird der Herr sein, durch den Gott zweigroße Gruppen miteinander versöhnen wird.«9

was durch eine echte Überlieferung im Grade allgemeinerÜbereinstimmung auf uns gekommen ist.

Als vierzig Jahre später die beiden bedeutendsten Ar-meen des Islam aufeinander stießen, schloss Hasret Ha-san (RA) Frieden mit Hasret Muawiye (RA), womit er dieVoraussage seines ehrenwerten Großvaters bestätigte.

Einer anderen, gleichfalls echten Überlieferung, zufolgehat er einmal zu Hasret Ali gesagt:

»Du wirst gegen die Treulosen, die Unterdrücker, die Abgefallenenkämpfen.« 10

womit er sowohl die Kamelschlacht voraussagte, als auchdie bei Siffin und die Schlacht gegen die Abgefallenen(Haridjin). Außerdem hat er zu Hasret Ali (RA), als diesersich Hasret Subeyr huldvoll zuwandte, gesagt: »Dieserwird gegen dich kämpfen, jedoch im Unrecht sein.«11

Des Weiteren hat er zu seinen Ehegattinnen gesagt:»Eine von euch wird sich an die Spitze eines bedeuten-den Aufstands setzen. Viele an ihrer Seite werden getötetwerden.«12

»Während Hunde am (Brunnen) Haw’eb um sie bellen,…«13

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Alle diese echten und zuverlässigen Überlieferungen ha-ben dreißig Jahre später in der Kamelschlacht von Has-ret Ali gegen Aischa, Subeyr und Talha, gegen Muawiyebei Siffin und gegen die Haridjine bei Haraura und Neh-ruwan ihre tatsächliche Bestätigung als eine Kunde ausdem Verborgenen erhalten.

Darüber hinaus hat er Hasret Ali mit den Worten: »DerMann, der deinen Bart mit dem Blut deines Hauptes trän-ken wird!«14 auf jenen Mann aufmerksam gemacht, denHasret Ali bereits kannte15:es war Abdurrahman Ibn Mul-djem, der Haridjite.

Außerdem hat er angekündigt, dass sich unter den Ha-ridjiten ein Mann namens Sussedye befinden werde, ge-kennzeichnet mit einem eigenartigen Mal.16

Als dieser unter den gefallenen Haridjiten gefundenwurde, hat ihn Hasret Ali als Beweis seiner Rechtmäßig-keit vorgeführt und auch dies als ein Wunder des Pro-pheten bekannt gemacht.

Auch hat der ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, entsprechend einer anderen echten Überliefe-rung von Umm Seleme vorausgesagt:

»Hasret Huseyn wird bei Taff (Kerbela) getötet wer-den.«17 Fünfzig Jahre später geschah eben dieser herz-zerreißende Vorfall und bestätigte diese Nachricht ausdem Unsichtbaren.

Außerdem hat er mehrfach geäußert:

»Mein Haus wird nach mir Mord, Unheil und Verbannung ausgesetztsein.«18

Dabei gab er auch einige Einzelheiten an. Und genausogeschah es.

An dieser Stelle taucht nun eine wichtige Frage auf.Man sagt: Hasret Ali war seines Kalifats in hohem Gradewürdig, war verwandt mit dem Ehrenwerten Botschafter,

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mit dem Frieden und Segen sei. Sein Mut, sein Wissenund seine Kenntnis waren wunderbar. Warum denn hatman dann sein Kalifat nicht gefördert und warum zeigtesich schließlich zur Zeit seines Kalifats ein derartiges To -huwabohu?

Antwort: Eine gewaltige Säule (Kutub) aus dem Hausedes Propheten äußerte einmal: »Der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, hat sich HasretAlis (RA) Kalifat gewünscht. Aus dem Unsichtbaren er-hielt er jedoch die Mitteilung: Nach dem Willen Gottes istdas anders. Da gab auch er seinen Wunsch auf, machtesich eins mit dem Willen Gottes.« Gottes unerforschlicherRatschluss mag vielleicht der Folgende gewesen sein:

Nach dem Hinscheiden des Propheten bedurften dieSahabis ganz besonders der Gemeinschaft und der Ei-nigkeit. Hätte sich Hasret Ali an ihre Spitze gesetzt, sowürde dies höchstwahrscheinlich, wie dies die Ereig-nisse, die aus der Zeit des Kalifats von Hasret Ali bezeugtworden sind, deutlich gemacht haben, bei Hasret Alisduldsamer, unerschrockener, gottesfürchtiger, einsatz-freudiger, bedürfnisloser Art und seinem all überall be-kannten Mut, viele Leute und ganze Völkerstämme zumWiderstand aufgestachelt haben, die Ursache zu einerSpaltung geworden sein.

Ein weiterer Grund für Hasret Alis verspätetes Kalifatwar zudem dieser: In einer Zeit, da bereits jene Ereig-nisse am Horizont aufstiegen, die dann später zu einerSpaltung führen sollten, wozu der wechselseitige Einflussvieler verschiedener Völker geführt hatte, so wie es derProphet, mit dem Friede und Segen sei, vorausgesagthatte, Völker, die in sich schon die Keime zu den Ideentrugen, die sich dann in dreiundsiebzig Richtungen19 fort-entwickelten, musste jemand da sein, der wie Hasret Alimit seinem wunderbaren Mut und Scharfsinn als ein Herrin der Autorität der Hashimiten, aus dem Hause des Pro-pheten (Al-i Beyt), Macht und Respekt besaß, um demwiderstehen zu können. Genau dies tat er… entspre-

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chend der Voraussage des Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei: »Ich habe mich während derHerabkunft des Qur’an eingesetzt und gestritten, du wirstwährend seiner Ausdeutung streiten und dich einset-zen.«20

Wäre Hasret Ali nicht da gewesen, so hätte zudemnoch die Möglichkeit bestanden, dass die rein irdischeKönigsherrschaft die ganze Dynastie der Omajaden voll-ständig vom rechten Wege abgebracht hätte. Da sie sichjedoch Hasret Ali und dem Hause des Propheten (Al-i Be-yt) gegenüber sahen, strebten alle die Führer des Oma-jadengeschlechtes danach, wenn auch nicht immer per-sönlich, so doch in jedem Falle dadurch, dass sie ihreUntertanen und Anhänger dazu anspornten und ermun-terten, schon um des Gleichgewichtes willen und um ihrAnsehen in den Augen der Muslime aufrecht erhalten zukönnen, nolens volens jedoch mit ganzer Kraft, danachdie islamischen Wahrheiten, die Glaubenslehren und diequr’anischen Gesetze zu bewahren und zu verbreiten. Sohaben sie Hunderttausende von Kritikern, Exegeten undHadithgelehrten, reine, heilige und vollendete Persönlich-keiten, herangebildet. Hätte es ihnen gegenüber nicht diemachtvolle Heiligkeit, den Glauben (diyanet) und die Voll-endung des Al-i Beyt gegeben, sie wären – wie die Dy-nastie der Abbassiden und Omajaden nach ihnen – vonallem Anfang an ihren eigenen Weg gegangen.

Man könnte sagen: Weshalb ist das islamische Kalifatnicht bei der Familie des Propheten (Al-i Beyt) geblieben?Eigentlich waren sie diejenigen, die am besten dafür ge-eignet waren und es gebührte ihnen auch.

Antwort: Die irdische Königsherrschaft ist verführend.Das Haus des Propheten war beauftragt damit, die isla-mischen Wahrheiten und die qur’anischen Gesetze zubewahren. Wer Kalifat oder Königsherrschaft besteigt,soll entweder so rein sein wie ein Prophet, oder eineaußerordentliche Entbehrung von irdischen Interessengehabt haben wie die (ersten vier) rechtgeleiteten Kalifen

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(Hulefa-i Rashidin), Omar ibn Abdulasis der Omajade undMahdi der Abbaside, damit er keiner Verführung unterlie-gen konnte. In der Tat zeigte uns die Dynastie der Fatimi-ten, die in Ägypten auf den Namen des Hauses des Pro-pheten gegründet worden war, und die Regierung derMuvahhidin (Ein-Gott-Gläubigen) in Afrika und die Dy-nastie der Safewiden in Iran, dass die irdische Königs-herrschaft bei dem Haus des Propheten nicht dienlich ist.Sie veranlasst das Haus des Propheten die ursprünglicheAufgabe die Bewahrung des Glaubens und den Dienstam Islam zu vernachlässigen. In Wahrheit leistete es ineiner glänzenden und erhabenen Weise einen Dienst fürden Islam und den Qur’an, wenn es auf Königsherrschaftverzichtete.

So siehe! Die Pole (Aqtab) aus den Nachkommen vonHasret Hasan, besonders die Vier Pole (Aqtab Erbaa)und insbesondere Scheich Abdulkadir Geylani der GhausA’zam (der große Helfer der Heiligen) und Imame (Vorbil-der) aus den Nachkommen von Hasret Huseyn, be-sonders Seyn al-Abidin und Djafar al-Sadiq, deren jederim Reiche des Geistes die Geltung eines Mahdis (derje-nige, der auf den rechten Weg weist) hatte, welche geis-tige Grausamkeiten und Finsternisse beseitigten und diequr’anischen Lichter und Glaubenswahrheiten verbreite-ten. Sie bewiesen, dass sie die Erben ihres Urgroßvaterswaren.

Man könnte sagen: Worin liegt die Weisheit und dasGesicht der Barmherzigkeit in jener fürchterlichen bluti-gen Spaltung (Fitna), welche dem gesegneten Islam unddem leuchtenden Glücklichen Zeitalter zugestoßen war?Denn sie hatten keinen Zorn verdient.

Antwort: So wie im Frühling ein fürchterlicher Regen-sturm die in allen Arten von Pflanzen und ihren Samenwie auch die in den Bäumen schlummernden Fähigkeitenweckt und entfaltet und alle Blüten entsprechend ihrer Artöffnet, sodass sie mit ihrer naturgemäßen Tätigkeit be-ginnen, so wurden auch die in den Sahabis (die erste

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Schülergeneration) und den Tabiin (die zweite Schülerge-neration), schlummernden Samenkernen gleichenden,verschiedenartigen Fähigkeiten durch die über sie her-einbrechenden Wirren wie vom Sturmwind gepeitschtund zur Entfaltung gebracht. Eine jede Gruppe befürchte-te und schrie: »Feurio! Der Glaube (islamiyet) ist in Ge-fahr!« und eilte, diese Islamiyet zu schützen. Jede Grup-pe lud sich die ihrer Begabung entsprechende Aufgabeinnerhalb der islamischen Gemeinschaft auf die Schulterund bemühte sich ehrlich und aufrichtig darum. Ein Teilbemühte sich um die Wahrung der Tradition (Hadith), einTeil um die Wahrung der Gesetze (Schariah), ein Teil umdie Wahrung der Glaubenswahrheiten (iman), ein Teil umdie Erhaltung (muhafadha) des Qur’an usw… Jede Grup-pe übernahm eine Aufgabe. Fieberhaft setzten sie sich fürdie Aufgaben des Glaubens (islamiyet) ein. Viele Blumenunterschiedlichster Farbe erblühten. An allen Enden dergroßen, weiten Welt des Islam wurde der Same im Sturm-wind verstreut. Die halbe Erde verwandelte sich in einenRosengarten. Doch in diesem Rosengarten kamen leidermit den Rosen auch die Dornen des Sektierertums (bid’a)und seines Anhangs hervor.

Es war, als hätte die Majestät Gottes dieses Jahrhun-dert mit starker Hand mächtig geschüttelt, alle idealge-sinnten wachgerüttelt und in Begeisterung versetzt. Undin dieser von einem Kraftzentrum ausgehenden Bewe-gung brachen sehr viele glänzende Exegeten, erleuchte-te Gelehrte und Kenner der Hadithe und des Qur’an (Mu-haddith ve Hafidh), ihre Theologen und ihre Pole nach al-len Ecken der islamischen Welt auf, wanderten aus. VonOst bis West wurden die Moslems in Aufregung versetzt,ihre Augen wurden geöffnet, sodass sie den Wert desQur’an erkannten… Doch nun zurück zum Thema.

Der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Frieden und Se-gen sei, hat Tausende von Dingen aus dem Unsichtbarenrichtig vorausgesagt, sehr vieles. Davon wollen wir hiernur einige wenige als Beispiel anführen:

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Da sind allen voran Buchari und Moslem, die Herausge-ber der berühmten, als zuverlässig bekannten sechs Bü-cher mit gesammelten Aussprüchen (Kutub-u Sitte-i Ha-dith), die sich in den meisten der hier angeführten Mittei-lungen einig sind, von denen wiederum viele dem Sinnenach als übereinstimmend (tavatur) gelten, während einTeil von ihnen gleichfalls als so sicher gelten wie Muteva-tur, weil die Forscher sich über deren Zuverlässigkeit ei-nig sind.

Da wäre z.B. die Mitteilung an seine Gefährten, welcheals zuverlässig überliefert gilt: »Ihr werdet alle eure Fein-de besiegen. Sowohl bei der Eroberung von Mekka21, vonKhaibar22, von Damaskus, des Irak23, des Iran und Jeru-salems24 werdet ihr erfolgreich sein. Ihr werdet auch dieSchätze der Könige der zu damaliger Zeit größten Rei-che, des Iran und von Byzanz unter euch aufteilen…«25

Diese Voraussage machte er nicht mit den Worten: »ichnehme an« oder: »ich vermute«, vielmehr sprach er mitder Sicherheit dessen, der die Dinge vor seinen Augensieht.

Doch während er diese Voraussage machte, war er ge-rade zur Flucht (Hidjra) gezwungen. Er hatte nur wenigeGefährten und Medina und die ganze Welt standen ihmfeindselig gegenüber.

Und weiter hat er oftmals geäußert, und auch dies giltals zuverlässig überliefert:

»Euch obliegt es, denen zu folgen, die nach mir sein werden: Abu Baqrund Omar.«26

So sagte er voraus, dass Abu Baqr und Omar ihn überle-ben werden, dass sie sowohl seine Nachfolger sein, alsauch in vollkommener Weise nach Gottes Wohlgefallenleben und handeln werden, auch, dass Abu Baqr nur kur-ze Zeit und dass Omar längere Zeit regieren und viele Er-oberungen machen werde.

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Und weiter verkündete er:

»Die Erde lag ausgebreitet vor mir. Ihr Osten und ihr Westen wurden vormir sichtbar. Mein Volk (umma) wird erlangen, was vor mir ausgebreitetlag.«27

d.h. von Ost bis West wird meine Umma ihre Hand aus-strecken. Noch kein Volk hat je ein solches Reich beses-sen. Es geschah so, wie er es vorausgesagt hatte.

Zudem hat er, was als zuverlässig überliefert gilt, vorder Schlacht von Bedr vorhergesagt:

»Hier wird Abu Djahl fallen. Dort wird Utbah fallen. Hier wird Umeyyehfallen. Dort wird dieser und da wird jener fallen.«28

So sagte er von allen Führern der Quraish voraus, wo siefallen würden. Und es geschah so, wie er es gesagt hat-te.

Zudem hat er, was ebenfalls als zuverlässig überliefertgilt, über seine Gefährten bei der berühmten Schlacht indem eine Monatsreise weit entfernten Ort namens Mutein der Nähe von Damaskus berichtet, so als ob er es se-hen könne:

»Seyd hat die Fahne übernommen und ist gefallen. Nun hat Ibn Rava-ha die Fahne übernommen und ist gefallen. Nun hat Dja’far die Fahneübernommen und ist gefallen. Nun hat ein Schwert der Schwerter Got-tes sie übernommen.«29

So berichtete er über das, was einem seiner Gefährtennach dem anderen geschah. Zwei drei Wochen danach

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kam Ja’la Ibn Munabbih vom Schlachtfeld zurück. Nochbevor er etwas gesagt hatte, verkündete der Getreue Be-richterstatter (ASM) alle Einzelheiten des Gefechtes. UndJa’la schwur: »Genauso wie du es gesagt hast, ist es ge-schehen.«30

Und weiter sagte er, und auch dies wird als zuverlässigüberliefert:

»Fürwahr, das Kalifat wird nach mir noch dreißig Jahre währen. Danachwird eine habsüchtige Monarchie daraus werden. Und fürwahr, dieseDinge werden als Prophetentum und Barmherzigkeit beginnen. Dannwird Barmherzigkeit und das Kalifat sein. Dann wird eine habgierigeMonarchie sein. Dann wird Hochmut sein und Gewaltherrschaft.«31

So sagte er die sechs Monate des Kalifats von Hasret Ha-san voraus, die Zeit der vier rechtgeleiteten Kalifen unddanach die Umwandlung des Kalifats in eine Monarchie32,sodann, dass das Königtum durch Gewalttätigkeit zumVerderben der Umma führen werde. Und so wie er es ge-sagt hatte, geschah es.

Und weiter sagte er, und auch dies ist zuverlässig über-liefert:

»Othman wird ermordet werden, während er den Qur’an liest;33 und eskönnte sein, dass Gott es wolle, dass er dabei mit einem Hemd beklei-det sein solle. Auch werden sie versuchen, ihn abzusetzen.«34

Und so wie er es gesagt hatte, geschah es.Und weiter sagte er, und auch dies ist zuverlässig über-

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liefert, als er zur Ader gelassen wurde und Abdullah ibnSubeyr sein gesegnetes Blut gleich einem Heiltrank ge-noss:

»Wehe den Menschen um deinetwillen und wehe dir um der Menschenwillen.«35

So sagte er voraus, dass er mit einem wunderbaren Mutan die Spitze der Umma treten werde, dass sie fürchter-lichen Angriffen ausgesetzt sein würden und dass dieMenschen um seinetwillen in schreckliche Geschehnissegeraten würden. Und es geschah so, wie er es vorausge-sagt hatte. Abdullah ibn Subeyr erklärte sich zur Zeit derOmajaden36 in Mekka zum Kalifen und focht heroisch inmehreren Schlachten, bis schließlich Haddjadj derSchreckliche ihn mit einem großen Heer angriff, wobeidieser ruhmreiche Held nach heftigem Kampf den Märty-rertod fand.

Und weiter sagte er, und auch dies ist zuverlässig über-liefert, die Errichtung der Herrschaft der Omajaden vor-aus und dass die meisten ihrer Könige grausame Herr-scher sein werden, Jasid37 und Valid einbegriffen (unterderen Herrschaft Hasan und Huseyn ums Leben kamen– A.d.Ü.), dass sich an ihre Spitze Hasret Mu’awiya (derBegründer der Dynastie und Gegenspieler Ali’s – A.d.Ü.)setzen werde und riet:

»Seid nachsichtig in eurer Regierung!«38

ermahnte so zu Billigkeit und Güte.Des Weiteren sagte er voraus:

»Es werden die Söhne der Abbassiden kommen mit einer schwarzen

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Fahne und länger regieren, als man regiert hatte.«39

d.h. die Abbassiden werden ihre Herrschaft aufrichtenund für lange Zeit aufrecht erhalten. Und es geschah so,wie er es gesagt hatte.

Und weiter sagte er, und auch dies ist zuverlässig über-liefert:

»Wehe den Arabern wegen des Unheils, das ihnen naht.«40

So sagte er die schrecklichen Stürme des DschingisKhan und Hülagu und den Untergang des Abbassidenrei-ches durch sie voraus.

Und weiter sagte er zu Sa’d ibn Abu Waqqas, als diesersehr schwer krank war und auch dies ist zuverlässig über-liefert:

»Es mag sein, dass du verschont bleibst, sodass manche durch dicheinen Vorteil und andere einen Nachteil erfahren werden.«41

So sagte er ihm voraus, dass er später ein großer Kom-mandant sein und viele Siege erlangen werde, und dassviele Menschen, ja Völker Gutes von ihm erfahren, d.h.zum Islam gelangen würden und dass viele zu Schadenkommen, d.h. durch seine Hand ihre Herrschaft verlierenwürden. Es geschah so, wie er es gesagt hatte. HasretSa’d setzte sich an die Spitze des islamischen Heeres,fegte das iranische Herrschaftshaus hinweg und bewirkteso, dass viele in den Kreis islamischer Völker eintratenund Rechtleitung fanden.Und weiter gab er seinen Gefährten, und auch dies istzuverlässig überliefert, an dem Tage, da der Negus vonAbessinien42, der zum Glauben gelangt war, im siebentenJahre nach der Hidjra verstarb, davon Kunde, ja sprachfür ihn die Totengebete. Eine Woche später kam die

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Nachricht, dass er genau an diesem Tage verschiedenwar.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, zit-terte der Berg Uhud (oder auch Hira)43, als der Prophetmit seinen vier engsten Vertrauten (den vier rechtgeleite-ten Kalifen – A.d.Ü.) auf dessen Gipfel verweilte. Da rich-tete er das Wort an den Berg:

»Sei ruhig! Denn auf dir stehen ein Prophet, ein Vertrauter (= Siddiq)und (drei) Märtyrer.«44

so die Blutzeugenschaft von Hasret Omar, Othman undAli vorherverkündend. Es geschah, wie er es vorausge-sagt hatte.

Nun denn, du unglückseliger, herzloser, armseligerMensch, der du sagst, Mohammed-i Arabi sei ein klugerMann und bist doch ein armseliger Mensch, der seine Au-gen vor dieser Sonne der Wahrheit verschließt! Unterfünfzehn von all den Arten seiner Wunder hast du bishernur von einer Art, von den Dingen der unsichtbaren Welt,nur einen Teil unter fünfzehn oder vielleicht hundert Bei-spielen gehört. Du hast von jenem Teil gehört, dessenÜberlieferung so sicher ist wie eine allgemeine Überein-stimmung. Eine Persönlichkeit, die auch nur ein Hundert-stel der Dinge der unsichtbaren Welt mit den Augen sei-nes Verstandes schaut, bezeichnet man als einen über-ragenden Genius, dessen scharfer Blick die Zukunft ent-schleiert. Aber selbst dann, wenn man ihn so wie du ein-fach nur ein Genie nennen wollte, wie könnte dann einMann, der die geheiligte Genialität eines noch hundertmalgewaltigeren Genius in sich trägt, etwas falsches er-schaut haben? Könnte er sich dazu erniedrigt haben, fal-sche Kunde zu geben? Auf das Wort des Trägers einessolch hundertfältigen überragenden Genius, über dieGlückseligkeit in beiden Welten nicht zu achten, ist si-cherlich ein Zeichen hundertfacher Torheit.

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Sechster Hinweispunkt

Es gilt als zuverlässig überliefert, dass er zu Hasret Fati-ma (möge sie Allahs Wohlgefallen finden) gesagt hat:

»Du bist die erste aus meiner Familie, die mir nach meinem Tode nach-folgen wird.«45

Sechs Monate danach geschah es so, wie er es voraus-gesagt hatte.

Und weiter hat er zu Ebadher gesagt:

»Du wirst von hier vertrieben werden und einsam leben und einsamsterben.«46

Zwanzig Jahre später geschah es so, wie er es voraus-gesagt hatte.

Und weiter hat er, als er einmal im Hause von Umm Ha-ram, der Tante von Ennes ibn Malik, vom Schlaf erwach-te, lächelnd gesagt:

»Ich habe mein Volk (umma) einen Seekrieg führen sehen, Königengleich, die auf Thronen sitzen.«

Da bat Umm Haram ihn: »Bete, dass auch ich unter ihnensein werde.« Da geruhte er zu sagen: »Du wirst unter ih-nen sein.«47 Vierzig Jahre später begleitete sie Ubade ibnSamit als dessen Gattin bei der Eroberung Zyperns. Siestarb auf Zypern und ihr Grab wurde zur Pilgerstätte. Soalso geschah es, wie er es vorausgesagt hatte.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,sagte er vorher:

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»Aus dem Stamme Thaqif werden ein Lügner hervorgehen und einTyrann.«48

d.h. aus dem Stamme Thaqif wird einer den Anspruch er-heben, ein Prophet zu sein und es wird ein blutdürstigerTyrann auftreten… So sagte er den berühmten Muhtarvoraus, der den Anspruch erhob, ein Prophet zu sein, undauch Haddjadj49, den Tyrannen, der hunderttausend Men-schen umgebracht hat.

Und weiter, und auch dies gilt als zuverlässig überlie-fert, sagte er voraus:

»Konstantinopel wird erobert werden. Gesegnet der Befehlshaber, derdie Befehle erteilt und gesegnet die Soldaten, die in seinem Sold ste-hen.«50

So verkündete er, dass Istanbul durch islamische Handerobert werden würde und dass Hasret Sultan Mehmet,der Eroberer einen hohen geistigen Rang einnehmenwerde. Und es geschah so, wie er es vorhergesagt hatte.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,sagte er vorher:

»Fürwahr, selbst wenn der Glaube am Siebengestirn befestigt wäre,wird einer der Söhne Persiens ihn herunterholen.«51

Somit wies er auf die unvergleichlichen Gelehrten undHeiligen des Iran, allen voran aber Abu Hanifa hin, sagteihn voraus.

Und weiter sagte er:

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»Er ist ein Schüler der Gelehrten von Qureysh, der alle Gegenden derErde mit seinem Wissen und mit seiner Erkenntnis füllen wird.«52

Mit diesem Ausspruch wies er auf Imam Schafi hin undsagte ihn voraus.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,sagte er:

»Meine Umma wird in dreiundsiebzig Sekten zerspalten sein. Aber nureine von ihnen wird Erlösung erlangen. Da fragten sie ihn: Welche vondiesen wird das sein? Er antwortete ihnen: Diejenige, welche mir undmeinen Gefährten folgt.«53

So sagte er voraus, dass nur die Anhänger der Traditionund die Gemeindemitglieder (ehli Sunna ve Djemaat)vollkommene Erlösung finden werden.

Und weiter sagte er:

»Die Qaderiyye sind die Magier (Parsen) meiner Umma.«54

Damit wies er auf eine Gruppe hin, welche sich in vieleAbspaltungen verzweigt hat und Gottes Vorherbestim-mung (Qadr) verleugnet. Auch sagte er die Rafidine vor-aus, welche sich ebenfalls stark verzweigt haben.

Und weiter sagte er zu Imam Ali (RA), und auch dies istzuverlässig überliefert: »Auch für dich gilt, was für HasretIsa (Jesus, mit dem der Friede sei) galt: zwei Arten vonMenschen werden deinetwegen zuGrunde gehen: die ei-ne durch allzugroße Liebe, die andere durch allzugroßenHass. Die Christen nannten Hasret Isa in ihrer Liebe,doch in Überschreitung der durch das Gesetz bestimmtenGrenzen, den Sohn Gottes. Doch da sei Gott vor! Dochauch die Juden überschritten in ihrem Hass jedes Maß,

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sodass sie seine Vollkommenheit und sein Prophetentumleugneten (insanu-l’kamil, der Prophet Gottes ist der voll-kommene Mensch – A.d.Ü.). Auch um deinetwillen wer-den zwei Arten von Menschen die gesetzlich festgesetz-ten Grenzen überschreiten und ihre Liebe wird sie zuGrunde richten.55

»Ihre Schande ruft ihnen: Rafidiyye (Gesetzesbrecher, Fahnenflüchtige,Verräter, Dissidenten) zu.«56

Ein anderer Teil dagegen wird in seiner Feindschaft ge-gen dich zu weit gehen. Das sind die Havaridjine (Rene-gaten) und die Extremisten unter den Gefolgsleuten derOmajaden, welche man Nasibe nennt.«

Eine Frage könnte hier gestellt werden: Der Qur’an be-fiehlt die Liebe für das Haus des Propheten und auch un-ser verehrungswürdiger Prophet, mit dem Friede und Se-gen sei, hat das sehr empfohlen. Diese Liebe könnte des-halb für die Schiiten als Entschuldigung gelten. Denn Ver-liebte sind gewissermaßen berauscht. Warum dann kön-nen die Schiiten und besonders die Rafidiyye keinen Nut-zen aus ihrer Liebe ziehen, ja werden sie sogar durchdiesen Hinweis des Propheten wegen ihrer übertriebenenLiebe verurteilt?

Antwort: Es gibt zwei Arten von Liebe. Die erste ist ei-ne den Buchstaben übergreifende Liebe (mana-yi harfi),d.h. um des Ehrenwerten Botschafters, mit dem Friedeund Segen sei, willen und im Namen Gottes, des Ge-rechten Hasret Ali, Hasan und Huseyn und das Al-i Beytzu lieben. Diese Liebe vermehrt noch die Liebe für denEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen seiund wird zu einem Fahrzeug für die Liebe zu Gott, demGerechten. Diese Liebe ist erlaubt (meshru’), ihr Über-maß schadet nicht, verletzt nicht, hat keine Herabsetzungoder Feindschaft gegenüber anderen zur Folge.

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Die zweite Art Liebe beschränkt sich auf den Genannten(mana-yi ismi), d.h. sie liebt ihn in seiner Person, liebtHasret Ali im Gedanken an seine Tapferkeit und Vollkom-menheit und Hasret Hasan und Huseyn um ihrer hohenTugenden willen, ohne einen Gedanken an den Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei. Sieliebt, selbst ohne Gott zu kennen oder seinen Propheten.Diese Art der Liebe wird nicht zum Anlass, den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, zu lieben,erweckt auch nicht die Liebe zu Gott dem Gerechten. ImÜbermaß führt sie zur Herabsetzung oder zur Feindschaftgegenüber anderen. So haben sie denn, der Voraussagedes Propheten entsprechend, im Übermaß ihrer Liebe zuHasret Ali, Hasret Abu Baqr as’Siddiq und Hasret Omarden Rücken gekehrt und sind ins Unglück gestürzt. Unddiese falsche Liebe veranlasste dieses Unglück.

Und weiter, und auch dies gilt als zuverlässig überlie-fert, sagte er:

»Wenn euch persische und römische Mädchen dienen, werden sichUnglück und Gespaltenheit unter euch ausbreiten, der Kampf wird ineuren eigenen Reihen stattfinden, die Übeltäter werden sich an dieSpitze setzen und alle die guten und tugendhaften Menschen heimsu-chen!«57

Dreißig Jahre später geschah es so, wie er es vorausge-sagt hatte.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,sagte er:

»Die Eroberung der Festung Khaibar wird durch Alis Hand erfolgen.«58

Als ein Wunder seines Prophetentums und entgegen al-

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ler Erwartung riss Hasret Ali am folgenden Tag das Torder Feste Khaibar heraus und gebrauchte es als einenSchild. Nachdem der Sieg errungen war, warf er das Torzu Boden und acht starke Männer konnten es nicht mehrvom Boden aufheben. Nach einer anderen Überlieferungwaren es vierzig Leute.59

Des Weiteren tat er den Ausspruch:

»Die Stunde wird nicht kommen, bis zwei Parteien mit dem gleichenAnspruch einander befehden.«60

Damit sagte er die Schlacht von Siffin zwischen Hasret Aliund Muawiye voraus.

Des Weiteren sagte er voraus:

»Siehe, Ammar wird von einer Gruppe Rebellen (gegen Gott) umge-bracht werden.«61

Als er dann in der Schlacht von Siffin getötet wurde, sahHasret Ali dies als einen Beweis dafür an, dass die An-hänger von Muawiye Aufständische sind. Doch Muawiyedeutete dies anders. Denn Amr ibnu-l’As (sein Komman-dant – A.d.Ü.) sagte: »Nur die Aufständischen sind seineMörder, nicht wir alle.«

Des Weiteren tat er den Ausspruch:

»Siehe, kein Gespaltensein wird unter euch aufkommen, solange Has-ret Omar noch lebt.«62

Und so wie er es vorausgesagt hatte, kam es auch.Und weiter geschah es, dass einmal Sehl ibn Amr, noch

bevor er zum Glauben gelangt war, in Gefangenschaftgeriet. Da sagte Hasret Omar zu dem Ehrenwerten Bot-

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schafter, mit dem Friede und Segen sei: »Wenn du es mirgestattest, werde ich diesem die Zähne einschlagen.Denn dieser hat immer mit seiner glatten Zunge die Un-gläubigen vom Stamme der Qureysch zum Kampf gegenuns aufgehetzt.« Der Ehrenwerte Botschafter, mit demFriede und Segen sei, aber entgegnete ihm:

»Es möchte ja sein, dass er sich aufrichten wird zu einem Zustand(makam), der dir gefällt, oh Omar!«63

In der Tat hat eben dieser Sehl im Gesegneten Mekka(M.Mükerreme) unter den Ereignissen der Zeit, da derEhrenwerte Botschafter, mit dem Friede und Segen sei,dahingeschieden war, was Bestürzung verbreitete unddie Geduld aller verzehrte, gleich wie Abu Baqr as’Siddiqim Strahlenden Medina (M.Münevvere) die Sahabis beru-higt und getröstet. Ebenso hat er ihnen mit seiner be-kannten Wortgewalt eine Rede gehalten gleich der Hutbevon Abu Baqr as’Siddiq. Selbst die Worte der beiden Hut-be einander.

Und weiter verkündete er Suraqa:

»Du wirst Chosros beide Armringe anlegen!«64

Zur Zeit des Hasret Omar wurde das Königreich vonChosro zerstört. Als seine Schätze und auch seine wun-dervollen Armringe gebracht wurden, streifte HasretOmar sie dem Suraqa über und sagte:

»Elhamdulillah (Preis sei Gott!), der sie Chosro abgenommen und sieSuraqa übergestreift hat.«65

und bestätigte damit die Voraussage des Propheten.Des Weiteren tat er den Ausspruch:

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»Nachdem der Chosro gegangen ist, wird es keinen Chosro mehr nachihm geben.«66

Wie er es vorausgesagt hatte, so geschah es auch.

Auch hatte er dem Botschafter des Chosro einmal ge-sagt: »Gerade hat Chosros Sohn Shirviye Pervis denChosro umgebracht.«67 Als der Botschafter Nachfor-schungen anstellte und herausfand, dass dies tatsächlichzur gleichen Zeit geschehen war, nahm auch er den Islaman. Nach einigen Überlieferungen hieß dieser BotschafterFeyrus.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, hater einen Brief vorausgesagt, den Khatib ibn Beltea heim-lich an den Stamm der Qureysh gesandt hatte. Er schick-te Hasret Ali und Mikdad mit den Worten: »Es gibt an ei-nem bestimmten Ort eine bestimmte Person mit einembestimmten Brief. Geht zu ihm und bringt mir diesen!« Siegingen und brachten den besagten Brief von dem ange-gebenen Ort herbei. Dann ließ er Khatib kommen undfragte ihn: »Warum hast du das getan?« Dieser brachteeine Entschuldigung hervor und seine Entschuldigungwurde angenommen.68

Und weiter, und auch dies ist als zuverlässig überliefert,äußerte er einmal gegenüber Utbe ibn Abu Leheb:

»Gottes Hund möge ihn fressen!«69

und sagte so Utbes schreckliches Ende voraus. Als die-ser später in den Jemen reiste, kam ein Löwe und fraßihn auf. So bewahrheitete sich die Verfluchung des Pro-pheten, mit dem Friede und Segen sei, und zugleich auchseine Voraussage.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,

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stieg bei der Eroberung von Mekka Hasret Bilal Habeshiauf das Dach der Kaaba und rief zum Gebet, währendAbu Sufyan, Attab ibn Assid und Harith ibn Hisham, Fürs-ten vom Stamme der Qureysh beieinander saßen undmiteinander plauderten. Da sagte Attab: »Mein Vater As-sid hatte das Glück, diesen Tag nicht zu schauen.« Harithentgegnete ihm: »Konnte Mohammed keinen anderenMann finden als diese schwarze Krähe, der Muesin zusein?« Und er machte so Hasret Bilal Habeshi verächt-lich. Abu Sufyan wandte ein: »Ich würde mich hüten, et-was dergleichen zu sagen. Selbst wenn es niemandengäbe, so würden doch die Steine von Batha (Mekka) ihmNachricht geben und so wird er es erfahren.« In der Tatbegegnete ihnen wenig später der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei und wiederholte ihnenbuchstäblich, was sie zueinander gesprochen hatten. Dalegten nun auch Attab und Harith Zeugnis ab und wurdenMuslime.70

Oh du armseliger Gottesleugner! Du herzloser Mensch,der du den Propheten, mit dem Friede und Segen sei,nicht anerkennen willst! Siehe, wie diese beiden verstock-ten Fürsten der Qureysh durch einen einzigen Fingerzeigaus der verborgenen Welt zum Glauben gelangten! Wasmuss doch dein Herz verdorben sein, wenn es immernoch nicht zur vollen Überzeugung gelangt, nachdem duvon Tausenden von Wundern gehört hast, die durch all-gemeine Übereinstimmung einem solchen Fingerzeig ausdem Verborgenen gleich sind!… Doch wie dem auch sei– kehren wir zu unserem eigentlichen Thema zurück!

Und weiter, und auch dies ist als zuverlässig überliefert,geriet einmal Hasret Abbas während der Schlacht vonBedr in die Hände der Sahabis und man forderte von ihmLösegeld. Doch entgegnete er: »Ich habe kein Geld.« Dasagte der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede undSegen sei: »Du hast aber bei deiner Frau Umm Fadl einebestimmte Summe Geldes zurückgelassen.«71 Und ernannte ihm die Höhe der Summe und bezeichnete des-

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sen Versteck. Hasret Abbas bestätigte ihm dies und füg-te hinzu: »Niemand außer uns beiden kannte dieses Ge-heimnis.« So erlangte er damals den vollkommenenGlauben und wurde ein Muslim.72

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,hatte einmal ein Jude namens Lebid, der ein böser Zau-berer war, ein seltsames starkes Zaubermittel verfertigt,um den Ehrenwerten Botschafter, mit dem Friede und Se-gen sei, damit zu plagen. Er hatte einen Kamm mit Haa-ren umwickelt, eine Verwünschung darüber ausgespro-chen und ihn in einen Brunnen geworfen. Da beauftragteder Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede und Segensei, Hasret Ali und die Sahabis: »Geht zu dem Brunnen,fischt den Zauber heraus und bringt ihn mir her!« Und ernannte den Brunnen und bezeichnete genau den ver-wunschenen Gegenstand. Sie gingen hin, fanden ihn dortgenauso, wie er es ihnen beschrieben hatte und brachtenihn herbei. Und mit jedem Haar, das sie lösten, ver-schwand auch die Unruhe von dem Ehrenwerten Bot-schafter, mit dem Segen und Frieden sei.73

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,äußerte sich der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friedeund Segen sei, während einer Versammlung, an der auchso bedeutende Persönlichkeiten wie Abu Huraira und Hu-saifa teilnahmen:

»Die Zähne eines von euch werden im Feuer noch größer sein als derBerg Uhud.« (Die Hauer des wilden Ebers gelten als das Symbol derAuflehnung gegen Gott. – A.d.Ü.).74

So sagte er das schreckliche Ende eines Renegaten un-ter ihnen voraus. Abu Huraira berichtet dazu: »Als späteraus dieser Versammlung bloß noch zwei Personen übriggeblieben waren, also nur noch ein Mann außer mir, dafürchtete ich mich. Als dann später der andere Mann inder Schlacht von Jamama überlief und auf der Seite von

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Musaylima fiel, da wurde die Voraussage des Prophetendeutlich.«75

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert,hatten sich einmal Umair und Safwan, als sie noch nichtden Islam angenommen hatten, dazu entschlossen, füreine bedeutende Summe den Propheten (ASM) umzu-bringen. Als aber Umair in der Absicht, den Propheten(ASM) zu ermorden in Medina ankam und der Ehrenwer-te Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, ihn erblick-te, rief er ihn zu sich und sagte zu ihm: »Es ist dies deinAbenteuer mit Safwan!« und legte seine Hand auf UmairsBrust. Der gab es zu und wurde Muslim.76

Es hat noch viele andere dergleichen als zuverlässigbezeugte Vorhersagen aus dem Verborgenen gegeben.Sie werden in den berühmten Sechs Büchern, mit als zu-verlässig bezeugten Hadithen, unter Angabe der Quelleerwähnt. Die meisten in dieser (hier vor uns liegenden)Abhandlung erwähnten Ereignisse sind uns einer allge-meinen dem Sinne nach entsprechenden Übereinstim-mung (tevatur) gemäß, als sicher und zuverlässig über-liefert worden. (Die Bücher von) Buchari und Moslim sindvon den Forschern (ehli tahqiq) nach dem Qur’an als diezuverlässigsten Bücher bestätigt worden. In der Folgewerden nach ihnen die als zuverlässig anerkannten (Bü-cher von) Tirmidhi, Nessai, Abu Davud, das »Musnad«von Hakim, das »Musnad« von Ahmed ibn Hanbel unddas »Delail« von Beyhaqi und dergleichen Bücher mitQuellenangabe zitiert.

Wohlan denn, oh du schwachsinniger Gottesleugner!Du sollst es nicht dabei bewenden lassen, zu sagen:»Mohammed-i Arabi (ASM) war ein kluger Mann.« Dennfür diese zuverlässigen Aussagen Ahmeds (ASM) überDinge aus der verborgenen Welt gibt es nur zwei mögli-che Erklärungen. Du sagst entweder: »Dieser HeiligeGottes verfügt über einen solchen Scharfblick, ist eineGeistesgröße mit einem derartigen Weitblick, dass er Ver-gangenheit und Zukunft und die ganze Welt zu überbli-

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cken und zu erkennen weiß, dessen Auge den Osten undden Westen erschaut und aller Welt Zeuge ist, ein Ge-nius, der alle vergangenen und künftigen Ereignisse zuentschleiern vermag«. Ein Mensch kann solche Qualitä-ten (hal) nicht besitzen. Hätte er sie aber, kann er sie alseine wunderbare Fähigkeit vom Schöpfer der Welt verlie-hen, als eine Gabe Gottes erhalten haben. Dies aber wä-re für sich alleine schon ein ganz großes Wunder. Oderaber du musst glauben, dass dieser Gottbegnadete derSchüler und Beauftragte eines Herrn ist, der alles siehtund alles in Händen hält. Alles was da ist gehorcht SeinenWeisungen und alle Zeiten unterstehen Seinem Befehl.Alle Dinge stehen aufgezeichnet in dem Großen Buch.Wann immer Er will, macht Er sie Seinem Schüler be-kannt, führt sie ihm vor Augen. Das heißt: Mohammed,der Araber, mit dem Friede und Segen sei, empfängt vondem Urewigen Meister seine Lehren und so gibt er sieweiter.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, hater verlautbart, als er Hasret Khalid nach Ukeydir ent-sandte, um gegen den Fürsten der Daumatu-l’Djendal zukämpfen:

»Siehe, du wirst ihn auf einer Ochsenjagd finden.«77

Er sagte ihm voraus, dass er ihn ohne Kampf gefangennehmen werde. Hasret Khalid ging, fand alles so wie vor-ausgesagt und führte den Gefangenen mit sich mit.

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, hater, auf die Seite bezugnehmend, auf welche die Qureyshetwas gegen die Bani Hashim geschrieben hatten unddas sie an eine Wand der Kaaba gehängt hatten, verlaut-bart: »Die Würmer haben eure Schrift aufgefressen undnur die Teile mit den Namen Gottes darauf ausgespart.«Da untersuchten sie das Blatt und fanden die Dinge so,

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wie er es ihnen mitgeteilt hatte.78

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, hater verlautbart, dass während der Belagerung von Jerusa-lem (Beytu-l’Maqdis) eine große Pestepidemie ausbre-chen werde. Zur Zeit von Hasret Omar wurde Beytu’l-Maqdis erobert. Dabei brach eben jene Pestepidemieaus, die binnen drei Tagen siebzigtausend Opfer forder-te.79

Und weiter, und auch dies ist zuverlässig überliefert, hater davon Kunde gegeben, dass Basra80 und Bagdad81,die es damals noch gar nicht gab, erbaut werden würdenund dass sich alle Schätze der Welt in Bagdad ansam-meln werden, dass die Araber mit den Türken82 und an-deren Völkern am Kaspischen Meer kämpfen werden,später jedoch die meisten von ihnen den Islam annehmenund mitten unter den Arabern über die Araber herrschenwerden. Er sagte:

»Über die Vermehrung der Fremden unter euch werdet ihr euch bekla-gen, welche verzehren, was ihr habt, und euch enthaupten.«83

Und weiter sagte er:

»Verderben über meine Umma wird von den Händen der ungezogenenKinder der Qureysh kommen.«84

Damit gab er Kunde, dass es von den schlechten Fürstender Omajaden, wie Walid und Jasid, ausgehen werde.

Desgleichen hat er für bestimmte Orte, wie Jamama,das Auftreten von Apostasie vorausgesagt.85

Und weiter sagte er während der berühmten Graben-schlacht (bei der die Moslems als erste Verteidigungsgrä-ben aushoben, die bis dahin bei den Arabern noch unbe-kannt waren. – A.d.Ü.):

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»Von nun an werden mich die Qureysh und ihre Verbündeten nie wie-der angreifen. Doch ich werde sie angreifen.«86

Und alles gestaltete sich so, wie er es vorausgesagt hat-te.

Und weiter verlautbarte er ein, zwei Monate vor seinemDahinscheiden, und auch dies ist als zuverlässig überlie-fert:

»Einem Diener und Verehrer wurde die Wahl gelassen und er wähltewas Gottes ist.«87

So sagte er sein Ableben voraus.

Und weiter sagte er über Seyd ibn Suwahan:

»Eines seiner Glieder wird ihm ins Paradies vorausgehen.«88

Kurze Zeit später wurde ihm in der Schlacht von Niha-wend eine Hand abgeschlagen. Das heißt, seine Handlegte zuerst Zeugnis für seinen Glauben ab, was in über-tragenem Sinne bedeutet: sie kam ins Paradies.

So sind denn alle die hier besprochenen Geschehnisseaus der verborgenen Welt nur eine unter zehn Arten sei-ner Wunder. Wir haben von diesen zehn Arten noch nichteinmal eine besprochen. Doch haben wir im Fünfund-zwanzigsten Wort, wo der Qur’an entsprechend seinemCharakter als ein Wunder besprochen wird, aus dem soumfangreichen Gebiet der Geschehnisse aus der verbor-genen Welt, vier Arten kurz angeführt. So fasse denn diehier angeführten Arten mit den anderen vier bedeutendenArten, wo in der Sprache des Qur’an aus der verborge-

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nen Welt berichtet wird, zusammen. Siehe, welch einzweifelsfrei sicheres, glänzendes, unwiderlegbares undbeweiskräftiges Zeugnis seines Prophetentums das ist,sodass jeder, der nicht mit Herz und Verstand ganz undgar verdorben ist, mit Sicherheit glauben wird, dass diesePersönlichkeit, Ahmed, mit dem Friede und Segen sei,der Gesandte jener majestätischen Persönlichkeit ist, dieder Herr alles Geschaffen ist und der Kenner alles Ver-borgenen. Von ihm hat er uns Kunde gebracht.

Siebenter Hinweispunkt

Unter den Wundern des Propheten, welche die Segens-fülle über den Speisen betreffen, wollen wir hier nur aufeinige wenige Beispiele hinweisen, welche als gesichertund ihrer Bedeutung nach als allgemeine Überlieferunggelten. Doch bevor wir damit beginnen, erscheint uns zu-nächst noch eine Vorbemerkung angebracht.

Vorwort: Von den folgenden Beispielen der Wunder anFülle und Segen ist jedes auf verschiedenen Wegen, jadas eine oder andere sogar auf sechzehn verschiedenenWegen überliefert worden. Die meisten von ihnen habensich mitten in einer Gemeinschaft vieler Menschen ereig-net. Sie wurden von ehrlichen und angesehenen Men-schen einer solchen Gemeinschaft berichtet und überlie-fert. Zum Beispiel berichtet da einer von ihnen: »Es ha-ben siebzig Mann von vier handvoll eines Gerichtes ge-gessen, das man Sa’ nennt und sind satt geworden.« Die-se siebzig Mann hören seine Worte und leugnen es nicht,d.h. sie bestätigen ihn durch ihr Schweigen.

In der Tat hätten die Sahabis, diese geradlinigen, zu-verlässigen und wahrheitsliebenden Menschen, in jenerZeit der Wahrhaftigkeit und Geradlinigkeit, jede Spur ei-ner Unwahrhaftigkeit als solche bemerkt, zurückgewiesenund als Lüge erklärt. Die Ereignisse, von denen wir hierberichten wollen, sind jedoch von vielen überliefert wor-den, während andere sie durch ihr Schweigen bestätig-

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ten. Das heißt also, dass ein jedes dieser Ereignisse sosicher ist wie eine in ihrer Bedeutung allgemeine Überlie-ferung. Außerdem bezeugen die Geschichte und die Bio-graphie (des Propheten), dass die Sahabis nächst dertreulichen Bewahrung des Qur’an und seiner Ayat, alle ih-re Bemühungen darauf gerichtet haben, die Worte undTaten und insbesondere solche Handlungen des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, im Ge-dächtnis zu bewahren, die sich auf seine Wunder und aufdie Grundlagen des Islam beziehen, und ihre ganze Auf-merksamkeit deren Richtigkeit zugewandt haben. Auchnicht die kleinste Bewegung, der unbedeutendste Cha-rakterzug oder das ganz Gewöhnliche in seiner Haltungwurde vernachlässigt. Und dafür, dass sie es nicht ver-nachlässigt haben und dass sie es aufgeschrieben ha-ben, geben die Bücher der Ahadith ein Zeugnis. Zudemhaben sie und vor allem die sieben »Abdullah«, unter ih-nen besonders Abdullah ibn Abbas, der das Sprachrohrdes Qur’an genannt wird, und Abdullah ibn Amr ibnu-l’ As,noch während des Glücklichen Zeitalters die Wunder unddie Ahadith, welche die Quellen des islamischen Rechtesbilden, in Büchern aufgezeichnet und niedergeschrieben.Dreißig, vierzig Jahre nach ihnen haben dann Tausendevon Muhakkikin (Forscher) unter den Tabiinen (also diezweite Schülergeneration – A.d.Ü.) diese Ahadith und dieWunder schriftlich niedergelegt. Und weiter haben diesedann noch später tausende Erforscher der Hadithe undihnen allen voran die vier Imame der Gesetzeslehrer(Mutjtehid) weitergegeben und schriftlich festgehalten.

Danach haben dann zweihundert Jahre nach der Hidjradie Autoren der hochgeschätzten Sechs Bücher (KutubuSitte) vor allem Buchari und Moslim die Aufgabe, Hüter zusein, auf ihre Schultern geladen. Tausende scharfsinnigerKritiker (Munekkid) wie Ibn Djausi traten auf und fandendie Unterscheidungsmerkmale der unechten Hadithe he-raus, die sich durch einige Irregeleitete (Mulhid), Gedan-kenlose, Vergessliche oder Dilettanten eingeschlichen

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hatten, heraus und zeigten sie auf. Später hat dann derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,siebzigmal wieder Gestalt angenommen, was auch vonden Entdeckern (im Reiche des Geistes) bestätigt wordenist, und hat große Forscher und Gelehrte wie Djalaluddinas’Suyuti in ihrem wachen Zustand mit einem vertrautenGespräch beehrt. Diese haben die Diamanten echterÜberlieferungen (Hadith-i Sahih) von anderen Aussprü-chen und falschen Aussagen geschieden. So sind denndie Geschehnisse und Wunder, die wir hier behandelnwollen, von Hand zu Hand, von vielen verschiedenen, javielleicht zahllosen starken und zuverlässigen Händenwohlbehalten tradiert, bis auf uns gelangt.

»Lobpreis und Dank sei Gott! Dies geschah durch die Gnade meinesHerrn.«

So ist es denn aus diesem Grunde, dass es uns nicht inden Sinn kommen sollte, zu sagen: »Wie können wirdenn wissen, ob diese Hadithe, die einer so weit zurück-liegenden Zeit entstammen, uns aus jener Zeit bis in un-sere Zeit hinüber, rein und unverfälscht überliefert sind?«

Erstes Beispiel für ein als zuverlässig überliefertesWunder an Segensfülle (bereket): Die Sechs Bücher zu-verlässiger Überlieferungen (Kutub-u Sitte-i Sahiha), be-sonders aber Buchari und Moslem, berichten überein-stimmend, dass während der Hochzeit des EhrenwertenBotschafters, mit dem Friede und Segen sei, mit HasretSeyneb, die Mutter von Hasret Ennes, Umm Suleym, ein,zwei Handvoll Datteln in etwas Fett backte, sie in eineSchüssel füllte und sie durch Hasret Ennes dem Ehren-werten Botschafter, mit dem Frieden und Segen sei,schickte. Dieser befahl Ennes: »Rufe diesen und jenenherbei. Auch lade jeden ein, dem du begegnest.« Da riefEnnes sie und alle, denen er begegnete herbei. Es ka-

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men an die dreihundert Sahabis und füllten Hochzeitssaalund Vorraum (Suffe). Ihnen befahl er:

»Lagert euch in Gruppen zu zehn Personen!«

Sodann hielt er seine gesegnete Hand über dieses kargeMahl, sprach ein Gebet und forderte alle auf, zuzulangen.Da aßen alle diese dreihundert Menschen und waren sattgeworden, als sie sich wieder erhoben. Nun gab er Ennesdie Weisung: »Sammle wieder ein!« Und Ennes berichtetdavon: »Ich weiß nicht, ob dieses Mahl, als ich es in dieSchüssel füllte, ein reichliches Mahl war. Doch konnte ichkeinen Unterschied finden, als ich es wieder einsammel-te.«89

Zweites Beispiel: Es gab da den Gastherrn des Pro-pheten, Abu Eyyub al-Ansari (der den Propheten nachseiner geglückten Flucht in Medina gastfrei aufgenom-men hatte – A.d.Ü.). Dieser Abu Eyyub sagte anlässlicheines Besuches, mit dem der Prophet sein Haus beehrte:»Ich habe für den Ehrenwerten Botschafter, mit dem Frie-de und Segen sei, und für Abu Baqr as’Siddiq eine Mahl-zeit zubereitet, ausreichend für zwei Personen.« Dochdieser befahl:

»Lade dreißig unter den Vornehmen der Helfer (d.h. Medinenser, dieden Flüchtlingen aus Mekka Asyl gewährt hatten – A.d.Ü.) ein.«

Es kamen dreißig Personen und aßen. Danach befahl er:

»Lade sechzig ein!«

Da lud er noch sechzig ein und sie kamen und aßen. Da-nach befahl er:

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»Lade siebzig ein!«

Da lud er noch siebzig ein und sie kamen und aßen. Eswar aber noch Essen in den Schüsseln übrig geblieben.Alle, die gekommen waren, nahmen wegen dieses Wun-ders den Islam an und leisteten ihm den Treue-Eid. Vondiesem Mahl für zwei Personen hatten einhundertun-dachtzig Personen gegessen.90

Drittes Beispiel: Von Hasret Omar ibnu-l’Hattab, AbuHuraira, Seleme ibnu-l’Eqwa, Abu Amratu-l’Ensari undaus noch vielen anderen Quellen stammt der folgendeBericht: Während einer Schlacht hatte das Heer nichts zuessen. Da wandten sie sich an den Ehrenwerten Bot-schafter, mit dem Friede und Segen sei. Dieser befahl:»Sammelt, was bei eurem Gepäck noch an Lebensmit-teln übrig geblieben ist!« Da brachte ein jeder noch einpaar Datteln herbei. Die größte Menge, die jemand nochbeizusteuern vermochte, waren vier Handvoll. Sie schüt-teten das alles auf eine Matte. Seleme sagt: »Ich schätz-te die Größe des aufgehäuften Berges auf nicht mehr alsetwa die einer liegenden Ziege.« Sodann sprach der Eh-renwerte Botschafter, mit dem Friede und Segen sei, einGebet um den Segen und befahl: »Jeder bringe seineSchüssel!« Da kamen sie alle herbeigelaufen. In diesemHeere blieb keine Schüssel übrig. Sie wurden alle gefüllt.Es blieb sogar noch etwas übrig. Dies überliefert uns ei-ner der Sahabis mit den Worten: »Nach der Art, wie die-ser Segen seinen Fortgang nahm und sich ausbreitete,wurde mir klar: Wären auch alle Bewohner dieser Erdegekommen, es hätte für sie alle gereicht.«91

Viertes Beispiel: Die Bücher zuverlässiger Überliefe-rungen, besonders aber Buchari und Moslem, berichten:Abdurrahman Ibn Abu Baqr as’Siddiq sagt: »Wir wareneinmal mit einhundertdreißig Sahabis zusammen mit demEhrenwerten Botschafter, mit dem Friede und Segen sei.

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Es wurde Brotteig aus vier Handvoll Mehl bereitet. Aucheine Ziege wurde geschlachtet und gekocht. Nur die Le-ber und die Nieren wurden gebraten. Ich schwöre, dasser von diesem Braten jedem Sahabi ein Stück abge-schnitten und gegeben hat. Sodann füllte der EhrenwerteBotschafter, mit dem Friede und Segen sei, das gekoch-te Fleisch in zwei Töpfe. Wir alle aßen, bis wir satt waren.Es blieb noch ein Rest übrig. Diesen Rest lud ich dannauf ein Kamel.92

Fünftes Beispiel: Die Bücher zuverlässiger Überliefe-rungen künden mit großer Bestimmtheit: Während derSchlacht der Völkerstämme Medinas, an dem berühmtenTag der Grabenschlacht (Khandaq) berichtet Hasret Dja-biru-l’Ansari unter Eid: »An jenem Tage aßen tausendMann von einem Brot, gebacken aus vier Handvoll Ger-ste und einem einjährigen Zicklein und es blieb noch ge-nauso viel über.« Und Hasret Djabir erzählt: »An jenemTage war das Essen in meinem Hause zubereitet worden.Alle tausend Mann aßen von dem Brot und von demLamm und gingen wieder. Doch es kochte noch immerund der Topf war noch voll und von dem Teig wurde wei-ter Brot gebacken. Er hatte in den Teig und den Topf ausseinem gesegneten Munde etwas Speichel gegeben unddabei ein Gebet um Segen gesprochen.«93

Dies sagte Hasret Djabir in Gegenwart von tausendPersonen unter Eid aus, wodurch er sie in dieses Wunderder Segensfülle mit einbezog, was bedeutet, dass diesesGeschehnis als so zuverlässig angesehen werden darf,als wäre es von tausend Menschen überliefert worden.

Sechstes Beispiel: Nach einer absolut zuverlässigenÜberlieferung sagt der berühmte Abu Talha, der Onkelvon Hasret Ennes, dem Diener des Propheten: Der Eh-renwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,speiste einmal sechzig, siebzig Leute mit einem kleinenGerstenbrot, das Ennes unter dem Arm herbeigebrachthatte, und alle wurden sie satt.« Er hatte befohlen:»Brecht dieses Brot in kleine Stücke!« und ein Gebet um

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Segen darüber gesprochen. Da sein Haus eng war, aßensie in Gruppen zu zehn Personen und gingen jeweils wie-der, nachdem sie satt geworden waren.94

Siebentes Beispiel: Nach einer absolut zuverlässigenÜberlieferung wird in so zuverlässigen Büchern wie Shifaesh-Sherif und Moslim berichtet: Djabiru-l’Ansari erzählt:»Ein Mann bat den Ehrenwerten Botschafter, mit demFriede und Segen sei, um etwas zu essen für seine Fa-milie. Der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede undSegen sei, gab ihm einen halben Sack Gerste. Lange Zeitaßen der Mann mit seiner Familie und seinen Gästen vondieser Gerste. Sie bewahrten sie und sie ging nicht zurNeige. Da versuchten sie deren Abnahme durch Nach-messen herauszufinden. Da hörte der Segensstrom aufund die Abnahme begann. So ging er wieder zu dem Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei undberichtete ihm von dem Vorfall. Der aber gab ihm zur Ant-wort:

»Hättet ihr nicht mit der Waage nachgemessen, hättet ihr bis an euerLebensende Genüge gehabt.«95

Achtes Beispiel: In so zuverlässigen Büchern, wie Tir-midhi, Nessa’i, Beyhaqi und Shifa esh’Sherif, wird berich-tet: Hasret Semura ibn Djundub sagt: »Zu dem Ehren-werten Botschafter, mit dem Friede und Segen sei, wurdeein Topf Fleisch gebracht. Vom Morgen bis zum Abendkamen die Leute in Scharen und aßen.«96

Folgen wir also dem Sinn (sirr) der Erklärung in unse-rem Vorwort, so ist dieses Beispiel für einen Segen nichteinzig eine Überlieferung von Semure, vielmehr erzähltes uns Semure als Vertreter der Gemeinschaft derer, diealle gegessen haben, also in deren Namen und mit derenBilligung.

Neuntes Beispiel: Nach der Überlieferung zuverlässi-

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ger Forscher wie der des Autors von Schifa esch’Scherif,des berühmten Ibn Abi Scheyba und Tabarani und ande-rer Autoritäten, sagt Hasret Abu Huraira: »Der Ehrenwer-te Botschafter, mit dem Friede und Segen sei, hat mir be-fohlen: Lade die mehr als hundert Asylanten (Muhadjirin)ein, welche im Hof (Suffe) der Berühmten Moschee(Mesdjid-i Sherif) ihr Lager aufgeschlagen haben, ein! Dahabe ich sie aufgesucht und habe sie zusammengerufen.Es wurde uns allen auf einer Platte eine Mahlzeit vorge-setzt. Wir haben gegessen, so viel wie wir wollten undsind wieder aufgestanden. So wie der Topf gewesen war,als man ihn vorgesetzt hatte, so voll war er jedoch ge-blieben. Man sah darin nur die Spuren unserer Finger (mitdenen wir das Essen aus dem Topf genommen hatten –A.d.Ü.).«97

So also hat es uns Hasret Abu Huraira berichtet, ge-stützt auf die Billigung all der vollendeten Leute des Ho-fes (Ehli Suffe) und in deren Namen. Das heißt also, dasses ebenso sicher ist, als wäre es sinngemäß von allenEhli Suffe überliefert worden. Ja wäre es denn überhauptmöglich, dass diese geradlinigen und vollendeten Men-schen geschwiegen und nicht widersprochen hätten,wenn dieser Bericht nicht aufrichtig und wahrhaftig gewe-sen wäre?

Zehntes Beispiel: Einer absolut zuverlässigen Überlie-ferung nach sagt Hasret Imam Ali: »Der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, versammelte ein-mal die Söhne der Abdulmuttalib. Es waren vierzig Per-sonen. Einige von ihnen hätten ein ganzes Kamelkalbaufessen und vier Kiyye (etwa fünf Liter) Milch austrinkenkönnen. Er hatte jedoch für sie alle nur eine Handvoll Es-sen zubereitet. Sie alle aßen und wurden satt. Das Mahlaber blieb wie zuvor. Danach brachte man in einer höl-zernen Schüssel etwas Milch herbei, was auch nur fürdrei, vier Leute gereicht hätte. Davon tranken alle ihreGenüge. Es blieb jedoch so, als hätten sie nicht getrun-ken.98

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So also war dies ein Wunder, gewiss wie Hasret Alis Mutund Ergebenheit selbst.

Elftes Beispiel: Einer zuverlässigen Überlieferungnach hat der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede undSegen sei, Bilal-i Habeshi anlässlich der Hochzeit vonHasret Ali mit Fatimatu-s’Sechra befohlen: »Lass Brotaus vier, fünf Handvoll Mehl backen und ein Kamelkalbschlachten!« Hasret Bilal sagt: »Ich brachte das Mahl her-bei und er berührte es mit seiner gesegneten Hand. Dannkamen die Sahabis Gruppe für Gruppe herbei, aßen undgingen wieder. Über das, was davon übrig geblieben war,sprach er abermals den Segen, sandte jeder seiner Frau-en eine Schüssel voll und befahl: »Jede soll davon essenund auch allen denjenigen etwas davon abgeben, dienoch kommen werden.«99

In der Tat ist einer solch gesegneten Hochzeitsfeier si-cherlich ein solcher Überfluss angemessen! Und diesesGeschehnis steht fest!

Zwölftes Beispiel: Hasret Imam Djafer as’Sadiq be-richtet von seinem Vater, Imam Mohammed al-Baqir, wel-cher von seinem Vater Imam Seyn al-Abidin, welcher vonImam Ali berichtet: Fatimatus-Sehra hatte eine Mahlzeitbereitet, die nur für zwei Personen reichte. Dann sandtesie Ali, damit er den Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, herbeihole, mit ihm zu essen. Ergab ihm die Ehre und befahl sodann, dass für jede seinerFrauen eine Schüssel voll von dem Essen gesandt wer-den solle. Danach teilte er noch für sich, Ali, Fatima unddie Kinder eine Schüssel ab. Davon erzählt Hasret Fati-ma: »Als wir den Topf aufhoben, war er noch immer ge-füllt bis zum Rand. Mit der Gnade Gottes aßen wir nochlange Zeit.«100

Warum denn nur willst du dieses Wunder an Segens-fülle, dass dir durch eine solch leuchtende Reihe (Silsile)von Überlieferern berichtet wurde, nicht genauso glau-ben, als hättest du es mit eigenen Augen gesehen? In der

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Tat vermag selbst der Satan in dieser Angelegenheit kei-ne Ausrede mehr zu finden.

Dreizehntes Beispiel: Zuverlässige Lehrer (imam) wieAbu Davud, Ahmed ibn Hanbal und Imam Beyhaqi be-richten von Dukeynu’l-Ahmesi ibn Sa’idu’l-Museni, Nu’-man ibn Muqarrinu’l-Ahmesiyyu’l-Museni, der mit seinensechs Brüdern die Ehre eines Gesprächs hatte und zuden Sahabis gehörte, und auf Grund verschiedener Quel-len auch von Hasret Omar ibnu’l-Hattab, dass der Ehren-werte Botschafter, mit dem Friede und Segen sei, HasretOmar befohlen habe: »Versorge die vierhundert Reitervom Stamme Ahmesi mit Proviant für ihre Reise!« HasretOmar entgegnete ihm: »Oh Botschafter Gottes! Alles waswir noch an Vorrat haben, sind nur noch einige Scheffel(etwa 5 kg). Die Menge ist etwa so groß wie ein liegendesKamelkalb.«

Da gab er Weisung: »Geh und gib es!« Er ging und gabihnen von dieser halben Kamellast Datteln Reiseproviantausreichend für vierhundert Reiter und sagte danach: Esblieb noch die alte Menge übrig, so als hätte man garnichts davon weggenommen.101

So ereignete sich also dieses Wunder der Segensfülle,an dem vierhundert Mann und insbesondere HasretOmar beteiligt waren. Sie sind es, auf denen diese Er-zählung beruht. Ihr Schweigen ist deren Bestätigung. Sogeh denn nicht darüber hinweg, indem du sagst, dies seija nur der Bericht von zwei, drei Einzelpersonen! Dochselbst wenn solche Ereignisse nur einzelstehende Be-richte wären, gäben sie dennoch die Überzeugung einersinngemäßen allgemeinen Überlieferung.

Vierzehntes Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher (Ku-tub-u Sahiha), vor allem Buchari und Moslim, berichten:Hasret Djabirs Vater starb. Er war hoch verschuldet, eingroßer Schuldner bei seinen jüdischen Gläubigern. Djabirbot seines Vaters ganzen Besitz dagegen auf. Doch sienahmen ihn nicht an. Denn der Ertrag des Gartens konn-

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te auf Jahre hinaus seine Schulden nicht decken. Da ord-nete der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, an: »Bringt die Ernte ein und tragt sie zusam-men!« und so geschah es. Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, besichtigte die Ernte und be-tete. Als dann später Djabir die gesamte Schuld seinesVaters bezahlt hatte, blieb immer noch gleich viel übrig,wie die Ernte eines Jahres erbracht hätte (oder nach ei-ner anderen Überlieferung: genauso viel, wie er seinenGläubigern gegeben hatte). Über dieses Geschehnis wa-ren seine jüdischen Gläubiger höchst erstaunt und ver-blüfft.102

So ist denn dieses ganz offensichtliche Wunder der Se-gensfülle nicht bloß ein Bericht einiger weniger, wie Has-ret Djabir, vielmehr haben diese ihn wie eine allgemeinesinngemäße Übereinstimmung (tevatur) stellvertretendfür viele Menschen, die von diesem Ereignis mit betroffenwaren, überliefert, sodass es bereits an Übereinstim-mung grenzt.

Fünfzehntes Beispiel: Forscher (muhaqqiq) wie be-sonders Tirmidhi und Imam Beyhaqi berichten aus zuver-lässiger Quelle, dass Hasret Abu Huraira sagt: In einerSchlacht (nach einer anderen Überlieferung soll dies dieSchlacht von Tebuk gewesen sein) hatte das Heer nichtszu essen. Da fragte der Ehrenwerte Botschafter, mit demFriede und Segen sei:

»Ist noch etwas da?«

Ich sagte: »In meiner Satteltasche sind noch ein paarDatteln.« (Nach einer anderen Überlieferung sollen esfünfzehn gewesen sein) Er sagte: »Bring sie mir!« und ichbrachte sie ihm. Er griff mit seiner segensreichen Handhinein, zog eine Handvoll heraus und legte sie in eineSchüssel. Dann geruhte er, ein Segensgebet darüberauszusprechen, wonach er die Soldaten in Gruppen zu

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zehn herbeirief; und sie alle aßen. Danach befahl er:

»Behalte, was du noch hast und bewahre es! Leere es aber nicht aus!«

Da nahm ich (die Tasche), griff mit der Hand hinein undbrachte noch einmal soviel zum Vorschein. Ich habe vondiesen Datteln, solange wie der Ehrenwerte Botschafter,mit dem Friede und Segen sei, am Leben war und nochzu Lebzeiten von Abu Baqr, Omar und Othman, geges-sen. (Aus einer anderen Quelle wird überliefert: Ich habevon diesen Datteln noch manche Menge verschenkt inGottes Namen. Später dann, nach der Ermordung vonHasret Othman, fiel diese Satteltasche Räubern in dieHände und wurde geplündert. Da verschwanden auch dieDatteln.)103

So sollte denn ein solches Wunder der Segensfülle, wiees sich an einem derartigen Sammelplatz wie demSchlachtfeld bei Tebuk ereignet hat und von dem unsHasret Abu Huraira berichtet, der ein ständiger Schülerjener Heiligen Medresse, ein bedeutender Novize derSuffa (= Hof der Moschee von Medina) war, ein Murid derTekke des Lehrers des Alls, eines Lehrers, auf den dieganze Welt stolz ist (Friede und Segen sei mit ihm), demdie Bitte um das Gebet des Propheten für die Stärkungseines Erinnerungsvermögens gewährt worden war, essollte ja ein solches Wunder in seiner Bedeutung die glei-che Kraft und Sicherheit besitzen wie das Wort eines gan-zen Heeres von Soldaten.

Sechzehntes Beispiel: In zuverlässigen Büchern, vorallem Buchari, wird auf Grund authentischer Quellen mit-geteilt, dass einmal Hasret Abu Huraira, als er hungrigwar, dem Ehrenwerten Botschafter, mit dem Friede undSegen sei, in dessen Glückliche Heimstatt folgte.

Dort sahen sie, dass jemand einen Becher Milch ge-bracht hatte. Da befahl der Ehrenwerte Botschafter, mit

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dem Friede und Segen sei: »Rufe die Leute aus dem Hof(Ehl-i Suffe) herbei!« Ich dachte in meinem Herzen: »Ichkönnte die ganze Milch austrinken. Ich benötige sie nochdringender.« Doch um des Befehls des Propheten willen,rief ich sie, versammelte sie. Es waren ihrer mehr alshundert. Da gab er Weisung: »Gib ihnen zu trinken!« Sogab ich denn einem nach dem anderen von der Milch zutrinken. Jeder einzelne von ihnen trank solange, bis ergenug hatte; dann gab ich dem nächsten davon. So tran-ken sie einer nach dem anderen. Alle Ehl-i Suffe trankenvon dieser lauteren Milch. Danach wies er mich an:

»Der Rest ist für dich und für mich. Trink!«

So trank ich denn und er befahl mir: »Trink nur, trink!« bisich sagte: »Ich schwöre dir bei dem Herrn der Herrlich-keit, der dich mit der Wahrheit gesandt hat, dass ich nichtmehr im Stande bin, noch mehr zu trinken.« Da nahm erselbst, sagte: »Im Namen Gottes!« dankte und trank denRest.104 Möge es ihm hunderttausendmal gesegnet sein!

So ist denn dieses unverfälschte, zweifelsfreie, unbe-streitbare Wunder der Segensfülle, rein und lauter wie dieMilch selbst, wie es in den Sechs Zuverlässigen Büchernund allen voran von Hasret Buchari berichtet wird, derfünfhunderttausend Hadithe auswendig wusste, so sicherals habe man es mit eigenen Augen gesehen. Wer alsMoslem einen solchen Bericht, wie er von Abu Hurairaüberliefert wird, der ein berühmter und treu ergebenerSchüler und Hafis der Suffe in der geheiligten MedresseAhmeds (ASM) war und gleichsam alle Leute der Suffeals Zeugen anführt, so als ob er sie alle repräsentiere,nicht für ebenso sicher hält, wie es allgemeiner Überliefe-rung entspricht, der müsste entweder in seinem Herzenverdorben sein, oder aber keine Vernunft besitzen. Ja wä-re es denn überhaupt möglich, dass jemand, so vertrau-ensvoll wie Abu Huraira, der sein ganzes Leben der Ha-

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dith und dem Glauben geweiht hatte, der die Hadith:

»Wer immer absichtlich eine Lüge über mich erdichtet, der bereite sichauf seinen Platz in der Hölle vor.«

gehört hatte und sie weiter gab, eine Überlieferung, die erin seinem Gedächtnis aufbewahrte, in ihrem Wert als Ha-dith des Propheten herabsetzen, ihre Unanfechtbarkeiteinem Zweifel aussetzen könnte? Oder durch ein abwei-chendes Wort, eine Erzählung, die gar nicht fundiert ist,den Widerspruch der Ehl-i Suffe herausfordern würde?Undenkbar!

Oh Herr! Im ehrfürchtigen Gedenken an diese DeineSegnungen für den Ehrenwerten Botschafter, mit demFriede und Segen sei, schenke auch uns Segen für denmateriellen und geistigen Unterhalt, den Du uns ge-schenkt hast!

Eine wichtige Anmerkung: Es ist ja bekannt, dassschwache Dinge, miteinander verbunden, einander stär-ken. Dünne Fäden, miteinander versponnen, bilden einstarkes Seil. Starke Seile, miteinander verflochten, kannkeiner zerreißen. So haben wir denn von fünfzehn ArtenWundern nur solche, die sich mit einer wunderbaren Ver-mehrung befassen, und von dieser Art wiederum, nur ei-ne von fünfzehn Unterarten anhand von sechzehn Bei-spielen dargestellt. Jedes Beispiel, für sich betrachtet,wäre allein schon beweiskräftig genug gewesen, das Pro-phetentum zu bestätigen. Selbst einmal den unmöglichenFall angenommen, wir würden einige von ihnen nur fürein schwaches Beispiel halten, könnte man ein solchesdennoch nicht ein schwaches Beispiel nennen, dennwenn es mit beweiskräftigen verbunden wird, gewinnt esan Stärke.

Zudem stellen diese sechzehn Beispiele in ihrer Ge-samtheit durch ihre sinngemäße, absolut zweifelsfreie

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Übereinstimmung ein einziges, beweiskräftiges, bedeut-sames Wunder dar. Fasst man nun aber mit diesem ei-nen, bedeutsamen Wunder die übrigen vierzehn, nicht er-wähnten Unterarten einer wunderbaren Vermehrung zu-sammen, so entsteht daraus ein überaus großes Wunder,das einem starken Tau gleicht, welches man unmöglichzerreißen kann. Füge nun zu diesem übergroßen Wunderdie anderen vierzehn Arten Wunder hinzu, dann siehe,welch ein beweiskräftiges, unerschütterlich sicheresZeugnis für das Prophetentum Ahmeds (ASM) nun sicht-bar wird! So ist denn die Säule, die das Prophetentum Ah-meds (ASM) stützt, eine Säule, so stark wie ein Berg, ge-bildet aus dieser (oben dargestellten) Zusammenfassung.Daraus magst du jetzt ersehen, was für ein Unverstandes ist, einen derart solide abgestützten Kuppelbau (mitden Wundern als Säulen und dem Prophetentum alsDach – A.d.Ü) auf Grund von angezweifelten Beispielenund missverstandenen Einzelheiten als schwankend undbaufällig zu betrachten.

In der Tat erweisen es diese (oben dargestellten) Ver-mehrungswunder: Mohammed-i Arabi, mit dem Friedeund Segen sei, ist der Geliebte und Beauftragte des All-barmherzigen und Freigiebigen Herrn, der allen ihre Ver-sorgung verleiht und ihre Versorgung (vermehrt und) er-schafft. Er ist Sein hochgeehrter Diener und Verehrer,dem Er aus dem Nichts, allein aus dem Unsichtbaren undentgegen allem Gewohnten, mit verschiedenen Speisendas Mahl bereitet. Es ist ja bekannt, dass die HalbinselArabien ein Landstrich ist, wo das Wasser und der Acker-boden rar sind. Darum waren seine Bewohner und be-sonders zu Beginn der islamischen Zeit die Sahabis einerNahrungsmittelknappheit ausgesetzt, zusätzlich zu demWassermangel, von dem sie so häufig betroffen waren.So ereigneten sich denn auch aus diesem Grunde diebedeutendsten unter den offensichtlichen Wundern Ah-meds, mit dem Friede und Segen sei, in Verbindung mitEssen und Trinken. So gelten denn diese Wunder, mehr

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als nur ein Zeugnis und ein Wunder zur Bestätigung sei-nes Prophetentums in einer Notlage, als ein HulderweisGottes, eine Gabe des Herrn, ein Gastmahl des Allerbar-mers für den Ehrenwerten Botschafter, mit dem Friedeund Segen sei. Denn die diese Wunder gesehen haben,haben sein Prophetentum bestätigt. Aber wenn ein Wun-der in Erscheinung trat, mehrte es ihren Glauben. Lichtüber Licht!

Achter Hinweispunkt

Erklärt einen Teil der Wunder, die mit dem Wasser inVerbindung stehen.

Einleitung: Es ist ja bekannt, dass die Richtigkeit vonGeschehnissen, die sich in einer Gemeinschaft ereignethaben, insoweit sie nur von einer einzigen Quelle (ahadi)überliefert wurden und insofern dabei kein Widersprucherfolgte, dennoch als erwiesen gilt. Denn es liegt im We-sen (fitrat) des Menschen, eine Lüge Lüge zu nennen undentspricht seinem natürlichen Interesse. Handelt es sichdabei insbesondere um Sahabis, die mehr als andereLeute vor einer Lüge nicht schweigen, und bezieht sichdann dieses Ereignis noch dazu auf den EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, und ist dannauch noch der, welcher es überliefert, unter den Sahabisbesonders bekannt, so wird dieser eine, welcher die Kun-de überliefert, diese ganz sicher als ein Vertreter dieserGemeinschaft weitergeben, die das Ereignis gesehenhat.

Was nun die Wunder betrifft, bei denen es um Wassergeht und die wir nun hier behandeln wollen, so ist ein je-des Beispiel, das wir hier anführen werden, über viele Ka-näle, durch die Hände vieler Sahabis gegangen und vontausenden Tabiine (= den Schülern der Sahabis) wiede-rum zur Hand genommen worden und diese haben eswiederum unversehrt den Händen der Mutschtehidine(d.h. ihren Schülern) im zweiten Jahrhundert d.H. über-

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geben. Auch diese haben es wiederum mit großem Ernstund aller Ehrerbietung als authentisch übernommen undes den Händen der Muhaqqiqin (Forscher) im nächstfol-genden Jahrhundert tradiert. So sind sie denn alle durchviele tausend zuverlässiger Hände gegangen, bis sieschließlich am Ende auch unser Jahrhundert erreichten.In der Tat wurden die Bücher mit den Ahadith unversehrtweitergereicht, bis sie in die Hände solch genialer Imameauf dem Gebiete der Ahadith (ilm-i hadith) wie Buchariund Moslim gelangten. Diese haben dann solche, derenRichtigkeit zweifelsfrei war, nach genauer Erforschungund Einteilung nach Abstufungen gesammelt, uns in ih-nen unterrichtet und sie uns so übermittelt.

»Möge Gott sie dafür überreichlich belohnen!«

So ist es denn eine allgemeine Überlieferung, dass denFingern des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, Wasser entströmte und er sehr vielen Men-schen davon zu trinken gegeben hat. So wurde es von ei-ner Gemeinschaft überliefert, deren Übereinstimmung ineiner Lüge unmöglich ist. Diese Wunder sind überaus si-cher. Sie haben sich z.B. dreimal in drei sehr großen Ge-meinschaften wiederholt. Eine Anzahl sehr vieler zuver-lässiger Leute, wie vor allem Buchari, Moslim, Imam Ma-lik, Imam Shu’ayb und Imam Qatada überliefern aufGrund von sicheren und zuverlässigen Berichten von ei-ner Anzahl berühmter Sahabis, wie vor allem Hasret En-nes, einem Diener des Propheten, Hasret Djabir, Hasretibn Mes’ud, dass Wasser in Mengen von seinen Fingernströmte und er es dem Heere zu trinken gab. Wir wollenhier nur neun von sehr vielen Beispielen dieser Art Was-serwunder anführen.

Erstes Beispiel: In zuverlässigen Büchern, besondersvon Buchari und Moslim, wird von Hasret Ennes aus zu-verlässiger Quelle berichtet: Hasret Ennes erzählt: »Wir

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waren unserer dreihundert Mann mit dem EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, in der Gegendvon Saura. Da befahl er uns, die Waschungen für dasNachmittagsgebet zu vollziehen. Wir hatten aber keinWasser mehr dafür. Da ordnete er an, ihm ein klein wenigWasser zu bringen, was wir auch taten. Er tauchte seinegesegneten Hände hinein. Darauf sah ich, wie seinenFingern Wasser wie ein Brunnen entströmte. Seine drei-hundert Mann kamen herbei, vollzogen alle die Wa-schungen und tranken.«105

So erzählt uns denn Hasret Ennes dieses Beispiel stell-vertretend für dreihundert Leute. Ja wäre es denn mög-lich, dass diese dreihundert Mann an diesem Bericht nichtinnerlich Anteil genommen hätten, oder aber, falls sie da-von Abstand genommen hätten, ihm nicht auch wider-sprochen hätten?

Zweites Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher, vor allemaber Buchari und Moslim berichten: Hasret Djabir ibn Ab-dullah al-Ansari erzählt: »Wir, tausendfünfhundert Leutein der Schlacht von Hudeybiya, waren durstig geworden.Da bediente sich der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Frie-de und Segen sei, eines ledernen Wassersackes, Qirbagenannt, um sich zu waschen (Abdest). Sodann tauchteer seine Hand hinein. Nun sah ich, wie seinen FingernWasser wie ein Brunnen entströmte… Tausendfünfhun-dert Leute tranken davon und füllten auch ihre eigenenWassersäcke daraus.« Salim ibn Abil Dja’d fragte einmalDjabir: »Wieviele Leute wart ihr?« Djabir gab ihm zurAntwort: »Wären es auch hunderttausend gewesen, hät-te es für sie gereicht. Doch wir waren fünfzehnhundert (al-so: tausendfünfhundert).«106

So sind es denn sinngemäß bis zu tausendfünfhundert,die dieses offensichtliche Wunder überliefern. Denn diemenschliche Natur hat den Wunsch und die Neigung, ei-ne Lüge eine Lüge zu nennen. Was aber die Sahabis be-trifft, so wäre es bei ihnen, nachdem sie um der Wahrheitund Aufrichtigkeit willen Leib und Leben, Haus und Hof,

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Hab und Gut, Vater und Mutter, Volk und Vaterland geo-pfert hatten, unmöglich gewesen, dass sie trotz der War-nung (ausgesprochen in) der Ehrwürdigen Überlieferung(hadithi sherif): »Wer immer absichtlich eine Lüge übermich erdichtet, der bereite sich auf seinen Platz in derHölle vor.« einer Lüge gegenüber geschwiegen hätten.Da sie aber geschwiegen haben, so bedeutet dies, dasssie an diesem Bericht innerlich Anteil genommen, ihn an-genommen und bestätigt haben.

Drittes Beispiel: Von der Schlacht bei Buvat berichtendie Zuverlässigen Bücher und wiederum besonders Bu-chari und Moslim.107 Hasret Djabir erzählt:

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, befahl:

»Rufe (die Leute) zu den Waschungen (abdest)!«

Man sagte ihm: »Es gibt kein Wasser.« Da entgegneteder Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Segen sei:»Dann sucht ein wenig Wasser!« Man brachte ihm einganz klein wenig Wasser. Da breitete er seine Händeüber dieses bisschen Wasser, trug etwas vor, was ichnicht verstehen konnte und befahl sodann:

»Bringt den großen Wassertrog der Truppe herbei!«

Man brachte ihn mir und ich stellte ihn vor den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, hin. Dahielt er seine Hände hinein und öffnete sie. Ich aber gossdas bisschen Wasser über seinen gesegneten Händenaus. Und siehe: seinen gesegneten Fingern entströmteeine große Menge Wassers. Der Trog wurde voll. Ich riefalle herbei, die Wasser brauchten und alle kamen, nah-men Abdest und tranken. Als ich sagte: »Es ist keiner

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mehr übrig geblieben.« hob er seine Hände auf und derTrog blieb noch gefüllt bis zum Rand.

So ist denn dieses offensichtliche Wunder Ahmeds(ASM) dem Sinne nach allgemein überliefert. Denn daHasret Djabir in dieser Angelegenheit an erster Stelle fun-giert, war es auch sein Recht, als erster davon zu erzäh-len. Und er berichtet darüber im Namen aller. Denn er wardamals derjenige, der den Dienst versah. Also war esauch sein Recht, vor allen anderen davon zu verkünden.Auch Ibn Mes’ud berichtet in gleicher Weise: »Ich sah,dass den Fingern des Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, Wasser entströmte.«108 Ja wäre esdenn möglich, dass eine Gruppe ganz bekannter, getreu-er Sahabis, wie Ennes, Djabir oder Ibn Mes’ud sagenkönnte: »Ich habe das gesehen.« und hätte es nicht ge-sehen?

Fasse nun diese drei Beispiele zusammen und erkennedaraus die Beweiskräftigkeit des Berichtes über ein so of-fensichtliches Wunder! Denn wenn man einen solchenBericht aus drei verschiedenen Quellen zusammensetzt,so erhält man einen zuverlässigen Beweis dafür, dassseinen Fingern Wasser entströmte, der einer detailliertenÜbereinstimmung (hakiki tevatur) gleichkommt. WennHasret Musa (Moses), mit dem der Friede sei, einem Fel-sen aus zwölf Quellen gleich Brunnen Wasser entströ-men ließ, so kann dies nicht die gleiche Bedeutung er-langen, wie das Wasser, das den zehn Fingern des Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,gleich zehn Wasserhähnen entströmte. Denn es ist zwarmöglich, dass einem Felsen Wasser entspringt, wofürsich Beispiele im alltäglichen Leben finden, dass jedochFleisch und Bein Ströme von Wasser wie Kauthar (= derStrom im Paradies) entspringen, dafür gibt es im Alltagkein Beispiel.

Viertes Beispiel: Neben anderen berichtet uns vor al-lem auch Imam Malik in seinem bekannten Buch »Muvat-ta«109 von Mu’adh ibn Djebel, einem berühmten Sahabi,

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dass Hasret Mu’adh ibn Djebel erzählt:Während der Schlacht bei Tabuk kamen wir an einen

Brunnen. Daraus floss ein Rinnsal dünn wie ein Bindfa-den. Da befahl der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei: »Sammelt etwas Wasser!« Sie sammel-ten ein wenig davon in ihren Händen. Der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, wusch seineHände und sein Gesicht. (Den Rest) Wasser schüttetenwir in den Brunnen (wieder zurück). Da öffnete sich plötz-lich der Auslass des Brunnens. (Das Wasser) floss inStrömen und reichte für das ganze Heer.

Imam Ibn Is’haq sagt sogar: Das Wasser des Brunnensverursachte unter der Erde ein Getöse wie Donnergrol-len. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, sagte zu Hasret Mu’adh:

»Dieses durch ein wunderbares Geschehen hervorgerufene Wasserwird weiter strömen und diese Gegend hier in Gärten verwandeln. Soweit du es erleben kannst, wirst du das noch sehen.«

Und so geschah es.Fünftes Beispiel: Von Hasret Bera berichtet vor allem

Buchari und von Hasret Salama ibn Equa berichtet Mos-lim und auch andere Zuverlässige Bücher erzählen über-einstimmend von noch weiteren Überlieferern:

Während der Schlacht von Hudeybiya kamen wir zu ei-ner Zisterne. Wir waren vierhundert Leute. Das Wasser inder Zisterne reichte jedoch nur für fünfzig Leute. Wirschöpften das Wasser aus und ließen nichts mehr darin-nen. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, kam, setzte sich auf den Brunnenrand und batum einen Eimer Wasser. Wir brachten ihm einen. Er tatein wenig Speichel aus seinem gesegneten Munde hineinund sprach ein Gebet. Dann leerte er den Eimer in dieZisterne aus. Sofort brauste das Wasser in der Zisterneauf, rauschte empor und füllte sie bis zum Rand. Das

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ganze Heer trank mit allen Tieren daraus;110 und sie füll-ten auch noch ihre Wassersäcke.

Sechstes Beispiel: Und wiederum berichten Zuverläs-sige Bücher, besonders solche von so hervorragendenImamen der Hadith-Forschung wie Moslim und Ibn Djerirat-Tabari, aus authentischer Quelle von dem berühmtenAbu Qatada, dass Abu Qatada erzählte:

Als in der berühmten Schlacht von Muta die Führer ge-fallen waren, eilten wir zu Hilfe. Ich hatte einen Wasser-sack bei mir. Da gab der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, die Anweisung:

»Hebe deinen Wassersack gut auf! Wir werden ihn noch dringend brau-chen.«

Dann kam der Durst. Wir waren zweiundsiebzig Leute(nach der Überlieferung von Taberi waren es dreihundertLeute) und wir hatten Durst. Da sagte der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei: »Bring deinenWassersack!« Ich brachte ihn. Er nahm ihn und brachtedessen Öffnung an seinen Mund. Ob er hineingeblasenhat oder nicht, weiß ich nicht. Doch dann kamen die zwei-undsiebzig Leute, tranken, füllten ihre Wassersäcke. ZumSchluss nahm ich ihn wieder: er war geblieben wie gege-ben.111

Siehe nun dieses offensichtliche Wunder Ahmeds(ASM) und sprich:

»Oh Gott, schenke nach der Anzahl der Wassertropfen ihm und seinerFamilie Friede und Segen.«

Siebentes Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher, vor allemBuchari und Moslim berichten von Hasret Imran Ibn Hu-seyn, dass Imran erzählt:

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Während einer Reise gingen dem Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, und auch uns dasWasser aus. Da gab er Ali und mir Anweisung: »An einembestimmten Ort geht eine Frau mit ihrem Lasttier, daszwei Säcke Wasser geladen hat. Geht und bringt sie mirher.« Ali und ich gingen, fanden die Frau mit ihren Was-sersäcken an dem bezeichneten Ort und brachten sieihm. Nun befahl er: »Füllt etwas Wasser in ein Gefäß!«Das taten wir. Er betete um den Segen. Daraufhin gossenwir das Wasser wieder in den Sack des Tieres zurück.Sodann erteilte er die Anordnung: »Es soll ein jeder her-beikommen und seinen Wassersack füllen.« Die ganzeTruppe kam herbei. Alle füllten ihre Wassersäcke und je-der trank. Sodann wies er sie an: »Macht eine Sammlungfür die Frau!« Da füllten sie ihre Schürze. Imran erzähltweiter: Ich bemerkte, wie das Wasser langsam die beidenSäcke wieder füllte, ja sogar noch mehr wurde. Nunwandte sich der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friedeund Segen sei, zu der Frau mit den Worten:

»Du magst nun gehen. Wir haben dir nichts von dem Wasser genom-men, vielmehr hat Gott der Gerechte uns aus Seinem Speicher damitgetränkt.«112

Achtes Beispiel: Es wird von Erzählern, besonders soberühmten wie Ibn Hasm in seinem Buche von HasretOmar Folgendes berichtet:

Während der Schlacht bei Tebuk ging uns das Wasseraus. Ja einige schlachteten sogar schon ihre Kamele undtranken in ihrem Durst deren Inneres. Da bat Abu Baqras’Siddiq den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, um sein Gebet. Da erhob der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, seine Hände(zum Gebet) und noch bevor er sie wieder gesenkt hatte,zogen sich Wolken zusammen und es strömte eine sol-che Menge Regen herab, dass wir unsere Wassersäcke

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füllen konnten. Unser Heer hatte seinen Anteil erhalten,als sich die Wolken verzogen, ohne unser Gebiet zu ver-lassen.113

Dies also heißt, dass es sich nicht um einen Zufall ge-handelt hatte, sondern einzig ein Wunder Ahmeds (ASM)gewesen war.

Neuntes Beispiel: Aus zuverlässiger Quelle wird be-richtet, dass vier Imame, Hadith-Forscher, von Amr ibnSchu’ayb, einem Nachkommen des berühmten Abdullahibn Amr ibn As erzählen: Vor dem Prophetentum ritt derEhrenwerte Botschafter, mit dem Friede und Segen sei,mit seinem Onkel Abu Talib auf einem Kamel. Als sie zueinem Ort namens Dhil Hidjas kamen, sagte Abu Talib:»Ich habe Durst.« Da stieg der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, ab und stampfte mit seinemFuß auf den Boden. Abu Talib trank.114

Einer der Hadithforscher sagte: Dieses Ereignis liegtzwar noch vor seiner Berufung zum Propheten, aber trotzdas es als Irhasat (= ein Zeichen aus der Zeit noch vorseiner Berufung) gilt, kann es dennoch als ein WunderAhmeds (ASM) betrachtet werden, weil noch nach tau-send Jahren dort an dieser Stelle der Brunnen »Arafat«zu finden ist.

So wird denn von diesen neun Beispielen, auch wennes sich dabei nicht um neunzig Beispiele handelt, den-noch auf neunzig verschiedene Weisen berichtet und unsso von diesen Wasser-Wundern Kunde gegeben. Dieletzten beiden Beispiele sind nicht auf die gleiche über-zeugende Weise überliefert worden, es gibt auch nichtviele Überlieferer, was jedoch das Wunder betrifft, das imachten Beispiel von Hasret Omar überliefert wird, so wirddoch von Hasret Omar ein zweites Wunder in Zuverlässi-gen Büchern überliefert, und zwar vor allem von ImamBeyhaki und Hakim. Hasret Omar bat den EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, um Regen zubeten, denn das Heer brauchte Wasser. Der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, erhob seine

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Hände. Plötzlich zogen sich Wolken zusammen, brachtenden Regen und dem Heer so viel Wasser, wie es benö-tigte und verzogen sich wieder.115

So wie diese Erzählung das achte Beispiel bestätigtund mit Sicherheit beweist, so sagt selbst ein Forscherwie Ibn Djausi, einer der berühmten Gelehrten, der beider Korrektur besonders anspruchsvoll war, der sogarviele Zuverlässige Überlieferungen als falsch betrachteteund zurückwies, über diese Erzählung, dass dies wäh-rend der berühmten Schlacht von Bedr so geschah.

»Und er sandte euch Wasser vom Himmel, sodass ihr euch durch die-ses reinigen könntet.« (Sure 8, 11)

Diese Ayah erklärt dieses Ereignis und bringt es zum Aus-druck. Da nun einmal diese Ayah auf dieses Ereignis ver-weist, bleibt an seiner Richtigkeit kein Zweifel mehr. Esgeschah oftmals, dass plötzlich durch ein Gebet des Pro-pheten Regen herabströmte, noch bevor er seine Händewieder gesenkt hatte. Das ist schon für sich allein einWunder mit allgemeiner Übereinstimmung. Manchmal er-hob er seine Hände, wenn er in der Moschee auf demMinber (Kanzel) stand und es begann zu regnen, nochbevor er seine Hände wieder gesenkt hatte. Auch dies istallgemein übereinstimmend überliefert.

Neunter Hinweispunkt

Eine der Arten Wunder des Ehrewerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, war, dass die Bäume sich vonihrem Platz weg bewegten und zu ihm kamen. DiesesWunder der Bäume ist genauso dem Sinne nach allge-mein überliefert, wie die Wunder, bei denen seinen ge-segneten Fingern Wasser entströmte. Es gibt verschiede-ne Formen und es wurde auch aus verschiedenen Quel-len überliefert. In der Tat kann man sagen, dass die Nach-

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richt darüber, dass ein Baum auf Befehl des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, seinen Platzverließ und zu ihm kam, offensichtlich allgemein überein-stimmend ist.116 Denn von den berühmten Getreuen unterden Sahabis Hasret Ali, Hasret Ibn Abbas, Hasret Ibn Me-s’ud, Hasret Ibn Omar, Hasret Ja’la Ibn Murra, HasretDjabir, Hasret Ennes Ibn Malik, Hasret Bureyda, HasretUssama Bin Seyd und Hasret Geylan Ibn Salama hat je-der mit Sicherheit vom gleichen Baum-Wunder berichtet.Hunderte von Imamen unter den Tabiin haben solche Be-richte von jedem der oben erwähnten Sahabis über einBaum-Wunder erhalten, und zwar jedes Mal wieder auseiner anderen Quelle. Sie haben sie uns sozusagen inForm einer vielfach beweiskräftigen Übereinstimmungüberbracht. So sind denn diese Baum-Wunder dem Sin-ne nach zuverlässige allgemeine Überlieferungen, an de-nen kein Zweifel möglich ist.

Wir wollen hier nun für dieses große Wunder einige Bei-spiele unter vielen anführen, so wie sie zuverlässig über-liefert sind:

Erstes Beispiel: Vor allem Imam Madja Darini undImam Beyhaki berichten aus authentischer Quelle vonHasret Ennes ibn Malik und zudem berichten Hasret Aliund Besas und Imam Beyhaki von Hasret Omar, dass diedrei Sahabis gesagt haben:

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, stand noch unter dem Eindruck des Widerspruchsvon Seiten der Ungläubigen und war deswegen betrübt.Da sagte er:

»Oh Herr, gib mir ein Zeichen, sodass es danach niemanden mehrgeben wird, der mir noch widerspricht!«

Nach der Überlieferung von Ennes war der Erzengel Ga-briel da. Ein Baum wuchs an einem Hang. Auf Anweisung

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des Erzengels Gabriel rief der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, diesen Baum zu sich. Dieserkam und als er zu ihm sagte: »Geh!« ging er wieder zu-rück und verwurzelte sich erneut.

Zweites Beispiel: In dem Buch »Shifa esh-Sherif« be-richtet Qadi Iyas, ein Gelehrter aus dem Westen, aufGrund einer Reihe von Überlieferern von hohem und

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de auf und näherte sich dem Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei. Dreimal forderte der Eh-renwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, ihnauf, die Schehada (= das Zeugnis) abzulegen. Jedes Malbezeugte der Baum seine Richtigkeit. Dann gab er ihmerneut Befehl. Der Baum ging und verwurzelte sich wie-der.118 Hasret Bureyde Ibn Hasib Al-Eslemi sagt: »Als wireinmal bei dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, waren, kam einmal ein Bauer und ver-langte ein Zeichen, also ein Wunder. Der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, befahl ihm:

»Sprich zu diesem Baum: Der Gesandte Gottes ruft dich!«

Er zeigte auf einen Baum. Der Baum schwankte nachrechts und links, zog seine Wurzeln aus der Erde, begabsich in die Gegenwart des Propheten und sagte zu ihm:

»Friede sei mit dir, oh Gesandter Gottes!«

Sodann sagte der Bauer: »Er soll wieder zurück an sei-nen Platz gehen!« Er befahl es ihm und der Baum begabsich zurück an seinen Platz. Da sagte der Bauer: »Erlau-be mir, mich vor dir niederzuwerfen!« Er entgegnete ihm:»Das ist niemandem erlaubt.« Da sagte er: »So möchteich denn deine Hände und Füße küssen.« Dies erlaubteer ihm.119

Drittes Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher, vor allemdas Buch von Moslim, berichten: Djabir sagt: Einmal be-fanden wir uns mit dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, auf einer Reise. Da suchte er ei-nen Platz, um seine Notdurft zu verrichten. Es gab aberdort kein Fleckchen, um sich dorthin zurückzuziehen. Dabegab er sich zu zwei Bäumen. Er ergriff den einen an ei-

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nem Ast und zog an ihm. Der Baum gehorchte ihm undging mit ihm. Er brachte ihn zu dem anderen Baum. Sowie ein gehorsames Kamel am Zügel geführt folgt, sobrachte er die beiden Bäume zueinander. Dann sagte erzu ihnen:

»Vereinigt euch über mir, mit Gottes Erlaubnis!«

Da vereinigten sich die beiden miteinander und bildeteneinen Schirm. Nachdem er hinter ihnen seine Notdurftverrichtet hatte, gab er ihnen einen Befehl und sie kehr-ten an ihren Ort zurück.120 Nach einer anderen Überliefe-rung erzählt wiederum Hasret Djabir:

Er hat mir befohlen:

»Oh Djabir! Sage zu diesen Bäumen: Der Gesandte Gottes spricht zueuch: Vereinigt euch miteinander, damit er sich hinter euch beidenniedersetzen kann.«

Ich sagte es so. Da vereinigten sie sich. Während ichnoch wartete, kam plötzlich der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, wieder hervor. Er gab mitseinem Kopf ein Zeichen nach rechts und links. Da kehr-ten die beiden Bäume an ihre Plätze zurück.121

Viertes Beispiel: Nach einer zuverlässigen Überliefe-rung erzählte Usama bin Seyd, der einer von den tapfe-ren Kommandanten und gleichzeitig ein Diener des Eh-renwerten Gesandten war: Auf einer Reise waren wir mitdem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, zusammen. Für seine Notdurft gab es keinen einsa-men, abgeschirmten Platz. Er fragte mich:

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»Kannst du irgendwelche Bäume oder Felsen sehen?«

Ich entgegnete ihm: »Ja, die gibt es.« Da befahl er, indemer sagte:

»Sprich zu diesen Bäumen: Vereinigt euch für die Notdurft des Gesand-ten Gottes! Und sprich zu den Felsen: Versammelt euch wie eineMauer.«

Da ging ich und sprach so. Ich schwöre, dass die Bäumesich vereinigten und die Steine eine Mauer bildeten.Nachdem der Ehrenwerte Gesandte seine Notdurft ver-richtet hatte, gab er wiederum Befehl:

»Sage zu ihnen, dass sie sich wieder voneinander trennen sollen.«

Ich schwöre bei dem Herrn in Seiner Majestät, in dessenMacht meine Seele liegt: Die Bäume und Steine trenntensich und kehrten an ihre Plätze zurück.122 Diese beidenBerichte, die Hasret Djabir und Ussama überliefern, er-zählen in ähnlicher Weise auch Ja’la Ibn Murra, GhaylaIbn Salama as’Saqafi und Hasret ibn Mes’ud von derSchlacht bei Huneyn.

Fünftes Beispiel: Imam Ibn Furek, der berühmtesteGelehrte seiner Zeit, der als Zeichen seiner Fähigkeitenbei der Koranexegese und wegen seiner Tugenden »derzweite Schafi« genannt wurde, berichtet mit Sicherheit:Während der Schlacht von Taif schlief der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, einmal nachtsauf dem Pferde reitend ein. In diesem Zustand ritt er auf

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einen Baum zu. Da öffnete ihm der Baum einen Weg, in-dem er sich entzwei teilte, um das Pferd nicht zu verlet-zen. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, ritt mit seinem Reittier mitten durch ihn hindurch.Bis in unsere Tage verharrte dieser Baum so in Ehrerbie-tung in seinen zwei Stämmen.123

Sechstes Beispiel: Hasret Ja’la124 berichtet aus zuver-lässiger Quelle: Auf einer Reise kam ein Baum, der Talhaoder auch Samura genannt wird. Er umwandelte den Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,verehrungsvoll und kehrte dann wieder an seinen Platzzurück. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, sagte:

»Dieser Baum bat Gott den Gerechten um die Erlaubnis, mich zu grü-ßen.«

Siebentes Beispiel: Die Hadith-Gelehrten berichten ausauthentischer Quelle von Ibn Mes’ud: Ibn Mes’ud sagte:In einem Ort namens Batn Nahl kamen eines Tages dieDschinnen von Nussaybin zu dem Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, um den Islam anzu-nehmen. Da meldete ein Baum ihre Ankunft. Außerdemüberliefert Imam Mudjahid zu diesem Bericht von Ibn Me-s’ud, dass diese Dschinnen ein Zeichen wollten. Der Eh-renwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, be-fahl einem Baum, der kam aus seinem Platz im Bodenheraus zu ihm. Danach kehrte er wieder an seinen Platzzurück.125

Also genügte für diese Gruppe von Dschinnen schonein einziges Wunder. Wenn demnach ein Mensch, dervon tausenden Wundern gleich diesem Wunder vernom-men hat, dennoch nicht zum Glauben gelangt, würde deretwa nicht noch teuflischer sein als die Teufel unter denDschinnen, die sagten:

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»Es sagte einer der Toren unter uns eine Unwahrheit gegen Gott.«(Sure 72, 4)

Achtes Beispiel: Tirmidhi berichtet aus authentischenQuellen von Hasret Ibn Abbas. Ibn Abbas sagt:

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, sagte einmal einem Beduinen:

»Wenn ich diesen Ast an diesem Baum rufe, und wenn er zu mir kommt,würdest du dann den Glauben annehmen?«

Der antwortete: »Ja!« Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, rief ihn. Der Ast löste sich aus derKrone des Baumes und kam zu ihm gesprungen. Danachbefahl er ihm erneut. Da ging er wieder zurück an seinenPlatz.126

So wie die oben angeführten acht Beispiele gibt esnoch viele ähnliche Beispiele, welche uns aus unter-schiedlichen Quellen überliefert worden sind. Es ist ja be-kannt, dass sieben, acht Schnüre miteinander verflochtenein starkes Seil bilden. Dementsprechend sind solcheBaum-Wunder, die von diesen so berühmten unter dengetreuen Sahabis durch so verschiedenen Quellen über-liefert worden sind, ebenso beweiskräftig wie eine sinn-gemäße, oder sogar eine tatsächliche allgemeine Über-einstimmung. Sie erhalten in der Tat die Form einer allge-meinen Überlieferung, wenn sie von den Sahabis in dieHände der Tabiine übergehen. Besonders die Zuverlässi-gen Bücher, wie Buchari, Moslim, Ibn Hibban und Tirmid-hi bildeten und bewahrten eine Kette, die bis in die Zeitder Sahabis zurückreicht, so zuverlässig, dass in ihnen,z.B. in Buchari einen Bericht zu finden, gleichbedeutendist, ihn direkt von den Sahabis zu hören.

Wenn also Bäume diesen Ehrenwerten Gesandten, mit

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dem Friede und Segen sei, wie aus den obigen Beispie-len zu ersehen ist, erkennen und seine Sendung bestäti-gen, ihn besuchen, ihn grüßen, seine Befehle hören undihnen gehorchen, einige herz- und hirnlose Geschöpfe,die sich Menschen nennen, ihn aber nicht anerkennen,nicht an ihn glauben, würden sie dann, unbedeutend undwertlos wie ein Stück Holz, ja noch wertloser als ein ver-trockneter Baum, nicht das Feuer (der Hölle) verdienen?

Zehnter Hinweispunkt

Hier handelt es sich um das Wunder von Haninu-l’Djis’,welches allgemein überliefert ist und die Baum-Wundernoch weiter bestätigt. Denn es unterstreicht in der Tatnoch die oben angeführten Beispiele von Baum-Wundernund bekräftigt sie noch dazu, wenn in der Heiligen Mo-schee des Propheten ein vertrockneter Baumstumpf voreiner großen Gemeinschaft wegen einer vorübergehen-den Trennung von Ahmed (ASM) zu weinen beginnt.Denn er war ja auch einmal ein Baum, ist von der glei-chen Art. Aber es ist besonders in dieser Weise allgemeinüberliefert. Was die anderen Arten betrifft, so gehört jedeseinzelne Wunder durch seine Gruppe zu den Überliefe-rungen allgemeiner Art. Viele erreichen einzeln für sichnicht den Grad einer eindeutigen Überlieferung.

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, lehnte sich in der Tat gegen den trockenen Stumpf ei-ner Dattelpalme, wenn er eine Hutba (Predigt) gab. Spä-ter wurde dann ein ehrwürdiger Minber errichtet und derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,bestieg diesen Minber, um seine Hutba zu beginnen.Während er noch sprach, begann der Palmstumpf zu wei-nen, so wie wenn ein Kamel stöhnt. Die ganze Gemeindekonnte es hören. Erst als der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, zu ihm hin ging, seinen Armauf ihn stützte, ihm zusprach, ihn tröstete, hörte er wiederauf. Dieses Wunder Ahmeds (ASM) wird uns aus sehr

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vielen verschiedenen Quellen mit der Sicherheit einerÜbereinstimmung überliefert.

Dieses Wunder, Haninu-l’Djis’, ist in der Tat weithin be-kannt und berühmt und seine Überlieferung ist eindeu-tig.127 Die führenden Persönlichkeiten unter den Sahabisund ihre Gelehrten haben dieses Wunder über fünfzehnverschiedene Kanäle und durch Hunderte von Imamender Tabiine den nächsten Jahrhunderten berichtet. Be-rühmte Gelehrte aus dieser Gemeinschaft der Sahabisund führende Persönlichkeiten der Hadith-Überlieferun-gen wie Hasret Ennes Ibn Malik (ein Diener des Prophe-ten), Hasret Djabir Bin Abdullah al-Ensari (ebenfalls einDiener des Propheten), Hasret Abdullah ibn Omar, HasretAbdullah Bin Abbas, Hasret Sahl Bin Sa’d, Hasret AbuSa’id Al-Khudri, Hasret Ubeyy Ibn Al-Ka’b, Hasret Burey-da und die Mutter der Gläubigen, Hasret Ummu Salamahaben der Islamischen Gemeinschaft (Umma) von dem-selben Wunder berichtet, und zwar ein jeder von ihnenauf unterschiedlichem Wege. Auch die zuverlässigen Bü-cher, vor allem Buchari und Moslim haben den Jahrhun-derten nach ihnen von diesem als zuverlässig überliefer-ten großen Wunder unter Angabe der Quelle berichtet.

So heißt es in der Überlieferung von Hasret Djabir: DerEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,pflegte, wenn er in der ehrwürdigen Moschee eine Hutbagab, an einen Palmstumpf, Djis’un-Nachl, gelehnt, zu pre-digen. Nachdem der ehrwürdige Minber (Kanzel) errichtetworden war, ging der Prophet zu diesem Minber. Doch dakonnte der Palmstumpf nicht länger an sich halten undbegann wie ein trächtiges Kamel laut aufstöhnend zu wei-nen.128 In der Überlieferung von Hasret Ennes heißt eshier: Er stöhnte gleich einem Büffel, sodass die Moscheeerzitterte.129 In der Überlieferung von Sehl Ibn Sa’d heißtes: Auf sein Weinen hin, verbreitete sich dieses Weinenauch unter dem Volk.130 In der Überlieferung von HasretUbeyy Ibn Al-Ka’b heißt es: Er weinte so sehr, dass ersich spaltete.131 Wieder in einer anderen Überlieferung

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sagte der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei:

»Siehe, er weint über seine Trennung von dem Gedenken Gottes(dhikr).«132

Und wiederum in einer anderen Überlieferung sagte er:

»Hätte ich ihn nicht umarmt und getröstet, würde er bis zum Auferste-hungstage weiter geweint haben.«133

In der Überlieferung von Hasret Bureyda heißt es: Als derPalmstumpf zu weinen begann, legte der Ehrwürdige Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, seine Hand aufihn und sagte zu ihm:

»Wenn du willst, werde ich dich wieder in den Garten zurückversetzen,in dem du gefällt worden bist. Deine Wurzeln werden treiben, deineZweige sich entfalten und du wirst wieder Frucht tragen. Aber wenn duso willst, werde ich dich auch ins Paradies versetzen und die FreundeGottes, die Heiligen werden von deinen Früchten essen.«

Dann hörte er, was der Palmstumpf sagte und auch dieLeute hinter ihm, hörten, wie der Palmstumpf sprach:

»Pflanze mich ins Paradies, sodass die geliebten Diener Gottes, desGerechten von meinen Früchten essen können. Außerdem ist dies einOrt, wo es keinen Verfall gibt.«

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Da sagte der Ehrenwerte Gesandte Gottes, mit dem Frie-de und Segen sei:

»Ich will es.«

Danach sagte er:

»Er hat die Welt der Ewigkeit der Vergänglichkeit vorgezogen.«134

Der berühmte Abu Is’haq Isfarani, einer der großen Ima-me der Theologie, überliefert: Der Ehrwürdige Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, ist nicht zu dem Palm-stumpf gegangen, vielmehr ist der Palmstumpf auf seinenBefehl zu ihm gekommen. Sodann hat er ihm befohlen.Da kehrte er wieder an seinen Ort zurück.135 HasretUbeyy Ibn Al-Ka’b sagt: Nach diesem wunderbaren Er-eignis hat der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, befohlen: »Dieser Palmstumpf soll unter denMinber gestellt werden.« Da wurde er unter den Minbergestellt, bis dieser bei der Renovierung der Moschee her-ausgenommen wurde. Da bewahrte ihn Hasret Ubeyy IbnAl-Ka’b bei sich auf, bis er zerfiel.136 Der berühmte HasanBasri weinte immer, wenn er seine Schüler über dieseswunderbare Ereignis unterrichtete, und sagte jedes Mal:Ein Baumstumpf bezeigt dem Ehrwürdigen Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, Liebe und Zuneigung. Ihraber müsstet diese Liebe und Zuneigung noch weit mehrempfinden.137 Das heißt für uns: Ja, und in der Tat istSehnsucht, Zuneigung und Liebe zu ihm nur im Gehor-sam zu seiner Sunna (Tradition) und seiner leuchtendenScheriah (dem heiligen Gesetz) möglich.

Ein wichtiger Punkt: Man könnte vielleicht fragen: Wa-rum wurde das Wunder, das sich bei der Grabenschlachtereignete, jenes Speisewunder, bei dem tausend Mannmit vier Handvoll Nahrung gesättigt wurden, und jenes

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Wasser-Wunder, bei dem sich fünftausend Leute an demWasser satt tranken, das seinen gesegneten Fingern ent-strömte, nicht so ausführlich berichtet und über so vieleKanäle überliefert wie jenes Wunder von Hanin-i Djis’?Und dabei hatten sich doch jene beiden Wunder ange-sichts einer weit größeren Menge ereignet!

Antwort: Die Wunder, die in Erscheinung treten, sindvon zweierlei Art. Ein Teil von ihnen wurde als ein Beweisfür sein Prophetentum gezeigt, manifestierte sich durchdie Hand des Ehrwürdigen Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei. Hanin-i Djis’ ist von jener Art, die einzigsich ereignete, um sein Prophetentum zu bestätigen, umdafür als Beweis zu dienen, um den Glauben der Gläubi-gen zu stärken, die Heuchler zu Aufrichtigkeit und Glau-ben zu führen und die Ungläubigen zum Glauben zu be-kehren. Deswegen haben es alle Leute, einfache wie ge-bildete, gesehen und es wurde großer Wert darauf gelegt,die Kunde davon weithin zu verbreiten.

Was jedoch die Wunder betrifft, die sich über Speiseund Trank ereigneten, so sind sie mehr das Wunder einesHeiligen (keramet) als das eines Propheten (mu’djise), jamehr ein Erweis göttlicher Huld (ikram), ja mehr ein Gast-mahl des Allbarmherzigen angesichts einer Notlage. Des-wegen liegt, obwohl Beweis für seinen Anspruch auf dasProphetentum und ein Wunder, ihre eigentliche Bedeu-tung darin: So wie Gott der Gerechte aus einem Dattel-kern ein Batman Datteln erschafft, so bereitet Er auch, alsdas Heer hungrig ist, aus vier Handvoll seiner unsichtba-ren Schatzkammer ein Gastmahl für tausend Mann undebenso spendet Er einem Heer, das Durst hat, Wasser,das durch die Finger Seines großen Kommandanten wieKauthar (der Strom des Paradieses) strömt. Es ist alsoaus diesem Grund (Sirr), dass jedes Beispiel eines Wun-ders über Speise und Trank nicht die Bedeutung von Ha-ninu-l’Djis’ erreicht. Doch sind die verschiedenen Beispie-le dieser beiden Arten Wunder in ihrer Gesamtheit eben-so zahlreich und mit einer solch allgemeinen Überein-

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stimmung überliefert wie Haninu-l’Djis’. Zudem konntenicht ein jeder die Vermehrung der Speisen und den Was-serstrom von seinen Fingern sehen, sondern nur dessenErgebnis (nämlich die vollen Gefäße – A.d.Ü). Das Stöh-nen des Palmstumpfes jedoch konnte ein jeder hören.Deswegen fand die Kunde davon auch eine so weite Ver-breitung.

Und weiter könnte man vielleicht fragen: Die Saha-bis haben die Art und Weise des Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, sich zu bewegen, sichauszudrücken und zu verhalten, mit vollendeter Sorgfaltin sich aufgenommen, bewahrt und weiter gegeben. Wiekommt es dann, dass so gewaltige Wunder nur aus zehn,zwanzig Quellen überliefert werden? Sie müssten aushundert Quellen berichtet werden. Und wie kommt es,dass von Hasret Ennes, Djabir und Abu Huraira so viele,von Hasret Abu Baqr und Omar aber nur wenige berich-tet werden?

Antwort: Die Antwort auf den ersten Teil der Fragewurde bereits im dritten Grundsatz des vierten Hinweis-punktes behandelt. Nun aber, was den zweiten Teil derFrage betrifft: So wie ein Mensch, der eine Medizin benö-tigt, zu einem Arzt geht, oder, wenn er einen Bauplanbraucht, zu einem Architekten geht und dann von seinemArchitekten erzählt, oder aber die Behandlung von Ge-setzesfragen von einem Mufti erbittet u.dgl., so warenauch unter den Sahabis zur Unterrichtung künftiger Ge-nerationen ein Teil der Gelehrten der Sahabis innerlichaufgerufen. Darum bemühten sie sich dann mit ganzerKraft. Und tatsächlich hat Hasret Abu Huraira sein ganzesLeben dem Auswendiglernen der Ahadith gewidmet. Has-ret Omar hat sich mit der Welt der Politik und der »Gro-ßen Nachfolge« (dem Kalifat) beschäftigt. Deshalb ver-traute er solchen Persönlichkeiten wie Abu Huraira, En-nes und Djabir die Unterrichtung der Umma in den Aha-dith an und überlieferte selbst nur wenige von ihnen.Wenn also nun in einem Bericht über ein Ereignis ein

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durchaus bekannter und zudem als treu, zuverlässig undaufrichtig erprobter Mann unter den gebildeten Sahabisals Quelle angeführt wird, so darf man sagen, dass diesgenügt und es ist nicht mehr notwendig, noch einen wei-teren als Quelle anzugeben. Deswegen auch werden ei-nige, bedeutende Ereignisse nur durch zwei, drei Kanäleüberliefert.

Elfter Hinweispunkt

So wie der zehnte Hinweispunkt die Wunder des Prophe-ten aufzeigt, die sich unter Bäumen ereignet haben, sollnun im elften Hinweispunkt gezeigt werden, welche Wun-der des Propheten sich unter den unbelebten Dingen, wieSteinen, Felsen und Bergen ereignet haben. So wollenwir denn nun hier unter vielen, zahlreichen Beispielen,sieben, acht Beispiele anführen.

Erstes Beispiel: Hasret Qadi Iyad, der Gelehrte ausdem Westen, berichtet in seinem Buch »Heilige Gene-sung (Shifa esh-Sherif)« unter Angabe hochstehenderPersönlichkeiten, desgleichen auch so bedeutende Ima-me wie Buchari aus zuverlässiger Quelle: Hasret IbnMes’ud, ein Diener des Propheten erzählt: Während wirmit dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, zusammen aßen, hörten wir, wie die SpeisenGott lobten und priesen.138

Zweites Beispiel: Aus zuverlässiger Quelle berichtendie Zuverlässigen Bücher von Ennes und Abu Dharr:Hasret Ennes (ein Diener des Propheten) erzählt139: Wirbefanden uns neben dem Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei. Da nahm er Steinchen in sei-ne Hand. Sie begannen in seiner gesegneten Hand Gottzu loben und zu preisen. Sodann legte er sie Abu Baqras’Siddiq in die Hand und wiederum begannen sie ihrTesbih. Eine Quelle gibt an, dass Abu Dharr el-Ghiffari140

sagt: Danach gab er sie Hasret Omar in die Hand. Wie-

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der begannen sie den Tesbih. Dann nahm er sie und leg-te sie auf die Erde. Sie schwiegen. Dann nahm er sie wie-der auf und legte sie Hasret Othman in die Hand. Wiederbegannen sie den Tesbih. Weiter berichten Hasret Ennesund Abu Dharr: »Er legte sie in unsere Hand und sieschwiegen.«

Drittes Beispiel: Einer zuverlässigen Überlieferungüber Hasret Ali, Hasret Djabir und Hasret Aysha as’Siddi-qa zufolge steht fest, dass Steine und Felsen zu dem Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,sagten:

»Friede sei mit dir, oh Gesandter Gottes!«

Eine andere Quelle überliefert von Hasret Ali (RA):»Wann immer wir zu Beginn seiner prophetischen Sen-dung mit dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, in der Gegend von Mekka umhergehendan Bäumen und Felsen vorüberkamen, sprachen sie:

»Friede sei mit dir, oh Gesandter Gottes!«141

Nach einer anderen Quelle sagt Hasret Djabir: Wenn derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, anFelsen und Bäumen vorüber kam, verneigten sie sich vorihm (sie machten ihm einen Diener)142 und sagten:

»Friede sei mit dir, oh Gesandter Gottes!«

Und nach wieder einer anderen Überlieferung von HasretDjabir143 sagte der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei:

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»Ich weiß einen Stein, der mich grüßt.«

Einige sagen, er habe damit den Schwarzen Stein be-zeichnet. Nach wiederum einer anderen Quelle hat Has-ret Aysha erzählt:

»Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, sagte:Nachdem Gabriel mir die Botschaft überbracht hatte, ereignete es sich,dass ich an keinem Felsen oder Baum mehr vorüber kam, ohne dassdieser zu mir sagte: Friede sei mit dir, oh Prophet Gottes.«144

Viertes Beispiel: Aus zuverlässiger Quelle wird von Has-ret Abbas145 berichtet, dass der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, Hasret Abbas und seinevier Söhne (Abdullah, Ubeydullah, Fadl, Kussem) mit ei-nem Überwurf, den man Mulaat nennt, bedeckte und übersie betete, indem er sagte:

»Oh Herr, dies ist mein Onkel. Behüte durch mich diese seine Söhneund bewahre sie vor dem Feuer, so wie ich sie jetzt mit diesem Über-wurf bedecke.«

Da sagten das Dach, die Türe und die Wände des Hau-ses »Amin, Amin.« und schlossen sich sogleich dem Ge-bet an.

Fünftes Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher, vor allemaber Buchari, Ibn Hibban, Davud, Tirmidhi berichten über-einstimmend von Hasret Ennes146, Abu Huraira147, Oth-

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man Sinnureyn148, Sa’id Ibn Seyd149 (einer der zehnGlückseligen): Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, stieg zusammen mit Abu Baqr as’Siddiq,Omaru-l’Faruq und Othman Sinnureyn auf den BergUhud. Der Berg Uhud erzitterte entweder aus Respektvor ihrer Größe oder vor Freude. Da sagte der Ehrenwer-te Gesandte, mit dem Friede und Segen sei:

»Bleibe ruhig, oh Uhud! Denn auf dir steht ein Prophet, einer seinerGetreuen und zwei seiner Blutzeugen.«

Diese Hadith ist eine Voraussage aus dem Unsichtbaren,dass Hasret Omar und Othman Märtyrer werden würden.In Ergänzung zu diesem Beispiel wurde überliefert, dassder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,als er von Mekka nach Medina auswanderte und verfolgtvon den Ungläubigen, auf einen Berg namens Sebirstieg.150 Sebir aber sagte: »Oh Gesandter Gottes, steigewieder herab von mir! Denn ich habe Angst davor, dassGott mich strafen wird, wenn Sie auf meinem Rücken fal-len werden. Und davor fürchte ich mich.« Da aber ent-gegnete der Berg Hira:

»Oh Prophet Gottes, komm zu mir.«

Es ist aus diesem Grunde, dass Menschen mit Herz (= in-nerer Wahrnehmung) auf dem Berge Sebir eine Furchtverspüren, auf dem Berg Hira dagegen sich sicher fühlen.

Aus diesem Beispiel wird verständlich, dass auch diesegroßen Berge, jeder für sich, Diener und Verehrer Gottessind, die Gott loben und preisen und ihm ergeben sind.Sie kennen den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, lieben ihn und sind nicht ohne einen Sinnund Nutzen.

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Sechstes Beispiel: Aus zuverlässiger Quelle wird vonAbdullah Ibn Omar151 berichtet, er habe gesagt: Währendder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,vom Minber die Hutba hielt, zitierte er die Ayah 39, 67:

»Sie haben Gott nicht recht eingeschätzt. Doch die Erde wird nur nocheine Handvoll sein am Tage der Auferstehung und die Himmel wird Erzusammengefaltet in Seiner Rechten halten.«

und er sprach:

»Siehe es rühmt der Allgewaltige sich selbst. Und Er sagt: Ich bin derAllmächtige, Ich bin der Allgewaltige, Ich bin der Hohe, der Erhabene.«

Als er dies sagte, erzitterte, schwankte und wankte derMinber so sehr, dass wir befürchteten, der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, würde von sei-nem Beben herunterfallen.

Siebentes Beispiel: Aus zuverlässiger Quelle wird vonHasret ibn Abbas, dem Lehrer der Umma und Sprachrohrdes Qur’an, und von Ibn Mes’ud152, einem Diener desPropheten und großem Wissenschaftler unter den Saha-bis berichtet, dass sie sagten:

Am Tage der Eroberung von Mekka gab es in der Kaa-ba und seiner Umgebung dreihundertundsechzig Götzen,die mit Blei an den Felsen befestigt waren. Der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, deutetemit seinem Krummstab auf jeden einzelnen Götzen vonihnen und sprach:153

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»Es kam die Wahrheit und schwand was nichtig ist. Denn was nichtigist, muss vergehen.« (Sure 17, 81)

Auf den er aber deutete, der stürzte zur Erde. Deutete erauf die Fratze des Götzen, stürzte der hintenüber, deute-te er auf dessen Rücken, so fiel er aufs Gesicht usw. Sopurzelten sie alle herunter.154

Achtes Beispiel: Dies ist die berühmte Geschichte vondem berühmten Mönch Bahira. Noch vor seiner Berufungkam der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, einmal auf einer Handelsreise mit seinem Onkel,Abu Talib, und einigen anderen vom Stamme Qureyshnach Damaskus. Als sie in die Nähe der Kirche des Mön-ches Bahira kamen, ließen sie sich nieder. Da kam derMönch Bahira155, der als Einsiedler nie mit den MenschenUmgang pflegte, plötzlich zu ihnen heraus. Er hatte in derKaravane Mohammed, den Vertrauenswürdigen (ASM)gesehen. Da sagte er zu der Gesellschaft: »Dieser ist derErste der Schöpfung und wird ein Prophet werden.« Dafragten ihn die Qureyshis: »Woher weißt du das?« Derehrwürdige Mönch entgegnete ihnen: »Als ich euch an-kommen sah, erblickte ich über euch ein Wölkchen. Alsihr euch niederließet, bewegte sich die Wolke zu diesemVertrauenswürdigen Mohammed (ASM) hin und spende-te ihm Schatten. Außerdem sah ich noch: Die Felsen undBäume verneigten sich vor ihm wie seine Diener. Diesaber tun sie nur vor den Propheten.«156

So gibt es denn vielleicht achtzig Beispiele ähnlich denoben angeführten acht Beispielen. Fügt man sie alle zu-einander, so bilden sie miteinander ein unzerreißbaresSeil. Was dieses Seil hält, vermag kein Zweifel mehr zuerschüttern. Diese Art Wunder als Ganzes betrachtet,d.h., dass unbelebte Dinge gesprochen haben, um sei-nem Anspruch, ein Prophet zu sein, als Beweis zu die-nen, bringt die Sicherheit und Gewissheit einer sinnge-mäßen allgemeinen Übereinstimmung zum Ausdruck. Je-des Beispiel erhält durch die Beweiskraft des Ganzen ei-ne zusätzliche Kraft, die noch stärker ist als die eigene

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Kraft.In der Tat gewinnt eine schwache Säule, wenn sie

gleichsam Schulter an Schulter neben andere, stärkereSäulen tritt, auch selbst noch an Festigkeit. Und einschwacher Mann, wenn er als Soldat in ein Heer eintritt,erhält dadurch eine solche Macht, dass er (als General)tausend Mann herausfordern kann.

Zwölfter Hinweispunkt

Folgende drei Beispiele stehen noch in Verbindung mitdem elften Hinweis, sind jedoch besonders wichtige Bei-spiele.

Erstes Beispiel:

»Nicht du warfst, als du geworfen hast, sondern Gott warf.« (Sure 8, 17)

Mit diesem unmissverständlichen Hinweis berichtet dieseAyah entsprechend den Nachforschungen aller Kommen-tatoren und Erklärungen aller Hadith-Forscher: Der Eh-renwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, nahmeine Handvoll Erde mit Steinchen und schleuderte sie indas Gesicht des Heeres der Ungläubigen mit den Worten:

»Abscheulich ist sein Gesicht!«157

Sobald dieses Wort:

»Abscheulich ist sein Gesicht!«

in die Ohren eines jeden einzelnen drang, drang auchdiese Handvoll Erde in die Augen eines jeden einzelnenUngläubigen. Jeder war mit seinen Augen beschäftigt;und so flohen sie plötzlich mitten in ihrem Angriff.

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Und weiter überliefern die Hadith-Gelehrten, vor allemImam Moslim158: In der Schlacht von Huneyn warf er ge-nauso wie bei Bedr, während die Ungläubigen bereits ei-nen Sturmangriff liefen, wiederum eine Handvoll Erde, in-dem er ausrief:

»Abscheulich ist sein Gesicht!«

Sobald dieses Wort:

»Abscheulich ist sein Gesicht!«

in die Ohren eines jeden einzelnen drang, flog, mit der Er-laubnis Gottes, auch in eines jeden einzelnen Gesicht ei-ne Handvoll Erde. Beschäftigt mit ihren Augen, flohen sie.So also liegen diese wunderbaren Vorfälle von Bedr undHuneyn nicht innerhalb gewöhnlicher Ursachen und desmenschlichen Vermögens. Deshalb auch erklärt derQur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist:

»Nicht du warfst, als du geworfen hast, sondern Gott warf.« (Sure 8, 17)

Das heißt, diese Vorfälle liegen außerhalb des mensch-lichen Vermögens. Sie ereigneten sich nicht durch Men-schenkraft, sondern auf übernatürliche Weise durch dieAllmacht Gottes.

Zweites Beispiel: Die zuverlässigen Bücher, vor allemBuchari und Moslim berichten: Während der Schlacht vonChaibar röstete eine Jüdin eine Ziege und versetzte siemit einem besonders starken Gift. Dann schickte sie dasdem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei. Die Sahabis begannen mit dem Mahl. Plötzlich abersagte er:

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»Lasst eure Finger davon! Sie hat mir gerade Mitteilung gemacht, dasssie vergiftet ist.«

Jeder zog sofort seine Hände zurück. Doch infolge derstarken Wirkung des Giftes verschied Bischr ibn Berra’,welcher, wenn auch nur einen Bissen, gegessen hatte.Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, ließ die Frau, welche Seyneb hieß, kommen und frag-te sie: »Warum hast du das getan?« Da antwortete ihmdie Unheilbringerin: »Wenn du wirklich der Prophet bist,wird es dir nicht schaden. Wenn du jedoch ein König bist,so habe ich es getan, um die Menschen von dir zu be-freien.« Nach einigen Überlieferungen hat er sie nichtdem Tode überliefert159, nach einigen anderen Quellensehr wohl. Die Kommentatoren (ehli tahqiq) meinen, erhabe sie nicht zum Tode verurteilt, sie jedoch der FamilieBischrs übergeben, welche sie dann zum Tode verurteil-ten.160 Um aber nun bei diesem Wunder das Besonderedes Geschehens aufzuzeigen, vernimm nun zwei, dreiGesichtspunkte:

Erstens: Es gibt eine Überlieferung, die besagt, dassdie Worte, mit der diese Ziege Mitteilung machte, auchvon einigen unter den Sahabis gehört wurden.161

Zweitens: Es gibt jedoch auch eine andere Überliefe-rung, nach welcher der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, nachdem er Mitteilung gemachthatte, sagte: »Sagt: in Gottes Namen (bismi’llah!), dannesst! Dann wird das Gift nicht mehr wirken.« Diese Über-lieferung, wird zwar von Ibn Hadjar Askalani nicht akzep-tiert, von anderen jedoch sehr wohl.

Drittens: Wenn auch hinterhältige Juden dem Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, undseinen nächsten Sahabis einen überraschenden Schlagversetzen wollten, so hatte doch ihre böse Absicht keinen

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Erfolg, wie die Entwicklung der Ereignisse der Nachrichtentsprechend zeigt, die er plötzlich aus der unsichtbarenWelt erhalten hatte. Der Inhalt jener Kunde stellte sich alswahr heraus und ein jeder, der zu keiner Zeit erlebt hatte,dass sich eine Mitteilung vor den Augen der Sahabis alsihr Gegenteil herausgestellt hätte, kam zu einer festenÜberzeugung, als er Mohammed (ASM) sagen hörte:»Die Aussage dieser Ziege teilt mir mit…«, so als habeein jeder die Worte dieser Ziege mit eigenen Ohren ge-hört.

Drittes Beispiel: Drei Ereignisse, von denen jedes einWunder Ahmeds ist, die an die Wunder Mosis, mit demFriede und Segen sei, erinnern, nämlich das mit der Wei-ßen Hand und das mit seinem Stab:

Erstens: Imam Ahmed Ibn Hanbel zitiert nach Abu Sa’-id al-Khudri162 mit Quellenangabe:

Der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Segensei, gab in einer dunklen Regennacht Qatada Ibn Numaneinen Stab und sagte: »Der soll dir gleich einer Lampenach allen Seiten zehn Meter weit Licht spenden.Kommst du nach Hause, wirst du dort ein schwarzesSchattenwesen erblicken. Das ist der Satan. Wirf ihn ausdem Haus, vertreibe ihn!« Jener nahm den Stab und ging.Der spendete ihm Licht wie die Weiße Hand. So trat jenerin sein Haus ein, sah dieses schwarze Wesen und triebes hinaus.

Zweitens: Während der Großen Schlacht von Badr,welche eine Quelle einzigartiger Ereignisse ist, zerbrachdas Schwert von Ukkascha Ibn Mihsan Al-Esedi imKampf mit den Götzendienern. Da gab ihm der Ehrwürdi-ge Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, einen kräf-tigen Knüppel an Stelle seines Schwertes und sagte:»Kämpfe damit!« Plötzlich wurde aus dem Knüppel mitGottes Erlaubnis ein langes, silberglänzendes Schwert.Mit ihm kämpfte er. Er trug es auch noch während seinesWeiteren Lebens, bis er in der Schlacht von Jemame den

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Märtyrertod erlitt, an seiner Seite.163 Dieses Ereignis giltals sicher, denn Ukkascha war ein Leben lang stolz aufes, und dieses Schwert mit dem Namen »Helfer« wurdeberühmt. So sind denn der Stolz von Hasret Ukkaschaund sein Schwert mit dem Namen »Helfer«, berühmt überallen Schwertern, zwei Zeugnisse dieses Ereignisses.

Drittens: Ibn Abdu-l’Berr164, einer der großen Gelehrtenseiner Zeit und zugleich ein großer Forscher überliefertunter Angabe der Quelle:

Während der Schlacht von Uhud zerbrach dem Abdul-lah Ibn Djahsch, einem Vetter des Ehrwürdigen Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, im Kampf dasSchwert. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, gab ihm einen Stock. Dieser Knüppel wurde inseiner Hand zu einem Schwert. Mit diesem kämpfte erweiter. Dieses Schwert, entstanden aus einer Wundertat,behielt seine Beständigkeit (Baqi). Der berühmte Ibn Sey-yid an-Nas berichtet in einer Schrift darüber, dass Abdul-lah einige Zeit später dieses Schwert für zweihundert Li-ra an einen Mann namens Bughay Türki verkauft hat.165

So ist denn jedes dieser beiden Schwerter gleich einemWunder wie der Stab Mosis. Dieser Stab Mosis jedochbehielt nach Mosis Tod nicht länger seine wundersameEigenschaft. Jene aber erlangten Beständigkeit.

Dreizehnter Hinweispunkt

Eine andere Art Wunder Mohammeds, mit dem Friedeund Segen sei, die sowohl allgemein überliefert sind undvon denen es zugleich auch sehr viele Beispiele gibt, istdie, dass viele Kranke und Verletzte durch seinen geseg-neten Atem Genesung fanden. Diese Art Wunder Ahmeds(ASM) erhalten durch ihre Vielzahl den Charakter einerallgemeinen Übereinstimmung. Bei einem Teil von ihnengelten auch einzelne wie allgemein überliefert. Was dieübrigen betrifft, so erhalten sie, selbst wenn sie nur von

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einem einzigen überliefert wurden, dadurch, dass sie vonkritisch betrachtenden Imamen und Hadith-Gelehrten an-geführt und bestätigt wurden, gleichwohl die Kraft einerwissenschaftlichen Überzeugung. Auch wir wollen hieraus der Fülle der Beispiele nur einige erwähnen:

Erstes Beispiel: Hasret Qadi Iyadh166, der Gelehrteaus dem Westen, berichtet in seinem Buch »Heilige Ge-nesung« unter Angabe hochstehender Persönlichkeitenund verschiedener Quellen von Hasret Sa’d ibn Abi Waq-qas, einem Diener des Ehrwürdigen Gesandten, mit demFriede und Segen sei, und auch einer seiner Komman-danten, sowie Oberkommandierender des islamischenHeeres in der Zeit von Hasret Omar und Eroberer desIran, und einer der Zehn Empfänger (der Verheißung desParadieses), der sagte:

Ich war in der Schlacht von Uhud an der Seite des Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei. Erschoss an diesem Tage mit Pfeilen, bis sein Bogen brach.Danach reichte er mir die Pfeile und sagte: »Schieß!« Da-bei gab er mir Pfeile ohne Feder, also solche, die nicht mitFlügeln versehen waren, um den Flug von der Sehne zusteuern und befahl mir: »Schieß!« Da schoss ich. Sie flo-gen, als ob sie Flügel hätten und durchbohrten die Leiberder Ungläubigen. Derweil wurde Qatada ibn Nu’man voneinem Pfeil am Auge getroffen. Das Auge sprang herausund der Augapfel rutschte ihm übers Gesicht. Der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, nahmdas Auge mit seiner gesegneten, heilenden Hand, fügtees seinem alten Platz wieder ein, wo es als das bessereder beiden Augen Heilung erfuhr, als sei nichts gesche-hen.167 Dieses Ereignis wurde so bekannt, dass ein Sohnvon Qatada, als er einmal Omar ibn Abdulasis besuchte,sich selbst folgendermaßen vorstellte: »Ich bin der Sohnjenes Mannes, dessen ausgeschossenes Auge der Eh-renwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, wie-der in seine Höhle einfügte, wo es sogleich wieder geheiltwar.« Dies sagte er zu Hasret Omar in Form eines Ge-

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dichtes und stellte sich ihm auf diese Weise vor.*Es wird auch einer zuverlässigen Überlieferung ent-

sprechend berichtet: Der berühmte Abu Qatada wurde inder Schlacht von Jaum al-Siqarad durch einen Pfeil in sei-nem gesegneten Gesicht getroffen. Der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, strich mit seinergesegneten Hand darüber. Abu Qatada sagt: »Ich habeniemals und zu keiner Zeit unter Schmerzen oder Ent-zündungen gelitten.«168

Zweites Beispiel: Die Zuverlässigen Bücher, vor allemBuchari und Moslim berichten: In der Schlacht von Khai-bar hatte der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, Ali Khaidari zum Bannerträger ernannt. AlisAugen hatten sich jedoch entzündet und schmerzten ihnsehr. Als ihm jedoch der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, gleich einer Salbe seinen Speichelüber die Augen strich, wurden sie im gleichen Augenblickgesund und nichts blieb zurück.169 Am nächsten Morgenriss er das außerordentlich schwere eiserne Tor der FesteKhaibar aus seiner Verankerung, hielt es gleich einemSchild und eroberte so die Feste Khaibar. In der gleichenSchlacht wurde Salama Ibn Aqwa an seinem Bein durcheinen Schwertstreich getroffen und schwer verletzt. DerEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,blies darüber hin und sogleich ward die Wunde geheilt.170

Drittes Beispiel: Nach einer Mitteilung von Othman IbnHuneyf berichten Historiker (Erbab-i Siyer) wie vor allemNesai171 aus dem Leben des Propheten: Othman erzählt:Zu dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Se-gen sei, kam einmal ein Blinder und sagte: »Bete darum,dass sich meine Augen öffnen mögen.« Da befahl ihm derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei:

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»Geh und vollziehe die Waschungen, verrichte zwei Rekat und betesodann: Oh Gott, ich bitte Dich und wende mein Angesicht um des Bot-schafters Deiner Barmherzigkeit willen Dir zu! Oh Mohammed! Ichwende, wie du gesagt hast, mein Angesicht zu deinem Herrn, dass Erden Schleier vor meinen Augen wegnehmen möge! Oh Gott, möge ermein Fürsprecher sein!«

So ging er, tat wie ihm geheißen, kehrte zurück, sehen-den Auges, und wir sahen das und wie gut er nun sehenkonnte.

Viertes Beispiel: Ibn Wahab172, der ein großer Imamwar, berichtet: Einer der vierzehn Märtyrer der Schlachtvon Badr, Mu’awwis Ibn Afra’, hatte mit Abu Djehil ge-kämpft. Da schlug Abu Djehil, dieser Elende, diesem Hel-den eine Hand ab. Der nahm sie mit der anderen Handauf und lief zu dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei. Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, setzte dessen Hand wiederzurück an ihre Stelle, bestrich sie mit seinem Speichelund sogleich trat auch die Heilung ein. Jener kehrte in dieSchlacht zurück und kämpfte weiter, bis er schließlich fiel.

Desgleichen berichtet Imam Djelil Ibn Wahab: In derselben Schlacht erhielt Hubeyb Ibn Jesaf einen solchenSchwertstreich auf seine Schulter, dass sie ihm entzweigehauen wurde und sich eine fürchterliche Wunde öffne-te. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, drückte dessen Arm jedoch mit seiner Hand wiedergegen die Schulter, blies darüber hin und sogleich trat dieHeilung ein.173

Wenn nun auch diese beiden Ereignisse aus nur einerQuelle und auch nur ein einziges Mal berichtet werden,so kann man dennoch, da sie von einem solchen Imam

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wie Djelil Ibn Wahab bestätigt werden und da sie sich inder Schlacht von Badr ereignet haben, die selbst wiedereine Quelle von Wundern ist, und da es noch viele ande-re Beispiele gibt, welche diesen beiden Ereignissen äh-neln, sicherlich sagen, dass auch diese beiden Ereig-nisse als gesichert und tatsächlich geschehen gelten dür-fen.

So sind es denn also vielleicht tausend Beispiele, diedurch authentische Überlieferungen als gesichert geltenmüssen, wo die gesegnete Hand des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, Heilung gebrachthat.

Es wurde fürwahr dies schon zuvor beschrieben: In sei-ner Hand loben und preisen Gott selbst noch die kleinenSteinchen. Dem Geheimnis von:

»Nicht du warst es, der da warf, als du geworfen hast.«

gemäß, schlugen Erde und kleine Steinchen den Feindgleich Kugeln und Granaten in die Flucht. Der Feststel-lung entsprechend:

»Als der Mond gespalten wurde…« (Sure 54, 1)

spaltete er mit einem Finger der gleichen Hand den Mondin zwei Teile; und mit der selben Hand ließ er aus seinenzehn Fingern Wasser strömen wie aus einem Brunnenund ließ ein ganzes Heer davon trinken; durch die selbeHand fanden die Kranken und die Verwundeten Heilung.Dies zeigt mit Sicherheit, wie sehr diese gesegnete Hand

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ein Wunder über allen Wundern der Allmacht Gottes ist.Unter seinen Freunden wird die Fläche dieser Hand zueinem kleinen Haus des Gottesgedenkens (Dhikirhane)des Hochgelobten, in dem kleine Steinchen Gottes ge-denken und Ihn preisen, wenn sie darin eintreten. Gegenseine Feinde wird sie zu einem kleinen Zeughaus desHerrn, in dem Steine und Erde, wenn man sie dort hin-einbringt, zu Bomben und Granaten werden. Für die Ver-wundeten und die Kranken wird sie zu einer kleinen Apo-theke des Allbarmherzigen, durch die alles Leid, das sieberührt, geheilt wird. Emporgehoben mit Majestät (Djelal)spaltet sie den Mond und gibt ihm die Gestalt von zweiBogen. Wenn sie sich in Schönheit (Djemal) neigt, wirdsie einem Brunnen des Allbarmherzigen gleich, dem wieaus zehn Hähnen paradiesisches Wasser (Kauthar) ent-strömt. Da es aber nur die Hand dieser Persönlichkeit ist,welche die Quelle und der Erscheinungsort solcheraußerordentlichen Wunder ist, sollte es dann nicht son-nenklar zu verstehen sein, wie sehr eine solche Persön-lichkeit bei dem Schöpfer der Welt anerkannt, wie glaub-würdig sein Ruf und sein Anliegen (dava) ist und wieglücklich jene sein werden, die in diese Hand das Ver-sprechen ihres Bundes gegeben haben.

Frage: Man sagt: Du sagst, dass viele Dinge allgemeinüberliefert sind. Doch von vielen Dingen haben wir daserste Mal gehört. Wie kann etwas, das als allgemeinüberliefert gilt, so unbekannt sein?

Antwort: Es gibt viele Dinge, die unter den Kennerndes Gesetzes (Scharia) allgemein bekannt und selbstver-ständlich sind, solchen aber, die nicht zu ihnen gehören,unbekannt sind. Es gibt viele Dinge, die unter den Hadith-Gelehrten allgemein bekannt sind, von denen man jedochin anderen Kreisen noch nie etwas gehört hat, usw. Esgibt in jedem Wissensgebiet Fachleute und es gibt Tatsa-chen und Ansichten, die diesem Wissensgebiet entspre-chend erklärt werden. Was nun die Allgemeinheit betrifft,so stützen und verlassen sie sich entweder auf die Auto-

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ritäten des betreffenden Fachgebietes, oder aber machenselbst ihre Beobachtungen und Erfahrungen. Nun werdenjedoch die angeführten Berichte, die allgemein überliefertwurden, und dem Wortlaut nach oder auch sinngemäß,oder in ihrer Art als gesichert betrachtet werden können,sowohl von den Hadith-Gelehrten, als auch den Kennerndes Gesetzes (Scharia), als auch von den Theologen undden Gelehrten der meisten Fakultäten in dieser Weisedargestellt und betrachtet. Wenn einfache Leute sichnicht für dergleichen interessieren oder in ihrem Desinte-resse ihre Augen davor verschließen, so liegt der Fehlerauf ihrer Seite.

Fünftes Beispiel: Imam Baghawi174 berichtet in seinemBuch und bestätigt: Ali Ibn Al-Hakem wurde während derGraben-Schlacht durch den Schlag eines Ungläubigendas Bein gebrochen. Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, strich ihm darüber hin. Da wurdees im gleichen Augenblick geheilt, ohne dass jener vomPferde gestiegen war.

Sechstes Beispiel: Die Hadith-Forscher, vor allemImam Beyhaqi, berichten: Imam Ali war sehr krank. Da-rum betete er für sich selbst unter Schmerzen und stöhn-te. Da kam der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, zu ihm und betete:

»Oh Gott, schenke ihm Gesundheit!«

Dabei rührte er ihn mit seinem Fuß an, hieß ihn aufstehenund sofort ward er gesund. Imam Ali sagt: »Diese Krank-heit habe ich danach niemals mehr wieder bekom-men.«175

Siebentes Beispiel: Dies ist die berühmte Geschichtevon Shurahbil Al-Dju’fi: Dieser hatte eine Geschwulst inseiner Hand, sodass er Schwert oder Zügel nicht haltenkonnte. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, strich mit seiner gesegneten Hand über die

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Geschwulst in dessen Hand hin und rieb sie, und von derGeschwulst blieb keine Spur mehr zurück.176

Achtes Beispiel: An sechs voneinander verschiede-nen Kindern offenbarte sich jeweils ein anderes WunderAhmeds.

Erstens: Ibn Abu Shayba, (ein überaus genauer For-scher und berühmter Hadith-Gelehrter) berichtet: EineFrau brachte einmal ihr Kind zu dem Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei. Dieses Kind wargeistig behindert und konnte nicht sprechen. Da nahmder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,etwas Wasser. Damit spülte er sich den Mund aus undwusch sich die Hände. Dann gab er der Frau dieses Was-ser und befahl ihr: »Gib dies dem Kind zu trinken!« Nach-dem das Kind dieses Wasser getrunken hatte, waren Un-heil und Krankheit von ihm gewichen. Es besaß nun so-viel Verstand und Reife, dass es sogar noch über denMenschenverstand hinauswuchs.177

Zweitens: Nach authentischen Quellen hat Hasret IbnAbbas gesagt: Dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, wurde einmal ein geisteskrankesKind gebracht. Diesem legte er seine gesegnete Handauf die Brust, worauf sich das Kind plötzlich erbrach. Eskam ein schwarzes Ding, ähnlich einer kleinen Gurke,zum Vorschein. Das Kind ging geheilt.178

Drittens: Imam Beyhaqi und Nesa’i179 berichten ausauthentischer Quelle: Über den Arm eines Kindes na-mens Mohammed ibn Khatib hatte sich ein Topf kochen-den Wassers ergossen, wobei ihm der ganze Arm ver-brüht worden war. Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, strich ihm seinen Speichel darüberund im gleichen Augenblick ward er geheilt.

Viertens: Ein Kind, das bereits groß geworden undschon erwachsen, jedoch stumm war, kam zu dem Ehr-würdigen Gesandten, mit dem Friede und Segen sei. Die-ser fragte das Kind: »Wer bin ich?« Da sagte dieses

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stumme Kind, das noch nie gesprochen hatte:

»Du bist der Gesandte Gottes!«

und fing an zu reden.180

Fünftens: Djelaleddin Suyuti, der sich mit dem Ehrwür-digen Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, oftmalsin der Welt der Erwachten zusammen getroffen hatte, zi-tiert und bestätigt, dass eine berühmte Persönlichkeit na-mens Mubarek Al-Jamama, als sie gerade eben erst zurWelt gekommen war, zu dem Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, gebracht worden war. DerEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,neigte sein Antlitz über ihn. Da fing der Knabe an zu spre-chen:

»Ich bezeuge, dass du wahrhaftig Gottes Gesandter bist.«

Da sagte der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, zu ihm: »Gott segne dich!« Von da an sprachdas Kind bis es das dementsprechende Alter erreicht hat-te nicht wieder. Da dieses Kind ein solches Wunder Ah-meds erlebt hatte, Wunsch und Gebet des Propheten:»Gott segne dich!« ihm offenbar geworden war, wurde esauch unter dem Namen: »Der gesegnete Jamama« be-rühmt.181

Sechstens: Eine Frau mit einem kindischen Gemüts-zustand und Mangel an Sinn für Scham und Anstand,wollte, als sie einmal den Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, beim Essen erblickte, auch ei-nen Bissen haben und bekam ihn auch. Doch sagte sie;»Nein, ich will von dem haben, was du gerade im Mundhast.« Da gab er ihr auch davon. Da wurde diese Frau,die doch so ganz ohne jedes Schamgefühl gewesen war,nachdem sie den Bissen gegessen hatte, zur verschäm-

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testen Frau und die, welche unter den Frauen Medinasmehr Anstand besaß als sie alle.182

So gibt es denn, ähnlich diesen acht Beispielen, nichtachtzig sondern achthundert solcher Beispiele. Diemeisten von ihnen werden uns in den Büchern über dasLeben, Lehren und Wirken des Propheten (Siyer ve Aha-dith) erzählt. In der Tat gleicht die gesegnete Hand desEhrwürdigen Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,der Apotheke des Arztes und Weisen (Hakim) Luqman,sein Speichel dem lebensspendenden Brunnen von Has-ret Hidhir (Elias). Sein Atem wirkte helfend und heilendwie bei Hasret Issa (Jesus), mit dem der Friede sei, so-dass natürlicher Weise angesichts des von so viel Un-glück und Leid geplagten Menschengeschlechtes alle dievielen körperlich, seelisch oder geistig Kranken, und un-ter ihnen viele Kinder in Scharen zu ihm kamen, sich anihn wandten und geheilt wieder von dannen zogen. Dennselbst der große Arzt der Tabiine, Abu Abdurrahman al-Jamani, den man Taus nennt, der noch viele Sahabis ge-kannt hatte und der vierzigmal die Hadj vollzogen hat undvierzig Jahre lang das Morgengebet mit dem Abdest desNachtgebetes verrichtet hat, mit Bestimmtheit berichtet,bestätigt und sagt: »Wieviele auch immer verstörte undschwer gestörte Menschen zu dem Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, gekommen seinmögen, sobald der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, seine Hand auf ihre Brust gelegt hatte,fanden sie mit Sicherheit Heilung und es blieb niemandübrig, der nicht geheilt worden wäre.«

Wenn nun also ein solcher Imam, der noch selbst mitdem Glücklichen Zeitalter (Asr-i Sa’adet) in Verbindunggestanden hatte, derart sicher und alle umfassend urteil-te, dann gab es da mit Sicherheit niemanden, der ge-kommen wäre und seine Krankheit behalten hätte, derkeine Heilung gefunden hätte. Da sie aber nun einmalgeheilt wurden, muss es sicherlich Tausende von Hilfesu-chenden gegeben haben.

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Vierzehntes Hinweispunkt

Unter den Wundern, welche der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, gewirkt hat, ist jene Artvon ganz besonderer Bedeutung, welche sich auf seinGebet hin gezeigt haben. Das sind in der Tat jene, welcheallgemein als genau und zuverlässig überliefert gelten.Die Beispiele dafür und die Einzelheiten dazu sind sozahlreich, dass man sie nicht zählen kann. Unter ihnensind zahlreiche Beispiele so bekannt geworden, dassauch sie als allgemein überliefert gelten können, währendandere so weit verbreitet sind, dass sie als nahezu allge-mein überliefert angesehen werden dürfen. Einen Teil vonihnen haben so bedeutsame Imame berichtet, dass dieseErzählungen die Zuverlässigkeit einer berühmten, allge-mein bekannten Überlieferung erlangt haben. Wir wollenhier unter den so zahlreichen Beispielen einige weit ver-breitete, als nahezu sicher überlieferte, allgemein be-kannte Beispiele stellvertretend für alle anführen und da-bei aus jeder Gruppe nur einige wenige herausgreifen.

Erstes Beispiel: Die Gebete des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, wurden stets so-gleich erhört, wenn er um Regen betete, was oftmals ge-schehen ist. Dies wird uns von Hadith-Gelehrten be-sonders aber von Imam Buchari und Imam Moslim über-liefert und gilt als allgemeine Überlieferung. Ja manchmalerhob er von der ehrwürdigen Kanzel herab seine Händezum Gebet um Regen und es regnete, noch bevor er siewieder sinken ließ. Wie wir oben bereits erwähnt haben,zogen ein, zweimal Wolken herauf, als das Heer unterDurst litt, und spendeten ihren Regen. Ja noch bevor sei-ner Berufung zum Propheten, als der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, noch ein Kind war,nahm Abdul-Muttalib, der Großvater des Propheten, ihnum seines heiligen Antlitz willen mit zum Gebet um denRegen. Und der kam um seiner Erscheinung willen her-nieder. Dieses Geschehnis ist durch ein Gedicht von Ab-

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dulmuttalib berühmt geworden. Auch noch nach demHinscheiden des Propheten sagte Hasret Omar unter Be-rufung auf Hasret Abbas: »Oh Herr! Dies ist der Onkeldessen, der Dir wohlgefällig (Habib) war. Um der Ehreseines Namens willen lass es regnen!« Da ließ Er es reg-nen.183

Auch berichten die Imame Buchari und Moslim: Als eseinmal notwendig wurde, um Regen zu beten, da beteteder Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,darum. Und es kam ein solcher Regen auf sie herab,dass sie ihn anriefen: »Erbarmen! So bete doch, dass eswieder aufhört!« Da betete er und sofort hörte es auf.184

Zweites Beispiel: Dies ist so bekannt, dass es als na-hezu allgemein überliefert gilt: Der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, betete einmal, und daswar, als die ersten Gefährten und die, welche zum Glau-ben gelangt waren, an Zahl noch nicht die Vierzig erreichthatten und sie noch im Geheimen beteten:

»Oh Gott! Stärke die Sache des Islam durch die Hilfe von Omar ibnKhattab oder Amr ibn Hisham!«

Ein, zwei Tage später nahm Omar Ibn Hattab den Glau-ben an185, stellte sich in den Dienst des Islam und ver-kündete ihn. So erwarb er sich den erhabenen Titel einesFaruq (d.h. der, welcher die Wahrheit von der Lüge zuscheiden vermag).

Drittes Beispiel: Der Prophet betete für verschiedene,besonders qualifizierte Gefährten um ganz unterschiedli-che Dinge. Alle seine Gebete wurden auf eine so glän-zende Weise erhört, dass die so erflehten Gnadengaben(Keramet) schon das Ausmaß eines wahren Wunders(Mu’djise) angenommen hatten. So berichten besondersBuchari und Moslim186, dass er für Ibn Abbas folgender-maßen gebetet habe:

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»Oh Gott, schenke ihm die Kenntnis der Gesetze (fiqh) des Glaubens(Din) und das Wissen (Ilm) um ihre Auslegung!«

Sein Gebet wurde in der Weise angenommen, dass IbnAbbas sich den Ruhm erwarb, »Sprachrohr des Qur’an«zu sein und den hohen Rang eines Lehrmeisters der Ge-meinde (Umma) erlangte. Obwohl er noch sehr jung war,ließ Hasret Omar ihn bereits an den Versammlungen derGroßen und der Gelehrten unter den Sahabis teilneh-men.187

Des Weiteren berichten die Verfasser der Zuverlässi-gen Bücher, besonders aber Imam Buchari, dass die Mut-ter von Ennes den Ehrenwerten Botschafter, mit demFriede und Segen sei, ersucht habe: »Bete um den Se-gen für Ennes, der dein Diener ist, seine Kinder, sein Habund sein Gut!« Da betete er:

»Oh Gott, schenke ihm Überfluss an Reichtum und Nachkommen undSegen in all dem, was du ihm gegeben hast.«

Hasret Ennes erklärte in seinen alten Tagen und schwur:»Ich habe hundert meiner Kinder mit eigener Hand be-graben.188 Auch im Vergleich zu meinem Vermögen undmeinem Reichtum gab es keinen, der in seinem Leben soglücklich gewesen wäre wie ich. Meinen Überfluss anReichtümern könnt ihr sehen. Das alles ist der Segen ausdem Gebet des Propheten.«

Des Weiteren berichten die Hadith-Gelehrten, beson-ders aber Imam Beyhaqi, dass der Ehrenwerte Gesand-te, mit dem Friede und Segen sei, für Abdurrahman binAwf, einen der Zehn Empfänger (der Verheißung des Pa-radieses) um Überfülle an Reichtum und Segen gebetethabe. Durch den Segen dieses Gebetes empfing er sol-

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che Reichtümer, dass er davon einmal siebenhundertvollbeladene Kamele um Gotteslohn (fi sabili’llah) spen-den konnte.189 So betrachtet denn nun, welch einen Se-gen das Gebet des Propheten erwirkt hat und sprecht esauch aus: »Gott gab Seinen Segen (baraka’llah)!«

Des Weiteren berichten die Überlieferer, besondersaber Imam Buchari: »Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, betete einmal, dass Urwa ibn AbuDja’da Erfolg und Gewinn im Handel haben möge. Urwaerzählt selbst: Ich stand zuweilen im Basar von Kufa undhatte tagsüber vierzigtausend verdient, wenn ich amAbend nach Hause ging.« Imam Buchari sagt dazu:»Selbst noch mit dem Staub, den er in seine Hand neh-men würde, hätte er sein Geschäft gemacht.«190

Des Weiteren hat er auch für Abdullah Ibn Dja’fer umdie Fülle an Reichtum und Segen gebetet.191 Da erwarbHasret Abdullah Ibn Dja’fer einen solchen Reichtum, dasser zu seiner Zeit dadurch berühmt wurde. Doch in gleich-er Weise wie er durch das Segensgebet des Prophetenzu Reichtum gelangt war, so wurde er auch berühmtdurch seine Freigiebigkeit. Von dieser Art gibt es nochviele Beispiele. Als Musterbeispiele mögen uns jedochdiese vier angeführten Ereignisse genügen.

Des Weiteren berichtet vor allem Imam Tirmidhi192: FürSa’d Ibn Abu Waqqas betete der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei:

»Oh Gott, erhöre sein Gebet!«

So betete er, dass Sa’ds Gebet erhört werden möge. Zujener Zeit fürchtete sich jedermann vor Sa’ds Fluch. Dochauch die Erhörung seines Gebetes wurde berühmt.

Des Weiteren sagte der Prophet zu dem berühmtenAbu Qatada:

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»Gott schenke Dir Glück! Segne ihm, oh Gott, sein Haar und segne ihmseine Haut!«

So betete er für ihn, dass ihm die Schönheit seiner Ju-gend erhalten bleiben möge. Als Abu Qatada im Alter vonsiebzig Jahren verstarb, sah er noch immer so aus wieein fünfzehnjähriger. Dieses Geschehnis ist berühmt ge-worden und gilt als zuverlässig überliefert.193

Des Weiteren gibt es da die berühmt gewordene Er-zählung über den bekannten Dichter Nabigha, der demEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,die folgenden Verses seines Gedichtes vortrug:

»Unser Ruhm ist bis zum Himmel emporgestiegen. Doch wir möchtennoch darüber hinaus gelangen.«

Da fragte ihn der Ehrwürdige Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, wie im Scherz:

»Wohin denn, oh Vater der Leyla?«

Antwortete der:

»In das Paradies, oh Botschafter Gottes!«

Sodann trug er noch ein weiteres seiner bedeutsamenGedichte vor und der Ehrwürdige Gesandte, mit demFriede und Segen sei, betete:

»Möge Gott Deinen Mund nicht dem Verderben anheim geben!«

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So bewirkte denn das Gebet des Propheten und sein Se-gen, dass dieser Nabigha mit hundertundzwanzig Jahrennoch keinen Zahn verloren hatte, sogar für jeden, der ihmausgefallen war, ein neuer an seine Stelle trat.194

Des Weiteren betete der Prophet , wie eine zuverlässi-ge Überlieferung berichtet, einmal für Imam Ali:

»Oh Gott, beschütze ihn vor Hitze und Kälte!«

So kam es denn, dass Imam Ali durch den Segen diesesGebetes im Sommer Winterkleidung und im Winter Som-merkleidung trug. Er sagte: »Durch den Segen diesesGebetes verspüre ich niemals die Unbilden der Kälte oderder Hitze.«195

Des Weiteren betete der Prophet einmal für Hasreti Fa-tima:

»Oh Gott, lass sie nicht unter Hunger leiden!«

Hasreti Fatima sagte: »Auf dieses Gebet hin habe ich nie-mals wieder unter Hungerqualen gelitten.«196

Des Weiteren hat einmal Tufail Ibn Amr den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, um einWunder gebeten, das er seinem Volke zeigen wollte. Dabetete der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei:

»Oh Gott, schenke ihm Licht!«

Daraufhin zeigte sich in der Mitte zwischen seinen beidenAugen ein Licht. Später wurde dieses dann an seinemStock befestigt. Mit diesem wurde er dann als »Dhin-nur(Lichtträger)« berühmt.197 Dies also sind jene Ereignisse,

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die zu den berühmt gewordenen Ahadith gehören unddeswegen als gesichert gelten dürfen.

Des Weiteren beklagte sich einmal Abu Huraira bei demEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei:»Mein Gedächtnis lässt mich im Stich.« Da hieß ihn derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, einTuch ausbreiten. Sodann, so als hole er mit seinen ge-segneten Händen etwas aus dem Unsichtbaren herbei,entleerte er diese, wiederholte diesen Vorgang zwei-,dreimal und sagte dann zu Abu Huraira: »Nun nimm esauf!« Da nahm er es auf. Abu Huraira schwur später ein-mal: »Es war das Geheimnis, das aus dem Geist diesesGebetes erwuchs, das der Prophet gesprochen hat, dassich niemals mehr etwas vergessen habe.«198 Dies alsosind jene Ereignisse, die zu den berühmt gewordenenAhadith hinzugezählt werden.

Viertes Beispiel: Wir wollen hier einige Geschehnisseanführen, welche Verwünschungen des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, zum Gegenstandhaben.

Erstens: Der Schah von Persien mit dem Namen Per-vis, hatte den Brief des Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, zerrissen. Man überbrachte demEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,davon die Nachricht. Da richtete sich der Prophet gegenden Schah von Persien mit dem folgenden Gebet:

»Oh Gott, so wie dieser meinen Brief zerrissen hat, so richte auch Duihn und sein Reich zu Grunde!«

Dies aber war nun die Wirkung seiner Verwünschung:Der Chosro Pervis wurde durch seinen Sohn Schirviyemit dem Dolch in Stücke geschnitten und Sa’d Ibn AbuWaqqas zerstörte sein Reich von Grund auf. Vom Reichder Sasaniden und all seiner Macht blieb nirgendwo mehreine Spur zurück.199 Dem Kaiser von Byzanz und anderen

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Königen jedoch, blieben Krone und Reich erhalten, weilsie die Botschaft des Propheten in Ehren aufgenommenhatten.

Zweitens: Ein Ereignis, das beinahe ebenso berühmtist wie eine allgemeine Überlieferung und auf das auch imQur’an eine Ayah hinweist, ist dieses: In islamischer Früh-zeit, als einmal der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Frie-de und Segen sei, in der »Masdjid al-Haram (der Kaaba)«das Gebet verrichtete, versammelten sich die Stammes-fürsten der Quraishiten und spielten ihm ziemlich übelmit. Damals hatte er sie daraufhin verwünscht. Ibn Mes’-ud erzählt: »Ich schwöre, dass ich in der Schlacht vonBedr die Leichen all derer gesehen habe, die ihm damalsso übel mitgespielt hatten und nun seine Verwünschun-gen an sich erfahren haben.«200

Drittens: Einmal wünschte der Prophet den Mudaria,einem großen arabischen Volksstamm, weil er den Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,verleugnet hatte, eine Zeit der Dürre. Da kam kein Regenmehr, Dürre breitete sich aus und eine Hungersnot erhobihr Haupt. Daraufhin wandte sich der Stamm der Qurais-hiten, welcher gleichfalls zum Volk der Mudaria gehört,mit einer Bitte an ihn. Da betete der Prophet für sie. DerRegen kam und die Dürre schwand.201 Dieses Ereigniserlangte die gleiche Berühmtheit wie eine allgemeineÜberlieferung.

Fünftes Beispiel: Welch furchtbare Folgen es hatte,wenn die Verwünschung von bestimmten einzelnen Per-sonen Erhörung fand, dafür gibt es viele Beispiele. Vondiesen wollen wir hier drei zuverlässige Berichte als Bei-spiele anführen:

Erstens: Gegen Utba Ibn Abu Lahab richtete er das fol-gende Gebet:

»Oh Gott, lass einen Deiner Hunde über ihn herfallen!«202

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Als später einmal Utba eine Reise unternahm, kam einLöwe herbei, suchte ihn mitten aus der Karawane herausund zerriss ihn. Dieses Ereignis ist berühmt. Die Hadith-Gelehrten haben dies so überliefert und es bestätigt.

Zweitens: Muhallim Ibn Djussama hatte Amir Ibn Asbatauf grausame Weise ermordet. Denn der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, hatte Amir als sei-nen Kommandanten mit einer Abteilung Soldaten in denKampf für den Glauben geschickt. Unter ihnen war auchMuhallim gewesen. Auf die Nachricht von dem Attentathin, wandte sich der Zorn des Ehrwürdigen Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, gegen ihn mit dem Gebet:

»Oh Gott, verzeihe dies Muhallim nicht!«

Sieben Tage danach starb Muhallim. Man begrub ihn,doch die Erde wies ihn von sich. So oft man ihn auch insGrab legte: das Grab nahm ihn nicht auf. Schließlich sahman sich dazu gezwungen, zwei Steine mit einer festenMauer zu überbrücken und ihn auf diese Weise darunterzu beerdigen.203

Drittens: Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, sah einmal einen Mann, wie er mit derLinken aß. Da sagte er zu ihm:

»Iss mit deiner Rechten!«

Doch der Mann warf ihm entgegen:

»Das kann ich nicht!«

»Und du wirst es auch nicht mehr können!«

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war daraufhin die Verwünschung des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei. Und siehe: vonStund an konnte der Mann seine rechte Hand nicht mehrhochheben!204

Sechstes Beispiel: Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, hat sehr viele Wunder durchein Gebet oder durch eine bloße Berührung bewirkt. Wirwollen von ihnen nur einige hier anführen, die als gesi-chert gelten dürfen.

Erstens: Der Prophet gab einmal Khaled ibn Valied(gen. das Schwert Gottes) einige seiner Haare, wobei erein Schutzgebet gesprochen hatte. Hasret Khaled be-wahrte diese Haare in seiner Mütze (küllah). Und siehe:dies ward ihm zur Ehre! Unter dem Segen des Gebetes,gesprochen über diese Haare, zog er niemals in eineSchlacht, aus der er nicht siegreich wieder hervorgegan-gen wäre.205

Zweitens: Salman al-Farisi war ein Sklave aus jüdi-schem Hause. Als er sich freikaufen wollte, verlangte seinHerr von ihm eine Menge Dinge. »Du musst dreihundertDattelpalmstecklinge einpflanzen. Haben sie erst einmalFrucht getragen und du gibst mir dann noch vierzig OkkaGold (etwa 65 kg) dazu, so sollst du frei sein.« Da ging al-Farisi zu dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, und erklärte ihm seine Lage. Da pflanzteder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,in der Gegend von Medina dreihundert Setzlinge mit ei-gener Hand ein. Einen einzigen pflanzte ein anderer.Noch im selben Jahr brachten alle die Stecklinge, die derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, an-gepflanzt hatte, ihre Frucht. Nur ein einziger, der, den einanderer gepflanzt hatte, jener eine brachte keine Frucht.Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, zog ihn heraus und pflanzte ihn noch einmal wiederein und auch er brachte seine Frucht. Er gab Salmanauch etwas Gold, etwa von der Größe eines Hühnereis,nachdem er es mit seinem Speichel bestrichen und ein

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Gebet darüber gesprochen hatte und sagte zu ihm: »Nungeh und gib dies dem Juden!« Da ging Salman Farisi undgab seinem Herrn vierzig Okka von dem Gold und er be-hielt noch immer so viel Gold zurück, wie er zuvor gehabthatte, also etwa eine Menge in der Größe eines Hühner-eis.206 So war denn dieses Ereignis der bedeutendsteVorfall im Leben des Hasret Salman al-Paq. Durch ihnwurde ein Wunder bewirkt. Davon haben uns anerkannteund angesehene Autoritäten Kunde gebracht.

Drittens: Eine Sahabiye namens Umm Malik pflegtedem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, aus einem kleinen Säckchen, das man Ukka nennt,Butter zu schenken. Als der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, ihr wieder einmal diese Ukkamit einem Segensgebet zurückreichte, gab er ihr dabeidie Anweisung: »Wenn du dieses leerst, so presse esniemals aus!« Da nahm Umm Malik die Ukka und wannimmer ihre Kinder Butter wünschten, fanden sie durchdas Segensgebet des Propheten etwas Butter in der Uk-ka. Dies ging eine lange Zeit so weiter. Als man sie danneines Tages auspresste, hörte auch der Segen auf.207

Siebentes Beispiel: Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, konnte durch sein Gebet unddurch sein physisches Dazwischentreten Wasser Süßig-keit und Wohlgeruch verleihen. Von den zahlreichen Bei-spielen, die es dafür gibt, wollen wir hier nur zwei, drei alsMusterbeispiele anführen.

Erstens: Hadith-Gelehrte wie vor allem Imam Beyhaqiberichten, dass das Wasser eines Brunnens, Quba mitNamen, zuweilen versiegte. Dann wurde der Brunnenleer. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, nahm Abdest, leerte das Wasser wieder in denBrunnen zurück, es begann wieder reichlich zu fließenund versiegte danach niemals mehr.208

Zweitens: Hadith-Gelehrte und vor allem Abu Nuaym inseinem Buch »Beweise des Prophetentums« berichten:

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Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, gab in den Brunnen, den Ennes vor seinem Hausehatte, etwas Speichel hinein und betete. Da wurde eszum süßesten Wasser im Strahlenden Medina.209

Drittens: Ibn Madja berichtet: Man brachte dem Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, einenEimer Wasser aus dem Brunnen Semsem. Er nahm ei-nen Schluck davon in seinen Mund und entleerte ihndann wieder in den Eimer zurück. Danach verströmte derEimer einen Duft wie von Moschus.210

Viertens: Imam Ahmed Ibn Hanbal berichtet: Man hat-te aus einem Brunnen einen Eimer Wasser heraufgezo-gen. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, gab etwas von dem Wasser seines Mundes hi-nein. Nachdem man es in den Brunnen geleert hatte, be-gann dieser einen Duft wie von Moschus zu verbreiten.211

Fünftens: Hammad Ibn Salama, einer der Heiligen undGottesmänner, auf den sich Imam Moslim und die magh-rebinischen Gelehrten stützten und den sie hochschätz-ten, berichtet: Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, füllte einen Lederschlauch mit Wasser,blies hinein und sprach ein Gebet. Dann band er ihn zuund gab ihn einigen Sahabis mit den Worten: »Öffnet ihnerst wieder, wenn die Zeit zum Gebet gekommen ist!« Dagingen sie und als die Zeit gekommen war, um Abdest zunehmen, öffneten sie den Wasserschlauch und fanden inihm lautere Milch und sogar noch Sahne an seiner Öff-nung.212

So sind denn von diesen fünf kleinen Erzählungen eini-ge berühmt, einige von bedeutenden Imamen überliefert.Diese und solche, die hier nicht erwähnt worden sind, ha-ben sich, gleich den nach allgemeiner Übereinstimmungsinngemäß überlieferten, ebenso insgesamt als Wunderbewahrheitet.

Achtes Beispiel: Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, bewirkte durch Berührung und Ge-

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bet, dass Ziegen, die unfruchtbar waren oder trockenstanden, durch die Berührung seiner gesegneten Handund sein Gebet plötzlich Milch gaben und sie reichlich ga-ben. Davon handeln viele Erzählungen und Überlieferun-gen. Wir wollen hier unter den berühmten, als sicherüberlieferten Berichten nur zwei, drei Beispiele anführen:

Erstens: Alle anerkannten Bücher der Biographen (Si-yer) berichten, dass der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, und Abu Baqr as’Siddiq auf ihrergemeinsamen Flucht (hidjret) zum Hause von Umm Ma’-bed, die man auch Atiket Bint al-Husaiyye nennt, gelang-ten. Sie hatte eine magere Ziege, die unfruchtbar und tro-cken war. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, fragte Umm Ma’bed: »Gibt sie keine Milch?«Umm Ma’bed antwortete ihm: »Sie hat noch nicht einmalBlut im Leib. Wie sollte sie da Milch geben?« Da ging derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, zuder Ziege, streichelte ihr den Rücken, strich ihr über dieZitzen, sprach ein Gebet dabei und sagte dann: »Bringteine Schüssel und melkt sie!« Da molken sie die Ziegeund nachdem der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, und Abu Baqr as’Siddiq getrunken hatten,trank auch noch die ganze Familie des Hauses bis siesatt waren. Die Ziege aber wurde kräftig und stark undbewahrte den Segen, den sie empfangen hatte.213

Zweitens: Dies ist die berühmte Erzählung von SchatIbn Mes’ud: Zu einer Zeit als Ibn Mes’ud den Islam nochnicht angenommen hatte, verdingte er sich als Hirte beiverschiedenen Leuten. Eines Tages begaben sich derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,und Abu Baqr as’Siddiq, zu dem Ort, an dem Ibn Mes’udseine Ziegen hütete. Da erbat der Ehrenwerte Gesandte,mit dem Friede und Segen sei, Milch von Ibn Mes’ud.Dieser entgegnete ihm jedoch: »Dies hier sind nicht mei-ne Ziegen. Sie gehören anderen.« Da sagte der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, zu ihm:»So bringe mir eine trockene, unfruchtbare Ziege!« Da

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brachte dieser ihm eine Ziege, die zwei Jahre nicht mehrgeworfen hatte.« Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, strich ihr mit der Hand über die Zit-zen und sprach ein Gebet. Als sie daraufhin gemolkenwurde und eine Milch gab, die sie tranken und die ihnenwohlschmeckend war214 und nachdem Ibn Mes’ud diesesWunder gesehen hatte, da nahm er den Glauben an.

Drittens: Dies ist die berühmte Geschichte der Ziegenvon Khalima Sa’diye215, welche die Amme des Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, gewesenist: In ihrem Stammesgebiet war damals eine Zeit derDürre, sodass die Tiere schwach wurden und keine Milchmehr gaben, weil sie nicht mehr genug Weideland zumGrasen fanden. Als man jedoch den Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, zu seiner Ammeschickte, kehrten die Ziegen von Khalima Sa’diye abendsim Gegensatz zu denen der anderen satt und mit prallenEutern zurück.

Es gibt nun in den Biographien (Siyer) noch andere Be-richte dieser Art, doch sollen die hier erzählten Beispieleunserem Zweck (= als Beweis) genügen.

Neuntes Beispiel: Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, hat verschiedentlich Leuten mitseiner gesegneten Hand über Kopf und Wange gestri-chen und dabei ein Gebet gesprochen. Aus einer ganzenReihe von Wundern, die sich dabei ereigneten, will ichhier nur einige der bekanntesten als Beispiele anführen.

Erstens: Einmal strich er Omar Ibn Sa’d mit seinerHand über den Kopf und betete dabei. Als dieser Mann imAlter von achtzig Jahren starb, hatte er dank dieses Se-gensgebetes noch kein weißes Haar auf dem Kopf.216

Zweitens: Einmal legte er Qays Ibn Seyd die Handaufs Haupt, strich ihm über das Haar und sprach ein Ge-bet. Durch die Wirkung dieses Gebetes war – und das ob-wohl alle seine Haare weiß geworden waren, denn er hat-te schon sein hundertstes Jahr erreicht – nur jene Stelle

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auf die der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, die Hand gelegt hatte, pechschwarz geblie-ben.217

Drittens: Abdurahman ibn Seyd Ibn Khattab war auffal-lend klein und hässlich. Da legte ihm der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, die Hand aufsHaupt und sprach ein Gebet. Durch den Segen diesesGebetes erlangte er nach Form und Gestalt eine ebensoauffallende Körpergröße und besondere Schönheit.218

Viertens: A’is Ibn Amr wurde in der Schlacht von Hu-neyn im Gesicht verletzt. Da strich ihm der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei, mit der Handdas Blut aus dem Gesicht. So erhielt er an der Stelle, woihn die Hand des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Frie-de und Segen sei, berührt hatte, einen hellglänzendenFleck, den die Hadith-Gelehrten als die Berührungsstellebeschrieben, die glänzte wie die Stirnblässe eines Fuchs-pferdes.219

Fünftens: Einmal strich er Qatada Ibn Salman mit derHand über die Wange und betete dabei. Da begann Qa-tadas Gesicht wie ein Spiegel zu glänzen.220

Sechstens: Als Seyneb, die Tochter von Umm Salama,der Mutter der Gläubigen, und zugleich auch Stieftochterdes Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, noch klein war, spritzte ihr der Ehrenwerte Gesandteeinmal wie im Spiel etwas Abdestwasser ins Gesicht. DieBerührung dieses Wassers verlieh Seyneb ein solchesAussehen von so blühender Schönheit, dass sie selbst zueiner einzigartigen Schönheit wurde.221

So gibt es denn gleich diesen Erzählungen noch vieleähnliche Beispiele. Die meisten sind uns von hadithkun-digen Imamen überliefert worden. Wollten wir auch davonausgehen, dass jede einzelne Erzählung nur einmal be-richtet und für sich allein betrachtet nur einen schwachenBeweis bedeutet, so bewahrheiten sie sich doch alle ge-meinsam nach Art einer allgemeinen Überlieferung dem

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Sinne nach übereinstimmend als Wunder Ahmeds, mitdem Friede und Segen sei. Denn ein Ereignis, das aufunterschiedlichen und mannigfaltigen Wegen überliefertwurde, darf auf diese Weise dennoch im Kern des Ereig-nisses als gesichert gelten. Mag auch jede Form derÜberlieferung für sich allein betrachtet nur einen schwa-chen Beweis darstellen, so beweisen sie doch alle dasEreignis in seinem Kern.

Wurde z.B. ein Donnerschlag gehört und berichtet da-nach der eine vom Einsturz eines ganz bestimmten Hau-ses, der andere vom Einsturz eines ganz anderen Hau-ses, ein dritter vom Einsturz wiederum eines dritten Hau-ses usw., so ist jeder Bericht für sich allein betrachtet nurein schwacher Beweis oder möglicherweise unwahr, soist dennoch im Kern der Sache eines richtig: es gilt als si-cher, dass ein Haus eingestürzt ist, denn darin stimmensie alle überein. Was nun die oben angeführten sechsBeispiele betrifft, so sind sie einerseits authentisch undandererseits sind einige von ihnen berühmt geworden.Nehmen wir einmal an, dass jedes von ihnen nur einschwacher Beweis ist, so bewahrheiten sie doch, so wiein dem Beispiel oben angeführt wurde, dass tatsächlichein Haus eingestürzt ist, alle gemeinsam, dass Moham-med, mit dem Friede und Segen sei, tatsächlich derglei-chen Wunder gewirkt hat.

Sie gibt es also ganz offensichtlich, diese oben ange-führten Arten von Wundern des Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, mit Sicherheit. Auch ist je-des einzelne von ihnen in seiner Art und als ein Beispielfür alle von ihnen ein tatsächliches Wunder. So wie »dieHände, die Finger, der Speichel« des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, »sein Wort undsein Hauch« zum Anlass vieler Wunder wurden, so wareninnere und äußere Sinne und Organe auch des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, eben-falls die Quelle vieler Wunder. Von solchen Wundern be-richten uns die biographischen und historischen Werke

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(siyer ve hadith) seiner Zeit. Sie zeigen uns, wie durchseine inneren wie äußeren Sinne und Organe auch vieleBeweise für sein Prophetentum erbracht wurden…

Fünfzehnter Hinweispunkt

So wie Felsen, Bäume, Sonne und Mond ihn erkennenund sein Prophetentum bestätigen, indem jedes von ih-nen ein Wunder seiner Art hervorbringt, so erkennt auchdas Tierreich, das Totenreich, die Reiche der Engel undGeister (Dschinn) diese gesegnete Persönlichkeit undbestätigen sein Prophetentum. Ein jedes dieser Reichezeigt durch mancherlei Wunder, dass es ihn erkennt undverkündigt so, dass es sein Prophetentum bestätigt.

Dieser Fünfzehnte Hinweis untergliedert sich in drei Ab-schnitte.

Erster Abschnitt: Das Tierreich erkennt den Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, undzeigt seine Wunder auf. Dafür gibt es in diesem Abschnittviele Beispiele. Wir wollen hier nur einige dieser Berichte,soweit sie berühmt geworden sind und ihnen die Zuver-lässigkeit einer sinngemäßen allgemeinen Überlieferungzu Eigen ist, oder sie von Hadith-Kennern als solche an-erkannt bzw. von der Ummah anerkannt wurden, als Bei-spiele anführen.

Erster Bericht: Dies ist eine Begebenheit, die so be-rühmt geworden ist, dass sie einer gesicherten Überliefe-rung gleich kommt. Während sich der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, mit Abu Baqr as’-Siddiq, um sich vor seinen Verfolgern zu retten, in derHöhle von Hira verborgen hielt, kamen zwei Tauben her-beigeflogen und postierten sich zwei Wächtern gleichwartend am Höhleneingang. Gleichzeitig verschloss eineSpinne, einem Vorhanghüter gleich, auf wundersameWeise den Eingang der Höhle mit ihrem dichten Netz.222

Ja, als Ubeyy Ibn Khalaf, ein Anführer der Qureyschiten,

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den der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, später in der Schlacht von Badr mit eigener Handtöten sollte, die Höhle inspizieren wollte und schon seineKameraden zu ihm sagten: »Gehen wir hinein!« entgeg-nete er ihnen: »Wie sollten wir das? Man sieht doch hierein Netz, das so aussieht, als habe eine Spinne noch vorder Geburt von Hasret Mohammed dieses Netz gespon-nen. Und auch diese beiden Tauben, die ihr dort seht, wä-ren sie da sitzen geblieben, wenn jemand dort drinnenwäre?«223

So also hat in ähnlicher Weise auch eine gesegneteSchar von Tauben bei der Eroberung von Mekka dem Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,Schatten über seinem Haupte gespendet. Dies berichtetuns Imam Djelil Ibn Wahhab.224

Und weiter wird uns als zuverlässig berichtet, dass Has-reti Aisha as’Siddiqa erzählt: »Wir hatten zu Hause einenVogel, ähnlich einer Taube, den wir Dadjin nannten. Warder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,anwesend, so verharrte er bewegungslos ruhig sitzend.Sobald der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, fort war, setzte er sich in Bewegung und trip-pelte ruhelos hin und her.225 D.h., dass dieser Vogel aufden Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, hörte, in seiner Gegenwart still und ruhig verharrte.

Zweiter Bericht: Dies ist die Geschichte von dem Wolf,welche über fünf, sechs Kanäle die Gestalt einer sinnge-mäßen Überlieferung angenommen hat. Diese wunder-same Erzählung wurde über viele Kanäle von berühmtenSahabis überliefert. Eine von ihnen geht so: Von Abu Sa-’id al-Khudri, Salama Ibn Aqwa, Ibn Abi Wahhab, Abu Hu-raira und Uhban, dem Hirten und Helden in unserer Ge-schichte wird über verschiedene Kanäle berichtet: EinWolf hatte sich ein Zicklein gefangen. Der Hirte errettetees aus den Fängen des Wolfs. Da sagte der Wolf zu ihm:»Fürchtest du denn nicht Gott, da du mir meinen Anteilaus den Fängen nimmst?« Der Hirte antwortete: »Selt-

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sam! Kann ein Wolf denn sprechen?« Da erzählte ihm derWolf: »Nein, es ist vielmehr merkwürdig an euch, dass esan einer Stelle auf der anderen Seite von hier eine Per-sönlichkeit gibt, die euch in das Paradies einlädt, einenPropheten, und ihr ihn nicht kennt.« Hier endet diese Er-zählung. Und alle sind sich darin einig, dass der Wolf ge-sprochen hat. Nur Abu Huraira, der jedoch selbst einglaubwürdiger Berichterstatter ist, fügt noch hinzu: Dasprach der Hirte zu dem Wolf: »Ich würde ja gerne zu ihmhingehen. Doch wer sollte sich dann um meine Ziegenkümmern?« Der Wolf antwortete ihm: »Ich werde michum sie kümmern.« Da hieß der Hirte den Wolf seine Her-de zu überwachen und ging. Er fand den EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, nahm denGlauben an und kehrte wieder zurück.226 Dort fand er denWolf, wie er seine Ziegen bewachte. Keine von ihnenfehlte. So schlachtete ihm der Hirte eine davon, denn derWolf war ihm ein Lehrer geworden.

Aus einer anderen Quelle hören wir, dass Abu Sufyanund Safwan, zwei von den Anführern der Qureysh, einenWolf gesehen haben, der in Verfolgung einer Gazellenach Haram Sherif (= Mekka) herein lief. Als der Wolf zu-rückkehrte, wunderten sie sich über ihn sehr: der Wolfsprach! Er verkündigte das Prophetentums Ahmeds. Dasagte Abu Sufyan zu Safwan: »Wir wollen diese Ge-schichte niemandem weiter erzählen, denn ich fürchte,dass alle Bewohner von Mekka zu ihm überlaufen wer-den.«227

Wir gelangen also zu der Schlussfolgerung, dass dieseGeschichte mit dem Wolf so überzeugend ist, wie einezuverlässige sinngemäße allgemeine Überlieferung.

Dritter Bericht: Dies sind Berichte von Kamelen, vondenen uns über fünf, sechs Kanäle von berühmten Saha-bis erzählt wird, und dies waren Abu Huraira, Sa’laba IbnMalik, Djabir Ibn Abdullah, Abdullah Ibn Dja’fer und Ab-dullah Ibn Abu Aufa und andere. Diese Sahabis stehenam Anfang einer Kette von Überlieferern, welche alle ge-

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meinsam das Folgende berichten: Einst kam ein Kamelzu dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Se-gen sei, kniete zum Ausdruck seiner Ehrerbietung vor ihmnieder und sprach zu ihm. Und einigen Quellen zufolgewird berichtet, dass dieses Kamel in einem Garten ge-standen habe, unruhig, ja wütend geworden sei und nie-manden an sich heran gelassen, vielmehr jeden ange-griffen habe. Da aber trat der Ehrwürdige Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, ein, das Kamel trat zu ihm hin,grüßte ihn ehrerbietig und ließ sich vor ihm nieder. So leg-te ihm der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, das Halfter um.228 Das Kamel aber sagte zu demEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei:»Man hat mir viele mühevolle Arbeiten auferlegt. Jetztwollen sie mich sogar schlachten.229 Darüber bin ich wü-tend.« So fragte er denn den Besitzer des Kamels:»Stimmt das so?« Da sagte er : »Ja.«

Des Weiteren hat das Kamel des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, das Adba hieß,nach dem Verscheiden des Propheten, vor Kummernichts mehr gefressen noch getrunken, bis es starb.230

Außerdem berichten einige bedeutende Imame, wie AbuIs’haq Isfarani, dass dieses Kamel mit dem EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, über einewichtige Angelegenheit gesprochen habe.

Des Weiteren wird aus authentischer Quelle berichtet,dass Djabir ibn Abdullahs Kamel während einer Reise soerschöpft wurde, dass es nicht mehr weiter gehen konn-te. Da stieß es der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, leicht an. Durch diese Zuwendung Ah-meds gewann dieses Kamel eine solche Behändigkeitund Freudigkeit, dass man es vor Schnelligkeit nicht mehrzügeln und in seinem Lauf nicht mehr einholen konnte.Das berichtet uns Hasret Djabir.231

Vierter Bericht: Hadithkundige Imame, vor allem aberBuchari berichten: Es gingen einmal in einer Nacht so wil-de Gerüchte um, als stünde draußen vor der Glanzvollen

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Stadt (=Medina) der Feind zum Angriff bereit. TapfereReiter saßen nun auf und ritten hinaus. Das sahen sie ei-ne Gestalt auf sich zukommen. Es war der EhrenwerteGesandte, mit dem Friede und Segen sei. Er unterrichte-te sie: »Es ist alles in Ordnung.« Er war auf das Pferd desberühmten Abu Talha gestiegen, war so wie es seiner hei-ligmäßigen Tapferkeit entsprach, allen vorangeritten undnach Beendigung seiner Patrouille wieder zurückge-kehrt.232 Sodann sagte er zu Abu Talha:»Dein Pferd flog geschwind wie ein Pfeil dahin.«

Abu Talhas Pferd jedoch war eine armselige Mähre undlangsam wie ein Ackergaul. Seit dieser Nacht aber konn-te es ihm kein Pferd mehr an Schnelligkeit gleich tun.

Des Weiteren wird aus zuverlässiger Quelle berichtet,dass der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, einmal während einer Reise zur Gebetszeit sei-nem Pferd ein »Halt!« zugerufen hat. Daraufhin war dasPferd stehen geblieben und hatte mit keinem Muskelmehr gezuckt, bis der Prophet das Gebet beendet hat-te.233

Fünfter Bericht: Safina234, ein Diener des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, der zu Mu’adhIbn Djebel, dem Statthalter des Jemen reisen sollte, hat-te Befehl von dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Frie-de und Segen sei, erhalten und sich auf den Weg ge-macht. Unterwegs aber begegnete er einem Löwen. Safi-na sprach zu ihm: »Ich bin ein Diener des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei.« Da wandtesich der Löwe von ihm ab, gab zwar noch einen Laut vonsich, ließ ihn jedoch unbehelligt.

Eine andere Überlieferung berichtet hingegen, Safinahabe sich auf dem Rückweg verlaufen, den Löwen ge-troffen und der Löwe habe ihn unbehindert ziehen lassen,ja ihm sogar noch den Weg gewiesen.

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Des Weiteren wird von Hasret Omar Folgendes erzählt:Zu dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Se-gen sei, kam einmal ein Beduine mit einer Eidechse inseiner Hand und sagte zu ihm: »Wenn dieses Tier vor dirdie Schehada (= das Zeugnis des Glaubens) ablegt, wer-de ich vor dir meinen Glauben (=iman) bekennen. Ande-renfalls werde ich dir keinen Glauben schenken.« Da be-fragte der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, das Tier und die Eidechse legte vor ihm mit kla-rer und deutlicher Stimme Zeugnis für seine Sendungab.235

Des Weiteren berichtet Umm Salama, die Mutter derGläubigen: Eine Gazelle hat mit dem Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, gesprochen undvor ihm Zeugnis für seine Sendung abgelegt.236

So gibt es denn viele Geschehnisse dieser Art. Wir ha-ben hier einige Berichte darüber, die berühmt gewordensind und als gesichert gelten können, als Musterbeispie-le angeführt. Darum wollen wir auch all denen, die denEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,nicht anerkennen und ihm nicht Gehorsam leisten wollen,sagen:

»Oh ihr Menschen! Lasset euch ermahnen und nehmteuch ein Beispiel! Wolf und Löwe haben den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, anerkanntund wurden ihm gehorsam. Bemüht euch vielmehr da-rum, nicht noch tierischer als die Tiere, als die Wölfe zusein!«

Zweiter Abschnitt: Auch das Reich der Toten, derGeister (Dschinn) und der Engel haben den EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, anerkannt.Auch darüber gibt es viele Berichte. Als Beispiel wollenwir einige Berichte, die besonders bekannt geworden undvon zuverlässigen Imamen erzählt wurden, anführen. Wirwollen dabei zu erst ein paar Beispiele anführen, die dasTotenreich betreffen. Soweit sie Dschinnen und Engel be-

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treffen, gelten sie als ganz allgemein überliefert. Für siegibt es nicht nur ein, nein tausend Beispiele. Doch hierzunächst ein Beispiel für eine Stimme aus dem Toten-reich:

Erster Bericht: Hasan Basri237, welcher zur Zeit derTabiine der Fürst der großen und bedeutenden Gelehrtenunter den Theologen und Mystikern, und ein treuer undzuverlässiger Schüler von Imam Ali war, berichtet: »EinMann kam zu dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, weinte und klagte ihm: »Ich hatteeine kleine Tochter. Sie starb dort drüben an jenem Bach.Der hat sie auch mitgenommen.« Der Ehrenwerte Ge-sandte, mit dem Friede und Segen sei, sprach ihm seinBeileid aus und sagte dann zu ihm: »Komm, gehen wirdorthin!« Da gingen sie dorthin. Der Ehrenwerte Gesand-te, mit dem Friede und Segen sei, rief nun die Seele desverstorbenen Mädchens bei ihrem Namen. Sofort antwor-tete ihm das verstorbene Mädchen:

»Hier bin ich und bin bereit!«

Da befragte sie der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Frie-de und Segen sei: »Hast du den Wunsch, zu deinem Va-ter und zu deiner Mutter zurückzukehren?« Sie aber ent-gegnete: »Nein, ich habe es hier besser gefunden alsdort.«238

Zweitens: Einige bedeutende Imame, wie der ImamBeyhaqi und Imam Ibn Adiy berichten von Hasret EnnesIbn Malik: Ennes sagt: Eine alte Frau hatte einen einzigenSohn, der aber plötzlich verstarb. Diese fromme Frau wardarüber sehr betrübt und betete: »Oh Herr! Um DeinesWohlgefallens willen bin ich ausgewandert und hierhergekommen, um durch Deinen Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, den Bund zu schließenund ihm zu dienen. Um der Ehre dieses Deines Prophe-ten willen erbitte ich von Dir mein Söhnchen, welcher mir

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der einzige Trost in meinem Alter war.« Ennes sagt: »Dastand der Verstorbene auf und aß mit uns.«239

So entstand denn das folgende Zitat von Imam Busiri(eine Kasside für die er von dem Propheten ein Gewand,eine Burda, zum Geschenk erhielt und die deshalb Kas-side el-Burda genannt wird – A.d.Ü), mit dem er auf die-ses Ereignis hinweist und es besingt:

»Würden seine Wunder der Größe und Bedeutung seines Ansehensund seiner Vorzüge entsprechen, so würden in seinem Namen nicht nurdie soeben verstorbenen, ja sogar längst vermoderte Gebeine wiederauferstehen.«

Dritter Bericht: Überlieferer wie vor allem Imam Beyha-qi berichten von Abdullah Ibn Ubeydullah al-Ensari: Ab-dullah sagt: Als Sabit Ibn Qays ibn Schemmas in derSchlacht von Jamama fiel und ins Grab gebettet werdensollte, war auch ich einer der Anwesenden. Noch wäh-rend wir dabei waren, ihn ins Grab zu legen, vernahmenwir plötzlich seine Stimme, die da sagte:

»Mohammed ist der Prophet Gottes, Abu Baqr der Getreue, Omar einMärtyrer und Othman ein Frommer und ein Erbarmer.«

Da öffneten wir noch einmal das Leichentuch und sahennach. Doch er lag darinnen, tot und entseelt.240 So hatteer denn, noch ehe bevor Hasret Omar zum Kalifen er-wählt worden war, dessen Märtyrertod vorausgesagt.

Vierter Bericht: Imam Taberani berichtet von Nu’manIbn Beshir und auch Abu Nu’aym berichtet von diesem inseinem Buch »Delaili Nübüvvet« (=Beweise des Prophe-tentums): Seyd Ibn Haridj war plötzlich auf dem Markt-platz umgefallen und verstorben. Wir brachten ihn nachHause. Während aber zwischen dem Abendgebet unddem Nachtgebet die Frauen alle um ihn herum weinten,

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sagte er plötzlich:

»Schweigt doch! Seid doch still!«

und fügte dann mit klarer Stimme hinzu:

»Mohammed ist der Gesandte Gottes. Friede sei mit dir, oh ProphetGottes!«

So redete er noch eine Weile weiter. Doch als wir dannnach ihm sahen, da war seine Seele entflohen, dahinge-schieden.241

Wenn also nun die entseelten Leiber der Verstorbenenseine Botschaft bestätigen, die Lebenden aber sie nichtbestätigen, so sind doch diese lebendigen Räuber desLebens seelenloser als die Entseelten und erstorbenerals die schon Verstorbenen.

Was aber die Engel, ihre Erscheinung und den Dienstbetrifft, den sie dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, erwiesen haben, sowie die Dschin-nen, die aus seiner Hand den Glauben empfangen undihm Gehorsam geleistet haben, so sind diese Dinge all-gemein überliefert. Sie werden im Qur’an mit vielen Ayatdargelegt und beschrieben. So haben ihm nach Aussagedes Qur’an in der Schlacht von Badr fünftausend Engel,den Sahabis gleich, jedoch in vorderster Front als Solda-ten gedient. Ja, diese Engel sind sogar unter den übrigenEngeln gleichfalls der Ehre der »Ashab-i Badr (Kamera-den von Badr)« teilhaftig geworden.242

In dieser Hinsicht müssen zwei Gesichtspunkte in Be-tracht gezogen werden:

Erster Gesichtspunkt: Die Existenz des Engelreichesund der Dschinnen ist ebenso wie die Existenz des Tier-reiches und der Menschen eine feststehende Tatsache.

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Dies und welches unsere Verbindungen mit ihnen sind,haben wir bereits im Neunundzwanzigsten Wort so sicherbewiesen wie zwei mal zwei vier ist. Was diesen Beweisanbelangt, so verweisen wir auf dieses Wort.

Zweiter Gesichtspunkt: Zu Ehren des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, und infolgeder Wirkung seines Wunders haben Menschen aus sei-ner Ummah sie gesehen und mit ihnen gesprochen.

So berichten alle hadithkundigen Imame, vor allem aberBuchari und Imam Moslim übereinstimmend243: So kameinmal ein Engel in Menschengestalt zu ihm, gekleidet inweiß. Es war dies der Erzengel Gabriel. Während derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, in-mitten seiner Sahabis saß, kam er zu ihm und fragte ihn:

»Was ist Islam? Was ist Glaube? Was ist Güte? Erkläre das!«

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, erklärte es ihm. Die dort anwesende Gemeinde derSahabis erhielten nicht nur eine Vorlesung, sie konntenauch diese Persönlichkeit recht deutlich sehen. Obwohlsie ein Reisender zu sein schien, konnte man doch keineSpuren einer Reise an ihr bemerken. Schließlich standsie auf und war plötzlich verschwunden. Da geruhte derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, an-zumerken: »Es war dies Gabriel, der so gehandelt hat,um euch zu unterrichten.«

Des Weiteren berichten die hadithkundigen Imame mitzuverlässigen Quellenangaben im Grade einer sinnge-mäßen allgemeinen Überlieferung: »Hasret Gabriel wur-de des öfteren von den Sahabis in der Gestalt von Dihya,einem Sahabi von vollendeter Schönheit, in der Nähe desEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,gesehen.«244 So steht mit Sicherheit fest, dass HasretOmar, Ibn Abbas, Ussama ibn Sayd, Haris, Aisha Siddika

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und Umm Salama zuverlässig berichten: »Wir sehenHasret Gabriel des öfteren an der Seite des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, in der Gestaltvon Dihya.«

Ja wäre es denn etwa möglich, dass diese Menschen»wir haben gesehen« gesagt und nichts gesehen hätten?

Des Weiteren berichtet Sa’d ibn Ebi Waqqas, einer derZehn Empfänger (der Verheißung des Paradieses) undEroberer des Iran, unter Angabe einer authentischenQuelle: »In der Schlacht von Uhud haben wir zu beidenSeiten des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, zwei weißgekleidete Gestalten245 gleich Wäch-tern gesehen, die ihn beschützten. Es war uns klar, dassdies zwei Engel waren und gelangten zu der Überzeu-gung, dass es Gabriel und Michael waren.« Ja wäre esdenn möglich, dass dieser Streiter für den Islam »wir ha-ben gesehen« sagen sollte und sie nichts gesehen hät-ten?

Des Weiteren berichtet Abu Sufyan ibn Kharith ibn Ab-dul Muttalib (der Neffe des Propheten), wie zuverlässigüberliefert wird: »Wir haben in der Schlacht von Badr zwi-schen Himmel und Erde weißgekleidete Reiter gese-hen.«246

Des Weiteren bat Hasret Hamsa einmal den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei: »Ichmöchte Gabriel sehen.« Da zeigte er ihn ihm in der Kaa-ba. Doch er konnte es nicht ertragen, verlor das Be-wusstsein und stürzte zur Erde.247

Dergleichen Ereignisse, wo Engel sichtbar wurden, gibtes viele. Doch alle diese Ereignisse zeigen nur einen As-pekt der Wunder Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei,und beweisen, dass vor dem Licht seines Prophetentumsselbst Engel wie Falter sind.

Was aber die Dschinnen betrifft, so gibt es viele Ereig-nisse, wo nicht nur Sahabis sie gesehen und mit ihnengesprochen haben, sondern selbst einfache Leute aus

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der Gemeinde mit vielen von ihnen verkehrt haben. Der-jenige Bericht jedoch, welcher durch hadithkundige Ima-me bestens gesichert und bestätigt ist und von Ibn Mes’-ud überliefert: »Ich habe einmal bei Batn Nachl in derNacht eine Bekehrung von Dschinnen miterlebt. DieseDschinnen, die ich gesehen habe, glichen den hochge-wachsenen Gestalten aus jenem Stamme im Sudan, denman die Sutt nennt.«248

Des Weiteren wurde der folgende Bericht von HasretKhaled Ibn Walid berühmt, den die hadithkundigen Ima-me anführen und bestätigen: »Zu der Zeit, da der Götzenamens Usa zerstört wurde, kam aus diesem Götzen ei-ne Dschinn in Gestalt einer schwarzen Frau heraus. Has-ret Khaled schlug diese Dschinn mit seinem Schwert ent-zwei. Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, sagte über dieses Ereignis: »Man hatte sie in die-sem Götzen Usa angebetet. Doch von nun an wird mansie nicht mehr anbeten.«249

Des Weiteren gibt es von Hasret Omar folgende be-rühmte Überlieferung: »Als wir einmal mit dem Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, beisam-men waren, kam ein Dschinn namens Hama in der Ge-stalt eines Greises, einen Stock in seiner Hand, undnahm den Glauben an. Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, unterrichtete ihn über einigeSuren von den kurzen Suren.250 Nachdem er die Unter-weisung empfangen hatte, ging er wieder. Obwohl einigehadithkundige Imame die Authentizität dieses letzten Be-richtes anzweifeln, gibt es andere, namhafte Imame, wel-che dessen Glaubhaftigkeit bestätigen.251 Wie dem auchsei: es ist nicht notwendig, sich in langen Erörterungendarüber aufzuhalten, da es genügend andere Beispieledafür gibt.

Was wir dem nur noch hinzusetzen wollen, ist Folgen-des:

Im Lichte des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede

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und Segen sei, durch seine Belehrung und die seinerNachfolger haben tausende Pole (des Geisteslebens)und Theologen wie Scheich Geylani mit Engeln undDschinnen verkehrt und tun es noch heute und solcheGeschehnisse haben durch ihre Vielzahl hundertfach denWert allgemeiner Überlieferungen (Tavatur).252 Dieservertraute Umgang der Gemeinde (Umma) Mohammeds(ASM) mit Engeln und Dschinnen und ihre Gespräche mitihnen sind jedoch in der Tat ein Werk des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, und ein Wun-der seiner Erziehung, Bildung und Rechtleitung.

Dritter Abschnitt: Der Schutz, unter dem der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, stand,seine Unangreifbarkeit und Ehrenhaftigkeit, waren ein of-fensichtliches Wunder und die ebenso offensichtlicheWahrheit der ehrwürdigen Ayah (Sure 5, 70):

»Gott wird dich vor den Menschen beschützen.«

kommt in vielen Wundern zum Ausdruck. Als der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, an dieÖffentlichkeit trat, da trat er in der Tat nicht nur gegen eineinzelnes Volk oder eine Nation, einige wenige Parteienoder eine besondere Religion an, vielmehr trat er ganz al-lein gegen alle Könige und die Anhänger aller Religionenauf. Denn obwohl sein Onkel sein größter Feind war undauch sein Stamm und sein Volk ihm feindlich gesinnt wa-ren, konnte er dennoch nach dreiundzwanzig Jahren oh-ne Wächter, ohne Maßnahmen zu seinem Schutz oderBeschützer und obwohl er doch mannigfachen Attentatenausgesetzt gewesen war, in vollendeter Zufriedenheit aufseinem Ruhelager sterben und über die Welt der Engelemporsteigen. Welch eine Macht und Wahrheit in diesemSchutz, seiner Unangreifbarkeit und Ehrenhaftigkeitdurch die ehrwürdige Ayah:

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»Gott wird dich vor den Menschen beschützen.« (Sure 5, 70)

zum Ausdruck kommt und welch ein festes Fundament inihr gelegt ist, das wird hierin sonnenklar gezeigt. Hier wol-len wir nur einige Berichte, die als authentisch überliefertsind, als Beispiele dafür anführen.

Erster Bericht: Hadithkundige und Biographen (ehlisiyer ve hadith) berichten übereinstimmend: Der Stammder Qureysch hatte sich zusammengetan, entschlossen,den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, zu töten. Ja auf den Vorschlag eines Mannes, in dender Teufel gefahren war, wählten sie aus jeder Sippe min-destens einen Mann, damit es später nicht etwa unter denQureyshiten zu einer Spaltung käme, aus. Das waren ins-gesamt etwa zweihundert Leute. Unter der Führung vonAbu Djehil und Abu Leheb zogen sie zu dem seligen Hau-se des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Se-gen sei, und wollten es umstellen. An der Seite des Eh-renwerten Gesandten, mit dem der Friede und Segen sei,befand sich Ali. Zu diesem sagte er: »Schlafe du dieseNacht auf meinem Lager.« Sodann wartete der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, bis dieQureyshiten herangerückt waren und das ganze Hausumzingelt hatten. Erst danach trat er heraus, warf ein we-nig Erde über sie, worauf niemand ihn erkannte, gingdann mitten durch sie hindurch und verschwand.253 In derHöhle von Hira wurden ihm dann zwei Tauben und eineSpinne allen Qureyshiten entgegen zum Wächter und ga-ben ihm Schutz.254

Zweiter Bericht: Dieser gilt als zuverlässig überliefertund erzählt, dass die Anführer der Qureysh nun, als siedie Höhle wieder verließen und sich in Richtung Medinawandten, ihnen gegen ein bedeutendes Vermögen einenbesonders tapferen Mann namens Suraqa255 nachsand-ten, der sie verfolgen und umbringen sollte. Der Ehren-

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werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, und AbuBaqr as’Siddiq hatten jedoch, als sie miteinander dieHöhle verließen, bereits erkannt, dass Suraqa ihnen folg-te. Wiederum verfiel Abu Baqr as’Siddiq in große Sorgeund Bedrängnis. Doch wie zuvor in der Höhle sagte derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, zuihm:

»Bekümmere dich nicht! Gott ist mit uns.« (Sure 9, 40)

Er sah Suraqa nur an. Das Pferd von Suraqa aber bliebmit seinen Hufen wie an die Erde angewurzelt stehen. Erbefreite sich und wiederum verfolgte er sie. Doch diesmalstieg aus der Erde, dort wo die Hufe des Pferdes ange-fesselt waren, etwas wie Rauch empor. Diesmal begriffer: »Es ist nicht in deine noch in irgendjemand anderenHand gegeben, Hand an ihn zu legen.« – »Gnade!«schrie er da, und der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Frie-de und Segen sei, schenkte ihm Gnade, sagte aber zuihm: »Geh nun! Aber sorge dafür, dass kein weiterer mehrkommt!«

In Ergänzung zu diesem Bericht möchten wir auch nochdas Folgende mitteilen: in einer authentischen Erzählungwird berichtet: Ein Hirte, der sie gesehen hatte, eilte nachMekka, um den Qureyshiten davon zu berichten. Als er je-doch in Mekka angekommen war, da hatte er vergessen,wozu er gekommen war. Wie sehr er sich auch darum be-mühte, er konnte es sich nicht mehr ins Gedächtnis zu-rückrufen. Gezwungenermaßen musste er umkehren. Daerst begriff er, dass ihm das Vergessen, dem er anheimgefallen, eingegeben worden war.256

Dritter Bericht: Die hadithkundigen Imame geben vonder Schlacht bei Gatafan und Enmar den folgenden Be-richt, den sie durch verschiedene Kanäle erhalten haben:Ein tapferer Stammesführer namens Ghauras hatte sichdem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen

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sei, unbemerkt genähert und sagte, dem EhrenwertenGesandten, mit dem der Friede und Segen sei, das blan-ke Schwert über sein Haupt haltend: »Wer wird dich nunvor mir retten?« Jener sagte: »Allah!« und betete sodann:

»Oh Gott, sei Du mir mein Genügen, so Du es willst!«

Da empfing Ghauras plötzlich mitten zwischen seine bei-den Schultern einen Streich aus dem Unsichtbaren, so-dass ihm das Schwert aus der Hand fiel und er zur Erdestürzte.257 Da ergriff der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, das Schwert mit seiner Hand undfragte zurück: »Und wer ist es, der dich nun retten wird?«Doch dann verzieh er ihm. Da ging dieser Mann zu sei-nem Stamm zurück. Jeder war über diesen so kühnenund tapferen Mann erstaunt. »Was ist mit dir gesche-hen?« fragten sie ihn, »Warum hast du denn nichts aus-richten können?« Da erzählte er ihnen, wie die Ereignisseverlaufen waren und fügte noch hinzu: »Ich komme gera-de von dem besten aller Menschen zurück.«258

Desgleichen kam einmal, wie in der obigen Erzählung,einer der Ungläubigen in der Schlacht von Badr, zu demEhrwürdigen Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,ohne dass dies jemand bemerkt oder es einer gesehenhätte, trat hinter ihn und hob das Schwert zum Schlag, alsplötzlich der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, den Kopf wandte und ihn ansah. Da befiel ihnein Zittern und das Schwert entfiel seinen Händen.

Vierter Bericht: Auch dieser Vorfall ist ebenso berühmtgeworden wie eine sinngemäße Überlieferung und wirdvon den meisten Kommentatoren als Grund für die Of-fenbarung dieser Ayah angesehen:

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»Siehe, wir haben ihnen die Halsfesseln bis an das Kinn hinauf ange-legt, sodass sie nun ihre Nasen hoch tragen müssen. Und wir haben vorihnen einen Wall aufgerichtet und einen Wall hinter ihnen, der ihnen denBlick verstellt, sodass sie nicht sehen können.« (Sure 36, 8-9)

So berichten denn die Fachgelehrten unter den Kom-mentatoren und die hadithkundigen Imame wie folgt: AbuDjehil hatte sich geschworen: »Sobald ich sehe, dass Mo-hammed sich zum Gebet niedergeworfen (Sedjde) hat,will ich ihn mit diesem Stein erschlagen!« Sodann nahmer diesen Stein und machte sich mit ihm auf den Weg. Alser jedoch den Propheten in der Sedjde erblickte und denStein emporhob, um zuzuschlagen, verharrten seine Ar-me weiterhin emporgereckt.259 Erst nachdem der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, das Ge-bet vollendet hatte und wieder aufgestanden war, bekamAbu Djehil seine Hände endlich wieder frei. Sei es nun,dass der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, ihm die Erlaubnis dazu erteilt hatte, sei es, dassfür das Gegenteilige keine weitere Notwendigkeit mehrgegeben war, wurden ihm nun die Hände entbunden.

Des Weiteren hatte einmal, und dies soll nach einer derÜberlieferungen Velid ibn Mughira gewesen sein, undzwar wiederum aus dem Stamme Abu Djehils, den Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, er-schlagen wollen und der sich dazu einen großen Steinaussuchte und ging, um den Propheten während derSedjde damit zu erschlagen. Doch da waren ihm die Au-gen verschlossen. Da er den Ehrenwerten Gesandten,mit dem Friede und Segen sei, in der Mesdjid al-Haram(= die Kaaba, d.h. die Verbotene Moschee, in der auchkein Verfolgter erschlagen werden durfte – A.d.Ü.) nichtsehen konnte, kehrte er um, konnte jedoch auch die, wel-che ihn ausgeschickt hatten, nicht mehr wahrnehmen,hörte vielmehr nur ihre Stimmen.260 Als danach dann derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,nach dem Gebet wieder herauskam und somit die Notsi-tuation vorüber gegangen war, gingen auch Velid ibn

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Mughira die Augen auf.Des Weiteren wird auch von Abu Baqr as’Siddiq der fol-

gende Bericht als authentisch überliefert:Nach der Offenbarung der Sure 111:

»Verderben der Hand des Abu Leheb!«

nahm Umm Djemil (Mutter der Schönheit), die Frau desAbu Leheb, genannt die »Holzträgerin«

einen Stein und ging zur Mesdjid al-Haram. Dort saß AbuBaqr as’Siddiq mit dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei. Sie erblickte dort Abu Baqr as’Sid-diq und fragte ihn: »Oh Abu Baqr! Wo ist dein Freund? Ichhabe gehört, dass er über mich gespottet hätte. Wenn ichihn sehe, werde ich ihm mit diesem Stein auf den Mundschlagen.«261 Den neben ihm sitzenden Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, aber sah sie nicht. Natürlichkonnte sie, der Hölle Holzträgerin, ihn, Sultan Laulaak(der König mit dem Titel: »Um deinetwillen habe ich dieWelt erschaffen.« – A.d.Ü.), der unter Gottes Schutzstand, nicht sehen, nicht in seine friedvolle Gegenwart(Husur) gelangen. Und sie sollte auch nie zu Gegenwartdessen mündig werden, in dessen Mund das Wort gegensie von Gott gelegt worden war.

Fünfter Bericht: Einer zuverlässigen Überlieferung zu-folge wird berichtet262, dass Amir Ibn Tuffeyl und ErbedIbn Qais übereingekommen waren, zu dem EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, zu gehen. Da-bei sagte Amir: »Ich werde ihn ablenken und währenddessen erschlägst du ihn.« Doch dann sah er, dass seinKamerad nichts dergleichen tat. So fragte er ihn denn,nachdem sie wieder gegangen waren: »Warum hast duihn nicht erschlagen?« Der erwiderte ihm: »Wie sollte ich

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denn? Wie sehr ich auch dazu entschlossen gewesenwar, so sah ich doch ständig dich dazwischentreten. Wieaber hätte ich dich erschlagen können?«

Sechster Bericht: Einer zuverlässigen Überlieferungzufolge wird berichtet: Während der Schlacht von Uhudoder Huneyn kam Sheyba ibn Othman Al-Hadjebi, des-sen Onkel und dessen Vater von Hasret Hamsa umge-bracht worden waren, heimlich herbeigeschlichen, umRache zu nehmen. Als er jedoch bereits sein blankesSchwert hinter dem Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, erhob, fiel ihm plötzlich dasSchwert aus den Händen. Der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, blickte ihn an und legte ihmseine Hand auf die Brust. Sheyba erzählte später: »In die-sem Augenblick hätte es keinen Menschen auf der Weltgeben können, der mir teurer gewesen wäre als er.« Ernahm den Glauben an und der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, befahl ihm: »Jetzt geh undkämpfe!« Und Sheyba erzählt weiter: »Da ging ich undkämpfte vor dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Frie-de und Segen sei. Wäre mir zu der Zeit mein eigener Va-ter entgegengetreten, ich hätte selbst ihn erschlagen.«263

Des Weiteren kam am Tag der Eroberung von Mekkaein Mann namens Fedala zu dem Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, ihn umzubringen.Doch der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, blickte ihn lächelnd an und fragte ihn: »Was hat-test du dir in deiner Seele gesagt?« Dabei tat er für Fe-dala den Wunsch um Vergebung. Fedala gelangte zumGlauben und erzählte darüber später: »In diesem Augen-blick gab es niemanden mehr auf der Welt, der mir teurergewesen wäre als er.«264

Siebenter Bericht: Einer zuverlässigen Überlieferungentsprechend hatten die Juden einmal geplant, ein Atten-tat gegen den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friedeund Segen sei, zu verüben. Als er sich jedoch einmal aneinem Platz niedergelassen hatte, und sie gerade von

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oben einen Felsbrocken auf ihn herabschleudern wollten,da hieß Gott, der Beschützer, ihn im gleichen Augenblickaufstehen und machte so ihren Anschlag zunichte.265

So wie diese sieben Beispiele gibt es noch viele ande-re Berichte. So überliefern vor allem Imam Buchari undImam Moslim und die hadithkundigen Imame von HasretAysha: Nach der Offenbarung der Ayah (Sure 5, 70):

»Gott wird dich vor den Menschen beschützen.«

sagte der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, zu den Leuten, die ihn gelegentlich bewachten:

»Oh ihr Leute! Lasst mich nur! Denn Gott in Seiner Größe und Majestätbehütet mich.«266

So zeigt denn auch diese Abhandlung von Anfang an bishierher: Alle die Welten und Reiche im All kennen den Eh-renwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,und stehen mit ihm in Verbindung. In all diesen Weltenwurden seine Wunder offenbar. Das also heißt, dass die-se Persönlichkeit, Ahmed (ASM), von Gott dem Gerech-ten eingesetzt und beauftragt ist, dies jedoch in Hinblickauf den Schöpfer des Alls, unter dem Titel des Herrn allerGeschöpfe und als sein Gesandter. Es ist ja der hochge-stellte Inspektor und Revisor des Königs in jedem seinerVerwaltungsbereiche bekannt und geachtet und, wo im-mer er eintritt, berechtigt, Anweisungen zu erteilen, weiler der oberste Beamte im Dienste des Königs ist. Wäre erdagegen nur ein Justizinspektor, könnte er seine Anwei-sungen nur im Justizbereich erteilen. In anderen Abtei-lungen wäre er hingegen kaum bekannt. In ähnlicherWeise könnte ein Beamter der Militärverwaltung im Be-reich der Zivilverwaltung unbekannt sein. In gleicher

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Weise wird nun auch verständlich, dass er, der in allenBereichen des Königreiches Gottes bekannt und geach-tet ist, bzw. bekannt gemacht worden ist, von den Engelnangefangen bis zu den Mücken und Spinnen, dem ent-sprechend das Siegel der Propheten und der Gesandtedes Herrn der Welten ist und seine Sendung erstrecktsich über die all Seiner Botschafter.

Sechzehnter Hinweispunkt

Die Wunder, die »Irhasat« genannt werden und sich nochvor dem Beginn seines Prophetentums jedoch in Bezugauf sein Prophetentum ereignet haben, gelten gleichfallsals ein Beweis für sein Prophetentum. Es gibt ihrer dreiArten.

Erste Art: Diese umfasst, wie dies auch im Qur’an aus-drücklich bestätigt wird, Hinweise in der Thora, den Evan-gelien, dem Psalter und den Prophetischen Schriften aufdas Prophetentums Ahmeds, mit dem Friede und Segensei. Da es sich hierbei jedoch um Heilige Schriften han-delt, die vom Himmel herab gesandt worden und von Got-tes Gesandten der Menschheit verkündet worden sind,müssen sie ja auch mit Sicherheit und Notwendigkeit je-ne Persönlichkeit vorherverkündigt haben, der ihrenGlauben von Grund auf reformieren, den Kosmos anderserscheinen lassen und mit seinem Licht die halbeMenschheit erleuchten werde. Ja wäre es denn möglich,dass Propheten, die in diesen Büchern kleine Ereignissevoraussagen, das größte Ereignis in der Geschichte derMenschheit, das Erscheinen Mohammeds, mit dem Frie-de und Segen sei, nicht schon vorausgesagt hätten? Dasie also ganz offensichtlich eine derartige Voraussage ge-macht haben, werden sie in jedem Fall entweder seinenAnspruch, ein Prophet zu sein, bestreiten, um die Men-schen davor zu beschützen, ihren Glauben zu verlierenund die Heiligen Bücher davor zu bewahren, ihre Gültig-

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keit zu verlieren, oder aber sie werden ihn in seinem Pro-phetentum bestätigen, sodass der wahre Glaube durchdie Wahrhaftigkeit einer solchen Persönlichkeit vor Aber-glaube und Verfälschung bewahrt bleibe. Denn da nuneinmal Freund und Feind darin übereinstimmen, dass esin keiner der Heiligen Schriften einen Hinweis auf dessenWiderlegung gibt, muss sich also eine derartige Be-stätigung in ihnen finden. Da sich aber nun einmal einederartige Bestätigung in ihnen finden muss, weil es alsoeinen ganz bestimmten Grund und eine grundsätzlicheNotwendigkeit für eine solche Bestätigung gibt, wollenauch wir hier drei Beweise als unwiderlegbare Zeugnissefür das Vorhandensein derartiger Bestätigungen anfüh-ren.

Erster Beweis: Der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, sagt in der Sprache des Qur’an:»Eure Bücher verweisen auf mich und bestätigen michund das, was ich euch verkündige, das bestätigen euchauch eure Bücher.«

»Sage: Bringt doch einmal eure Thora herbei und lest darin, wenn ihrwahrhaftig seid!« (Sure 3, 93) »Sage: Kommt! Wir wollen unsere Söhneund eure Söhne, unsere Frauen und eure Frauen zusammenrufen undalle unsere Leute und die eurigen. Dann wollen wir schwören, dass derFluch Gottes herabkommen solle über diejenigen, welche lügen.« (Sure3, 61)

Mit dergleichen Versen forderte er sie heraus. Doch ob-wohl er sie ihnen beständig um die Ohren schlug, konnteihm kein jüdischer Gelehrter oder christlicher Geistlichereinen Irrtum nachweisen. Hätten sie ihm einen aufzeigenkönnen, hätten diese verstockten Ungläubigen in ihrem

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Neid, und von ihnen gab es sehr viele, die Heuchler un-ter den Juden und diese ganze ungläubige Welt es allüberall bekannt gemacht.

Und weiter sagte ihnen der Prophet: »Entweder ihr fin-det meinen Irrtum heraus, oder aber ich werde in Heili-gem Bestreben (Djihad) bis zu eurer Niederlage nichtnachlassen.« Doch da sie den Kampf, den Untergangund die Auswanderung wählten, heißt dies, dass sie kei-nen Irrtum bei ihm entdecken konnten. Hätten sie einenIrrtum bei ihm entdeckt, es wäre ihre Rettung gewesen.

Zweiter Beweis: Die Ausdrucksweise in der Thora, denEvangelien und dem Psalter weisen nicht jenen selbenwunderbaren Charakter auf wie ihn der Qur’an hat, diesesind auch immer wieder und wieder neu übersetzt wor-den, wobei dann jedes Mal wieder sehr viele fremde Wor-te unter den alten Text gemischt wurden. Ebenso sind dieAuslegungen und Missdeutungen der Kommentatorenunter die ursprünglichen Verse geraten. Außerdem wur-den dem auch noch die Verfälschungen einiger Ungebil-deter und einiger übel gesinnter Leute hinzugefügt. Aufdiese Weise vermehrten sich in diesen Büchern die Irrtü-mer und die Fälschungen. Ja Scheich Rahmatullah el-Hindi (ein berühmter Gelehrter) hat sogar einmal den jü-dischen wie den christlichen Geistlichen und Gelehrten inden Büchern der Alten an Tausenden von Stellen Verfäl-schungen nachgewiesen und sie so zum Verstummengebracht. Dennoch hat schon in damaliger Zeit der be-rühmte Huseyn al-Djisri (Gottes Erbarmen über ihn) indiesen Büchern einhundertundvierzehn Stellen entdeckt,welche Beweise für das Prophetentum Ahmeds betreffenund sie in seiner »Risale-i Hamidiye« zusammengefasst.Diese Risala ist von Ismail Haqqi aus Manastir ins Os-manische übersetzt. Jeder, der will, kann in diesem Buchnachschlagen und -lesen.

Des Weiteren haben sehr viele jüdische Gelehrte undauch christliche Gelehrte eingestanden und zugegeben:»In unseren Büchern werden die Kennzeichen des Ara-

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bers Mohammed, mit dem Friede und Segen sei, be-schrieben.« Unter den Nicht-Muslimen war es vor allemder berühmte Kaiser Heraklios267, der dies zugab, indemer sagte: »Jesus, mit dem der Friede sei, hat uns von Mo-hammed, mit dem Friede und Segen sei, Kunde ge-bracht.«

Ein anderer byzantinischer Herrscher, Muqauqis268,Stadthalter von Ägypten und die berühmtesten jüdischenGelehrten, wie Ibn Suriya und Ibn Ahtab und sein BruderKa’b Ibn Asad und Subeyr ibn Batiya269, aber auch ande-re berühmte Gelehrte und führende Persönlichkeiten, ha-ben, obwohl sie Nicht-Muslime blieben, dennoch zugege-ben: »Es gibt in unseren Büchern in der Tat Stellen, dievon ihm künden.«

Des Weiteren haben diejenigen unter den berühmtenjüdischen Gelehrten, wie auch unter den berühmtenchristlichen Geistlichen, die in den Schriften der Alten dieHinweise auf Mohammed (Friede und Segen sei mit ihm!)gefunden hatten, ihren Widerstand aufgegeben und denGlauben angenommen, sodann auf diese Hinweise in derThora und in den Evangelien aufmerksam gemacht undso die jüdischen und christlichen Gelehrten zum Ver-stummen gebracht. Unter ihnen waren die berühmten Ab-dullah Ibn Selam, Veheb Ibn Munabbih, Abu Jasir, Scha-mul (dieser lebte in der Zeit von Tubba’, König von Je-men270. Tubba’ nahm den Glauben noch vor der Berufungdes Propheten und in dessen Abwesenheit an, desglei-chen Schamul) und die beiden Söhne von Sa’ye, namensEssid und Sa’lebe. Auch war einmal ein Bekenner des Ei-nen Gottes, Ibn Heyban genannt, noch in vorpropheti-scher Zeit zu Gast bei dem Stamme der Bani Nadir. Die-sen sagte er:

»Die Zeit der Erscheinung eines Propheten ist nahe. Zu diesem Platzhier wird er auswandern.«

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Dann starb er dort. Während dann später dieser Stammgegen den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, kämpfte, traten Essid und Sa’lebe hervor undriefen ihrem Stamme zu:

»Bei Gott! Dieser ist es, dessen Ankunft Ibn Heyban vorausgesagthatte.«

Sie sollten nicht mit ihm kämpfen. Doch sie haben nichtauf sie gehört und so ihr Unheil heraufbeschworen.271

Des Weiteren sind jüdische Gelehrte wie Ibn Bunyamin,Muchayriq und Ka’b Al-Achbar und viele andere jüdischeGelehrte, nachdem sie in ihren Büchern die Kennzeichendes Propheten gesehen hatten, zum Glauben gelangtund haben so die übrigen, welche nicht zum Glauben ge-langt waren, zum Verstummen gebracht.272

Was den bekannten Vorfall mit dem berühmten MönchBahira, einem christlichen Gelehrten betrifft, so war derEhrwürdige Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, alser damals mit seinem Onkel nach Damaskus reiste, ge-rade erst zwölf Jahre alt. Der Mönch Bahira lud damalsum seinetwillen die Qureyshiten zu sich ein. Er hatte je-doch bemerkt, dass jenes Wölkchen, das der KarawaneSchatten spendete, auch weiterhin seinen Schatten aufdiese Karawane warf, sagte er sich: »Dies bedeutet, dassder Mann, den ich suche, dort geblieben ist.« So sandteer einen Mann, um auch ihn herbeiholen zu lassen. ZuAbu Talib aber sagte er: »Kehre um! Reise zurück nachMekka! Die Juden sind eifersüchtig. In der Thora werdendie Hinweise auf ihn beschrieben. Sie könnten ihn verra-ten.«273

Desgleichen haben Nasturu-l’Habesch und der Negusvon Äthiopien, als sie in ihren Büchern die Hinweise aufden Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, entdeckten, beide gemeinsam den Glauben ange-nommen.274

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Desgleichen hat ein berühmter christlicher Wissenschaf-ter namens Daghatir diese Hinweise gesehen und denGlauben angenommen. Diesen verkündigte er dann unterden Byzantinern und erlitt dafür den Märtyrertod.275

Desgleichen haben Harith Ibn Abu Shumar Al-Ghassa-ni, ein christlicher Herrscher und große religiöse Führerund Könige, nämlich Sahib Ilya, Heraklios, Ibn Natur, Dja-rud und dergleichen berühmte Persönlichkeiten in ihrenBüchern diese Hinweise gesehen und den Glauben an-genommen. Nur Heraklios bekannte sich um seines irdi-schen Reiches willen nicht offen zum Glauben.276

Desgleichen war auch Salman al-Farissi (= der Perser)zuvor Christ gewesen. Nachdem er die Zeichen gefundenhatte, welche auf den Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, hinweisen, suchte er ihn auf.277

Desgleichen erklärten ein bedeutender Gelehrter, na-mens Temim, auch der berühmte Negus von Abessinienund die abessinischen Christen und die Priester vonNedjran alle übereinstimmend: »Wir haben die Zeichenseines Prophetentums in unseren Büchern gesehen. Da-rum haben wir den Glauben angenommen.«278

Dritter Beweis: Als Beispiel wollen wir hier einige Ver-se aus der Thora, den Evangelien und dem Psalter an-führen, die wir in ihrer Beziehung zu dem EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, anschaulichmachen wollen.

Erstens: Unter den Psalmen findet sich der Vers:279

»Oh Gott sende uns einen, der nach diesem Verfall der Sitten dasGesetz wieder aufrichten wird.«

»Muqim as’Sunna« ist einer der Namen Ahmeds (ASM).Und in den Evangelien heißt es:280

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»Es sprach der Messias: Ich gehe zu meinem Vater und zu eurem Vater,damit Er euch den Paraklet sende.«

Das heißt, »Ich gehe, damit der Paraklet zu euch kom-men kann,« das heißt, damit Ahmed (dann nach mir)kommen kann.

Ein weiterer Vers:281

»Ich erbitte von meinem Herrn einen Paraklet, der für ewig bei euch blei-ben soll.« (Vgl. Joh. 14, 16!)

Hierbei bezeichnet »Paraklet« in der Bedeutung eines,der zwischen Recht und Unrecht unterscheidet, in diesenBüchern den Namen des Propheten.

In der Thora lautet ein Vers:282

»Gott sprach fürwahr zu Abraham: Hagar wird fürwahr empfangen unddie Hand ihres Sohnes wird über allen sein und die Hände aller werdensich ihm in Ergebung auftun.«

Ein anderer Vers in der Thora heißt:283

»Und er sagte: Oh Moses, ich werde ihnen einen Propheten wie dichaus den Söhnen ihrer Brüder senden und werde Mein Wort in seinenMund legen. Den Mann aber, der das Wort Meines Propheten, das er inMeinem Namen sprechen wird, nicht annimmt, werde ich zur Rechen-schaft ziehen.« (vgl. Deut. 18, 18-19!)

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Und hier noch ein dritter Vers aus der Thora:284

»Moses sprach: Mein Herr, ich finde in der Thora eine Gemeinde(Ummah), welche die beste Gemeinde ist, die zum Wohle der Mensch-heit entstehen wird. Sie wird gebieten, was recht ist und verbieten, wasunrecht ist. Sie werden an Allah glauben und ich werde sie zu MeinerGemeinde machen. Er sprach: Dies ist die Gemeinde Mohammeds.«

Der Name »Mohammed« wird in diesen Büchern in derForm syrischer Namen, wie Himyata, oder Al-Munhamen-na oder auch Muscheffah wiedergegeben, was in Formhebräischer Namengebung »Mohammed« bedeutet.285

Im übrigen wird der Name »Mohammed« nur an wenigenStellen ausdrücklich erwähnt, welche ebenfalls von denneidischen Juden verändert worden sind.

Ein weiterer Vers aus dem Psalter: 286

»Oh David, nach dir wird ein Prophet kommen, der Ahmed oder Moham-med heißen wird. Er wird ein Getreuer sein und ein Herr. Seine Gemein-de wird Erbarmen finden.«

Des Weiteren haben die sieben Abdullahs, sowie Abdul-lah Ibn Amr Ibn As, der in den Büchern der Alten viel ge-forscht hat, Abdullah Ibn Selam, welcher der erste unterden berühmten jüdischen Gelehrten war, die den Islamangenommen haben, der berühmte Ka’b Al-Achbar,ebenfalls einer der jüdischen Gelehrten, den folgendenVers aus der Thora, die damals noch nicht so verfälschtwar, aufgezeigt und bekannt gemacht. Darin wird zu-nächst Moses angesprochen, wonach dann das Wort anden künftigen Propheten lautet:287

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»Oh Prophet! Wir haben dich gesandt als Zeugen, als Verkünder einerfrohen Botschaft, als Ermahner und als Stütze für Unwissende. Du bistmein Diener und Verehrer. Ich habe dich als ›der Vertraute‹ genannt. Ichhabe dich als ein solcher gemacht, der auf mich vertraut, nicht schroff,noch finster ist, noch auf den Straßen arrogant geht, nicht Böses mitBösem vergeltet, sondern verzeiht und vergibt. Gott wird sein Lebennicht nehmen, bis er den Weg des Glaubens, der in krumme Bahnengeraten war, wieder richtig stellt, bis jeder sagt: Es gibt keine Gottheitaußer dem Einen Gott!«

Ein weiterer Vers aus der Thora:288

»Mohammed ist der Gesandte Gottes, geboren in Mekka, ausgewan-dert nach Tayba, sein Reich schließt Damaskus ein und seine Gemein-de wird gepriesen sein.«

In diesem Vers erscheint das Wort »Mohammed« als einsyrischer Name mit der Bedeutung »der Gepriesene«.

Ein weiterer Vers aus der Thora:289

»Du bist mein Diener, Verehrer und Gesandter, der auf mich vertraut.«

In diesem Vers wird der Prophet, der aus den Söhnen Is-maels, den Brüdern der Söhnen Isaaks und nach Moseskommen wird, angesprochen.

Ein weiterer Vers aus der Thora:290

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»Mein auserwählter (muchtar) Diener und Verehrer wird nicht schroffund finster sein.«

Hier ist die Bedeutung von »Muchtar (Auserwählter)«gleich »Mustafa« und dies ist auch ein Name des Pro-pheten.

In den Evangelien findet sich die Beschreibung desPropheten, der nach Jesus kommen wird und den er ineinigen Versen mit dem Titel »der Herr der Welt« verkün-det:

»Er wird ein Eisenstab haben, womit er schlagen wird, und seineGemeinde auch.«

Dieser Vers zeigt: »Der Prophet, welcher der Herr überdas Schwert ist, wird mit Djihad beauftragt kommen.«291

»Kadib-i hadid (Eisenstab)« ist die Bezeichnung für einSchwert. Seine Gemeinde wird auch wie er Herr über dasSchwert sein, das heißt, dass sie mit dem Djihad beauf-tragt werden.

»Und im Evangelium werden sie mit Getreide verglichen, dessen TriebeEr (aus dem Boden) hervorkommen und (immer) stärker werden lässt,worauf es verdickt und aufrecht auf den Halmen steht, zur Freude derer,die (vorher) die Saat ausgestreut haben, damit Er mit ihnen den Grollder Ungläubigen hervorruft, (worin sie vergrämen).« (Sure 48, 29)

Diese Ayah aus der Sure »Feth (der Sieg)« weist aufnoch andere Verse aus dem Evangelium wie dieser Vershin und gibt durch das Evangelium bekannt, dass Mo-hammed, mit dem Friede und Segen sei, der Herr überdas Schwert ist und mit Djihad beauftragt wird.

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Im dreiunddreißigsten Kapitel aus dem fünften Buch derThora findet sich ein solcher Vers: »Die Wahrheit ist vomBerge Sinai gekommen und ist uns aufgegangen von Seir(ein Gebirge in Palästina) und erschienen vom GebirgePharan.« (Vgl. Deut. 33, 2!)

Hiermit verkündet dieser Vers das Prophetentum Mosismit dem Ausdruck »Die Wahrheit ist vom Berge Sinai ge-kommen.« und das Prophetentum Jesu mit dem Aus-druck »Die Wahrheit ist vom Seir aufgegangen.« Genau-so benachrichtigt er die Sendung Ahmeds (ASM) mit demAusdruck »Die Wahrheit ist erschienen vom Gebirge Pha-ran«, das allgemein bekannt unter dem Namen Hidjas-Gebirge (arab. Küstengebirge am Roten Meer) ist. DesWeiteren steht der folgende Vers in der Thora über dieSahabis (= Jünger) des Propheten vom Gebirge Pharan,um den Ausdruck in der letzten Ayah von der Sure »Feth(der Sieg)«

»So werden sie in der Thora beschrieben.« (Sure 48, 29)

zu bestätigen: »Die Fahnen der Heiligen sind mit ihm undan seiner Rechten.« Darin sind sie als »Heilige« be-schrieben. Das heißt: »Seine Sahabis sind heilige, wahr-haftige Gottesfreunde.«

Im Buche des Propheten Jesajas, Kap. 42 steht derVers: »Gott der Gerechte und der Gepriesene wird in derletzten Zeit Seinen auserwählten und auserlesenen Die-ner senden. Er wird zu ihm Hasret Gabriel, den Vertrau-ten Geist schicken und ihm (durch ihn) Seinen Eingott-Glauben (din) lehren. Er wird auch das, was der Vertrau-te Geist ihm lehrte, den Menschen lehren. Er wird denVölkern das Recht bringen. Er ist das Licht und wird dieVölker aus der Finsternis erretten. Das, was der Herr miroffenbart hat, bevor es in Erscheinung tritt, mache icheuch bekannt.«

So gibt dieser Vers ganz offensichtlich die Beschrei-

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bung Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei, wel-cher der Prophet der Endzeit ist.

Im Buche des Propheten Micha in dem 4. Kapitel gibtes diesen Vers: »Am Ende der Tage wird eine wohltätigeGemeinde vorhanden sein. Sie werden den heiligen Bergwählen, um Gott dem Gerechten zu dienen und Ihn an-zubeten. Viele Völker von allen Klimazonen werden sichdort versammeln, um den Einen Herrn zu lobpreisen undIhn anzubeten. Sie gesellen Ihm keine anderen Götterbei.«

So beschreibt dieser Vers in offensichtlicher Weise denBerg Arafat als heiligsten Berg der Welt und wie die Pil-ger dort, die von allen Klimazonen kommen und Gott mitden Rufen: »Gott ist der größte!« anbeten und als diewohltätige Gemeinde Mohammeds (Friede und Segensei mit ihm) berühmt ist.

In dem Psalter im 72. Kapitel steht folgender Vers: »Erwird von Meer zu Meer Untertanen haben und von denStrömen bis zu den Enden der Erde… Und die Königevon Jemen und Algerien werden ihm Geschenke brin-gen… Und vor ihm werden sich alle Könige beugen undniederwerfen. Für ihn mögen beständig Gebete gespro-chen werden; den ganzen Tag werde er gesegnet… UndSeine Lichter mögen aus Medina (= Stadt) erstrahlen…Und die Rezitation seines Namens möge sich bis in alleEwigkeiten fortsetzen… Sein Name war vor dem Daseinder Sonne vorhanden. Vor der Sonne möge sein Namezunehmen…«292

So bezeichnet dieser Vers in einer ganz klaren Weiseden Stolz der Welt, mit dem Friede und Segen sei. Welchanderer Prophet sollte nach David, mit dem Friede sei,gekommen sein, der wie Mohammed aus Arabien, mitdem Friede und Segen sei, seine Botschaft (din) vom Os-ten bis nach Westen verbreitete und die Kaiser zu Tributgezwungen hat und die Könige unterworfen wie sie sichvor ihm beugen und Segen und Gebete ein fünftel der

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Menschheit an jedem Tag zu sich verdient hat und des-sen Licht aus Medina erstrahlt? Wen gibt es? Könnte je-mand einen anderen zeigen?

Überdies lautet der 30. Vers im 14. Kapitel aus dem Jo-hannes Evangelium in der türkischen Übersetzung: »Ichwerde nicht mehr viel mit euch reden, denn der Fürst die-ser Welt kommt. Und Ich kann ihm nicht beikommen!«Der Ausdruck »der Fürst der Welt« heißt hier »der Stolzder Welt«. Die Bezeichnung »der Stolz der Welt (Fahr-iAlem)« ist ein berühmter Name von Mohammed aus Ara-bien, mit dem Friede und Segen sei.

Im Johannes Evangelium 16. Kapitel, 7. Vers heißt es:»Aber ich sage euch die Wahrheit: es ist euch gut, dassich hingehe. Denn wenn ich nicht hingehe, so kommt derTröster nicht zu euch.« Hier beachten Sie! Wer außerMohammed dem Araber, mit dem Friede und Segen sei,ist es, welcher der Fürst der Welt ist und der, der denMenschen wahrhaft tröstet? In der Tat ist er es, der Stolzder Welt und er ist es, welcher sterbliche Menschen vonEwiger Verlorenheit (idam-i ebedi) errettet und sie tröstet.

Des Weiteren heißt im Johannes Evangelium 16. Kapi-tel, 8. Vers: »Und wenn derselbe kommt, wird er der Weltdie Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtig-keit und über die Macht.« Wer ist gekommen außer Mo-hammed dem Araber, mit dem Friede und Segen sei, derdas Verderbnis der Welt in Gerechtigkeit umwandelt, vonden Sünden und Abgötterei errettet und die Politik und dieHerrschaft der Welt ändert?

Darüber hinaus lautet der 11. Vers im 16. Kapitel ausdem Johannes Evangelium: »Denn es ist schon be-schlossen worden, dass der Fürst dieser Welt kommensoll.« Hier ist »der Fürst der Welt*« mit Sicherheit Ahmed,Mohammed, mit dem Friede und Segen sei, der der Herrder Menschen ist (Seyyid-ul Besher)*.

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* In der Tat ist diese Persönlichkeit ein solcher Fürst und König,dass er im Laufe der 1350 Jahre und in jedem Jahrhundert min-

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Darüber hinaus lautet der 13. Vers im 16. Kapitel aus demJohannes Evangelium: »Wenn aber jener, der Geist derWahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahr-heit leiten; denn er wird nicht aus eigenem Antrieb reden,sondern was er hört, wird er reden, und er wird euch diekommenden Dinge verkünden.« Dieser Vers ist eindeutigklar. Wer ist es, der die ganze Menschheit zusammen zuder Wahrheit einlädt, der jede seine Botschaft anhand ei-ner Offenbarung (wahy) bringt, der das sagt, was er vomEngel Gabriel hört, der von dem Weltuntergang und demJenseits eingehend verkündet, wer außer Mohammeddem Araber, mit dem Friede und Segen sei, ist es? Undwer könnte es sein?

Außerdem finden sich in den Schriften der Alten Pro-pheten die Namen des Ehrenwerten Botschafters, mitdem Friede und Segen sei, in syrische und hebräischeNamen in der Bedeutung »der Gepriesene (Mohammed,Himada), der Ersehnte (Ahmed, Paraclit) und der Auser-wählte (Muchtar)«.

In den Schriften von Jethro (Shu’ayb) ist im Sinne vonMohammed (dem Gepriesenen) der Name »Musheffah«erwähnt.293

In der Thora ist wiederum im Sinne vom Mohammed(dem Gepriesenen) der Name »Munhamanna«; im Sinnevon Nebiy-yul Haram (der Gesandte von Mekka) »Him-yata«; in dem Psalter wird er mit dem Namen »Al Much-tar (der Auserwählte)« bezeichnet.294 Wiederum in derThora wird er als »Al Khatem-ul Khatem (der letzte Sie-gel)«295; in der Thora und dem Psalter wird er als »Muqim-as’Sunnah (der Errichter einer neuen Sitte)«296; in denSchriften von Abraham und in der Thora wird er als »MasMas« erwähnt297; des Weiteren heißt er in der Thora»Ahyed«.

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destens 350 Millionen Untertanen und Gefolgschaft hat. Siegehorchen seinen Befehlen in vollkommener Ergebenheit undZuversicht und erneuern ihren Bund mit ihm, indem sie ihnjeden Tag im Gebet grüßen und für ihn Frieden wünschen.

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Der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friede und Segensei, sagte:298

»Mein Name im Qur’an ist Mohammed, im Evangelium Ahmed und inder Thora Ahyed«.

Des Weiteren ist im Evangelium einer der Namen desPropheten als

»Herr des Schwerts und des Zepters«

erwähnt.299 In der Tat ist der größte unter den Propheten,die über das Schwert verfügt haben, der mit seiner Ge-meinde (umma) mit dem Kampf beauftragt war, der Eh-renwerte Botschafter, mit dem Friede und Segen sei. ImEvangelium ist er »der Herr der Krone«300, diese Be-zeichnung ist auf den Ehrenwerten Botschafter, mit demFriede und Segen sei, bestimmt. Die Krone heißt der Tur-ban. In der Vergangenheit war unter den Völkern das Volkmit der meisten Bevölkerung, die einen Turban und Kopf-bedeckung getragen haben, das arabische Volk. »DerHerr der Krone«, wie im Evangelium erwähnt ist, heißt mitSicherheit der Ehrenwerte Botschafter, mit dem Friedeund Segen sei.

Zudem ist im Evangelium »Al-Baraklit« oder »Al-Farak-lit«, was in den Bibelkommentaren als »der die Wahrheitund den Irrweg voneinander unterscheidende Wahrheits-verehrer« ausgelegt ist, der Name dessen, der die Men-schen, die später kommen, in die Wahrheit leiten wird.301

An einer Stelle im Evangelium sagt Jesus, mit demFriede und Segen sei: »Ich werde gehen, damit der Fürstder Welt kommt.« Welch anderer als Mohammed, mitdem Friede und Segen sei, ist nach Jesus, mit dem Frie-de sei, gekommen, der dazu würdig ist, der Fürst der Weltzu sein, der die Wahrheit von dem Irrtum unterscheidet

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und an Stelle von Jesus, mit dem Friede und Segen sei,den Menschen rechtleitet? Das heißt, Jesus, mit demFriede und Segen sei, verkündet seiner Gemeinde stän-dig und berichtet: »Einer wird kommen und ich werdenicht mehr benötigt. Ich bin ein Anfang dessen und seinVerkünder.« Genauso lautet diese folgende Ayah:

»Und da Jesus, der Sohn der Maria, sprach: Oh ihr Kinder Israels,siehe, ich bin Gesandter Allahs an euch, bestätigend die Thora, die vormir war, und einen Gesandten verkündigend, der nach mir kommen soll,dessen Name Ahmed ist.« (Sure 61, 6)

In der Tat verkündet Jesus, mit dem Friede und Segensei, seiner Gemeinde öfters frohe Botschaft. Er erinnert,dass der bedeutendste Herr der Menschen kommen wird,und erwähnt einige seiner Namen.

Diese Namen sind sicherlich in syrischer und hebräi-scher Sprache. Erkunder der Schriften (ehl-i tahqiq) sa-hen es. Diese Namen sind in der Bedeutung von »Ahmed(der Ersehnte), Mohammed (der Gepriesene), FariqunBeynel Haqqi vel Batil (Der, der die Wahrheit vom Irrtumunterscheidet)«. Das heißt, Jesus, mit dem Friede sei,verkündet öfters über Ahmed, mit dem Friede und Segensei.*

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* Ummatuhul Hammadun (Die Gemeinde des Gepriesenen).Der berühmte Reisende Evliya Tschelebi hat in dem Mausoleumvon Petrus (Shem’un-us’Safa) in dem heiligen Evangelium, dasauf dem Gazellenleder geschrieben war, den folgenden Versgelesen. Dieser Vers, der über den Ehrenwerten Botschafter,mit dem Friede und Segen sei, geoffenbart wurde, lautet fol-gendermaßen: ietun (ein Sohn), esribyun (er ist aus den Nach-kommen von Abraham), piruftun (er ist ein Prophet), lewghaslin(er ist kein Lügner), nebt efsulat (sein Geburtsort ist Mekka),gekaluschschier (er ist ein Wohltätiger), tunumenien mevamiet

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Frage: Wenn man fragt: »Warum verkündet ihn Jesus,mit dem Friede sei, besonders, mehr als die anderenPropheten? Die anderen bringen über ihn nur Nachricht,die Ausdrucksform einer Verkündung ist gering.«

Antwort: Ahmed, mit dem Friede und Segen sei, befreitJesus, mit dem Friede und Segen sei, von den heftigenVerleugnungen und heftigen Verleumdungen der Judenund seine Religion von starken Verfälschungen. Er bringtein erhabenes Gesetz (Scharia), das leicht erfüllbar, um-fassend ist im Gegensatz zum schwer erfüllbaren Gesetzder Kinder Israels, die Jesus, mit dem Friede und Segensei, nicht anerkannten. Sein Gesetz hat die Wirkung, dieFehler des christlichen Gesetzes zu entfernen. Deshalbverkündet Jesus, mit dem Friede sei, an vielen Stellen:»Der Fürst der Welt wird kommen!«

So sind in der Thora, im Evangelium, im Psalter und inden Schriften der anderen Propheten betonende Nach-richten und viele Verse über den letzten Propheten, derkommen wird. Wie wir es mit einigen Beispielen gezeigthaben, ist er in diesen Büchern unter verschiedenen Na-men erwähnt. Wer könnte es sein, der in den gesamtenHeiligen Schriften der Propheten erwähnt wird, den siebetonend in vielen Versen ankündigen, ein anderer alsder Prophet der Endzeit, Mohammed, mit dem Friede undSegen sei?…

Zweite Art: Die Hinweise auf sein Prophetentum ausder Vorzeit und die Beweise dafür nach seiner Berufunghaben Folgendes zum Inhalt: In der Zeit vor dem Auftre-ten Ahmeds, also in jener Zeit, die man als »Fetret« be-zeichnet, haben diejenigen, die man gewissermaßen alsdie Heiligen und die Theologen ihrer Zeit bezeichnen

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(sein heiliger Name ist Ahmed Mohammed**), isfedus takerdis(seine Anhänger sind Könige der Erde), bießbieth (Er ist auchder König der Welt).** »Mevamiet« ist von »Mehmed« und »Memed« von »Moham-med« abgeleitet.

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könnte, das Kommen des Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, vorausgesagt, ihre Voraussa-gen niedergeschrieben und so, z.B. in Form von Gedich-ten, der Nachwelt überliefert. Es gab viele von ihnen. Wirwollen jedoch hier nur einige berühmte und weit verbrei-tete Beispiele anführen, die von den Biographen und His-torikern (Ehli Siyer ve Tarih) bestätigt und überliefert wor-den sind. Zum Beispiel:

Erstens: Ein jemenitischer König namens Tubba’ er-kannte die Hinweise auf den Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, in den Schriften der Alten undnahm den Glauben an. Dies verkündet er mit folgendemGedicht:

»Ich gebe Zeugnis für Ahmed. Denn er ist der Gesandte von Gott, demSchöpfer der Menschen. Könnte mein Leben andauern bis zu seinemLeben, so würde ich ein Minister werden oder sein Vetter.«

D.h. ich würde ihm ein ergebener Diener gleich Ali sein.Zweitens: Quss Ibn Sa’ide war der berühmteste und

bedeutendste Redner des arabischen Volkes, ein Vereh-rer des Einen Gottes und ein Mann von erleuchtetemGeist. Siehe, noch vor dem Erscheinen des Propheten,verkündete er Ahmeds Sendung mit dem folgenden Ge-dicht:

»Gesandt wird uns Ahmed, der beste Botschafter unter denen, die unsgesandt wurden. Gottes Segen über ihn, wann immer eine Schar aus-reitet mit Hochrufen.«

Drittens: Ka’b Ibn Luayy, einer der Vorväter des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, ver-kündete das Prophetentums Ahmeds (Friede und Segen

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sei mit ihm), einer Eingebung folgend, so:

»Es wird plötzlich der Prophet Mohammed kommen und er wird rechteKunde verkünden.«

Viertens: Seyf Ibn Siyesen, König des Jemen erkanntedie Hinweise auf den Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, in den Büchern der Alten, und vollSehnsucht nach ihm nahm er den Glauben an. Als dannspäter Abdu-l’Muttalib, der Großvater des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, mit noch eini-gen anderen Qureyshiten in einer Karawane durch denJemen zog, rief er sie zu sich und eröffnete ihnen:

»Im Hidjas wird ein Kind zur Welt kommen. Zwischen seinen Schulternwird er einmal tragen gleich einem Siegel und ihm wird die Führerschaft(imam) gehören.«

Sodann nahm er Abdu-l’Muttalib heimlich beiseite undsagte zu ihm: »Du bist der Großvater dieses Kindes.« undgab so in wunderbarer Weise noch vor seiner Ankunft vonihm Kunde.

Fünftens: Waraqa Ibn Naufal war der Vetter von Kha-tidja der Großen. Als der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, durch die erste Offenbarung, dieihm zuteil wurde, zutiefst erschüttert war, teilte Khatidjadie Große dieses Ereignis Waraqa ibn Naufal mit. Dasagte Waraqa zu ihr: »Lass ihn zu mir kommen!« Alsdann der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, zu Waraqa kam, erzählte er ihm von dem Erleb-nis, in dem ihm die erste Offenbarung wiederfuhr.« Daentgegnete ihm Waraqa:302

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»Oh Mohammed, freue dich! Ich bezeuge, dass du wahrhaftig dererwartete Prophet bist, von dem uns Jesus die frohe Botschaft gebrachthat.«

Sechstens: Ein Kenner Gottes namens Asqalan al-Hi-myeri pflegte vor der Zeit des Propheten, wenn er die Qu-reyshiten sah, sie zu fragen: »Gibt es unter euch einen,der beansprucht, ein Prophet zu sein?« Sie sagten:»Nein!« Als dann später die Zeit des Propheten angebro-chen war, fragte er sie abermals und diesmal sagten sie:»Ja, es gibt da einen, der behauptet, ein Prophet zusein.« Da sagte er zu ihnen: »Dies ist der, auf den dieWelt wartet.«

Siebentens: Einer der berühmten christlichen Gelehr-ten, namens Ibn Ala, gab von dem Propheten Kunde nochvor seiner Zeit und ohne ihn gesehen zu haben. Als erdann später kam und er den Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, erblickte, sagte er zu ihm:

»Bei dem, der dich in Wahrheit gesandt hat: Ich habe die Zeichen, dieauf dich hinweisen, in den Evangelien gefunden und auch der Sohn derReinen Magd (= Betul, Maria) hat dich vorherverkündet.«

Achtens: Der obenerwähnte Negus von Abessinien sagte:

»Ach wäre mir doch statt der Stellung eines Königs bei Mohammed,dem Araber, mit dem Friede und Segen sei, die Stellung eines Dieners!Denn ihm ein Diener zu sein, ist weit mehr, als ein König zu sein.«

Nun haben jedoch außer den Gottesgelehrten, die durchgöttliche Eingebung aus dem Unsichtbaren Kunde erhiel-ten, auch die Wahrsager, die die Kunde mit Hilfe von

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Dschinnen und Geistern aus dem Unsichtbaren erhielten,in ganz eindeutiger Weise das Kommen des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, und sein Pro-phetentum vorausgesagt. Dafür gibt es viele Beispiele.Wir wollen hier nur einige, die berühmt geworden und dieBeweiskraft allgemeiner sinngemäßer Überlieferung er-langt haben und die in den meisten Geschichtsbüchernund Biographien (Tarih ve Siyer) angeführt werden, er-wähnen. Wir überlassen deren langatmige und ausführli-che Darstellung diesen Büchern und begnügen uns hierstatt dessen mit einer kurzen Fassung.

Erstens: Ein berühmter Wahrsager namens Shiqq, sahmit nur einem Auge, einer Hand und einem Bein mehr wieein halber Mensch aus. Doch siehe, dieser Wahrsagerhat mit einer Sicherheit vom Grade einer allgemeinensinngemäßen Überlieferung dadurch seinen Platz in denGeschichtsbüchern gefunden, dass er die prophetischeSendung Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei, vor-ausgesagt und des öfteren wiederholt hat.

Zweitens: Dies war der berühmte Wahrsager Satih ausDamaskus. In seiner Gestalt gleich einem Monster, ohneKnochen, ja selbst ohne Glieder, sein Gesicht in derBrust, war er dennoch ein Wahrsager von hoher Lebens-dauer. Seine zutreffenden Berichte aus dem Unsichtba-ren waren unter den Menschen seiner Zeit berühmt.Selbst der Chosro, also der Schah von Persien, sandtenach einem seltsamen Traum und nachdem zur Zeit derGeburt Ahmeds (ASM) die vierzehn Säulen seines Pa-lastes umgestürzt waren, seinen gelehrten BotschafterMuysan aus, um Satih nach diesem Geheimnis zu befra-gen. Satih sagte ihm: »In eurem Lande werden noch vier-zehn Herrscher regieren. Danach wird das Reich zerstörtwerden. Des Weiteren wird einer kommen. Der wird eineReligion (din) stiften. Dieser ist es, der eure Religion be-seitigen und euer Reich vernichten wird.« In diesem Sin-ne erteilte er dem Chosro seine Antwort. Auf diese Weisealso sagte Satih in klarer und deutlicher Weise das Kom-

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men eines Propheten der Endzeit voraus.Des Weiteren haben auch noch einige andere berühm-

te Wahrsager wie Sevad Ibn Qarib ad-Daussi, Chunafir,Af’asiyye Nedjran, Djisl Ibn Djisl al-Kindi, Ibn Chalassatad-Dausi und Fatima Bint an-Nu’man an-Nadjariyya, wiedie Biographien und Geschichtsbücher (Siyer ve Tarih)ausführlich berichten, vorausgesagt, dass der Prophetder Endzeit kommen und sein Name Mohammed, mitdem Friede und Segen sei, sein werde.

Des Weiteren hat Sa’d Ibn Bint Al-Kureys, einer der Ver-wandten von Hasret Othman, durch eine Weissagungaus dem Unsichtbaren über die Botschaft des Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, Kunde er-halten. Bei Anbeginn des islamischen Zeitalters sagte erzu Hasret Othman Sinnureyn: »Gehe du nun und nimmden Glauben an.« So ging Othman und nahm gleich amAnfang den Glauben an. Dieses Geschehnis beschreibtSa’d mit dem folgenden Vers:

»Gott hat Othman durch mein Wort dorthin geleitet, woher Rechtleitungkommt; und Gott führt zur Wahrheit (Haqq).«

Des Weiteren haben auch Dschinnen, die man »Hatif«nennt, deren Gestalt man nicht sehen, deren Stimmeman jedoch hören kann, den Wahrsagern gleich oftmalsdas Kommen des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Frie-de und Segen sei, vorhergesagt. Zum Beispiel:

Für Seyyab ibn Harith wurde ein Hatif-i Dschinn durchden folgenden Ruf zum Anlass, zusammen mit noch eini-gen anderen den Islam anzunehmen:

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»Oh Seyyab! Oh Seyyab! Höre von einer sonderbaren Merkwürdigkeit!Mohammed wurde mit einem Buch gesandt. Er ruft die Stadt Mekka.Doch sie nehmen ihn nicht auf.«

Des Weiteren rief ein Hatif-i Dschinn Sami’a Ibn Qarrat al-Ghatafani das Folgende zu und führte dadurch verschie-dene zum Glauben:

»Die Wahrheit ist gekommen und hat sich ausgebreitet. Die Lüge wurdezunichte und ward entwurzelt.«

Diese frohen Botschaften und Verkündigungen, welchevon den Hatifen überbracht wurden, sind hochberühmtund es gibt sehr viele von ihnen.

So wie die Wahrsager und die Hatifen solche Botschaf-ten überbracht haben, so haben auch die Götzen und dieOpfer, die diesen Götzen dargebracht wurden, die Sen-dung des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, vorherverkündet. Zum Beispiel:

Eine berühmte Erzählung ist diese: Der Götze desStammes Masen rief mit lauter Stimme:

»Dies ist der Prophet, der gesandt wurde und kam mit der Wahrheit, fürdie er gesandt wurde.«

und verkündete so die Sendung Ahmeds (ASM).Des Weiteren war dies der berühmte Vorfall, der dazu

führte, dass Abbas ibn Mirdas den Islam annahm: Er hat-te nämlich einen Götzen mit Namen Dimar. Aus diesemGötzen sprach eines Tages eine Stimme303, die sagte:

»Man hat mich angebetet, bevor die Botschaft des Propheten Moham-med kam.«

Das heißt, bevor Mohammed kam, hat man mich ange-

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betet. Nun ist von Mohammed Kunde gekommen. Des-halb kann es nun einen solchen Irrtum nicht mehr geben.Hasret Omar hörte vor seiner Bekehrung einmal, wie dasOpfer, das einem Götzen geschlachtet worden war,sprach:

»Oh du, der du das Opfer darbringst: das Mittel zum Sieg ist ein Mann,der klar sagt: Es gibt keine Gottheit außer Gott (La ilaha illa’llah).«304

So gibt es denn viele Geschehnisse gleich diesen Bei-spielen. Sie sind von zuverlässigen Büchern verifiziertund überliefert worden.

So wie Weissager, Gottesgelehrte, Hatife, ja sogar Göt-zen und Götzenopfer die Botschaft Ahmeds (ASM) ver-kündet haben, so ist auch jedes dieser Ereignisse einemTeil der Menschen zum Anlass geworden, den Glaubenanzunehmen. Desgleichen befand sich auf einigen Stei-nen, auf den Grabsteinen und den Wänden der Gräber inden Schriftzeichen der Alten geschrieben:

»Mohammed, der Friedensstifter, der Betraubare«

und andere, ähnliche Hinweise. Auch durch sie ist ein Teilder Menschen zum Glauben gelangt. In der Tat weist die-ses

»Mohammed, der Friedensstifter, der Betraubare.«

das sich in den Schriftzeichen der Alten auf einigen Stei-nen findet, auf den Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, hin. Denn vor ihm hatte es, be-sonders in allerletzter Zeit, nur sieben Männer mit demNamen Mohammed gegeben, nicht mehr. Diese sieben

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Männer aber verdienten in gar keiner Weise, etwa als»zuverlässiger Friedensstifter« bezeichnet zu werden.

Dritte Art: Hierunter fallen alle jene Wunder und dieje-nigen Ereignisse aus der Irhassat des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, die sich um sei-ne Geburt gezeigt haben. Es sind dies Geschehnisse, diesich im Zusammenhang mit seiner Geburt ereignet ha-ben.

Des Weiteren gab es manche Ereignisse vor der Zeitseiner Berufung, von denen jedes einzelne ganz un-mittelbar ein Wunder von ihm ist. Es gibt viele von ihnen.Als Beispiel wollen wir hier einige anführen, die be-sonders berühmt geworden sind und von den Hadithkun-digen bestätigt wurden, zuverlässige Erzählungen vonhoher Authentizität.

Erstens: In der Nacht, in welcher der Prophet geborenwurde, sahen sowohl seine Mutter305, als auch die gleich-falls anwesende Mutter von Othman Ibn al-As und dieMutter von Abdurrahman ibn Auf, ein gewaltiges Licht undsagten später alle drei: »Wir haben zur Stunde seiner Ge-burt ein Licht erschaut. Es war dies ein Licht, von dem wirsahen, wie es den Osten und den Westen erleuchtete.«

Zweitens: In dieser Nacht stürzten viele der Götzen inder Kaaba kopfüber herab.

Drittens: In jener Nacht erbebte der berühmte Palastdes Chosro von Persien, spaltete sich und seine vierzehnSäulen stürzten um.

Viertens: Ein kleiner See in der Gegend von Sava, derals heilig galt, versank in dieser Nacht in der Erde unddas Heilige Feuer, das die Parsen verehrt und seit tau-send Jahren bewacht hatten, das immer gebrannt hatteund nie ausgelöscht war, erlosch in dieser Nacht seinerGeburt.

So sind denn diese drei, vier Ereignisse ein Zeichenhierfür: Diese soeben zur Welt gekommene Persönlich-

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keit wird einmal der Verehrung des Feuers ein Ende set-zen, die Zerstörung des Palastes des Schahs von Per-sien bewirken und es verbieten, Dinge als heilig verehren,die es nicht durch Gottes Erlaubnis sind.306

Fünftens: Es gibt Geschehnisse, welche sich nicht un-mittelbar in der Nacht seiner Geburt ereignet haben, den-noch aber zu den Irhassat-i Ahmediyye (ASM) hinzuge-zählt werden, weil sie zeitlich sehr nahe seiner Geburt la-gen, wie z.B. der Zwischenfall mit dem Elefanten, der inder Sure 105 (»Fil«) mit eindeutiger Klarheit beschriebenwird:

Abraha, so hieß der König von Abessinien, war aufge-brochen, um die Kaaba zu zerstören. Da ritt er auf einemriesigen Elefanten voraus. Der Elefant hieß Mahmudi.Doch als sie in die Nähe von Mekka gekommen waren,ging dieser Elefant nicht mehr weiter. Und weil sie sichnicht mehr zu helfen wussten, traten sie den Rückzug an.Nun aber wurden sie von Scharen von Vögeln überfallen,vernichtend geschlagen und in die Flucht gejagt.

Diese wunderbare Geschichte wurde so berühmt, dasssie in die Geschichtsbücher eingegangen ist, wo sie inEinzelheiten berichtet wird. So gehört denn auch diesesEreignis zu den Beweisen für die prophetische Sendungdes Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei. Denn in dieser Zeit so kurz vor seiner Geburt wurdedie Hochgeachtete Kaaba (mukerrem), die einmal seineGebetsrichtung, sein geliebter Geburts- und Heimatortwerden sollte, wie von unsichtbarer Hand auf wundersa-me Weise vor der Zerstörung durch Abraha bewahrt.

Sechstens: Über dem Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, haben Halima und ihr Gatte,zu einer Zeit, als jener noch ein Kind war und noch beiHalima Sa’diya weilte, oftmals ein kleines Wölkchen be-merkt, das ihm Schatten spendete, damit ihn die Sonnenicht belästige.307 Sie hatten den Leuten davon erzähltund so bekam dieses Geschehnis durch ihr Zeugnis sei-

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ne Zuverlässigkeit und seine Berühmtheit.In gleicher Weise sah und bezeugte der Mönch Bahira,

als der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, im Alter von zwölf Jahren in die Gegend von Damas-kus kam, ein kleines Wölkchen über seinem Haupte, dasihm Schatten spendete und wies auch die anderen daraufhin.308

Desgleichen erblickte einmal Khatidja die Große, alsder Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,und auch dies war noch in der Zeit vor seiner Berufungzum Propheten, von einer Handelsreise mit dem DienerKhatidjas der Großen, welcher Meyssara hieß, zurük-kkehrte, wie zwei Engel in Wolkengestalt dem Hauptedes Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, Schatten spendeten. Sie sagte dies zu Meyssara, derihr Diener war, und Meyssara sagte nun seinerseits zuKhatidja der Großen: »Auf unserer ganzen Reise habeich das gleiche beobachtet.«309

Siebentens: Auf Grund einer authentischen Überliefe-rung310 steht fest, dass der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, noch vor seiner Berufung sicheinmal unter einem Baume niederließ. Und obwohl dochder Platz dort trocken war, wurde er nun plötzlich grün.Die Äste des Baumes aber bogen sich herab, neigtensich über sein Haupt und spendeten ihm ihren Schatten.

Achtens: Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, verbrachte seine Kindheit im Hause sei-nes Onkels Abu Talib. Saßen Abu Talib mit Kind und Ke-gel mit ihm zusammen, so nahmen sie miteinander dasMahl ein und wurden alle satt. Nahm er jedoch nicht amgemeinsamen Mahle teil, so blieben sie hungrig.311 Auchdieses Ereignis ist berühmt geworden. Die Berichte darü-ber sind authentisch.

Des Weiteren berichtete Umm Eyman, die sich wäh-rend der Kindheit des Ehrenwerten Gesandten, mit demFriede und Segen sei, um ihn kümmerte und ihn versorg-

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te: »Niemals beklagte sich der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei über Hunger oder Durst, nichtsolange er noch klein war und auch später nicht, als erschon groß war.«312

Neuntens: Halima Sa’diya, seine Amme, war imGegensatz zu den übrigen ihres Stammes mit Überflussgesegnet. Sie verfügte über Besitz und über Ziegen, dieihnen Milch gaben. Diese Lebensumstände waren durch-aus bekannt und die Berichte darüber sind authentisch.313

Noch nicht einmal die Mücken taten ihm etwas. Siesetzten sich nicht auf seine gesegnete Haut und berühr-ten auch nicht seine Kleidung.314 Diese Eigenart zeigtesich auch bei Seyyid Abdulkadir Geylani (Allah heilige ihmsein Geheimnis) als ein Erbe seines großen Ahnen. Auchihn berührte keine Fliege.

Zehntens: Nachdem der Ehrenwerte Gesandte, mitdem Friede und Segen sei, zur Welt gekommen war, be-sonders aber in der Nacht seiner Geburt, konnte man ei-nen Meteorregen beobachten. Dergleichen Ereignissehaben wir bereits im Fünfzehnten Wort mit unwiderlegba-ren Beweisen erklärt. Diese Meteoritenschwärme warenZeichen und Hinweis darauf, dass die Mitteilungen, wel-che die Satane und die Dschinnen aus der unsichtbarenWelt empfingen, nun abgebrochen wurden. Da nun ein-mal der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Se-gen sei, mit einer Offenbarung in diese Welt gekommenwar, wurde es nun sicherlich notwendig, die Weissagun-gen der Wahrsager, der Medien der Unsichtbaren Weltund der Dschinnen, welche vermischt waren mit Halb-wahrheiten und Lügen, abzuschirmen, sodass sie keinenSchatten des Zweifels auf die göttliche Offenbarung wer-fen konnten oder ihr ähnlich hätten erscheinen können.Denn es war ja in der Tat die Wahrsagerei in der Zeit vordem Auftreten des Propheten weit verbreitet. Nachdemder Qur’an herabgesandt worden war, wurde dem jedochein Ende gesetzt. Ja es gelangten sogar viele Wahrsagerzum Glauben. Denn sie konnten nun die Kontakte zu ih-

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ren Informanten unter dem Geschlecht der Dschinnennicht mehr herstellen, d.h. der Qur’an hatte dies beendet.Doch erhebt nun auch heute wieder, gleich den Wahrsa-gern der alten Zeit in Europa eine neue Art Wahrsagereiin der Gestalt der Medien spiritistischer Gesellschaften ihrHaupt. Doch sei’s drum…

Zusammenfassung: Es haben sich sehr viele Ge-schehnisse ereignet und sehr viele Persönlichkeiten sindaufgetreten, welche das Prophetentum des EhrenwertenGesandten, mit dem Friede und Segen sei, noch vor sei-ner Berufung zum Propheten bestätigten und auch ande-ren ein Anlass wurden, es zu bestätigen. Ja in der Tatsollte alles denjenigen, welcher der geistige Führer derWelt* werden sollte und der das Antlitz der Erde geistigumformen und sie zu einem Saatfeld für die jenseitigeWelt umgestalten, den Wert der Geschöpfe deutlich ma-chen, Dschinnen und Menschen den Weg in die EwigeGlückseligkeit aufzeigen, die sterblichen Menschen undDschinnen davor bewahren sollte, auf ewig verloren zusein, die Weisheit hinter der Erschaffung der Welt entde-cken, ihre Rätsel entschlüsseln und ihre Geheimnisseentschleiern, die Pläne des Schöpfers mit seiner Schöp-fung verstehen und erklären, seinen Schöpfer erkennenund sie lehren sollte Ihn zu erkennen, seine Ankunft mitSehnsucht erwarten, noch bevor er gekommen war, ihnfestlich empfangen und freudig willkommen heißen. Sosollte jedes Ding und alles, was da ist, jedes in seiner Artund alles, was da lebt, sobald es durch seinen Schöpfer

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* Er ist in der Tat der König mit dem Titel: »Um deinetwillen habeich die Welt erschaffen.« (Laulaka laulak)315 und der Regenteines Königreiches, das seit 1350 Jahren fortbesteht. Nach demersten Jahrhundert hatte er in jedem Jahrhundert mindestens350 Millionen Untertanen und Gefolgsleute. Er scharte den hal-ben Erdkreis unter seinem Banner und seine Untertanen brin-gen ihm jeden Tag ihre Segnungen und Friedenswünsche dar,wodurch sie ihren Bund mit ihm erneuern. Sie folgen seinenBefehlen in vollendeter Ergebenheit.

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davon Kunde erhalten hat, diese Botschaft auch weiter-geben. So wie wir schon den oben erwähnten Hinweisenund Beispielen entnehmen konnten, alles, was da er-schaffen worden war, ihm durch seine Wunder seinenWillkommen erwies, so bestätigte es auch seine prophe-tische Sendung in der Sprache dieser Wunder.

Siebzehnter Hinweispunkt

Nebst dem Qur’an war das größte Wunder des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, seineeigene Persönlichkeit. Denn in ihm vereinigten sich alleEigenschaften von hoher Moral. Freund und Feind warensich darin einig, dass er eine jegliche Tugend im höchst-möglichen Grade besaß. Ja selbst Hasret Ali, einer seinertapfersten Helden, sagte des öfteren:

»Wenn wir einmal im heftigsten Kampfgetümmel unse-re Verteidigungsstellung wieder aufbauen mussten, such-ten wir hinter dem Ehrenwerten Gesandten, mit dem Frie-de und Segen sei, unseren Schutz.« u.dgl. In allen ge-priesenen Tugenden nahm er auch den höchsten Rangein, stand er auf einer unerreichbar hohen Stufe. Bezüg-lich dieses außerordentlichen Wunders verweisen wir aufdas Buch »Heilung und Heiligung (Shifa-i Sherif)« desgroßen andalusischen Gelehrten Kadi ‘Iyas. Darin hat erdieses Wunder an preiswürdigen Tugenden zu recht sehrschön dargestellt und bewiesen.

Ein weiteres Wunder Ahmeds (ASM), dessen überra-gende Größe Freund und Feind bestätigt haben, ist »DasGroße Gesetz (sheri’at-i kubra)«, welches nicht seines-gleichen hat und auch niemals haben wird. Hinsichtlicheiner teilweisen Darlegung dieses gewaltigen Wundersverweisen wir auf sämtliche von uns verfassten Schriften,nämlich die dreiunddreißig »Worte (Sözler)«, die dreiund-dreißig »Briefe (Mektubat)«, die einunddreißig »Blitze(Lem’alar)« und die dreizehn »Strahlen (Shu’alar)«…

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Des Weiteren ist die Spaltung des Mondes ein Wunderdes Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, welches allgemein überliefert und zuverlässig be-zeugt wurde. Diese Spaltung des Mondes wurde in derTat durch verschiedene Kanäle in allgemeiner Überein-stimmung von Ibn Mes’ud, Ibn Abbas, Ibn Omar, ImamAli, Anas, Hudheyfa und noch vielen anderen großen Sa-habis überliefert und außerdem wurde der Welt durch dieeindeutige Aussage des Qur’an, nämlich durch die Ayah:

»Es nahte die Stunde, da der Mond gespalten wurde.« (Sure 54, 1)

dieses Große Wunder verkündigt. In damaliger Zeit rea-gierten die Heiden unter den Qureyschiten in ihrer Ver-bohrtheit nicht etwa mit einer Leugnung auf die in dieserAyah enthaltene Mitteilung, sondern behaupteten stattdessen nur: »Es ist Zauberei!« Das heißt also, dass dieSpaltung des Mondes selbst für die Ungläubigen eine Tat-sache war. Im Übrigen verweisen wir hinsichtlich diesesGroßen Wunders der Spaltung des Mondes auf unsereAbhandlung im Anhang an das Einunddreißigste Wort»Die Spaltung des Mondes«.

So wie der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede undSegen sei, den Bewohnern des Erdenrunds das Wunderder Spaltung des Mondes zeigte, so zeigte er auch denBewohnern der Himmel das Große Wunder seiner Him-melfahrt. Was aber dieses gewaltige Wunder betrifft, wel-ches Himmelfahrt genannt wird, so verweisen wir hier aufunsere Abhandlung über die Himmelfahrt, welche dasEinunddreißigste Wort ist. Denn in dieser Abhandlungwird mit sicheren Zeugnissen sogar gegenüber den Un-gläubigen die Richtigkeit und Erhabenheit und der Glanzdieses Großen Wunders bewiesen. Wir wollen hier nurvon einem Wunder erzählen, das sich im Zusammenhangmit seiner Reise ereignete, die mit dem Wunder seinerHimmelfahrt von der El-Aqsa-Moschee aus ihren Anfang

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nahm, als nämlich am Morgen der Stamm der Qureyshi-ten eine Beschreibung der El-Aqsa-Moschee von ihmwünschte. Und dies geschah also folgendermaßen:

Der Prophet hatte die Qureyshiten am Morgen nach derNacht seiner Himmelfahrt darüber informiert. Doch siehatten seine Mitteilung bestritten und zu ihm gesagt:»Wenn du zur El-Aqsa-Moschee gereist bist, dann schil-dere uns doch einmal das Aussehen seiner Mauern undTore!«

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, schildert dies später mit den Worten:316

»Ich war über diese ihre Art, mir keinen Glauben zu schenken, mich derLüge zu beschuldigen und mir peinliche Fragen zu stellen aufs Äußers-te aufgebracht, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Da aber enthüllteGott die El-Aqsa-Moschee vor meinen Augen, zeigte sie mir, ich erblik-kte sie vor mir und so schilderte ich sie ihnen in all ihren Einzelheiten.«

Da erkannten denn die Qureyshiten, dass er ihnen vonder El-Aqsa-Moschee eine völlig richtige, genaue undumfassende Beschreibung gab…

Des Weiteren sagte der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, zu den Qureyshiten: »Auf demWege habe ich eine eurer Karawanen gesehen. Morgenum so und soviel Uhr wird eure Karawane hier eintref-fen.« So kamen und blieben und warteten sie denn zurangegebenen Zeit auf das Eintreffen der angekündigtenKarawane. Doch die Karawane verspätete sich um eineStunde. Damit sich nun aber die Voraussage des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, alsrichtig erweisen könne, verharrte, wie die Forscher be-stätigen, die Sonne für eine Stunde in ihrem Lauf, d.h. umsein Wort als richtig zu erweisen, hielt die Erde für eine

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Stunde in ihrer Aufgabe inne, unterbrach ihre Reise für ei-ne Stunde und diese Stunde erschien dann gleich wie einAnhalten der Sonne.317

So verstehe also nun, wenn schon diese riesengroßeErde in ihrer Aufgabe inne hält, um ein einziges Wort desEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,zu bestätigen und die riesige Sonne Zeuge dessen wird,was für ein Unglück es dann für diejenigen bedeutenmuss, welche eine solche Persönlichkeit nicht bestätigenund seine Anordnungen nicht befolgen, und welcheGlückseligkeit es dann für diejenigen bedeuten muss,welche ihn bezeugen und bestätigen, seine Weisungenmit:

»Wir hören und wir gehorchen!«

beantworten und so sage denn:

»Lobpreis und Dank sei Gott (Allah) für die Hingabe (Islam) und denGlauben (Iman)!«

Achtzehnter Hinweispunkt

Das größte und ewige Wunder des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, ist der WeiseQur’an, welcher Hunderte von Beweisen für dessen Pro-phetentum in sich enthält und selbst in vierzigfacher Hin-sicht ein Wunder ist. So haben wir denn zur Erklärungdieses Großen Wunders im Fünfundzwanzigsten Wortauf nahezu hundertundfünfzig (handschriftlich abgefass-ten) Seiten die vierzig Aspekte dieses Wunders bündigzusammengefasst, erläutert und bewiesen. Was diesesgewaltige Wunder, das ein Kompendium von Wundernist, betrifft, so begnügen wir uns mit einem Hinweis auf

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dieses »Fünfundzwanzigste Wort« und wollen hier nurzwei, drei dieser (vierzig) Aspekte erklären.

Erster Aspekt: Man könnte sagen: Das Wunder desQur’an liegt in der Schönheit seiner Ausdrucksweise (Be-laghat). Nun sollten aber alle Schichten der Bevölkerungein Recht darauf haben, an diesem Wunder ihren Anteilzu erhalten. Scheint es aber nicht vielmehr so, als fändesich unter Tausenden nur ein Kritiker oder ein Gelehrter,der dieses Wunder an Schönheit qur’anischer Ausdrucks-weise zu erfassen vermag?

Antwort: Der Weise Qur’an hält für alle Bevölkerungs-kreise die ihnen eigene Art Wunder bereit und lässt in je-dem Kreis der Bevölkerung wieder auf eine andere Artdieses Dasein eines Wunders verspüren.

So zeigt er z.B. in den Kreisen von Leuten sprachlicherKlarheit und Ausdrucksfähigkeit (belaghat ve fesahat) dasWunder seiner außergewöhnlichen Sprachgewalt (bela-ghat).

In den Kreisen der Dichter und Redner offenbart er dasWunder seines einzigartig schönen und erhabenen Stilsund seiner Ästhetik. Obwohl dieser Stil einem jeden wohl-gefällt, vermag doch keiner ihn nachzuahmen. Im Stromder Zeit altert dieser Stil nicht. Er bleibt ewig frisch, jungund lebendig. Er besteht aus (einhundertundvierzehn Su-ren in) einer Art rhythmischer Prosa oder auch Gedichtenin Prosa. Sie sind zugleich sowohl erhaben als auch voneinem besonderen Reiz.

Des Weiteren zeigt er in den Kreisen der Wahrsagerund derer, die aus dem Unsichtbaren berichten, das Wun-der seiner außergewöhnlichen Verkündigung über die un-sichtbaren Welten.

In den Kreisen der Historiker und der Paläontologenzeigt der Qur’an das Wunder seiner Aussagen über dieGeschichte der Völker vergangener Zeiten und ihre Le-bensumstände, über zukünftige Ereignisse, über dasZwischenreich (berzah) und das Jenseits.

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In den Kreisen der Soziologen und Politologen zeigt derQur’an das Wunder seiner heiligen Satzungen. In der Tatzeigt das Große Gesetz (sheri’at-i Kubra), das aus demQur’an erwächst, das Geheimnis dieses Wunders.

In den Kreisen der Gottesgelehrten und derer, die sichin die kosmischen Wahrheiten (Haqq) vertiefen, zeigt derQur’an das Wunder seiner Heiligen Göttlichen Wahrhei-ten (Haqq) oder lässt sie doch das Dasein dieses Wun-ders verspüren.

Für die Ordensleute (tariqat) und Gottesfreunde (vela-yat) zeigt der Qur’an das Wunder seiner Ayat, die ge-heimnisvoll sind, wie das beständig wogende Meer.

Und so könnte man immer weiter fortfahren.Aus vierzig Kreisen öffnet sich für jeden Kreis ein Fens-

ter und offenbart ein Wunder. Ja sogar in den Kreisen dereinfachen Leute, die nur zuhören und den Sinn ein wenigverstehen können, wird der, welcher ein Ohr hat zu hören,wenn der Qur’an vorgetragen wird, bestätigen, dass die-ser nicht gleich anderen Büchern ist. Und dieser Ungebil-dete wird sagen: »Dieser Qur’an ist entweder noch weni-ger Wert als alle die Bücher, von denen wir hören. Dasaber kann von keinem seiner Gegner behauptet werden,es ist zudem auch hundertmal unmöglich. Wenn diesaber so ist, dann steht er über all den Büchern, von de-nen wir gehört haben.« So wollen wir denn nun, diesemUngebildeten, der ein Ohr hat, um zu hören, helfen, die-ses Wunder ein wenig zu erklären, das er entdeckt hatte.Es ist dies aber wie folgt:

Zu der Zeit, da der Qur’an, der in seiner Verkündigungein Wunder ist, hervortrat und alle Welt herausforderte,rührte er zwei starke Empfindungen auf:

Erstens: bei Freunden den Wunsch zur Nachahmung,d.h. die Sehnsucht, dem geliebten Qur’an in seiner Aus-drucksweise gleich zu werden und den Wunsch, in dergleichen Weise zu sprechen wie er.

Zweitens: bei seinen Feinden den Wunsch, ihn zu kri-

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tisieren und mit ihm zu konkurrieren, d.h. den Wunsch,dem Stil des Qur’an etwas entgegenzusetzen und seinenAnspruch, ein Wunder zu sein, zurückzuweisen…

So wurden denn unter dem Einfluss dieser beiden star-ken Empfindungen Millionen arabischer Bücher verfasstund herausgegeben. Liest man aber nun von all diesenBüchern diejenigen, deren Ausdruck am schönsten,stärksten und klarsten ist, im Vergleich mit dem Qur’an,so wird gewiss ein jeder, der es gehört hat, sagen, dassder Qur’an sich mit keinem von ihnen vergleichen lässt.D.h. also, dass der Qur’an nicht auf der gleichen Stufe mitall diesen Büchern steht.* Wenn dies aber so ist, dannmuss der Qur’an entweder unter ihnen allen stehen, wasaber hundertfach unmöglich ist und niemand, selbst derTeufel nicht behaupten kann.

Wenn dies aber nun so ist, dann steht der Qur’an, des-sen Verkündigung ein Wunder ist, über allen diesen Bü-chern. Ja selbst für den Kreis der einfachen, ungebildetenLeute, welche seine Bedeutung nicht verstehen können,zeigt sich der Weise Qur’an dadurch als ein Wunder, dasser sie niemals ermüdet. Diese einfachen Leute sagen inder Tat: »Höre ich auch das schönste und berühmtesteGedicht zwei-, dreimal, so langweilt es mich schon. Eswird mir jedoch nie langweilig, den Qur’an zu hören. Diesbereitet mir im Gegenteil immer mehr Freude. Da diesaber so ist, kann es das Wort eines Menschen nichtsein.«

Selbst im Kreise der Kinder, die sich darum bemühen,etwas auswendig zu lernen, zeigt der Weise Qur’an, inder Art, wie er sogar diesen kleinen Köpfchen der Kinder,die noch so einfach, zart und feinfühlend und noch nichtdazu in der Lage sind, eine Buchseite im Kopf zu behal-ten, dennoch mit vollkommener Leichtigkeit den ganzengroßen Qur’an mit seinen vielen einander ähnlichen, Ver-

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* Das bedeutsame erste Kapitel des SechsundzwanzigstenBriefes ist eine Anmerkung und eine Erklärung zu diesem Satz!

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wirrungen und Verwechslungen verursachenden Versenund Sätzen, wie er sich diesen Kindern dermaßen einfachin ihr Gedächtnis einprägt, dass er auch für sie ein Wun-der ist.

Selbst für Kranke und Sterbende, die sich schon vonwenigen Worten belästigt oder durch ein leichtes Ge-räusch gestört fühlen, klingt das Murmeln der Suren desQur’an süß und sanft wie der Geschmack des Wassersaus dem Brunnen Semsem und lässt auch sie auf ihreWeise verspüren, dass er ein Wunder ist.

Zusammenfassung: In vierzig verschiedenen Kreisenund bei ganz unterschiedlichen Menschen zeigt derWeise Qur’an, dass er in vierzig verschiedenen Hinsich-ten ein Wunder ist und lässt sie das Dasein dieses Wun-ders verspüren. Keiner bleibt davon ausgeschlossen. Jaes gibt sogar für die Kreise derer, die nur Augen haben*,aber keine Ohren, kein Herz, kein Wissen, dennoch einZeichen dafür, dass er ein Wunder ist. Und dies geschiehtauf folgende Weise:

In dem Qur’an-Exemplar, das Hafith Othman kalligra-phisch verfasst hatte und welches danach auch gedruckterschienen ist, stehen manche Worte des Qur’an, dessenVerkündigung ein Wunder ist, an mit einander korrespon-dierenden Stellen des Buches geschrieben.

So finden wir z.B. in der Sure 18 (Kahf, die Höhle), A-yah 22 die Worte:

»Der achte unter ihnen aber war ihr Hund.«

und darunter – wollten wir mit einer Nadel durch die Sei-ten des Buches stechen – eine Zeile tiefer in der Sure 35(el-Fatir, der Schöpfer) den Namen dieses Hundes: »Qit-

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* Für diejenigen, die nur Augen haben, aber keine Ohren undkein Herz, ist der Aspekt des Qur’an als ein Wunder hier sehrkurz und bündig und nur unvollkommen geblieben. DieserAspekt seines Wunders wurde jedoch im Neunundzwanzigsten

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mir«. Desgleichen finden wir in der Sure 36 (Ya-Sin) dasWort:

»vorgeführt«

in der Ayah 53 und gleich auf dem nächsten Blatt darun-ter in der selben Spalte in Ayah 75 das selbe Wort wieder.Diese beiden Worte begegnen uns wieder drei Seitenweiter in der Sure 37 (Saffat, die Reihen), Ayah 57 unddrei Seiten weiter, Ayah 127, immer wieder in der selbenSpalte.

Desgleichen finden wir den Ausdruck:

»in Paaren«

in der Sure 34 (die Bewohner von Saba), Ayah 46 undSure 35, 1 deckungsgleich auf den beiden korrespondie-renden Seiten, was kein Zufall sein kann, da dieser Aus-druck nur dreimal im ganzen Qur’an erscheint.

Und dergleichen Beispiele gibt es noch viele. Ja es gibtsogar Worte, die sich auf den einander folgenden Seitenmit nur geringfügigen Verschiebungen fünf, sechsmalhintereinander wiederfinden. Ich habe einmal ein Exem-plar gesehen, worin die Sätze, welche miteinander kor-

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und im Dreißigsten Brief** auf eine so glanzvolle, auf eine soliebvolle, so offensichtliche und eindeutige Weise aufgezeigt,dass sogar Blinde das sehen können. Wir haben ein Qur’an-Exemplar kalligraphisch schreiben lassen, worin dieser Aspektseines Wunders sichtbar wird. Dieses Exemplar wird insha-a’l-lah eines Tages gedruckt werden, sodass ein jeder die Schön-heit dieses Aspekts erkennen kann.** Diesen Dreißigsten Brief hatte ich mir als besonders prächtigvorgestellt. Diese meine Absicht gelangte jedoch nicht zur Ver-wirklichung sondern musste einer anderen Abhandlung, »DieZeichen des Wunders«, Platz machen, die nun seine Stelle ein-nehmen.

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respondieren, mit Rotstift auf den beiden gegenüberlie-genden Seiten markiert waren. Ich hatte mir damals ge-sagt: »Auch diese Erscheinung ist ein Merkmal für eineArt Wunder.« Später sah ich: Es gibt im Qur’an verschie-dene Seiten, welche miteinander korrespondieren, aufdenen sich viele Sätze finden, die auch inhaltlich aufein-ander abgestimmt sind. Da sich aber nun die Nieder-schrift des Qur’an unter der Leitung des Propheten undsich auch die Herausgabe und der Druck der einzelnenExemplare unter göttlicher Eingebung (ilham) vollzieht,findet sich auch in der künstlerischen Gestaltung (Design)und der Kalligraphie des Weisen Qur’an ein Hinweis aufeine Art Wunderzeichen, denn diese Erscheinung kannweder das Produkt eines Zufalls noch das Resultatmenschlichen Denkens sein. Es gibt zwar einige leichteAbweichungen, doch haben diese in kalligraphischenMängeln ihre Ursache. Wäre diese formvollendet ausge-fallen, stünden auch die entsprechenden Wörter genauübereinander.

Des Weiteren wiederholt sich auf jeder der Seiten, aufdenen die mittleren und die längeren Suren stehen, alsodiejenigen welche in Medina herabgesandt wurden, dasWort »Allah« in höchst auffälliger Weise, d.h. es erscheintdort häufig fünf, sechs, sieben, acht, neun, ja sogar elf-mal, wobei diese Wiederholungen auf der Vorderseite so-wohl mit denen auf der Rückseite als auch mit denen aufder Nachbarseite korrespondieren und darüber hinausauch noch eine inhaltliche Übereinstimmung aufzeigen.(Anmerkungen 1-4 siehe nächste Seite)

Zweiter Aspekt: Da in der Zeit des Moses die Magie inhohem Ansehen stand, geschahen seine bedeutendstenWunder in dieser Art. Zur Zeit Jesu hingegen war es dieHeilkunde, die in hohem Ansehen stand. So geschahendenn seine Wunder gewöhnlich in dieser Hinsicht. Des-gleichen gab es auch in der Zeit des Ehrenwerten Ge-sandten, mit dem Friede und Segen sei, auf der arabi-schen Halbinsel vier Dinge, die vor allen anderen ge-

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schätzt wurden:

Erstens: Schönheit und Klarheit des Ausdrucks (bela-ghat ve fesahat)

Zweitens: Dichtkunst und Vortragskunst

Drittens: Wahrsagekunst und Verkündigung des Ver-borgenen

Viertens: Kenntnis historischer Geschehnisse und kos-mischer Ereignisse

So war denn also der Qur’an, ein Wunder in seiner Ver-kündigung, in seinem Kommen eine Herausforderunggegenüber all denen, welche diese vier Arten von Kennt-nis besaßen:

Allen voran waren es die Sprachkenner und Wissen-schaftler, die sich vor ihm als ihrem Lehrmeister verneig-ten. Und sie lauschten ihm mit Bewunderung.

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Anmerkung 1: Des Weiteren finden sich in der Ausdrucksweisedes Qur’an mannigfaltige Qualitäten, welche die Aufmerksam-keit des Lesers auf sich lenken, wie z.B. seine blumenreicheund vielfach ausgeschmückte Sprache, sein Reim und seinRhythmus, seine Eloquenz, sein künstlerischer Stil. Dies ver-leiht den Sufis in ihrem Gottesgedenken (dhikr) und bei ihrenGebetsübungen eine erhabene Ernsthaftigkeit, versetzt sie inGottes Gegenwart (huzur), schenkt ihnen eine innere Samm-lung ohne irgendeine Unterbrechung. Denn gewöhnlich störenRhetorik und Eloquenz, Poesie, Reim und Rhythmus die Ernst-haftigkeit, wirken gekünstelt, verfälschen die Gemütsruhe, len-ken den Blick ab. Ich las sogar des Öfteren ein berühmtesGebet von Imam Schafi, das feinsinnigste seiner Art, das mit allseinem hohen Ernst und seiner Erhabenheit und zugleich auchmit seinem Wohlklang zur Abwendung einer Dürrekatastrophe,einer Hungersnot, verrichtet wurde. Doch ich sah, dass es durchReim und Rhythmus die erhabene Ernsthaftigkeit dieses Gebe-tes beeinträchtigt, und trotzdem ich es während acht oder neunJahren beständig gelesen habe, konnte ich seinen wahrenErnst nicht mit seinem Reim und Rhytmus vereinbaren. Daraushabe ich ersehen, dass der Qur’an in dem ihm eigenen, natür-

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Als zweites erfüllte er die Kenner der Dicht- und Vor-tragskunst, d.h. diejenigen, welche eine Rede einwand-frei und formvollendet halten und ein gutes Gedicht ver-fassen konnten, mit einer solchen Verwunderung, dasssie sich nur noch sprachlos auf die Finger bissen. Ihreschönsten Gedichte, geschrieben in goldenen Letternund die berühmten »Sieben Gedichte«, die an den Wän-den der Kaaba aufgehängt waren (Muallaqat-i Seb’a) undauf die sie so stolz gewesen waren, nahmen sie ab, weilsie ihren Wert verloren hatten.

Des Weiteren brachte er die Hellseher und Wahrsagerzum Verstummen. Er ließ sie ihre Enthüllungen verborge-nen Wissens vergessen. Er verscheuchte ihre Dschin-

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lichen und doch einzigartigen Reim und Rhythmus eine ArtWunder ist, der die wahre Ernsthaftigkeit und den Frieden desGeistes wahrt und nicht beeinträchtigt. Wenn also die Sufis inihrem Gottesdenken (dhikr) und bei ihren Gebetsübungen dieseArt Wunder nicht mit dem Verstand wahrnehmen, so verspürensie es dennoch in ihren Herzen.

Anmerkung 2: Ein weiteres Geheimnis dieses Wunders, dasin Geist und Sinn (mana) des Qur’an zum Ausdruck kommt, derin seiner Verkündigung ein Wunder ist, zeigt sich uns in Folgen-dem: Der Qur’an bringt den Glauben des Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Friede und Segen sei, jenes Propheten, der unterdem Schatten des Gewaltigen Namens Gottes (Ism-i A’zam)steht, auf der Stufe seines höchsten und strahlendsten Glanzeszum Ausdruck.

Des Weiteren bringt er die so großen, umfassenden und erha-benen Glaubenswahrheiten von erhabener Stufe aus, ihremursprünglichen und originären Charakter entsprechend zumAusdruck, unterrichtet uns in ihnen gleich einer Heiligen Land-karte, welche uns die hohen Wahrheiten nicht nur der jenseiti-gen Welt, nein, des gesamten Herrschaftsbereiches Gotteserklärt.

Des Weiteren ist er der Ausdruck dessen, der in Seiner allum-fassenden Größe und Majestät als Schöpfer des Alls und Herrnüber alles Sein zur Menschheit spricht.

Mit Sicherheit kann man dieser Form der Offenbarung (Fur-

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nen. Er setzte ihrer Wahrsagekunst ein Ende.Er befreite sie vom Aberglauben und von den Mythen

über die Geschichte der Völker längst vergangener Zei-ten und den Ablauf der Ereignisse in der Welt und dieKosmologie und unterrichtete sie statt dessen über dietatsächlichen historischen Geschehnisse und schenkteihnen ein leuchtendes Wissen über das Werden der Welt.

So waren es also diese vier Kreise von Bewunderern,die sich in vollendeter Hochachtung vor dem Qur’an ver-neigten und zu seinen Schülern wurden. Niemand von ih-nen wagte es jemals wieder sich auch nur gegen eineeinzige seiner Suren zu erheben…

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qan), dieser Art der Verkündigung des Qur’an nichts entgegensetzen, was mit ihm konkurrieren könnte, auch, wenn sich diegesamte Intelligenz der Menschheit in einem einzigen Geistgegen ihn vereinigte, was auch in der Sure 17, 88 ausgedrücktwird, mit den Worten:

»Sage: Auch wenn Menschen und Dschinnen sich vereinigt hätten, umdiesem Qur’an ein Gleiches entgegenzusetzen, könnten sie dennochnichts Ähnliches schaffen.«

»Wo ist da nun die Erde und wo ist der Sirius (d.h. sie sind so unver-gleichlich voneinander entfernt wie Gotteswort von Menschenwort. –A.d.Ü.)?«

Denn vom Blickpunkt dieser drei Grundsätze aus gibt es mitSicherheit keine Möglichkeit einer Nachahmung und kann esauch niemals geben!

Anmerkung 3: In den Exemplaren des Qur’an enden alle Sei-ten zugleich auch mit dem Ende einer Ayah und finden schließ-lich in einem schönen Reim ihren Abschluss. Der Grund dafürist folgender: Die Ayah Mudayenah (2, 282), welche die längsteist, dient als Maßstab für alle Seiten, während die Suren Ihlas(112) und Kauthar (108) jeweils den Zeilenmaßstab abgeben.Auf diese Weise wird die schöne Besonderheit des WeisenQur’an und das Merkmal seines Wunders sichtbar.

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Nun könnte man aber sagen: Woher wissen wir, dassniemand gegen ihn aufgestanden ist? dass es unmöglichist, sich gegen ihn zu erheben?

Antwort: Wäre irgendein Widerstand gegen denQur’an in irgendeiner Weise möglich gewesen, hätte mandies in jedem Falle versucht, denn das Bedürfnis danach,Widerstand zu leisten war riesengroß. Ihr Glaube, ihr Be-sitztum, ihr Leben und ihre Familie waren in Gefahr. Hät-ten sie dem entgegentreten können, hätten sie versucht,

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Anmerkung 4: Auf Grund einer unglückseligen Hast, musstenwir uns in diesem Abschnitt leider mit einigen sehr wenigen undsehr kurzen Andeutungen, kleinen Beispielen und winzig klei-nen Hinweisen auf dieses doch so wichtige, große und glän-zende Wunder begnügen. Es verleiht einen wunderschönen, er-leuchtenden und ermutigenden Aspekt zum Erfolg der Risale-iNur. Nun gibt es aber etwa fünf oder sechs Arten eines Zu-sammentreffens, diese Wahrheit in ihrer Größe und diesesWunder in seiner Schönen und sie alle zusammen bilden eineKette von Wundern in der Risale-i Nur, Blitze einer offensicht-lichen Art Wunder des Qur’an und eine Quelle von Hinweisen,die eine Art qur’anischen Kode dechiffrieren, der die unsichtba-re Welt betrifft. Später haben wir ein Exemplar schreiben lassen,das einem Blitz gleich das Wunder des Qur’an aufzeigt, welchesin Goldschrift die Übereinstimmung des Wortes »Allah« im gan-zen Qur’an markiert. Wir haben sodann auch acht kleineAbhandlungen unter dem Titel »Die acht Chiffren« verfasst,worin ein geheimer Zusammenhang und Zeichen aus demUnsichtbaren erklärt werden, die sich aus der Übereinstimmungder Buchstaben im Qur’an ergeben. Des Gleichen haben wirauch fünf Abhandlungen, nämlich »Die Wunder ScheichsGeylani«, drei Abhandlungen über »Die Wunder des Imams Ali«und »Hinweise aus dem Qur’an« geschrieben, welche alle eini-ge Wunder erklären, die in Form einer Übereinstimmung auf ei-ne Bestätigung, einem Lob und einer Empfehlung der Risale-iNur hinweise. D.h. also, dass bei der Abfassung der »WunderAhmeds« jene große Wahrheit kurz aufgeleuchtet ist, der Ver-fasser aber nur ein Streiflicht dieser Wahrheit erfasst und weiter-gegeben hat, sodann aber davon geeilt ist, ohne noch einmalumzublicken.

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dem entgegenzutreten. Hätte es eine Möglichkeit zumWiderstand gegeben, hätten sie es in jedem Falle ver-sucht, einen Aufstand dagegen zu unternehmen. Hättensie aber einen Aufstand dagegen unternommen, hättendie Aufrührer, da die Ungläubigen und die Heuchler ingroßer Zahl, ja in der Überzahl waren, in jedem Falle de-ren Partei ergriffen und ihren Erfolg all überall verbreitet,so wie sie immer dem Islam ihre Propaganda entgegen-gesetzt haben. Hätte sich aber ein solcher Erfolg ausge-breitet, wäre das sicherlich in die Geschichte eingegan-gen und man hätte das in den Büchern großartig heraus-gestrichen. Siehe, es sind nun alle Bücher mit Geschich-ten und Berichten offen erhältlich! Doch außer einigenAnekdoten von Musseylime, dem Lügner, findet sich da-rüber nirgendwo irgendetwas. Statt dessen forderte derWeise Qur’an ganze dreiundzwanzig Jahre lang ständigdazu heraus, stachelte sie an, reizte sie, forderte sie in ih-rer Verbohrtheit immer wieder heraus und sagte zu ihnen:

Lasst doch durch einen einfachen, ungebildeten Men-schen (d.h. einen Analphabeten) wie Mohammed, denZuverlässigen, ein Buch verfassen, das diesem Qur’angleicht, und zeigt es vor! Doch ach, ihr könnt es nicht!Wenn es also kein einfacher, ungebildeter Mann ist, dannsoll es ein großer Gelehrter sein und ein Dichter! Dochach, auch ihn könnt ihr nicht herbeibringen! So soll esdenn nicht ein einziger Mann sein! Versammelt also euresämtlichen Gelehrten und alle eure Dichter, sie solleneinander helfen! Und auch eure Götter, auf die ihr ver-traut, mögen euch beistehen! Doch ach, auch mit ihrerHilfe könnt ihr es nicht zu Stande bringen! So greift dennauf die Dichtungen der Alten zurück! Ruft auch diejenigenkünftiger Zeiten noch zu Hilfe und zeigt uns ein Buchgleich diesem Qur’an, bringt doch ein solches hervor!Ach, ihr werdet auch das nicht zuwege bringen! Wenn esdenn nicht der ganze Qur’an sein soll, so bringt doch nurzehn Suren herbei, die ihm gleichen! Ach, auch das, wasauch nur zehn Suren in Wert und Wahrheit gliche, ver-

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mögt ihr nicht herbeizuschaffen! Auf denn! Erfindet eineErzählung! Schreibt irgendeine Geschichte! Sie sollte ih-nen nur an Schönheit und Ausdruckskraft gleichen. Dochach, auch das könnt ihr ja nicht! Also ahmt doch nur eineeinzige Sure nach! Doch ach, eine lange Sure kann esnicht sein! So bringt denn etwas, das einer kurzen Suregleicht! Wenn nicht, dann steht euer Glaube, eurer Le-ben, euer Hab und Gut auf dem Spiel und eure Familiensind in dieser und in jener Welt in Gefahr. (Vgl. auch Su-ren 2, 23; 10, 38; 11, 13; 17, 89!)

So hat denn der Weise Qur’an in seiner Art, die Men-schen mit acht Schritten stufenweise zum Verstummenzu bringen, nicht nur während dreiundzwanzig Jahren,nein, während dreizehn Jahrhunderten alle Menschenund Dschinnen herausgefordert und das tut er auch nochheute. Dagegen haben Ungläubige in vergangenen Zei-ten Hab und Gut und ihre ganze Familie in Gefahr ge-bracht, den Machtkampf zu ihrem Weg gewählt, welcherder furchtbarste von allen ist. Den kurzen und einfachenWeg des geistigen Widerstandes haben sie dagegen auf-gegeben. Das aber bedeutet doch, dass der Weg der Dis-putationen nicht gangbar ist…

Hätte denn ein Mensch von Verstand, besonders in da-maliger Zeit einer von der arabischen Halbinsel, noch da-zu einer jener intelligenten Männer aus dem Stamme derQureysh, jenen kurzen und leichten Weg verlassen, Habund Gut, Leib und Leben und seine ganze Familie einerGefahr ausgesetzt und den schwierigsten Weg einge-schlagen, wenn einer der literarisch gebildeten unter ih-nen im Stande gewesen wäre, etwas hervorzubringen,das auch nur einer einzigen Sure aus dem Qur’an ver-gleichbar gewesen wäre, um sie so vor den Angriffen desQur’an zu retten?

Zusammenfassung: Der berühmte Djahis hat das ein-mal so formuliert: »Da ein Widerstand mit der Feder nichtmöglich war, waren sie zu einem Kampf mit dem Schwertgezwungen.«

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Wenn man nun aber sagte: Einige echte Forscher undwahre Gelehrte haben gesagt: »Man kann dem Qur’annicht eine Sure, keine Ayah, ja noch nicht einmal einenSatz, ein einziges Wort entgegensetzen und wird diesauch niemals können.« Dieser Ausspruch erscheint über-trieben. Der Verstand kann ihn nicht annehmen, denn esgibt unter Menschenwort so viele Sätze, die denen ausdem Qur’an gleichen. Welche Weisheit steckt hinter demGeheimnis dieses Wortes?

Antwort: Über das Wunder, welches der Qur’an ist,gibt es zwei Lehrmeinungen (radjih ve merdjuh). Diemeisten bevorzugen (radjih) jene Lehrmeinung, nach wel-cher die literarischen Feinheiten und der inhaltlicheReichtum im Qur’an menschliche Fähigkeiten übersteigt.

Die zweite, weniger bevorzugte (merdjuh) Lehrmeinungist die, dass es zwar menschenmöglich ist, einer Sure desQur’an etwas entgegenzusetzen, Gott der Gerechte dasjedoch um jenes Wunders willen und mit Rücksicht aufSeinen Propheten (ASM) verhindere. So könnte z.B. einMann zwar aufstehen, wollte jedoch ein Prophet, um einBeispiel für ein solches Wunder zu geben, sagen: »Dukannst nicht aufstehen!« und könnte er nun tatsächlichnicht aufstehen, so ist dies ein Wunder. Diese zweiteLehrmeinung (medhheb-i merdjuha) wird Sarfe Medhheb(= Fixstern-Schule) genannt, denn da Gott der GerechteMenschen und Dschinnen daran hindert, sind sie auchnicht imstande, etwas hervorzubringen, das einer Suregleich wäre. Hätte Er sie nicht daran gehindert, hättenMenschen und Dschinnen etwas, einer Sure Gleichwerti-ges, hervorgebracht. Demnach entspricht also, nach ihrerLehrmeinung, die Aussage der Gelehrten: »Sie könnenihr selbst einem einzigen Wort nichts entgegensetzen«,denn wenn sie Gott der Gerechte um eines Wunderswillen daran hindert, können sie ihren Mund nicht öffnen.Auch wenn sie ihn öffnen, können sie ohne Gottes Ein-willigung kein Wort hervorbringen.

Nach Ansicht der Medhheb-i radjih jedoch, welche die

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erste ist und die Meinung der Mehrheit vertritt, entspringtder von den Wissenschaftlern aufgestellte Lehrsatz demfolgenden feinsinnigen Gedankengang: Die Sätze desWeisen Qur’an und die Wörter darin, stehen alle in Be-ziehung zueinander. Manchmal kommt es vor, dass einWort mit zehn anderen in Verbindung steht. Dabei kön-nen sich zehn verschiedene Beziehungen finden und zu-gleich auch zehn verschiedene Punkte literarischer Fein-heiten. Wir haben ja schon in unserem Kommentar (tef-thir) mit dem Titel »Hinweise auf das Wunder (Isharatu-l’-I’djas)« einige Beispiele für derartige Feinheiten in denBeziehungen zwischen manchen Sätzen der Suratu-l’Fa-tiha und der Suratu-l’Baqara (Suren 1 und 2) aufgezeigt.

Zum Beispiel: Wollte jemand in dem künstlerisch aus-gestalteten Kuppelbau eines Schlosses den Schlusssteinsetzen, der inmitten vieler verschiedener Kunstwerke je-nen Platz einnimmt, der mit allen anderen Steinen in Ver-bindung ist, so wäre es dabei notwendig, das gesamteKunstwerk als Ganzes zu kennen. Desgleichen müsstejemand, der das Auge im Kopf eines Menschen einsetzenwollte, alle die Zusammenhänge im menschlichen Kör-per, die erstaunlichen, vielfältigen Zusammenhänge indem letzten und alle Funktionen des ersteren innerhalball dieser Aufgaben kennen. Genauso haben jene unterden Kennern der Wahrheit, die in deren Erforschung be-sonders weit vorgedrungen waren, die vielen verschiede-nen Zusammenhänge unter den Worten im Qur’an undderen Aspekten aufgezeigt, so wie sie sich auf die Sätzein verschiedenen Ayat beziehen und zu ihnen verhalten.Besonders diejenigen Gelehrten, welche sich auf denSinngehalt der Buchstaben spezialisiert haben und in die-ser Wissenschaft besonders weit vorgedrungen sind, ha-ben den Fachleuten erklärt, den Sinn eines einzigenBuchstabens im Qur’an zuweilen eine ganze Seite langerklärt und bewiesen. Und da nun einmal der Qur’an dasWort des Schöpfers aller Dinge ist, kann jedes Wort alsderen Herz oder deren Kern gelten (d.h. ein Wort kann ei-

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nem Herzen inmitten eines geistigen Körpers gleichen,der aus diesen Geheimnissen heraus Gestalt angenom-men hat, oder aber als das Samenkorn eines Baumes,gebildet aus den weitverzweigten Bedeutungen diesesWortes). So kann man also unter den Worten eines Men-schen Wörter finden, die denen im Qur’an gleichen, ja so-gar ganze Sätze oder Verse. Da man sich jedoch im Qur’-an viele Zusammenhänge gleichzeitig vor Augen haltenmuss, um ein Wort in der rechten Weise einfügen zu kön-nen, ist dazu ein allumfassendes Wissen notwendig, so-dass dieses an seinem richtigen Platz eingefügt werdenkann.

Dritter Aspekt: Um mich mit einer ganz kurz konzen-trierten Zusammenfassung auf das Wesen des Qur’anhinzuweisen, dessen Verkündigung ein Wunder ist, hatmir einmal Gott der Gerechte die nachstehende Kontem-plation der Wahrheit in arabischer Sprache als ein Gna-dengeschenk Seiner Güte ins Herz gesenkt. Wir wollenhier diesen Kontemplationstext zunächst Arabisch brin-gen und diesen danach erklären.

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»Gepriesen sei der, welcher seine Einheit bezeugt und seine Schönheitoffenbart und seine Majestät und seine Vollkommenheit. Der WeiseQur’an leuchtet an allen seinen sechs Seiten. In ihm liegt die Essenz(sirr) aller Schriften der Propheten und Heiligen und der Verehrer desEinen Gottes, unterschieden durch die Jahrhunderte, durch ihreLebens- und Betrachtungsweise, ihre Berufung, und derer, die einstim-mig in Herz und Gemüt die Grundsätze des Qur’an bestätigen. Seinsind alle die Gesetze in zusammengefasster Form. Er ist die reineOffenbarung, welche herabgesandt wurde, von dem, der sie sandtedurch Seinen Gesandten und zugleich auch die offensichtliche Recht-leitung und notwendigerweise auch die Quelle der Lichter des Glaubensund ganz gewiss auch die Sammlung der Wahrheiten. Ganz ohne Zwei-fel führt er zur Glückseligkeit in beiden Welten. Die Früchte, die er her-vorbringt, sind vollkommen und, wie bezeugt, geschätzt von Menschen,Engeln und Dschinnen, und bestätigt durch verschiedene Hinweise,bekräftigt durch die Beweise der Vernunft, durch die Einheit unter denVollendeten unter den Denkern und durch die Bestätigung von Seitenderer, die reinen Herzens sind, durch das Zeugnis derer, die Friedengefunden haben für ihre Seelen (vidjdan). Der Qur’an ist ein immer-währendes Wunder und seine wunderbare Erscheinung besteht überdem Ablauf der Zeit. Sein Zeugnis und der Rahmen seiner Rechtleitung

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gilt von den höchsten der Hohen Geister bis zu den jüngsten Schulkin-dern, von den Engeln bis zu den kleinsten Kindern. Sie alle ziehen ihrenNutzen aus dem Brunnen seines Unterrichts. Zudem ist er auch das all-sehende Auge, das alle Dinge in vollkommener Klarheit erschaut undaufzeigt. Er ist es, der alle Dinge, sie schauend und betrachtend,umfasst und sie in seiner Hand hält. Er beschreibt den Menschen so,wie ein Uhrmacher, der die Uhr in seiner Hand hält und sie durchschautund erfasst. Dies ist der Glorreiche Qur’an, der immer wieder sagt: Esgibt keinen Gott außer Ihm! So wisse es denn: Es gibt keine Gottheitaußer Gott!«

Die kurz zusammengefasste Erklärung dieser arabischenAbhandlung aber ist nun folgende:

Der Qur’an, ein Wunder in seiner Verkündigung, ist insechsfacher Hinsicht strahlend und leuchtend. Darumkann (das Dunkel) des Zweifels und der Täuschungenauch nicht in ihn eindringen. Denn von seiner Rückseiteher ist er gestützt auf die Autorität vom Throne Gottes,von woher das Licht der Offenbarung Gottes leuchtet. Anseiner Vorderseite finden wir als Ziel das Glück beiderWelten. Seine Hand hält er ausgestreckt nach der jensei-tigen, der ewigen Welt. Dort ist das Paradies und die ewi-ge Glückseligkeit. Das Wunder (seiner Verkündigung)glänzt auf ihm als sein Siegel. Als tragende Säulen aberhalten wir die Zeugnisse und die Beweise. In seinem In-neren wohnt die lautere Rechtleitung. Auf seiner Rechtenverhört er die Verständigen mit der Frage:

»Habt ihr denn keinen Verstand?«

und lässt sie: »Du hast recht.« sagen. Auf seiner Linkenlässt er die, die reinen Herzens sind, freudig für Gottesreichsten Segen danken (»baraka’llah«) und schenkt ih-nen die reinen Freuden des Geistes. Auf welcher Seite,an welcher Ecke also könnten nun die Diebe des Zweifelsund der Täuschungen noch in (das Haus) des Qur’an ein-dringen, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist?

Der Qur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist,

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fasst in der Tat das Wesen (sirr) aller Schriften der Pro-pheten und Heiligen und der Verehrer des Einen Gottes,unterschieden durch die Jahrhunderte, durch ihre Le-bens- und Betrachtungsweise, ihre Berufung, in sich zu-sammen. Das aber heißt, dass alle diese Männer vonHerz und Verstand, welche eine Zusammenfassung derGesetze und Grundlagen des Weisen Qur’an in ihren Bü-chern erwähnt und angenommen haben, diese Grundla-gen auf diese Weise bestätigt haben. Das aber heißt hin-wiederum, dass sie die Wurzeln jenes Himmelsbaumessind, welcher der Qur’an ist. Des Weiteren stützt sich derWeise Qur’an auf seine Offenbarung und ist selbst eineOffenbarung, denn der Herr in Seiner Majestät, der denQur’an herabgesandt hat, zeigt durch die Wunder Ah-meds (ASM), dass der Qur’an eine Offenbarung ist, undbeweist es. Und der offenbarte Qur’an zeigt durch diesesWunder (seiner Offenbarung) auch, dass er vom Throne(des Allerhöchsten) kommt. Und der, dem er herabge-sandt wurde, der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friedeund Segen sei, in seiner Erschütterung zu Beginn der Of-fenbarung, jenem Zustand zur Zeit der Herabsendung derOffenbarung, in dem er seiner selbst nicht mächtig war,wie auch durch seine Aufrichtigkeit und durch seine Ehr-erbietung gegenüber dem Qur’an, welche die jedes an-deren überstieg, durch all dies zeigt der Prophet, dass erden Qur’an, der als eine Offenbarung aus der Ewigkeitherabgekommen ist, (in seinem Herzen empfangen, inseiner Seele) aufgenommen hat.

Des Weiteren ist der Qur’an eine lautere Rechtleitung,denn das Gegenteil davon ist ganz offensichtlich der Irr-weg des Unglaubens. Des Weiteren ist der Qur’an vonseinem Wesen her die Quelle der Lichter des Glaubens.Der Gegensatz zu dem Lichte des Glaubens aber ist si-cherlich die Finsternis. Das haben wir in vielen Abhand-lungen (Sözler) als feststehende Tatsache bewiesen.

Des Weiteren ist der Qur’an ein handliches und zuver-lässiges Kompendium der (Glaubens)wahrheiten. Einbil-

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dung und Aberglaube finden darin keinen Eingang. Diewahrhaftige Welt des islamischen Glaubens, die er ge-staltet hat, das grundlegende islamische Gesetz, das erhervorgebracht hat und die erhabenen Vollkommenhei-ten, die er herausgestellt hat, legen dafür Zeugnis ab,dass seine Thematik hinsichtlich der unsichtbaren Weltgenauso den Tatsachen entspricht, wie auch seine The-matik hinsichtlich der bezeugten Welt und beweist, dasses nichts darin gibt, das dem widerspricht.

Des Weiteren führt der Qur’an offensichtlich und zwei-felsohne zum Glück in beiden Welten und leitet dieMenschheit dahin. Wer daran zweifelt, soll einmal denQur’an lesen und hören, was er sagt! Des Weiteren sinddie Früchte, die der Qur’an hervorbringt, sowohl vollkom-mene als auch lebende (Früchte). Weil dies aber so ist,darum ist auch die Wurzel des Baumes, welcher der Qur’-an ist, wahrhaftig und lebendig, denn die Früchte, die aneinem Baum wachsen und reifen, sind ein Beweis für dasLeben des Baumes. Nun aber siehe, welch ein vollende-tes Leben, welch lichterfüllte Früchte er jedes Jahrhun-dert in all seinen Heiligen und Gelehrten hervorgebrachthat!

Der Qur’an wird infolge jener Intuition und Überzeu-gung, wie sie aus zahllosen verschiedenen Hinweisenund Merkmalen entsteht, sowohl von Menschen, als auchvon Dschinnen und Engeln hoch geschätzt. So erstre-benswert erscheint er vor ihnen, dass sie sich, wenn derQur’an vorgetragen wird, den Faltern um ein Licht herumgleich, voll Sehnsucht um ihn herum versammeln.

Der Qur’an ist jedoch nicht nur reine Offenbarung. Erwird auch durch verstandgemäße Beweise bestärkt undbestätigt. Dafür ist die Einheit unter den Meistern philoso-phischen Denkens in der Tat ein Zeugnis. Allen voran ha-ben Koryphäen unter den Gelehrten der theologischenWissenschaften und auch so geniale Philosophen wie IbnSina und Averroes übereinstimmend die (Richtigkeit) derGrundsätze des Qur’an (= des Islam) mit jeweils ihren

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Methoden und Beweisen nachgewiesen. Des Weiterenwird der Qur’an von denen bestätigt, die reinen Herzenssind. Einmal abgesehen von denen, die an einer Schwä-che oder Krankheit ihrer Seele leiden, werden alle, die einreines Herz haben, dies bestätigen, denn Friede für dieSeelen (vidjdan) und Ruhe des Herzens gibt es nur in sei-nem Lichte. Das heißt, dass alle, die ein reines Herz ha-ben, ihn mit dem Zeugnis des Friedens ihrer Seelen be-stätigen. Ja, ihr ganzes Wesen (fitrat) sagt gegenüberdem Qur’an auch ohne Worte: »Die Vollendung unseresWesens kann ohne dich nicht sein.« Diese Tatsache ha-ben wir in vielen Abhandlungen bewiesen.

Des Weiteren ist der Qur’an, wie bezeugt, ganz offen-sichtlich ein ewiges und immerwährendes Wunder. Er of-fenbart allzeit, dass er ein Wunder ist. Seine Wunder sindnicht zeitgebunden, sie enden nicht im Verlaufe der Zeit,sie sind ewig.

Des Weiteren ist der Grad der Rechtleitung durch denQur’an so hoch und die Ausstrahlung seiner Lehre sobreit, dass während einer einzigen Unterrichtsstunde derErzengel Gabriel und ein noch ganz kleines Kind neben-einander dem Unterricht zuhören und ihren Anteil daranempfangen können. Selbst noch die erlauchtesten Philo-sophen, wie Ibn Sina, lesen kniend nebeneinander mit ei-nem gänzlich ungebildeten Vorleser die gleiche Lektionund empfangen ihren Anteil. Ja es kann zuweilen ge-schehen, dass ein einfacher Mensch durch seinen star-ken und reinen Glauben größeren Nutzen zieht als selbstIbn Sina.

Des Weiteren vermittelt der Qur’an auch jene Betrach-tungsweise, die das ganze Weltall sieht, seine Grenzenumfasst, sich den ganzen Kosmos wie die Seiten einesBuches vor Augen hält und sodann dessen Sphären unddessen Bereiche erklärt. Es ist dies so, als öffne ein Uhr-macher seine Uhr: so wie er sie betrachtet, zeigt und be-schreibt, so tut dies auch der Qur’an, in dessen Händendas Weltall ruht.

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So also ist nun der Glorreiche Qur’an und er ist es, dersagt:

»Wisset: Es gibt keine Gottheit außer Gott!«

und der so Gottes Einheit (Vahdaniyet) verkündet.

»Oh Gott, mache uns den Qur’an zu unserem Gesellen in dieser Welt,zu unserem Vertrauten im Grabe, zu unserem Anwalt am Tage der Auf-erstehung, zu einem Licht auf der Sirat(brücke), zu einem Schutzwallund -kleid gegen das Feuer, zu einem Begleiter durch das Paradies, zueinem Paten und Führer für alle Wohltaten! Oh Gott, erleuchte unsunser Herz und unsere Grabstätte mit dem Lichte des Glaubens unddes Qur’an und lass uns das Zeugnis des Qur’an Licht werden zur Ehredessen, dem Du den Qur’an herabgesandt hast! Ihm und seiner Fami-lie Friede und Segen von dem Erbarmer, dem Barmherzigen. Amin«

Neunzehnter Hinweispunkt

In den vorangegangenen Hinweisen wurde auf absolut si-chere und zweifelsfreie Weise bewiesen, dass der Ehren-werte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, der Ge-sandte Gottes des Gerechten ist. So ist denn Moham-med, der Araber, mit dem der Friede sei, durch seineSendung, welche mit Sicherheit durch tausend Beweisefeststeht, selbst der glänzendste Beweis und das sicher-ste Zeugnis für die Einheit (Vahdaniyyet) Gottes und dieEwige Glückseligkeit. In diesem Kapitel wollen wir nun fürdiesen glänzenden, strahlenden Beweis, für dieses Zeug-nis, das für die Wahrheit spricht, eine Beschreibung in ei-

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ner ganz kurz zusammengefassten Kurzfassung geben.Denn da er nun einmal selbst der Beweis ist, aus dem dieErkenntnis Gottes (marifet-i Ilahi) hervorsprießt, ist es si-cherlich notwendig, diesen Beweis kennen zu lernen undseinen Standpunkt in dieser Beweisführung zu erfahren.Da dies aber nun einmal so ist, wollen auch wir seinenStandpunkt in dieser Beweisführung und seine Zuverläs-sigkeit mit einer ganz kurzen Zusammenfassung zur Dar-stellung bringen. Es verhält sich dies aber nun folgender-maßen:

Der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segensei, hat genauso wie alles, was in der Schöpfung existiert,durch sein eigenes Dasein den Beweis für die Existenzund die Einheit des Schöpfers des Alls erbracht und zu-gleich mit dem Beweis in seiner eigenen Persönlichkeitund dem Beweis der gesamten Schöpfung, dies auch inWorten erklärt. Da er aber nun einmal selbst ein Beweisist, wollen auch wir mit »Fünfzehn Grundpfeilern« daraufhinweisen, wie zuverlässig, treffend, wahr und richtig die-ser Beweis ist:

Erster Pfeiler: Dieser Beweis (= der Prophet), der so-wohl mit seiner Persönlichkeit, als auch mit seinem Wort,seinem einem solchen Beweis entsprechenden Ausdruck(kal) und Verhalten (hal) auf den Schöpfer des Kosmoshinweist, wird durch die Schöpfung (in ihrer Existenz, ih-rer Natur, ihrem Wesen) bestätigt und ist zugleich auchwahr (in sich selbst), denn die Beweise allen Seins für dieEinheit Gottes (Vahdaniyet) gelten mit Sicherheit auch fürdie Person dessen, der diese Einheit Gottes verkündet.Das aber heißt, dass sein Ruf an die Welt (da’va) vomganzen Universum bestätigt wird. Und da nun die EinheitGottes, die er verkündet, vollendete Vollkommenheit (Ke-mal) und die Ewige Glückseligkeit vollkommene Güte istund sie mit der Schönheit und Vollkommenheit aller Ge-gebenheiten dieser Welt übereinstimmen und sich mit ih-nen in Einklang befinden, so ist auch sein Ruf (da’va) mitSicherheit wahr. Das aber heißt nun wiederum, dass auch

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der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,der Einheit Gottes und der Ewigen Glückseligkeit ein be-redtes Zeugnis ist, wahr und als wahr erwiesen.

Zweiter Pfeiler: Da dieser wahre Beweis, und erwiese-nermaßen wahre Beweis (= der Prophet) mit tausendWundern über all den Propheten und mit einem Gesetz(Scharia), das nicht aufgehoben werden kann, und einemRuf (da’va), der sich an alle Engel und Dschinnen richtet,ausgestaltet erscheint, ist er mit Sicherheit auch der Herr(reys) über allen Propheten. Da dies aber nun einmal soist, besitzt er auch das Geheimnis (sirr) der Wunder allerPropheten und befindet sich mit ihnen in Übereinstim-mung (ittifak). Dies wiederum heißt, dass die Kraft derÜbereinstimmung aller Propheten und das Zeugnis ihrerWunder den Stützpfeiler seiner Aufrichtigkeit und Wahr-haftigkeit bilden. Des Weiteren ist er der Scheich (Sultan)und der Lehrmeister aller Heiligen und Gelehrten, diedurch seine Weisung und Leitung (irshad) und durch dasLicht (nur) seines Beispiels (Scharia) zur Vollendung (ke-mal) gelangt sind. Da dies aber nun so ist, so findet sichin ihm auch das Geheimnis (sirr) ihrer Wunder, (derGrund) ihrer übereinstimmenden Bestätigung und dieKraft für ihre Forschungen, denn sie sind dem Weg ge-folgt, den ihr Meister ihnen geöffnet und zu dem er denZugang für sie offen gelassen hat und haben so zu Wahr-heit gefunden. Wenn dies aber so ist, dann bilden alle ih-re Wunder, Forschungen, Entdeckungen und der Kon-sens aller ebenfalls einen Stützpfeiler für die Aufrichtigkeitund Wahrhaftigkeit dieses ihres Heiligen Lehrers. DesWeiteren gibt es für dieses Zeugnis der Einheit Gottes,wie aus den oben angeführten Hinweisen ersichtlich wur-de, solche sichere, zuverlässige und offensichtliche, stau-nenswerte Wunder (Mu’djise ve Irhasat) und zweifelsfreieBeweise seines Prophetentums und er (der Prophetselbst) hat sie auf eine solche Weise bestätigt, dass dasWeltall, wollte es sich gegen ihn versammeln, diese Be-weise nicht widerlegen könnte!

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Dritter Pfeiler: Des Weiteren sind ihm, der so offensicht-lich Wunder wirkte, dem Herold der Einheit Gottes undVerkünder der Ewigen Glückseligkeit, in seiner derart ge-segneten Persönlichkeit eine so hohe Gesittung, in seinerprophetischen Sendung ein so hoher Charakter, in Ge-setz (Scharia) und Glaube (din), so wie er ihn verkündethat, so reiche Vorzüge zu eigen, dass selbst seine erbit-tertsten Feinde dies bestätigen mussten, es zu leugnennicht im Stande waren. Und da sich nun einmal in seinerPersönlichkeit, seiner Sendung, seinem Glauben, eineGesittung im höchsten und schönsten Grade, ein Cha-rakter von höchster Erhabenheit und Vollkommenheit undso hoch geschätzte Vorzüge finden, ist diese Persönlich-keit mit Sicherheit ein Beispiel, ein Muster, ein Vorbild undein Lehrer der Vollkommenheit und hoher schöpferischerVollendung alles Geschaffenen. Wenn dies aber so ist,wenn sich in seiner Persönlichkeit, seiner Sendung (Vasi-fa) und seinem Glauben diese Vollendung zeigt, seineAufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit einen so starken Stütz-pfeiler bilden, so können sie auch unter gar keinen Um-ständen in irgendeiner Weise erschüttert werden.

Vierter Pfeiler: Des Weiteren spricht dieser Herold derEinheit Gottes und der Glückseligkeit, welcher Quelle al-ler Vollkommenheiten und Lehrer hoher Gesittung ist,nicht aus sich selbst heraus, vielmehr ist er das Sprach-rohr eines anderen. Und in der Tat ist er das Sprachrohrdes Schöpfers der Welten. Er bekommt zunächst Unter-richt von seinem urewigen Lehrer. Danach gibt er diesenUnterricht weiter. Denn der Schöpfer des Kosmos hat mitden tausenden Beweisen für sein Prophetentum, die wirzum Teil durch die oben erwähnten Hinweise dargestellthaben, und mit all diesen Wundern, die durch Seine Handhervorgebracht worden sind, gezeigt, dass der Prophet inSeinem Namen spricht, dass er Seine Worte verkündet.Was aber nun den Qur’an betrifft, der ihm herabgesandtworden ist, so zeigt dieser in den vierzig Blickwinkeln, ihnäußerlich oder von innen heraus als ein Wunder zu be-

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greifen, dass jener das Sprachrohr Gottes des Gerechtenist. Denn jener selbst zeigt in seiner gänzlichen Aufrich-tigkeit, Rechtschaffenheit, Ernsthaftigkeit, Vertrauenswür-digkeit und seinem ganzen übrigen Verhalten, in seinerganzen Haltung, dass er nicht in eigenem Namen spricht,nicht seine private Meinung zum Ausdruck bringt, viel-mehr im Namen des Schöpfers spricht. Des Weiteren ha-ben dies auch alle Leute von Wahrheit, die ihn gehört ha-ben, durch ihre Forschungen und Entdeckungen bestätigtund sind auf dem Wege ihrer Wissenschaft zu dem Glau-ben gelangt, dass der Prophet nicht aus sich selbstspricht, dass vielmehr der Schöpfer des Alls ihn zu spre-chen heißt, ihm Unterricht erteilt, sodass er nun seiner-seits durch Ihn den Unterricht erteilt.

Da dies aber nun so ist, so wird seine Aufrichtigkeit undWahrhaftigkeit durch das Gebäude dieser vier so festenGrundpfeiler getragen.

Fünfter Pfeiler: Des Weiteren sieht dieses Sprachrohrdes Ewigen Wortes die Geister, verkehrt mit den Engeln,unterrichtet Dschinnen und Menschen. Der Unterricht,den er erteilt, umgreift nicht nur die Welt der Menschenund Dschinnen, sondern selbst die Welt der Engel undGeister. Er steht in Verbindung mit den Welten jenseitsder ihren und hat davon Kenntnis. Die oben angeführtenWunder und die Geschichte seines Lebens, welche dieZuverlässigkeit einer allgemeinen Überlieferung besitzt,beweisen diese Tatsache. Da dies aber nun einmal so ist,können sich in seine Verkündigung, nicht wie bei ge-wöhnlichen Wahrsagern und anderen Menschen, die hell-sichtig eine Botschaft empfangen, weder Dschinnen nochEngel oder Geister, ja nicht einmal die Erzengel mit Aus-nahme des Erzengels Gabriel einmischen. Doch selbstder Erzengel Gabriel, sein Begleiter, bleibt die meiste Zeithinter ihm zurück.

Sechster Pfeiler: Des Weiteren ist diese Persönlichkeitdas Haupt (Seyyid) der Engel, Dschinnen und Menschen,die vollkommenste, leuchtende Frucht am Weltenbaum,

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eine Verkörperung der göttlichen Barmherzigkeit, eineWiderspiegelung der Liebe des Herrn, das glänzendsteZeugnis göttlicher Gerechtigkeit und die strahlendsteLeuchte seiner Wahrheit, der Schlüssel zum Rätsel desKosmos, der Entdecker der verborgenen Wahrheit hinterdem Universum, der Erläuterer des Sinnes (hikmah) derWelt, der Herold des Königreiches Gottes und der Dar-steller der Schönheiten in der Kunst des Herrn. Hinsicht-lich der Vielseitigkeit seiner Begabung ist diese Persön-lichkeit das vollkommenste Beispiel der Vollendung desSeins. Da dies aber nun einmal so ist, weisen die Cha-raktereigenschaften dieser Persönlichkeit, zeigt die Per-sönlichkeit seines Geistes: Diese Persönlichkeit ist dasvornehmste Ziel der Schöpfung, das heißt: der Schöpferdes Alls erschuf das All bereits vorausschauend, weshalbman auch sagen kann: hätte Er ihn nicht ins Dasein ge-rufen, Er hätte auch das All nicht erschaffen. Die qur’ani-schen Wahrheiten und Lichter des Glaubens, die er denDschinnen und Menschen gebracht hat, und die hoheGesittung und erhabene Vollkommenheit, die in seinerPersönlichkeit sichtbar wurden, sind ein sicheres Zeugnisdieser Wahrheit.

Siebenter Pfeiler: Des Weiteren hat dieses Zeugnisdes Gerechten, diese Leuchte der Wahrheit (= der Pro-phet) einen Glauben (din), ein Gesetz (Scharia) von derArt aufgezeigt, welche die Grundlagen der Glückseligkeitin beiden Welten in sich umfasst. Neben diesen Grundla-gen erklärte er jedoch auch die Wahrheiten des Kosmosund dessen Aufgaben und die Namen und Attribute desSchöpfers des Alls in vollkommener Wahrhaftigkeit. So istdenn dieser islamische Glaube und sein Gesetz so um-fassend und so vollkommen und beschreibt den Kosmosauf eine Weise, die sich mit diesem in Übereinstimmungbefindet, sodass jeder, der sein Wesen beachtet, mit Si-cherheit versteht, dass dieser Glaube die Erklärung des-jenigen Herrn ist, der diese schöne Welt geschaffen hat,und behandelt diese im Namen ihres Schöpfers. Wie ein

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Schlossbaumeister eine Beschreibung seines Schlossesanfertigt und zur Feder greift, um seine eigenen Fähig-keiten zur Darstellung zu bringen, so lassen auch derGlaube (din) und das Gesetz (Scharia) Mohammeds(ASM), indem sie alles umfassen, erhaben und wahrhaf-tig sind, erkennen, dass sie aus der Feder dessen, derden Kosmos erschaffen hat, der ihn lenkt und leitet, her-vorgegangen sind. Der aber nun diesen Kosmos soschön geordnet und gestaltet hat, ist derselbe, der auchdiesen Glauben so schön geordnet und ihm Gestalt ver-liehen hat. Diese vollendete Ordnung und Gestaltungaber verlangt nun in der Tat auch mit Sicherheit nach ei-ner solch überaus schönen Darstellung (= der Qur’an).

Achter Pfeiler: Ausgestattet mit diesen oben angeführ-ten guten Eigenschaften, gestützt auf diese in jeder Hin-sicht unerschütterlich festen Grundpfeiler, der sichtbarenWelt zugewandt (alem-i shehadet), jedoch im Namen derunsichtbaren Welt (alem-i ghayb), verkündet er (seineBotschaft) Menschen und Dschinnen, wendet sich an dieVölker und Nationen, die noch im Schoße kommenderJahrhunderte verborgen sind und ruft ihnen mit lauterStimme zu. So verschafft er sich Gehör bei Menschenund Dschinnen aller Orte und aller Zeitepochen. Und sohören wir in der Tat ihn (und seinen Ruf).

Neunter Pfeiler: Des Weiteren spricht er mit so lauterund starker Stimme, dass alle Jahrhunderte ihn hören. Inder Tat vernimmt noch jedes Jahrhundert das Echo seinerStimme…

Zehnter Pfeiler: Des Weiteren wird aus der Haltungdieser Persönlichkeit ersichtlich, dass sie schaut unddann weiter übermittelt, was sie erschaut hat. Denn selbstin den gefährlichsten Zeiten spricht er mit großer Festig-keit, ohne jede Verzögerung oder Furcht. Manchmal ge-schieht es, dass er allein die ganze Welt herausfordert…

Elfter Pfeiler: Des Weiteren lädt er ein, ruft mit ganzerKraft, und so machtvoll ist sein einladender Ruf (da’wa),

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dass er mit seiner Stimme den halben Erdkreis und einFünftel der Menschheit dazu brachte, dass sie: »Herr, dabin ich!« sagten und:

»Wir haben gehört und gehorchen.«

sprachen.Zwölfter Pfeiler: Des Weiteren lädt er mit so großem

Ernst ein und bildet ein solches Fundament, dass er sei-ne Grundsätze jedem Jahrhundert auf die Stirne und des-sen Ecksteine prägt und im Antlitz einer jeden Epocheseine für immer bleibenden Spuren hinterlässt…

Dreizehnter Pfeiler: Des Weiteren lädt er ein undspricht dabei mit so vollkommener Zuversicht und im Ver-trauen auf die Vortrefflichkeit der Gesetze, die er zuvorverkündet hatte, dass auch die ganze Welt, käme sie ge-gen ihn zusammen, ihn nicht dazu bewegen könnte, auchnur ein einziges Gesetz zurückzunehmen oder es zu be-dauern. Das bezeugt die ganze Geschichte seines Le-bens und sein ganzer erhabener Lebenswandel.

Vierzehnter Pfeiler: Des Weiteren spricht er seine Ein-ladung und seine Verkündigung mit großer Überzeugung,Herzensruhe und Zuversicht und schuldet dabei nieman-dem (für dessen Unterstützung) irgendeinen Dank. Nie-mals gerät er wegen irgendwelcher Schwierigkeiten inBedrängnis. Ohne zu zögern, in vollkommener Aufrichtig-keit und Herzensreinheit nimmt er die Gesetze (ahkam),die er überbringt, zunächst selbst an und setzt sie dannvor allen anderen in die Tat um, noch bevor er sie ver-kündigt. Dafür sind seine – Freund und Feind gleicher-maßen bekannte – Frömmigkeit und Entsagung einZeugnis. Dies hat ihn berühmt gemacht. Nie hat er sichfür Schmuck und Eitelkeiten dieser vergänglichen Welterniedrigt.

Fünfzehnter Pfeiler: Stets der Erste im Gehorsamgegenüber dem Gesetz (Din), das er brachte, stets der

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Ein göttliches Gastgeschenk und ein Werkder göttlichen Güte

»Doch erzähle von den Gnadengaben deines Herrn!« (Sure 93, 11)

In dem Wunsch, dem Sinn dieser Ayah zu entsprechen,sagen wir: Ich möchte bei der Abfassung dieser Abhand-lung ein Geschenk der Güte Gottes des Gerechten undseiner Barmherzigkeit in Erinnerung rufen, damit die Le-ser dieser Abhandlung sie mit Aufmerksamkeit betrach-ten.

So hatte ich denn die Abfassung dieser Abhandlung garnicht in meinem Sinn (kalb) gehabt, denn über das Pro-phetentum Ahmeds (ASM) war ja bereits im Einunddrei-ßigsten und im Neunzehnten Wort geschrieben worden.Doch stieg plötzlich ein Gedanke in meinem Herzen(kalb) auf, der mich dazu zwang, diese Risala zu schrei-ben. Zudem war die Kraft meines Gedächtnisses durchdie Folgen all der unglücklichen Ereignisse weitgehenderloschen. Darüber hinaus war es auch nicht meine Art, inden von mir verfassten Werken Zitate (»er sagte«, »eswurde gesagt« usw.) anzugeben. Desgleichen hatte ichauch keine Bücher über die Hadithe oder das Leben desPropheten (Siyer) bei mir. Trotzdem habe ich schließlich:»Tevekkeltu ‘ala-llah (ich vertraue auf Gott)« gesagt undangefangen. Der Erfolg war dergestalt, dass mir mein Ge-dächtnis mehr zu Hilfe kam, als die Gedächtniskraft des»Eski Said (des alten Said)«. Alle zwei, drei Stunden wur-den schnell dreißig, vierzig Seiten niedergeschrieben. Ineiner einzigen Stunde wurden fünfzehn Seiten abgefasst.Es wurde meistens aus Büchern wie Buchari, Moslim, Be-yhaqi, Tirmidhi, Shifa esh-Sherif, Abu Na’im, Tabari zitiert.Sollte sich dabei jedoch in ein Zitat ein Fehler einge-schlichen haben, so hätte dies eine Sünde sein müssen,

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da es sich ja um ein Hadith handelt; und darum zittertemein Herz. Doch habe ich nun verstanden, dass die Gna-de Gottes dabei im Spiel und diese Abhandlung eine Not-wendigkeit war. Insha-a’llah (gebe es Gott,) dass alles aufrechte Weise niedergeschrieben wurde. Falls sich in eini-gen Worten in den Ahadith oder in manchen Namen derÜberlieferer (Ravi) Fehler finden, bitte ich meine Brüderdarum, mir diese nachsehen und richtig stellen zu wollen.

Said Nursi

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Wir haben in der Tat dieses Manuskript niedergeschrieben, sowie es unser Meister gesagt hatte. Er hatte keine Nachschlage-werke bei sich und hatte auch niemals das Bedürfnis, etwasnachschlagen zu wollen. Er bagann einfach ganz plötzlich zusprechen, und das sehr schnell. Gleichzeitig schrieben wir. Inzwei, drei Stunden schrieben wir dreißig, vierzig Seiten undmehr. Auch wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass dieserErfolg ein Wunder (keramet) aus den Wundern (mu’djise) desPropheten war.

Sein beständiger Diener : Abdullah TschavuschSein Diener und Schreiber : Süleyman SamiSein Schreiber und Mitbruder : Hafis ChalidSein Schreiber und Kopierer : Hafis Taufiq

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Anhang

Erster Teil

Diese Abhandlung »Neunzehtes Wort« (DasProphetentum Ahmeds) wurde hier in diesemZusammenhang eingefügt. Ein Anhang dazubehandelt »das Wunder der Spaltung desMondes«.

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.«

Dies ist der Vierzehnte Blitz, eine Abhandlung aus vier-zehn Teilen, Tropfen gleich.

Erster Tropfen: Es gibt drei große universale Quellen,die uns Kunde geben von unserem Herrn:

Eine ist das Buch des Universums, über dessen Zeug-nis wir in der dreizehnten Lektion des arabischen Ge-samtwerkes (Nur Risalesi) zum Teil gehört haben, wel-ches aus dreizehn »Blitzstrahlen« (Abschnitten) besteht.

Eine weitere ist der, mit dem der Friede und Segen sei,das Siegel der Propheten, das größte Zeichen in diesemGroßen Buch, eine weitere, der hochehrwürdige Qur’an.

Zuerst müssen wir den kennenlernen und vernehmen,welchen wir hier an zweiter Stelle als beredtes Zeugnisaufgeführt haben, ihn, mit dem der Friede und Segen sei,das Siegel der Propheten.

Betrachten wir zuerst seine geistige Erscheinung. Mitder Erde als seiner Moschee, Mekka als seinem Mihrab(Gebetsnische) und Medina als seinem Minber (Kanzel)ist unser Prophet, mit dem der Friede und Segen sei –wie ein strahlendes Zeugnis – der Imam aller Gläubigen,der Prediger vor allen Menschen, der Vorsteher aller Pro-

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pheten, der Herr aller Heiligen, der Dhikr-Leiter im Kreiseder Propheten und Heiligen, ein lichtvoller Baum, dessenlebensspendende Wurzeln die Propheten und dessenFrüchte die Heiligen sind. Alle Propheten mit ihren Wun-dern, alle Heiligen mit ihren Gnadengaben bestätigen undunterstreichen seine Botschaft. Denn er verkündet:

»Es gibt keinen Gott außer Allah!«

und daran hält er fest. Das gleiche Wort wiederholen alledie erleuchteten Teilnehmer der Dhikr-Feier zur Rechtenund zur Linken, nämlich die auf Seiten der Vergangenheitund der Zukunft in der Reihe stehen, vereinigen sich, sa-gen im Geiste: Du hast Wahrheit und Recht gesprochen.Was für eine hohle Behauptung ist es doch, ein solchesArgument zu bestreiten, das durch solche zahllosen Zeu-gen bestätigt ist!…

Zweiter Tropfen: Und gerade so wie dieses leuchten-de Zeugnis der Einheit Gottes (Tauhid) durch die Über-einstimmung der beiden Flügel (der vergangenen und derkünftigen Zeit) und ihre gemeinsame Kunde bestätigt ist,so bestätigen und versichern dies auch die Hunderte vonZeichen in den von Gott offenbarten Büchern wie Thoraund Evangelium, die Tausenden von Hinweisen der Irha-sat, Hinweise auf sein Prophetentum vor seiner Berufung,die berühmten Hatife, Dschinnen, die zu den Menschenreden, die übereinstimmende Kunde der Wahrsager, dieHinweise seiner Tausenden von Wundern – wie die Spal-tung des Mondes – die Gerechtigkeit der Scheriah (dasisl. Gesetz). Auf gleiche Weise wird die Wahrhaftigkeitseines Anspruches mit sonnenklarer Deutlichkeit bezeugtdurch seine Persönlichkeit, seine hohe Vollendung, sei-nen allseits gepriesenen Charakter, die außergewöhnli-che Schönheit seiner reichen Gesinnung in der Erfüllungseiner Aufgabe, seine absolute Zuverlässigkeit, die Stär-ke seines Glaubens, die große Zuversicht, die hohe Fes-

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tigkeit, die sich in seiner außergewöhnlichen Gottes-furcht, seiner außerordentlichen Ergebenheit, seinem be-sonderen Ernst und seiner großen Standhaftigkeit zei-gen.

Dritter Tropfen: Wenn du willst, dann komm: Wir ge-hen auf die arabische Halbinsel in die »Glückliche Zeit«(des Propheten)! Besuchen wir ihn in unserer Phantasieund beobachten wir ihn bei seiner Aufgabe! Siehe, da istein Mann, herausragend durch seine edle Gesinnung undseine vollkommene Gestalt, ein wunderweisendes Buchin seiner Hand, das Wissen um die Wahrheit auf seinerZunge und in seiner Rede, wie er eine Hutbe (Predigt)von Ewigkeit her an alle Adamssöhne, ja Dschinnen,Menschen und Engel, ja sogar an alles Sein gerichtethält. Er beschreibt das wundersame Rätsel um die Er-schaffung der Welt und löst es. Er entdeckt den undurch-dringlichen Zauber des kosmischen Geheimnisses undlichtet ihn. Auf die drei großen, schwierigen und beunru-higenden Fragen, die – von allem Sein gestellt – alle Ver-nunftbegabten mit Staunen beschäftigt haben: »Was bistdu? Woher kommst du? Wohin gehst du?«, auf diese Fra-gen gibt er einsichtige und zufriedenstellende Antworten.

Vierter Tropfen: Siehe, er strahlt ein solches Licht derWahrheit aus, dass du in Betrachtung des Weltalls außer-halb seines lichten Führungskreises der Wahrheit, dasWeltall als ein allgemeines Trauerhaus ansehen wirst, indem sich die einzelnen Wesen und Dinge einanderfremd, ja sogar feindlich sind; die toten Dinge sind Furchterregende Leichnahme; alles Lebendige weint als Wai-sen unter den Schlägen des Verfalls und der Trennung.Nun aber siehe: Durch das Licht, das von ihm ausstrahlt,wurde dieses allgemeine Haus der Trauer in ein Hausverwandelt, wo im Feuer der Begeisterung Dhikr gefeiertwird. Diese fremdartigen, einander feindlichen Wesenund Dinge haben die Gestalt von Freunden und Brüdernangenommen. Diese stummen und toten Objekte habenjede die Haltung von freundlichen Dienern und gefügigen

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Gehilfen angenommen. Und diese weinenden und kla-genden, verlassenen Waisenkinder bekamen jedes denAusdruck von Teilnehmern an einer Dhikr-Feier in ihremLobpreis oder von Danksagenden am Feierabend nachder Arbeit.

Fünfter Tropfen: So also wurden die Bewegungen, Va-riationen, Veränderungen, Umwandlungen im Weltalldurch dieses Licht aus ihrer Inhaltslosigkeit, Fruchtlosig-keit und ihrem Zustand als Spielball des Zufalls heraus-geführt und jede von ihnen auf die Stufe eines Briefes desHerrn, einer Seite voll Wunderzeichen des Seins, einesSpiegels der Gottesnamen heraufgeführt und mit ihnendie Welt in den Rang eines Buches einzigartiger Weisheiterhoben. Und so wie der Mensch durch seine grenzenlo-se Schwäche und Hilflosigkeit, Armseligkeit und Bedürf-tigkeit unter alle Tiere erniedrigt wurde und noch unglück-licher wurde als alle Tiere durch seinen Verstand, der ihmwie ein Übertragungsgerät zu Kummer, Sorge undSchmerz wurde, so wurde der Mensch – erleuchtet mitdiesem Licht – über alle Tiere, ja über die gesamteSchöpfung emporgehoben. Erleuchtet in seiner Hilflosig-keit und Armut und auch in seinem Verstand, wird er zueinem hochempfindlichen Sultan, in seinem Flehen, zueinem Kalifen über die Erde, der in seinem Aufschrei al-les erhellt, das heißt, gäbe es nicht dieses Licht, stiegeauch das Weltall, auch der Mensch, ja alles, was ist, hin-ab in das Nichts. Ja, sicherlich ist in einem so einzigarti-gen Kosmos auch eine solche Persönlichkeit notwendig.Anderenfalls gäbe es den Kosmos mit all seinen Weltennicht.

Sechster Tropfen: Dies also ist der Mann, welcher derHerold und Verkünder der Ewigen Seligkeit ist, der die un-endliche Barmherzigkeit (Gottes) aufdeckt und bekanntmacht, der Ausrufer der Schönheiten des Reiches Gottesund ihr Betrachter, der die Schätze der Gottesnamen of-fen legt und sie zeigt. Wenn du deine Aufmerksamkeitihm zuwendest, seinem Dienst, seiner Anbetung, wirst du

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ihn als ein Beispiel der Liebe, eine Verkörperung derBarmherzigkeit sehen. In ihm siehst du die Ehre derMenschheit, eine leuchtende Frucht am Baume derSchöpfung. Wendest du deine Aufmerksamkeit abermalsihm zu, seinem Prophetentum, kannst du ihn als einZeugnis für das Recht, eine Lampe für die Wahrheit, eineSonne für die Rechtleitung, ein Fahrzeug zur Glückselig-keit sehen. Dies also ist er, dessen Ruf sich aus dem Un-sichtbaren blitzschnell verbreitete und dessen Licht vomOsten nach Westen alles überstrahlte. Die halbe Welt –ein Fünftel der Menschheit – hat das Geschenk seinerRechtleitung angenommen und wie ihren Augapfel gehü-tet. Was ist das nur mit unserer Seele und unserem Dä-mon, dass sie

»Es gibt keinen Gott außer Allah!«

in all seinen Abstufungen nicht annehmen wollen, wasdoch der Wesenskern aller Lehre einer solchen Persön-lichkeit ist.

Siebenter Tropfen: Wie schnell hat er doch den ver-schiedenen Stämmen dieser weiten Halbinsel – so wild,starrköpfig und ihren Sitten verhaftet wie sie waren! – ih-re rohen und grausamen Sitten und Gebräuche ohne alleUmschweife genommen und sie mit der Wurzel ausgerot-tet. Stattdessen hat er sie mit allen guten Sitten ausge-stattet und sie in aller Welt zu Lehrern und zu Meisternüber zivilisierte Nationen gemacht. Und siehe! Es wardies keine bloße Unterwerfung nach außen hin, er hatsich vielmehr Verstand, Geist, Herz und Gemüt erobertund erschlossen. So wurde er Geliebter der Herzen, Leh-rer der Intelligenzen, Erzieher der Gemüter, Souverän derGeister.

Achter Tropfen: Wenn man aber weiß, wie ein großerHerrscher mit großer Anstrengung kaum eine unbedeu-tende Gewohnheit – wie das Rauchen – selbst in einem

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kleinen Stamm für die Dauer aufzuheben vermag, dannbetrachte man, wie diese Persönlichkeit viele und starkeGewohnheiten selbst bei diesen starrköpfigen, ihren Sit-ten verhafteten großen Stämmen, mit äußerlich nur ge-ringer Macht, mit nur geringer Anstrengung in kurzer Zeitüberwandt. An ihre Stelle pflanzte und befestigte er in ih-nen höchste moralische Werte, welche ihnen bei weitemin Fleisch und Blut übergegangen und verwachsen sind.Und noch sehr viel dergleichen Wunderbares bringt er zurDurchführung. Wer aber nun diese »Glückliche Zeit« (desPropheten) nicht sehen will, dem sei die Halbinsel Ara-bien vor Augen geführt! Möge er Hunderte von Philoso-phen mit sich nehmen, dorthin gehen, hundert Jahre ar-beiten. Könnte er auch nur ein Hundertstel dessen voll-bringen, was diese Persönlichkeit unter den Umständenseiner Zeit in einem einzigen Jahr geschaffen hat?

Neunter Tropfen: Wenn man zudem weiß, dass selbstein kleiner Mann von wenig Ehrgefühl nicht während ei-nes Streitgesprächs inmitten einer kleinen Gemeinschaftund auch nicht in einer unbedeutenden Angelegenheit ei-ne Behauptung aufstellen und unverhüllt-unbekümmerteine kleine Lüge aussprechen kann, deren man sichschämen muss, ohne seinen Feinden neben sich seineSorge und Beunruhigung zu zeigen und sie so die Täu-schung verspüren zu lassen, dann betrachte man diesePersönlichkeit, betraut mit einer großen Aufgabe, ein gro-ßer Beauftragter mit einem großen Ehrgefühl, in einer La-ge, wo er der Sicherheit so notwendig bedarf, inmitten ei-ner sehr großen Gemeinschaft, angesichts einer sehrgroßen Feindschaft vor sehr bedeutenden Aufgaben, ei-ner großen Mission spricht er mit sehr großem Freimut,ohne Angst, ohne Zweifel, Verlegenheit oder Unruhe zuzeigen, mit aufrichtiger Lauterkeit, mit einem großenErnst, mit majestätischer Strenge, mit Worten, die seineFeinde in Wut versetzen. Vermag man darin wohl einenWiderspruch zu entdecken? Kann mit ihnen wohl eine Lü-ge vermengt sein? Keineswegs!

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»Es ist dies nichts Anderes als das, was als Offenbarung eingegebenwurde.« (Sure 53, 4)

Ja, die Wahrheit betrügt nicht und der die Wahrheitschaut, wird nicht betrogen. Und Wahrheit als Berufungist frei von Betrug. Wie könnte vor seinen die Wahrheitschauenden Augen eine Illusion als Realität (= Wahrheit)erschienen sein, ihn betrogen haben…

Zehnter Tropfen: Wie spannend und mitreißend ist esdoch, wenn er die Realitäten schildert; welch dringendemBedürfnis entspricht doch die Wahrheit, die er bringt undwelch großartige Dinge sind es, die er aufzeigt und für dieer den Beweis erbringt. Man weiß ja, dass das stärksteAntriebsmotiv des Menschen die Neugierde ist. Sagteihm jemand, er solle sein halbes Leben, sein halbes Ver-mögen hingeben; es werde jemand vom Mond oder vomJupiter kommen; er werde berichten, wie es auf demMond oder auf dem Jupiter aussieht und was dort ge-schieht; er werde dir ganz genaue Kenntnisse darübervermitteln, wie deine Zukunft aussehen wird und dir voll-kommen richtig darüber Mitteilung machen, was mit dirgeschehen wird: Wenn er neugierig ist, wird er es ihm ge-ben.

In der Tat, dieser Mann bringt uns Kunde von einem Kö-nig, in dessen Reich der Mond einer Fliege gleich um ei-nen Falter kreist. Dieser Falter, der unsere Erde ist, um-rundet eine Lampe und diese Lampe, die unsere Sonnedarstellt, ist eine Lampe unter Tausenden von Leuchternin einer Herberge unter Tausenden von Häusern diesesKönigs. Und es ist dies eine so wundervolle Welt, von derer uns wahrheitsgetreu berichtet und eine solche Revolu-tion, von der er berichtet, dass – wären auch tausendeErdbälle explodierende Bomben – dies nicht bewun-dernswert wäre. Und nun merke auf die Suren in seinemMunde wie:

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»Wenn die Sonne zusammengefaltet wird…« (Sure 81, 1) »Wenn sichder Himmel spaltet…« (Sure 82, 2) »Das Poltern…« (Sure 101, 1 = eineSure von Weltuntergang und -gericht.)

Und er berichtet wahrheitsgemäß von einer derartigenZukunft, dass unsere eigene Zukunft hier auf Erden da-neben nur wie eine schwache Luftspieglung erscheint. Erberichtet in völligem Ernst von einer solchen Glückselig-keit, dass daneben alles Glück der Welt einem flüchtigenAufblitzen neben der Urewigkeit der Sonne gleicht.

Elfter Tropfen: Unter dem äußeren Schleier diesesKosmos voller Wunder und Rätsel erwarten uns ohneZweifel mit Sicherheit ebensolche Wunder. Um uns vonsolchen Wundern Kunde zu bringen, ist auch eine solchegeniale, außergewöhnliche, wunderwirkende Persönlich-keit notwendig. Aus dem Verhalten dieses Mannes er-schauen wir, was er geschaut hat und noch schaut undüber das Geschaute aussagt. Was der Herr dieser Him-mel und der Erde, der uns mit Seinen Gnadengabennährt, von uns verlangt und was Ihm wohlgefällig ist, da-rüber unterrichtet er uns äußerst zuverlässig. Was aberist mit den meisten Menschen geschehen, dass sie stattum dieser Persönlichkeit willen, welche über dergleichenäußerst interessante und notwendige Wahrheiten unter-richtet, alles verlassen, zu ihm hinlaufen, ihm lauschensollten, nun taub und blind, oder gar wahnsinnig gewor-den sind, sodass sie von dieser Wahrheit nichts sehen,über diese Tatsache nichts hören und nicht davon verste-hen!…

Zwölfter Tropfen: Siehe da ist eine Persönlichkeit, einberedtes Zeugnis für die Einheit des Schöpfers allenSeins, nach dem Grade seiner eigenen Wahrhaftigkeit einzuverlässiges Zeugnis und ein sicherer Beweis für dieAuferstehung und die Ewige Seligkeit. Zudem ist diesePersönlichkeit – so wie sie selbst rechtgeleitet war –

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Grund zur Stiftung Ewiger Seligkeit und ihr Fahrzeugdorthin. In gleicher Weise ist er durch sein Gebet und sei-ne Fürbitte die Verkörperung der Ursache der Glückselig-keit und die Veranlassung zu ihrer Schaffung. Wir wieder-holen in diesem Zusammenhang das folgende Geheim-nis, das wir schon im Zusammenhang mit der Auferste-hung behandelt hatten.

Siehe: Er betet in einer so gewaltigen Gemeinschaft,dass es so aussieht, als ob alle erleuchteten vollkomme-nen Menschen unter den Söhnen Adams von Adams Zei-ten bis in unsere Zeit und weiter bis zum Jüngsten Tag mitihm verbunden seien und ihm im Gebete folgend »Amen«sagten.

Und siehe weiter: Er betet so um das Wohl der Allge-meinheit, dass nicht nur die Bewohner der Erde, sondernauch die Bewohner des Himmels, ja sogar alles Sein sichseinem Gebet anschließt und spricht: »Ja, oh Herr! Ver-leihe es ihm, so wie auch wir es wünschen!« In seinemGebet findet eine solche Anmut, eine solche Trauer, einesolche Liebe, eine solche Sehnsucht, ein solches Verlan-gen ihren Ausdruck, dass er die ganze Welt dazu bringt,mit ihm zu weinen und zu beten.

Siehe, er betet für ein solches Ziel, ein solches Ideal,dass er den Menschen und die Welt, ja sogar alles Ge-schaffene, aus niedrigsten Niederungen, der Gefallen-heit, Wertlosigkeit, Nutzlosigkeit zu höchsten Höhen, d.h.zu Wert, Beständigkeit und erhabenem Dienst empor-führt.

Siehe, er trägt seine Bitte mit solcher Inbrunst vor, fleht,stellt seine Hilfsbedürftigkeit dar, bringt seine Fürbitte sowohlgefällig und mit so viel Ehrerbietung dar, dass er al-les Geschaffene, die Himmel und den Thron (Gottes) da-zu bewegt, ihn anzuhören, erschüttert zu werden, »Amin,Allahumma, amin« zu beten.

Siehe, er betet zu dem Allhörenden, Freigiebigen, All-mächtigen, Allsehenden, Barmherzigen, Allwissenden

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(Semi’, Kerim, Qadir, Basir, Rahim, Alim) in seiner Be-dürftigkeit, dass Er – wie wir selbst sehen können – auchdas verborgenste Lebewesen in seinem Bittgebet hört,sieht, es annimmt, sich seiner erbarmt. Er gibt ihm, wor-um er bittet, und sei es auch unausgesprochen. Er gibtihm in der Weise, dass kein Zweifel an Seiner weise, all-sehenden und barmherzigen Art bleibt. Diese Umsichtund Fürsorge ist einzig dem Allhörenden und Allsehendenin Seiner Freigiebigkeit und Barmherzigkeit zu Eigen.

Dreizehnter Tropfen: Worum aber betet nun der, derauf der Erde steht, die Hände im Gebet zum Throne desGewaltigen (Gottes) erhoben, alle auserwählten SöhneAdams hinter sich, er, die Ehre des Menschengeschlech-tes und der beispiellos Einzige in Welt und Zeit und inWahrheit der Stolz des Universums (Fahr-i Kainat)?…Merke auf und höre: Er betet um die Ewige Glückselig-keit, er betet um Beständigkeit, er betet um das Paradies,er verlangt, das Antlitz seines Herrn zu sehen. Gleichzei-tig bittet er um alle die Heiligen Gottesnamen, derenWiderpart und Schönheit im Spiegel alles Geschaffenenerscheint. Gäbe es nicht diese Barmherzigkeit, Gnaden-hilfe, Weisheit, Gerechtigkeit und dergleichen zahlloseBerechtigungen das Erwünschte zu erhalten, alleine dasGebet dieser Persönlichkeit hätte die Berechtigung, dasParadies zu erbauen, geschaffen, was mit gleicher Leich-tigkeit in Seiner Macht steht, wie den Frühling hervorzu-bringen. Ja, so wie sein Prophetentum die Berechtigungdazu gab, dieses Haus der Prüfung zu eröffnen, so gibtauch sein anbetender Dienst die Berechtigung dazu, dasandere Haus zu eröffnen. Ja, wäre es denn überhauptdenkbar, dass diese unübertroffene Ordnung, welcheman beobachten kann, und die Männer von Geist undWissenschaft sagen lässt:

»Es ist nicht im Bereich des Möglichen, dass es etwas Besseres gäbe,als das, was ist.«

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ja wäre es möglich, dass diese segensreich, fehlerlosschöne Kunst und die beispiellos vollkommene Herr-schaft (Gottes) irgendeine Hässlichkeit, irgendeine Erbar-mungslosigkeit, irgendeine Ordnungslosigkeit, duldenkönnte. Es heißt dies, dem kleinsten, unbedeutendstenWunsch und Geräusch Bedeutung, Gehör und Erfüllungzu schenken. Es hieße dies, der größten, schreiendenNot keine Bedeutung beizumessen, sie nicht zu hören,nicht zu verstehen, nichts zu unternehmen. Um Gotteswillen nein! Gott verhüte es hunderttausend Mal! Eine sol-che Vollkommenheit duldet keine solche Hässlichkeit,und kann nicht selbst hässlich werden.

Bei Ihm! Du mein imaginärer Freund! Es ist jetzt genug.Wir müssen zurückkehren, denn verweilten wir in dieserZeit auch hundert Jahre auf dieser Halbinsel, wir könntenvon den wunderbaren Taten und bemerkenswertenDiensten dieses Mannes auch nicht ein Hundertstel völligbegreifen, uns nicht daran satt sehen.

Komm jetzt! Wir wollen auf unserer Rückreise von obenjedes Jahrhundert einzeln betrachten. Siehe, wie sich injedem Jahrhundert die Blumen unter dem Gnadensegender Sonne und der Rechtleitung geöffnet haben. Sie ha-ben Millionen von Früchten wie Abu Hanifa, Schafii, Bay-asid al-Bistami, Scheich Geylani, Scheich Naqschibandi,Imam Ghasali, Imam Rabbani usw. hervorgebracht.

Wir müssen die Betrachtung der Einzelheiten auf einandermal verschieben. Jetzt wollen wir ein Gebet darbrin-gen für den, der Wunder wirkt und rechtleitet, und dabeieinen Teil seiner absolut sicheren Wunder erwähnen.

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»Dem, welchem herabgesandt wurde die Weise Unterscheidung (derQur’an) von dem Barmherzigen, dem Erbarmer, von dem Throne desAllgewaltigen: Unserem Herrn Mohammed tausend mal tausend Segenund tausend mal tausend Frieden so viel wie die schönen Taten seinerGemeinschaft für ihn, dessen (prophetische) Botschaft vorherverkündigtwurde in der Thora, den Psalmen und den Evangelien und dessen Pro-phetentum vorherverkündigt wurde durch Irhasat (Hinweise vor seinerBerufung) und die Hatife (Stimmen) der Dschinnen und den Gottes-freunden (den Heiligen) und den Wahrsagern der Menschen, dem, aufdessen Wink der Mond gespalten wurde. Unserem Herrn Mohammedtausend mal tausend Frieden und Segen so viel wie Odem in seinerGemeinschaft, dem, dessen Ruf die Bäume folgten, auf dessen Gebetplötzlich der Regen einsetzte, dem die Wolken vor der Hitze Schattenspendeten, dem, der mit einer Handvoll Speise tausend Mann sättigte,aus dessen Fingern dreimal Wasser sprudelte wie der Strom von Kau-

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thar (die Quelle des Überflusses im Paradies), dem, um dessentwillenAllah sprechen ließ die Eidechse, die Gazelle, den Baumstumpf, denWasserschlauch, das Kamel, den Berg, den Stein, den Mist, ihm der mitder Himmelfahrt begnadet wurde (es war die Reise eines Augenblicks!),unserem Herrn und Fürsprecher Mohammed tausend mal tausend Frie-den und Segen so viel wie Buchstaben, die Worte bilden, die sich mitErlaubnis des Barmherzigen (Gottes) in der Luft spiegeln, jedes Malwenn jemand ein Wort aus dem Qur’an rezitiert, von Anbeginn derOffenbarung bis zum Ende der Zeit. Verzeihe uns und erbarme Dichunser – Oh Gott – in all unseren Gebeten. Amen.«*

Vierzehnter Tropfen: Der Weise Qur’an, ein Schatzhausan Wundern und selber das große Wunder, beweist in ei-nem solchen Grade der Sicherheit das Prophetentum Ah-meds** und die Einheit Gottes, dass er die Notwendigkeiteines anderen Beweises nicht offen lässt. Auch wir wollenseine Lehrmethode und aus ein, zwei Funken diesesWunders, das er ist, die Ansatzpunkte einer Kritik aufzei-gen.

Das also ist nun der Weise Qur’an, der uns Kunde gibtvon unserem Herrn, »eine urewige Übersetzung aus dem

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* In einer türkischen Abhandlung mit dem Titel: »Strahlen desWissens über den Propheten« – kurz zusammengefasst im»Neunzehnten Brief« und in diesem »Neunzehnten Wort« –habe ich die Beweise für das Prophetentum Mohammeds, mitdem der Friede und Segen sei, erklärt. Darin wurden auch dieAspekte des Wunders, das der Weise Qur’an ist, kurz erwähnt.In einer anderen türkischen Abhandlung »Blitzstrahlen«(Lemaat) genannt und im »Fünfundzwanzigsten Wort« habe ichin vierzig Aspekten kurz erklärt, dass der Qur’an ein Wunder ist,und dieses Wunder, das der Qur’an ist, in vierzig Aspektenerläutert. Eines dieser vierzig Aspekte liegt schon alleine in sei-ner Prägnanz und dichterischen Schönheit, worüber ich einenvierzig Seiten langen arabischen Kommentar mit dem Titel»Kennzeichen des Wunders« (Isharatu-l i’djas) verfasst habe.Wer ein Interesse daran hat, kann in diesen drei Büchern nach-schlagen.** Einer von den allgemein bekannten vier Namen des Prophe-ten, nämlich: Ahmed, Mahmud, Mohammed, Mustafa (ASM).(A.d.Ü.)

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großen Buch des Kosmos… Er enthüllt uns die Schätzeder Gottesnamen, verborgen in den Seiten des Himmelsund der Erde… ein Schlüssel zur Wahrheit, versteckt zwi-schen den Zeilen der Ereignisse… in ihm spricht derBarmherzige von jener unsichtbaren Seite der Welt aus,die hinter dem Schleier der bezeugten (d.h. sichtbaren)Welt liegt – aufgespeichert in ihm eine urewige Predigt –Sonne, Fundament, und Bauplan der geistigen Welt desIslam und Landkarte der jenseitigen Welten… ein klären-des Wort und ein eindeutiger Kommentar zum WesenGottes, Seinen Eigenschaften und Taten, Sein beredtesZeugnis und Sein einfühlsamer Übersetzer… in dieserWelt der Menschen der Herr und Lehrer, die Weisheit inder Wahrheit, ein geistiger Lehrer und Seelenführer… so-wohl ein Buch der Weisheit und des Gesetzes, als auchein Buch für Gebet und Gottesdienst, ein Buch der Ge-bote und Ermahnungen, ein Buch Heiligen Gedenkens,der Erkenntnis, eine heilige Bibliothek, die für jede einzel-ne Geistesart einen geeigneten Titel bereithält, für dieHeiligen und Gerechten, für die Sucher, Bekenner undLehrer der Wahrheit, kurzum für Menschen jeglicher Be-rufung und Geistesart.«

Betrachten wir einen Funken jenes Wunders, das derQur’an ist, und das sich in eben den Wiederholungenzeigt, welche man als eine Fehlerquelle entdeckt zu ha-ben glaubt: Weil der Qur’an sowohl ein Buch Heiligen Ge-denkens ist, als auch ein Gebetbuch und ein Buch zur Er-mahnung, sind Wiederholungen geradezu schön, ja inhöchstem Grade notwendig und einprägsam, im Gegen-satz zu dem, was »die mit den Fehlern« annehmen…denn in der Tat führt Dhikr durch Wiederholung zur Er-leuchtung, das Gebet wird in der Tat durch Wiederholungintensiviert, Gebote und Ermahnungen werden in der Tatdurch Wiederholung bekräftigt… Es ist auch nicht jeder-mann jederzeit möglich, den ganzen Qur’an zu lesen,doch kann er meistens eine Sure lesen. Deswegen sinddie wichtigsten Aussagen des Qur’an in den meisten lan-

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gen Suren enthalten. Jede einzelne Sure gleicht einemkleinen Qur’an. Das heißt, manche Aussagen wie Einheit,Auferstehung oder die Geschichte Mosis, werden wieder-holt, damit niemand ein »Außenstehender« werde… Zu-dem sind die seelischen Nöte, genauso auch die leib-lichen Bedürfnisse verschieden. Manches braucht derMensch mit jedem Atemzug, wie der Körper die Luft, sobraucht der Geist »Hu« (Er), manches jede Stunde, wie»Bismillah« (Im Namen Gottes) u. dgl…

Das heißt also: Die Wiederholung der Ayat entstandaus der Wiederholung des Bedürfnisses. Wenn derQur’an auf ein solches Bedürfnis hinweisen will, erwecktund erregt er es, und wiederholt dies darüber hinaus, umdie Sehnsucht und den Hunger danach hervorzurufen.Desgleichen legt der Qur’an die Elemente einer klar-ver-ständlichen Religion fest und begründet die Fundamenteder Welt des Islam. Er verändert das menschliche Ge-meinschaftsleben und gibt so die Antwort auf die wieder-holten Fragen aus ihren verschiedenen Schichten. EinFundament zu festigen, tut Wiederholung Not. Zur Befes-tigung ist Repetition notwendig. Zur Verankerung ist Re-kapitulation notwendig. Zum Studium tut WiederholungNot. Der Qur’an behandelt die großen Fragen einerseits,andererseits subtile Wahrheiten, sodass es notwendig ist,viel und oft in verschiedener Form zu wiederholen, um siein die Herzen der Gemeinde einzusenken. Dies erscheintoberflächlich betrachtet als Wiederholung, doch dem Sin-ne nach hat jede Ayah viele Bedeutungen, viele Nutzan-wendungen, viele Aspekte und Ebenen. Sie wird in jederTextstelle mit einer anderen Bedeutung, Nutzanwendungoder Aussage erwähnt. Was aber die kurze Zusammen-fassung mancher, weniger bedeutender Gegenständedes Seins betrifft, so ist sie ein Funke aus dem Wunderdes Qur’an in der Rechtleitung. Das aber ist kein Ansatz-punkt für eine Kritik, wie die Ketzer meinen, und auchkein Grund, darin einen Fehler zu erblicken.

Wenn du fragst: »Warum denn nur spricht der Weise

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Qur’an nicht über das Sein, so wie die Philosophie dastut? Er behandelt manche Gegenstände nur kurz. Anderebehandelt er, wie um der allgemeinen Anschauung ent-gegenzukommen, die Gefühle der Öffentlichkeit nicht zuverletzen und die Gedanken des einfachen Mannes nichtlänger zu belasten und zu beschweren?«

Als Antwort sagen wir: Die Philosophie hat sich aufdem Pfade der Wahrheit verirrt, darum… Sicherlich hastdu durch die vorigen Lektion und »Worte« verstanden,dass der Weise Qur’an über den Kosmos spricht, damitdu Wesen, Eigenschaften und Namen Gottes kennen-lernst. Das will sagen: Er betrachtet das Sein nicht umdes Seins willen, sondern seines Meisters wegen… indiesem Sinne spricht er zur Allgemeinheit. Was aber dasWissen über die Weisheit (= die Philosophie) betrifft, be-trachtet sie das Sein um des Seins willen… in diesemSinne spricht sie insbesondere zu den Philosophen. Weilaber nun der Weise Qur’an das Sein als einen Beweisgebraucht, als ein Zeugnis gebraucht, ist es notwendig,dass der Beweis einsichtig ist, damit er in den Augen derAllgemeinheit rasch verstanden werden kann. Da derQur’an zudem auch ein Lehrer ist, der sich an alle Schich-ten der Bevölkerung wendet, unter denen die zahlenmä-ßig größte Schicht aber die Schicht der einfachen Leuteist, erfordert seine Führung sicherlich, weniger bedeuten-de Dinge kurz zusammenzufassen und die schwerer ver-ständlichen Dinge mit Gleichnissen näher zu bringen. Umaber nicht in Spiegelfechterei zu verfallen, sollte man Din-ge, die offensichtlich klar vor Augen stehen, nicht in einerunnötigen, ja vielleicht sogar schädlichen Weise uminter-pretieren. Er sagt z.B. über die Sonne: »Sie ist eine krei-sende Leuchte, eine Lampe.« Denn er spricht von derSonne nicht um der Sonne willen, ihrer Gegenständlich-keit willen, sondern er spricht von ihr, weil sie eine Art vonZahnrad in einem Regulator und der Mittelpunkt einesSystems ist, weil System und Regelmaß ein Spiegel zurErkenntnis des Meisters sind. Ja er sagt:

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»Die Sonne läuft…« (Sure 36, 38)

das heißt, die Sonne dreht sich. Mit diesem Ausdruck»dreht sich« macht er die Größe des Meisters verständ-lich, der in dem Wechsel von Sommer und Winter, Tagund Nacht an Seine ordnungsgemäße Verfügungsgewaltgemahnt.

Was nun auch immer die Wahrheit dieser Bewegungsein mag, es ändert dies nichts an der Ordnung, von derhier die Rede ist und deren verknüpftes Muster man be-obachten kann.

Weiter sagt er:

»Und Wir haben die Sonne zu einer Lampe gemacht.« (Sure 71, 16)

Mit dem Ausdruck »Siradj« (Lampe) erinnert er daran,dass die Welt wie ein Schloss ist, in dem aller Schmuck,die Nahrung und alle Dinge des täglichen Bedarfs für dieMenschen und alles Leben bereitgestellt ist; dazu dientdie Sonne als eine Leuchte. So macht er die Barmherzig-keit und Gnadengabe des Schöpfers verständlich.

Und nun sieh einmal: Was sagt diese benebelte und ge-schwätzige Philosophie? Schau, sie sagt: »Die Sonne isteine gewaltige Masse aus flüssigem Feuer. Sie bewirkt,dass die Planeten, die aus ihr herausgeschleudert wur-den, um sie kreisen. Ihre Größe ist so und so und ihre Ei-genschaften sind diese und jene…« Außer entsetzlichemSchrecken und fürchterlicher Verwunderung, gibt diesdem Geiste nichts. Dieses Wissen dient nicht zur Voll-kommenheit, es behandelt das Thema nicht, wie derQur’an dies tut. Wenn du einen Vergleich ziehst, wirst dubegreifen, welchen Wert die wissenschaftliche Fragestel-lung hat. Sie ist nach innen hohl und taub, nach außengroßartig. Lass dich von diesem äußerlichen Glanz nicht

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verwirren und werde nicht respektlos gegenüber der wun-dergleichen Darlegung des Qur’an.

»Oh Gott, manche den Qur’an ein Heilmittel für uns gegen alle Krank-heiten, einen Vertrauten in unserem Leben und nach unserem Tode,einen Freund in dieser Welt und einen Vertrauten im Grabe, einen Für-sprecher am Tage der Auferstehung und ein Licht auf der Brücke vonSsirat, einen Schutz und Schirm gegen das Feuer, einen Begleiter imParadiese, einen Zeugen für alle guten Werke und einen Imam durchDeine Gnadenfülle, Deine Großmut, Deine Freigiebigkeit, Dein Erbar-men, oh Freigiebigster aller Freigiebigen, oh Barmherzigster aller Barm-herzigen, Amen! Oh Gott, gib Frieden und Segen ihm, dem Du dieWeise Unterscheidung (den Qur’an) herabgesandt hast; ihm und seinerFamilie und seinen Gefolgsleuten insgesamt! Amen!«

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Anmerkung: In der arabischen Ausgabe von Risale-i Nur glie-dert sich der vierzehnte Tropfen in sechs Punkte. Der viertePunkt gliedert sich in sechs Anmerkungen. Er erklärt fünfzehnvon insgesamt vierzig verschiedenen Beweisen dafür, dass derQur’an ein Wunder ist. Wir begnügen uns hier mit einer kurzenFassung. Wer es wünscht, kann dort nachschlagen: er wirdeinen Schatz an Wundern finden…

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Zweiter Teil

Das Wunder der Spaltung des Mondes

(Anhang zum Neunzehnten und Einunddrei-ßigsten Wort)

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen. Genaht hat sichdie Stunde und gespalten der Mond. Doch wenn sie ein Zeichen sehen,wenden sie sich ab und sagen: fortgesetzte Magie.« (Sure 54, 1)

Die Philosophen, die ein Wunder Ahmeds, mit dem Frie-de und Segen sei, wie die Spaltung des Mondes, dasdoch so strahlend ist wie der Mond, mit ihren schlimmenZwangsvorstellungen gerne in eine Mondfinsternis ver-wandeln möchten, und ihre verständnislosen Nachahmersagen: »Hätte sich die Spaltung des Mondes wirklich er-eignet, wäre sie in der ganzen Welt bekannt gewordenund die Geschichte der ganzen Menschheit müsste darü-ber berichten!«

Antwort: Die Spaltung des Mondes wurde vor Men-schen, die sich versammelt, seinen Anspruch ein Prophetzu sein vernommen hatten und ihn leugneten, plötzlich –inmitten in der Nacht, während der Zeit des Schlafens –vorgeführt, um zu beweisen, dass dieser Anspruch zuRecht bestand. Es gibt Gründe, die verhindern, ein sol-ches Ereignis zu sehen, wie unterschiedliche Aufgangs-zeiten, Nebel oder Wolken. Zudem wurden die Wissen-

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schaften damals nicht so allgemein, sondern mehr privatbetrieben, sodass Himmelsbeobachtungen selten statt-fanden. Es ist deshalb sicherlich nicht notwendig, dassdieses Ereignis von allen Völkern überall in der Welt be-obachtet und berichtet wurde. Vernimm nun »Fünf Punk-te« unter vielen Punkten, die die Wolken solcher Zwangs-vorstellungen angesichts der Spaltung des Mondes zer-streuen sollen.

Erster Punkt: Obwohl es zu damaliger Zeit eine allge-mein bekannte geschichtliche Tatsache war, dass die Un-einsichtigen in jener Gegend in einem solchen Ausmaßestarrköpfig waren, öffneten sie ihren Mund nicht, als derWeise Qur’an mit dem Ausdruck:

»als der Mond gespalten wurde.« (Sure 54, 1)

diesen Vorfall aller Welt verkündete. Niemand unter denUneinsichtigen, die den Qur’an verleugneten, wider-sprach diesem Vers, das heißt, niemand bestritt diesenVorfall, über den diese Nachricht kam. Wenn in jener Zeitdieser Vorfall für die Uneinsichtigen nicht tatsächlich einunbestreitbarer Vorfall gewesen wäre, würden sie diesesWort zum Anlass genommen haben mit aller Macht da-gegen zu protestieren und einen Angriff gegen den Pro-pheten vorzutragen, um seinen Anspruch für nichtig zuerklären. Jedoch haben weder Siyer noch Tarih (die all-gemeine Geschichte und die Geschichte des Prophetenim besonderen) von Seiten der Uneinsichtigen hinsicht-lich einer Nichtigkeitserklärung bezüglich dieses Vorfallesirgendetwas vorgetragen. Was die Geschichte berichtet,ist lediglich das, was auch der Qur’anvers erklärt:

»Und sie sagten, es ist fortgesetzte Magie.« (Sure 54, 2)

nämlich: Die Uneinsichtigen nannten es »Magie« und

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sagten »Er hat einen magischen Zauber für uns ange-wendet. Wenn Handels- und Reisekarawanen auch an-deren Orts dieses Ereignis gesehen haben, ist es eineTatsache. Anderenfalls ist es Magie.«, sagten sie. Am an-deren Morgen aber kamen Karawanen aus dem Jemenund anderen Gegenden und berichteten: »Wir haben ei-nen solchen Vorfall bemerkt.« Nun sagten die Uneinsich-tigen über den Stolz des Universums (Fahr-i Alem), mitdem Friede und Segen sei – man möge mir verzeihen! –: »Nun hat Abu Talibs Waisenjunge seine Magie sogar aufden Himmel ausgedehnt.«

Zweiter Punkt: Die meisten großen Lehrer der Wahr-heit wie Sa’d Taftazani haben gesagt: »Die Spaltung desMondes ist allgemeine übereinstimmende Überlieferung(tevatur) wie die Versorgung einer ganzen Armee mitWasser, Wasser, das seinen Fingern entströmte; der ver-trocknete Baumstumpf, der bei der Trennung von Ahmed,mit dem Friede und Segen sei, weinte, weil dieser sich bisdahin an ihn gelehnt hatte, wenn er in der Moschee Frei-tagspredigt (hutbe) hielt; ein Klagen, das die ganze Ge-meinde vernahm. Dieses Geschehnis wurde so durch ei-ne große Gemeinde von Generation zu Generationweitergegeben, weshalb es absolut undenkbar wäre,dass ihre Übereinstimmung auf einer Lüge beruhen soll-te. Es ist allgemeine übereinstimmende Überlieferung,wie die berühmte Erscheinung eines Kometen vor tau-send Jahren, etwa dem Halleyschen Kometen vergleich-bar. So wie das Vorhandensein der Insel Ceylon (Sri Lan-ka), die wir nicht gesehen haben, für uns in der Realitätgegeben ist, so ist auch die Spaltung des Mondes für unsin der Realität gegeben.« In einer so sicheren und gut be-zeugten Angelegenheit noch Verdächtigungen und Zwei-fel hervorzubringen, ist Unverstand. Es genügt bereits,wenn sie nicht unmöglich ist. Denn die Spaltung des Mon-des ist ebenso gut möglich, wie die Spaltung eines Ber-ges durch einen Vulkanausbruch.

Dritter Punkt: Wunder ereignen sich, um den Anspruch

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auf das Prophetentum zu beweisen und die Ungläubigenzu überzeugen, aber nicht, um sie zu zwingen. Dement-sprechend ist es notwendig, ein Wunder in dem Maße zuzeigen, das klar genug ist, denjenigen, die vom Anspruchauf das Prophetentum gehört haben, dies auch zu bewei-sen. Es auch in anderen Gegenden zu zeigen, oder es sooffensichtlich darzustellen, dass es zwingend wäre, wäreder Weisheit des Erhabenen Allweisen entgegengesetztund im Gegensatz zum Sinn der Prüfung. Denn der Sinnder Prüfung macht es notwendig: »Dem Verstand eineTüre zu öffnen, ohne den Willen aus der Hand zu neh-men.« Hätte der Allweise Schöpfer die Spaltung des Mon-des nach dem Geschmack der Philosophen ein, zweiStunden bestehen lassen, um sie aller Welt vorzuführen,dann wäre sie in die Geschichte der Menschheit einge-gangen, einem astronomischen Ereignis gleich gewesenund kein Beweis für den Anspruch des Prophetentums,keine Besonderheit der Botschaft Ahmeds, mit dem Frie-de und Segen sei. Oder es wäre dies in einem solchenGrade offensichtlich ein Wunder gewesen, dass es denVerstand bezwungen hätte; es hätte dem Verstand dieWahl aus der Hand genommen, wäre – wolle es odernicht – eine Bestätigung für das Prophetentum gewesen.Männer von einem Geist wie Kohle – gleich Ebu Djehil –oder Diamant – gleich Abu Baqri as-Siddiq – wären ein-ander gleich geblieben und der Sinn der Prüfung wäreverloren gegangen. Dies also ist der Grund dafür, dassdie Plötzlichkeit des Vorfalls, die Nacht, die Zeit, in derviele schliefen, die Unterschiede in den Aufgangszeiten,Nebel, Wolken und dergleichen Hindernisse zu einemVorhang wurden und der Vorfall nicht aller Welt gezeigtwerden und somit nicht in die Weltgeschichte eingehenkonnte…

Vierter Punkt: Dieser Vorfall ereignete sich plötzlich inder Nacht, während viele schliefen, sodass er sicherlichnicht von allen gesehen werden konnte, und hätten es ei-nige Leute gesehen, so hätten sie ihren Augen nicht ge-

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traut. Und hätten sie ihnen getraut, wäre ein solcher –wenn auch sicherlich bedeutender Vorfall – von einemeinzelnen berichtet, nicht zum festen Bestandteil derWeltgeschichte geworden.

In einigen Büchern ist der Zusatz: »Der Mond ist, nach-dem er sich entzwei geteilt hatte, auf die Erde hinabge-stiegen.« von den Forschern abgelehnt worden. Mansagt: »Wahrscheinlich habe ein Heuchler dies hinzuge-fügt, in der Absicht, dieses strahlende Wunder in seinemWert herabzumindern.«

Außerdem war zum Beispiel damals in England undSpanien, den Ländern unter dem Nebel der Unwissen-heit, gerade Abend, in Amerika Mittag, in China und Ja-pan Morgen. Sicherlich wurde dieser Vorfall auch ande-ren Orts wegen anderer Hinderungsgründe nicht gese-hen. Nun schau einmal an, was dieser gedankenlose Kri-tiker sagt: »Die Geschichte der Völker in England, China,Japan und Amerika erzählt nichts davon. Also hat es auchnichts dergleichen gegeben.« Tausendmal verflucht seiensolche Schmeichler der Europäer!…

Fünfter Punkt: Die Spaltung des Mondes erfolgte nichtvon selbst aus irgendwelchen Gründen, ist kein zufälli-ges, natürliches Ereignis, das mit den normalen Geset-zen der Natur erklärt werden kann. Vielmehr hat der All-weise Schöpfer der Sonne und des Mondes dieses Er-eignis in wunderbarer Weise bewirkt, um den AnspruchSeines Propheten auf das Prophetentum zu bestätigenund zu erleuchten. Das Geheimnis der Führung und dasGeheimnis der Prüfung und die Weisheit des Propheten-tums erfordern, dass den Menschen, die von der Weisheitder (Gottes)herrschaft ausersehen wurden, ein Zeugnisgebracht werde, vor dem sie verstummen müssen. Fürdiejenigen Menschen überall in der Welt, für die es dasGeheimnis der Weisheit nicht erforderte und nicht ver-langte und die von dem Prophetentum noch gar nicht ge-hört hatten, gab es eine Reihe von Hinderungsgründenwie Nebel oder Wolken oder Unterschiede in den Auf-

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und Untergangszeiten des Mondes. So war in verschie-denen Ländern der Mond noch nicht aufgegangen, in an-deren die Sonne noch nicht untergegangen, in einigenLändern war es schon Morgen und in anderen noch nichtAbend, sodass den Menschen dort dieses Ereignis nichtgezeigt werden konnte. Hätte man dieses Ereignis ihnenallen zeigen wollen, hätte man es ihnen als ein ZeichenAhmeds, mit dem Friede und Segen sei, und ein Wunderseines Prophetentums vor Augen führen müssen. In die-sem Falle wäre seine Stellung als Gesandter ganz klarhervorgetreten und jeder hätte sie bestätigen müssen.Der Verstand hätte keine Wahl mehr gehabt. Was aberden Glauben betrifft, so wird er vom Verstand frei erwählt.Damit wäre der Sinn der Prüfung verloren gegangen. Wä-re aber dieses Ereignis als ein rein astronomisches ge-zeigt worden, dann wäre dadurch der Zusammenhangmit dem Prophetentum Ahmeds, mit dem Friede und Se-gen sei, zerstört worden, es wäre nicht mehr als eine Be-sonderheit von ihm geblieben.

Zusammenfassung: An der Möglichkeit einer Spaltungdes Mondes besteht kein Zweifel mehr. Sie wurde ganzklar bewiesen. Wir weisen jetzt auf sechs unter vielenZeugnissen hin, welche diesen Vorfall beweisen*. Es sinddie Folgenden:

Die Übereinstimmung der Sahabis (Gefährten des Pro-pheten), Ehl-i Adalet** über diesen Vorfall…

Die Übereinstimmung aller Mufessirin**, Ehl-i Tahqiq**über die Auslegung dieses Qur’anverses

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* Es gibt nämlich unter einer sechsfachen Bestätigung für die-ses Ereignis sechs Beweise. Diese Textstelle ist leider kurz ge-fasst worden, obwohl sie eine viel längere Behandlung erfor-derte.** Ehl-i Adalet: Leute, die ein Unrecht niemals dulden.Mufessirin: Qur’an- oder HadithkommentatorEhl-i Tahqiq: Leute, die nach den Quellen suchen.

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»…als der Mond gespalten wurde.« (Sure 54, 1)

in Bezug auf dieses Ereignis…Die Erzählungen aller Muhaddisin**, Ehl-i Rivayet-i Sa-

diqa**, die zuverlässige Berichte mit sehr vielen Belegenaus verschiedenen Quellen besitzen. Das Zeugnis allerHeiligen und Gerechten, Ehl-i Keshf ve Ilham**.***

Die Bestätigung der – von ihrer Berufung her einandersehr weit fernstehenden – Imame und der ozeangleichenGelehrten der Wissenschaft des Wortes (= Qur’an).

Des Weiteren dient als unwiderlegbarer Beweis (= an-hand von Aussagen in Qur’an und Hadith), dass die Ge-meinde Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei, nie-mals in einem Irrtum übereinstimmt, dieses Ereignis aberbestätigt und angenommen hat. Dies alles beweist son-nenklar die Spaltung des Mondes.

Zusammenfassung: Das bisher gesagte diente derUntersuchung des Vorfalls und der Widerlegung von Ein-wänden. Die folgenden Sätze sollen der Wahrheit unddem Glauben dienen. Bis hierhin also das, was unsereUntersuchungen ergaben. Nun also das, was aus dieserWahrheit folgt:

Die Auserwählung und die Mahbubiyet (= Stufe der Hei-

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Muhaddisin: Kenner, Sammler und Kommentatoren der Hadi-the.Ehl-i Rivayet-i Sadiqa: Kenner der Quellen und Wege der Hadi-the.Ehl-i Keshf: Heilige und Gerechte mit der besonderen Bega-bung einer hellsichtig, klaren geistigen Schau.Ehl-i Ilham: Leute, welche die Botschaft Gottes in ihren Herzenempfangen.

*** Diese fünf genannte »Ehli« zusammen mit den »Mufessirin«und »Muhaddisin« garantieren für die Echtheit des vorgefalle-nen Ereignisses. (A.d.Ü.)

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ligkeit, auf welcher Allah den Menschen in den Rang Sei-nes Geliebten erhebt) des Siegels im Rate der Prophe-ten, welcher der strahlende Mond am Himmel der Ge-sandten (Gottes) ist, wurde den Bewohnern des Himmelsund denen in den erhabenen Welten als ein Mensch ge-zeigt, der in seinem irdischen Körper durch die Himmelreiste. Diese seine Himmelfahrt ist das Wunder seinerHeiligkeit, welche in seiner dienenden Anbetung zumAusdruck kommt, durch welche er sich zur Mahbubiyeterhebt. Damit beweist er seine Heiligkeit. In gleicherWeise wurde der Mond, gebunden an die Erde, aufge-hängt im Himmel, auf das Zeichen eines Irdischen hinentzwei geteilt und so den Bewohnern der Erde durch dasProphetentum dieses irdischen ein solches Wunder ge-zeigt, dass die Persönlichkeit Ahmeds, mit dem Friedeund Segen sei, sich gleich den ausgebreiteten leuchten-den Flügeln des Mondes auf den beiden leuchtenden Flü-geln seines Prophetentums und seiner Heiligkeit gleichwie mit zwei strahlenden Schwingen zu den höchstenHöhen der Vollkommenheit erhob und bis Qab-i Qauseyngelangte, ein Stolz sowohl für die Bewohner der Himmelals auch für die Bewohner der Erde…

»Ihm und seiner Familie eine Erde und einen Himmel voll Frieden undGeborgenheit!« »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außerdem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der All-weise!« (Sure 2, 32)

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Dritter Teil

Dieser Teil betrifft die Beweise für das Pro-phetentum Ahmeds, mit dem Friede undSegen sei, und bildet eine Antwort in Formeiner kurz zusammengefassten Liste auf dieFrage, die schon am Ende der Abhandlungüber die Himmelfahrt (EinunddreißigstesWort) angeführt wurde.

Erstens: Warum ist diese große Himmelfahrt (Mi’radj) einPrivileg Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei?

Zweitens: Wie kann diese Persönlichkeit der Keim desKosmos sein? Sie sagen: »Der Kosmos wurde aus sei-nem Licht erschaffen. Außerdem ist er seine höchste undleuchtendste Frucht.« Was bedeutet das?

Drittens: In den obigen Erklärungen sagen Sie: Er istemporgestiegen, um in den hohen Welten die Maschinen,die Werkbänke und die Speicherkammern der Ergeb-nisse der Werke dieser irdischen Welt zu sehen. Washeißt das?

Antwort: Zu ihrem ersten Problem. Es wurde in dendreiunddreißig Abhandlungen der »Sözler (Worte)« aus-führlich behandelt. Wir wollen hier aber noch einmal einekurz zusammengefasste Liste der Vollkommenheiten derPersönlichkeit Mohammeds, mit dem Friede und Segensei, und den Beweis für sein Prophetentum aufstellen undauch dafür, dass er für die große Himmelfahrt der wür-digste ist.318

Erstens: Obwohl die Heiligen Schriften wie Thora,Psalmen und Evangelien sehr stark entstellt worden sind,hat ein Quellenforscher wie Husayin Djisri in unseren Ta -gen in seinem Werk »Risale-i Hamidiye« 114 Botschaften

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in der Form von Zeichen, die das Prophetentum Moham-meds, mit dem Friede und Segen sei, betreffen, zu-sammengestellt.*

Zweitens: Die Geschichte berichtet in zuverlässigerWeise, dass gleich zwei berühmten Wahrsagern wie Shikund Satih, viele Verkündigungen kurz vor Beginn der pro-phetischen Zeit Mohammeds, mit dem Friede und Segensei, sein Prophetentum vorausgesagt haben und auch,dass er der Prophet der letzten Zeitepoche sein werde.

Drittens: In der Nacht, in der Ahmed, mit dem Friedeund Segen sei, geboren wurde, stürzten die Götzen in derKaaba vom Sockel und auch die Säulenhalle des be-rühmten Palastes der Könige von Persien stürzte ein.Und noch hunderte anderer, Irhasat genannter Wunderwurden geschichtlich bekannt.

Viertens: Er tränkte eine Armee mit dem Wasser, dasseinen Fingern entströmte. Ein trockener Baumstumpfweinte und stöhnte gleich einem Kamel vor einer gewalti-gen Gemeinde in der Moschee über die Trennung vonAhmed, mit dem Friede und Segen sei, als dieser einerichtige Kanzel (Minber) erhalten hatte. Mehr als Tausen-de solcher Wunder, wie die Spaltung des Mondes ent-sprechend des Qur’anverses

»Als der Mond gespalten wurde…« (Sure 54, 1)

sind von den Quellenforschern untersucht und bestätigtworden und zeigen seine Erhabenheit und Größe in sei-ner eigenen wie in der allgemeinen Geschichte.

Fünftens: Freund und Feind bestätigen gleicherma-ßen, dass sich bei ihm gute moralische Qualitäten in

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* In diesem Sinne empfehlen wir unseren Lesern auch das Buchvon Abdu l-Ahad Davud (David Benjamin) »Mohammed in derBibel« in deutscher Übersetzung. (A.d.Ü.)

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höchstem Grade finden. Sein gesamtes Verhalten be-zeugt, dass er einen überragenden Charakter in der Er-füllung seines Auftrages und in seiner Lehrverkündigungim höchstem Grade besitzt. Seine moralischen Werte is-lamischen Glaubens bezeugen, dass unter seinem Ge-setz Eigenschaften, preiswürdig in hohem Maße, im Gra-de höchster Vollkommenheit vorhanden sind. Leute vonRecht, Billigkeit und Sorgfalt werden dies nicht zurük-kweisen.

Sechstens: Wie wir in der Zweiten Anmerkung des»Zehnten Wortes« aufgezeigt haben, hat Ahmed, mitdem Friede und Segen sei, der in überragendem Gradeeine Persönlichkeit war, jene göttliche Erhabenheit undGröße, die – und das ist ein Erfordernis ihrer Weisheit –sichtbar werden will, mit seinem Glauben in seiner die-nenden Anbetung auf höchst glänzende Weise gezeigt.

Überdies erfordert es die Weisheit und Wahrheit desSchöpfers der Welten, Seine unendliche Schönheit undVollkommenheit in einer geeigneten Weise zu offenbaren.Und wer sie in ihrer schönsten Gestalt aufzuzeigen unddarzustellen vermag, das ist ganz ohne allen Zweifel die-se Persönlichkeit.

Überdies möchte der Meister der Welten Sein unend-lich schönes und vollkommenes Kunstwerk ausstellenund die aufmerksamen Blicke darauf lenken. Und wer esmit der lautesten Stimme öffentlich auszurufen vermag,das ist ganz offensichtlich diese Persönlichkeit.

Überdies möchte der Herr der Welten Seine Einheit(Vahdaniyet) der Vielzahl der Ebenen (Seiner Schöpfung)verkünden. Und wer diese Einheit (Tauhid) auf allen Stu-fen im äußersten Grade zu verkünden vermag, das istwiederum mit Naturnotwendigkeit diese Persönlichkeit.

Überdies möchte der Besitzer der Welten im ZeichenSeiner im unendlichen Grade vollkommenen Werke Sei-ne unendliche Schönheit in Seinen wesentlichen Eigen-schaften, Seine Schönheit in Seinen besten Eigenschaf-

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ten, Seine Schönheit in Seinen feinsten Eigenschaften,die in Wahrheit und Weisheit nach einem Spiegel verlan-gen, sehen und sehen lassen. Und wer sie (= die Schön-heit) auf das allerprächtigste widerspiegelt und selbst wieein Spiegel ist, sie liebt und andere dazu veranlasst, siezu lieben, das ist wiederum offensichtlich diese Persön-lichkeit.

Überdies möchte der Baumeister dieses Weltenschlos-ses Seine unsichtbaren Schatzkammern, die angefülltsind mit außergewöhnlichen und einzigartigen Wunder-werken und kostbaren Juwelen, zeigen und ausstellen…in ihnen Seine Vollkommenheit wissen und erkennen las-sen. Und wer sie in überragender Weise auszustellen,darzustellen und zu erklären vermag, das ist wiederumoffensichtlich diese Persönlichkeit.

Überdies möchte der Baumeister des Kosmos, der die-sen Kosmos erbaut und mit allerlei Besonderheiten undOrnamenten verziert hat… der Seine Geschöpfe mit Be-wusstsein begabt und ihnen darin Wohnung gegeben hat,damit sie darin umher wandeln, umher schauen, anbetenund nachdenken sollen… diesen Geschöpfen, die SeineWerke und Kunstgegenstände sehen und darüber nach-denken – wie es Seine Weisheit erfordert – ihren Sinnund Wert zu erkennen geben. Und wer in überragenderWeise Dschinnen und Menschen, ja sogar Engel undGeister mit Hilfe des Weisen Qur’an führt, das ist offen-sichtlich wieder diese Persönlichkeit.

Überdies möchte der Allweise König dieses Kosmos,dass das verschlossene Geheimnis von Ziel und Zweckaller Verwandlungen in diesem Kosmos… das Rätsel die-ser drei schweren Fragen nach dem Woher? und Wohin?jeden Seins und was es überhaupt ist, durch einen Bot-schafter allen Bewusstsein tragenden Wesen enthüllenlassen. Und wer dieses Geheimnis enthüllt und diesesRätsel mit der Wahrheit des Qur’an auf eine klare Weiseund in alles überragendem Grade löst, das ist wiederumoffensichtlich diese Persönlichkeit.

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Überdies möchte der erhabene Baumeister dieser Weltsich selbst allen Bewusstsein tragenden Wesen in Seinenschönen Kunstwerken zu erkennen geben und von ihmfür Seine kostbaren Geschenke geliebt werden. Deshalbmöchte Er, dass allen Bewusstsein tragenden Wesendurch einen Botschafter Seine göttlichen Wünsche undauch das, womit sie Sein Wohlgefallen erlangen können,verkündet werden. Und wer durch den Qur’an in höchsterund vollkommenster Weise zu erklären und zu übermit-teln vermag, worin Sein Wunsch und Wohlgefallen be-steht, das ist wiederum offensichtlich diese Persönlich-keit.

Überdies möchte der Herr der Welten, weil der Mensch,der die Frucht der Schöpfung ist und dem Er eine umfas-sende Begabung mitgegeben hat, welche die ganzeSchöpfung umschließt, und den Er zu einem anbetendenDienst stellvertretend für alle vorbereitet hat, der durchseine Seelenlage mit vielem verbunden ist, und weil erder Welt verhaftet ist, dass er mit Hilfe eines Seelenfüh-rers sein Antlitz von der Vielheit weg zur Einheit hin undvom Vergänglichen weg zum Beständigen hin wendensoll. Und wer in höchstem Grade und in der prägnantes-ten Form mit Hilfe des Qur’an auf das Beste zu führenvermag und seinen Auftrag als Prophet auf das Vollkom-menste zu erfüllen weiß, das ist wiederum offensichtlichdiese Persönlichkeit.

Nun aber ist das erhabenste unter allem Dasein das be-lebte, und unter allem, was lebt, ist das erhabenste dasbewusste, und unter allem was bewusst ist, ist das erha-benste der wahre Mensch, und er, der unter den wahrenMenschen die oben erwähnten Aufgaben in höchstemGrade und auf vollkommenste Weise erfüllt… sicherlichwird er bei einer Großen Himmelfahrt aufsteigen bis Qab-i Qauseyn, an die Pforten der Ewigen Glückseligkeit klop-fen, die Schatzkammer der Barmherzigkeit öffnen, die un-sichtbare Wahrheit des Glaubens schauen: das wird »er«sein.

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Siebentens: Wie wir beobachten können, ist diesesKunstwerk besonders schön ausgestaltet und mit Verzie-rungen versehen, die es in unendlichem Maße veredeln.Offensichtlich zeigt diese Gestaltung und Veredelung,dass sein Meister eine große Macht besitzt und den star-ken Wunsch hat (= irade: der Wille Gottes und Seiner Be-wusstsein tragenden Geschöpfe), auszugestalten und zuveredeln. Diese Macht und dieser Wunsch auszugestal-ten und zu veredeln zeigen aber mit Notwendigkeit einstarkes Interesse an Seiner Kunst und Seine (reine und)heilige Liebe zu ihr. Wer aber im Mittelpunkt diesesKunstwerkes steht und alle Feinheiten dieses Kunstwer-kes in sich zeigt, sie kennt und zur Kenntnis bringt und(seinen Nächsten) dazu bringt, Ihn zu lieben, und dieSchönheiten in den übrigen Kunstwerken »Masha-a’llah«sagend, bewundernd preist, der wird in den Augen desMeisters, der ein Kunstverehrer ist und Seine eigenenKunstwerke sehr liebt, offensichtlich in höchstem Gradeder Geliebte sein.

Wer also die Himmel vor den mit Tugenden und Wertenvergoldeten Kunstwerken, den Feinheiten und Vollkom-menheiten, die alles Sein erleuchten, »Subhanallah!Masha-a’llah! Allahu Ekber!« sagend widerhallen lässt,das Weltall durch den Klang des Qur’an in Erregung ver-setzt und wer durch seinen Lobpreis und mit seiner Be-wunderung, durch die Tiefe seiner Gedanken und Darle-gungen, durch das Gottesgedenken (dhikr) und die Ver-gegenwärtigung Seiner Einheit (tauhid) Land und See inEkstase versetzt, das ist wiederum augenscheinlich die-se Persönlichkeit.

So ist es diese Persönlichkeit, die, entsprechend demGeheimnis:

»Der, welcher veranlasst, ist gleich dem, welcher ausführt.«

ebenso viele gute Werke in seiner Waagschale vorfindet,

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wie die gesamte Gemeinde verrichtet hat… dessen inne-re Vollkommenheit durch die Gebete der gesamten Ge-meinde noch wächst… der die Früchte seines Auftragesals Prophet gesehen hat und darüber hinaus mit demgeistigen Lohn auch den unendlichen Segen der Barm-herzigkeit und göttlichen Liebe empfangen hat. Und es istsicherlich volle Gerechtigkeit, Wahrheit in sich selbst undreine Weisheit, wenn diese Persönlichkeit auf der Leiter»Mi’radj (Himmelfahrt)« ins Paradies, bis zum »Sidratu-l’-Munteha (Himmelslotos)«, zum Thron (Gottes), ja bis»Qab-i Qauseyn (gleich der Gegenwart Gottes)« empor-steigt. (siehe: Anmerkung)

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Anmerkung: Die nachstehende Übersetzung entstammt demoriginal arabischen Text, welcher in einer der wichtigsten islami-schen Zeitschriften erschien, die Artikel aus der gesamten isla-mischen Welt bringt, und referiert über das islamische Gesetz(Sheriat-i Muhammediye ASM), die Meinung bedeutenderaußenstehender Philosophen unter den besonders bedeuten-den Politikern und allen den Juristen, die besonders am sozia-len Leben interessiert waren und sich 1927 in Europa zu einemKongress versammelt hatten. Wir fügen den im Anhang an die»Nur Tjeshmesi (der Lichtbrunnen)« aufgeführten 43 außenste-henden Philosophen noch zwei weitere an, sodass es nun mitdiesen beiden mutigen Philosophen zusammen 45 zuverlässigeZeugen sind.

»Solcher Art ist die Tugend, dass sogar die Feinde für sie Zeugnis ablegen.«

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Neunzehnter Brief

Ja, die westlichen Gelehrten und Philosophen bekennen undgestehen es:

»Die islamischen Gesetze genügen in hohem Maße, dieMenschheit auf den richtigen Weg zu führen.«

So sagte auf der Versammlung des Kongresses für allgemei-ne Rechtsfragen ihr Präsident, der Philosoph Shebol, vor derVersammlung sämtlicher Juristen:

»Die ganze Menschheit ist mit Recht stolz darauf, Mohammed(ASM) zu einem der Ihrigen zählen zu können. Denn – obwohlAnalphabet – hat er vor 13 Jahrhunderten ein solches Gesetzgebracht, dass wir Europäer vollkommen glücklich und zufrie-den sein dürfen, wenn wir zweitausend Jahre danach seinenWert und seine Gerechtigkeit erfasst haben.«

Der zweite, oder der fünfundvierzigste, entsprechend demAnhang zum »Nur Tjeshmesi«, Bernard Shaw, sagte:

»Der Grund dafür, dass die Religion des Islam in ihrer Hoch-schätzung den obersten Platz einnimmt, ist der: sie garantiertein nur ihr eigenes, geordnetes Leben. Mir ist klar geworden,dass diese Religion, welche einsam und allein ein einzigartiger

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und beispielloser Glaube ist, die Menschen dazu anleitet, ein-ander und ihre so verschiedenen Lebens- und Verhaltenswei-sen zu tolerieren. D.h. sie bringt den Menschen dazu, auf denrechten Weg zurückzukehren, seine Gesinnung zu wandeln undsich dergestalt zu reinigen und so auf dem geistigen Wege vor-anzuschreiten. Zudem ist die Religion des Islam ein Glaube, derdie verschiedensten Menschen und Völker zu sich hinzuziehenvermag. Ich habe es gesehen und mich davon überzeugt, dasses für den Menschen nötig ist, zu sagen: ›Mohammed ist derRetter der Menschheit. Er darf den Titel eines Retters bean-spruchen.‹«

Weiter sagt er: »Ich bin davon überzeugt, wenn heute einneuer Mohammed käme, d.h. ein Mann von seinen Charakter-zügen und seiner Lebensweise Präsident einer neuen Welt wer-den würde, sie regierte: er würde die Probleme unserer heuti-gen Welt meistern; er wäre die Ursache für einen allgemeinenFrieden und ein glückseliges Leben in einer von Unruhen undKrisen geschüttelten Welt. Ja, wie dringend notwendig unsereheutige Welt den Frieden braucht und ein glückseliges Leben,das vermag ein jeder selbst zu ermessen.«

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Vierter Teil

Sechzehnte Stufe aus der Risale »Ayetül-Kübra« (Das große Zeichen), die das Prophe-tentum Ahmeds, mit dem Friede und Segensei, behandelt. Dieser Text wurde seinerZusammengehörigkeit wegen hier angeführt.

Dann sagte der Reisende zu seinem Verstand: »Da su-che ich also hinter allem Sein in diesem Kosmos meinenHerrn, Dem ich angehöre und Der mein Schöpfer ist. Si-cherlich muss ich zuerst, um Mohammed (ASM) zu besu-chen und ihn nach Dem zu fragen, Den ich suche, in die»Glückliche Zeit« (asr-i saadet) eingehen.« So nahm erseinen Verstand und ging dahin. Mohammed-i Arabi(ASM), der der berühmteste unter allem Sein und – wieauch seine Feinde es bestätigen – der vollkommenste,der größte Befehlshaber und der bekannteste Herrscher,der mächtigste in der Rede, der brillanteste von Verstand,erleuchtete vierzehn Jahrhunderte durch sein Leben,durch seine Lehre und durch sein Buch (= Qur’an). Under sah, dass diese Zeit durch diese Persönlichkeit tat-sächlich eine »Glückliche Zeit« für die Menschheit war,denn durch das Licht, das er brachte, machte er in kurzerZeit aus einem Volk von primitiven Wilden eine Nationvon Gelehrten, die die Welt beherrschte.

Dann sagte er weiter zu seinem Verstand: »Zuerstmüssen wir in gewissem Grade den Wert dieser außeror-dentlichen Persönlichkeit und den Wahrheitsgehalt seinerWorte und die Zuverlässigkeit seiner Aussagen kennen-lernen. Dann müssen wir ihn nach unserem Schöpfer fra-gen«, und begann mit seiner Untersuchung. Von denzahllosen schlüssigen Beweisen, die er fand, wollen wirhier nur neun von den allgemein gültigen einzeln kurz auf-

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zeigen.Erstens: In dieser Persönlichkeit finden sich – wie

selbst seine Feinde bestätigen – alle schönen und gutenCharakterzüge und Eigenschaften. Entsprechend der ein-deutigen Aussage der Ayat:

»Der Mond hat sich gespalten.« (Sure 54, 1) »Nicht du warst es, dergeworfen hat, als du geworfen hast, sonden Allah hat geworfen.« (Sure8, 17)

wurde der Mond mit einem Fingerzeig gespalten und mitein wenig Staub in seiner Hand, das er dem Heer seinerFeinde, dem der Staub in die Augen drang, entgegen-warf, jagte er das ganze Heer in die Flucht. Als sein eige-nes Heer ohne Wasser war, tränkte er es ausreichend mitdem Wasser, das wie Kauther (= der Strom des Paradie-ses) seinen fünf Fingern entströmte. Durch seine Handgeschahen hunderte dergleichen von Wundern, die zumTeil im Qur’an erwähnt werden (nas-r Kat’i), zum Teil den-noch unbestreitbar sind (= tevatur). Da ein Teil von ihnen– und zwar mehr als dreihundert in einer außerordent-lichen, die Wunder (des Qur’an) aufzeigenden Risala, die»Neunzehnter Brief über die Wunder Ahmeds (ASM)« ge-nannt wird, mit zuverIässigen Quellenhinweisen belegt,lässt er (= der Reisende) es damit bewenden und sagt:»Eine Persönlichkeit, die so viele gute und vollkommeneCharakterzüge hat und so viele offensichtliche Wundergewirkt, spricht sicherlich nichts als die reine Wahrheit. Esist unmöglich, dass er sich auf die Ebene der Charakter-losen herabbegeben und lügen, täuschen, fälschen könn-te.«

Zweitens: In seiner Hand befindet sich ein Erlass desBesitzers des Universums. Diesen Erlass erkennen in je-dem Jahrhundert dreihundert Millionen Menschen an.Dieser Erlass ist der Hocherhabene Qur’an, welcher insiebenfacher Hinsicht ein Wunder (harika) ist. In einer be-

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rühmte Risale, in der im »Fünfundzwangzigsten Wort –der Qur’an als ein Wunder« bezeichnet wird und in derRisale-i Nur wie die Sonne ist, wurde ausführlich und mitnicht zu widerlegenden Beweisen dargelegt, dass dieserQur’an in vierzigfacher Hinsicht ein Wunder (mudjize) istund als das Wort des Schöpfers des Universums gilt. Er(= der Reisende) lässt es damit bewenden und sagt: »Ei-ne Persönlichkeit, die der lautere Überbringer und Ausru-fer eines solchen wahren und wahrhaftigen Erlasses ist,kann nicht Iügen und keine Lüge kann an ihm gefundenwerden, die ein Verston gegen den Erlass und ein Verratan dem Erlassgeber wäre.«

Drittens: Diese Persönlichkeit (ASM) brachte das isla-mische Gesetz (Scharia), den Islam, den anbetendenDienst, die Fürbitte, den Ruf (zum Glauben) und denGlauben (iman) in einer solchen Weise, wie es bis dahinnoch nie dagewesen, noch jemals wieder sein wird. Nie-mals wurde je etwas Vollkommeneres gefunden, nochkönnte es je gefunden werden. Denn diese Scharia, die,von einer Persönlichkeit erlassen, welche selbst des Le-sens und Schreibens unkundig war, seit vierzehn Jahr-hunderten ihre Menschen und heute ein Fünftel derMenschheit mit zahllosen Gesetzen in Gerechtigkeit,Wahrhaftigkeit und Genauigkeit leitet, lässt keinen Ver-gleich zu. Überdies ist der Islam, der durch Worte, Tatenund die Wesensart eines Analphabeten geprägt und in je-dem Jahrhundert Zuflucht und Leitung für dreihundertMillionen Menschen wurde, Weisung und Leitung in ih-rem Denken, Reinigung und Erleuchtung für ihre Herzen,Erziehung und Läuterung für ihre Seelen, der Angelpunktfür die Entfaltung und der Grundstoff für die Entwicklungihrer Seelen auch in dieser Hinsicht ohne Beispiel undwird es bleiben…

Zudem findet er sich in seinem Glauben bei allen Artenjeglicher Anbetung in vorderster Reihe… und er findetsich in seiner frommen Zurückhaltung über allen ande-ren… und in seiner Gottesfurcht… und obwohl immer und

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überall in Kampf und Streit verwickelt, war er dennoch inseinem Dienst und seiner Anbetung bis ins innerste Ge-heimnis hinein sorgfältig und genau… wie er niemandennachahmte, so begann er in gleicher Vollkommenheit undverknüpfte in gleicher Vollkommenheit den Anfang unddas Ende… sicherlich wird gleich ihm einer nicht ge-schaut und kann nicht geschaut werden.

Des Weiteren zeigt er in seinem Djevschenu-l’Kebir,welche nur eines ist unter Tausenden von seinen Gebe-ten und Fürbitten, dass er seinen Herrn in einem solchenGrade mit einer derartigen Erkenntnis seines Herrn zubeschreiben vermag, dass seit jener Zeit alle Männer vonGotteserkenntnis und Heiligkeit zusammen genommenihn nicht auf der Stufenleiter der Erkenntnis noch im Gra-de seiner Beschreibung zu erreichen vermochten; alsohat er auch im Gebet nicht seinesgleichen. Ein Mensch,der auch nur einen Abschnitt betrachtet aus dem Anfangder Risale-i Munacat (= Abhandlung in Form einer Fürbit-te), in dem ein Abschnitt von neunundneunzig Abschnit-ten des Djevschenu-l’Kebir kurz in seiner Bedeutung er-klärt wird, wird sagen: auch der Cevschen ist ohne Bei-spiel.

Des Weiteren zeigte er in seiner prophetischen Verkün-dung und in seiner Art, wie er den Menschen zur Wahr-heit rief, einen solchen Grad von Unerschütterlichkeit,Ausdauer und Tapferkeit, dass er, trotzdem die großenStaaten, die großen Religionen, ja sogar sein Volk,Stamm, Onkel ihm furchtbar feindselig gesinnt waren,nicht im mindesten eine Spur von Unschlüssigkeit, Unru-he oder Furcht. Er trat allein gegen die ganze Welt aufden Plan, trotzte ihr, bot ihr die Stirn… machte den Islamzur Krone der Welt. Das alles beweist, dass er auch mitseiner Verkündigung und seinem Aufruf ohne Beispiel istund bleibt. In seinem Glauben war eine so außerordentli-che Kraft, eine so ungewöhnliche Gewissheit, eine sowunderbare Weite und eine so erhabene, die Welt er-leuchtende Überzeugung, dass keine der Ansichten und

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Bekenntnisse, die damals die Welt beherrschten, keineWeisheit der Philosophen und keine Lehre der geistigenFührer, trotz Feindschaften, Widerständen und Ablehnun-gen ihn in seiner Gewissheit, seiner Überzeugung, sei-nem Vertrauen, seiner Ruhe erschüttern und zu einemZweifel, einer Unschlüssigkeit, einer Schwäche, einer Un-ruhe veranlassen konnten… Ja mehr noch: seine Saha-be (Bundesgenossen), alle Heiligen, die in den Geistes-wissenschaften und auf der Stufenleiter des Glaubensvorangeschritten sind, haben alle Zeit von seiner Stufedes Glaubens herab ihren Segen empfangen, ihn stets imhöchsten Range gefunden. All dies zeigt klar, dass auchsein Glaube ohne Beispiel ist. Und so verstand er (= derReisende) also, dass ein Mann, der solch eine beispiello-se Scharia (= isl. Gesetz), einen so unvergleichlichen Is-lam, einen so außergewöhnlichen anbetenden Dienst, einso überragendes Gebet, einen solchen Ruf aller Weltentgegen, einen so wunderbaren Glauben vorzuweisenvermag, sicherlich keineswegs eine Lüge aussprechenoder einen Betrug begehen kann. Auch sein Verstand be-stätigte dies.

Viertens: So wie die Übereinstimmung der Prophetenals ein voll überzeugender Beweis für die Existenz unddie Einheit Gottes gilt, so auch als ein besonders siche-res Zeugnis für die Aufrichtigkeit und das Prophetentumdieser Persönlichkeit. Denn die Geschichte bestätigt,dass all das, was an heiligen Eigenschaften, Wundernund Heilstaten den Eckstein der Propheten bildet, mit de-nen der Friede sei, und der Aufrichtigkeit der Gesandten,bei dieser Persönlichkeit unübertroffen waren. Das heißt,so wie die Thora, die Evangelien, der Psalter und dieSchriften der übrigen Propheten mit ihrem Wort dasKommen dieser Persönlichkeit vorhergesagt und denMenschen hierüber frohe Botschaft gebracht haben, waswir im »Neunzehnten Brief« in mehr als zwanzig recht of-fensichtlichen Ausschnitten dieser frohe Botschaft ver-kündenden Zeichen aus den Heiligen Schriften recht

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schön dargelegt und bewiesen haben, so bestätigen sie(= die Propheten) auch in ihren Heilstaten, nämlich mit ih-rem Prophetentum und durch ihre Wunder, dass diesePersönlichkeit in ihrer Berufung und ihren Heilstaten denersten Platz einnimmt und höchst vollkommen ist; und sieunterstreichen seinen Ruf. So verstand er (= der Reisen-de), dass sie (= die Propheten), so wie sie in der Über-einstimmung ihrer Aussagen einen Beweis liefern für dieEinheit (Gottes = Vahdaniyet), so auch mit ihrer Überein-stimmung in ihren Heilstaten die Aufrichtigkeit dieser Per-sönlichkeit bezeugen.

Fünftens: Und so wie Tausende von Heiligen durch dieGrundsätze, die Lehren und die Nachfolge dieser Per-sönlichkeit zur Wahrheit, Wirklichkeit und Vollkommenheitgelangten, Gnadengaben, geistige Klarsicht und innereSchau erlangten und gleich einem Beweis der Einheit(Gottes = Vahdaniyet) wurden, so bezeugen sie auch al-le durch ihre Übereinstimmung die Aufrichtigkeit und dasProphetentum dieser Persönlichkeit, die ihr Lehrer ist. IhrZeugnis, das sie im Lichte der Heiligkeit (nur-u velayet)über einen Teil der Berichte geben, welche ihnen (derProphet) aus der Welt des Unsichtbaren überbracht hat-te, ihre Überzeugung und Bestätigung alles dessen imLichte des Glaubens, und zwar in der Form tatsächlichenWissens, tatsächlicher Wahrnehmung und tatsächlicherWahrheit legt sonnenklar den Grad der Wahrhaftigkeitund Aufrichtigkeit dieser Persönlichkeit offen, die ihr Leh-rer ist.

Sechstens: Und so wie Millionen von Forschern (As-fiya-i mudaqqiqin), Gelehrten (Siddiqin-i muhaqqiqin) undPhilosophen (Dahi-i hukema-i mu’minin) durch die HeiligeWahrheit (Haqaiq-i qudsiye), die er – obwohl selbst Anal-phabet – brachte, durch die Hohe Wissenschaft (Ulum-ua’Iiye), die er begründete, durch seine Unterweisungenund Belehrungen in der Erkenntnis Gottes, die ihm in sei-ner geistigen Schau zuteil wurde, auf der Leiter der Wis-senschaft zur höchsten Stufe emporstiegen, die Einheit

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(Gottes = Vahdaniyet), welche das Fundament seinerSendung darstellt, mit einstimmig unumstößlichen Bewei-sen belegen und bestätigen, so ist auch ihr übereinstim-mendes Zeugnis für die Wahrhaftigkeit dieses gewaltigenLehrers und großen Meisters und für die Wahrhaftigkeitseiner Worte ein Beweis seines Prophetentums und sei-ner Aufrichtigkeit, klar wie der lichte Tag. So ist auch dieRisale-i Nur mit all ihren 130 Teilen ein einziges Zeugnisseiner Aufrichtigkeit.

Siebtens: Die gewaltig große Gruppe jener, welcheman die Familienangehörigen und die Bundesgenossen(des Propheten ASM) nennt und die nach den Prophetenalle Menschheit dank ihrer Einsicht, ihres Verständnissesund ihrer Vollkommenheit überragt an Ruhm, Ruf, Ehre,Frömmigkeit und wacher Aufmerksamkeit, beobachtete,prüfte und untersuchte sein gesamtes Verhalten – privatund in der Öffentlichkeit – seine Haltung und seine Denk-weise mit höchstem Interesse, mit großer Aufmerksam-keit und tiefem Ernst, mit dem Ergebnis, dass sie über-einstimmend zu der festen Überzeugung gelangten undbestätigten, dass er die aufrichtigste, erhabenste, recht-schaffenste und wahrhaftigste Persönlichkeit in dieserWelt ist. Er (unser Reisender) verstand, dass ihre Bestä-tigung und ihr unerschütterlicher und fester Glaube aufGrund ihrer allen gemeinsamen Übereinstimmung einBeweis ist, gleich wie der Tag ein Beweis ist für das Son-nenlicht.

Achtens: Wie dieser Kosmos ein Beweis ist für denBaumeister, Schreiber und Dekorationsmaler, der ihnschuf, lenkt und leitet und über ihn verfügt wie über einSchloss, das Er geplant, oder ein Buch, das Er verfasst,oder ein Museum, das Er entworfen hat, oder über einTheater, über das Er Regie führt, so ist er zugleich auchein Beweis für das Bedürfnis, ja für die Notwendigkeit ei-nes Schlossverwalters, eines Buchverlegers, eines Mu-seumsleiters, eines Forschers, eines Gelehrten, eines zu-verlässigen Lehrers, der das Wissen über die Absichten

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Gottes bei der Erschaffung der Welt hat und vermittelnsoll, der die Weisheit des Herrn über allem Wechsel leh-ren soll, der darüber belehren soll, welchem Zweck allediese weisungsgemäßen Bewegungen dienen, der We-sen und Bedeutung allen Seins und die in ihnen verbor-gene Vollkommenheit aufzeigen soll, der den Sinn desgroßen Buches erklären soll. Er (unser Reisender) ver-stand, dass (der Kosmos) in Anbetracht all dessen dieWahrhaftigkeit dieser Persönlichkeit bezeugt und auch,dass er der höchste und aufrichtigste Beamte des Schöp-fers dieses Kosmos ist, der seine Aufgaben in höheremMaße als alle anderen erfüllt.

Neuntens: Es ist da hinter dem Vorhang Einer, der Sei-ne eigene Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit in ihrerVollkommenheit darstellen will durch Seine Werke vollSchönheit und Weisheit, um sich selbst mit ihnen bekanntzu machen. In all dem, was Er geschaffen, mit Schmuckund Ornamenten verziert hat, möchte Er sich vorstellenund geliebt werden. Für alle Seine zahllosen, kostbaren,wohlschmeckenden Gottesgaben erwartet Er von unsLobpreis und Dank. Er schützt, versorgt und ernährt alleSeine Geschöpfe mit Zärtlichkeit (shefqat), deckt ihnenden Tisch, bereitet ihnen ein Festmahl, welches jede Artvon Geschmack – selbst den feinsten und auch die ver-wöhnteste Nase zu befriedigen vermag, damit sie Ihm mitLob und Preis und Dank ihre Anbetung darbringen sollen.Er zeigt Seine Göttlichkeit, wenn Er in majestätischerPracht schaltet und waltet, lenkt und leitet, schafft undverändert, z.B. den Wandel der Zeiten und den Wechselvon Tag und Nacht hervorbringt. Ob Seiner Hoheit sollenwir Ihm Glaube, Hingabe, Demut und Gehorsam ent-gegenbringen. Er möchte alle Zeit das Gute und die Gu-ten beschützen, das Böse und die Bösen vernichten undmit Schlägen von oben die Tyrannen und die Lügner zuGrunde richten und so Seine Wahrhaftigkeit und Gerech-tigkeit erweisen. An der Seite dessen, der da verborgenist, steht sicher und gewiss das Geschöpf Seines höchs-

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ten Wohlgefallens, Sein über alles rechtschaffener Dienerund Verehrer, der den oben erwähnten Zielen vollauf ge-recht wird, der den verborgenen Sinn und die verschlos-sene Wahrheit hinter der Erschaffung des Alls zu enträt-seln und zu verhüllen vermag… der immer im Namen sei-nes Schöpfers handelt… von Ihm Hilfe erbittet… und Er-folg erwartet… von Ihm Hilfe empfängt und dem von Ihmder Erfolg gegeben wird. Das ist jene Persönlichkeit, dieMohammed-i Kureyschi (ASM) genannt wird.

Da sagte (unser Reisender) zu seinem Verstand: »Daalso nun diese oben erwähnten neun Tatsachen die Auf-richtigkeit dieser Persönlichkeit bestätigen, gereicht die-ser Mann den Söhnen Adams zum Ruhm und aller Weltzur Ehre. Er verdient völlig zu Recht, der Würdenträgerder Welt und der Stolz der Söhne Adams genannt zu wer-den. Die Ausdehnung des königlichen Einflussbereichesdes Geistes der Verkündigung des Wunders, das derQur’an ist, über die halbe Erde, ein Erlass des Allbarm-herzigen, den er in der Hand hält, seine eigene Vollkom-menheit und seine ihm angeborenen überragenden Ei-genschaften bezeigen, dass er in dieser Welt die bedeu-tendste Persönlichkeit ist. Das bedeutendste Wort überunseren Schöpfer ist sein.«

Nun also komm und sieh: Das, was allen seinen Ab-sichten zu Grunde liegt und Ziel seines ganzen Lebenswar, beruht auf der Kraft von hunderten allgemein be-kannter, unleugbarer Wunder dieser außerordentlichenPersönlichkeit sowie tausender Tatsachen von funda-mentaler Bedeutung in seinem Glauben, nämlich: einZeuge zu sein und das lebendige Beweisstück für jenesSein, welches zwangsläufig allem Sein zu Grunde liegt,die Einheit, Attribute und Namen Gottes, und dieses Seinhinter allem Sein zu beweisen, zu erklären und zu ver-kündigen. Da heißt es also, dass diese Persönlichkeit,welche Habibullah (= der Geliebte Gottes) genannt wird,die geistige Sonne des Alls und das strahlendste Zeugnisüber unseren Schöpfer ist. Es gibt drei bedeutende Per-

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sonengruppen, deren Consensus nicht irrt und die nichtgetäuscht werden können. Seine Zeugenschaft bestär-ken, bestätigen und unterstreichen sie.

Erstens: »Würde der Schleier des Verborgenen hin-weggezogen, meine Sicherheit würde sich nicht erhö-hen«, sagte Imam Ali (möge er Allahs Wohlgefallen fin-den). Ghauthu-l-A’zam (Abdul Qadir Geylani, Allah heiligeihm sein Geheimnis!), sah von der Erde aus den Höchs-ten Thron und die überragende Gestalt des Erzengels Is-rafil*. Ihr Zeugnis und das Zeugnis tausender Aktab (=Personen, die den Mittelpunkt eines geistigen Zentrumsbilden) und gewaltiger Heiliger, begabt mit Scharfsichtund einem Blick, der in das Unsichtbare dringt, im Kreisejener erleuchtenden Gemeinschaft, die als Familie Mo-hammeds (ASM) berühmt geworden ist, bilden den ers-ten Konsens.

Zweitens: Der Konsensus einer weltberühmten Ge-meinschaft mit einem festen Glauben, der es ihr ermög-lichte, ihr Leben, ihren Besitz, ihre Väter und ihre Stam-mesgemeinschaft aufzugeben, die Bundesgenossen desPropheten (as’hab) genannt, welche sich inmitten einesnicht zivilisierten Volkes ohne sozialen Zusammenhalt,ohne höhere kulturelle oder politiscbe Bildung, ohne je-des Schrifttum in einem dunklen Zeitalter zwischen denPropheten (fetret) befanden und in ganz kurzer Zeit Leh-rer, Führer, Diplomaten und gerechte Richter über Völkerund Staaten wurden, die in ihrem sozialen und politischenLeben bereits weit voran geschritten waren, sodass sievon Ost bis West die Bewunderung der ganzen Welt er-langten.

Drittens: Der Konsensus tatsächlichen Wissens (ilme-l’yakin) der gewaltigen Gemeinschaft (djemaat) zahlloserForscher und Gelehrter mit profundem Wissen, die ihrerGemeinschaft (= in der Umma des Propheten ASM) her-

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Im Zeitalter des Propheten (ASM)www.Lichtstr.de

* Erzengel, der am Jüngsten Tag die Posaune blasen wird.(A.d.Ü.)

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angebildet wurden. In jedem Jahrhundert fanden sichTausende von ihnen, waren in jeder Wissenschaft außer-ordentlich fortgeschritten und arbeiteten auf verschiede-nen Gebieten.

Das heißt also, dass das Zeugnis, welches diese Per-sönlichkeit von der Einheit (Gottes = Vahdaniyet) bringt,nicht sein eigenes persönliches ist, sondern ein allgemei-nes, umfassendes und nicht zu erschütterndes. Solltensich auch alle Teufel dagegen versammeln, sie könntenes nicht im geringsten von der Stelle rücken. So urteilteunser Reisender. Als eine kurze Anmerkung zu der Lek-tion, die der Gast in dieser Welt und Reisende durch dasLeben auf seiner Reise, die er zusammen mit seinemVerstand in die »Glückliche Zeit« unternommen hatte, inder Schule der Erleuchtung empfing, wurde nun auf der»Sechzehnten Stufe« des Ersten Kapitels Folgendes ge-sagt:

»Es gibt keinen Gott (ilah) außer Gott (Allah), der da notwendiger Weisesein muss. Die Notwendigkeit Seiner Existenz in Seiner Allgegenwartbeweist der Stolz der Welt und die Ehre der Söhne Adams durch dieGröße des Herrschaftsbereichs (Sultanat) Seines Qur’an, die Majestätder Ausdehnung seiner Religion, durch die Vielzahl seiner vollkomme-

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nen Eigenschaften, die Erhabenheit seiner Gesittung, selbst noch in derBestätigung seiner Feinde, und genau so bezeugt und beweist (der Pro-phet) durch die Kraft hunderter offensichtlicher, eindeutiger, bestätigterund bestätigender Wunder und in der Kraft tausender glänzender,zuverlässiger Wahrheiten seines Glaubens, entsprechend dem Kon-sens aller Erleuchteten seiner Familie, im Einklang mit den kritischbetrachtenden Ssahabis, entsprechend den Forschern (muhaqqiq) sei-ner Gemeinde (umma) und den scharfsichtigen, erleuchteten Beweis-trägern.«

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Zwanzigster Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei! Und es gibt wahrlich kein Ding,das Ihn nicht in Dankbarkeit preist.« »Im Namen Gottes, des Erbarmers,des Barmherzigen. Es gibt keinen Gott (ilah) außer Gott (Allah). Er istder Einzige, Er hat keinen Partner. Ihm ist das Reich und Ihm gebührtder Dank. Er gibt das Leben und den Tod. Er ist der Lebendige. Nichtstirbt Er. Alles Gute liegt in Seiner Hand und Er ist aller Dinge mächtigund bei Ihm ist unsere Bestimmung.«

Dieser Satz, dessen Wiederholung nach demMorgen- und Abendgebet sehr viel Segenbringt, der die Einheit Gottes ausdrückt, undder nach einer zuverlässigen Überlieferung(des Propheten; rivayet-i ssahiha) die höchsteStufe des Gewaltigen Namens Gottes (ism-i‘adham) in sich enthält, besteht aus elf Wor-ten. In jedem seiner Worte liegt sowohl einefrohe Botschaft, als auch eine Stufe zur Ein-heit (Tauhid) in Seiner Herrschaft, wie auchdie Größe und die Vollkommenheit Seiner Ein-heit (Vahdet) in Seiner Allgegenwart um Sei-nes gewaltigen Namens willen. Wir überlas-sen die Erklärung dieser großen und erhabe-nen Wahrheit anderen »Worten (Abhandlun-gen)« und wollen hier wegen eines Verspre-chens kurz zusammengefasst eine sinngemä-ße Wiedergabe des Inhaltes in zwei »Kapiteln«und einer »Einführung« geben.

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Einführung

Wisse mit Sicherheit: Das höchste Ziel der Schöpfungund die erhabenste Frucht der Natur ist der Glaube anGott. Die erhabenste Stufe der Humanität und derMenschheit höchster Rang (makam) liegt in der Gottes-erkenntnis, die aus dem Glauben an Gott erwächst. Über-aus strahlende Glückseligkeit und süßeste Gnadengabefür Dschinnen und Menschen liegt in der Gottesliebe, diein der Gotteserkenntnis liegt. Die reinste Freude für dieSeele (ruh) und ungetrübter Frohsinn für das Herz desMenschen liegt in dem Wohlgeschmack des Geistes, derin der Gottesliebe liegt.

In der Tat liegt alle wahre Glückseligkeit, reine Freude,angenehmer und ungetrübter Genuss mit Sicherheit inder Gotteserkenntnis und der Gottesliebe. Eines kannohne das andere nicht sein. Wer Gott den Gerechtenkennt und liebt, empfängt ohne alle Grenzen Glückselig-keit, Gnadengeschenke, Licht und (die Erkenntnis) derGeheimnisse entsprechend seinen Fähigkeiten oder Ta -ten. Wer Ihn nicht wirklich kennt und liebt, muss hingegenphysisch wie psychisch Qualen, Leiden und Sorgen ohnealle Grenzen erfahren.

Ein Mensch in dieser (von Katastrophen) geschütteltenWelt, unter dem ratlosen Menschengeschlecht, der in die-sem seinem fruchtlosen Leben, so herrenlos, schutzlos,schwach und besitzlos, zwar der König der ganzen Weltwäre, was könnte es ihm bringen? So kann denn, wennein Mensch unter diesem ratlosen Menschengeschlecht,in dieser (von Katastrophen) geschüttelten Welt seinenHerrn nicht fände, seinen Meister nicht kennte, jeder ver-stehen, in was für einem Zustand heilloser Verwirrung ersich dann befindet. Wenn er seinen Herrn erkannt, seinenMeister gefunden hat, so kann er jederzeit zu SeinerBarmherzigkeit Zuflucht nehmen und sich auf SeineMacht stützen. Dann verwandelt sich diese öde Welt für

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ihn in einen Ausflugsort (zu dem er aus dem Paradies ge-kommen ist) und einen Marktplatz (an dem er seinenHandel für das Jenseits betreibt).

Erstes Kapitel

In jedem der Elf Wörter dieses Satzes, die das »Wort derEinheit (Tauhid)« formen, liegt eine frohe Botschaft. Undin jeder Botschaft liegt eine Genesung und in jeder Ge-nesung eine innere Freude.

Erstes Wort: In dem Wort

»Es gibt keinen Gott außer Allah!«

»La ilaha illa’llah« liegt folgende frohe Botschaft: DieMenschenseele (ruh), die grenzenlos vielen Bedürfnissenverfallen und den Angriffen von grenzenlos vielen Fein-den ausgesetzt ist, findet in diesem Wort den Punkt, vondem aus sie um Hilfe bitten kann, der ihr das Tor zurSchatzkammer der Barmherzigkeit öffnet, die all ihre Be-dürfnisse zu decken vermag, und sie findet darin denStützpunkt, der ihr ihren Angebeteten und Schöpfer, derder Herr über die absolute Macht ist, die ihr Sicherheit vorallem Übel ihrer Feinde gewährt, zu verstehen gibt und ihrbekannt macht. Es zeigt ihr ihren Herrn und verweist dar-auf, wer ihr König ist. Dieser Hinweis befreit das Herz vonihrer vollständigen Einsamkeit und die Seele (ruh) vonzerstörender Trauer und verschafft ewige Freude undbleibenden Frohsinn.

Zweites Wort:

»Er ist ein Einziger.«

»Vahdahu«, in diesem Wort liegt eine heilende, glückli-che, frohe Botschaft. Es ist dies wie folgt: Die Menschen-

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seele und das Menschenherz, die mit den meisten Artenim Kosmos verbunden sind und durch diese Verbunden-heit bis zum Ersticken ins Elend und in Verwirrung gera-ten, finden in dem Wort

»Er ist ein Einziger.«

»Vahdahu« eine Burg und ihre Rettung, so dass sie ausaller Verwirrung und allem Elend befreit werden. Dasheißt:

»Er ist ein Einziger.«

»Vahdahu« sagt sinngemäß: Gott ist Einer. Mach dir nichtsolch vergebliche Mühe, indem du dich anderen Dingen(außer Gott) zuwendest. Verpflichte dich ihnen nicht zurDankbarkeit, indem du sie anbettelst. Unterwirf dich ihnennicht, indem du ihnen hinterher läufst. Zittere nicht vor ih-nen in deiner Angst. Denn: Der König des Kosmos ist Ei-ner. Die Schlüssel aller Dinge liegen bei Ihm. Die Zügelaller Dinge liegen in Seiner Hand. Alles geschieht durchSeinen Befehl. Findest du Ihn, so hast du alles gefunden,was du wünschst und dich vor grenzenlos vielen Dankes-schulden und Ängsten gerettet.

Drittes Wort:

»Er hat keinen Partner.«

»La sharika lahu«, das heißt: So wie Seine Gottheit undSeine Herrschaft keinen Teilhaber kennt, so kann es Gottnur in der Einzahl, nie in der Mehrzahl geben. Genausobraucht Er auch bei der Erschaffung (aller Dinge), derVersorgung (aller Lebewesen), und der Ausführung (allSeiner Pläne) keinen Teilhaber. Manchmal geschieht es,dass der König zwar nur einer ist, es in seiner Herrschaft

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auch keine Teilhaberschaft gibt, die Beamten aber in derAusführung (seiner Pläne) sich als seine Teilhaber zählenund verhindern, dass ein jeder (frei und ungehindert) vorihn hin treten kann. Sie sagen: »Du musst auch bei unsvorsprechen!« Gott der Gerechte, der der König allerEwigkeiten ist, der keinen Teilhaber in Seiner Herrschaftkennt, braucht auch bei der Ausübung Seiner Herrschaftkeine Helfer und keine Teilhaber. Ohne Seinen Befehlund Seinen Willen, ohne Seine Macht und Seine Kraftkann kein Ding an keinem Ding etwas bewirken. Jederkann sich unmittelbar an Ihn wenden. Da Er keinen Teil-haber und keine Helfer hat, wird dem Mann, der sich anIhn wenden will, nicht gesagt: »Das ist verboten. Dudarfst nicht vor Ihn hin treten.« So bringt denn jedes Wortfür die Menschenseele folgende frohe Botschaft:

Die Menschenseele, die den Glauben mit ihren Händenergriffen hat, kann ohne Hindernis, ohne Einmischung,ohne Sperre, ohne Widerstand, in jeder Lage, für jedenWunsch, in jeder Zeit, an jedem Platz, in die Audienz desmajestätischen Schönen, vollkommen Allmächtigen, deralle Ewigkeiten und die Schatzkammern der Barmherzig-keit besitzt und Herr über die Schätze der Glückseligkeitist, treten und ihre Bedürfnisse vortragen. Indem sie Sei-ne Barmherzigkeit findet und sich auf Seine Macht stützt,kann sie vollkommene Freude und Frohsinn erlangen.

Viertes Wort:

»Sein ist das Reich.«

»Lahu-l’mulk«, das heißt: Das ganze Reich ist Sein Ei-gentum. Du bist sowohl Sein Eigentum. Ihm gehört, wasdu hast und was du bist, die Arbeit, die du verrichtest undder Platz, an dem du arbeitest. So verkündet dieses Worteine solche heilende Botschaft und sagt dir: Oh Mensch!Halte dich nicht selbst für dein Eigentum. Denn du kannstdich selbst nicht verwalten. Diese Bürde ist dir zu schwer.

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Allein kannst du dich nicht schützen. Vor Unglückenkannst du dich nicht behüten und die elementaren Not-wendigkeiten nicht herbeischaffen. Daher verfalle nichtunnötig in Sorge und quäle dich nicht! Das Reich gehörteinem anderen. Jener Eigentümer ist sowohl allmächtigals auch barmherzig. Verlasse dich auf Seine Macht undbezweifele nicht seine Barmherzigkeit. Lass die Sorgenlos und fühle dich wohl. Wirf die Mühsal von dir weg undfinde zur Freude.

Darüber hinaus besagt es: Diese Welt, die du in deinemInneren liebst und dich mit ihr verbunden fühlst, über de-ren desolaten Zustand du traurig bist und der du dochnicht helfen kannst, ist das Eigentum des barmherzigenAllmächtigen. Vertraue dieses Gut Seinem Eigentümeran. Überlass es Ihm! Ziehe nicht Anstrengung und Qualdaraus, sondern Freude. Er ist sowohl der Weise als auchder Barmherzige. In Seinem Reiche verfügt Er nach Sei-nem Wohlgefallen, lenkt und leitet es, so wie Er es will. ImMoment des Schreckens sage wie Ibrahim Hakki »Wollenwir doch einmal sehen, was der Herr macht und wieschön Er es macht.« Beobachte doch einmal vom Fens-ter aus und begib dich nicht hinein in die Dinge.

Fünftes Wort:

»Sein ist der Dank.«

»Lahu-l’Hamd«, das heißt: Alles Lob, Preis und Dank ge-hört und gebührt Ihm. Also sind die Gnadengeschenkevon Ihm und kommen aus Seiner Schatzkammer. Wasaber die Schatzkammer betrifft, so ist sie immer vorhan-den. Nun bringt dieses Wort eine frohe Kunde und sagtdir:

Oh Mensch! Gräme dich nicht, wenn Geschenke verfal-len. Denn die Schatzkammer der Barmherzigkeit er-schöpft sich nicht. Denke nicht an das Ende der Freudeund klage nicht über dein Leid. Denn dieses Geschenk ist

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die Frucht einer unendlichen Barmherzigkeit. Solangenoch der Baum lebt, gibt es immer wieder eine neueFrucht an Stelle der vorangegangenen. Wenn du in dei-ner Freude über ein Gnadengeschenk in Dankbarkeit andeine Freude über diese Gunst Seiner Barmherzigkeitdenkst, welche eine noch hundertmal größere Freude mitsich bringt, kannst du deine Freude mit einem Mal nochhundertfach steigern. Wie das Geschenk eines Apfels,welches ein ruhmreicher König dir macht, dich die Freu-de Seiner königlichen Huld erleben lässt, die die Freudeüber den Geschmack eines Apfels hundert, ja tausend-mal übersteigt, so öffnet dir das Wort

»Sein ist der Dank.«

»Lahu-l’Hamd«, das heißt mit Lob und Dank, d.h. indemdu in der Gabe, in dem Geschenk die Schenkung ver-spürst, in ihr seinen Geber erkennst, und an die GunstSeiner Barmherzigkeit denkst, d.h. an die ZuwendungSeiner Liebe und an die Fortdauer Seiner Schenkung,das Tor zu einer inneren Freude, die die Freude über dasGeschenk tausendfach übersteigt.

Sechstes Wort:

»Er belebt.«

»Yuhyi«, das heißt: Derjenige der das Leben gibt, ist Er.Derjenige, der das Leben durch Versorgung fortsetzt, istauch Er. Derjenige, der die Bedingungen für das Lebengewährleistet, ist wiederum Er. Die hohen Ziele des Le-bens gehören Ihm und die bedeutenden Ergebnisse sindauf Ihn hin ausgerichtet. Neunundneunzig Prozent seinerFrucht gehören Ihm. Also ruft jenes Wort dem vergäng-lichen und schwachen Menschen, von weitem folgender-maßen zu, bringt ihm die frohe Botschaft und sagt:

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Oh Mensch! Mühe und plage dich nicht, die schwereLast des Lebens auf deine Schultern zu nehmen! Verfal-le nicht in Trübsal, wenn du an das Vergehen des Lebensdenkst. Bereue nicht, dass du in die Welt gekommen bist,wenn du nur ihre irdischen und unbedeutenden Früchtesiehst. Vielmehr gehört die Lebensmaschine in demSchiff, das dein Körper ist, dem Aus-sich-selbst-beste-henden und Lebendigen (Hayy ve Qayyum). Er deckt al-le Ausgaben und sorgt für alles Lebensnotwendige. Die-ses Leben kennt sehr viele Zielsetzungen und (ebensoviele) Ergebnisse und Sein sind sie alle. Du bist nur einSteuermann auf diesem Schiff. Versieh deine Aufgabegut, dann nimm deinen Lohn und danach ruh dich aus!Denke daran, wie kostbar dieses Lebensschiff ist, welchschönen Nutzen es bringt, wie gastfreundlich und barm-herzig der Herr ist, der der Eigentümer dieses Schiffes ist,freue dich, danke und verstehe, dass alle Ergebnisse, diedieses Schiff erbringt, in gewisser Weise in das Buch dei-ner Taten eingetragen werden und dir das Leben gebenund sichern, das dir für die Ewigkeit bleibt und dauert,wenn du deine Aufgabe aufrichtig erfüllst.

Siebentes Wort:

»Und Er gibt den Tod.«

»Wa yumit«, das heißt: Derjenige, der den Tod gibt, ist Er,d.h.: Er entbindet dich von der Aufgabe deines Lebens,tauscht deinen Platz in dieser vergänglichen Welt und be-freit dich von den Anstrengungen deines Dienstes. Dasheißt: Er versetzt dich aus dem vergänglichen Leben insewig bleibende Leben. Dieses Wort ruft den Menschenund Dschinnen mit lauter Stimme zu und sagt:

Gute Nachricht für Euch! Der Tod ist keine Hinrichtung,er ist nicht das Nichts, kein Verwehen und Vergehen, keinEnde, keine ewige Trennung, keine völlige Leere, keinZufall, kein Abbruch ohne einen, der wieder aufbaut, im

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Gegenteil: er ist eine Entlassung durch einen allweisenund allbarmherzigen Schaffer (fa’il), ein Platzwechsel. Erist ein Transport zur ewigen Glückseligkeit, zu Eurer ei-gentlichen Heimat. Er ist ein Tor, (hinter dem die Men-schen) zusammen kommen, um (hinüber zu gehen) in dieWelt des Zwischenreiches (berzah), ein Versammlungs-ort für Neunundneunzig Prozent Eurer Freunde.

Achtes Wort:

»Und Er ist der Lebendige, der nicht stirbt.«

»Wa huva hayyul-la yamut«, das heißt: Der unvergängli-che Angebetete (Ma’bud-u Lamyesal), der immerwähren-de Geliebte (Mahbub-u Layesal), der Schönheit (Djemal),Vollkommenheit (Kemal) und Güte (ihsan) besitzt, die un-endlich hoch über aller Vollkommenheit, Schönheit undGüte steht, die in allem Sein der ganzen Schöpfungsichtbar wird und Anlass zur Liebe ist. Ein einziger FunkeSeiner Schönheit ist genug für alle Geliebten. Seinimmerwährendes Leben reicht von Ewigkeit zu Ewigkeit.Es ist rein von allem Unrat des Zerfalls und der Vergäng-lichkeit, ungetrübt von allen Störungen, verursacht durchFehler und Mängel. So macht also dieses Wort allenMenschen und Dschinnen, allen, die über ein Bewusst-sein verfügen, und allen (Gott)liebenden bekannt:

Gute Nachricht für Euch! Ihr habt einen Geliebten, dereuch ewig bleibt, der die Wunden der grenzenlos vielenTrennungen von eurem Geliebten heilt und mit Salbe be-streicht. Weil es Ihn aber gibt und da Er für ewig bleibt,soll euch kein Kummer quälen, was immer auch gesche-hen mag. Vielmehr sind die Schönheit und die Güte, dieedlen Vorzüge und die Vollkommenheit, die der Grundeurer Liebe zu euren Geliebten ist, nur der Schatten einesüberaus schwachen Schattens des Abglanzes ewigerSchönheit, der die vielen Schleier des Geliebten durch-dringt, der für ewig bleibt. Ihr Untergang soll euch nicht

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verletzen. Denn sie sind eine Art Spiegel. Der Wechseldieser Spiegel erneuert und verschönert die prachtvolleErscheinung Seiner Schönheit. Ist Er aber da, so ist allesda.

Neuntes Wort:

»In Seiner Hand ist das Gute.«

»Biyedihi-l’khayr«, das heißt: Alle Wohltaten liegen in Sei-ner Hand. Alles, was ihr Gutes tut, wird auf Seinem Kon-to gebucht. Alle guten Taten, die ihr verrichtet, werden beiIhm registriert. Dieses Wort ruft also den Menschen undDschinnen zu und verkündet ihnen frohe Botschaft. Essagt:

Oh ihr Hilflosen! Wenn ihr auf den Friedhof umzieht,sollt ihr nicht verzweifeln und wehklagen: »Oh weh! Un-ser Besitz wurde zerstört, und unsere Arbeit wurde zu-nichte. Wir sind aus dieser schönen und weiten Welt he-raus und in jene enge Erde hineingekommen.« Denn al-les was euch gehört, wird für euch aufbewahrt. Alle eureTaten wurden aufgezeichnet. Alle eure Dienste wurdeneingetragen. Der majestätische Herr, der eure Dienstebelohnen wird und in dessen Hand alles Gute liegt undder alle Wohltaten hervorzubringen weiß, nimmt Euchhinweg und lässt euch vorübergehend unter der Erde ver-weilen. Dann lässt er euch in Seine Audienz bringen.Welch ein Glück für euch, dass ihr eure Dienste und eu-re Aufgaben zu Ende gebracht habt. Eure Mühe ist zu En-de und ihr geht in Seine Ruhe und Barmherzigkeit ein.Dienst und Anstrengung sind beendet und ihr geht, eurenLohn zu empfangen. Mit Sicherheit wird der majestäti-sche Allmächtige, der die Samenkerne und Körner aufbe-wahrt, die die Seiten des Buches der Taten des vergan-genen Frühlings und die kleinen Speicher seiner Dienstesind, und in dem kommenden Frühling überaus pracht-voll, ja hundertfach ertragreicher als den ursprünglichen

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Kern wieder aufkeimen lässt und ausbreitet, auch die Er-gebnisse eures Lebens genauso aufbewahren und eureDienste in Überfülle belohnen.

Zehntes Wort:

»Und Er ist aller Dinge mächtig.«

»Wa huva ala kulli shay’in qadir«, das heißt: Er ist der Ei-ne in Seinem Herrschaftsbereich und in Seinem Wesen.Er ist aller Dinge mächtig. Nichts fällt Ihm schwer. Die Er-schaffung eines Frühlings ist Ihm so leicht wie die Er-schaffung einer Blume. Die Erschaffung des Paradiesesist Ihm so leicht wie die Erschaffung eines Frühlings. Diegrenzenlos vielen Kunstwerke die Er an jedem Tag, in je-dem Jahr und in jedem Jahrhundert von Grund auf neuerschafft, bezeugen mit unendlich vielen Zungen Seineunendliche Macht. Auch dieses Wort bringt eine guteNachricht. Es sagt:

Oh Mensch! Die Dienste, die du versiehst, und die An-betung Gottes, die du verrichtest, ist nicht vergeblich. EinOrt der Belohnung, ein Land der Glückseligkeit sind fürdich bereitgestellt. Anstelle dieser deiner vergänglichenWelt erwartet dich ein ewig bleibendes Paradies. Glaubean das Versprechen des majestätischen Schöpfers, dendu anbetest, und den du erkennst, und verlass dich dar-auf. Es ist Ihm unmöglich, Seinem Versprechen ent-gegengesetzt zu handeln. Seine Macht kennt in keinerHinsicht irgend eine Unvollkommenheit. In Seiner Tätig-keit kann eine Schwäche nicht aufkommen. Wie Er dei-nen Garten erschafft, so vermag Er auch das Paradies fürdich zu erschaffen und hat es sogar erschaffen und es dirversprochen. Da Er es dir versprochen hat, wird Er dichauf jeden Fall auch dahin bringen.

Nun aber ist es ganz offensichtlich, dass in jedem Jahrmehr als dreihunderttausend Arten und Völker unter den

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Tieren und Pflanzen auf der Erde in vollkommener Ord-nung und Wohlausgewogenheit, in höchster Geschwin-digkeit und mit vollendeter Leichtigkeit wieder versam-melt und verbreitet werden. Mit Sicherheit ist einer, der inSeiner Majestät so allmächtig ist (dies alles zu bewirken),auch dazu in der Lage, Sein Versprechen einzulösen. Daalso nun ein so absolut Allmächtiger in jedem Jahr tau-senderlei Musterbeispiele der Wiederversammlung unddes Paradieses erschafft, und da Er nun einmal durch al-le Seine vom Himmel herab gesandten Erlasse die ewigeGlückseligkeit verspricht und das Paradies verkündet,und da alle Seine Ausführungen und Handlungen nuneinmal wahr und wirklich, aufrichtig gemeint und ernst zunehmen sind, und da alle Vollkommenheit (soweit wir siewahrnehmen können) nun einmal durch das Zeugnis Sei-ner Werke auf Seine unendliche Vollkommenheit (jenseitsunseres Fassungsvermögens) hinweisen und für sieZeugnis ablegen und es bei Ihm keinerlei Fehler undMängel gibt, und da als hässlichste Eigenschaften, alsFehler und Mängel gelten, nicht zu seinem Wort zu ste-hen, es zu brechen, zu lügen und zu täuschen, wird die-ser Allmächtige in Seiner Majestät, der Allweise in SeinerVollkommenheit, der Allbarmherzige in Seiner Schönheitmit Sicherheit und in jedem Fall Sein Versprechen einlö-sen, die Pforte zur ewigen Glückseligkeit öffnen undeuch, oh Ihr Leute des Glaubens, ins Paradies, in die ur-sprüngliche Heimat eures Vaters Adam führen.

Elftes Wort:

»Und zu Ihm ist unsere Bestimmung.«

»Wa ilaihi-l’masier«, das heißt: Die Menschen, die für Ge-schäft und dienstlichen Auftrag mit wichtigen Aufgaben indiese Welt, an diesen Ort der Prüfung, gesandt werden,und ihr Geschäft abgeschlossen, ihren Auftrag erfüllt undihren Dienst vollendet haben, werden wieder zu dem ma-

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jestätischen Schöpfer, der sie gesandt hat, zurückkehrenund sich mit ihrem gastfreundlichen (keriem) Herrn be-gegnen. Das heißt: Sie verlassen diesen vergänglichenOrt und werden mit der Gegenwart Seiner Hoheit an demewig bleibenden Ort beehrt. Das heißt: Sie befreien sichvon dem Gewirr aus (bewirkenden) Ursachen und vondem verfinsternden Schleier aus (bewirkenden) Mittelnund werden sich mit dem allbarmherzigen Herrn am SitzSeines ewigen Königreiches ohne alle verschleiernde(Mittel und Ursachen) treffen. Jeder wird unmittelbar (undganz) persönlich den kennen lernen, der sein Schöpfer,Angebeteter, Versorger, Herr und Besitzer ist, und Ihn fin-den. Nun bringt dieses Wort eine solch frohe Botschaft,wie sie über jeglichen frohen Botschaften steht. Und siebesagt:

Oh Mensch! Weißt du eigentlich, wohin du gehst? Undwohin du geführt wirst? Du gehst in das Land der Barm-herzigkeit und in die Gegenwart des majestätischenSchönen (Djemil), dessen Schönheit eine Stunde zuschauen nicht einmal einem tausendjährigen Leben imParadies gleichkommt, wo eine einzige Stunde im Para-dies zu leben aber nicht einmal einem glücklichen Lebenvon tausend Jahren auf Erden gleichwertig ist, wie bereitsam Schluss des Zweiunddreißigsten Wortes gesagt wur-de. Was die Schönheit und Vollkommenheit allen Seinsauf Erden und derer, in die ihr verliebt und denen ihr ver-fallen seid, und nach denen ihr sehnsüchtig verlangt, be-trifft, so sind sie eine Art Schatten der Erscheinung SeinerSchönheit und kommen von der Vollkommenheit SeinerNamen. Das ganze Paradies ist mit all seinen Feinheiteneine Erscheinung Seiner Barmherzigkeit. Was all die Ar-ten von Liebe und Begeisterung, Zuneigung (des Schü-lers) und Anziehungskraft (des Lehrers) betrifft, so sindsie ein Funke Seiner Liebe. Ihr geht zu dem immerwäh-renden Angebeteten, dem für ewig Geliebten in das LandSeiner Gegenwart. Und ihr werdet eingeladen in das Pa-radies, wo Sein ewiges Gastmahl ist. Daher sollt ihr durch

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das Tor des Grabes nicht weinend gehen, sondern in Hei-terkeit. Außerdem bringt dieses Wort folgende frohe Bot-schaft. Es besagt:

Oh ihr Menschen! Ihr sollt euch nicht vorstellen undnicht denken, dass ihr in die Vergänglichkeit, in dasNichts, in die Verlorenheit, in die Finsternis, in die Ver-gessenheit, in die Verwesung, in die Auflösung, geht,oder in der Vielfalt (der Ursachen) ertrinken werdet! Ihrgeht nicht in die Vergänglichkeit (fena), sondern in die Be-ständigkeit (beqa), werdet nicht in das Nichts, das Ferne-sein, sondern in die immerwährende Anwesenheit geführtwerden, tretet nicht in die Finsternis, sondern in die Weltdes Lichtes ein. Ihr seid auf dem Weg zu eurem wahrenBesitzer und Eigentümer und kehrt zur Residenz des ewi-gen Königs zurück. Ihr werdet nicht in der Vielfalt ertrin-ken, sondern im Lande der Einheit des Allgegenwärtigenwieder aufatmen dürfen. Ihr seid nicht auf Trennung, son-dern auf eine Zusammenkunft hin angelegt.

Zweites Kapitel

Aus dem Blickwinkel des Großen Namens, ein kurz zu-sammengefasster Hinweis auf den Beweis der göttlichenEinheit (Tauhid).

Erstes Wort:

»Es gibt keine Gottheit außer Gott«

In diesem Wort liegt (eine Bestätigung) der göttlichen Ein-heit und Seiner Anbetung. Wir möchten hier auf einen be-sonders mächtigen Beweis für diese Stufe folgenderma-ßen hinweisen:

Auf dem Antlitz des Alls, besonders aber auf der Blatt-

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seite unserer Erde wird eine ganz besondere Ordnungsichtbar. Und wir beobachten auch eine Schöpfertätigkeitvon besonderer Weisheit. Und wir erkennen auch mit au-genscheinlicher Gewissheit eine sehr sorgfältige Entfal-tung, d.h. eine jedem einzelnen Ding entsprechende Öff-nung und Formgebung. Und ferner beobachten wir(Handlungen) eines besonders liebevollen (shefqat),großzügigen und erbarmungsvollen Gebens (Wahhab)und Schenkens (ihsan). Weil dies aber so ist, so beweistdiese Sachlage, diese Gegebenheit, das geradezuzwangsläufige Vorhandensein und die Gegenwart (Vah-det) der Aktivität, der schöpferischen (Khallaq), eröffnen-den (Fattah) und schenkenden (Wahhab) Tätigkeit desmajestätischen (Djelal) Herrn, ja lässt diese geradezuverspüren. In der Tat zeigt der beständige Verfall und dieErneuerung in allem Sein, dass in allem Sein die Manife-stationen der Heiligen Namen eines allgewaltigen Künst-lers, die Schatten des Lichtes Seiner Namen sichtbarwerden, die Spuren Seiner Taten, die Schmuckstückeund die Seiten, beschrieben mit der Feder göttlichen Vor-auswissens und Seiner Macht, und die Spiegel allerSchönheit (Djemal) und Vollkommenheit (Kemal).

Gerade so wie der Herr des Alls diese gewaltige Wahr-heit und die überwältigende Stufe Seiner Einheit mit allenoffenbarten Heiligen Büchern und Schriften unter Beweisstellt, so zeigen auch alle Kenner der Wahrheit und Voll-endeten der Menschheit durch ihre Forschungen undEntdeckungen die gleiche Stufe der Einheit. Auch dasUniversum verweist durch das unablässige Zeugnis derWunder seiner Kunst, der Wunder seiner Macht, all derSchätze des Reichtums, die es ausstellt trotz allerSchwäche und Armseligkeit auf diese gleiche Stufe. Dasaber heißt, dass die Heiligen Bücher und Schriften desZeugen von Urzeit, die Forschungen und Entdeckungender Gemeinschaft der Zeugen, der ordentliche Zustand,all die Funktionen voll Weisheit und Zweckmäßigkeit indieser Welt, die wir bezeugen, in der Übereinstimmung,

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was diese Stufe der Einheit betrifft, und in deren Bestäti-gung vereinigt sind.

So müssen denn diejenigen, die den Einen und Allge-genwärtigen nicht anerkennen, entweder unendlich vieleGötter anerkennen, oder aber, so wie die törichten So-phisten sowohl ihre eigene Existenz als auch die des gan-zen Universums bestreiten.

Zweites Wort:

»Er ist der Eine.«

Dieses Wort zeigt uns eine deutlich erkennbare Stufe derEinheit. Dabei weisen wir auf ein besonders kraftvollesZeugnis hin, das diese Stufe auf eine machtvolle Weisedarlegt:

Wenn wir unsere Augen öffnen, das Universum unsereBlicke an sein Antlitz fesselt, so ist das erste, worauf sichunsere Augen richten, eine universelle und vollkommeneOrdnung und wir erblicken ein allumfassendes, empfind-liches Gleichgewicht. Alles befindet sich in einer präzisenOrdnung, einem empfindlichen Gleichgewicht und Maß.

Schauen wir dann noch ein wenig genauer hin, so fälltuns immer wieder aufs Neue eine Ordnung und Ausge-wogenheit ins Auge. Das heißt, jemand verändert dieseOrdnung mit Sorgfalt und erneuert dieses Gleichmaß inAusgewogenheit. Jedes Ding ist ein Modell und in einersehr großen Anzahl wohlgeordneter und ausgewogenerFormen gestaltet.

Wenn wir jetzt noch ein wenig aufmerksamer hinschau-en, so wird hinter dieser Ordnung und Ausgewogenheiteine Weisheit und Gerechtigkeit sichtbar. Mit jeder Bewe-gung wird eine Weisheit, ein Zweck verfolgt… eine Wahr-heit, ein Nutzen folgt daraus.

Schauen wir noch ein wenig aufmerksamer hin, so fälltuns die Offenlegung einer Macht innerhalb einer außeror-dentlich weisen Aktivität ins Auge, die Manifestation eines

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allumfassenden Wissens, das alle Dinge zugleich mit ih-ren Attributen einschließt.

Das heißt, diese Ordnung und Ausgewogenheit, die inallen Dingen sind, zeigen uns klar eine universelle Ord-nung und Ausgewogenheit; und diese Ordnung und Aus-gewogenheit zeigen uns eine universelle Weisheit undGerechtigkeit; und diese Weisheit und Gerechtigkeit zei-gen uns ihrerseits wieder eine Macht und eine Kenntnis.Das heißt, einer, der aller Dinge mächtig ist und alle Din-ge kennt, wird hinter diesen Schleiern erkennbar.

Des Weiteren betrachten wir Anfang und Ende allerDinge und erkennen, wie besonders in allem Lebendigen,Beginn, Ursprung und Wurzeln von solcher Art sind, alsob ihre Samen in Form einer Liste, eines Programms al-le Anlagen der jeweiligen Art enthielten. Und wiederumsind ihre Früchte, ihre Produkte von der Art, dass die Be-deutung eines jeden lebenden Exemplars sich in ihnengefiltert und konzentriert findet und die Geschichte ihresLebens in ihnen bewahrt ist. Es ist, als ob ihre Samen ei-ne Sammlung jener Grundprinzipien wären, nach denensie erschaffen wurden. Was ihre Früchte, ihre Produktebetrifft, so gleichen sie einer Art Index, nach dem sie beiihrer Erschaffung programmiert wurden. Wenn wir da-nach nun das Äußere und das Innere lebendiger Dingebetrachten, so wird ersichtlich, wie eine ganz besondersweise Macht, die Ordnung und Gestaltung eines ganz be-sonders wirkungsvollen Willens am Werk sind, d.h. eineKraft, eine Macht, die erschafft, ein Befehl, ein Wille, derGestalt annimmt.

Wenn wir also auf diese Weise alles Sein mit Sorgfaltbetrachten, so können wir bezeugen, dass ihr Anfang ei-nem Konstruktionsplan entspricht, der vorbereitet wurdevon einem, der über Kenntnis verfügt, und ihr Ende Planund Ergebnis eines Meisters sind, dass ihr äußerlicherAspekt mit Sorgfalt und in wunderschönen Proportionengestaltet wurde von einem, der über Willens- und Ent-scheidungsfreiheit verfügt, und dass ihre innere Ge-

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staltung einer sehr gut entworfenen Maschine eines All-mächtigen (Qadir) gleicht.

So macht denn diese Situation, diese Gegebenheit not-wendigerweise und ganz offensichtlich bekannt, dass eskein Ding, keine Zeit und keinen Ort geben kann, der sichaußerhalb des Verfügungsbereichs des einen und einzi-gen Meisters in Seiner Majestät (Djelal) befinden könnte.Jedes und alle Dinge mit all ihren Eigenschaften werdeninnerhalb des Verfügungsbereiches eines Allmächtigenund Allwollenden verwaltet. Sie erhalten ihre Schönheitauf Anordnung und in der Gnade eines gnädigen Erbar-mens, werden bekleidet mit dem Schmuck eines lieben-den Wohltäters. In der Tat zeigt die Ordnung und Ausge-wogenheit, die Sorgfalt und Ausgeglichenheit im Univer-sum und in allem Sein jedem, der über Bewusstsein ver-fügt und Augen im Kopf hat, einen Herrn, der allgegen-wärtig (Vahid), ein Einziger (Ahad), allmächtig (Qadir), all-wollend (Murid), allwissend (Alim) und allweise (Hakim)ist, auf der Stufe Seiner Einheit.

So ist zum Beispiel die Sonne, einzig als Leuchte un-serer Erde. So ist denn einzig auch der Besitzer (Malik)unserer Welt. Zum Beispiel sind die Diener alles dessen,was auf unserer Erde lebt, Luft, Feuer und Wasser eins.So ist denn auch der einzig, der sie in Seinen Dienst ge-nommen und uns dienstbar gemacht hat.

Drittes Wort:

»Er hat keinen Partner.«

Da wir dieses Wort bereits im Ersten Kapitel des Zwei-unddreißigsten Wortes bereits in sehr nachdrücklicherund prächtiger Weise bewiesen haben, (begnügen wiruns hier mit) einem Hinweis darauf. Eine Erklärung, dienoch darüber hinausginge, gibt es nicht. Eine noch darü-ber hinausgehende Erklärung gibt es nicht und würdeauch zu nichts weiter führen.

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Viertes Wort:

»Sein ist das Reich.«

Das heißt, das alles Sein vom (Antlitz) der Erde bis zumThron (des Himmels), von einem Stäubchen bis zu denPlejaden, von Ewigkeit zu Ewigkeit, der Himmel und dieErde, Diesseits und Jenseits Sein Herrschaftsbereichsind. Sein ist die höchste Stufe Seiner Herrschaft, so wiesie in Form einer allgewaltigen Einheit (zum Ausdruckkommt). Das Große Zeugnis dieser höchsten Stufe Sei-ner Herrschaft, des gewaltigen Ranges (makam) SeinerEinheit wurde zu einer angenehmen Zeit und unter ange-nehmen Umständen meinem armseligen Geist in arabi-scher Form eingeprägt. Um dieser angenehmen Erinne-rung willen wollen wir hier zunächst den arabischen Textniederschreiben und danach dann eine Auslegung anfü-gen.

»Sein ist das Reich, weil der Makrokosmos dem Mikrokosmos gleicht.Was von Seiner Macht gestaltet wurde, drückt sich aus in Seinem Vor-auswissen. In Seiner Erschaffung wird der Makrokosmos zu einem Ortder Anbetung, während Er den Mikrokosmos ins Dasein ruft und ihn sozu Seiner Anbetung zwingt. Während er den Ersteren ins Dasein ruft,

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macht er ihn zu Seinem Besitztum. Während er Letzteren ins Daseinruft, macht er ihn sich zu Seinem Diener. Seine Kunst erscheint in Erste-rem als ein Buch, während er Letzterem die Farbe gibt, die durch SeinWort hindurchschimmert. Seine Macht offenbart in Ersterem SeineMajestät, während Sein Erbarmen in Letzterem Seine Gnade (ni’met)errichtet. Seine Majestät bezeugt durch Ersteren, dass Er ein Einziger(Ahad) ist; und so verkündet Seine Gnade auch in Letzterem, dass Erein Einziger ist. Sein Stempelaufdruck findet sich auf allen Dingen desErsteren, den großen wie den kleinen und Sein Siegel auf dem Körperdes Letzteren und seinen Gliedern.«

Erster Abschnitt:

»Sein ist das Reich, weil der Makrokosmos dem Mikrokosmos gleicht.Was von Seiner Macht gestaltet wurde, drückt sich aus in Seinem Vor-auswissen.«

Das heißt, dieser Kosmos, so wie wir unsere Welt im Gro-ßen nennen, und der Mensch, als dessen verkleinertesMusterbeispiel wir den Mikrokosmos bezeichnen, zeigenuns die Beweise göttlicher Allgegenwart (Vahdaniyet)innerhalb und außerhalb der menschlichen Seele (nefs),so wie sie uns von der Feder der göttlichen Allmacht undSeines Vorauswissens aufgezeichnet wurden.

So finden wir in der Tat im Menschen in verkleinertemMaßstab wohlgeordnet die Kunst des ganzen Weltalls.Und so wie die Kunst, die wir im großen und weiten Be-reich vorfinden, die Allgegenwart des Meisters bezeugt,so zeigt auch im Menschen eine Kunst, wenn auch immikroskopisch kleinen Maßstab, wiederum die Allgegen-wart Seines göttlichen Künstlers. Ja, mehr als das: so wiedieser Mensch ein besonders bedeutungsvoller Brief desHerrn ist, eine schön gesetzte Kasside göttlichen Vorher-wissens, so ist auch das Universum eine ebenso wohlge-setzte Kasside göttlichen Vorherwissens, geschrieben mitdem gleichen Stift göttlichen Vorherwissens, nur in einemgrößeren Maßstab.

Ja, wäre es denn überhaupt möglich, dass irgendetwasanderes, es sei denn der Einzigartige in Seiner Allgegen-

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wart, seine Hand im Spiel gehabt haben könnte, als Erdiesen Stempel Seiner Allgegenwart dem Gesicht auf-prägte, das trotz all seiner zahllosen Unterscheidungs-merkmale dem aller Menschen gleicht, als Er das SiegelSeiner Allgegenwart dem Universum verlieh und so be-wirkt hat, dass alles Sein Schulter an Schulter, Hand inHand, Kopf an Kopf zu stehen kommt.

Zweiter Abschnitt:

»In Seiner Erschaffung wird der Makrokosmos zu einem Ort der Anbe-tung, während Er den Mikrokosmos ins Dasein ruft und ihn so zu SeinerAnbetung zwingt.«

Das heißt sinngemäß: Der Allweise Künstler hat den Ma-krokosmos in so einzigartiger Weise zu einer Stätte derAnbetung erschaffen und das Große Zeichen über ihmeingestickt, dass Er die Gestalt des Alls zu einer GroßenMoschee umwandelte, und Er hat auch den Menschen inder Weise ins Dasein gerufen und ihm Verstand verlie-hen, dass er sich vor Seinen wunderbaren Werken undSeiner einzigartigen Macht anbetend und bewunderndbeugt, lässt ihn dieses Große Zeichen lesen, seine Hän-de im Gebet verschränken und ihn seiner Natur (fitrat)entsprechend als ein in Anbetung versunkener Dienerniederfallen. Ja, wäre es denn überhaupt möglich, dassderjenige, vor dem sich alle in dieser Großen Moschee inAnbetung verneigen und in Wahrhaftigkeit niederwerfen,ein anderer sein könnte als dieser Meister in der Einzig-artigkeit Seiner Allgegenwart?

Dritter Abschnitt:

»Während er den Ersteren ins Dasein ruft, macht er ihn zu SeinemBesitztum. Während er Letzteren ins Dasein ruft, macht er ihn sich zuSeinem Diener.«

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Das heißt sinngemäß: Dieser König des Königreichs in allSeiner Majestät hat den ganzen Makrokosmos und be-sonders das Antlitz der Erde in einer Weise geformt undgestaltet, dass er zahllose konzentrische Kreise bildet,deren jeder einen Acker darstellt, wo Er zu Seiner Zeitvon Abschnitt zu Abschnitt, von Periode zu Periode, vonZeitalter zu Zeitalter (Sein Feld) bestellt, pflügt, sät underntet. Fortwährend lässt Er auf Seinem Besitztum arbei-ten und betreibt seine Verwaltung.

Die Welt der Atome, welche den größten Kreis bildet,hat Er sich zu Seinem Acker bestellt, wo Er ständig einenganzen Kosmos an Ernte einbringt und auf dem Er in Sei-ner Macht und Weisheit pflügt, sät und erntet. Sodann hatEr das Antlitz der Erde als einen mittleren Kreis zu einemAcker gemacht, den er pflügt und bestellt und auf dem Ervon Jahreszeit zu Jahreszeit Welten und Arten aussätund von dem Er sie wieder erntet. Auch die geistige Ern-te schickt Er zu den verborgenen, jenseitigen, Traum-,Geist- und Beispielwelten.

Auch einen Garten, der einem noch kleineren Kreis an-gehört, füllt Er hundertmal und tausendmal durch SeineKraft und leert ihn wieder in Seiner Weisheit. Und ausdem noch kleineren Kreis eines lebendigen Daseins, ei-nes Baumes z.B. oder eines Menschen bringt Er einehundertmal vielfältigere Ernte hervor. Das also heißt,dass der König Seines Reiches in Seiner Majestät alle diegroßen und die kleinen, die individuellen und die univer-sellen Dinge als Modell erschafft und sie dann in hun-dertfältiger Weise immer wieder neu mit Seinen kunstvollverzierten Tüchern bekleidet und somit die Erscheinun-gen Seiner Namen und Wunderwerke Seiner Macht zurSchau stellt. Jedes einzelne Ding in Seinem Reich hat erwie eine Blattseite erschaffen und schreibt auf jeder die-ser Seiten in hundertfältiger Weise bedeutungsvolle Brie-fe, stellt die Verse (Ayat) Seiner Weisheit aus und lässtsie von Seinen mit Bewusstsein begabten Wesen lesen.

Während Er sich also diese ganze große Welt zu Sei-

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nem Eigentum erschuf, hat Er auch den Menschen in derWeise ins Dasein gerufen und ihm solche Anlagen undFähigkeiten, Sinne und Gefühle und insbesondere einesolche Selbstsucht (nefs), Lust, Verlangen, Ansprücheund Begierden gegeben, dass er zu einem Diener in (Got-tes) Riesenreich wurde, der nach diesem ganzen Reichverlangt.

Ja wäre es denn überhaupt möglich, dass neben die-sem König des Reiches in Seiner Majestät, der diese sogroße Welt, angefangen von einem Stäubchen oder einerFliege bis hin zu ihrem großen Ganzen zu Seinem Besitzund Eigentum und zu Seinem Acker gemacht hat, der die-sen kleinen Menschen zum Verwalter Seines GroßenReiches, zu Seinem Aufsichtsbeamten, zu Seinem Land-mann und Gärtner, zu Seinem Handelsvertreter, zu Sei-nem Herold, zu Seinem Diener und Anbeter, zu einem,der Sein ehrenwerter Gast und Gesprächspartner seinsoll, noch irgendein anderer über sein Königreich verfü-gen, Herr Seiner Untertanen sein könnte!?

Vierter Abschnitt:

»Seine Kunst erscheint in Ersterem als ein Buch, während er Letzteremdie Farbe gibt, die durch Sein Wort hindurchschimmert.«

Dies bedeutet Folgendes: Die Kunst des RuhmreichenMeisters im Makrokosmos hat eine solche Fülle von Be-deutungen, dass diese Kunst, wollte man sie sich in Formeines Buches, das Weltall als ein riesiges Buch vorstel-len, der menschliche Geist seine ganze Bibliothek ausdieser wahren Weisheit der Wissenschaft geschöpft undihr entsprechend niedergeschrieben hätte. Und diesesBuch der Weisheit ist in solchem Maße der Wirklichkeit(haqiqat) verbunden und bedarf so sehr ihrer Hilfe, dasses in Form einer Kopie jenes Großen Klaren Buches, dasder Allweise Qur’an ist, veröffentlicht worden ist.

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Ja, mehr noch: so wie die Kunst im Universum die Formeines Buches angenommen hat, das ihr vollendetes Re-gelmaß in sich enthält, so hat auch ihre Färbung und derSchmuck ihrer Weisheit im Menschen, (diesem Kunst-werk), die Blume Seiner Zusprache geöffnet. Das heißt,dieses Kunstwerk, (der Mensch) ist von einer solchen Be-deutung, voll so viel Anmut und Schönheit, dass es dieBestandteile dieser lebendigen Maschine, als wäre sieein Grammophon, zum sprechen bringt. Und weil es mitdem besten aller Geschöpfe eine so hochherrschaftlicheFärbung erhält, hat es auch die Blume des Ausdrucks undder Sprache, die geistig (manevi), unsichtbar und leben-dig ist, in seinem (des Menschen) materiellen, leiblichen,(an und für sich) toten Kopf geöffnet. Und es hat die Fä-higkeit, zu sprechen und sich auszudrücken, die im Kopfdes Menschen angesiedelt ist, mit solch hochwertigenAnlagen und Organen ausgestattet, dass sie ihn dazuveranlasst hat, sich bis zu einer Stufe (makam) hin zuentwickeln, dass er Gesprächspartner (muhatab) des ur-ewigen Sultans wurde. Das heißt, die in der Natur (fitrat)des Menschen bereits vorhandene Farbe seines Herrn,öffnete ihm die Blume göttlicher Ansprache (hitab).

Ja, wäre es denn überhaupt möglich, dass irgendetwasanderes außer dem Einzig Allgegenwärtigen (Vahid-iAhad) sich an der Kunstfertigkeit, die in allem, was da ist,als Buch (der Schöpfung) sichtbar wird, an der Farbe(d.h. der Taufe Gottes), die den Menschen bis zur Stufe(makam) eines Ansprechpartners (hitab) empor hebt, be-teiligen könnte… Keineswegs!…

Fünfter Abschnitt:

»Seine Macht offenbart in Ersterem Seine Majestät, während SeinErbarmen in Letzterem Seine Gnade (ni’met) errichtet.«

Dies bedeutet Folgendes: Es ist die göttliche Macht im

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Makrokosmos, welche die Majestät Seiner königlichenHerrschaft zeigt und die Barmherzigkeit des Herrn, die sieSeine Gnadengaben im Menschen verteilt, der wie einMikrokosmos ist. Denn die Macht des Meisters erschafftden Kosmos hinsichtlich Seiner Größe und Majestät inForm eines fürstlichen Schlosses, indem die Sonne diegroße elektrische Flutlichtanlage und der Mond einLeuchter ist, während sie die Sterne wie goldene Kerzenoder Glühbirnen einschaltet. Zugleich ist die Erde ge-deckt wie ein Tisch, gleicht einem Feld, einem Garten, istwie ein Kleid… Ihre Berge sind ein jeder wie ein Vorrats-speicher, ein Mast, eine Burg usw…

So wie Er einerseits die Majestät Seiner Herrschaftdurch die reiche und großzügige Ausstattung dieses gro-ßen Schlosses in prächtiger Weise darstellt, so verleiht Erhinsichtlich Seiner Schönheit (djemal) auch die verschie-denen Arten Seiner Gnadengaben allen beseelten Wesenbis hinunter zu den allerkleinsten und zeichnet sie auf die-se Weise aus… Er schmückt sie ganz und gar mit SeinenGnadengaben, stattet sie mit Wohlwollen und SeinerGroßzügigkeit aus und bringt dem Glanz Seiner Majestät,als Seinem Großen Wort, die Schönheit Seiner Barmher-zigkeit als vielen kleinen Worten entgegen.

Denn die Sonne und der Thron Gottes und andere ge-waltige Gebilde sagen mit dem Ausdruck ihrer Majestät:»Oh Majestätischer (Djelil)! Oh Mächtiger (Kebir)! Oh Ge-waltiger (Adhim)!« während alle kleinen Tiere wie Fliegenund Ziegen mit dem Ausdruck der Barmherzigkeit (rah-met) »Oh Schöner (Djemil)! Oh Erbarmer (Rahim)! OhGnadenreicher (Kerim)!« sagen und sich so mit süßemKlang und sanfter Stimme dem ganzen Großen Orches-ter anschließen.

Ja wäre es denn überhaupt möglich, dass ein andererals der majestätische in Seiner Schönheit und der Schö-ne in Seiner Majestät nach seinem eigenen Kopf einenAnteil an der Erschaffung der großen und kleinen Weltengehabt haben könnten?… Gott behüte!…

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Sechster Abschnitt:

»Seine Majestät bezeugt durch Ersteren, dass Er ein Einziger (Ahad)ist; und so verkündet Seine Gnade auch in Letzterem, dass Er ein Ein-ziger ist.«

Dies bedeutet Folgendes: So wie der Glanz Seiner Herr-schaft, der sich im ganzen Kosmos zeigt, die göttliche(Einheit in Seiner) Allgegenwart (Vahdaniyyet) zeigt undbeweist, so zeigt und beweist auch die Gnade (ni’met)des Herrn, welche jedem einzelnen Geschöpf seine be-ständige Versorgung zukommen lässt, die göttliche Ein-heit (Ahadiyyet, in Seiner Person). Was Seine Allgegen-wart betrifft, so kann man sagen, dass alles Sein auf denEinen zurückzuführen ist, auf den Einen hin ausgerichtetist und von diesem Einen erschaffen worden ist. SeineEinheit hingegen besagt, dass die meisten Namen desSchöpfers aller Dinge in jedem Ding in Erscheinung tre-ten. So können z.B. die Strahlen der Sonne, weil sie dasgesamte Antlitz der Erde umfassen, als ein Beispiel fürdiese Allgegenwart aufgefasst werden, während dasLicht, die Wärme und der siebenfarbige Strahlenkranz,der sich als ein Abglanz der Sonne in jedem glänzendenDing, wie auch in einem jeden Wassertropfen findet, alsein Beispiel für Seine Einheit dient. Da nun in jedem Ding,besonders in allen lebenden (Geschöpfen) und ganz be-sonders in jedem Menschen die meisten Namen seinesMeisters in Erscheinung treten, so zeigt sich hierin SeineEinheit.

So weist denn dieser Abschnitt darauf hin, dass derGlanz der Herrschaft, wie sie über das All verfügt undwelche diese riesengroße Sonne zu einem Diener allerLebewesen auf dem Globus, zu ihrer Lampe, ihrer Feu-erstätte gemacht hat und diesen ganzen, großen Erdballzu ihrer Wiege, ihrer Wohnstätte, ihrem Marktplatz, dasFeuer zu einem stets überall gegenwärtigen Freund undKoch, die Wolken zu einem Filter und einer Amme, die

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Berge zu Lagerhäusern und Speicherhallen, die Luft zueinem Fächer und den Lebewesen, sie ein- und auszuat-men, das Wasser, um denen, die neu in das Leben ein-getreten sind, wie ein Kindermädchen zu sein, das ihnendie Milch gibt, gleich einem Getränkehändler, der den Tie-ren lebendiges Wasser reicht, in ganz offensichtlicherWeise auf die göttliche Allgegenwart verweist.

Wer also außer dem einen und einzigen Schöpfer könn-te nun die Sonne zu einer gehorsamen Dienerin aller Er-denbewohner machen!? Und wer außer dem Einen undAllgegenwärtigen könnte den Wind in Seiner Hand hal-ten, ihn mit so vielen Aufgaben betrauen und ihn zu ei-nem pfeilgeschwind hin- und herfliegenden Diener aufdem ganzen Globus machen?! Und wer außer dem Einenund Allgegenwärtigen könnte es wagen, das Feuer alsSeinen Koch in Dienst zu nehmen, und ein Feuerchenvon der Größe eines Streichholzköpfchens dazu veran-lassen, Tausende Tonnen Güter zu verschlingen usw.!?Jedes einzelne Ding, jedes einzelne Element, jeder ein-zelne Himmelskörper verweist auf den Allgegenwärtigen(Vahid) in Seiner Majestät im Kleide des Ruhmes Seinergöttlichen Herrschaft.

So wie also denn im Hinblick auf Seine Größe (Djelal)und Majestät die göttliche Allgegenwart (Vahidiyet) offen-sichtlich wird, so verkündigen auch Seine Gnade (ni’met)und Seine Güte (ihsan) hinsichtlich Seiner Schönheit(Djemal) und Seines Erbarmens (rahmet) Seine göttlicheEinheit. Und dies ist so, weil es bei Seiner alles umfas-senden Kunst in den Lebewesen und insbesondere denMenschen Fähigkeiten und Möglichkeiten gibt, mit denenes so unendlich viele Formen von Gnadengaben zu ver-stehen, anzunehmen und zu erwünschen gilt, wie sie imganzen Universum in all Seinen heiligen Namen manifes-tiert sind. Wie ein Brennspiegel stellt (der Mensch) alleSchönen Namen gleichzeitig wie in einem Spiegel seineseigenen Wesens dar und verkündigt so die göttliche Ein-heit.

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Siebenter Abschnitt:

»Sein Stempelaufdruck findet sich auf allen Dingen des ersteren, dengroßen wie den kleinen und Sein Siegel auf dem Körper des letzterenund seinen Gliedern.«

Dies bedeutet Folgendes: So wie der ruhmreiche Meister der ganzen großen Welt

Seinen Stempel aufgeprägt hat, so hat Er auch den Stem-pel Seiner Einheit jedem ihrer Teile und der verschiede-nen Arten in ihr aufgeprägt. Und so wie auch im Mikro-kosmos, welcher der Mensch ist, sein Körper und (be-sonders) sein Gesicht das Siegel Seiner Einheit trägt, sotragen auch alle Teile seines Körpers dieses Siegel Sei-ner Einheit.

In der Tat hat der Allmächtige in Seiner Majestät einemjeden Ding, in seiner Ganzheit, wie auch in seinen ein-zelnen Teilen, jedem Stern und jedem Stäubchen, Seinjeweils eigenes Siegel der Einheit aufgeprägt, das für IhnZeugnis ablegt. Auf ein jedes von ihnen hat Er das SiegelSeiner Einheit gesetzt, das Ihn bezeugt. Da diese GroßeWahrheit bereits im Zweiundzwanzigsten Wort, im Zwei-unddreißigsten Wort und in den dreiunddreißig Fensterndes Dreiunddreißigsten Briefes erklärt und bewiesen wur-de, wollen wir hier nur noch darauf verweisen, und sozum Schluss kommen, enden.

Fünftes Wort:

»Ihm gebührt aller Lobpreis.«

Das heißt: »Alle Vollkommenheit, die man überall im Seinvorfindet, ist Grund, Ihn zu loben und zu preisen.« Dadies so ist, gebührt Ihm auch all unser Dank. Von Ewig-keit zu Ewigkeit gebührt Ihm aller Lobpreis, von wemauch immer er je gekommen sein mag und noch kommenoder an wen auch immer er sich richten wird. So wie in

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der Tat die Verse im Qur’an darauf hinweisen, ist allesSein, was sich auf ständige Weise zur Schwelle Gottes(dergah) empor richtet, Dienst, Anbetung (ubudiyet), Lob-preis (tesbih), Niederwerfung (sedjde), Bittgebet (dua)und Dankgebet (hamd). (Alle diese Gebete) richten sichständig an der Schwelle zu Gott empor. Das nun Folgen-de ist eine zusammengefasste Beweisführung für eineWahrheit, welche die Göttliche Einheit (Tauhid) bestätigt:

Wenn wir diese unsere Welt betrachten, so erscheintsie uns wie eine Parklandschaft, deren Gärten vom Gold-glanz der erhabenen Sterne überkuppelt sind, währenddie Erde der Schmuck der Pflanzen und Tiere belebt. Sosagen denn alle diese wohlgeordneten, lichtvollen, erha-benen Himmelskörper und die mit Weisheit und Schön-heit geschmückten Pflanzen und Tiere hier unten alle ge-meinsam und doch ein jedes in seiner eigenen Sprache:»Wir sind die Wunderwerke der Macht des majestäti-schen Allmächtigen. Und wir bezeugen die Einheit desallweisen Schöpfers und allmächtigen Meisters.«

Dann betrachten wir in dieser Parklandschaft unserenGlobus und sehen, dass er einen Garten bildet, in demhunderttausende Arten wohlgeschmückter blühenderPflanzen ausgesät wurden und über ihn verstreut Hun-derttausende ganz verschiedener Arten von Tieren (le-ben).

Und so verkündigen denn diese Pflanzen mit all ihrenVerzierungen und Tiere in all ihrem Schmuck in diesemErdengarten durch ihre wohlgeordneten Formen und mitihren wohlausgewogenen Gestalten: Wir alle sind jeweilsein Wunder, ein Kunstwerk des einen und einzigartigenMeisters, seine Ausrufer und seine Zeugen.

Wenn wir nun die Kronen der Bäume in diesem Gartenbetrachten, so sehen wir: sie sind in hohem Grade mitWissen und Weisheit, großzügig, feinsinnig und schöngebildet. Und wir erblicken Blumen und Früchte in ver-schiedenen Farben. Und siehe: sie verkündigen einmütig

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wie mit einem Munde: wir sind die wunderbaren Ge-schenke des Allerbarmers in Seiner Majestät, des All-barmherzigen in Seiner Vollkommenheit. Wir sind dieStaunen erregenden (Gaben) Seiner Güte.

Und so bezeugen denn die Gestirne und alle Himmels-körper, die Tiere und Pflanzen im Garten unserer Erde,die Blumen und Früchte in den Kronen der Bäume undverkündigen mit einer unendlich viele Male widerhallen-den Stimme: der uns geschaffen (Khaliq) und gebildet(Musauvvir) und zu Geschenken bestimmt hat, der All-mächtige in Seiner Majestät (Qadir-i Dhu-l’Djemal), derAllweise (Hakiem) ohne gleichen, der Allgütige (Keriem)Geber aller guten Gaben ist aller Dinge mächtig. Nichtsist schwierig für Ihn. Kein Ding liegt außerhalb SeinerMöglichkeiten. Vor Seiner Macht sind Sterne und Stäub-chen gleich. Vom Universellen bis zum Individuellen sindalle Dinge einfach. Von einem Teil bis zu seinem Ganzensind alle Dinge gleich wertvoll. Vom größten bis zumkleinsten Ding sind vor Seiner Macht alle leicht. VomGroßen bis zum Kleinen ist jedes Ding von Seiner Kunstbeseelt, ja geradezu ein Kunstwerk. Und manchmal sinddie kleinen Dinge ein größeres Kunstwerk als die großen.

Alle Dinge, die in vergangener Zeit als WunderwerkeSeiner Macht entstanden, bezeugen, dass der vollkom-mene Allmächtige auch bis in alle künftigen Zeiten zu al-len staunenswerten Dingen in der Lage ist. Der das Ge-stern vollbrachte, wird auch das Morgen heraufführen.Der Allmächtige, der die Vergangenheit erschuf, wirdauch die Zukunft erschaffen. Der Weise Meister, der dieWelt erschuf, wird auch das Jenseits erschaffen.

Und so wie der einzige, zu recht Anbetungswürdige dermajestätische Allmächtige ist, so ist auch Er der einzigabsolut Preisenswerte. So wie Dienst und Anbetung Ihmallein gebühren, so gehören auch Lob und Preis alleinIhm.

Wäre es denn möglich, dass der allweise Meister, der

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Himmel und Erde erschaffen hat, die Menschen, welchedas wichtigste Ziel Himmels und der Erde und die voll-endete Frucht des Universums sind, sich selbst überlas-sen hätte, sie den Ursachen und dem Zufall überlassensollte und so Seine offensichtliche Weisheit in Sinnlosig-keit verwandelt hätte?! Keineswegs!… Wäre es dennmöglich, dass derjenige, welcher der Allweise (Hakiem),der Allwissende (Aliem) ist, der einen Baum geplant undgeformt und ihm eine solche Bedeutung zugemessen hat,der ihn mit der größtmöglichen Weisheit versorgt und ihnhat groß werden lassen, nun dessen Früchte, die dochsein Ziel und Zweck sind, nicht mehr anschauen und nichtbeachten sollte, dass Er sie der Hand eines Diebes über-lassen, oder sie ganz einfach zu Boden fallen und ver-derben lassen sollte?! Natürlich würde Er sie niemals ausden Augen verlieren, ihnen niemals keine Aufmerksam-keit mehr schenken. Denn es sind doch seine Früchte,um deretwillen Er dem Baum Seine Aufmerksamkeitschenkt…

So ist denn Ziel und Zweck des Universums und seinevollkommenste Frucht, mit Bewusstsein begabt, derMensch. Wäre es denn möglich, dass der allweiseMeister des Universums (es zulassen sollte, dass) Lob-preis und Anbetung, Dank und Liebe, diese Früchte Sei-ner mit Bewusstsein begabten Frucht, anderen gegebenwürde und Er so Seine Weisheit offensichtlich zunichtemachen sollte… oder dass Er vielleicht Seine unbegrenz-te Macht in Schwäche umwandeln könnte… oder dass Ervielleicht Sein allumfassendes Wissen zu Torheit perver-tieren könnte? Keineswegs und hunderttausend Mal: aufkeinen Fall!

Wäre es denn möglich, dass die Anbetung und der ge-schuldete Dank für die empfangenen Gnadengaben ei-nes mit Bewusstsein beehrten Menschgeschlechtes, des-sen Bewusstsein im Mittelpunkt der Absicht des Herrn beider Erbauung dieses kosmischen Schlosses stand, ei-nem anderen zukommen sollte, als dem Künstler, der die-

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ses kosmische Schloss (erbaut hat) und dass dieser ma-jestätische Künstler es erlauben könnte, dass Dank undAnbetung, die doch Ziel aller Ziele sind, einem anderenzukommen sollte?

Ja, wäre es denn überhaupt möglich, dass Er mit Be-wusstsein begabte Wesen durch zahllose Arten SeinerGnadengeschenke dazu veranlassen sollte, Ihn zu lie-ben, sich Ihnen durch zahllose, wunderbare Kunstwerkebekannt machen sollte, und ihnen sodann keine Beach-tung mehr schenken und es statt dessen ihnen überlas-sen sollte, wenn sie ihren Dank, ihre Anbetung, ihren Lob-preis und ihre Liebe, all ihre Erkenntnis und ihre Aner-kennung der Natur und den bloßen Ursachen (zuwenden)und damit die Herrschaft Seines Königreiches wieder zu-nichte machte?! Hunderttausend Mal nein und Gott be-wahre!…

Wäre es denn möglich, dass einer, der keinen Frühlingzu erschaffen vermag, und alle die Früchte nicht erschaf-fen kann, und alle die Äpfel auf Erden nicht zu erschaffenvermag, deren Siegel stets das gleiche ist, auch nur eineneinzigen Apfel zu erschaffen vermöchte, der doch nur einMusterbeispiel von ihnen allen ist, und diesen Apfel dannjemandem als Geschenk (ni’met) anböte und so dessenDankbarkeit erwürbe, und so einen Anteil an dem Lob-preis hätte, der allein dem zukommt, dem aller Lobpreisgebührt!? Keineswegs!…Denn, wer auch nur einen einzi-gen Apfel erschaffen kann, der könnte auch alle die Äpfelerschaffen, die in der ganzen Welt wachsen. Denn ihrSiegel ist dasselbe.

Überdies ist der, welcher alle Äpfel erschaffen hat, der-selbe, der allen Samen und alle Früchte in der ganzenWelt erschafft, welche unserer Versorgung dienen. Dasheißt, wer auch nur dem kleinsten Lebewesen auch nurdas kleinste Geschenk gibt, ist unmittelbar der Schöpferdes ganzen Universums und Sein majestätischer Versor-ger (Rezzaq). Weil dies aber so ist, gehören Lobpreis undDank unmittelbar Ihm. Und weil dies so ist, sagt jene

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Wahrheit, die das Universum zum Ausdruck bringt, un-aufhörlich in dieser ihrer Sprache der Wahrheit:

»Ihm gebührt aller Lobpreis jedes einzelnen Dinges von Ewigkeit zuEwigkeit.«

Sechstes Wort:

»Er belebt.«

Das heißt: Er allein ist es, der das Leben schenkt. Weildies aber so ist, ist es auch Er allein, der alle Dinge er-schafft. Denn der Geist des Universums, sein Licht, dieHefe, die Basis, Ziel und Zusammenfassung ist das Le-ben. Wer also das Leben schenkt, der ist auch der Schöp-fer des ganzen Universums. Er ist der Lebendige und derUnwandelbare.

So verweisen wir denn auf das gewaltige Zeugnis für je-ne Stufe der Einheit (Tauhid) und erklären wie folgt:

Wie wir bereits in einem anderen »Wort« erklärt undbewiesen haben, sehen wir vor uns das so ruhmreicheHeer der Lebewesen, das seine Zelte über die weite Flä-che der Erde hin aufgeschlagen hat. In der Tat sehen wirin jedem Frühling ein neues Heer, eines jener ungezähl-ten Armeen des Lebendigen und Beständigen, aus derWelt des Unsichtbaren emporstreben, unter die Waffentreten und Aufstellung nehmen. Wenn wir dieses Heer be-trachten, so erkennen wir mehr als zweihunderttausendverschiedene Stämme Pflanzenvölker und noch einmalmehr als hunderttausend völlig verschiedene Tiervölker.Und obwohl doch jedes Volk, jeder Stamm seine eigeneUniform, seine eigene Verpflegung, seine eigene Ausbil-dung, seine eigene Musterung, seine eigene Dienstzeitund seine eigene Entlassung, seine eigene Ausrüstungempfängt, kann doch ein jeder, der Augen hat, erkennen

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und mit seinem Herzen bestätigen, dass ein großer undallmächtiger Kommandant mit grenzenloser Macht undWeisheit, mit unendlichem Wissen und Wollen (ilim ve ira-de), aus einer nie endenden Barmherzigkeit und mit HilfeSeiner unerschöpflichen Reichtümer für alle diese ver-schiedenen Bedürfnisse Sorge trägt, ohne auch nur eineinziges (Seiner Geschöpfe) zu vergessen, in vollendeterOrdnung, in makelloser Ausgewogenheit, zur jeweilsrechten Zeit, ohne sich jemals zu irren, ohne je etwas zuverwechseln. ohne sich jemals zu verspäten…

Ja wäre es denn möglich, dass sich irgendetwas in die-ses umfassende Wissen, diese vollkommene Macht ein-mischen, sich an ihr beteiligen, einen Beitrag zu ihrleisten könnte, welche dieses Heer mit all seinen Funk-tionen umfasst, ihm Leben verleiht, es lenkt und leitet,(seine Soldaten) ausbildet und sie versorgt, sie mit allemNotwendigen versorgt, wenn nicht der, welcher sie be-sitzt!?… Gott behüte: Hunderttausendmal, nein!…

Es ist ja ganz offensichtlich, dass die Schwierigkeit,zehn verschiedene Völkerstämme in einem Bataillon je-weils einzeln auszurüsten, zu der Schwierigkeit anwach-sen würde, gleich zehn Bataillone auszurüsten, weshalbMenschen in ihrer Unfähigkeit dazu gezwungen waren,sie alle nolens volens ganz einheitlich auszurüsten. Stattdessen versorgt der Lebendige und Beständige die mehrals fünfhunderttausend Völker dieses ganzen, prächtigenHeeres mit ihrer für ihr jeweils verschiedenes Leben ei-genen Ausrüstung. Ja Er gibt ihnen (diese Dinge) sogarohne jede Anstrengung, Schwierigkeit, auf eine ganzleichte Art und in einer ganz einfachen Weise, mit einertiefen Weisheit und großen Ordnungsliebe. Und Er lässtdieses ganze große Heer in einer einzigen Sprache

»Er ist es, der das Leben schenkt.« (Sure 23, 80)

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sagen und diese ganze gewaltige Gemeinschaft in dieserkosmischen Moschee rezitieren:

»Gott, es gibt keine Gottheit außer Ihm. Er ist der Lebendige, derBeständige. Nicht befällt Ihn Schlummer noch Schlaf…« (Sure 2, 255)

Siebentes Wort:

»Er gibt den Tod.«

Das heißt, der den Tod gibt, ist Er. Das heißt, so wie Er esist, der das Leben gibt, so ist auch Er es, der das Lebenwieder nimmt und den Tod gibt. Tod ist in der Tat nicht nurVerfall und Verlöschen, sodass man ihn auf die Ursachenzurückführen, der Natur zuschreiben könnte. Denn so wieein Samenkorn, oberflächlich betrachtet, stirbt und zer-fällt, während doch in seinem Innern ein Keim ins Lebenhinein geknetet wird… das heißt, er wechselt vom indivi-duellen Leben eines einzelnen Samenkorns hinüber indas universelle Leben eines neuen aufkeimenden Spros-ses. Während also der Tod nach außen hin Ausgliede-rung und Verbannung zu sein scheint, so wird er doch inWahrheit für den Menschen Titel, Einführung und Anfangeines ewigen (baqi) Lebens.

Weil das aber so ist, muss der Vollkommene Allmächti-ge, der das Leben gibt und es leitet, auch derjenige sein,der den Tod gibt. Auf ein großes und bedeutendes Zeug-nis für diese große und bedeutende Stufe der Einheit(Tauhid) wollen wir in diesem (siebenten) Wort folgender-maßen hinweisen:

Wie im Vierundzwanzigsten Fenster des Dreiunddrei-ßigsten Briefes erklärt wurde, ist die Existenz allen Seinsnach göttlichem Willen (irade) eine fließende. Dieses Uni-versum befindet sich auf Befehl seines Herrn im Fluss. Al-les Sein gleitet mit der Erlaubnis Gottes unaufhörlich

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durch den Strom der Zeit… Es wird aus der Welt des Un-sichtbaren ausgesandt und in der (von uns) bezeugtenWelt mit einem äußerlich sichtbaren Dasein umkleidet.Dann regnet es (wieder) in die Welt des Unsichtbaren(hinab). Und auf den Befehl seines Herrn kommt es be-ständig aus der Zukunft, verweilt für einen Atemzug in derGegenwart, mündet wieder in die Vergangenheit…

So ist denn dieser Fluss allen Seins überaus weisheits-voll in Barmherzigkeit und Güte gestaltet, strömt von ei-nem überaus großen Wissen, erfüllt von Weisheit undWohlordnung und einer überaus großen Barmherzigkeit,zieht von der Quelle bis zur Mündung in Liebe (shefqat)und Ausgewogenheit, voll Weisheit, getragen von Ziel-strebigkeit und Zweckmäßigkeit, dahin. Das heißt also,dass ein Allmächtiger (Qadir) in Seiner Majestät (Djelal),ein Allweiser (Hakiem) in Seiner Vollkommenheit (Kemal)den einzelnen Gruppen allen Seins, den einzelnen Exem-plaren in diesen Gruppen und den Welten, die sich ausdiesen Gruppen bilden, ständig Leben schenkt und ihnenAufgaben erteilt und sie dann nach Seiner Weisheit wie-der entlässt, ihnen nun den Tod schenkt und sie wieder indie Welt des Unsichtbaren schickt. Er führt sie aus demBereich der Macht (qudret) in den Bereich des Wissens(ilm).

Ja wäre es denn möglich, dass derjenige, der nicht da-zu in der Lage ist, das All in seiner Gesamtheit zu lenken,dessen Herrschaft (hukum) nicht alle Zeiten umfasst,dessen Macht (qudret) über Leben und Tod nicht alleWelten genauso erfasst, wie jedes einzelne Lebewesen,der nicht jeden Frühling ins Leben rufen könnte, als sei ernur eine einzelne Blume, mit der er das Antlitz der Erdeschmückt und die er schließlich im Tode wieder pflücktund zu sich nimmt, der Herr über Sterben und Tod seinsollte?… So ist es denn in der Tat notwendig, dass derTod selbst noch des kleinsten Lebewesens genauso wiesein Leben sich nach dem Gesetz, nach dem Willen, aufBefehl, in der Kraft, in dem Wissen des Herrn in Seiner

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Majestät (Dhat-i dhu-l’Djelal) vollzieht, in dessen Hand al-le Wahrheit des Lebens und jede Art des Todes liegt.

Achtes Wort:

»Und Er ist der Lebendige, der nicht stirbt.«

Das heißt, sein Leben ist immerwährend und währt vonEwigkeit zu Ewigkeit. Tod und Verfall, Untergang undNicht-mehr-Sein betreffen Ihn nicht. Denn das Leben istTeil Seines Wesens. Was aber zu Seinem Wesen gehört,kann niemals vergehen. Was von Urewigkeit her besteht,das wird in der Tat auch in Ewigkeit weiter bestehen. Wasohne Anfang (qadim) ist, wird sicherlich auch ohne Ende(baqi) sein. Der da notwendigerweise sein muss (vadjibu-l’vudjud), ist sicherlich auch von ewigem Bestand. Wiekönnte denn in der Tat ein Leben, neben dem alles Seinin all seinen Arten nur noch ein Schatten ist, vom Nicht-Sein bedroht sein? Es kann ja in der Tat ein Leben, vondem alles Dasein abhängig und die Hoffnung aller Not-wendigkeit ist, sicherlich in keiner Weise von Untergangund Verfall bedroht sein. In der Tat kann ein Leben, durchdessen Erscheinung alles, was da lebt, ins Dasein trittund auf das sich jede beständige Wirklichkeit des Allsstützt, aus ihm seine Beständigkeit erhält, sicherlich ingar keiner Weise von Untergang und Zerfall bedroht sein.In der Tat kann sich einem Leben, aus dem ein Funke,der aus ihm hervorgeht, allen Dingen, die in ihrer Vielfäl-tigkeit von Untergang und Zerfall bedroht sind, ihre Ein-heit gibt, sie beständig macht, sie vor dem Verfall be-wahrt, sie in ihrem Dasein erhält und ihnen eine Art vonBeständigkeit sichert, das heißt, der einem Leben, das al-les Lebendige von der Vielfalt zur Einheit führt und ihmBestand verleiht, wenn das Leben entschwindet, zerfällt,vergeht, mit Sicherheit kann sich diesen grenzenlos vie-len Lebensfunken, die eine Erscheinung jenes Lebenssind, das eine Notwendigkeit (und nicht nur eine der mög-

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lichen Erscheinungsformen) ist, Untergang und Zerfallnicht nahen. Ein sicheres Zeugnis für diese Wahrheit sindUntergang und Zerfall des Universums. Denn so wie allesSein und Leben schon durch sein bloßes Sein und Lebendas Leben dessen, der niemals stirbt, und das notwendi-ge Sein des Lebens beweist und bezeugt, so beweist undbezeugt es auch, wenn es stirbt und vergeht, Beständig-keit und Fortbestand des Lebens.* Denn dadurch, dassalles Leben, was vergangen ist, in gleicher Weise wiederzu neuem Leben erwacht und an die Stelle des vergan-genen tritt, zeigt uns, dass es ein ewiges Leben gibt, dasimmer wieder das In-Erscheinung-treten dieses Lebenserneuert.

Denn genauso wie auf einem Strom, der unter der Son-ne dahin fließt, Wasserblasen und Tropfen aufglänzenund vergehen, kommende (Geschlechter) aufglänzen,sich zeigen, eine Gruppe nach der anderen aufstrahlt,verlischt und wieder geht, in diesem Aufstrahlen undGlänzen auf das fort und fort Scheinen einer immerwäh-renden Sonne verweisen, so bezeugt diese Karawane ei-nes vorbeiziehenden Daseins im Wechsel und dem steti-gen Wandel ihres Lebens und Sterbens auch Dauer undBestand des Lebendigen und Beständigen (Hayy-i Baqi).

Es ist in der Tat alles Seiende wie ein Spiegel. Aber sowie die Finsternis den Gegenpol zum Licht bildet, ja dieFinsternis, in welchem Grade sie tiefer wird, in gleichemGrade den Glanz des Lichtes sichtbar macht, so dient (al-les Sein) vom Standpunkt der Gegensätzlichkeit aus be-

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* Als der Prophet Abraham, mit dem der Friede sei, während sei-nes Streitgesprächs mit Nimrod über Leben und Tod auf dasThema der auf- und untergehenden Sonne kam, ging es um denÜbergang und eine Steigerung von der Verfügung über Lebenund Tod eines Einzelnen zu der über alles (was da lebt). Es gingdarum, dafür im weitesten Rahmen den glänzendsten Beweisdarzulegen und nicht etwa darum, wie einige Kommentatorenbehauptet haben, die verdeckten Beweise zu vernachlässigen,um ihnen die offensichtlichen vorzuziehen.

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trachtet in vielfacher Hinsicht gleichsam als Gegenpol.Zum Beispiel: So wie alle Lebewesen in ihrer Schwächeeinen Gegenpol zur Macht des Schöpfers (Sani) bilden, inihrer Armseligkeit einen Gegenpol zu Seinem Reichtum,genauso werden sie in ihrer Vergänglichkeit (fena) auchzum Gegenpol Seiner Beständigkeit. In der Tat wirkt dasAntlitz der Erde im Winter, gleichen die Bäume auf dieserErde mit ihrem armseligen Aussehen, aber auch dieprachtvolle Ausstattung, der reiche (Schmuck, den sie) imFrühling (wieder empfangen haben), mit einer ganz be-sonders großen Sicherheit einem Gegenpol zu der Machtund Barmherzigkeit des absolut Allmächtigen und gren-zenlos Reichen. Es ist in der Tat, als ob alles, was da lebt,mit der Sprache seines Zustandes, wie Veysel-Karani dasfolgende Bittgebet sagte:

»Oh unser Gott! Du bist unser Herr! Denn wir sind Dei-ne Diener. Wir sind zu schwach, unsere Seele (nefs) zuerziehen. Das heißt, dass Du es bist, der uns erzieht!…Und Du bist auch unser Schöpfer! Denn wir sind DeineGeschöpfe. Wir werden (ständig immer wieder neu) ge-staltet… Und Du bist auch unser Versorger! Denn wir be-dürfen Deiner Versorgung. Denn unsere Hände könnensie nicht erreichen. Das heißt, dass Du es bist, der unsgestaltet. Und der uns unsere Versorgung zukommenlässt, bist Du… Und Du bist auch unser König (Malik)!Denn wir sind Dein königliches Eigentum. Ein anderer alswir ist es, der darüber verfügt. Das heißt, Du bist unserHerr und Besitzer (Malik)… Und Du bist auch der All-mächtige (Aziz)! Du bist der Herr aller Ehren (Iset) undvoll Majestät (Adhamet)! Wir betrachten unsere Niedrig-keit. Über uns (erstrahlt der Glanz Deiner) Ehre. Dasheißt, wir sind der Gegenpol Deines Ruhmes… Und Dubist auch der Vollkommene Reiche (Ghaniyy-i Mutlaq)!Denn wir sind die Armen. Uns ward ein Reichtum ge-schenkt, nachdem sich unsere Hände in ihrer Armselig-keit nicht ausstrecken könnten. Das heißt, Du bist reich,Du bist der Geber… Und Du bist auch der lebendige, der

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Beständige! Denn wir werden einmal sterben. In unseremSterben und Wiederauferstehen sehen wir die Erschei-nung dessen, der ständig Leben verleiht… Und Du bistauch der Beständige! Denn wir sehen in unserer Hinfäl-ligkeit (fena) und Vergänglichkeit Deine Dauer und Be-ständigkeit… Und Du bist es, der uns Antwort gibt und deruns beschenkt! Denn wir alle, die wir (vor Dir) leben, ru-fen mit Worten oder durch unsere Haltung (ohne Worte)ständig, bitten, beten und flehen zu Dir. Und unsere Wün-sche gelangen zu Dir. Unsere Bedürfnisse werden ge-stillt. Das heißt, dass Du es bist, der uns Antwort gibt…Und so weiter…«

Alles Sein und Leben, das Große und Allgemeine, wiedas Kleine und Besondere bringt, wie Veysel Karani einstilles Gebet dar und stellt in dieser Form einen Gegenpoldar. Arm und schwach und in all ihrer Mangelhaftigkeitverkünden sie die Macht und Vollkommenheit Gottes(Qudret ve Kemal)…

Neuntes Wort:

»In Seiner Hand ist das Gute.«

Das heißt: Alle Wohltaten liegen in Seiner Hand, alle gu-ten Taten sind auf Seinem Konto gebucht, alle Seine gu-ten Gaben liegen in Seiner Schatzkammer. Weil dies aberso ist, müssen die das Gute wünschen, es von Ihm erbit-ten, die Wohltaten ersehnen, sie von Ihm erflehen. Umdie Wahrheit dieses Wortes auf zuverlässige Art zu be-weisen, wollen wir unter zahllos vielen Beweisen auf dieSpuren, Lichtfunken, die uns zu einem umfangreichenBeweis für das göttliche Wissen (hinführen werden) fol-gendermaßen hinweisen und sagen nun:

Dieser Meister, der mit Seinen für uns sichtbaren Hand-lungen das ganze Universum erschafft und es lenkt, ver-fügt über ein umfangreiches Wissen. Und dieses Wissenist Seine ganz besondere, Ihm innewohnende, unabding-

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bare Qualität. Sie als von Ihm getrennt zu betrachten, istunmöglich. So wie es nicht möglich ist, dass wir die Son-ne antreffen, aber ihr Licht nicht antreffen, so ist es auchnoch tausendmal mehr unmöglich, dass das Wissen je-nes Wesens, der alles Sein so wohlgeordnet erschafft,von Ihm getrennt sein sollte.

So aber wie umfassendes Wissen für dieses Wesenunabdingbar ist, ist vom Standpunkt ihrer Zugehörigkeitzu Ihm, auch für alle Dinge (Sein Wissen um diese Din-ge) unabdingbar. Das heißt, dass es für kein Ding mög-lich ist, vor Ihm verborgen zu bleiben. So wie es nichtmöglich ist, dass Dinge auf der Erdoberfläche, die unver-hüllt der Sonne ausgesetzt sind, sie nicht sehen sollten,so ist es noch tausendmal mehr unmöglich, unvorstellbar,dass Dinge sich vor dem Licht des Wissens des Majestä-tischen Allmächtigen verstecken könnten. Denn es gibteine Allgegenwart (hudhur). Das heißt, alle Dinge sindinnerhalb Seiner Sichtweite, in Seinem Gesichtskreisstets vor Ihm, durch Ihn bezeugt und Er durchdringt alleDinge.

Wenn sogar leblose Dinge, wie die Strahlen der Sonne,das menschliche (Augenlicht) in all seiner Schwäche, derRöntgenstrahl, der über kein Bewusstsein verfügt, ob-wohl sie nur geschaffen, mangelhaft, akzidentiell sind, al-le Dinge erblicken und sie durchdringen können, so kannsich mit Sicherheit nichts vor dem Lichte des Wissens desUrewigen, das notwendig (weil ursprünglich), allumfas-send und essentiell ist, verbergen, nichts außerhalb die-ses (Lichtkegels) sein. Für diese Tatsache (haqiqat) gibtes grenzenlos viele und unzählbare Merkmale und Zei-chen im Universum.

Zum Beispiel: Alle Weisheit, so wie sie in allem, wasda ist, sichtbar wird, weist auf dieses Wissen hin. Denneine Arbeit in Weisheit zu verrichten ist nur mit dem (da-bei erforderlichen) Wissen möglich. Überdies weisen alleGnadengaben (Gottes) und ihre künstlerische Gestaltungauf ein solches Wissen hin. Der, welche Seine Arbeit in

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Güte und all Seiner Freundlichkeit verrichtet, tut dies si-cherlich wissentlich und absichtlich. Überdies weist alles,was da ist, in seiner Ausgewogenheit und Wohlgeordnet-heit, jedes Ding in seiner wohlausgewogenen und abge-messenen Form und Gestalt, wiederum auf dieses allum-fassende Wissen hin. Denn ein Werk wohlausgewogenzu verrichten, geschieht (mit dem dazu erforderlichen)Wissen. Wer ein Meisterstück mit Messlatte und Waagevollbringt, muss sich mit Sicherheit auf eine präziseKenntnis stützen können. Überdies weisen auch Maß undOrdnung, wie wir sie in allem sehen, was da ist, (alle Din-ge, die) nach Maß und Zweck geformt und gestaltet sind,alle die Formen und Gestalten, die ihre Frucht hervorge-bracht haben dem Kreis göttlichen Vorherwissens (qader)und seiner Erscheinung (qadha) entsprechend auf ein al-lumfassendes Wissen hin.

So geschieht es denn in der Tat dadurch, dass allenDingen ihre jeweils entsprechende Form gegeben wird,einem jeden Sein die für die Umstände seines Lebensund seines Daseins passende Gestalt auf Grund eines al-lumfassenden Wissens verliehen wird. Anders ist das un-möglich…

Überdies geschieht es, dass allem, was da lebt, in un-erwarteter Weise seine Versorgung, einem jeden in derihm entsprechenden Art und zu der für es richtigen Zeitgegeben wird. Und dies geschieht auf Grund eines al-lumfassenden Wissens. Denn der die Nahrung sendet,muss um die wissen, die Seiner Versorgung bedürfen, siekennen, ihre Zeit kennen, eine Kenntnis ihrer Bedürfnissebesitzen. Danach kann Er ihnen ihre Nahrung in der ih-nen gemäßen Form geben.

Überdies wird dadurch, dass auch das Ende, der Tod,mit dessen Gesetz alles Leben, wenn auch unter dem Ti-tel seiner Unbestimmtheit, gebunden ist, aufgezeigt, dasses ein allumfassendes Wissen gibt. Denn für jede Grup-pe ist ihre Lebensspanne zwischen zwei bestimmtenGrenzen festgesetzt, wenn auch die Todesstunde des

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einzelnen Lebewesens offensichtlich nicht erkennbar ist.Für diese Zeit des Vergehens wird eine Frucht, ein Kernaufbewahrt, der in ein neues Leben umgewandelt wirdund der die Aufgabe dieses Lebewesens, seinen Zwecknach ihm, fortführen wird; was wiederum ein allumfas-sendes Wissen aufzeigt.

Überdies zeigt sich in der Zuwendung, wie sie jedemeinzelnen Wesen entspricht und alles umfasst, was dalebt, ein allumfassendes Wissen innerhalb eines weitausgebreiteten Erbarmens. Denn der, welcher die Jun-gen der Tiere mit Milch versorgt und den Pflanzen der Er-de, wenn sie Wasser brauchen, mit Seinem Regen hilft,kennt sicherlich die Jungtiere und weiß um ihre Bedürf-nisse, sieht die Pflanzen, versteht, wie notwendig der Re-gen für sie ist und sendet ihn sodann, usw… Alle diesegrenzenlosen Erscheinungen Seiner Weisheit und Güteverweisen auf ein allumfassendes Wissen.

Überdies weisen die Sorgfalt, die handwerklicheLeistung, die kunstvolle Ausgestaltung in der Verfertigungaller Dinge auf ein allumfassendes Wissen hin. Denn umunter Tausenden möglicher Ausführungen eine wohlaus-gewogene, kunstvoll gestaltete, schön verzierte, solidehandwerkliche und mit Weisheit ausgeführte Gestaltungzu wählen, kann nur durch ein tiefes Wissen geschehen.Doch unter (allen möglichen) Ausführungen gerade diesezu wählen, zeigt ein allumfassendes Wissen.

Überdies weist die vollendete Leichtigkeit in der Er-schaffung und Hervorbringung der Dinge auf ein überausvollkommenes Wissen hin. Denn die Leichtigkeit in einerSache und die Einfachheit bei ihrer Ausführung ist pro-portional dem Grad des Wissens und der Geschick-lichkeit. Denn je mehr jemand über das (nötige) Wissenverfügt, desto einfacher wird für ihn die Umsetzung.

So sehen wir denn auf Grund dieses Geheimnisses,wenn wir die einzelnen Dinge betrachten, von denen je-des einzelne ein Wunderwerk ist, in welch Staunen erre-

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gendem Grade einfach und leicht, ohne alle Schwierig-keiten und Komplikationen, in kurzer Zeit und doch inwelch wunderbarer Weise sie ins Dasein gerufen wordensind. Das heißt also, dass es ein grenzenloses Wissengibt, welches (alle Dinge) mit grenzenloser Leichtigkeitverfertigt, usw… Entsprechend den oben erwähnten Zei-chen gibt es noch Tausende anderer echter Zeichen da-für, dass jenes Wesen, welches über das All verfügt, einallumfassendes Wissen besitzt. Er kennt (bereits im vor-aus) alle Dinge mit allem, was zu ihnen gehört, wonachEr sie dann gestaltet. Da aber nun einmal der Herr desAlls über ein solches Wissen verfügt, so sieht er auch mitSicherheit die Menschen und die Handlungen der Men-schen und weiß, was den Menschen gebührt und wessensie würdig sind und handelt so an ihnen Seiner Weisheitund Barmherzigkeit entsprechend und wird dies auch (imJenseits) tun.

Oh Mensch! Nimm deinen Verstand zusammen… merkauf, wer der ist, der um dich weiß und auf dich Acht gibt,wisse dies und komm zur Vernunft!

Würdest du nun aber sagen: Das Wissen allein ge-nügt noch nicht, auch der gute Wille (irade) ist notwendig.Fehlt es am guten Willen, wäre denn dann das Wissen al-lein schon genug?

So ist die Antwort: So wie alles Sein auf ein allumfas-sendes Wissen hinweist und es bezeugt, so weist esauch auf den alles umgreifenden Willen des Herrn hin,der über ein allumfassendes Wissen verfügt. Das ist fol-gendermaßen: Einem jeden Ding, besonders aber jedemlebenden Wesen wurde unter sehr vielen (oft recht)schwierigen Entstehungsmöglichkeiten durch eine be-stimmte Möglichkeit, unter so vielen Sackgassen durcheinen erfolgversprechenden Weg in seiner Ratlosigkeitangesichts so vieler verschiedener Formen eine so wohl-geordnete Gestalt verliehen, dass sie in unendlich vielenHinsichten auf einen alles umgreifenden Willen hinweist.Denn die unendlich vielen Möglichkeiten und Wahr-

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scheinlichkeiten, die ein jedes Sein in sich enthält, dieSackgassen, die ergebnislos ins Nirgendwo führen, dieunbelebten Elemente, die unberechenbar gleich einerstumpfsinnigen Sturmflut dahinbrausen, wurde mit einemhochempfindlichen Messgerät, einer Art Mikrowaage oderMikrometerschraube, durch ein ausgeklügeltes Systemvon Ordnung und Disziplin in eine so wohlausgewogeneForm, in eine so wohlgeordnete Gestalt gegossen, dassdies notwendigerweise und ganz offensichtlich, ja gera-dezu greifbar auf das Vorhandensein eines allumgreifen-den Willens hin. Denn die Wahl unter so unendlich vielenFormen und Möglichkeiten kann nur durch Bestimmung,Auswahl, Absicht und einen Entschluss (irade) erfolgen.Diese Bestimmung erfolgt sowohl durch eine (bestimmte)Absicht als auch durch einen (ausdrücklichen) Wunsch.Denn mit Sicherheit erfordert die Bestimmung einen, derbestimmt, die Auswahl einen, der auswählt. Doch der,welcher bestimmt und auswählt, ist der Wille (irade). Sowie zum Beispiel der menschliche Körper, verglichen miteiner Maschinerie, aus hunderterlei verschiedenen Appa-raten und Instrumenten zusammengesetzt und doch nuraus einem Tropfen Flüssigkeit entstanden, ein Vogel mitseinen Hunderten verschiedener Glieder doch nur aus ei-nem einzigen Ei, ein Baum, hervorgegangen aus Hun-derten verschiedener Bestandteile, doch nur aus einemeinfachen Kern erschaffen wurde, Zeugnis ablegen fürMacht und Wissen, so weisen sie sicherlich und zwangs-läufig auch auf den allumfassenden Willen des Meistershin, der mit Seinem Willen alles für jedes Ding bestimmtund der mit Seinem Willen einem jeden Partikel, einem je-den Glied, einem jeden Bestandteil seine ihm eigeneForm verleiht, ihn mit seiner (eigenen) Gestalt bekleidet.

Zusammenfassung: So wie alle Dinge, z.B. die Glie-der der Tiere in ihren wesentlichen Komponenten, Be-standteilen, Funktionen einander ähneln und darin über-einstimmen und so das gleiche Siegel Seiner Einheit zei-gen, so beweisen sie auch mit absoluter Sicherheit, dass

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der Schöpfer aller Tiere ein einziger ist, der Allgegenwär-tige (Vahid), der Einzige (Ahad). So beweist auch die Art,wie die oft völlig verschiedene Gestalt und das Aussehendieser Tiere durch Seine Weisheit unterschieden und vonihr bestimmt werden, dass ihr Schöpfer in Seiner Einzig-artigkeit ein Meister (muchtar) ist, der über einen freienWillen (irade) verfügt. Er tut, was Er will und macht nicht,was Er nicht will und handelt mit Willen und mit Absicht.Da es nun einmal dafür, dass es für das göttliche Wissenund den Willen des Herrn so viele Beweise und so vieleZeugnisse gibt, ja so viele wie Möglichkeiten des Da-seins, ist mit Sicherheit die Verneinung des göttlichen Wil-lens durch einen Teil der Philosophen, die Leugnung desVorherwissens (qader) Gottes durch einige Leute, dieNeuerungen (bid’a) anstreben, und die Behauptung einesTeils der Irregeleiteten, Gott nehme kleine Dinge nicht zurKenntnis, und der Naturalisten, die einen Teil der Er-scheinungen auf Naturphänomene oder auf Ursächlich-keiten zurückführen, eine Lüge, vervielfältigt nach der An-zahl all dieser Gegebenheiten, ein wahnwitziger Irrglau-be, vervielfältigt nach der Anzahl der Eigenschaften sol-cher Gegebenheiten. Denn wer so viele echte Zeugnisseleugnet, macht sich einer grenzenlosen Lüge (schuldig).

So magst du denn nun, sagte einer über Dinge, diedurch Gottes Willen ins Dasein treten, statt zu sagen: »sowie Gott es gewollt hat, Gott es wollte (insha-a’llah)« wis-sentlich: »ja natürlich, natürlich«, vergleichen, wie falsch,ja der Wahrheit zuwiderlaufend das ist…

Zehntes Wort:

»Und Er ist aller Dinge mächtig.«

»Wa huva ala kulli shay’in qadir«, das heißt: Nichts fälltIhm schwer. Wie viele Dinge es auch im Bereich desMöglichen geben mag: Er vermag sie ganz leicht mit ei-

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nem Dasein zu umkleiden. Und es ist dies so einfach undleicht, dass Er nach dem Geheimnis des

»Wahrlich, Sein Befehl ist, wenn er ein Ding will, so sagt Er zu ihm nur:Sei! Und es ist.« (Sure 36, 82)

dass Er nur zu befehlen braucht und es geschieht. Es istals ob ein besonders geschickter Künstler mit einer sol-chen Leichtigkeit seine Hand nach seinem Werk aus-streckte, es berührte und sie wieder zurückzöge, sie einerMaschine gleich funktionierte. Und um dieser Geschwin-digkeit und Geschicklichkeit Ausdruck zu verleihen, sagtman: diese Arbeit, dieses Kunstwerk ist ihm in der Weisedienstbar geworden, dass Seine Arbeit auf Seinen Befehl,durch Seine Berührung geschieht, Sein Kunstwerk insDasein tritt. In gleicher Weise sagt die königliche Order(ferman) als einen Hinweis auf die grenzenlose Dienst-barkeit und Gehorsamheit aller Dinge gegenüber der(göttlichen) Macht (qudret) des majestätischen Allmächti-gen (Qadir-i Dhu-l’Djelal) und die unendliche Einfachheitund Leichtigkeit, mit der sie (qudret) Ihr Werk verrichtet:

»Wahrlich, Sein Befehl ist, wenn er ein Ding will, so sagt Er zu ihm nur:Sei! Und es ist.« (Sure 36, 82)

Wir wollen nun fünf tiefe Wahrheiten (sirr) aus unzähligenGeheimnissen (sirr), wie sie in dieser mächtigen Wahrheitenthalten sind, in »Fünf Punkten« erläutern.

Erstens: Für Gottes Macht (qudret) ist das größte Dinggenauso leicht wie das kleinste Ding. Für sie ist die Er-schaffung einer ganzen Art mit allen ihren Unterarten ge-nauso einfach und leicht wie die nur einer einzelnen Gat-tung. Das Paradies zu erschaffen ist ihr genauso leichtwie einen Frühling. Den Frühling zu kreieren ist für sie ge-nauso einfach wie eine Blume. Hinsichtlich dieses Ge-

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heimnisses wurde bereits am Ende des Zehnten Wortesüber die Auferstehung und im Neunundzwanzigsten Wortüber die Engel, das Fortleben der Seele (beqa-i ruh) undauch über die Auferstehung, und darin besonders imZweiten Kapitel über die Frage der Auferstehung und inihm wiederum im Dritten »Grundsatz«, wo mit sechs Bei-spielen die sechs Tiefen Wahrheiten von der »Lichtaus-strahlung«, der »Spiegelung«, dem »Gleichgewicht«, der»Ordnung«, von der »Abstraktion« und über den »Gehor-sam« bewiesen worden sind, aufgezeigt, dass für diegöttliche Macht die (Erschaffung) der Sterne ebensoleicht wie die der Atome ist. Unzählige Gattungen vermagsie ebenso leicht und einfach zu erschaffen wie eine ein-zige Gattung. Da wir aber nun einmal im Zweiten Wortdiese sechs Geheimnisse bewiesen haben, wollen wirhier nur noch darauf hinweisen und können uns daherkurz fassen.

Zweitens: Ein sicherer Beweis und ein glänzendesZeugnis, dass vor der göttlichen Macht alle Dinge gleichsind, ist Folgender: Bei der Erschaffung der Tiere undPflanzen können wir mit eigenen Augen sehen, dass sichin einer unendlichen Freiheit und Vielfalt ein Höchstmaßan Schönheit und vollendeter Kunst findet. Und weiterzeigt sich in allem, was so unendlich voneinander ver-schieden und so bunt miteinander vermischt ist, ein eben-so unendlicher Grad von Erlesenheit und der Unterschei-dung. Und weiter findet sich trotz Überfluss und Weitläu-figkeit in Unendlichkeit doch eine Kunst von höchstemWert und Schönheit der Schöpfung. Und weiter werdensie, obwohl sie doch eigentlich für eine so überaus kunst-volle Art, einen so hohen Aufwand (an Material und Werk-zeug) und soviel Zeit nötig gehabt hätten, wurden siedennoch ganz schnell erschaffen. Es ist, als wären sieplötzlich aus dem Nichts heraus in den Stand eines Wun-derwerkes gerückt worden.

Wenn wir also nun zu jeder Jahreszeit auf dem Antlitzder Erde die Taten der göttlichen Allmacht beobachten

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können, so beweisen sie uns mit absoluter Sicherheit,dass für diese Macht, welche die Quelle all dieser Tatenist, die größte Sache ebenso leicht wie die kleinste Sacheist. Auch all diese zahllosen Einzelwesen zu erschaffenund sie zu verwalten, geschieht ebenso leicht wie nur eineinziges von ihnen zu erschaffen und zu verwalten.

Drittens: Vor der Macht des allmächtigen Meisters ist indiesem Kosmos, den er lenkt und leitet und dessen Wer-ke und Handlungen wir hier sehen können, (die Erschaf-fung) auch der größten Gesamtheit so leicht wie die eineskleinsten Teiles davon. Eine Gesamtheit, die aus vielenEinzelexemplaren zusammengesetzt ist, zu erschaffen,ist so einfach, wie die Erschaffung eines einzelnen Exem-plars und noch in dem unscheinbarsten Einzelexemplarlässt sich der höchste künstlerische Wert aufzeigen. Sinnund Weisheit dieser Tatsache ergibt sich aus den folgen-den drei Quellen:

Erstens: aus dem Beistand, der aus der Einheit desAllgegenwärtigen (Vahid) erwächst.

Zweitens: aus der Leichtigkeit, die aus der Einheit Sei-ner Schöpfung (Vahdet) erwächst.

Drittens: aus der Erscheinung, die Seine Einheit (Aha-diyet) widerspiegelt.

Erste Quelle: der Beistand des Allgegenwärtigen: dasheißt: Wenn ein jedes Ding und alle Dinge das Eigentumeines einzigen Wesens sind, so kann mit Hilfe Seiner All-gegenwart einem einzelnen Wesen mit der Kraft aller We-sen der Rücken gestärkt werden und alle Dinge lassensich so leicht erschaffen wie ein einzelnes Ding. Wir wol-len diese tiefe Wahrheit durch ein Beispiel verständlichmachen. Zum Beispiel: Wenn ein Land von einem einzi-gen König beherrscht wird, so kann dieser König kraft Ge-setzes der Einheit (vahdet) seines Königreiches einen je-den Soldaten mit der Heeresmacht einer ganzen Armeestärken und so gestärkt kann ein einzelner Soldat einenFürsten gefangen nehmen und im Namen seines Königs

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beherrschen und befehligen. Ferner kann dieser König,sowie er nach dem Geheimnis der Einheit (Vahidiyet) sei-nes Königreiches einen Soldaten oder Beamten in Dienstnehmen und befehligen kann, auch ein ganzes Heer undalle seine Beamten (zusammengenommen) kommandie-ren und verwalten und verfügt so nach dem Geheimnisseines Königreiches über die Möglichkeit einem jedenEinzelnen alles und jeden zu Hilfe zu senden. Und sokann auch jeder Einzelne sich auf die mächtige (quvvet)Hilfe all dieser Einzelnen verlassen, d.h. von ihnen Unter-stützung erhalten. Würde das Seil einer solchen könig-lichen Einheit gelöst, so würde sie sich in Führungslosig-keit verwandeln und so verlöre jeder Soldat plötzlich einegrenzenlose Macht und stürzte von seinem einflussrei-chen Posten auf die Stufe eines einfachen Mannes he-rab, und (solche Leute insgesamt wieder) in Dienst zunehmen und zu befehligen würde wieder so schwierig wie(die Indienstnahme einer entsprechenden) Anzahl einzel-ner Mannen.

»Und Gottes sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

Ebenso vereinigt der Meister des Alls, weil Er ja ein Ein-ziger (Vahid) ist, um jedes einzelnen Dinges wegen allSeine Namen, die nach allen Dingen hin ausgerichtetsind, und Er erschafft jedes einzelne Ding mit grenzenlo-ser Kunstfertigkeit und (verleiht ihr eine) kostbare Gestalt.Notfalls versorgt er ein einzelnes Ding mit allen Dingen,lässt es versorgen, verleiht ihm Hilfe und Stärke. Und imGeheimnis dieser Einheit (Vahdiyet) erschafft Er alle Din-ge, so wie Er ein einziges Ding erschafft, verfügt über sieund verwaltet sie.

So geschieht es denn, dass wir entsprechend diesertiefen Wahrheit (sirr) vom Beistand des Allgegenwärtigen(Vahdiyet) im gesamten Weltall eine Qualität von hoherErhabenheit offensichtlich ist, was Kunstfertigkeit und

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Kostbarkeit betrifft, und zwar im Überfluss und zu gerin-gem Preis.

Zweite Quelle: die Leichtigkeit der Einheit SeinerSchöpfung (Vahdet):

Das heißt: Arbeiten, die entsprechend den Prinzipiender Einheit verrichtet werden, von einer Zentrale aus, wo-bei alle an einem Strang ziehen, nach dem gleichen Ge-setz handeln, geschehen mit einer ganz außerordent-lichen Leichtigkeit. Werden sie auf verschiedene Zentrenverteilt und werden sie nach verschiedenen Gesetzen(verrichtet) und verschiedenen Händen (überlassen), soerwachsen daraus Schwierigkeiten. Zum Beispiel: Wenndie Ausrüstung aller Soldaten einer Armee von einer Zen-trale aus, unter einem (einheitlichen) Gesetz und dem Be-fehl eines Oberkommandierenden angefertigt wird, so istdies ebenso leicht wie die (Ausrüstung) eines einzelnenSoldaten. Würde sie in verschiedenen Fabriken, von ver-schiedenen Zentralen aus angefertigt, dann wären alledie Fabriken, die notwendig sind, um ein ganzes Heerauszurüsten, für die Ausrüstung eines einzigen Soldatennotwendig. Das heißt: stützt man sich auf die Einheit(Vahdet), so wird (die Versorgung) einer ganzen Armeeso leicht wie die eines einzelnen Soldaten. Gibt es dieseEinheit nicht, so entstehen ebenso viele Schwierigkeiten,um einen einzigen Soldaten auszurüsten, wie (bei derAusrüstung) eines ganzen Heeres.

Wenn nun desgleichen die (Versorgung) der Früchteeines Baumes mit Nährstoffen – vom Standpunkt der Ein-heit aus betrachtet – von einer Zentrale aus, nach einemeinzigen Gesetz und von einer (gemeinsamen) Wurzelaus erfolgt, so können Tausende von Früchten so leicht(versorgt werden) wie eine einzige Frucht. Wäre hinge-gen jede einzelne Frucht mit einem anderen Zentrum ver-bunden und würden ihr die (erforderlichen) Nährstoffevon ganz verschiedenen Stellen aus zugesandt, so ent-stünden einer jeden Frucht ebenso viele Schwierigkeitenwie einem ganzen Baum. Denn die Nährstoffe, die für ei-

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nen ganzen Baum notwendig sind, sind auch für jede ein-zelne Frucht erforderlich.

»Und Gottes sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

So wie denn nun in den beiden obigen Gleichnissen derErbauer des Alls der Eine und Allgegenwärtige (Vahid-iAhad) ist, handelt Er nach dem Prinzip der Einheit (Vah-det) und da Er entsprechend dem Prinzip der Einheit han-delt, ist (die Erschaffung) aller Dinge so leicht wie die ei-nes einzigen Dinges. Zudem kann Er ein einziges Dingvom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet genausowertvoll machen wie alle Dinge. Und so erschafft Er un-endlich viele einzelne Dinge und verleiht ihnen eine be-sonders wertvolle Gestalt und zeigt so Seine absoluteFreigiebigkeit, wobei Er zugleich Seinen grenzenlosenÜberfluss zu einem geringen Preis anbietet, erweist soSeine unendliche Großzügigkeit und Seine grenzenloseKreativität.

Dritte Quelle: Die Widerspiegelung Seiner Einheit(Ahadiyet):

Da der Glorreiche Künstler nicht körperlich in Erschei-nung tritt und der Körperwelt nicht angehört, können Zeitund Raum Ihn nicht begrenzen, Ort und Dasein Ihn nichtin Seiner Zeugenschaft und Gegenwart behindern, keinKörper und keine Instrumente keine Scheidewand zwi-schen Ihm und Seinen Werken aufrichten. (Er wendetsich Seiner Schöpfung zu) und Er kennt in Seiner Zu-wendung keine Zerteilung und keine Zersplitterung. KeinDing kann Ihn (in der Erschaffung eines anderen) Dingesbehindern. Er schafft unendlich viele Dinge wie ein einzi-ges. Daher kommt es, dass Er, so wie Er einen riesigenBaum in einen Kern hineinprogrammiert, so auch in ei-nem einzelnen Menschen eine ganze Welt einschließenkann. So kann Er eine ganze Welt gleich einem einzelnenIndividuum in der Macht Seiner Hand halten. So wie wir

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diese tiefe Wahrheit in anderen »Worten« (Sözler) bereitsbehandelt haben, können wir (auch hier) sagen: So istz.B. das Spiegelbild der Sonne in seiner Leuchtkraft ingewissem Grade uneingeschränkt und erscheint so aufjeder polierten Oberfläche. Wenn auch Tausende, ja Milli-onen Spiegel sich ihrem Licht entgegenstreckten, fändesich dennoch ihr Spiegelbild ungeteilt in jedem von ihnenwie in einem einzigen Spiegel. Soweit dies der Kapazitätdes Spiegels entspricht, vermag die Sonne ihre ganzeWirkung in ihm mit all ihrer Kraft zu zeigen. Kein Ding(und das Spiegelbild in ihm) vermag dabei ein anderesDing (und dessen Spiegelbild) zu behindern. Tausende(Spiegelbilder) erscheinen so leicht wie ein einziges anTausenden Orten (= Spiegeln) gleich wie an einem. JederOrt kann die Erscheinung der Sonne empfangen wie Tau-sende Orte.

»Und Gottes sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

So ist denn die Erscheinung des Erbauers des Alls in Sei-ner Majestät entsprechend dem tiefen Geheimnis der Zu-wendung Seiner Einheit, Licht in allen Seinen Eigen-schaften und leuchtend in all Seinen Namen, in derWeise, dass Er, obwohl Er doch an keinem Ort ist, dochan jedem Ort allgegenwärtig und allsehend ist. Es gibt beiSeiner Zuwendung keine Zerteilung. Im gleichen Augen-blick vollbringt Er all Seine Werke ohne Mühe und An-strengung.

So geschieht es denn aus dem tiefen Geheimnis desBeistandes, der aus der Einheit des Allgegenwärtigen(Vahid), der Leichtigkeit, die aus der Einheit SeinerSchöpfung (Vahdet) erwächst und der Erscheinung, dieSeine Einheit (Ahadiyet) widerspiegelt, dass, wenn allesSein auf den einen Meister zurückgeführt wird, das ge-samte, pluriforme Dasein ebenso leicht und einfach wie inseiner singulären Form ins Dasein tritt. Und jede einzelne

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Form kann vom künstlerischen Standpunkt aus genausokostbar sein wie alles Sein insgesamt, wie diese Tatsachedurch die Kunstfertigkeit bestätigt wird, dass sich in derendlosen Fülle des Seins eine ebenso endlose künstleri-sche Detailarbeit selbst noch in jedem einzelnen Daseinfindet. Wird jedoch das Sein nicht unmittelbar auf eineneinzigen Meister zurückgeführt, so wird (die Entstehung)jeder einzelnen Form so schwierig wie die des gesamtenDaseins und dieses gesamte Dasein stürzt in seinemWert, sinkt auf den einer einzelnen Form herab. In die-sem Fall entsteht entweder überhaupt nichts, oder wennaber, würde es wertlos sein, auf die Stufe eines Nichtshinabfallen.

So geschah es denn aus diesem tiefen Geheimnis he-raus, dass die Sophisten als die fortschrittlichsten unterden Philosophen, weil sie ihr Gesicht von der Wahrheitabgewandt hatten, nun auf dem Wege des Unglaubensund Irrtums genau hinsahen und erkannten, dass derWeg der Abgötterei hunderttausendmal schwieriger ist alsder Weg der Wahrheit und Einheit (Tauhid) und grenzen-los unverständig. Daher leugneten sie nun zwangsläufigjedwede Existenz und kündigten (so am Ende noch) ih-rem Verstand.

Viertens: Für die Kraft (qudret) des Allmächtigen (Qa-dier), der dieses Weltall mit Taten regiert, die wir erken-nen können, ist die Erschaffung des Paradieses so leichtwie die des Frühlings und die Erschaffung des Frühlingsso leicht wie die einer Blume. Und für eine Blume in ihrerkünstlerischen Schönheit und das Subtile in ihrer Er-schaffung gilt das gleiche wie für alles, was subtil undkostbar an einem Frühling ist. Die tiefe Wahrheit (sirr),welche dieser Tatsache zu Grunde liegt, ist eine dreifa-che:

Erstens: Die seinsgemäße Stärke 7 k ü n - 2 5 0 . g 4 r E r 9 t T w g 3 i e 0 2 4 0 r t T j 2 5 5 . 0 3 5 3 T w 1 2 T n s e m t i e f e s s t 4 3 . T j 2 5 g 1 z n 8 2 3 3 . 2 8 0 T * - 0 . e i f a

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das Fehlen einer Beschränkung.Drittens: Die Unmöglichkeit (aus Gott) etwas heraus-

zulösen oder (Ihn) zu teilen.Das erste Geheimnis: Es ist eine tiefe und sehr subti-

le Wahrheit (sirr), dass Unabhängigkeit und Stärke (vu-djub) zu unendlicher Leichtigkeit und grenzenloser Ein-fachheit führen. Das wollen wir nun mit einem Beispielverständlich machen. Es ist dies wie folgt:

Es gibt verschiedene Stufen des Seins (vudjud). Und esgibt im Dasein ganz verschiedene Welten. Weil sie abervoneinander verschieden sind, kann ein Atom, das aufder einen Ebene des Daseins tief und bleibend verankertist, auf einer anderen Ebene aber, welche eine schwä-chere Ebene des Daseins ist (in der es minder tiefe undbleibende Spuren hinterlässt), gleich einem Berg seinund in diesem Berg enthalten sein. Zum Beispiel: Die Er-innerungsfähigkeit in unserem Kopf, die in dieser von unsbezeugten Welt etwa die Größe eines Senfkorns aus-macht, kann in der Welt der (Ideen) und Bedeutungenden Daseinszustand einer ganzen Bibliothek annehmen.Und ein reflektierender Körper von der Größe eines Fin-gernagels in der äußerlichen Welt nimmt auf der Ebeneder Gleichnisse (und der Spiegelungen die Größe) einerriesigen Stadt in sich auf. Hätten der Spiegel in dieser un-serer äußerlichen Welt und unser Erinnerungsvermögenein Bewusstsein und schöpferische Kräfte, so könnten siein dem gleichnishaften Sein (der gespiegelten Welt) undim Dasein der Bedeutungen (als dem Wesen all unsererGedanken, Ideen und Vorstellungen) aus der Kraft diesesunseres äußerlichen Daseins unendlich viele Handlungenund Wandlungen zu Stande bringen. Das heißt: je mehrdas Sein an Tiefe und Umfang zunimmt, desto mehrwächst auch seine Kraft. Eine kleine Sache (z.B. ein mitBewusstsein begabter Spiegel) vermag (z.B. auf eineStadt, die er in sich aufnimmt) einen entscheidenden Ein-fluss auszuüben. Besonders dann, wenn das Sein (end-lich auf seiner höchsten Stufe, wo) es am tiefsten, fest

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verankert ist, von aller Materie befreit und keiner Be-schränkung mehr unterworfen ist, kann ein winzig kleinesAufleuchten viele Welten auf einer anderen, schwächerenEbene des Seins, verwandeln.

»Und Gottes sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

So ist denn der Schöpfer des Alls in Seiner Majestät derNotwendig-Seiende. Das heißt: in Ihm ist das Sein es-sentiell, ohne Anfang, ohne Ende. Nicht-Sein ist für Ihnunmöglich. Bei Ihm ist ein Untergang (gleich dem, derGestirne) unvorstellbar und die Ebene des Seins am tief-sten, unendlich, unwandelbar, stark, ursprünglich undvollkommen. Das Sein aller anderen Ebenen gleicht ne-ben Seiner eigenen Seinsebene nur einem sehr schwa-chen Schatten. Wo das Sein in Seiner Notwendigkeit(Vudjud-u Vadjib) so tief und so beständig und so wahrist, und daneben das Sein in seiner Möglichkeitsform(vudjud-u mumkinat) so schwach und vergänglich, dassForscher und Kenner der Wahrheit wie Muhyiddin-i Arabialle übrigen Ebenen des Seins als eine Stufe bloßer Vor-stellungen und Träume behandelt haben.

»Es gibt kein Sein außer Ihm.«

sagten sie. Denn: man darf nicht sagen, dass es nebendem Notwendig-Seienden noch ein Sein für andere Din-ge gebe. Sie urteilten, dass sie es nicht würdig seien, mitdem Titel »Sein« bezeichnet zu werden.

So ist denn in der Kraft (qudret) des Notwendig-Seien-den, die zugleich notwendig als auch wesensgemäß ist,ein Dasein, das nur aus dem Sein entstanden und Ihm al-lein hinzugefügt ist, Wesen in einer (Welt des) Möglichen,die sowohl unbeständig als auch machtlos ist, mit Sicher-heit unendlich einfach und leicht (zu erschaffen usw.). Al-

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le Seelen am Gewaltigen (Tag der) Wiederversammlungins Leben zu rufen und vor Gericht zu stellen ist ebensoleicht, wie die Auferstehung und Wiederversammlung derBlätter, Blüten und Früchte an einem Baum, ja sogar imganzen Garten, ja selbst in einem Frühling insgesamt.

Das zweite Geheimnis: Die Andersartigkeit in SeinerEssenz und das Fehlen einer Beschränkung, die derLeichtigkeit (in der Schöpfung usw.) zu Grunde liegt, lässtsich folgendermaßen erklären: Der Schöpfer des Weltallsist sicherlich nicht von der Art des Weltalls. Sein Wesenist dem Wesen (Seiner Schöpfung) nicht ähnlich. Da diesso ist, können (alle die) Hindernisse und Beschränkungen(die es) im Bereich dieses Weltalls (gibt) Ihm nicht im We-ge stehen, Ihn in Seinem Werk nicht einschränken. Erkann das ganze Weltall zur gleichen Zeit lenken und lei-ten. Wenn all das, was wir im Antlitz des Alls an (Erschei-nungen göttlichen) Tuns und Waltens erblicken, auf die-ses Weltall (selbst) zurückgeführt werden könnte, wäredas Ursache zu so viel Schwierigkeiten und Verwirrun-gen, dass nichts an Ordnung mehr übrig bliebe, nichtsmehr fortbestehen könnte, ja (noch nicht einmal mehr) insDasein treten könnte. Zum Beispiel: wenn das Meister-werk von Kuppeln überwölbter Sakralbauten den Steinenin der Kuppel selbst überlassen und das Kommando ei-nes Bataillons, das doch eigentlich seinem Kommandeurgehörte, seinen Soldaten übertragen würde, so käme ent-weder gar nichts zu Stande, oder aber es entstünde un-ter großen Schwierigkeiten und Verwirrungen ein Zustandohne jegliche Ordnung. Wenn hingegen (die Aufgabe),den Steinen die Form einer Kuppel anzunehmen, einemMeister übertragen wird, der selbst nicht zum Geschlechtder Steine gehört, und das Kommando über die Soldateneines Bataillons einem Kommandeur übertragen wird, derOffiziersrang hat und über die Qualitäten eines Komman-deurs verfügt, dann wird sowohl das Kunstwerk leicht, alsauch die Lenkung und Leitung einfach, denn die Steineund auch die Soldaten untereinander behindern sich

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wehren), die Himmelskörper Ihn (Ihm nicht den Weg ver-sperren können), so verzögern sie nichts; ja es ist diesauch gar nicht notwendig. Angenommen aber, dies seinötig, so würden sie doch wie der elektrische Draht, derAst eines Baumes, die Adern und Nerven eines Men-schen gleich den Mitteln sein, Sein (Wirken) zu erleich-tern, gleich Fahrzeugen, die das Leben herbeibringen,ein Anlass sein, Sein Handeln noch zu beschleunigen.Das heißt, es gibt hinsichtlich des Gehorsams und derUnterwerfung aller Dinge unter die Herrschaft der Machtdes Glorreichen Allmächtigen keine Notwendigkeit; gäbees eine solche Notwendigkeit, so wäre sie nur ein Mittelder Erleichterung.

Zusammenfassung: Der allmächtige Meister erschafftalles ohne Anstrengung in der entsprechenden Form, mü-helos und leicht und schnell und ohne dabei in den Ablaufdes Geschehens verwickelt zu werden. Er erschafft einGanzes so leicht wie einen Teil davon. Er gestaltet einDetail genauso kunstvoll wie ein Ganzes. Derjenige, derdas Ganze erschaffen hat, den Himmel und die Erde, istin der Tat derselbe, der dessen Teile und die einzelnenLebewesen darin erschaffen hat und ein anderer kann esnicht sein. Denn all diese winzig kleinen Unterteile sinddie Früchte, Samenkörner und Abbilder des großen Gan-zen.

Wer auch immer diese Unterteile erschafft, muss auchder sein, der alle Elemente Himmels und der Erden er-schaffen hat, welche alle Unterteile umfassen. Denn wirsehen, dass alle diese Unterteile im Vergleich zum Gan-zen wie kleine Kerne und Abbilder sind. Da dies aber soist, müssen die Elemente, Himmel und Erde in der Handdes Allseienden ruhen, der auch die Unterteile erschafft,sodass Er entsprechend den Prinzipien Seiner Weisheitund der Ausgewogenheit Seines Wissens gleichsamauch ein Konzentrat, die Bedeutungen, die Muster desuniversalen und allumfassenden Seins in diese kleinenTeile, welche als ihre Abbilder gelten können, einfügen

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kann. Angesichts der Wunder Seiner Kunst und staunenswer-

ten Beispiele Seiner Schöpferkraft stehen die Unterteilenicht hinter dem Ganzen zurück, noch sind die Blumengeringer als die Sterne, oder die Samenkerne minder alsdie Bäume. Vielmehr ist der Baum, welcher nach göttli-chem Vorherwissen unsichtbar in seinem Kern vorpro-grammiert ist, noch weit erstaunlicher als der Baum, dergleich einem Gewebe göttlicher Allmacht im Garten steht.Und die Schöpfung des Menschen ist noch wundervollerals die Erschaffung des Universums. Würde ein WeiserQur’an mit den Teilen des Äthers auf ein Atom geschrie-ben, es würde dies noch bei weitem einen gewaltigenQur’an, geschrieben mit den Sternen in das Antlitz desHimmels, an Wert übersteigen. Genau so gibt es nochsehr viele, winzig kleine Teile, die hinsichtlich ihrer wun-derbaren Kunst noch über dem Ganzen stehen.

Fünftens: In unseren obigen Erklärungen haben wirbereits bis zu einem gewissen Grade die unendlicheLeichtigkeit, die in Seinen Geschöpfen erkennbar wird,den besonderen Grad der Geschwindigkeit, die grenzen-lose Schnelligkeit Seiner Handlungen, die grenzenloseEinfachheit bei der Erschaffung aller Dinge aufgezeigt,zugleich mit dem tiefen Sinn und der Weisheit. So hatdenn dieses Dasein der Dinge, die mit einer so grenzen-losen Geschwindigkeit, mit einer so unendlichen Leichtig-keit (erschaffen wurden) den Leuten der Rechtleitung ei-ne so sichere Überzeugung vermittelt, dass in Anbetrachtder göttlichen Allmacht dessen, der die Geschöpfe insDasein ruft, die (Erschaffung) des Paradieses so leichtgelingt, wie die eines Frühlings, die eines Frühlings soleicht wie die eines Gartens und die der Gärten so leichtwie die der Blumen.

»Euer aller Erschaffung und Wiederversammlung ist nur wie die einereinzelnen Seele.« (Sure 31, 28)

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Entsprechend dieser tiefen Wahrheit ist die Auferstehungund Wiederversammlung des Menschengeschlechtesebenso leicht, wie eine einzelne Seele sterben zu lassenund sie sodann wiederzubeleben.

»Es wird aber sein, wie ein einziger Schrei und sie werden alle zusam-men vor uns gegenwärtig erscheinen.« (Sure 36, 53)

Nach dieser Erklärung ist es ebenso leicht, alle Men-schen am Jüngsten Tage wiederzubeleben, wie ein Heer,das sich zur Ruhe gelagert hat, auf eine Fanfare hin wie-der zu versammeln.

So ist denn, obwohl doch diese unendliche Geschwin-digkeit und grenzenlose Einfachheit, die doch ein un-widerlegbarer Beweis und ein zuverlässiges Zeugnis da-für ist, dass die Macht des Meisters vollkommen und fürIhn alle Dinge leicht sind, in den Augen der Leute des Irr-weges die Formung und Schaffung der Dinge durch dieMacht des Meisters, die doch im Grade der Notwendig-keit leicht ist, Anlass zu dieser Verwechslung geworden,als habe sich alles ganz von selbst geformt, was dochtausendfach unmöglich ist. Das heißt, dass manche ein-fache Dinge so ganz einfach ins Dasein zu treten schei-nen, dass (sich diese Leute) ihre Gestaltung als derenEntstehung (aus sich selbst heraus) vorstellen. Das heißt,sie werden nicht erschaffen, sondern treten ganz von sichallein ins Dasein. Also komm denn nun und betrachte ein-mal diese Torheit auf ihrer äußersten Stufe! Sie machenden Beweis für Gottes unendliche Macht zum Beweis fürderen Abwesenheit und öffnen so das Tor zu unendlichvielen Unmöglichkeiten. Denn in diesem Fall wäre esnotwendig, vollkommene Eigenschaften wie unendlicheMacht und ein umfangreiches Wissen, die für den Meisterdes Alls notwendig sind, jedem Teilchen eines jeden Ge-schöpfes zuzuschreiben, sodass sie aus sich selbst he-raus entstehen könnten.

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Elftes Wort:

»Und zu Ihm ist unsere Bestimmung.«

»Wa ileyhi-l’masier«, das heißt: alles wird aus dem Reichder Vergänglichkeit (dar-i fani) in das Reich der Bestän-digkeit (dar-i baqiye) zurückkehren, an den ewigen Sitzim Königreich (saltanat) des von Urzeit an Bleibenden(Qadim-i Baqi), aus der Vielzahl der Ursachen in den Be-reich der Macht des Glorreichen-Einen (Vahid-i Dhu-l’-Djelal) hinüberwechseln, aus dieser Welt (dunya) in diejenseitige (akhira) übertragen werden. Der Ort eurer Be-stimmung ist an Seiner Schwelle, der Platz eurer ZufluchtSeine Barmherzigkeit (rahma) usw…

Es gibt noch sehr viele Wahrheiten, wie es dieses Wortund andere gleich ihm ausdrückt. Was unter diesenWahrheiten diejenige betrifft, die ausdrückt, dass wir inewiger Glückseligkeit zum Paradies eingehen werden, sowurde bereits durch die Gewissheit der zwölf Zeugnisseim »Zehnten Wort« und die Sechs Grundsätze, welchedie so zahlreichen einschneidenden Beweise aus dem»Neunundzwanzigsten Wort« zusammenfassen, mit ei-ner so hohen Sicherheit klargestellt, dass sich weitere Er-klärungen dazu erübrigen. Mit der Sicherheit, wonach dieSonne nach ihrem Untergang am nächsten Morgen wie-der aufgehen wird, haben diese beiden »Sözler« (Worte)bewiesen, dass auch das Leben, das die geistige Sonnedieser Welt ist, mit seinem Untergang bei der Zerstörungder Welt sich am Morgen der Wiederversammlung in ei-ner beständigen Form wieder erheben wird. Und ein Teilder Dschinnen und Menschen wird die ewige Glückselig-keit erlangen, während ein anderer Teil in die ewige Peineingehen wird. Da nun aber das Zehnte und das Neu-nundzwanzigste »Wort« diese Wahrheit bereits zur Gän-ze bewiesen haben, wollen wie sie hier diesen »Sözler«überlassen und sagen daher nur:

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Wie in der obigen Erklärung bereits mit Bestimmtheit be-wiesen wurde, hat der Allweise Meister dieses Univer-sums und Barmherzige Schöpfer der Menschheit, derüber ein grenzenloses und allumfassendes Wissen, ei-nen unendlichen und alles bewirkenden Willen und eineunbegrenzte Macht verfügt, in Seinen Himmlischen Bü-chern und durch Seine Erlasse (ferman) der ganzen glau-benden Gefolgschaft des Menschengeschlechtes dasParadies und Ewige Glückseligkeit versprochen. Und daEr nun einmal Sein Versprechen gegeben hat, wird Er esmit Sicherheit auch halten. Denn dass Er Sein Verspre-chen bricht, ist unmöglich. Denn dem, was Er einmal ver-sprochen hat, nicht nachzukommen, ist ein ganz be-sonders hässlicher Fehler, und der Absolut Vollkommene(Kamil-i Mutlaq) ist frei von allen Fehlern und heilig. EinVersprechen nicht zu halten, geschieht entweder aus Un-kenntnis oder aus Schwäche.

Da es aber für den Vollkommen Allmächtigen (Qadir-iMutlaq) und Allwissenden (Aliem) Unkenntnis undSchwäche unvorstellbar ist, ist es auch unvorstellbar,dass Er Sein Versprechen bricht, und dies gerade und vorallem deswegen, weil der Stolz der Welt, mit dem Friedeund Segen sei und alle Propheten, die Gottesfreunde, dieReinen (Theologen) und die Gläubigen den FreigiebigenBarmherzigen (Rahim-i Kerim) ständig im Gebet die Ewi-ge Glückseligkeit, die Er ihnen versprochen hat, erbitten,erwünschen, erflehen. Und sie bitten darum auch zu-gleich mit allen Seinen Schönen Namen, denn diese, vorallem aber Seine Liebe (shefqat), Barmherzigkeit (rah-ma), Gerechtigkeit (adalet) und Weisheit (hikmet) undSeine Namen: der Erbarmer (Rahman), der Barmherzige(Rahim), der Gerechte (Adl) und der Weise (Hakiem), da-zu auch Seine Herrschaft (rububiyet) und Sein Königreich(saltanat), dazu auch Seine Namen: Herr und Gott (Rabbve Allah) machen das jenseitige Reich (Akhiret) und dieEwige Glückseligkeit notwendig und erforderlich und be-zeigen und bezeugen ihre Wirklichkeit. So weist denn das

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ganze Sein in all seiner Realität, wie bereits im »ZehntenWort« bewiesen wurde, auf das jenseitige Reich (Akhiret)hin. Zudem weist auch der Weise Qur’an, welcher derGewaltige Erlass (ferman) ist, mit Tausenden Ayat, Erklä-rungen und zuverlässigen, sicheren Zeugnissen auf die-se Wahrheit hin und verkündet sie. Und (Gottes) ehren-werter Geliebter (Habib-i Ekrem), der Stolz des ganzenMenschengeschlechtes, gestützt auf Tausende offen-sichtlicher Wunder, hat in seinem ganzen Leben, mit sei-ner ganzen Kraft diese Wahrheit gelehrt, sie bewiesen,verkündigt, erschaut und gezeigt…

»Oh Gott schenke ihm Deinen Segen, Heil und Frieden, seiner Familieund seinen Gefährten, so viel und so oft wie die Bewohner des Para-dieses Atem schöpfen im Paradies und lass uns auferstehen und lassauferstehen ihn, seine Freunde und seine Gefährtinnen zur Glückselig-keit, zusammen mit unseren Eltern, unseren Brüdern und Schwesternunter seiner Fahne. Lass ihn unseren Fürsprecher sein und geleite unsins Paradies, zusammen mit seiner Familie und seinen Gefährten inDeiner Barmherzigkeit, oh Erbarmungsvollster aller Barmherzigen!Amen. Amen.«

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»Unser Herr! Strafe uns nicht, wenn wir uns vergangen und vergessenhaben!« (Sure 2, 286)»Unser Herr! Lass unsere Herzen nicht wieder in die Irre gehen, nach-dem Du uns recht geleitet hast und beschenke uns von Dir mit DeinerBarmherzigkeit (Rachma)! Denn Du bist der Geber aller Gaben (Vah-hab).« (Sure 3, 8)»Unser Herr! Weite mir die Brust und mache mir meine Aufgabe leicht!Löse den Knoten in meiner Zunge, damit sie meine Worte verstehenkönnen.« (Sure 20, 25-28)»Unser Herr! Nimm dies von uns an! Denn Du bist der Allhörende, derAllweise. Wende Dich uns zu, denn Du bist es, der sich uns immer wie-der zuwendet, der Allbarmherzige.« (Sure 2, 127-128)»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)

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Anhang zum Zehnten Wort

des Zwanzigsten Briefes

»Im Namen des Hochgelobten! Und es gibt kein Ding, das Ihn nichtrühmt und lobpreist.« »Im Namen des Erbarmers, des Allbarmherzigen!…und nur im Gedenken Gottes (dhikru’llah) gibt es die Geborgenheitder Herzen.« (Sure 13, 28) »Und Gott prägte für uns das Gleichnis voneinem Mann, der das Eigentum mehrerer zänkischer Partner war…«(Sure 39, 29)

Frage: Du hast bereits an mehreren Stellen gesagt:

»Aus der Einheit Gottes (Vahdet) entsteht eine Einfach-heit in unendlichem Grade und unendlich viele Schwie-rigkeiten aus einer Vielheit Seiner Partner (shirk). Aus derEinheit Gottes erwächst eine Leichtigkeit im Grade einerNotwendigkeit, aus einer Partnerschaft mit Ihm (shirk) da-gegen Schwierigkeiten im Grade einer Unmöglichkeit.«

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dentlich erfüllen könnten. Ich hätte hierfür gerne eine Auf-lösung.

Antwort: Wir haben bereits in vielen »Sözler« (Worten)erklärt und bewiesen, dass alles Sein (maudjudat), so-bald man es auf den einen Künstler zurückführt, so ein-fach und leicht (erklärt) werden kann wie eine einzige(Schöpfung). Führt man es hingegen auf vielfältige Ursa-chen und auf die Natur zurück, so wird die (Erschaffung)einer einzigen Fliege so schwierig und kompliziert wie diealler Himmel, die einer Blume wie die des ganzen Früh-lings, die einer einzigen Frucht wie die eines ganzen Gar-tens. Da diese Thematik bereits in anderen »Sözler«(Worte) erforscht und erklärt worden ist, wollen wir siehier auf ihnen beruhen lassen und sie anhand von dreiBeispielen zu drei Hinweisen erläutern, welche es derSeele ermöglichen, sich von dieser Wahrheit zu überzeu-gen:

Erstes Beispiel: Ein kleines durchscheinendes glän-zendes Stäubchen kann, allein und für sich selbst gelas-sen, noch nicht einmal einem Lichtfunken (von der Grö-ße) eines Streichholzköpfchens Platz bieten und ihm alsQuelle dienen. Seiner Kapazität und der eigenen Größeentsprechend kann es nicht mehr Licht in sich beherber-gen, als es einem so winzig kleinen Stäubchen entspricht.Wenn sich dieses Stäubchen aber mit der Sonne verbin-det, ihr sein Gesicht zuwendet, sein Auge öffnet und sieanblickt, kann es diese riesige Sonne mit ihren Strahlen,mit ihren sieben Farben, mit ihrer Wärme, ja sogar mit ih-rer Entfernung (virtuell) in sich aufnehmen und so eine Artriesiger Erscheinungsform darstellen. Das also heißt,dass ein solches Stäubchen, sich selbst überlassen, nichtmehr zu leisten vermag, als das, was einem solchenStäubchen entspricht, während es in seiner Funktion alsBeamter der Sonne, ihr zugehörig und ihr Spiegelbild, wiedie Sonne, bei der Ausführung (der Aufgaben) der Sonneselbst ein winzig kleines Musterbeispiel von ihr darstellenkann.

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»Bei Gott sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

Sobald sich also alles Sein, ja sogar jedes einzelne Atomauf eine Vielheit, auf Ursachen, Partner, die Natur, aufsich selbst stützen müsste, so müsste auch jedes Atomund alles Sein entweder über ein umfassendes Wissenund eine absolute Macht verfügen können, oder aber un-endlich viele unsichtbare Maschinen oder Druckereien insich enthalten, damit es die ihm übertragenen wundervol-len Aufgaben ausführen könnte. Wenn sich aber dieseAtome auf den Einen-Allgegenwärtigen (Vahid-i Ahad)stützen können, dann ist auch jedes einzelne Kunstwerk,ein jedes Atom mit Ihm verbunden. Es gilt als Sein Be-amter. Diese Zugehörigkeit lässt es Seine Erscheinungzum Ausdruck bringen. Und durch seine Erscheinungs-weise und durch seine Verbundenheit kann es sich aufsein unbegrenztes Wissen und Seine Allmacht stützen. Inder Kraft seines Schöpfers kann es dann Arbeiten undAufgaben erfüllen, die millionenfach mehr als seine eige-ne Kraft erfordern, entsprechend dem Geheimnis und ausdieser Verbundenheit heraus.

Zweites Beispiel: Da sind z.B. zwei Brüder. Der eineist kühn und sicher seiner selbst, der andere aber voll Be-geisterung und Hingabe seinem Land verbunden. ZurZeit eines Krieges fühlte sich der eine in seiner Selbstsi-cherheit nicht seinem Land verbunden und wollte die Sa-che für sich selbst regeln. So musste er denn seine eige-nen Ressourcen selbst auf sich nehmen, Ausrüstung undBewaffnung seiner eigenen Stärke entsprechend selbertransportieren. Mit seinen eigenen kümmerlichen Kräftenkonnte er auch gegen das feindliche Heer nur mit einemUnteroffizier kämpfen. Für mehr hatte er die Mittel nicht.Der andere Bruder aber vertraute nicht auf sich selbst,wusste, dass er selbst nur schwach und kraftlos war… Sosetzte er sich denn mit dem König in Verbindung und wur-

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de zu dessen Soldaten eingezogen. Und durch diese Ver-bindung wurde ein ganzes großes Heer sein Rückhalt.Und einen solchen Stützpunkt im Rücken und mit derUnterstützung seines Königs konnte er die moralischeKraft des Heeres auf sich vereinigen und sich durch die-ser inneren Kraft in die Schlacht werfen und als erschließlich im Heer des befeindeten Fürsten einem hohenGeneral begegnete, zu diesem im Namen des eigenenKönigs sagen: »Sie sind mein Gefangener!… Folgen Siemir!« So nahm er ihn gefangen und lieferte ihn aus. Dietiefe Wahrheit (sirr), die dieser Situation zu Grunde liegt,ist folgende Weisheit:

Während der obige Dummkopf seine eigene Ausrüs-tung und Bewaffnung selbst schultern musste und so nurganz unbedeutende Dinge tun konnte, brauchte der Die-ner (des Königs) seine Ressourcen nicht selbst zu trans-portieren, vielmehr wurden sie durch das Heer und vomKönig übernommen. Gerade so wie man den bereits vor-handenen Telegrafenschreiber und das Telefonkabeldurch eine kleine Schnur mit dem Empfänger verbindet,so stellte dieser Mann eine Verbindung zwischen sich undder grenzenlosen Kraft her.

»…und bei Gott sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

Sobald also alle Geschöpfe, ja selbst jede einzelne Zellesich unmittelbar auf den Einen-Allgegenwärtigen (Vahid-iAhad) stützen können und sich mit ihm verbunden haben,kann eine Ameise in der Kraft einer solchen Verbindungund auf den Befehl ihres Herrn, sein Kommando, denKommandanten des Palastes des Pharao zu Grunderichten, seinen Kopf rollen lassen… eine Mücke Nimrodelend zu Grunde gehen lassen und ihn in die Hölle wer-fen… eine Mikrobe den mächtigsten Tyrannen ins Grabsteigen lassen… der Same einer Tanne, klein wie einWeizenkorn zur Werkbank, ja zu einer Maschinenhalle für

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eine Tanne zu werden, mächtig wie ein Berg… ein Luft-molekül vermag in allen Blumen und Früchten die ver-schiedensten Arbeiten zu verrichten und an ihrer Gestal-tung ordentlich und genau mitzuwirken. Alle diese einfa-chen Dinge werden ganz offensichtlich erst in göttlichemAuftrag und durch eine solche Verbindung möglich. Wen-den sich aber die Dinge nach Art eines Dummkopfes denUrsachen und der Vielheit zu und gehen sie dann, sichselbst überlassen, den partnerschaftlichen Weg (shirk)hinunter, dann verlaufen alle Dinge ihrer eigenen Kapa-zität und dem Vermögen ihres eigenen Bewusstseins ent-sprechend.

Drittes Beispiel: Es waren einmal zwei Freunde. Diewollten über ein Land, das sie noch nie gesehen hatten,eine erdkundliche Arbeit mit statistischen Angaben ver-fassen. Der eine von ihnen begab sich in den Dienst desKönigs dieses Landes und begab sich in das Telefon- undTelegrafenamt. Mit einer Telefonleitung für zehn Para ver-band er sein eigenes Gerät mit der staatlichen Leitungund nimmt nun überall hin Verbindung auf, tauscht Nach-richten aus und empfängt Informationen. So kann er nunein ganz vorzügliches erdkundliches Werk von künstleri-scher Vollendung abfassen und mit allen statistischen An-gaben versehen.

Was aber den anderen (der beiden) Freunde betrifft, sowird dieser entweder fünfzig Jahre lang ständig auf Rei-sen sein, sich unter vielen Strapazen überall umschauenund jeder Erzählung lauschen oder aber Millionen Pfundfür ein landesweites Telefon- und Telegrafennetz ausge-ben müssen, um auch ein solches wie der König zu be-sitzen und dann, gleich seinem oben erwähnten Freund,ein so vollkommenes Werk schreiben zu können.

»…und bei Gott sind die erhabensten Gleichnisse.« (Sure 16, 60)

Sobald also all die zahllosen Geschöpfe und alles Sein

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auf den Einen-Allgegenwärtigen (Vahid-i Ahad) zurückge-führt werden, so wird zu gleicher Zeit ein jedes Ding zuSeinem Erscheinungsort, und dadurch, dass es zu die-sem Erscheinungsort der Urewigen Sonne wird, erlangtes Kontakt zu den Gesetzen Seiner Weisheit, den Grund-sätzen Seines Wissens und den Bestimmungen SeinerMacht. Zugleich empfängt es den Göttlichen Funken, derdurch die Kraft und Macht Gottes zu einem alles sehen-den Auge, einem allschauenden Antlitz und einem allesbewirkenden Wort wird. Reißt jedoch diese Verbindungab, so wird es zugleich auch von allen anderen Dingenabgeschnitten und schrumpft auf die Winzigkeit seinerbloßen Existenz zusammen. In diesem Fall müsste esüber eine absolute Göttlichkeit verfügen, um die Funktio-nen ausüben zu können, die es in seinem früheren Zu-stand erfüllt hatte.

Zusammenfassung: Auf dem Wege der göttlichen Ein-heit (Vahdet) und des Glaubens (iman) liegt eine Einfach-heit und Leichtigkeit im Grade einer Notwendigkeit, aufdem der Abgötterei (shirk) und der Ursachen dagegenSchwierigkeiten und Umständlichkeiten im Grade einerUnmöglichkeit. Denn ein einziger kann ohne Mühe vielenDingen eine Form geben und ein Ergebnis zu Standebringen. Wenn es dagegen vielen Dingen überlassenbliebe, eine solche Form zu Stande zu bringen und die-ses Ergebnis zu erreichen, könnte dies nur mit sehr vie-len Anstrengungen und sehr vielen Unternehmungen zuWege gebracht und ein Ergebnis erreicht werden. Wie wirbereits im Dritten Brief gesagt haben, setzt sich das Heerder Sterne unter dem Kommando der Sonne und desMondes in Bewegung, wobei in jeder Nacht und in jedemJahr ein prächtiger Umzug, eine Prozession zum Lob-preise (tesbih) Gottes zu Stande kommt. Ein faszinieren-des, wunderschönes himmlisches Schauspiel! Führt manalle diese großartigen Geschehnisse, wie den Wechselder Jahreszeiten und dergleichen erhabenen und weis-heitsvollen Ergebnisse (der Bewegungen) der Erde auf

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die Einheit (Vahdet) Gottes zurück, so kann dieser Urewi-ge Sultan leicht einer Soldatin wie der Erde als Komman-dantin den Befehl zu diesem Schauspiel mit diesem Er-gebnis unter den erhabenen Himmelskörpern erteilen.Dann wird die Erde, sobald sie ihren Befehl erhalten hat,vor Freude über ihren Auftrag wie ein Mewlewi-(Der-wisch) zu singen (Sema’) und zu tanzen (dhikr) beginnen.So vollzieht sich dieses Schauspiel mit nur wenig Müheund ein so wichtiges Ereignis kommt zu Stande. Würdestatt dessen der Erde gesagt: »Halt an! Misch dich nichtein!«, dann müsste (zu diesem gleichen) Ergebnis, fürdieses Schauspiel, welches dann dem Himmel überlas-sen bliebe und statt der Einheit (Vahdet) Gottes der Viel-heit und seinen Partnern (shirk) zugeschrieben würde,sich jeden Tag und jedes Jahr Millionen von Sternen, dietausendfach größer sind als der Erdball, in Bewegungsetzen und Tag für Tag und Jahr für Jahr eine Entfernungvon Milliarden Lichtjahren in vierundzwanzig Stunden,bzw. einem Jahr zurücklegen.

Schlussfolgerung: Der Qur’an und die Gläubigen füh-ren unendlich viele Kunstwerke dem einen und allgegen-wärtigen Meister (Sani-i Vahid) zurück und erblicken dieBasis eines jeden Werkes unmittelbar in Ihm. So ziehensie denn ihres Weges mit einer Leichtigkeit, die der Not-wendigkeit gleich kommt und führen auf ihm… Doch dieLeute der Abgötterei und des Aufstandes sehen die Basisauch nur eines einzigen Kunstwerkes in unendlich vielenDingen und gehen einen Weg, der schwierig ist bis zumGrade der Unmöglichkeit. So finden sie sich denn aufdem Wege des Qur’an zusammen mit allen Kunstwerken,finden sich dagegen auf dem Wege der Irrungen zusam-men mit nur einem Kunstwerk. Ja, es ist bei weitem leich-ter und einfacher, wenn alle Dinge aus einem einzigenhervorgehen, als das ein einziges Ding aus unendlich vie-len Dingen hervorgehen sollte. In gleicher Weise ist es füreinen Offizier ebenso leicht tausend Soldaten zu führenwie einen einzelnen, wo hingegen die Führung eines ein-

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zigen Soldaten, vertraut man ihn tausend Offizieren an,so schwierig wird wie die Führung von Tausend Soldaten,was ein Chaos heraufbeschwören würde.

So spaltet denn die folgende gewaltige Ayah den Leu-ten der Abgötterei mit dieser Wahrheit den Schädel:

»Gott hat das folgende Gleichnis geprägt von einem Mann, der dasEigentum mehrerer zänkischer Herren war, und einem Mann, der ganzund gar einem (einzigen) Herrn gehörte. Können die beiden etwa alseinander gleich betrachtet werden? Gepriesen sei Gott! Doch diemeisten von ihnen verstehen das nicht.« (Sure 39, 29)»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»Oh Gott, gib Deinen Frieden und Segen unserem Herrn (Seyyidina)

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Mohammed nach der Zahl der Atome im All, seiner Familie und allenseinen Gefährten. Amen Und aller Lobpreis und Dank sei Gott, demHerrn (Rabb) der Welten.«»Oh Gott! Oh Einziger (Ahad)! Allgegenwärtiger (Vahid)! Einzigartiger!Oh Du, außer dem es keinen Gott gibt. Er ist der Einzige, Er hat keinenPartner. Oh der, dem das Reich gehört und dem aller Dank gebührt! OhDu, der das Leben gibt und den Tod! Oh Du, in dessen Händen allesGute liegt und der aller Dinge mächtig ist! Oh Du, bei dem unsereBestimmung ist! Um der tiefen Wahrheit (sirr) dieser Worte willen zählediejenigen, welche diese Abhandlung veröffentlichen und ihre Gefähr-tinnen und Freunde zu den Glückseligen unter denen, welche die Voll-kommenheit Deiner Einheit bekennen, den wahrhaft Getreuen, den auf-richtigen Gläubigen. Amen.«»Oh Gott! Um des Geheimnisses Deiner Einheit willen lass diejenigen,welche dieses Buch herausgeben, die tiefen Wahrheiten (esrar) Deinergöttlichen Einheit verbreiten, mache ihre Herzen zu einem Ort, an demdas Licht Deines Glaubens aufscheint, lasse ihre Zungen die Wahrheitdes Qur’an aussprechen! Amen. Amen. Amen.«

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Einundzwanzigster Brief

»Im Namen des Hochgelobten und fürwahr; es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist!« (Sure 17, 44) »Im Namen Allahs, des Erbarmers, desBarmherzigen; Wenn eines von ihnen (Vater oder Mutter) oder (alle)beide bei dir (im Haus) hochbetagt geworden (und mit den Schwächendes Greisensalters behaftet) sind, dann sag nicht ›Pfui!‹ zu ihnen undfahr sie nicht an, sondern sprich ehrerbietig zu ihnen, und senke für siein Barmherzigkeit den Flügel der (Selbst)erniedrigung (d.h. benimm dichihnen gegenüber aus Barmherzigkeit freundlich und gefügig) und sag:›Herr! Erbarm dich ihrer (ebenso mitleidig), wie sie mich aufgezogenhaben, als ich klein (und hilflos) war!‹ Euer Herr weiß sehr wohl, was ihrin euch verbergt. (Er erkennt) falls ihr rechtschaffen seid (euren gutenWillen an, auch wenn ihr seinen Geboten nicht durchweg nachzukom-men vermögt). Den Bußfertigen ist Er bereit zu vergeben.« (Sure 17, 23-25)

Oh du, der du Gottvergessen lebst, in wessen Haus sichdie alte Mutter oder Vater, oder ein pflegebedürftiger, oderein hilfloser oder blinder Verwandter oder Glaubensbru-der befindet!… Achte auf diesen ehrwürdigen Qur’anversund siehe, wie in diesem Vers zur Zärtlichkeit gegenüberden altgewordenen Eltern aufgerufen wird. In der Tat istdie höchste Wahrheit in der Welt die selbstlose Liebe derVäter und der Mütter ihren Kindern gegenüber; und das

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erhabenste Recht ist, dass sie dieser selbstlosen Liebegegenüber von ihnen Hochachtung bekommen. Denn,sie opfern ihr Leben in vollkommener Freude für das Le-ben ihrer Kinder und geben es aus. Daher steht jedemKind zu, das von dem Menschsein nicht abgefallen istund sich nicht in ein Untier umgewandelt hat, jene ver-ehrten, treuen und opferwilligen Freunde aufrichtig hoch-zuachten, ihnen innig zu dienen, ihre Wünsche zu erken-nen und ihre Herzen zu erfreuen. Onkel und Tante der vä-terlichen Seite gilt als Vater und der mütterlichen Seite giltals Mutter. So wisse, wie erbärmlich und gemein es ist,die Anwesenheit jener segensreichen Alten lästig zu fin-den und ihren Tod zu wünschen, und komme zur Besin-nung. Verstehe, welch eine hässliche Ungerechtigkeitund Erbärmlichkeit es ist, den Untergang des Lebensdessen zu wünschen, der sein Leben für dein Leben geo-pfert hat!

Oh du Mensch, der du von der Sorge um den Lebens-unterhalt betroffen bist! Wisse, dass die Säule des Se-gens, der Anlass der Fülle und der Vertreiber des Unglü-ckes in deinem Haus dein alter oder blinder Verwandterist, der in deinem Hause lebt und den du lästig findest.Sage nur ja nicht: »Mein Einkommen ist knapp, ich kanndamit nicht auskommen.« Denn, gäbe es den Segennicht, der ihretwegen kommt, auf jeden Fall würde dieKnappheit bei deiner Lebenshaltung noch größer werden.Vertraue mir, dass das wahr ist. Ich kenne absolut siche-re Beweise dafür und kann dich auch davon überzeugen.Um es nicht in die Länge zu ziehen, fasse ich mich hierkurz. Verlasse dich auf mein Wort. Ich versichere, dieseWahrheit ist absolut sicher, sogar meine Begierde undmein Teufel haben sich davor ergeben. Eine Wahrheit, diedie Hartnäckigkeit meiner Begierde gebrochen und mei-nen Teufel zum Schweigen gebracht hat, muss dich über-zeugen können.

In der Tat sendet der majestätische Schöpfer in SeinerGastfreundschaft, der durch das Zeugnis des Kosmos im

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unendlichen Grade barmherzig, gütig, freundlich und frei-giebig ist, wie Er zu den Neugeborenen, die Er zur Weltsendet, ihre Nahrung in einer äußerst freundlichen Weisedurch die Hähne der Brüste in ihre Münder fließen lässt,auch die Nahrung der Alten, die wie Kinder gewordensind und mehr als die Kinder die Barmherzigkeit verdienthaben und der Zärtlichkeit und Liebe bedürftig sind, inFülle. Er lädt ihre Versorgung nicht auf die habgierigenund geizigen Menschen.

»Gott ist es, der (allen) Unterhalt beschert und Macht und Festigkeit zuEigen hat.« (Sure 51, 58)

Die Wahrheit, die diese Verse zum Ausdruck bringen, ma-chen alle Arten der Lebewesen ohne Worte durch ihre Tatbekannt und verkünden die Wahrheit dieser gastfreund-lichen Freigiebigkeit. Nicht nur die Nahrung der alten Ver-wandten, sogar auch die mancher Tiere wie Katzen, diedem Menschen als Freund gegeben wurden und derenNahrung innerhalb der Versorgung der Menschen ge-sandt wird, kommt in Fülle. Ein Beispiel, das dieses be-stätigt und welches ich erlebt habe:

Meine nächsten Freunde wissen auch: Vor zwei, dreiJahren hatte ich jeden Tag ein halbes Brot – das Brot indiesem Dorf war damals klein – als Ration, die mirmeistens nicht ausreichte. Dann kamen zu mir vier Kat-zen als Gäste. Dieselbe Ration reichte sowohl für michals auch für sie. Meistens blieb noch etwas übrig.

Es wiederholte sich dieser Umstand dermaßen oft,dass ich zu der Überzeugung gelangte, ich hätte einenNutzen aus der Segensfülle der Katzen. Mit fester Über-zeugung gebe ich bekannt: Sie waren mir keine Last undmir gegenüber keinen Dank schuldig, sondern ich war ih-nen zu Dank verpflichtet.

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Oh du Mensch! Wenn ein Tier in der Gestalt eines Raub-tieres in das Haus eines Menschen zu Gast kommt undein Anlass zum Segen wird, so kannst du das in das Ver-hältnis bringen, wenn sich ein Mensch, der unter den Ge-schaffenen der Ehrwürdigste ist, oder ein gläubigerMensch, der unter den Menschen der Vollkommenste ist,oder ein hilfloser und siechender alter Gläubiger, der ammeisten der Hochachtung und der Barmherzigkeit würdigist, oder ein Verwandter, der unter den siechenden Altenam meisten Zärtlichkeit, Dienst und Liebe verdient, oderMutter und Vater, die unter den Verwandten die wahrstenFreunde und treuesten Geliebten sind, in dem Zustand ih-res Altseins mit dir im selben Haus befinden, in welchemGrade sie ein Anlass zur Fülle und ein Mittel der Barm-herzigkeit sind, und nach dem Geheimnis von

d.h. »Gäbe es keine Alten mit gebeugten Rücken untereuch, so würden die Katastrophen wie die Sintflut aufeuch niederregnen«, kannst du dir vorstellen, in welchemGrade sie ein Grund für die Aufhebung (der Verhängung)eines Unglücks sind.

Also, oh du Mensch, komme zur Besinnung! Wenn dunicht vorher stirbst, wirst du ein Greis werden. Wenn dudeinen Eltern gegenüber nicht respektvoll bist, so werdendir auch deine Kinder, nach dem Geheimnis von

»Die Strafe entspricht der Art der Tat.«

nicht dienen. Magst du dein Leben im Jenseits, so ist hierfür dich eine wichtige Fundgrube, stell dich in ihrenDienst, achte auf ihr Einverständnis! Magst du dein Lebenin dieser Welt, stelle sie wiederum zufrieden, damit deinLeben ihretwegen wohl und dein Unterhalt segensreich

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wird. Sonst wirst du, wenn du sie lästig findest, ihren Todwünschst und ihre zärtlichen und leicht empfindlichenHerzen kränkst, der Fall für das Geheimnis von

»Verlierer der Welt und des Jenseits.«

Willst du die Barmherzigkeit des Erbarmers, so sollst dudiesen Anvertrauten des Erbarmers und Seinen Pfänderngegenüber in deinem Haus barmherzig sein.

Es gab einen Mann unter meinen Mitbrüdern namensMustafa Çavus. Ich sah ihn in seinen religiösen und welt-lichen Angelegenheiten erfolgreich. Das Geheimnis da-von wusste ich nicht. Danach erkannte ich den Grund sei-nes Erfolges: Dieser Mann kannte die Rechte seines al-ten Vaters und seiner alten Mutter, achtete auf diesesRecht vollständig und gelangte ihretwegen zu Wohlstandund Segen. Insha-a’llah, wolle es Gott, setzte er sein jen-seitiges Leben in Stand. Wer glücklich sein will, soll ihmnacheifern!

»Oh Allah! Segne den, der sagt: ›Das Paradies liegt unter den Füßender Mütter‹, und seine Familie und alle seine Gefährten.« »Gepriesenseist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast.Denn Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32)

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Zweiundzwanzigster Brief

»Im Namen dessen, vor dem es kein Ding gibt, das Ihn nicht in Dank-barkeit lobpreist.«

Dieser Brief besteht aus zwei Kapiteln. Daserste Kapitel ist eine Einladung an die Leutedes Glaubens zur Brüderlichkeit und Liebe.

Erstes Kapitel

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.« »Fürwahr, dieGläubigen sind Brüder. Darum stifte Frieden zwischen deinen Brüdern!«(Sure 49, 10) »Überwinde das Böse durch das Gute, so wird der, mitdem du bisher verfeindet warst, dir ein vertrauter Freund werden.«(Sure 41, 34) »Sie bezwingen ihren Groll und vergeben den Menschen;und Allah liebt die Rechtschaffenen.« (Sure 3, 134)

Betrachtet man die Dinge vom Standpunkt der Wahrhaf-tigkeit und Weisheit aus, vom Gesichtspunkt des Islam,der höchste Menschlichkeit ist, prüft sie hinsichtlich desindividuellen Lebens, hinsichtlich des sozialen Lebens,

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hinsichtlich des spirituellen Lebens, so ist es abscheulichund verwerflich, zerstörerisch und verbrecherisch, sichauf verschiedene Seiten zu stellen und so einander ver-bissen zu bekämpfen und zu beneiden. Hierin liegt derGrund für Zwist und Zwietracht, Hass und Feindschaft un-ter den Gläubigen. Solche Dinge sind Gift für das Lebender Menschheit. Diese Tatsache kann man unter vielenverschiedenen Aspekten betrachten. Wir wollen hiersechs von ihnen verdeutlichen.

Erster Aspekt: Ein Verbrechen im Hinblick auf dieWahrhaftigkeit.

Oh Mensch, der du unbillig und ungerecht Hass undFeindschaft gegen die Gläubigen nährst! Angenommen,du befändest dich auf einem Schiff oder in einem Hausund mit dir zusammen wären neun Unschuldige und einVerbrecher. Wenn nun ein Mann versuchen wollte, diesesSchiff zu versenken oder dieses Haus niederzubrennen,so weißt du, welch unverhältnismäßiges Unrecht das wä-re. Du würdest über diesem Unrecht die Himmel anrufen,dass sie dich hören sollen. Und selbst wenn es nur eineneinzigen Unschuldigen unter neun Verbrechern gäbe, wä-re es dennoch gegen jedwedes Recht und Gesetz, diesesSchiff zu versenken.

In gleicher Weise gilt: Vergleichen wir einen Gläubigenin seinem Wesen mit einem Haus des Herrn oder einemgöttlichen Schiff, so finden sich darin nicht nur neun, nein,sogar zwanzig Attribute wie z.B. der Glaube, die Religiondes Islam, eine gute nachbarschaftliche Gesinnung, de-retwegen man ihn nicht verurteilen kann. Hegtest du nunetwa den Gedanken oder nährtest in dir gar den Wunsch,einem Gläubigen wegen einer schlechten Eigenschaft,die dich verletzt und dir nicht gefällt, Hass und Feind-schaft entgegenzubringen und dieses unsichtbare Hausseiner Persönlichkeit im übertragenen Sinne zu zerstö-ren, zu verbrennen, zu versenken, so wäre das wie indem angeführten Beispiel eine gnadenlose, eine ab-scheuliche Ungerechtigkeit.

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Zweiter Aspekt: Ein weiteres Verbrechen; eines im Hin-blick auf die Weisheit.

Dies ist so, weil bekanntermaßen Liebe und Hass ein-ander wie Licht und Finsternis entgegengesetzt sind. Bei-de können nicht miteinander gemeinsam in ihrem wahrenSinn und Wesen bestehen bleiben.

Wenn die Liebe im Herzen eines Menschen hinsichtlichder Qualität ihrer Beweggründe wirkliche Liebe ist, dannwird Hass unwirklich und verwandelt sich in Mitgefühl. Inder Tat liebt ein Gläubiger seinen Bruder und muss ihnauch lieben. Das Böse in seinem Bruder aber erregt inihm nur Mitgefühl. Nicht mit Gewalt bemüht er sich da-rum, vielmehr in Güte ihn zu veredeln. Darum bringt einHadith ganz klar zum Ausdruck: »Ein Gläubiger soll ei-nem anderen Gläubigen nicht länger als drei Tage zür-nen, Gespräch und Beziehung zu ihm nicht abbrechen.«

Gewinnen aber die Gründe für eine Feindschaft dieOberhand und bewirkt diese Feindschaft im Herzen einesMenschen wirklichen Hass, dann wird die Liebe darin un-wirklich und führt zu Liebedienerei und Kriechertum.

Oh du ungerechter Mensch, betrachte jetzt, was für einVerbrechen es ist, seinem gläubigen Mitbruder Hass undFeindschaft entgegenzubringen. Denn wenn du ganz ge-wöhnliche kleine Steine für wertvoller hältst, als denschwarzen Stein in der Kaaba und behauptest, sie seiengrößer als der Felsen von Uhud, was für eine Ge-schmacklosigkeit und welch eine Dummheit ist das dann.Ebenso möge doch einmal jemand, der einem Gläubigen,der so viele islamische Eigenschaften besitzt wie denGlauben, der so verehrungswürdig ist, wie der schwarzeStein in der Kaaba und noch dazu eine Gottergebenheit,die so gewaltig ist wie der Felsen von Uhud und die dochnach Liebe und Eintracht verlangen, wegen einiger klei-ner Fehler, gewöhnlichen Steinen vergleichbar, Hass undFeindschaft entgegenbringt und diese vor dem Glaubenund seiner Gottergebenheit bevorzugt, einsehen, was für

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eine große Ungerechtigkeit, wie unverständlich und zu-höchst grausam das ist; wenn er Verstand dazu hat!…

In der Tat verlangt die Einheit im Glauben sicherlichauch nach der Einheit der Herzen; und die Übereinstim-mung in den grundsätzlichen Anschauungen erfordertauch die Übereinstimmung im Gemeinschaftsleben. Dukannst in der Tat nicht abstreiten, dass du gegenüber ei-nem Mann, mit dem du zusammen in der selben Kompa-nie dienst, dass du dich diesem Mann gegenüber freund-lich verbunden fühlst. Einem Soldaten gegenüber, der andeiner Seite dem selben Kommando unterstellt ist, er-wächst in dir ein Gefühl der Kameradschaft. EinemLandsmann, der aus deiner Heimat stammt gegenüber,wirst du eine brüderliche Beziehung empfinden. Deshalbgibt es im Lichte und im Bewusstsein, dass der Glaube dirverleiht, entsprechend der Anzahl der göttlichen Namen,die ihn zeigen und erklären, ein Gefühl der Übereinstim-mung, einträchtige Verbundenheit und eine brüderlicheBeziehung. Zum Beispiel:

Eurer beider Schöpfer ist eins, euer Herr ist eins, euerAngebeteter ist eins, euer Versorger ist eins… eins, eins,eins und bis zu tausend mal eins und noch einmal eins.Auch euer Prophet ist eins, euer Glaube ist eins, eureGebetsrichtung ist eins… eins, eins, eins und bis zu hun-dert mal eins und noch einmal eins. Danach aber ist aucheuer Dorf eins, euer Land ist eins, eure Heimat ist eins…bis zu zehn mal eins und noch einmal eins. So viele Ma-le Eins-sein verlangt nach Einheit und Allgegenwart, Ein-tracht und Übereinstimmung, Liebe und Brüderlichkeit.Wenn aber jemand nun diesen geistigen Bindungen, mitdenen man selbst das Weltall und die Planeten zu bindenvermag, dennoch so unbeständige und bedeutungsloseDinge vorzieht, einem Spinnennetz vergleichbar, die derAnlass zu Zwist und Zwietracht, Hass und Feindschaftsind, einem Gläubigen gegenüber tatsächlich Hass undFeindschaft nährt, dann magst du verstehen, welch eineUnehrerbietigkeit gegenüber dem Band der Einheit,

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welch eine Geringschätzung gegenüber den Grundsät-zen der Liebe und was für eine Ungerechtigkeit und Miss-achtung gegenüber dieser brüderlichen Verbundenheitdas ist, wenn dein Herz noch nicht tot (und zu Stein ge-worden) und (das Licht deiner) Vernunft noch nicht erlo-schen ist.

Dritter Aspekt: Entsprechend dem Geheimnis der A-yah:

»Und nicht belastet wird die schon beladene (Seele) mit der Last eineranderen,« (Sure 6, 164)

welche Ausdruck absoluter Gerechtigkeit ist, stellt es eingroßes Unrecht dar, wegen der schlechten Eigenschaft,die ein Gläubiger hat, alle seine übrigen guten Eigen-schaften zu verurteilen, besonders aber, dem Gläubigenwegen einer solchen üblen Eigenschaft zu zürnen, ge-kränkt zu sein und seine Feindschaft auch noch auf dieAngehörigen dieses Gläubigen zu übertragen, denn

»Der Mensch ist wahrlich ungerecht!« (Sure 14, 34)

Mit diesem Elativ (Hervorhebung) im übertragenen Sinnegemahnen dich die Wahrheit, das Gesetz und die Weis-heit des Islam daran, was für ein gewaltiges Unrecht dasist. Wie kannst du dir da noch selbst gerecht vorkommenund behaupten: »Ich habe recht!«?

Vom Standpunkt der Wahrhaftigkeit aus sind dieSchlechtigkeiten, welche Feindschaft und Bosheit verur-sachen, böse und wie die Erde so dunkel und schwer. Siedürfen nicht auf andere übergreifen und sich in ihnenspiegeln. Wenn ein anderer aus ihnen seine Lehre ziehtund Böses tut, so ist dies ein anderes Problem. Das Gu-te aber, welches Ursache der Liebe ist, ist Licht wie die

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Liebe. Es liegt in seiner Natur, sich auszubreiten und inanderen wiederzuspiegeln. Daher kommt es, dass dasWort: »Der Freund des Freundes ist ein Freund« zumSprichwort geworden ist. Darum sagt man auch: »Um ei-nes Auges willen werden viele Augen geliebt«; auch diesist ein Wort, das in unserer Sprache geläufig ist.

Wohlan denn, du ungerechter Mensch! Wenn du nunangesichts dieser Tatsachen eines ungeliebten Men-schen unschuldigem und liebenswerten Bruder und sei-nen Angehörigen immer noch Feindschaft entgegen-bringst, so wirst du, wenn du die Wahrheit zu erkennenvermagst, verstehen, wie sehr dies der Wahrheit ent-gegengesetzt ist…

Vierter Aspekt: Ein Verbrechen im Hinblick auf daspersönliche Leben. Höre hierzu einige Grundsätze, wel-che die Basis dieses vierten Aspektes bilden:

Erster Grundsatz: Wenn du weißt, dass dein Weg unddeine Ansichten richtig sind, so hast du das Recht zu sa-gen: »Mein Weg ist der richtige und er ist schön.« Doch:»Nur mein Weg ist der allein richtige« zu sagen, hast dukein Recht.

»Das Auge der Zufriedenheit ist allen Fehlern gegenüber blind; dochdas Auge des Ärgers deckt jeden Fehler auf.«

Diesem Geheimnis entsprechend kann dein ungerechterBlick und dein leidenschaftlicher Gedanke nicht Richtersein. Er kann nicht über Wert oder Unwert eines anderenWeges sein Urteil fällen.

Zweiter Grundsatz: Deine Aufgabe besteht darin, da-für Sorge zu tragen, dass alles, was du sagst, auch wahrist. Doch alles, was wahr ist, auch auszusprechen, istnicht deine Aufgabe. Was immer du sagst, muss richtigsein. Aber es ist nicht richtig, alles zu sagen, was richtig

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ist. Denn ein Mensch wie du, dessen Absichten nicht reinsind, geht anderen manchmal mit seinen Ratschlägen aufdie Nerven und reizt sie zum Gegenteil.

Dritter Grundsatz: Wenn du hassen möchtest, dannhasse den Hass in deinem Herzen und bemühe dich, ihnauszumerzen. Und überdies richte deinen Hass gegendeine eigensinnige Seele, gegen deine leidenschaftlicheSeele, die dir den meisten Schaden verursacht, und be-mühe dich, sie zu veredeln. Bringe nicht den Gläubigenauf Grund deiner eigenen Bosheit Feindschaft entgegen.Willst du hassen, so gibt es viele Ungläubige und Gottlo-se. Ihnen bringe deine Feindschaft entgegen! So wie inder Tat die Liebe als eine Eigenschaft der Liebe würdigist, so ist auch der Hass ein Attribut, dass vor allen ande-ren Dingen selbst gehasst zu werden verdient. Willst dudeinen Gegner besiegen, so erwidere seine Schlechtig-keiten mit Gutem! Denn erwiderst du sie mit Bosheit, sovermehrt sich das Übel. Mag er auch »äußerlich besiegtsein, so nährt er doch weiterhin Hass in seinem Herzenund seine Feindschaft setzt sich fort. Wenn du sie mit Gu-tem erwiderst, so tut es ihm leid und er wird dir zumFreund…

»Wenn du einen Vornehmen mit Vornehmheit behandelst, so wird ersich dir zur Verfügung stellen. Behandelst du aber einen Nichtswürdigenmit Vornehmheit, wird er sich dir entgegenstellen.«

Nach diesem Wahlspruch ist es die Eigenschaft desGläubigen, vornehm zu sein. Deine Vornehmheit bewirkt,dass er sich dir zur Verfügung stellt. Auch wenn er »äu-ßerlich unwürdig erscheint, ist er doch vornehm mit Rük-ksicht auf seinen Glauben. Es kommt in der Tat oft genugvor, dass ein schlechter Mensch sich bessert, wenn dunur immer wieder zu ihm sagst: »Du bist gut, du bist gut«,während ein guter Mensch dadurch schlechter wird, dassdu immer wieder zu ihm sagst: »Du bist schlecht, du bist

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schlecht«.

»Kommen sie dort vorbei, wo leeres Geschwätz ist, gehen sie in vor-nehmer Gesinnung vorüber.« (Sure 25, 72) »Wenn ihr verzeiht, vergebtund Nachsicht übt, so ist auch Allah es, der euch vergibt und sich eurererbarmt.« (Sure 64, 14)

Weil dies so ist, neige dein Ohr den geheiligten Grund-sätzen des Qur’an; denn in ihnen liegt die Glückseligkeitund das Heil!

Vierter Grundsatz: Die Leute des Hasses und derFeindschaft tun Unrecht sowohl gegenüber sich selbst,als auch gegenüber ihrem gläubigen Bruder, als auchgegenüber der göttlichen Barmherzigkeit und versündi-gen sich gegen sie. Denn durch seinen Hass und durchseine Feindschaft überlässt er sein Herz einer schmerz-haften Strafe. Über den Gnadengaben, welche sein Geg-ner empfängt, zieht er sich selbst einen Schmerz zu, wel-cher aus seiner Strafe und aus seiner Angst kommt undversündigt sich gegen seine Seele. Entsteht Feindschaftaber aus Eifersucht, so ist dies Strafe über Strafe. DennEifersucht erdrückt zunächst den Eifersüchtigen selbst,stürzt ihn ins Unglück, vernichtet ihn. Dem, der da benei-det wird aber schadet das wenig oder überhaupt nicht.

Die Heilung der Eifersucht: Wenn ein Mensch eifer-süchtig ist, so soll er einmal darüber nachdenken, wasdas Ende all dessen ist, worum er den anderen beneidetund worauf er eifersüchtig ist. Dann wird er begreifen,dass irdische Schönheit, Macht, Ansehen und Reichtum,die seinem Gegner zu Eigen sind, vergängliche Gabensind, die ihm nur vorübergehend gehören. Ihr Nutzen istnur gering, die Mühen, die mit ihnen verbunden sind, aberzahlreich. Handelt es sich stattdessen um transzendente

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Werte, so gibt es hierbei ohnehin keinen Neid. Beneidetaber jemand einen anderen wegen dieser Dinge, so ist erentweder ein Heuchler, der die Güter des Jenseits hier imDiesseits zerstören möchte, oder er hält den, welchen erbeneidet, für einen Heuchler und ist auf diese Weise un-gerecht ihm gegenüber, versündigt sich an ihm.

Überdies freut er sich über ein Unglück, das ihn (seinenGegner) getroffen hat, ärgert sich über die Gnadengaben,die dieser empfängt, grollt dem Schicksal und der gött-lichen Barmherzigkeit wegen der guten Gaben, die jenerempfängt. Es ist, als wollte er das Schicksal kritisierenund gegen die Barmherzigkeit protestieren. Wer aber im-mer das Schicksal kritisiert, der schlägt sich seinen Kopfgegen einen Amboss und zerbricht daran. Wer gegen dieBarmherzigkeit protestiert, schließt sich von der Barm-herzigkeit aus.

Ja, wie kann denn überhaupt ein billig und gerecht den-kender Mensch zugestehen, dass jemand auf eine Sa-che, die es nicht wert ist, dass man deswegen auch nurfür einen Tag Feindschaft hegt, mit einem Jahr Hass undFeindseligkeit antwortet? Welches noch unverdorbeneGewissen hat für so etwas Raum? Du kannst in der Tatnicht deinem Mitbruder ganz und gar all das Übel zu-schreiben, das dich durch ihn getroffen hat und ihn des-wegen verurteilen. Denn:

Erstens: Die göttliche Bestimmung hat daran ihren An-teil. Nach Abzug dessen sollte man sich wegen diesesAnteils, den die göttliche Bestimmung und Zuteilung dar-an hat, zufrieden geben und es so annehmen.

Zweitens: Sodann sollte man den Anteil davon abzie-hen, den der Teufel und die eigene Begierde daran hat,und diesen Mann, anstatt ihm Feindschaft entgegenzu-bringen, vielmehr bedauern, weil er seiner eigenen Lei-denschaft unterlag und sollte darauf warten, dass es ihmleid tut.

Drittens: Betrachte auch den Fehler, den du im eige-

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nen Herzen hast und nicht siehst, oder nicht sehen willstund gestehe ihm seinen Anteil zu. Wenn du dann auf dennoch verbliebenen kleinen Anteil mit Verzeihung und Ver-gebung und Großherzigkeit antwortest, was die schnells-te und sicherste Art ist, deinen Gegner zu besiegen, sowirst du vor Schaden bewahrt bleiben und vor Ungerech-tigkeit gerettet sein. Wolltest du jedoch stattdessen,gleich einem verrückten und betrunkenen Juwelier, derGlasscherben und Eisstückchen ankauft, als wären es Di-amanten, in der Weise reagieren, dass du um irdischerDinge willen, die unwichtig, bedeutungslos und vergäng-lich sind, deren Wert nur ein vorläufiger und vorüberge-hender ist und keine fünf Pfennig beträgt, immerwähren-den Hass und beständige Feindschaft nährst, verbundenmit einer heftigen Wut, so als würdest du für immer in die-ser Welt bleiben und ihr würdet ewig beieinander sein, sowäre das Trunkheit und Rausch und der hyperbolischeModus einer Ungerechtigkeit. Es wäre eine Art von Wahn-sinn…

Wenn dir also dein Leben etwas wert ist, dann gib einerFeindschaft und dem Gedanken an Rache, der doch dei-nem persönlichen Leben dermaßen einen Schaden zu-fügt, in deinem Herzen keinen Raum. Sind aber (dieseGedanken) schon in dein Herz eingedrungen, so hörenicht auf sie. Hören wir stattdessen lieber, was Hafis Schi-rasi, der ein Auge für die Wahrheit hat, spricht:

»Nicht solch ein Ding ist die Welt, dass sie es wert wäre, sich um sie zustreiten.«

Denn das, was unbeständig und vergänglich ist, hat kei-nen Wert. Verhält es sich also schon mit dieser ganzen,großen Welt so, dann wirst du auch verstehen, wie be-deutungslos die kleinen Dinge in dieser Welt sind…

Und weiter sagt er:

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»Frieden und Sicherheit beider Welten gewinnt man in der Auslegungzweier Worte: Mit seinen Freunden soll man in Freundlichkeit und Güteumgehen, seine Feinde aber mit der Bereitschaft behandeln, mit ihnenFrieden zu schließen.«

Wenn du aber sagst: »Ich habe gar keine andere Wahl.Die Feindseligkeit liegt in meinem Wesen. Zudem ist dermir auf die Nerven gegangen und darüber kann ich nichthinwegkommen.«

Antwort: Wenn ein schlechter Charakter und eine übleGesinnungsart keine Spuren hinterlässt und solche Din-ge, wie Zuträgerei und alles, was in Zusammenhang mitihr steht, nicht praktiziert werden, weil man seinen Fehlereinsieht, so schadet das nichts. Wenn du also schon kei-ne andere Wahl hast und du (diese Dinge) nicht mehr loswerden kannst, so tut es dir doch bereits innerlich leid, dubereust es im Stillen und bittest im Geheimen um Verge-bung. Dadurch ist dir dein Fehler bereits bewusst gewor-den und du hast verstanden, dass du durch diese deineCharaktereigenschaft ins Unrecht geraten bist. Das be-wahrt dich vor ihren üblen Auswirkungen. Wir haben inder Tat diesen Abschnitt dieses Briefes geschrieben, umeine solche innere Bitte um Vergebung sicherzustellen,damit du nicht Unrecht für Recht erkennst und das Rechtdeines Gegners als Unrecht hinstellst.

Hier ein kleines bemerkenswertes Erlebnis dazu: Ichhabe in der Folge einer einseitig subjektiven Stellungnah-me einmal diese Erfahrung gemacht: Ein frommer Wis-senschaftler hat einmal einen rechtschaffenen Gelehrten,dessen politische Gesinnung ihm zuwider war, in einer Artund Weise verächtlich gemacht, als habe er keinen Glau-ben. Und einen Heuchler, der seine Ansichten teilte, hat

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er voll Hochachtung herausgestellt. Ich bin über diese bö-sen Folgen der Politik so sehr erschrocken, dass ich ge-betet habe:

»Ich nehme meine Zuflucht zu Allah vor dem Satan und vor der Politik.«

Seit dieser Zeit habe ich mich aus dem politischen Lebenzurückgezogen.

Fünfter Aspekt; erklärt, dass es einen außerordent-lichen Schaden verursacht, wenn man sich im öffent-lichen Leben hartnäckig und einseitig auf seinen Stand-punkt versteift.

Wenn man sagt:

»Gegensätze in meiner Gemeinschaft sind eine Barmherzigkeit.«

lautet ein Hadith, und wo Gegensätze bestehen, ist esnotwendig, Partei zu ergreifen. Zudem befreit die Krank-heit der Parteilichkeit das einfache, unterdrückte Volk vondem Übel einer ungerechten herrschenden Klasse. Dennwenn die herrschende Klasse in einem Dorf oder in einerStadt sich zusammenschließt, so kann sie das unter-drückte, einfache Volk ausbeuten. Wo es aber Parteiengibt, sucht der Unterdrückte Schutz bei einer von ihnenund rettet sich so. Außerdem bewirken die Gegensätzeim Denken und die Widersprüche in den Anschauungen,dass sich die Wahrheit vollkommen klar herausstellt.

Antwort: Zur ersten Frage lässt sich sagen: Wenn indiesem Hadith von Gegensätzen die Rede ist, so ist da-mit ein fruchtbarer Gegensatz gemeint, d.h. jeder bemühtsich, den eigenen Weg zu verbessern und den eigenenIdeen zum Erfolg zu verhelfen. Er strebt nicht danach,den der anderen zu zerstören und zu vernichten, sondernihn zu verbessern und zu vervollkommnen. Ein fruchtlo-

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ser Gegensatz besteht aber darin, einander in egoisti-scher und feindseliger Absicht den Untergang zu berei-ten. Das aber wird auch vom Standpunkt der Hadith ver-worfen. Denn die sich gegenseitig an die Kehle gehen,können nichts Positives zu Stande bringen.

Zur zweiten Frage aber lässt sich sagen: Wäre eineParteilichkeit im Namen der Gerechtigkeit, so könnte siedenen, die ihr Recht suchen, zum Schutzdach dienen.Doch unsere Parteigängerschaft heutigen Tages, wie sienur selbstsüchtigen Seelen dient, ist ein Schutzdach fürdie Ungerechten und bildet einen Stützpunkt für sie. Dennkäme ein Teufel, einen Mann in dessen einseitig subjekti-ver Stellungnahme zu unterstützen und ihm in seinen Ge-danken behilflich zu sein und würde sich auf die Seite(dieses Mannes) stellen, so würde dieser für den Teufelum Barmherzigkeit beten. Käme aber stattdessen vongegnerischer Seite ein Mann gleich einem Engel, er wür-de ihm eine solche Ungerechtigkeit bezeigen, dass er ihn– Gott bewahre! – verfluchen würde.

Zur dritten Frage lässt sich nun sagen: Wenn ein Wider-streit in den Anschauungen im Namen der Gerechtigkeitausgefochten wird, um der Wahrhaftigkeit willen entsteht,die Einheit zum Anlass und zum Ziel hat, dann besteht einGegensatz nur in den Mitteln. Dann wird in Wahrheit jedeEcke ausgeleuchtet. Das dient der Wahrhaftigkeit und derGerechtigkeit. Ein Widerstreit in den Anschauungen aber,welcher in der Weise ausgetragen wird, dass er nur ein-seitig-subjektiver und tendenziöser Stellungnahme, dereigenen Selbstgefälligkeit und dem persönlichen Ehrgeizdient, welcher auf Rechnung einer eigenwilligen, pharao-nengleichen Seele geht, entzündet nicht den »Funkender Wahrheit«, sondern entfacht vielmehr die Flamme derZwietracht. Denn während es notwendig ist, sich im Zieleinig zu sein, findet sich in den Gedanken solcher Leutenirgendwo auf Erden ein konvergierender Punkt. Weil esnicht um der Wahrhaftigkeit willen geschieht, übertreibensie bis ins Extrem. Somit sind sie die Ursache zu einer

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Spaltung, die sich dann nicht mehr heilen lässt. Die heu-tige Situation in dieser Welt gibt davon Zeugnis…

Zusammenfassung: Wenn die erhabenen Prinzipien:

»Liebe um Gottes willen, Zorn um Gottes willen, Rechtsprechung umGottes willen«

nicht zu Grundsätzen unseres Handelns werden, tretenUnfrieden und Zwietracht an ihre Stelle. In der Tat ver-sündigt sich, wer nicht:

»Zorn um Gottes willen, Rechtsprechung um Gottes willen«

sagt, diese Grundprinzipien nicht ins Auge fasst, währender gleichzeitig gerecht zu sein versucht.

Hierzu nun ein lehrreiches Beispiel: Einmal warf ImamAli (möge Allahs Wohlgefallen auf ihm ruhen!) einen Un-gläubigen zu Boden. Doch bevor er noch sein Schwertziehen und ihn töten konnte, spuckte ihn dieser Ungläu-bige an. Da ließ er diesen Ungläubigen gehen und töteteihn nicht. Der Ungläubige aber fragte ihn: »Warum hastdu mich nicht getötet?«

Imam Ali antwortete ihm: »Ich hätte dich um Allahswillen getötet. Doch du hast mich angespuckt. So wurdeich zornig. Leidenschaft schlich sich in mein Herz undverdarb meine aufrechte Gesinnung. Darum habe ichdich nicht getötet.«

Hierauf entgegnete der Ungläubige: »Damit du michschnell töten solltest, habe ich dich in Zorn gebracht.Wenn aber euer Glaube nun solchermaßen rein und lau-ter ist, dann ist dieser Glaube wahr.«

Hier noch ein Ereignis, das der Aufmerksamkeit wert ist:Als einmal ein Richter, während er einem Dieb die Handabschlug, dabei seine eigene Wut zu erkennen gab, ent-

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hob ihn der gerechte Emir, der ihn dabei beobachtet hat-te, seines Amtes. Denn hätte er im Namen der Scheriah,um des göttlichen Gesetzes willen zugeschlagen, so hät-te ihm dies zwar in der Seele weh getan, in seinem Her-zen aber wäre weder Zorn noch Mitleid aufgestiegen.D.h. er konnte das Urteil nicht in Gerechtigkeit vollstre-cken, weil auch seine Seele daran ihren Anteil genom-men hatte.

Eine bedauernswerte soziale Lage und eine fürchterli-che Krankheit des öffentlichen Lebens, die das Herz desIslam zum Weinen bringt:

»Wo Feinde von außen her auftauchen und angreifen,hat dies zur Folge, dass die innerlichen Zwistigkeiten ver-gessen und fallen gelassen werden.« Dies ist eine Ange-legenheit des allgemeinen Wohls, die auch noch von denwildesten Völkern beachtet und praktiziert wird. Was aberist dann mit denen geschehen, die da behaupten, der is-lamischen Gemeinschaft einen Dienst zu erweisen, dieaber ihre kleinlichen Zwistigkeiten nicht vergessen kön-nen, während es doch zahllose Feinde gibt, die einer hin-ter dem anderen zum Angriff bereit stehen und die so denfeindlichen Angriffen den Boden bereiten. Dieser Zustandist eine Verfallserscheinung, eine Barbarei, ein Verrat amislamischen Gemeinschaftsleben.

Dazu hier eine Erzählung, die des Nachdenkens wertist: Es gab einmal im Volke Hassenan, einem Beduinen-volk, zwei miteinander verfeindete Stämme. Obwohl sieeinander bereits mehr als fünfzig Mann umgebracht hat-ten, vergaßen die beiden miteinander verfeindeten Sip-pen ihre alten Zwistigkeiten, wenn sie von einem Stammwie aus dem Volke Hayderan oder Ssipkan angegriffenwurden, und warfen Seite an Seite den Stamm, der sievon außen angegriffen hatte, nieder. Ihre inneren Zwistig-keiten aber tauchten nicht mehr in ihrer Erinnerung auf.

Nun denn, ihr Gläubigen! Wisst ihr, wie viele Feinde, ei-nem solchen Stamm gleich, bereit stehen, um den

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Stamm der Leute des Glaubens anzugreifen? Es gibtmehr als hundert von ihnen, die alle konzentrisch inein-ander liegen. Während man doch nun einander gegen je-den von ihnen unterstützen sollte, man sich eigentlich dieHand reichen müsste, um in Verteidigungsstellung zu ge-hen, passt es da für Leute des Glaubens in irgendeinerWeise einseitig und eigensüchtig Stellung zu beziehenund sich in einer Zwietracht zu versteifen, die dem Feindden Angriff erleichtert und ihm die Tore öffnet, sodass erin das geheiligte Innere des Islam einzudringen vermag?Von diesen feindlichen Kreisen gibt es, von den Leutendes Irrweges und den Abtrünnigen bis hin zu der Welt derLeute des Unglaubens und der Welt der Unglücke undKatastrophen, vielleicht siebzig verschiedene Arten vonFeinden, die eine innerhalb der anderen, bereit stehen,euch zu schaden, und die eine hinter der anderen, euchmit gierigen und giftigen Blicken betrachten. Gegen sie al-le ist die Bruderschaft des Islam wie eine starke Waffe,ein schützendes Dach und eine Burg. Wisset: DieseFestung des Islam durch kleinliche Zwistigkeiten unter-einander und gegenseitige haltlose Anschuldigungen zuerschüttern, ist in hohem Maße gewissenlos und ganzund gar gegen die Interessen des Islam. Bedenkt dies al-so und kommt zur Besinnung!

Es gibt da eine ehrwürdige Überlieferung: Am Ende derZeiten werden so grausame Unmenschen wie Ssüfyanund Deddjal kommen und sich an die Spitze aller Heuch-ler und aller Gottlosen setzen und sie werden viel Scha-den anrichten. Sie werden aus den Leidenschaften undder Zerspaltenheit im Islam und in der gesamten Mensch-heit ihren Nutzen ziehen. Sie werden mit nur geringer An-strengung ein Tohuwabohu unter den Menschen anrich-ten und die ganze gewaltige islamische Welt in ein Ge-fangenenlager verwandeln.

Oh ihr Leute des Glaubens! Wenn ihr nicht unter ent-würdigenden Umständen in die Gefangenschaft gehenwollt, dann kommt zu Verstand! Um der Tyrannen willen,

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die aus euren Konflikten ihren Nutzen ziehen wollen, tre-tet ein in die heilige Burg dieser folgenden Ayah:

»Fürwahr, die Gläubigen sind Brüder!« (Sure 49, 10)

und verschanzt euch darin. Wenn aber nicht, so könnt ihrweder euer Leben retten noch eure Rechte verteidigen.Es ist ja bekannt, dass selbst ein Kind zwei Helden er-schlagen kann, wenn diese sich gegenseitig an die Keh-le springen. Wenn sich zwei Berge in den Schalen einerWaage einander das Gleichgewicht hielten, könnte schonein kleiner Stein dieses Gleichgewicht zerstören und seinSpiel mit ihnen treiben. Er könnte bewirken, dass (die ei-ne Schale) nach oben steigt und sich die andere senkt.

Wohlan denn, ihr Leute des Glaubens! Durch eure Lei-denschaften, eure Feindseligkeiten und durch euer Par-teiengezänk habt ihr eure Kraft zunichte gemacht. Mit nurgeringer Kraft könnt ihr erdrückt werden. Wenn euch aneurem Gemeinschaftsleben etwas liegt, dann macht ausdem erhabenen Grundsatz

»Der Gläubige ist dem Gläubigen gleich einem Bauwerk, in dem die ein-zelnen Steine bleiverfugt einander Halt und Stütze gewähren.«

einen Grundsatz fürs Leben. So werdet ihr vor dem Elendin dieser Welt bewahrt bleiben und vor der Strafe in jenerWelt gerettet werden!…

Sechster Aspekt: Geistiges Leben, die natürliche Got-tesverehrung und die Reinheit des Dienstes werdendurch Feindschaft und Uneinsichtigkeit getrübt und er-schüttert.

Denn die Reinheit der Absicht, welche das Fahrzeugdes Heils ist und Voraussetzung der Erlösung, wird ver-dorben. Ein uneinsichtiger und einseitiger Mensch ver-langt danach, dass seine eigenen Handlungen besser

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sein sollen als die seines Gegners. Ein Handeln rein umAllahs willen kann für ihn nicht von Erfolg sein. Zudem be-vorzugt er in seinem Urteil und in seinem Handeln denParteigenossen. Gerecht handeln kann er nicht. So wirddie Reinheit der Absicht und die Gerechtigkeit, welche dieGrundlagen des Handelns und der guten Werke sind,durch Zwietracht und Feindschaft zerstört.

Dieser sechste Aspekt ist besonders umfangreich.Doch haben wir uns in diesem Zusammenhang kurz ge-fasst.

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Zweites Kapitel

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen; fürwahr, Allah istes, der der Versorger ist und der Herr unerschütterlicher Macht.« (Sure51, 58) »Wie viele Geschöpfe gibt es, die nicht selbst für ihren Unterhaltsorgen! Allah versorgt sie und euch und Er ist es, der alles hört und allesweiß.« (Sure 29, 60)

Ihr Leute des Glaubens! Auf Grund dessen, was wir bis-her ausgeführt haben, könnt ihr nun verstehen, was für ei-nen Schaden die Feindschaft anrichtet. Nun verstehtauch, dass Leidenschaft gleich wie die Feindschaft im Le-ben nach dem Islam eine ganz furchtbare Krankheit istund sehr großes Unheil hervorbringt. Leidenschaft ist dieUrsache zu Enttäuschung, Kummer und Erniedrigungund bringt Entbehrung und Elend mit sich. In der Tat zeigtLeidenschaft und Habgier in der Welt alles Lebendigen imweitesten und ganz allgemeinen Rahmen gesehen bishin zu den kleinsten Einzelheiten seine üblen Auswirkun-gen. Stattdessen aber ist die vertrauensvolle Bitte umVersorgung eine Quelle der Ruhe und des Friedens undbringt überall ihre guten Wirkungen hervor. So verharrendie fruchttragenden Bäume und alle übrigen Pflanzen, dieja auch etwas Lebendiges sind und ihre Nahrung benöti-gen, fest an ihrem Platz und zeigen weder Gier noch Lei-denschaft. So kommt die Nahrung (mit dem Wind, demWasser und dem Sonnenlicht) zu ihnen gelaufen. Siebringen (in ihren Früchten) viel mehr Kinder hervor als dieTiere und ernähren sie. Die Tiere aber, weil sie gierig hin-ter ihrer Nahrung herlaufen, können nur mit sehr großer

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Mühe und stets nur unvollkommen ihrer Nahrung habhaftwerden. Im Reich der Tiere jedoch wird den Jungen, wel-che in ihrer Armseligkeit und Schwäche unausgespro-chen ihre Schwäche zum Ausdruck bringen, aus derSchatzkammer der göttlichen Barmherzigkeit ihre gesetz-mäßige, vollkommene und zufriedenstellende Nahrunggereicht. Raubtiere aber, die sich gierig auf ihre Beutestürzen und ihre unappetitliche Nahrung auf ungesetzli-che Weise und nur mit sehr großer Mühe erbeuten kön-nen, zeigen, dass Gier eine Ursache der Entbehrung,Gottvertrauen und Genügsamkeit aber Anlass zur Barm-herzigkeit ist.

Gier ist eine Quelle der Erniedrigung und des Scha-dens. Es gibt so viele Geschehnisse, wo ein habgierigerMensch allzeit Schaden genommen hat, dass der Satz

»Der Habgierige hat das Elend und den Schaden.«

schon zum Sprichwort geworden ist und in den Augen derAllgemeinheit eine Wahrheit darstellt, die auch allgemeinakzeptiert wird. Da dies aber nun einmal so ist, strebenach den Gütern nicht mit Leidenschaft und Habgier,sondern in Bescheidenheit, damit die Güter, die du soliebst, in Fülle zu dir kommen.

Die Leute der Anspruchslosigkeit und die Leute der Giersind zwei Personen vergleichbar, die in das Gästehauseiner bedeutenden Persönlichkeit eintreten. Der erstespricht in seinem Herzen: »Wenn er mich nur aufnimmtund ich der Kälte da draußen entrinnen kann, so genügtmir das. Selbst wenn man mir nur den geringsten Platzanbietet, so ist es doch noch eine Freundlichkeit.«

Der zweite Mann aber sagt sich in seinem Stolz, so alshabe er ein Recht erhalten und als ob jedermann dazuverpflichtet sei, ihm Ehre zu erweisen: »Mir muss er denobersten Platz einräumen.« Mit diesem Anspruch tritt erein, heftet seine Augen auf den obersten Platz und strebt

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auf ihn zu. Doch der Herr des Hauses holt ihn zurück undweist ihm einen Platz weiter unten an. Wo er doch hättedankbar sein sollen, ist er ihm nun von Herzen gram.Statt ihm zu danken, beschwert er sich im Gegenteil nochüber den Hausherrn. So fällt er bei dem Herrn des Hau-ses in Ungnade.

Der erste Mann tritt mit Bescheidenheit ein. Er möchtean unterster Stelle sitzen. Diese seine Bescheidenheit istdem Herrn des Hauses wohlgefällig. »Nehmen Sie dochbitte weiter oben Platz!« sagt er deshalb. So wächst sei-ne Dankbarkeit ständig und seine Zufriedenheit vertieftsich noch.

So ist auch diese Welt gleich einem Gasthaus des Aller-barmers. Das Antlitz der Erde gleicht einem Tisch derBarmherzigkeit. Die verschiedenen Grade in der Versor-gung und die unterschiedlichen Stufen in den Gnadenga-ben gleichen den Plätzen an der Tafel.

Zudem kann jeder selbst in den kleinsten Dingen dieüblen Auswirkungen der Habgier verspüren.

So wird z.B. jeder den einen von zwei Bettlern, der et-was begehrt, frostig stehen lassen und nichts geben,wenn dieser unverschämt und aufdringlich wird, den an-deren aber, der still und bescheiden bittet, von Herzen ge-ben und ihm Barmherzigkeit erweisen.

Oder, wenn dich z.B. nachts der Schlaf flieht, wo dudoch so gerne schlafen möchtest, kann es sein, dass derSchlaf zu dir zurückkehrt, wenn du ihn mit Gelassenheiterwartest. Wenn du aber in dem leidenschaftlichen Ver-langen nach Schlaf: »Ich muss jetzt unbedingt schlafen,ich muss jetzt endlich schlafen« sagst, wird der Schlum-mer dir schließlich ganz und gar fern bleiben.

Oder um noch ein anderes Beispiel zu bringen: Wenndu wegen einer wichtigen Sache voll Ungeduld auf je-manden wartest und dabei ständig wiederholst: »Er istnoch nicht gekommen. Er ist immer noch nicht gekom-men.« so wird deine leidenschaftliche Erwartung schließ-

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lich deine Geduld aufzehren. Aufstehen wirst du und hin-ausgehen. Dieser Mann wird eine Minute später kom-men. Doch diese wichtige Gelegenheit, deretwegen du sogewartet hast, hast du nun verpasst.

Der tiefere Sinn all dieser Geschichten aber ist der Fol-gende: Das Zustandekommen eines Brotes erfordert dieReihenfolge: Acker, Tenne, Mühle, Ofen. So gibt es auchin der Ordnung der Dinge eine weisheitsgemäße Stufen-folge. Wer in seiner Ungeduld diese Stufenfolge nicht ein-hält, in einer so wohlgeordneten Angelegenheit die un-sichtbaren Stufen nicht einhält, sie entweder überspringtund dabei zu Fall kommt, oder aber eine dieser Stufendabei verfehlt und auslässt, der kann nicht an sein Zielgelangen.

Wohlan denn ihr Brüder, die ihr in eurer Sorge um dastägliche Brot ganz benommen und in eurer Leidenschaftfür diese Welt trunken geworden seid! Wenn doch Lei-denschaft und Habgier Dinge sind, die so viel Schadenund ein solches Unglück mit sich bringen, wie könnt ihr danoch auf den Wegen eurer Leidenschaft und Habgiereuch in jeder Weise entwürdigen, ein jegliches Gut an-nehmen, ohne nach Verbotenem und Erlaubtem zu fra-gen und so viele für das Leben in der künftigen Welt not-wendigen Dinge opfern, ja es sogar um eurer Habgierwillen unterlassen Almosen zu geben, was doch einer derbedeutenden Grundpfeiler unter den Säulen des Islamist?… Dabei ist doch Almosen für jeden Menschen einSegen und ein Mittel, Unglück von sich fern zu halten.Dem, der Almosen nicht gibt, wird in jedem Fall so vielGut zwischen den Fingern zerrinnen, wie er Almosen hät-te geben sollen. Er wird (sein Geld) entweder für nutzlo-se Dinge ausgeben oder bei irgendeinem (Zufall?) verlie-ren.

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Ein Traumgesicht

In einem Traumgesicht, das mir im fünften Jahre des ers-ten Weltkrieges geoffenbart wurde, und es war dies einseltsamer Traum, wurde mir die folgende Frage gestellt:

»Welches ist der Grund für den Hunger, für all das ver-lorene Gut und für die körperliche Schwäche, welcheüber die Muslime gekommen ist?«

In diesem Traum hatte ich darauf die Antwort gegeben:»Gott der Gerechte verlangt von dem Gut, das Er uns ge-geben hat, den zehnten Teil dieses Gutes* oder den vier-zigsten Teil dieses Gutes**. So mögen wir durch die Ge-bete der Armen Gewinn erwerben und vor ihrem Hassund Neid bewahrt bleiben. Doch in unserer Habgier undin unserem Geiz haben wir nichts gegeben. Gott der Ge-rechte hat unser aufgelaufenes Almosen von uns genom-men, dreißig Vierzigstel, acht Zehntel.

Zudem verlangte Er von uns jedes Jahr nur einen Mo-nat Hunger, verbunden mit siebzig dahinter verborgenenGeheimnissen. Aber wir haben uns selbst bedauert. Wirhaben uns diesem vorübergehenden Fasten, welches dieFreude in uns erweckt, nicht unterzogen. Gott der Ge-rechte hat uns zur Strafe dafür dazu gezwungen, fünfJahre lang eine Art von Fasten zu üben, das mit siebzigverschiedenen Arten Unglück belastet war.

Außerdem verlangte Er von uns eine von vierundzwan-zig Stunden als eine Art von erhabener, erleuchtender,heilsamer Übung für den Herrn. Wir aber waren faul undhaben uns diesem Ruf zu Gebet und Gottesdienst entzo-

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* z.B. ein Zehntel von der Weizenernte, die Er uns geradegeschenkt hat.** nämlich ein Vierzigstel dessen, was Er uns schon früher ein-mal geschenkt hat, in jedem Fall mindestens ein Vierzigstel des-sen, was das Geschäft jährlich wieder neu an Gewinn abwirftund was die Herde an Jungtieren hervorgebracht hat.

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gen. Diese eine Stunde haben wir unter die übrigen ge-mengt und verloren. Zur Strafe dafür hat uns Gott der Ge-rechte fünf Jahre lang im Laufschritt Pflichten und Übun-gen wie eine Art von Gottesdienst auferlegt.«

Danach wachte ich auf, dachte nach und verstand,dass dieses Traumgesicht eine höchst bedeutsameWahrheit enthielt. Es wurde im Fünfundzwanzigsten Wortbereits ein Vergleich zwischen (einem Leben nach denMaßstäben der europäischen) Zivilisation und (einem Le-ben) nach dem Gesetz des Qur’an abgehandelt und so-mit erklärt und bewiesen, dass jegliche Sittenlosigkeit undaller Aufstand unter den Menschen und in ihrem sozialenLeben seine Ursache in zwei Worten hat:

Das erste: »Wenn ich satt geworden bin und ein ande-rer stürbe vor Hunger, was geht mich das dann an?«

Das zweite: »Arbeite du, ich werde essen.«

Was diesen zwei Worten ihre Dauer verleiht, ist derimmerwährende Strom der Zinsen und die Aufgabe derAlmosenspende. Der einzige Weg, diese beiden fürchter-lichen Krankheiten des gesellschaftlichen Lebens zu hei-len, besteht darin, Almosen als ein allgemein gültigesPrinzip einzuführen, also die absolute Notwendigkeit desAlmosengebens und das Verbot des Zinsnehmens. Zu-dem ist Almosen nicht nur für bestimmte Einzelindividuenoder besondere Gesellschaftsformen, sondern für dasLebensglück der gesamten Menschheit ein bedeutenderStützpfeiler, ja für den Fortbestand der Menschheit diewichtigste Säule überhaupt. Denn in der Menschheit gibtes als die beiden Klassen eine Oberschicht und eineUnterschicht. Was die Oberschicht dazu veranlasst, sichder Unterschicht in Güte und Barmherzigkeit zuzuwen-den, der Unterschicht aber, der Oberschicht Ehrerbietungund Gehorsam entgegenzubringen, das ist Almosen. An-derenfalls ergießt sich von oben auf die Unterschicht he-rab Ungerechtigkeit und Unterdrückung; aus der Unter-schicht reckt sich den Reichen Hass und Aufruhr entge-

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gen. Diese beiden Schichten der Menschheit liegen in ei-nem ständigen unsichtbaren Zwist miteinander, einemZustand ratloser Verwirrung. Das führt schließlich dazu,dass sich, wie dies in Russland bereits geschehen ist,(die Menschen) infolge eines Kampfes zwischen Kapitalund Arbeit an die Kehle gehen…

Oh ihr Leute des Edelmutes und des guten Gewissens!Und auch ihr Leute der Freigiebigkeit und Güte!

Wenn Wohltaten nicht im Sinne eines Almosens ge-spendet werden, so entsteht ein dreifacher Schaden.Manchmal erweisen sie sich als nutzlos. Denn wer nichtum Allahs willen gibt, legt (den anderen) unausgespro-chen eine Verpflichtung auf. Der bedauernswerte Armegerät in die Fesseln der Dankbarkeit. So gehst du seinerhochgeschätzten Fürbitte verlustig. Wenn nun auch nochdu, der du doch in Wahrheit die Stellung eines Beamteninne hast, der von Gott dem Gerechten dazu beauftragtworden ist Seine Güter an Seine Diener und Anbeterweiterzureichen, dich selbst als Herrn und Eigentümerbetrachtest, so verleugnest du in Undankbarkeit SeineGnadengaben. Wenn du aber im Sinne eines Almosensgibst, so wirst du eine Belohnung erhalten, weil du im Na-men Gottes des Gerechten gibst und bringst so deineDankbarkeit in Anerkennung der Gnadengaben Gotteszum Ausdruck. Wenn dieser bedürftige Mann nun alsonicht dazu gezwungen ist, vor dir zu kriechen, so bleibtsein Selbstwertgefühl ungebrochen und seine Fürbitteum deinetwillen ist hochgeschätzt. Wenn du so viel wiedu als Almosen hättest geben sollen oder vielleicht nochmehr als freie Gabe, Gabe aus Güte oder in irgendeineranderen Form gäbest, würdest du dann etwa nicht alsDankesschuld Ruhm oder Heuchelei ernten oder aberSchaden erleiden, z.B. in Form einer Erniedrigung? Tustdu aber all das Gute im Sinne eines Almosens, wirst dudann etwa nicht sowohl ein Gebot Gottes erfüllen, alsauch ein verdienstvolles Werk verrichten, als auch in derWahrhaftigkeit wachsen, als auch hochgeschätzter Ge-

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bete teilhaftig werden?…

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, was Du unsgelehrt hast; denn Du bist der Allwissende und der Allweise. (Sure 2, 32)Oh Allah verleihe Deinen Segen und Deinen Frieden unserem HerrnMohammed, welcher gesagt hat: ›Der Gläubige ist dem Gläubigen wieein Bauwerk, indem die einzelnen Steine bleiverfugt einander Halt undStütze gewähren.‹ und der auch gesagt hat: ›Zufriedenheit ist einSchatz, der nie verdirbt.‹ Segne ihn und seine Familie und alle seineGefährten. Amen. Lob und Preis und Dank sei Allah, dem Herrn derWelten!«

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Nachwort

Ein Kapitel über Zuträgerei

»Im Namen dessen, vor dem es kein Ding gibt, das Ihn nicht in Dank-barkeit lobpreist.«

Im Fünften Punkt des Ersten Strahls der Ersten Flammedes Fünfundzwanzigsten Wortes wurde mit einer einzi-gen Ayah, welche als ein Beispiel dafür angeführt wurde,wie der Qur’an mit den Themen Verbot und Herabsetzungumgeht, bereits erschöpfend dargestellt, wie wunderbarin ihr auf sechsfache Weise Abscheu gegenüber aller Zu-trägerei zum Ausdruck gebracht wird und was für eineverwerfliche Sache die Zuträgerei, vom Standpunkte desQur’an aus betrachtet, ist. Für weitere Erklärungen be-steht keine Veranlassung. In der Tat kann im Anschlussan diese Erklärung des Qur’an keine weitere Erklärungmehr abgegeben werden und eine Notwendigkeit dafürgibt es nicht.

So wird auch in der Ayah

»Würde etwa einer von euch gerne das Fleisch seines toten Brudersessen wollen?« (Sure 49, 12)

die Herabsetzung über sechs verschiedene Stufen hinabfortgesetzt. Wendet man diese Ayah in der Praxis gegendie Ohrenbläser an, so ergibt sich daraus folgende Be-deutung:

Wie bekannt, hat das »Hemze«, das vor dieser Ayah

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steht, den Sinn einer Infragestellung. Dieser Charakter ei-ner Infragestellung durchdringt alle Worte dieser Ayah wieWasser. Er verleiht jedem Wort seinen hintergründigenSinn.

So ist denn da zuerst das »Hemze«, welches fragt:Habt ihr denn keinen Verstand, darinnen Fragen zu stel-len und Antworten zu finden, sodass ihr eine derart ab-scheuliche Sache nicht verstehen könnt?

Das zweite Wort,

»er liebt«

fragt: Ist denn etwa euer Herz, jener Ort aller Zuneigungund jeglicher Abneigung, so verkommen, dass es etwasso Ekelhaftes zu lieben vermag?

Das dritte Wort,

»einer von euch«

fragt: Was ist aus eurem gesellschaftlichen Leben undseiner Kultur geworden, die doch die Quelle (mensch-lichen) Zusammenlebens ist, dass ihr eine solche Hand-lungsweise, welche euer Leben vergiftet, akzeptierenkönnt?

Das vierte Wort,

»Fleisch zu essen«

fragt: Was ist aus eurer Menschlichkeit geworden, dassihr euren Kollegen mit euren Zähnen wie ein Raubtier inStücke reißen könnt?

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Das fünfte Wort,

»seines Bruders«

fragt: Ist euch denn jedes mitmenschliche Empfindenfremd geworden, habt ihr denn gar kein Gefühl für Ver-wandtschaftsbeziehungen mehr, dass ihr derart erbar-mungslos die Persönlichkeit eures Nächsten zerreißt,welche auf vielfältige Weise euer Bruder ist? Und habt ihrdenn keinen Verstand, dass ihr eure eigenen Glieder miteuren eigenen Zähnen beißt wie ein Wahnsinniger?

Das sechste Wort,

»tot«

fragt: Wo ist euer Gewissen geblieben? Ist eure Natur soverdorben, dass ihr demgegenüber, der doch als euerBruder einen höchst ehrenwerten Status inne hat, eine soEkel erregende Handlung begehen könnt, sein Fleisch zuessen?

Dem Sinn dieser Ayah und dem einzelnen ihrer Worteentsprechend heißt das also, dass jede Art von Herab-setzung und Zuträgerei mit Herz und Verstand, aus Grün-den der Menschlichkeit und aus Gewissensgründen, umder Natur und um des Volkes willen abgeschafft und ver-worfen werden muss. So siehst du denn nun, wie dieseAyah eine solche Schandtat kurz und prägnant, sechsStufen hinunter, herabsetzt und sie auf wunderbareWeise in sechs verschiedenen Stufen verbietet.

Zuträgerei ist in den Händen der Leute von Feindschaft,Neid und Uneinsichtigkeit eine primitive Waffe, wie sie(von diesen Leuten) meistens verwendet wird. Ein Mannvon Selbstachtung wird sich niemals dazu herabwürdi-gen, eine solch schmutzige Waffe zu verwenden. Darumsagte einmal ein berühmter Mann:

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»Ich habe mich immer zu gut dafür gehalten, meinen Feind ins Geredezu bringen. Ich habe mich niemals dazu erniedrigt, ihn mit Ehrab-schneidung zu bestrafen. Verleumdung ist die Waffe der Schwachen,der Würdelosen und (der Leute von) niedriger Gesinnung.«

Zuträgerei besteht darin, dass ein Mensch, wäre er an-wesend und könnte hören, was anderen über ihn zuge-tragen wird, das Übel aufnehmen und sich gekränkt füh-len würde. Hat jemand die Wahrheit gesagt, so nenntman dies Zuträgerei. Hat er eine Lüge verbreitet, so istdies sowohl Zuträgerei als auch Verleumdung. Das istdann eine doppelt hässliche Sünde.

Zuträgerei kann in einigen Ausnahmefällen erlaubt sein:Erstens: Wer vor einem dafür zuständigen Mann eine

Klage vorzubringen hat, damit er Hilfe erfahre und der Be-klagte von Schuld und Sünde ablassen solle und deshalbaussagt, um sein Recht von ihm in Anspruch zu nehmen.

Zweitens: (Ein Beispiel als Anmerkung der Übersetzer:Ali möchte mit Mehmet zusammenarbeiten.) Der einemöchte sich bei dir über den anderen einen Rat holen.Wenn du ihm nun rein zu seinem Vorteil und ohne einenbösen Unterton sagst: »Arbeite nicht mit ihm zusammen!Du wirst dabei zu Schaden kommen.«

Drittens: Wenn jemand, nicht etwa um einen anderenzu beschimpfen oder ihn bloßzustellen, sondern zu demZweck, ihn zu beschreiben und vorzustellen, sagt: »Die-ser lahmende Trinker ist da und da hingegangen.«

Viertens: Der Mann, der ins Gerede gekommen ist, istein öffentlicher Sünder. Das heißt, er schämt sich nicht,Schlechtes zu tun, sondern rühmt sich sogar noch seinerüblen Taten, findet Geschmack an seinem Unrecht, be-geht seine Schandtaten in aller Öffentlichkeit ohne sichdessen zu schämen.

So kann Zuträgerei in bestimmten Ausnahmefällen er-

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laubt sein, wenn es ohne jeden bösen Unterton und nurum der Wahrheit und der guten Sache willen geschieht.Anderenfalls verzehrt Zuträgerei, so wie Feuer das Holzverzehrt, auch alle guten Werke.

Wer ein Ohrenbläser gewesen ist, oder einem solchenwillig sein Ohr geliehen hat, der muss sagen

»Oh Allah verzeihe mir und dem, über den ich geklatscht habe!«

und danach, sobald er den Menschen sieht, über den ergeklatscht hat, zu ihm sagen: »Bitte, trage mir nichtsnach!«*

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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* wörtlich: »Lösche deinen Rechtsanspruch«

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Dreiundzwanzigster Brief

»Im Namen dessen, der gepriesen sei. Und es gibt nichts, dass nichtdankend Ihn lobpreist.«»Friede sei mit Euch und das Erbarmen Gottes und Sein Segen, immerund soviel wie Dein Leben Zehntelaugenblicke und Dein Körper Atomezählt.«

Mein lieber, fleißiger, ernsthafter, wahrhaftiger, aufrechter,entschlossener Bruder.

Für die Brüder, welche die Erkenntnis der Wahrheit undden Glauben an das Jenseits mit uns teilen und für die al-le Unterschiede von Zeit und Raum kein Hindernis für un-sere Gemeinschaft (sohbet) und den vertrauten Umgangmit uns bilden. Auch wenn einer von ihnen im Osten undein anderer im Westen, der eine in der Vergangenheit undein anderer in der Zukunft, der eine in diesem und derandere in jenem Leben sein sollte, so können sie doch alsbeieinander betrachtet werden und Gemeinschaft (soh-bet) miteinander pflegen. Besonders können diejenigen,welche die gleiche Aufgabe unternommen haben, ein ge-meinsames Ziel zu erreichen, als einander gleich be-trachtet werden. An jedem Morgen stelle ich mir vor, dassSie bei mir sind und widme Ihnen einen Teil, etwa ein Drit-tel (möge Gott es annehmen) meiner geistigen Übungen.In meinem Gebet sind Sie mit Abdulmecid und Abdurrah-man zusammen. Möge es Gottes Wille sein, dass Siedann jedes Mal auch Ihren Anteil bekommen… Es hatmich um ihretwillen ein wenig traurig gemacht, dass Siehinsichtlich ihres irdischen Lebens unter einigen Schwie-

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rigkeiten gelitten haben. Da aber diese Welt nicht ewig istund in allem Unglück immer auch etwas Gutes liegt, kammir für Sie in mein Herz: »Oh Gott (Ya Hu), aber auch dasvergeht.«

Und so dachte ich mir:

»Es gibt kein wahres Leben außer dem jenseitigen.«

und so rezitierte ich die Ayah

»Wahrlich, Gott ist mit den Geduldigen.« (Sure 2, 153)

und ich zitierte weiter

»Gottes sind wir und zu Ihm kehren wir zurück.« (Sure 2, 156)

So habe ich mich an Ihrer Stelle getröstet.

Wenn Gott der Gerechte einen Seiner Diener liebt,macht Er ihm die Welt zum Ekel und lässt sie ihm häss-lich sein. Möge Gott es wollen, dass auch Sie zu dieserSchar Seiner Geliebten gehören. Lassen Sie sich durcheine solche Anhäufung von Hindernissen gegenüber ei-ner Veröffentlichung der »Sözler« (Worte) nicht beunruhi-gen. Möge Gott es wollen, dass, sobald die Menge derdurch Sie veröffentlichten (Schriften) sich als eine Barm-herzigkeit (rahma) erwiesen haben, auch diese lichterfüll-ten Samenkörner sich in einer besonders segensreichenForm zu einer Vielzahl von Blüten öffnen werden.

Sie haben mir da einige Fragen gestellt. Mein lieberBruder! Die meisten der (bisher) aufgezeichneten »Söz-ler« (Worte) und Briefe gelangten ohne mein Zutun ganzplötzlich und unerwartet in mein Herz, und so war es gut.Wenn ich Ihnen nach Art des Alten Said wissenschaftlich,

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Bedingungen der Annahme des Gebeteswww.Lichtstr.de

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wissentlich und willentlich meine Antwort schriebe, so wä-re sie mangelhaft und blass. Doch seit einiger Zeit sinddiese Eingebungen in meinem Herzen ausgeblieben unddie Peitsche meiner Erinnerung gebrochen. Damit Sie je-doch trotzdem nicht ohne eine Antwort bleiben, will ich aufjede von ihren (Fragen) hier eine kurze Antwort geben:

Zu Ihrer ersten Frage: Wie sollten Gläubige am bestenfür andere Gläubige beten?

Antwort: (Gebete) müssen im Rahmen der gegebenenUmstände annehmbar sein. Denn ein Gebet wird unterbestimmten Bedingungen annehmbar (maqbul). Ihre An-nehmbarkeit wächst je nach der Zahl annehmbarer Um-stände. Zum Beispiel: Wenn man beten will, beginne mandamit, um Verzeihung zu bitten und sich so innerlich zureinigen. Danach spreche man den Segen über unserenPropheten aus, ein Gebet, das stets angenommen wirdund verbinde es sodann als eine Art Fürsprache (mit demeigenen Gebet) und schließe mit einem erneuten Segenfür den Propheten. Denn ein Gebet, das zwischen denbeiden (Segnungen des Propheten, die allzeit angenom-men werden) ausgesprochen wurde, wird gleichfalls stetsangenommen.

Zudem »soll man (ehrlicherweise) in seiner Abwesenheitfür ihn beten.« Und man soll auch jene einflussreichenGebete verwenden, wie sie in Qur’an und Hadith zu fin-den sind. Zum Beispiel:

»Oh Gott, ich bitte Dich um die Vergebung und das Wohlbefinden fürmich und für ihn (N.N.) in dieser und in jener Welt. Unser Herr, gib unsGutes in der diesseitigen und in der jenseitigen Welt und bewahre unsvor der Strafe des Feuers!«

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(Von solchen) ganz allgemeinen Bittgebeten gleich die-sen, die aufrichtig und ehrlich, demütigen und ruhigenHerzens dargebracht werden, nach den täglichen Gebe-ten (Namaz) und besonders nach dem Morgengebet, be-sonders an heiligen (mubarak) Orten, in einer Moschee,an einem Freitag, besonders in (jener, zwar geheimen)Stunde, in der (freitags die Gebete) erhört werden, in denheiligen drei Monaten (Radjab, Sha’aban, Ramadan), be-sonders in den heiligen Nächten, besonders in der Nachtder Bestimmung (qadir, im Ramadan) dargebracht wer-den, darf man mit Recht erwarten, dass sie von der gött-lichen Gnade und Barmherzigkeit (rahma) angenommenwerden. Das Ergebnis solch annehmbarer Gebete zeigtsich entweder schon in dieser Welt, und zwar genau inder erwünschten Weise, oder sie werden doch angenom-men in einer dem Gebet entsprechenden Weise nach derArt des Jenseits und des Ewigen Lebens. Das heißt also,wenn etwas nicht genau in der gewünschten Weise ge-schieht, sollte man nicht sagen, dass das Gebet nicht er-hört wurde, sondern dass es in einer besseren Form er-hört worden ist.

Zu Ihrer zweiten Frage: Da der Ausdruck »möge Gottmit ihm zufrieden sein« für die Gefährten des Prophetengebraucht wird, ist es dann angemessen, ihn auch für an-dere in dieser Bedeutung zu verwenden?

Antwort: Man kann hier »Ja« sagen, denn anders alsdas »mit dem Friede und Sein Segen sei«, was über denEhrenwerten Gesandten ausgesprochen wird, ist die Hin-zufügung »möge Gott mit ihm zufrieden sein« keines-wegs charakteristisch für die Sahabis, sondern sollte viel-mehr gebraucht werden für Persönlichkeiten wie die vierImame (der Rechtsschulen), Abdulkadir el-Geylani,Imam-i Rabbani, Imam Ghasali, die sich wie die Sahabisauf der Stufe der großen Heiligen befinden, die man alsdie Nachfahren des Prophetentums bezeichnet, welcheGottes Zufriedenheit erlangt haben. Doch im Allgemeinenist es der Brauch unter den Gelehrten, über die Sahabis:

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Brauch der Segensformelwww.Lichtstr.de

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»Möge Gott mit ihm zufrieden sein!«, über die Gefährtender zweiten und dritten Generation: »Gott hab’ ihn selig!«und: »Möge Gott ihm vergeben!« über die folgenden Ge-nerationen und über die Heiligen, die Gottesfreunde:»Möge Gott sein Geheimnis heiligen!« zu sagen.

Zu ihrer dritten Frage: Hatten die großen Imame undExegeten (mutjtehid) eine höhere Bedeutung, oder hattendie Scheichs und Pole (qutb) der wahren Orden (tariqat)eine größere Bedeutung?

Antwort: Nicht alle Exegeten. Doch Abu Hanifa, Malik,Schafi und Ahmed Ibn Hanbal stehen über allen Scheichsund den Polen. Aber in gewisser Hinsicht haben einigewundertätige Pole, wie Scheich Geylani auf Grund ihrerbesonderen persönlichen Eigenschaften (hususi fazilet)eine besonders strahlende Position (makam) inne. Dage-gen sind die allgemeinen besonderen Eigenschaften (kul-li fazilet)(gerade besonders charakteristisch) für die Ima-me (der Rechtsschulen). Zudem waren einige Persön-lichkeiten (Sufis) in den Orden zugleich auch Exegeten.Doch deswegen sollte man nicht allen Exegeten einenhöheren Vorzug (fadl) vor den Polen einräumen. Dochlässt sich sagen, dass die vier Imame (der Rechtsschu-len) die vorzüglichsten nach den Sahabis und dem Meh-di sind.

Ihre vierte Frage:

»Gott ist mit den Geduldigen.« (Sure 2, 153)

Was ist Sinn und Zweck dieser Weisheit?Antwort: Gott, der Gerechte hat als Erfordernis Seines

Namens »der Allweise (Hakiem)« bei der Entstehung derDinge eine Anordnung wie die Stufen einer Leiter festge-legt. Ein ungeduldiger Mensch handelt unsorgfältig undüberspringt so (die einzelnen Sprossen), lässt sie aus,und kann so sein Ziel nicht erreichen. So kommt er durch

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seinen Ehrgeiz zu Fall. Geduld jedoch ist der Schlüsselzu allen Schwierigkeiten.

»Der Ehrgeizige ist das Subjekt seiner Enttäuschung und des erlittenenSchadens.« »Geduld ist der Schlüssel zur Rettung.«

Diese Ahadith sind zu Sprichwörtern geworden!Das heißt, die Güte (inayat) und der Erfolg (taufiq) sind

mit den Geduldigen.

Nun aber ist die Geduld von Dreierlei Art:Erstens: Geduld üben in der Zurückhaltung von den

Sünden. Diese Art der Geduld wird Gottesfurcht (taqwa)genannt und führt uns zu der tiefen Wahrheit (sirr) von

»Fürwahr Gott ist mit den Gottesfürchtigen.« (Sure 2, 194)

Zweitens: Geduld üben im Unglück heißt Gott vertrauen(tevekkul) und sich (Seinem Willen) zu unterwerfen (tes-lim), das heißt, wir erfahren die Ehre der Offenbarung derAyat

»Fürwahr Gott liebt die Ihm vertrauen.« (Sure 3, 159) »Fürwahr, Gottliebt die Geduldigen.« (Sure 3, 146)

Was hingegen die Ungeduld betrifft, so enthält sie einenVorwurf gegen Gott, woraus eine Kritik an Seiner Hand-lungsweise, eine Klage gegen Seine Barmherzigkeit (rah-met) und eine Missachtung Seiner Weisheit (hikmet) re-sultiert. Denn der Mensch weint in der Tat in seinerSchwäche und Hilflosigkeit, wenn er sich über einenSchicksalsschlag beklagt. Doch sollte er seine Klage vorIhm ausschütten und nicht gegen Ihn. Seine Worte solltenso sein wie die des ehrenwerten Jakob, mit dem der Frie-

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Geduldwww.Lichtstr.de

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de sei:

»Fürwahr ich schütte meine Klage und meinen Kummer vor Gott aus.«(Sure 12, 86)

Das heißt, man sollte seine Klage vor Gott ausschüttenstatt: »Ach und oh weh!« zu stöhnen und zu sagen: »Washabe ich denn getan, dass dies über mein Haupt gekom-men ist.« so als wolle er sich vor den Menschen über Gottbeklagen. Auf diese Weise das Mitleid der Menschen zuerregen, ist negativ und sinnlos.

Die dritte Art von Geduld ist die Geduld im Dienst undin der Anbetung (ibadet). Diese Form von Geduld erhebtihn zu der Stufe eines Geliebten (makam-i mahbubiyet).Sie führt schließlich (auf die Stufe) eines vollkommenenDieners (ubudiyet), welches die höchste Stufe (maqam)ist.

Ihre fünfte Frage: Man nimmt im Allgemeinen an, dassdas Alter, in dem (das Kind) zu eigener Verantwortlichkeitheranreift (mukellefiyet), das fünfzehnte Lebensjahr ist. Inwelcher Form verrichtete der Ehrenwerte Prophet, mitdem Friede und Segen sei, damals das Gebet (ibadet),noch ehe er zum Propheten berufen worden war (und da-mit die genauen Anweisungen dazu erhalten hatte)?

Antwort: Er betete entsprechend der alten religiösenTradition, so wie sie sich hinter vielen Schleiern verbor-gen in Arabien seit der Zeit des Ehrenwerten Ibrahim, mitdem der Friede sei, erhalten hatte. Dies geschah damalsjedoch nicht als Pflicht (fardh) oder Zwang, sondern frei-willig und aus seiner eigenen positiven Haltung zum Ge-bet heraus. Doch das ist eine lange Geschichte, weshalbich mich hier kurz fassen möchte.

Ihre sechste Frage: Was war die Weisheit (hikmet)hinter dem Umstand, dass die Zeit seines Prophetentumserst in seinem vierzigsten Lebensjahr begann, dem Jahr,

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das als das Jahr der Reife und Vollendung angesehenwird, während doch die gesamte Spanne seines Lebensnur dreiundsechzig Jahre betrug?

Antwort: Dafür gibt es viele Gründe (hikmet). Einer da-von ist der Folgende: Das Prophetentum bringt eine gro-ße und schwere Verantwortung (mutekellefiyet) mit sich.Eine solch schwere Verantwortung kann nur der auf sei-ne Schultern laden, dessen intellektuelle Fähigkeiten undGemütskräfte (qalb) sich bereits ganz und vollkommenentfaltet haben. Die Zeit dieser Vervollkommnung aber istdas vierzigste Lebensjahr. Zudem ist die Zeit der Jugendund des ersten Mannesalters, wenn die unruhige Phaseder Leidenschaft der Seele, die Zeit, wenn das Blut imKörper noch heiß schäumt und der Abschnitt, wo nochEhrgeiz und weltliche Interessen empor lodern, völlig un-geeignet für die Erfüllung eines prophetischen Auftrags,der nur auf Gott und das Jenseits gerichtet und durch Ihngeheiligt ist. Wie ernsthaft und aufrichtig ein Mann vorseinem vierzigsten Lebensjahr auch sein mag, er gerätdoch bei denen, die für sich selbst in ihrer Vorstellungnach Ruhm suchen, in den Verdacht, dass er in dieserWelt vielleicht nach Ehre und Ansehen strebt. Da kann ersich nicht so schnell vor ihren Beschuldigungen retten.Doch nach vierzig beginnt der Abstieg zum Grabe, unddas Jenseits tritt ihm deutlicher als das Diesseits vor Au-gen. So kann er sich selbst rasch und mit Erfolg vor der-lei Beschuldigungen retten, wenn er im Hinblick auf dasJenseits handelt und sich bewegt, und auch die anderenbleiben frei und vor bösartigen Vermutungen bewahrt.

Was aber die dreiundsechzig Jahre eines glücklichen(weil fruchtbaren und erfolgreichen) Lebens betrifft, so isteine der vielen Weisheiten (die ihm zu Grunde liegen) fol-gende: Alle Gläubigen sind durch das Gesetz (ihres Glau-bens) gehalten, den Ehrenwerten Propheten, mit demFriede und Segen sei, über alles zu lieben und zu ehren,in gar keiner Weise Ekel vor ihm zu empfinden und allesan ihm (hal) für gut und schön zu erachten. Darum ließ Er

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Bezug des Alters zum Prophetentumwww.Lichtstr.de

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Seinen Ehrenwerten Geliebten in der so schwierigen undmühseligen Zeit nach sechzig nicht (länger auf Erden zu-rück), sondern berief ihn mit dreiundsechzig Jahren zusich in die erhabene (Gemeinschaft der) Edlen, welcheLebensspanne damals offensichtlich die gewöhnliche derGemeinschaft war, der er ein Vorbild (Imam) war, undzeigte so, dass er ihr Imam in jeglicher Hinsicht war…

Ihre siebente Frage:

»Die besten unter euren Jünglingen sind die, welche den Greisen untereuch ähnlich und die schlimmsten unter euren Greisen diejenigen, wel-che euren Jünglingen ähnlich sind.«

Ist das ein Hadith und was ist damit gemeint? Antwort: Ich habe gehört, dass es ein Hadith ist. Was

damit gemeint ist, ist Folgendes: »Der beste der Jugend-lichen ist derjenige, der sich wie ein Alter an den Tod er-innert und für sein Jenseits arbeitet, der sich nicht von derjugendlichen Lust und Laune gefangennehmen und in derGottvergessenheit ersticken lässt. Und der schlechtesteder Alten unter euch ist derjenige, der in Gottvergessen-heit, Lust und Laune den Jugendlichen nachahmen will,und sich wie ein Kind den Wünschen seiner Begierdeunterwirft.«

Die richtige Form des zweiten Abschnitts, den Du anDeiner Merktafel sahst, ist die Folgende: Ich hing es alseine Merktafel der Weisheit über das Kopfende (meinesBettes). An jedem Morgen und an jedem Abend gucke ichdanach und nehme meinen Unterricht:

»Wünschst Du Dir einen Freund, so genügt Dir Allah.«Tatsächlich sind alle Dinge Freunde, wenn Er Freundist. »Wünschst Du Dir einen Helfer und Gefährten, so ge-nügt Dir der Qur’an.« Tatsächlich begegnet man darinden Gottesgesandten und den Engeln seiner Vorstel-

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lung entsprechend, betrachtet ihre Erlebnisse undmacht sich mit ihnen vertraut. »Wünschst Du dir Reichtum, so genügt dazu eine be-scheidene Haltung.« Tatsächlich ist derjenige, der ge-nügsam lebt, sparsam. Wer sparsam ist, findet Segen. »Suchst Du nach einem Feind, so genügt Dir Deine Be-gierde (nefis).« Tatsächlich wird der, welcher sich selbstgefällt, vom Unglück heimgesucht und vom Unheil ge-plagt. Derjenige, der nicht selbstgefällig ist, findet seineFreude und empfängt Gottes Barmherzigkeit. »Suchst Du einen Ratgeber, so genügt Dir der Tod.«Tatsächlich löst sich derjenige, der über den Tod nach-denkt, von der Weltliebe und arbeitet ernsthaft für dasJenseits.

Ich füge zu Ihren sieben Fragestellungen noch eineachte hinzu. Es handelt sich um Folgendes:

Vor ein paar Tagen rezitierte ein gewisser Hafidh dieSure »Yusuf« bis zu der Ayah:

»Lass mich als Muslim sterben und nimm mich unter die Rechtschaffe-nen auf!« (Sure 12, 101)

Ganz plötzlich und unerwartet tauchte in meinem Herzendie folgende Anmerkung auf: Alles was den Qur’an undden Glauben betrifft, ist wertvoll. Wie klein es auch äu-ßerlich betrachtet sein mag, so ist sein Wert doch groß. Inder Tat ist, was der Ewigen Glückseligkeit dienlich ist,nicht klein. Weil dies aber so ist, darf man nicht sagen, essei dies doch nur ein kleiner Punkt, nicht wert einer Er-klärung, und verdiene keine Aufmerksamkeit. Und sicher-lich möchte der, welcher in den verschiedenen Angele-genheiten dieser Art der erste Schüler und Ansprechs-partner war, Ibrahim Hulusi, auch diese Anmerkung hö-ren. So höre denn nun:

Es ist eine gute Anmerkung zu einer der schönsten Ge-

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schichten, eine erhabene, anmutige, eine frohe Kundeberichtende, wunderbare Anmerkung zu der Ayah

»Lass mich als Muslim sterben und nimm mich unter die Rechtschaffe-nen auf!« (Sure 12, 101)

die das Ende der Geschichte Josephs, mit dem Friedesei, und die schönste aller Geschichten berichtet und fol-gendermaßen lautet: In anderen frohen und glücklichenErzählungen verbittern Tod und Trennung, Leid undSchmerz in diesen Erzählungen am Ende die Freude,empfangen aus der Vorstellung, welche die Erzählung er-weckt, und zerstören sie. Und dies immer dann be-sonders, wenn sie gerade dann von Tod und Trennungberichten, wenn sie gerade über vollkommene Freudeund Glück berichten, wodurch diese Nachricht dann umso schmerzhafter ist und die Zuhörer: »Oh weh!« rufenlässt. Gerade auf dem strahlenden Höhepunkt dieser Er-zählung, als Joseph, mit dem der Friede sei, bereits dermächtigste Mann in Ägypten geworden ist, wieder vereintmit seinen Eltern, nach einem Wiedersehen und vertrau-ten Gesprächen mit seinen Brüdern und die größte Freu-de und das höchste Glück dieser Welt erfährt, berichtendiese Ayat in der folgenden Weise von seinem Tode, in-dem sie erzählen: In diesem glücklichen und frohen Zu-stand erbat sich Hasret Yusuf selbst von Gott dem Ge-rechten den Tod, um einen noch strahlenderen Zustandzu erfahren; und so starb er. Das heißt: jenseits der Freu-den und Vergnügungen dieser Welt gibt es jenseits desGrabes ein Glück, das noch anziehender und einen Zu-stand, der von noch mehr Freude erfüllt ist, sodass einePersönlichkeit mit Augen, die die Wahrheit schauen, wieHasret-i Yusuf, mit dem der Friede sei, inmitten diesesZustandes einer so großen Freude in dieser Welt diesendoch so bitteren Tod ersehnte, damit er diese andereGlückseligkeit erlangen könne. So betrachte denn diese

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besondere Beredsamkeit des Weisen Qur’an, in welcherWeise er das Ende der Geschichte von Joseph erzählt.Wer dieser Erzählung lauscht, erfährt nicht Kummer undSchmerz, sondern verkündigt frohe Kunde und fügt nochFreude hinzu. Er gibt auch Führung und Leitung, indem ersagt: Bemüht euch um das, was jenseits des Grabesliegt. Dort findet ihr die wahre Glückseligkeit und eineechte Freude. Zudem zeigt er uns die erhabene Treuevon Hasret-i Yusuf und sagt: Auch der glänzendste undfreudigste Zustand (hal) der Welt kann ihn nicht in Gott-vergessenheit (ghafla) verfallen lassen, ihn nicht berau-schen; er sehnt sich auch weiterhin nach dem Jenseits.

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

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Vierundzwanzigster Brief

»Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen.« »Allahhandelt entsprechend Seinem Entschluss und entscheidet entspre-chend Seinem Willen.«

Frage: Wie und auf welche Weise lässt sich eine Erzie-hung, die mit Liebe (shefqat) gepaart geht, eine Anord-nung in Weisheit, eine Gastfreundschaft in aller Herzlich-keit (muhabbet), so wie sie »der wahrhaft Barmherzige,Weise, Freund«, wie sie also von jenen gewaltigen gött-lichen Namen gefordert werden, mit dem Tode, der Ver-nichtung, mit Trennung und Untergang, Mühsal und Fronin all ihrer Furchtbarkeit und ihrem Schrecken vereinba-ren?

Nun wollen wir einmal davon ausgehen, dass wir denTod, durch den der Mensch hindurchgeht, um zur EwigenGlückseligkeit zu gelangen, willkommen heißen. Wo aberfinden wir dann die Liebe (shefqat) und das Erbarmen,Weisheit, Sinn, Güte und Erbarmen, wenn Bäume, Blu-men und all die anderen Pflanzenarten und die Tiere, dieauch ein Recht auf Leben haben und das Leben lieben(ashik) und sich danach sehnen, es für ewig zu behalten,ständig vergehen, ohne dass eines von ihnen übrig blie-be, so schnell vernichtet werden, dass (ihnen keine Zeitmehr dazu bleibt, noch einmal) ihre Augen zu öffnen, sichständig mühen und anstrengen müssen, ohne (Zeit für)eine Atempause zu haben, durch die Wechselfälle desLebens Veränderungen erfahren, ohne Ruhe zu finden,ihren Tod finden, ohne dass es eine Ausnahme davon gä-

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be, zu Grunde gehen, ohne dass es dabei ein Halten gä-be, voneinander getrennt werden, was keines von ihnenwünscht?

Antwort: Wir wollen uns nun darum bemühen, die ge-waltige Wahrheit, welche diese Frage in ihrer ganzenBreite, in ihrer großen Tiefe, in ihrer erhabenen Höhe zubeantworten vermag und welche die fünf Hinweise, wel-che die Gründe und Erfordernisse erklärt, und die fünfZeichen, welche Ziel und Nutzen erläutert, wenn auch nurganz von Ferne her, zu zeigen und zu betrachten.

Erstes Kapitel: Es besteht aus fünf Hinweisen.

Erster Hinweis: Wie bereits im Anhang zum Sech-sundzwanzigsten Wort erwähnt wurde, gab es da einengeschickten Meister, der ein kostbares Gewand mit vielenAusschmückungen und allen Verzierungen anfertigenwollte. Dazu bestellte er sich einen armen Mann gegeneinen angemessenen Lohn als Modell. Um seine Kunst-fertigkeit und Geschicklichkeit zu zeigen, misst er, schnei-det, kürzt, verlängert er über diesem armen Mann dasGewand, lässt ihn auch sich hinsetzen oder wieder auf-stehen und lässt ihn noch manch andere Stellungen ein-nehmen. Ja hat denn dieser arme Mann überhaupt einRecht dazu, diesem Künstler zu sagen: »Warum fasst dudenn dieses Kleid, das mich doch so schmückt, an undänderst es und machst mir derartige Umstände, dadurch,dass du mich aufstehen und wieder hinsetzen heißt undmich so in meiner Ruhe störst?«

Genauso aber ist es, wenn der Schöpfer in Seiner Herr-lichkeit das Wesen eines jeden Dinges zu Seinem Modellannimmt, um daran aufzuzeigen, wie Seine Namen soherrlich verziert sind und wie vollendet seine Kunst ist. Je-des Ding und alles, was da lebt umkleidet Er mit einemKörper, ausgestattet mit Sinnesorganen und einem Emp-findungsvermögen. Darauf zeichnet Er Ornamente mitSeiner Feder allen Geschehens (qadha) und allen Vor-herwissens (qader) und zeigt so die Manifestationen Sei-

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ner Namen. So gibt Er allem Sein auch den Lohn, der ihmzukommt, in Gestalt seiner Vollendung, in Form von Ge-nuss, durch Seinen Segen.

Ja hat denn irgendein Lebewesen oder Ding das Rechtdem Schöpfer in Seiner Herrlichkeit, welcher das Ge-heimnis (sirr) des Wortes:

»Der König des Reiches verfügt in Seinem Königreich so, wie Er will.«

offenbart, entgegenzuhalten: »Du bereitest mir Schwie-rigkeiten. Du störst mich in meiner Ruhe.«? Gott bewah-re! Dinge und Lebewesen haben in der Tat gegenüberdem, der da notwendiger Weise sein muss, in gar keinerForm irgendein Recht, Klage zu erheben. Vielmehr ist esbillig und recht, dass sie allezeit mit Preis und Dank derihnen verliehenen Stufe des Seins die Ehre geben. Dennalle diese ihnen verliehenen Stufen des Seins sind einebereits vorgegebene Tatsache und verlangen nach dem,der sie hervorgerufen hat. Die jedoch nicht verliehenenStufen sind eine bloße Wahrscheinlichkeit. Eine bloßeWahrscheinlichkeit besitzt jedoch keine wahre Existenzund die Zahl der Möglichkeiten ist unendlich. Was aberkeine Existenz, kein Dasein hat, das erfordert auch nie-manden, verlangt nach keinem, der es ins Dasein geru-fen hätte. Was lediglich möglich wäre, wahrscheinlichsein könnte, das kann auch keine Ursache haben. Sokann z.B. ein Stückchen unbelebter Materie nicht fragen:»Warum bin ich keine Pflanze?« Es kann sich nicht be-klagen. Da es jedoch als ein Stückchen Materie ins Da-sein getreten ist, steht es ihm wohl an, seinem Schöpferdafür zu danken. Eine Pflanze kann nicht fragen, warumsie kein Tier ist und sich nicht darüber beklagen. Da siejedoch ins Dasein gelangt und zugleich mit ihm das Le-ben empfangen hat, steht es ihr wohl an, Dank zu sagen.Was nun die Tiere betrifft, so können sie nicht danach fra-

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gen, warum sie keine Menschen geworden sind und sichauch nicht darüber beklagen. Da sie jedoch ins Daseingelangt und zugleich mit ihm Leben und das kostbare Ju-wel des Geistes (ruh) empfangen haben, steht es ihnendarüber hinaus nur noch wohl an, dafür Dank zu sagen.Diese Beispiele ließen sich noch weiter vermehren.

Oh du Ankläger-Mensch! Du bist nicht im Unerschaffe-nen geblieben. Du hast dich mit dem Geschenk einesKörpers bekleidet, hast das Leben verkostet. Du bist nichtstarr und leblos geblieben, kein Tier geworden. Du hastzur Gnade des islamischen Glaubens gefunden, bist nichtim Irrtum verblieben, hast Gesundheit und Geborgenheitals Geschenk erfahren, usw.

Oh du Undankbarer! Woher nimmst du dir denn dasRecht dazu, so nichtig und gierig Gott den Gerechten an-zuklagen, weil Er dir die hohen und erhabenen Gnaden-gaben nicht verliehen hat, die du auch gar nicht verdienthast, weil sie im Bereich des bloß Möglichen und garnicht Vorhandenen geblieben und nicht in deine Hand ge-langt sind, und so Seine Gnadengaben in Undankbarkeitzu verkehren, anstatt Ihm für alle die Stufen des Daseins(das unbelebte wie das belebte, das vegetative, animali-sche, wie das menschliche), die Er dir als reine Gnaden-gabe verliehen hat, Dank zu sagen?! Stiege also einMann zu der erhabenen Stufe eines hohen Ranges em-por, etwa so wie man in einem Minarett hinauf steigt, undempfinge dieser an jedem Treppenabsatz ein großes Ge-schenk und würde er dann anstatt für die empfangenenGeschenke zu danken vielmehr sagen: »Warum kann ichdenn nicht in einem noch höheren Minarett noch weiterhinaufsteigen?« sich darüber beklagen, weinen und seuf-zen, so würden selbst die Toren begreifen, welches Un-recht er damit beginge, in welch einen Abgrund der Un-dankbarkeit er dadurch fiele, was für eine große Dumm-heit er damit machte.

Oh du gottvergessener Mensch, der du dich beklagst,ohne ein Recht dazu zu haben, gierig bist und nie genug

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bekommst, verschwendest ohne Maß zu halten! Wisseund sei dir dessen sicher, dass Bescheidenheit auch eineForm der Dankbarkeit ist, die ihren Lohn in sich enthält,während die Gier eine Form der Undankbarkeit ist, diedich zugleich noch zum Verlierer macht, dass Mäßigungeine schöne und lohnende Weise ist, ein Geschenk in Eh-ren zu halten, während Verschwendung eine hässlicheund nachteilige Weise ist, ein Geschenk zu missachten.Hättest du Verstand, würdest du dich um Bescheidenheitbemühen und nach der Zufriedenheit streben. Wenn dirdie Dinge unerträglich vorkommen, so sage: »Ya Sabur(Oh Du, der Geduld schenkt)!« und bitte so um Geduld,sei zufrieden mit deinem Anteil und beklage dich nicht!Bedenke, wen du hier anklagst und vor wem, undschweig still! Wenn du dich aber nun schon beklagenwillst, dann klage deine Seele (nefs) vor Gott dem Ge-rechten an, denn der Fehler liegt bei ihr.

Zweiter Hinweis: Wie bereits am Ende des letzten Ab-schnitts des Achtzehnten Briefes erwähnt wurde, ist derSinn (hikmet) dessen, dass der Schöpfer in Seiner Ma-jestät, wenn Er Sein Herrscheramt auf eine so erstaunli-che und zugleich Furcht erregende Weise versieht, SeineSchöpfung ständig verwandelt und wieder erneuert, derFolgende: Bekanntermaßen erwachsen alle die Aktivitä-ten und Bewegungen der Geschöpfe entweder aus Be-dürfnissen, oder Instinkten, oder aus Liebe (muhabbet)oder einer Freude. Ja man kann sogar sagen: Jede Artvon Tätigkeit enthält in sich eine Art von Freude. Ja jedeArt etwas zu tun, ist zugleich auch eine Art sich zu freuenund zu genießen. Und diese Freude, dieser Genuss istwiederum auf Vollendung (kemal) hin ausgerichtet, ja insich bereits eine Stufe der Vollendung (kemal). Da abernun einmal eine Tätigkeit auf ihre Vollendung hinweist,auf die Schönheit, die in ihr liegt, hindeutet, ein Ausdruckder Freude und Hinweis auf ihren Genuss ist, und da nuneinmal Gott, in der Notwendigkeit Seines Seins, in Seinerabsoluten Vollendung, in Seiner majestätischen Vollkom-

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menheit, in Seinem Wesen, in Seinen Attributen, in Sei-nen Handlungen alle Arten der Vollendung in sich vereint,hat dieses Wesen, in der Notwendigkeit Seines Seinsentsprechend der Notwendigkeit Seines Seins und Sei-ner Heiligkeit und gemäß dem Reichtum Seines Wesensnach innen und der Vollendung Seines Reichtums nachaußen und bezüglich Seiner absoluten Vollendung undSeiner wesensgemäßen Reinheit eine unendlich heiligeLiebe (shefqat), eine grenzenlose, einmalige und unver-gleichliche Liebe (muhabbet).

Sicherlich vermag Er auch sich in Seiner unendlichenHeiligkeit zu sehnen, was aus der Heiligkeit Seiner Liebe(sqhefqat), dieser Seiner unvergleichlichen Liebe (mu-habbet) geschieht. Und in Seiner unendlichen Heiligkeitvermag Er auch sich zu freuen, was aus dieser Seinerheiligen Sehnsucht geschieht. Und in dieser Seiner un-endlichen Heiligkeit hat Er, wenn man so sagen darf, so-gar auch die Gabe des Genusses, die aus dieser Seinerheiligen Freude erwächst. Sicherlich vermag Er in Seinerunendlichen Heiligkeit, wenn man so sagen darf, zugleichmit der Heiligkeit Seines Genusses auch in Seiner un-endlichen Heiligkeit so zufrieden zu sein, wie es Ihm, demErbarmer gebührt, und in dieser Seiner unendlichen Hei-ligkeit stolz zu sein, wie dies zugleich auch Ihm, dem All-barmherzigen entspricht, wenn sich die Fähigkeiten Sei-ner Geschöpfe angesichts Seiner Barmherzigkeit und imRahmen Seiner Macht entfalten, ins Dasein treten und zuihrer Vollendung heranreifen, wenn Seine Geschöpfe zu-frieden sind und zur Vollendung gelangen, was jedoch zu-gleich auch auf grenzenlose Weise eine unendliche Akti-vität erfordert. Und diese unendliche Aktivität erfordertweiterhin eine unendliche Verwandlung und Verän-derung, einen andauernden Umbau und Abbau. Und die-se unendliche Veränderung und Verwandlung erfordertweiterhin Tod und Trennung, Untergang und Vernichtung.

Einmal kam mir der Nutzen, den mir die menschlichePhilosophie als das Ziel der Schöpfung vor Augen stellte,

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so ganz unbedeutend vor. Auf Grund dessen wurde mirdann auch klar, dass diese »Weisheit« auf einen Abgrundzusteuert. Darum verfallen auch die bereits weiter fortge-schrittenen unter diesen Philosophen entweder dem Irr-tum ihrer eigenen Naturphilosophie und der Sophisterei,leugnen Wille und Weisheit des Meisters oder nennenden Schöpfer eine notwendige Folge seiner eigenen Per-son (mudjib-i bizzat).

So hat mir denn damals die göttliche Barmherzigkeit Ih-ren Namen »der Allweise« (hakim) zu Hilfe gesandt. Die-se hat mir dann auch die großen Ziele aller geschaffenenWesen und Dinge (gleich Briefen) aufgezeigt. Das heißt,dass alles Geschaffene ein Brief des Herrn (mit seinemZiel) ist, den alle Bewusstsein tragenden Wesen lesenkönnen. Dieses Ziel hat mir dann ein Jahr lang genügt.Danach aber entfalteten sich mir deren künstlerischeFeinheiten. Da begann mir dieses Ziel nicht mehr längerzu genügen. So wurde mir ein anderes, noch größeresZiel gezeigt. Das heißt, dass die bedeutendsten Ziele al-ler Wesen und Dinge auf ihren Meister ausgerichtet sind.Da erkannte ich Seine vollendete Kunstfertigkeit, die Or-namente Seiner Namen, Seine Weisheit, wie sie in allerZiel- und Zweckgerichtetheit zum Ausdruck kommt, unddie Geschenke Seiner Barmherzigkeit, wie sie sich Sei-nen Blicken darstellt und Spiegel Seiner Schönheit (dje-mal) und Vollkommenheit (kemal) ist. Auch dieses Ziel hatmir dann für lange Zeit genügt. Dann aber erschien mirdas Wunder der Macht und des Wirkens des Herrn, deralle Dinge, wenn Er sie in Seiner Staunen erregendenSchöpferkraft ins Dasein ruft und sie künstlerisch gestal-tet, in so großer Schnelligkeit verändert und verwandelt.Da begann mir dieses Ziel nicht mehr länger zu genügen.Ich erkannte vielmehr, dass für ein solches Ziel notwendi-gerweise etwas da sein muss, ein Grund vorhanden seinmuss, der es notwendig macht, ein solch großes Ziel zusetzen. So wurden mir denn damals die Erfordernissedes »Zweiten Hinweises« und die Ziele in den nachste-

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henden »Zeichen« deutlich gemacht und ich gelangte zuder sicheren Erkenntnis: »Das Wirken der göttlichen All-macht im Kosmos, der Ablauf der Dinge und die Entwick-lung aller Wesen sind von einer derartigen Bedeutung,dass der allweise Meister in dieser Art Seines Wirkens al-len Wesen und Dingen im All Sprache und Ausdruck ver-leiht.« Es ist, als ob die Himmelskörper und ihre Bewe-gungen und alles, was sich auf Erden befindet und sichbewegt, Wort und Ausdruck einer Sprache wäre und das,was sie in Bewegung versetzt, in ihnen ihren Ausdruckfindet. Das aber heißt, dass Auf- und Untergang, wie sieaus dieser Tätigkeit entstehen, Worte des Gotteslobesund -gedenkens (tesbihat) sind. Was im Kosmos ge-schieht aber ist wie eine wortlose Rede des Alls und allseiner Arten und seine Weise, (unser Herz) zum Redenzu bewegen.

Dritter Hinweis: Die Dinge gehen nicht ihrem Unter-gang und ihrer Vernichtung entgegen, sondern wechselnvielmehr aus dem Bereich göttlicher Verfügung (qudret)hinüber in den Bereich Seines Gedenkens (ilm), aus die-ser bezeugten (shehadet) Welt in die unsichtbare (ghayb)hinüber, wechseln aus der Welt der Umwandlungen unddes Vergehens (fena) in die Welt des Lichtes (nur) undder Beständigkeit (beqa). Wenn man es richtig betrachtet,ist also die Schönheit und Vollkommenheit in den Dingenmit den Göttlichen Namen verbunden. Diese bilden ihrenSchmuck und jene treten durch sie in Erscheinung. Dadiese Namen unvergänglich und ihre Erscheinungsfor-men beständig sind, wird sicherlich auch ihr Schmuckwieder aufgefrischt, wieder neu und schön. Er fällt nichtder Vernichtung und dem Untergang anheim, ändert viel-mehr nur seine äußere Erscheinungsform. Doch im Kernund Grunde ihres Wesens und der Abbilder ihres So-Seins, welche die Quelle der Schönheit und Vollkommen-heit sind, und wodurch ihr Segen und ihre Vollendungsichtbar werden, bleiben sie beständig (baqi). Was aberdie unbelebten Dinge betrifft, so ist die Schönheit und

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Vollkommenheit, die in ihnen sichtbar wird, unmittelbarmit den Namen Gottes verbunden, ihnen gebührt die Eh-re, ihnen wird aller Lobpreis zugesprochen, ihnen kommtalle Schönheit zu, die Liebe betrifft sie und die Verände-rungen, welche mit ihren Abbildern vor sich gehen, fügenihnen keinen Schaden zu. Wo es sich um beseelte Dingehandelt, jedoch solche ohne Verstand, so ist Tod undTrennung für sie nicht Untergang noch Vergehen, son-dern eine Befreiung von den Wirren des körperlichen Da-seins und der Aufgaben des Lebens. Die Früchte, welchesie in der Erfüllung ihrer Aufgaben erworben haben, wer-den ihrem unvergänglichen Geiste (ruh) gutgeschrieben.Dieser Geist bleibt dadurch beständig, dass er jeweils ei-nen der göttlichen Namen reflektiert und in ihm weiterlebt, ja sogar in seine ihm gemäße Seligkeit eingeht. Han-delt es sich stattdessen um Lebewesen mit Geist undVerstand, so sind sie auf einer Reise zur ewigen Glück-seligkeit, in eine ewige Welt, die Quelle leiblicher undseelischer Vollkommenheit ist, in andere Wohnstättenund in Länder des allweisen Schöpfers, wie z.B. in dieZwischenwelt (berzah), die Traumwelt, die Welt derGeister, welche viel schöner und weit leuchtender als die-se unsere Welt sind. Eine solche Reise ist weder Todnoch Vernichtung, weder Untergang noch Trennung, son-dern die Erlangung der Vollkommenheit.

Zusammenfassung: Wollen wir einmal davon ausge-hen, dass es den Schöpfer in Seiner Majestät gibt, dassEr beständig da ist, dass Seine Eigenschaften und SeineNamen ewig sind und für immer währen, und dass derSchmuck und die Ornamente Seiner Namen sich mit Be-stimmtheit innerhalb eines geistigen Bestandes immerwieder erneuern, so gibt es weder Zerstörung und Ver-nichtung, noch den Untergang und das Vergehen. Undweiterhin ist ja bekannt, dass der Mensch als Geschöpfmit den meisten seiner Mitgeschöpfe in Verbindung steht.Er freut sich an reiner, ursprünglicher Natur und bemerktschmerzlich ihr Verschwinden, ihre Vernichtung. Er emp-

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findet diesen Schmerz noch stärker im Schmerz der emp-findsamen Lebewesen und besonders der Menschen undbesonders der Vollendeten unter ihnen, die er liebt undhochschätzt. Auch ist seine Freude über ihre Glückselig-keit noch stärker. Ja, gleich einer liebenden Mutter, opferter sein eigenes Glück und Wohlergehen (rahat) für ande-rer (Menschen) Wohl. So also kann jeder Gläubige, sei-ner Stufe entsprechend, im Lichte des Qur’an und im Ge-heimnis des Glaubens freudig Anteil nehmen am Wohler-gehen aller Geschöpfe und ihrem Fortleben, an ihrer Ret-tung vor dem Nichts und daran, dass sie kostbare Briefedes Herrn sind (d.h. eine Botschaft vom Ewigen Gott, al-so eine Urkunde mit dem königlichen Siegel und nicht et-wa ein Zettel voll wertlos gewordener Notizen, ein welkesBlatt – A.d.Ü.). Auf diese Weise kann er (in der Wahrneh-mung des Lichtes Gottes in allen Geschöpfen – A.d.Ü.)ein Licht gewinnen so groß wie die Welt. Jeder zieht, sei-ner Stufe entsprechend, Nutzen aus diesem Licht (desQur’an). Ist er hingegen ein Kind des Irrglaubens, so wirder neben seinem eigenen Leiden auch noch den Schmerzüber das Verschwinden ursprünglicher Natur, die Ver-nichtung der Schöpfung, ihren offensichtlichen Unter-gang, und soweit es sich dabei um Lebewesen handelt,über ihr Leiden empfinden. Das heißt, sein Unglaube er-füllt seine Welt mit Untergang (d.h. er kann nichts ande-res erkennen, weil er an nichts anderes glaubt – A.d.Ü.),versetzt ihn selbst in eine solche Weltuntergangsstim-mung, dass ihm (die Welt) bereits zur Hölle wird, bevor erselbst zur Hölle fährt.

Vierter Hinweis: Wie wir bereits an verschiedenenStellen gesagt haben, unterstehen einem Kaiser, einemKönig (Sultan), einem Kalifen, einem Herrscher (Hakim)oder Kommandanten mehrere, ganz und gar unter-schiedliche Amtsbereiche, die sich aus ihren verschiede-nen Titeln und Eigenschaften ergeben. In gleicher Weisesind auch Gott dem Gerechten in Seinen Schönen Na-men unerfassbar und unberechenbar viele, ganz ver-

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schiedene Erscheinungsformen zu Eigen. Die Verschie-denheiten und die Unterschiede zwischen den einzelnenGeschöpfen sind ein Ergebnis der Verschiedenheiten die-ser Erscheinungsformen. So möchten denn auch, ent-sprechend dem Geheimnis, dass alles, was Vollkommen-heit (kemal) und Schönheit (djemal) besitzt, von Naturaus diese Schönheit und Vollkommenheit sehen und zei-gen möchte, diese verschiedenen Namen, weil sie für im-mer und ewig bestehen, sich mit Hinblick auf den Heiligen(akdes) in einer dauerhaften Form manifestieren, dasheißt also, dass sie ihren Schmuck betrachten, das heißtaber, dass sie das Aufstrahlen ihrer Schönheit und denWiderschein ihrer Vollkommenheit im Abglanz ihres eige-nen Schmuckes sehen und zeigen möchten, was wiede-rum heißt, dass es nötig ist, dass das große Buch derSchöpfung und die verschiedenen Briefe der Geschöpfe(d.h. die Schöpfung als Ganzes ist ein Buch und die ein-zelnen Geschöpfe sind darin wie Briefe Gottes – A.d.Ü.)sich von Zeit zu Zeit erneuern, d.h. in ihrer Bedeutung im-mer wieder von Neuem aufgezeichnet werden, d.h. aufeiner einzigen Seite tausende ganz verschiedener Briefe(wie Tausende von Blättern an einem Baum – A.d.Ü.)niederzuschreiben und in jedem einzelnen Brief im Ange-sichte dessen, der da heilig (mukaddes) ist und der Heili-ge (akdes) genannt wird, aufscheinen und zugleich auchvor den Augen aller Bewusstsein tragenden Wesen dar-geboten und ihnen zu lesen gegeben wird. Um dieserWahrheit ein Zeichen zu setzen betrachte dieses Gedicht,das der Wahrheit Ausdruck verleiht:

Die Seiten im Buche der Welt sind ihre unend-lichen Maße.

Die Zeilen der Geschehnisse darinnen sind ihreWerke ohne Zahl,

Geschrieben an der Werkbank der WohlbewahrtenTafel der Wahrheit,

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Die Verkörperung eines bedeutungsvollen Wortes– in der Welt – ein jedes Geschöpf.

»Gib Acht auf die Zeilen des Kosmos, denn sie sind von dem Höchstenan dich ein Brief.«

Fünfter Hinweis, bestehend aus zwei AnmerkungenErste Anmerkung: Da nun einmal die Wahrheit (haqq)

und Wirklichkeit Gottes besteht, bestehen alle Dinge (d.h.die Existenz der Dinge ist von der Existenz Gottes abge-leitet – A.d.Ü.). Da nun einmal eine Verbindung mit demHerrn besteht, der da notwendigerweise (vadjib) sein(vudjud) muss, sind alle Dinge für jedes Ding. Denn durchseine Verbindung mit dem, der da notwendigerweise seinmuss, erhält eine jede Existenz im Geheimnis der Einheit(vahdet) ihre Verbundenheit mit allen Existenzen. Dasheißt, dass jede Existenz, die um ihre (eigene) Verbin-dung weiß oder diese Verbindung (der unbelebten Natur)kennt, mit dem, der da notwendigerweise sein muss,auch im Geheimnis dieser Einheit mit allen Existenzen inVerbindung kommt, die dem Notwendig-Seienden zuge-hörig sind. Das heißt: jedes Ding kann hinsichtlich dieserBeziehung (wie ein Brennpunkt) zahllose Lichter (Verbin-dungen) der Existenzen empfangen. Trennung oderUntergang gibt es in dieser Hinsicht (d.h. in diesemBrennpunkt) nicht. Ein Augenblick des Lebens ist Quellezahlloser Lichter der Existenzen (d.h. der Verbindung mitihnen). Gäbe es diese Beziehung und dieses Wissen umsie nicht, entstünde (statt ihrer) zahllose Trennung, Unter-gang und Nicht-mehr-sein. Denn an die Stelle einer mög-lichen Verbundenheit mit allen Existenzen tritt nun Tren-nung, Abschied und Untergang. Das heißt, dass die eige-ne Existenz zahllose Male mit Nicht-mehr-sein und Tren-nung belastet wird. Blieben auch eine Million Jahre einersolchen Existenz (ohne jede Beziehung), so könnte siedennoch nicht einem Augenblick eines Lebens gleich

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sein, das man vom obigen Standpunkt aus betrachtet.Deshalb haben die Leute der Wahrheit gesagt: »Ein ein-ziger Augenblick lichtvoller Existenz ist einer Existenz voneiner Million Jahren ohne ein Fortleben vorzuziehen.«das heißt: »Ein einziger Augenblick des Lebens verbun-den mit dem Notwenig-Seienden ist einem beziehungslo-sen Leben von einer Million Jahren vorzuziehen.« Eben-so haben die Forscher (tahqiq) auf Grund dieses Ge-heimnisses gesagt: »Die Lichter des Seins bestehen inder Kenntnis des Notwendig-Seienden.« Das heißt: »Indiesem Zustand (hal) sieht man in den Lichtern der Exis-tenzen die ganze Welt erfüllt von Engeln, Geistern undBewusstsein tragenden Wesen. Ohne sie umhüllt eine je-de Existenz die Finsternis des Nicht-mehr-seins, des Lei-dens, der Trennung und des Untergangs. Die Welt er-scheint vor den Augen eines solchen Menschen in derGestalt einer leeren, verlassenen Einöde.« Es ist in derTat so, dass jede Frucht eines Baumes mit jeder anderenFrucht an diesem Baum in Verbindung steht. In dieserVerbindung gibt es für sie Freunde und Geschwister, dieihr entsprechend ihrer Zahl ebenso viele weitere Existen-zen verleihen. In dem Augenblick, da man diese Fruchtvom Baume löst, wird ihr Untergang und Trennung von je-der anderen Frucht. Darum ist jede andere Frucht für siewie nicht mehr vorhanden. Daraus erwächst ihr eine äu-ßerliche Finsternis eines Nicht-mehr-seins. Ebenso gibtes für jedes Ding, hinsichtlich seiner Verbundenheit mitder Macht des Einen und Einzigartigen (ahad-i samad)auch alle die anderen Dinge. Gäbe es diese Verbunden-heit nicht, bestünde für jedes Ding äußerlich ein Nicht-mehr-sein, so zahlreich wie alle die anderen Dinge.

So betrachte denn in diesem Abschnitt die gewaltigeGröße der Lichter des Glaubens und siehe die schreckli-che Finsternis des Irrglaubens! Das heißt, der Glaube isteine Bezeichnung für die erhabenen Wahrheiten, so wiesie der Natur der Dinge entspricht und wie wir sie in die-sem Absatz beschrieben haben und aus ihnen kann man

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im Glauben seinen Nutzen ziehen. Wo kein Glaube ist, dasind alle Dinge, so wie sie für einen blinden, tauben,stummen, unverständigen Menschen nicht vorhandensind, gleichfalls auch für einen glaubenslosen Menschenwie in Finsternis getaucht und nicht vorhanden.

Zweite Anmerkung: Die Welt und die Dinge in ihr ha-ben drei Gesichter (Aspekte):

Erster Aspekt: Das eine Gesicht der Welt ist den gött-lichen Namen zugewandt und widerspiegelt sie. DiesesAntlitz kennt weder Tod noch Trennung noch Zerfall, son-dern nur Erneuerung und Wiederherstellung.

Zweiter Aspekt: Ein anderes Gesicht ist auf das Jen-seits gerichtet, betrachtet die beständige Welt, derenSaatfeld sie ist. Demzufolge wird diese Welt für den An-bau unvergänglicher Früchte und bleibender Erträge ge-nutzt, dient der Ewigkeit, verwandelt die vergänglichenDinge in ewige. Auch dieses Antlitz kennt weder Tod nochUntergang, sondern nur die Erscheinung des Lebens undder Ewigkeit.

Dritter Aspekt: Das dritte Gesicht betrachtet die Ver-gänglichkeit, blickt auf uns, ist der Liebling aller Sterb-lichen und Kinder ihrer Gelüste, ein Handelsplatz für allemit Bewusstsein begabten Wesen, ein Ort der Prüfung für(uns alle, die wir von Gott) beauftragt sind. Dieses dritteGesicht ist von Untergang, Tod, Zerfall und Nicht-mehr-sein gezeichnet. Als heilende Salbe für diesen Schmerzund diese Wunden gibt es die Erscheinung der Ewigkeitund des (ewigen) Lebens als den inneren Aspekt diesesdritten Aspektes.

Zusammenfassung: Dieser Strom der Existenzen,diese reisenden Geschöpfe sind die Spiegel, die sich be-wegen und der Abglanz, der sich wandelt, um die Lichterder Erschaffung und des Daseins dessen, der da not-wendigerweise Sein muss, zu erneuern.

Zweites Kapitel: Es besteht aus der Einleitung und fünfZeichen, die Einleitung aus zwei Abschnitten.

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Erster Abschnitt: Mit den folgenden fünf »Zeichen« sollje ein Beispiel in der Art eines kleinen, unscheinbarenFernglases geschildert werden, um in diesem die Attribu-te des Herrn beobachten zu können. Diese Beispiele kön-nen die Wahrheit über die Attribute des Herrn nicht erfas-sen, nicht umgreifen, ihr nicht zum Vergleich dienen, siejedoch veranschaulichen. Diese Begriffe in den folgendenBeispielen und den bereits erwähnten Hinweisen ent-sprechen infolge der Unzulänglichkeit aller Beispiele denAttributen des Heiligen (akdes) nur unvollkommen.

Zum Beispiel: Die uns bekannte Bedeutung solcher Be-griffe wie Freude, Genuss und Zufriedenheit kann nichtdie Attribute des Heiligen (mukaddes) wiedergeben, sindnur Anhaltspunkt für unsere Betrachtungen, eine Art Be-obachtungsturm für unsere Überlegungen. Des Weiterenbeweisen diese Beispiele auch die Richtigkeit eines Ge-setzes, wie es im Wirken des Herrn erkennbar wird, in-dem sie anhand eines kleinen Beispiels einen Zipfel die-ses allumfassenden, gewaltigen Gesetzes des Herrn auf-zeigen. Wenn zum Beispiel eine Blume aus dem Daseinscheidet, sagt man, dass sie dieses Dasein (in ihrem Sa-men) tausendfach zurücklässt. Damit wird ein gewaltigesGesetz des Herrn aufgezeigt. In jedem Herbst und sogarin allen Geschöpfen in der ganzen Welt ist dieses Gesetzdes Herrn am Werk.

In der Tat ist das Gesetz, nachdem der AllbarmherzigeSchöpfer das Federkleid eines Vogels wechselt und er-neuert, das gleiche Gesetz, nach dem der AllweiseMeister in jedem Jahr das Kleid der Erde erneuert. Es istauch das gleiche Gesetz, nachdem Er mit jeder Epochedas Gesicht der Welt verändert. Nach dem gleichen Ge-setz wird Er auch am Tage der Auferstehung das All um-wandeln und verändern.

Nach den gleichen Gesetzen, nach denen er dieElektronen wie die Mevlevi-Derwische tanzen lässt, nacheben dem selben Gesetz lässt er auch den Erdball sichdrehen wie einen Derwisch, der sich in Ekstase erhoben

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hat. Und nach dem selben Gesetz lässt Er die Weltenkreisen und die Galaxien sich drehen.

Des Weiteren erneuert Er auch, nach dem selben Ge-setz, nach dem Er die Zellen in den Organen Deines Kör-pers regeneriert, repariert oder demontiert, deinen Gartenoftmals in jedem Jahr und zu jeder Jahreszeit nach demgleichen Gesetz. Nach dem selben Gesetz erneuert Er je-den Frühling das Antlitz der Erde und überdeckt es mit ei-nem frischen Schleier.

Nach dem selben Gesetz, nach dem der AllmächtigeSchöpfer einer Mücke in Weisheit das Leben schenkt,nach dem gleichen Gesetz belebt Er in jedem Frühlingauch die Platane vor unseren Augen, nach dem selbenGesetz belebt Er in jedem Frühling auch den Erdball undnach dem gleichen Gesetz wird Er auch am Auferste-hungstage die Geschöpfe wieder beleben.

Auf dieses Geheimnis weist auch der Qur’an hin, wenner sagt:

»Eure Erschaffung und eure Wiedererweckung ist nicht mehr als dieeiner einzelnen Seele.«

und so weiter, vergleiche entsprechend!Gleich diesem gibt es noch viele andere Gesetze des

Herrn, die von den Elektronen angefangen bis zum ge-samten Weltall hin wirksam sind. So betrachte denn dieGröße dieser Gesetze, die im Wirken des Herrn sichtbarwerden, achte auf den Umfang ihrer Gültigkeit und er-kenne darin das Geheimnis der Einheit (vahdet)! Wisse,dass jedes Gesetz ein Zeugnis für diese Einheit ist! Die-se so zahlreichen und so großartigen Gesetze sind in derTat, da jedes von ihnen eine Erscheinungsform des Wis-sens (ilim) und Wollens (irade), überall einheitlich (vahid)gültig und allumfassend ist, ein absolut sicherer Beweisfür die Einheit (vahdaniyet) des Meisters, für sein Wissen

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und Wollen. So weisen denn die meisten Beispiele in denmeisten »Worten« (Sözler) auf die Richtigkeit desselbenGesetzes hin, indem sie jeweils mit einem kleinen Bei-spiel auf den Zipfel eines solchen Gesetzes hinweisen,was zu beweisen war. Da aber nun einmal durch ein sol-ches Beispiel die Richtigkeit des Gesetzes aufgezeigtwird, kann es nach Art einer logischen Beweisführung(mantik) mit Gewissheit den Beweis für das erbringen,was zu beweisen war. Das heißt, dass die meisten Bei-spiele in den »Worten« (Sözler) die Kraft je eines siche-ren Zeugnisses, eines unwiderlegbaren Beweises haben.

Zweiter Abschnitt: Wie wir bereits in der zehnten»Wahrheit« (Haqiqat) des Zehnten »Wortes« (Söz) ge-sagt haben, ist die Zahl der Ziele und Bedeutungen (hik-met) jeder einzelnen Blüte, jeder einzelnen Frucht (einesBaumes) ebenso groß wie die Zahl der Blüten und Früch-te, die dieser Baum trägt. Von diesen Bedeutungen abergibt es drei Arten. Die erste Art ist dem Meister zuge-wandt, weist auf die Ornamente Seiner Namen hin. Eineandere Art ist den bewusstseintragenden Wesen zuge-wandt, in deren Augen (diese Blüten und Früchte) kost-bare Briefe und bedeutsame Worte (Gottes) sind. Eineletzte Art ist dem eigenen Sein (nefs) und Leben (hayat)und der Beständigkeit (beqa) zugewandt. Sind (diese Blü-ten und Früchte) nützlich für den Menschen, so richtetsich ihre Bedeutung auch nach dem Wert, den sie für denMenschen haben. Als ich also einmal darüber nachdach-te, dass jedes Sein dergestalt viele Ziele haben sollte,stiegen die folgenden arabischen Sätze in Form einer No-tiz als Grundlage der folgenden »fünf Zeichen« und alsHinweise auf die umfassenden Ziele (des Seins) vor mei-nem Geiste auf:

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»Diese sichtbar gewordenen Dinge (maudjudat) sind ein Abglanz, derfließt und ein Spiegel, der sich bewegt. In ihm erneuern sich die Erschei-nungen der geschaffenen Lichter (aus der Hand) dessen, der gepriesensei. Erstens; durch die Veränderung der äußerlichen Form, nachdemderen wunderbare Bedeutung (mana) und bildliche Vorstellung festge-halten (hafidh) wurde. Zweitens; infolge der unsichtbaren Wahrheitenund der Aufzeichnungen auf der Tafel (lauh). Drittens; weil die Früchtedem Jenseits entwachsen und ihre Bilder unvergänglich sind. Viertens;weil alles Sein seinen Herrn lobpreist und das Wirken der Namen (Got-tes) zeigt. Fünftens; weil sich die Attribute des Hochgepriesenen zeigenund von Seinem Allwissen (ilm) Zeugnis geben.«

So enthalten denn diese fünf Sätze die Prinzipien dieser»Zeichen«, die wir nachstehend behandeln wollen. Es hatin der Tat alles Sein (und das Belebte besonders) in fünfSchichten ganz und gar unterschiedliche Ziele und Be-deutungen (hikmet). Denn so, wie jeder fruchttragendeBaum verschiedene, übereinander liegende Äste hervor-treibt, so finden wir auch bei allem, was da lebt, Ziele undBedeutungen in fünf verschiedenen Schichten vor.

Oh du vergänglicher Mensch! Möchtest du, dass deineWahrheit, die einem kleinen Samenkorn gleicht, sich in ei-nen dauerhaften (baqi) fruchttragenden Baum verwandeltund möchtest du in zehn Schichten die Früchte in Händenhalten, die dir in fünf Hinweisen gezeigt werden undmöchtest du die zehn Arten von Zielen erreichen, dannmusst du den wahren Glauben in Händen halten. Ande-renfalls wirst du all diese Dinge verlieren und eingeengt indiesem Kern verderben.

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Erstes Zeichen:

»Erstens; durch die Veränderung der äußerlichen Form, nachdemderen wunderbare Bedeutung (mana) und bildliche Vorstellung festge-halten (hafidh) wurde.«

Die Bedeutung dieses Satzes ist die: Das Sein, das ausdem Dasein geschieden ist, geht offensichtlich in seinenUntergang, in das Nichts (fena). Doch das, was es zumAusdruck gebracht hat, bleibt bestehen und wird aufbe-wahrt. Seine Bildgestalt, sein Aussehen und auch seinWesen wird in der Welt der Gleichnisse und auf einerwohlbewahrten Tafel (lauhi mahfudh), welche ein Beispielder Welt der Gleichnisse ist, und im Gedächtnis, welchesein Muster einer wohlbewahrten Tafel ist, aufbewahrt.Das heißt, es verliert seine körperliche Gestalt und ge-winnt dafür Hunderte von Gestalten aus Wissen und Be-deutung. Zum Beispiel: Zur Vorbereitung einer Druck-vorlage setzt und formt man Buchstaben. Dann drucktman die Seite. Nachdem die Vorlage an viele bedruckteBlätter Form und Inhalt weiter gegeben hat und den Sinnin vielen Gehirnen verbreitet hat, werden Satz und Formder Vorlage verändert. Denn da man sie nun nicht mehrbenötigt, müssen nun andere Druckvorlagen vorbereitetwerden. Genauso wie in diesem Beispiel verleiht die Fe-der des göttlichen Vorherwissens (qader) allem Sein aufErden, besonders aber den Pflanzen Satz und Form undSeine Macht bringt es auf der Seite des Frühlings ins Da-sein. Dort bringt es seine wunderbare Bedeutung (mana)zum Ausdruck, seine Bildgestalt und sein Aussehen wer-den in das Heft der unsichtbaren Welt wie auch der Weltder Gleichnisse eingetragen. Die Weisheit (Gottes) erfor-dert, dass diese Form wieder verändert wird, damit imkommenden Frühling eine neue Seite geschrieben wer-

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den kann. Auf ihr sollen dann wieder neue Existenzen ih-rer Bedeutung Ausdruck verleihen.

Zweites Zeichen:

»Zweitens; infolge der unsichtbaren Wahrheiten und der Aufzeichnun-gen auf der Tafel (lauh).«

Dieser Satz weist darauf hin, dass alle Dinge, große wiekleine, nachdem sie dieses Dasein verlassen haben (unddas gilt besonders für die belebten Dinge), einem Zweckdienen, hinter dem uns dessen größere Wahrheit oft ver-borgen bleibt. Darüber hinaus hinterlassen sie auf denBildtafeln in den Heften aus der Welt der Gleichnisse soviele Bilder, wie es Handlungen oder Tätigkeiten in ihremLeben gegeben hat. Nach diesen Aufzeichnungen wirddann ihr Lebenslauf in all seiner Bedeutsamkeit verfasst,der auch als die Bestimmung (muqadderat) ihres Lebensbezeichnet wird. Diese (Bibliothek der Lebensläufe) dientdann den beseelten Wesen (ruhaniyat) als Lesesaal. Soscheidet z.B. eine Blume aus diesem Dasein. Doch siehinterlässt Hunderte von Samenkörnchen und in diesenSamenkörnchen das Wesen ihrer eigenen Existenz. Da-rüber hinaus hinterlässt sie Tausende von Bildern auf klei-nen wohlverwahrten Tafeln und in dem Gedächtnis, dasein kleines Muster einer wohlverwahrten Tafel ist. Die be-wusstseinstragenden Wesen ziehen aus den Taten die-ses Lebens ihren Nutzen. (Die Blume) bewirkt, dass sieden Lobpreis (tesbihat) ihres Herrn rezitieren und die Or-namente Seiner Namen besingen und geht von dannen.Genauso ist auch der Frühling in all seinem Schmuck ei-ner Blume in der Erde (und diese Erde ist die Welt!)gleich. Er vergeht augenscheinlich, wird zu Nichts. Dochauch er hinterlässt im Dasein an seiner Statt so viele un-sichtbare Wahrheiten wie die Zahl der Samenkörner, diesie zum Ausdruck bringt, und so viele bildhafte Gestaltenwie die Zahl der Blumen, die sie verbreiten, und so viele

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Weisheiten des Herrn wie die Zahl der Existenzen, die sieaufzeigen. Danach aber verbirgt er sich unseren Blicken.Sodann räumt dieser scheidende Frühling seinen Platzfür andere Frühlingszeiten, die seine Kameraden sind,damit auch sie kommen und ihre Aufgabe erfüllen kön-nen. Das heißt also, dass dieser Frühling dem Augen-schein nach sein Dasein ablegt, der Bedeutung (mana)nach aber tausendfach ins Dasein tritt.

Drittes Zeichen:

»Drittens; weil die Früchte dem Jenseits entwachsen und ihre Bilderunvergänglich sind.«

Dieser Satz bedeutet: Die Welt ist eine Werkbank und einSaatfeld. Sie bringt ihre Ernte ein, wie es dem Markt imJenseits entspricht. Wir haben bereits in vielen »Worten«(Sözler) das Folgende bewiesen: So wie die Taten derDschinnen und Menschen auf den Markt geschickt wer-den, so erfüllen auch die übrigen Existenzen in der Weltviele Aufgaben in Erwartung (w. auf Rechnung) des Jen-seits und bringen eine reiche Ernte ein. Vielleicht zieht dieErde um dieser (Existenzen) willen ihre Bahn. Ja mankann sogar sagen; deswegen. Dieses Schiff des Herrndurchläuft in einem Jahr eine Strecke, die einem Fuß-marsch von vierundzwanzig tausend Jahren entspricht.So umrundet es den Platz der Wiederversammlung. ZumBeispiel wünschen die Kinder des Paradieses bestimmt,sich an ihre Erlebnisse auf Erden wieder zu erinnern undsie einander zu erzählen, ja sie werden sicherlich sehrdaran interessiert sein, die Tafeln (lauh) und Bilder vondiesen Erlebnissen wieder zu sehen. Und sie werden be-stimmt ein großes Vergnügen daran empfinden, diese Ta -feln, d.h. diese Geschehnisse auf einer Leinwand wiederzu sehen. Weil dies aber so ist, wird man im Paradies, woder Ort der Freude und die Wohnstatt der Glückseligkeitist, in jedem Fall auf den ewigen Bildern die Unterhaltun-

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gen über die irdischen Geschehnisse und die Bilder vonden irdischen Erlebnissen vorfinden, wie es in Sure 15,47 heißt: »Sie sitzen einander auf Sesseln gegenüber.«Wenn also alle diese schönen Dinge von einem Augen-blick zum anderen in Sicht kommen und wieder ver-schwinden, nacheinander kommen und gehen, so gleichtdies den Werkbänken in einer Fabrik, die dazu dienen,ewige Bilder zu gestalten. Wenn also die Menschen un-serer heutigen Zivilisation schöne oder einzigartige Bilderaufnehmen, um vergänglichen Dingen eine Art Dauer zuverleihen und künftigen Generationen eine Erinnerung zuhinterlassen, so sind dies Geschenke, die der Zukunft mitHilfe der Leinwand gemacht werden. Sie zeigen vergan-gene Zeiten und transferieren sie in die Gegenwart und indie Zukunft. Nachdem also diese Geschöpfe eines Früh-lings, ja die der ganzen Erde, ihr kurzes Leben dahingeb-racht haben, nimmt ihr allweiser Meister in gleicher Weiseihre Ziele, die ja der bleibenden Welt zugehörig sind, indiese Welt auf. Darüber hinaus nimmt Er auch ihre Le-bensaufgaben, die sie mit ihren verschiedenen Handlun-gen erfüllt und den Lobpreis, den sie Ihm dargebracht ha-ben als Erfordernisse Seiner Namen »der Allweise, derAllbarmherzige, der Freund (vedud)«, in ewige Bilder auf.

Viertes Zeichen:

»Viertens; weil alles Sein seinen Herrn lobpreist und das Wirken derNamen (Gottes) zeigt.«

Dieser Satz bedeutet Folgendes: Alles was da ist, bringtdurch die Handlungen seines Lebens dem Herrn die ver-schiedensten Arten seines Lobpreises dar. Des weiterenzeigt es die Zustände (hal), welche die göttlichen Namenerfordern und notwendig machen. Zum Beispiel: Der Na-me »Allbarmherziger« möchte Seine Liebe (shefqat) zei-gen. Der Name »Versorger« erfordert es, (allen Seine)Versorgung zukommen zu lassen. Der Name »Allgütiger«

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(Latif) verlangt es, gütig zu sein. Usw. So haben alle Na-men jeder für sich ihre Erfordernisse. So zeigt denn jedesLebewesen durch sein Leben, durch sein Dasein die Er-fordernisse dieser Namen auf und bringt seinen Lobpreisentsprechend der Zahl seiner Organe dem allweisenMeister gegenüber dar.

Zum Beispiel: Ein Mensch isst gute und schöne Früch-te. Diese Früchte werden im Magen nach außen hin zer-stört, zermahlen, aufgelöst. Doch geben sie außer sei-nem Mund und Magen auch allen Zellen seines Körpersdie Freude, den Genuss eines (gut funktionierenden)Stoffwechsels. Darüber hinaus sind sie Quelle zum Da-sein sehr vieler Ziele (hikmet) wie ihr Dasein in allen Ek-ken des Körpers, die Erhaltung und die Fortsetzung desLebens. Ja, die Speise steigt sogar von der pflanzlichenExistenz zur Stufe des menschlichen Lebens empor undentfaltet sich so. In gleicher Weise verbleiben an Stelleder Existenzen, wenn sie sich hinter dem Vorhang derVergänglichkeit verbergen, jeweils sehr viele Lobpreisun-gen zurück. Auch sehr viele Ornamente und Erforder-nisse der göttlichen Namen bleiben in Händen dieser Na-men zurück. Das heißt, dass sie sich einer immerwäh-renden (baqi) Existenz anvertrauen und so von dannengehen. Wenn also nun eine vergängliche, vorübergehen-de Existenz aus dem Dasein scheidet und an ihrer StelleTausende von Existenzen zurückbleiben, durch die eineArt Beständigkeit (baqi) sichtbar wird, kann man dann et-wa sagen, dass es ihr geschadet hätte oder sie sinnlosgewesen sei, oder fragen, warum dieses hübsche Ge-schöpf gehen musste? oder sich darüber beklagen?Nein! Vielmehr erfordert es die ihr zukommende Barm-herzigkeit, Weisheit und Liebe (muhabbet) so, und somuss es auch sein. Anderenfalls wäre es notwendig, aufTausende von Vorzügen zu verzichten, damit ein einzigerSchaden nicht entstehen solle, wodurch aber tausendfa-cher Schaden entstünde. Das also heißt, dass die Namen»Allbarmherziger, Allweiser, Freund« sich nicht gegen

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Tod und Trennung richten, sie vielmehr notwendig ma-chen, erfordern.

Fünftes Zeichen:

»Fünftens; weil sich die Attribute des Hochgepriesenen zeigen und vonSeinem Allwissen (ilm) Zeugnis geben.«

Dieser Satz bedeutet: »Die Geschöpfe – und besondersdie beseelten unter ihnen – hinterlassen, nachdem siedas Kleid ihres Daseins abgelegt haben, viele beständigeDinge; sodann gehen sie.« Wie wir also bereits im zwei-ten Hinweis erklärt haben, kommt in den Taten SeinerHerrschaft Seine unendliche Liebe (muhabbet), Seine un-begrenzte Zuwendung (shefqat), Seine grenzenlose Ge-nugtuung (Sein Stolz auf das Gelingen Seiner geliebtenSchöpfung), Seine – mit Verlaub zu sagen – heilige un-endliche Zufriedenheit, Seine Freude, Sein – man verzei-he den Ausdruck! – grenzenlos heiliger Genuss, Seinelautere Freude zum Ausdruck, so wie es der Heiligkeitdes Notwendig-Seienden gemäß ist und Seiner durchnichts zu schmälernden Vollkommenheit gebührt, dessenSpuren ja auch ganz offensichtlich zu erkennen sind. Sowerden denn die Existenzen durch dieses Wirken in einerStaunen erregenden Bewegung, schnell durch alle Ver-änderungen und Verwandlungen, durch Tod und Verge-hen hindurchgeführt und in ununterbrochener Folge ausder bezeugten Welt heraus in die unsichtbare Welt hin-übergesandt, so wie es (Gottes) Taten erfordern. Unddurch die Erscheinung dieses Wirkens (Gottes) werdendie Geschöpfe gleich Reisenden zu Wasser und zu Lan-de ständig hin und her geworfen, gestoßen, geschleudert.Sie lassen die Ohren der Kinder des Gottvergessens vomWehgeschrei der Trennung und des Todes gellen und imGehör der Kinder der Rechtleitung die Rufe und den Ge-sang des Gottesgedenkens (dhikr) und Seines Lobprei-ses ertönen. Auf Grund dieses Geheimnisses lässt eine

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jede Existenz ihre Bedeutungen, Qualitäten und Formenim Dasein zurück, wird zu einer immerwährenden Quelleder Erscheinungen der immerwährenden Attribute desNotwendig-Seienden und geht so aus dem Dasein. Zu-dem hinterlässt diese Existenz alle Formen und Gestal-ten, die sie in ihrem ganzen Leben getragen hat in denDaseinsbereichen des Wissens (ilm), d.h. den deutlichenBüchern (imam-i mubin; das Buch vom Wissen Gottesund kitab-i mubin; das Buch von Seinen Plänen, welchezusammen die Wohlverwahrte Tafel, lauh-i mahfudh, bil-den), die man auch als das Urwissen bezeichnet, als einumfassendes Beispiel ihres äußerlichen Daseins undgeht so hinüber in das andere Sein. Das heißt also, dassalles, was vergänglich ist, ein Dasein zurück lässt, jedochTausende von Seinsformen gewinnt und sie andere ge-winnen lässt.

Zum Beispiel: In einer Fabrik steht eine Wundermaschi-ne. In sie werden mancherlei ganz gewöhnliche Stoffe hi-neingeworfen, wo sie ganz offensichtlich zu verbrennenund dadurch vernichtet zu werden scheinen. Doch wer-den in dieser Fabrik aus ihnen sehr kostbare Chemikalienund Medikamente herausdestilliert. Außerdem werdendie Zahnräder dieser Maschine durch die mit ihrer Hilfeerzeugte Energie und durch den so gewonnenen Dampfangetrieben, wodurch einerseits Stoffe gewebt werdenkönnen, während andererseits eine Druckerei betrieben,Zucker gewonnen und noch andere kostbare Dinge pro-duziert werden. Das heißt also, dass durch die Umwand-lung (Verbrennung, Verdampfung, Sublimation usw.)ganz gewöhnlicher Stoffe und ihre augenscheinliche Ver-nichtung, tausende anderer Dinge ihr Dasein erhalten.Das aber heißt wiederum, dass ein gewöhnliches Dingverschwindet, jedoch viele Dinge als Erben im Dasein zu-rücklässt. Könnte man also in diesem Falle etwa sagen,dass es um diesen Stoff schade gewesen sei? Wollteman etwa den Besitzer einer solchen Fabrik anklagen,weil er kein Mitleid mit all diesen schönen Dingen gehabt,

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sie verbrannt, vernichtet habe? In gleicher Weise betreibtauch der Schöpfer, Er, der Allweise, der Allbarmherzige,der Freund (vedud), Er, der erhaben ist über alle Beispie-le und über jeden Vergleich in Seiner Allweisheit, SeinerAllbarmherzigkeit, Seiner Freundschaft diese kosmischeFabrik, macht darin alle vergänglichen Dinge zu einemSamenkorn der ewigen Dinge, zu einem Quellgrund Sei-ner ewigen Zwecke, zu Dingen, in denen das Wirken desHochgepriesenen sichtbar wird, gebraucht sie wie Tintefür die Feder Seines Vorauswissens (qader), wie ein We-berschiffchen für das Weben Seiner Macht und für nochsehr viele andere, uns nicht bekannte, reichliche Gna-dengaben, Ziele und Zwecke, wodurch Er in der AllmachtSeines Wirkens das All in Bewegung versetzt. Er lässt dieElektronen in den Atomen kreisen, schickt die Dinge aufdie Reise, die Tiere auf ihre Wanderung, lässt die Plane-ten ihre Bahnen ziehen. Durch Ihn verkündigt Ihn das All,rezitiert im Schweigen Seine Zeichen (Ayat; Verse) undschreibt sie nieder (im Buch der Schöpfung). So tut Erauch mit den vier irdischen Geschöpfen (Elementen) vomStandpunkte Seiner Herrschaft aus. Er macht die Luftzum Thron Seiner Befehle (emir) und Seines Willens (ira-de), das Element »Licht« (Feuer, Energie) zu einem wei-teren Thron für Sein Wissen (ilm) und Seine Weisheit(hikmet), das Wasser zu einem weiteren Thron für SeineGüte und Barmherzigkeit und die Erde zu einer Art vonThron für die Bewahrung und Belebung (der Schöpfung).Drei dieser Throne, dieser vier Elemente (Licht, Luft undRegen) ziehen über uns dahin.

So sollst du denn nun wissen und dir sicher sein, dassdiese leuchtende und erhabene Wahrheit, so wie wir siein den obigen fünf Hinweisen und fünf Zeichen dargestellthaben, nur im Lichte des Qur’an gesehen und in der Kraftdes Glaubens erlangt werden kann. Anderenfalls tritt andie Stelle dieser immerwährenden Wahrheit eine vonSchrecken erfüllte Finsternis. Denn den Kindern des Irr-tums lauert in dieser Welt überall Trennung und Tod, ist

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für sie randvoll mit Nichts und mit Nichtigkeiten gefüllt.Die Welt bekommt schließlich für sie die Bedeutung (ma-na) der Hölle. Alles ist für sie im Augenblick des Daseinszugleich auch schon in ein grenzenloses Nichts gehüllt.Vergangenheit und Zukunft sind für sie von Finsternis er-füllt. Nur in diesem ganz kurzen gegenwärtigen Augen-blick vermögen sie das traurige Licht des Daseins zu fin-den. Im Geheimnis des Qur’an und im Lichte des Glau-bens jedoch wird ein Licht des Daseins von Ewigkeit zuEwigkeit sichtbar, eine Verbindung zu ihm hergestellt unddie Ewige Glückseligkeit zur Gewissheit.

Zusammenfassung: Wir wollen nach Art eines ägypti-schen Dichters sagen:

Wenn meine Seele (nefes; Atem) zum Ozean (desunendlichen Wissens) zurückkehrt

und aus dem engen Käfig meiner Brust entflieht,

werde ich dennoch bis meine Stimme bricht,

rufen: Oh Wahrhaftiger (haqq)! Allgegenwärtiger(maudjud)! Lebendiger (hayy)!

Einzig Angebeteter (ma’bud)!

Oh Allweiser (hakim)! Einzig Erstrebter (maqsud)!Allbarmherziger (rahim)!

Der einzige wahre Freund (vedud)!Und so sprach ich denn mit lauter Stimme:

»Es gibt keine Gottheit außer Gott, dem König der offensichtlichenWahrheit. Mohammed ist der Gesandte Gottes, der das zuverlässigeVersprechen (Gottes, den Menschen das Paradies zu schenken) bestä-tigt hat.«

Und diesen Glauben (an Gott, seinen Propheten und das

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Jenseits) bekenne und beweise ich:

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»Denn die Auferstehung nach dem Tode ist wahr, und das Paradies istwahr, und das Feuer ist wahr, und auch die ewige Glückseligkeit istwahr, und fürwahr ist Gott der Allbarmherzige, der Allweise, der Freund(vedud), und fürwahr umfasst die Barmherzigkeit, die Weisheit undLiebe (muhabbet) alle Dinge und alle Seine Werke. Und sie sagten:Lobpreis und Dank sei Gott, der uns bis hierher geführt hat. Ohne Got-tes Führung hätten wir nicht bis hierher gelangen können. Denn eskamen die Gesandten unseres Herrn mit der Wahrheit. Gepriesenseiest Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast.Du bist der Allwissende, der Allweise. Oh Herr, ziehe uns nicht zurRechenschaft, wenn wir unachtsam oder vergesslich sind! Oh Gott,segne Mohammed, unseren Herrn (Seyyid)! Möge Dir unser Gebet(Salah) angenehm sein, erfüllt von seiner Wahrheit! Segne ihn undseine Familie und seine Gefährten und schenke ihnen Deinen Frieden.Amin. Lobpreis und Dank sei Gott, dem Herrn der Welten! Gepriesen seider, welcher die Erde zu einem Garten gemacht hat, einem Messege-lände zur Ausstellung Seiner Kunstwerke, einem Versammlungsortalles, dessen, was Er erschaffen hat, einem Erscheinungsort SeinerMacht, einem Quellgrund Seiner Weisheit, einem Garten für die BlumenSeiner Barmherzigkeit, einem Saatfeld für das Paradies, einer Zugstra-ße aller Geschöpfe, einem Bett für den Strom des Daseins, einemScheffel für Seine Schätze, zu einer Festhalle verziert mit Tieren undgeschmückt mit Vögeln. Hier bringen die Bäume ihre Früchte hervorund auch noch andere Pflanzen ihre Blüten, die Wunder Seines Allwis-sens und die Herrlichkeiten Seines Wirkens, die Geschenke Seiner Frei-giebigkeit, die Zeugnisse Seiner Güte (lutuf), die Beweise für Seine Ein-heit und für Seine Weisheit in all ihren Feinheiten, Zeugen Seiner Barm-herzigkeit. Das Lächeln der Blumen lebt weiter in ihren Früchten. Eszwitschern die Vögel in der Morgenluft. Es klopft der Regen an die Kel-che der Blumen, ist ein Schmuck für die Blumen, lässt die Früchtegedeihen in diesen Gärten (der Welt). Es erbarmen sich die Mütter überdie Kleinen unter den Tieren und den Menschen. Du bist es, der dasHerz des Freundes durchforscht, in das Herz des Erbarmenden dieLiebe senkt, dem Barmherzigen das Erbarmen schenkt, der dem Mitlei-digen das Mitleid verleiht. Du gewährst es den Dschinnen und Men-schen, allem, was da in den Himmeln und auf Erden lebt, den Engelnund allen, denen Du das Leben geschenkt hast.«

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Erster Anhangzum Vierundzwanzigsten Brief

»Im Namen des Hochgelobten. Und fürwahr, es gibt kein Ding, das nichtlobend Ihn preist.« »Im Namen Gottes des Erbarmers, des Barmherzi-gen.« »Sprich: mein Herr würde sich nicht um dich kümmern, wäre esnicht um deines Gebetes willen.« (Sure 25, 77)

Das heißt: »Oh ihr Menschen! Wenn ihr nicht betet, wel-chen Wert habt ihr dann noch?« Höre nun fünf Anmer-kungen zur Bedeutung dieser Ayah!

Erste Anmerkung: Das Gebet (dua) ist ein großes Ge-heimnis des Dienstes und der Anbetung (ubudiyet), es istin der Tat der Geist des Gottesdienstes. Wie wir bereitsan mehreren Stellen erwähnt haben, gibt es drei Artendes Gebetes.

Die erste Gebetsart: Ein Ausdruck der Fähigkeit, sichzu entwickeln und zu entfalten, wodurch die Samenkerneund Körner (aller Pflanzen) in der Sprache ihrer Entwick-lungsfähigkeit zu dem allweisen Schöpfer beten: »Um dieZierde Deiner Namen ausführlich darstellen zu können,gib uns Wachstum und Gedeihen! Entfalte unser kleinesDasein (haqiqat) und verwandle es in das große Sein ei-nes Baumes!«

Eine weitere Art dieses Gebetes in der Sprache derEntwicklungsfähigkeit ist folgende: Das Zusammentreffen

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der Ursachen ist ein Gebet um das Zustandekommen desErgebnisses. Das heißt: die Ursachen vereinigen sich zueinem Zustand, und dieser Zustand wird zum Ausdruckihres Tuns (hal). Und die Ursachen beten zu dem All-mächtigen in Seiner Majestät und flehen zu Ihm. ZumBeispiel: Wasser, Wärme, Erde und Licht vereinigen sichrund um ein Samenkorn und es entsteht ein Umstand(hal), und dieser Umstand sagt in der Sprache eines Ge-betes: »Unser Schöpfer, mache aus diesem Samenkorneinen Baum!« Denn (die Entstehung) eines Baumes, derein einzigartiges Wunder der Macht (Gottes) ist, kannnicht dieser primitiven Materie zugeschrieben werden, dieweder über Verstand noch Bewusstsein verfügt. Das wä-re unvorstellbar… Das also heißt, dass dieses Zu-sammentreffen der Ursachen ein Gebet ist.

Die zweite Gebetsart: Es ist die Sprache der natur-gegebenen Bedürfnisse aller Lebewesen, die ihre An-sprüche und Wünsche nicht nach eigenem Wollen undVermögen befriedigen können, und eine Art Gebet an denbarmherzigen Schöpfer, ihnen dies aus Quellen, von de-nen man es nicht erwarten möchte, zu rechter Zeit zu ge-währen. Denn der Allweise und Allbarmherzige sendet ih-nen, was sie nicht aus eigenem Wünschen und Vermö-gen erreichen konnten, von einem ihnen unbekannten Ortund zur rechten Zeit. Da ihre Hände es nicht erlangenkonnten, heißt dies, dass diese Gabe ein Ergebnis ihresGebetes ist.

Kurzum: Alles, was aus der ganzen Welt zum ThroneGottes aufsteigt, ist ein Gebet. Was als Ursache dazudient, verlangt sein Ergebnis von Gott.

Die dritte Gebetsart: Es ist dies das Gebet derer, diemit Bewusstsein begabt sind und aus deren Bedürfnis er-wächst und ist gleichfalls von zweierlei Art.

Geschieht es aus einer Notlage heraus, oder entsprichtes vollkommen einem naturgegebenen Bedürfnis, oderkommt es dem Ausdruck der (oben erwähnten) Entwick-

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lungsfähigkeit sehr nahe, oder wird es in der Sprache ei-nes reinen und aufrichtigen Herzens dargebracht, so wirdes in den meisten Fällen, ja fast immer erhört. Der größ-te Teil dessen, was menschliche Erfindungen, Entwick-lungen und Entdeckungen hervorgebracht haben, sinddas Ergebnis einer Art Gebet. Dinge, die als Wundermenschlicher Zivilisation bezeichnet werden und alle An-gelegenheiten, von denen (die Menschen) glauben, aufihre weitere Entwicklung besonders stolz sein zu können,sind das Ergebnis eines stummen Gebetes. Was sie inder lauteren Sprache ihrer Entwicklungsfähigkeit erbetenhatten, wurde ihnen gewährt. Auch Gebete in der Spra-che unserer Entwicklungsfähigkeit oder in der Spracheunserer naturgegebenen Bedürfnisse werden, soweit kei-ne Hindernisse oder andere Bedingungen dagegen spre-chen, stets angenommen.

Die zweite Art ist unser allgemein bekanntes Gebet.Auch davon gibt es zwei Arten: das eine ist mit Taten, dasandere mit Worten. Zum Beispiel: zu pflügen ist ein Ge-bet der Tat. Doch erwächst unsere Versorgung nicht ausder Erde. Vielmehr ist die Erde das Tor zur Schatzkam-mer der Barmherzigkeit, sodass (der Bauer) durch seinenPflug an (der Pforte) der Erde anklopft, die das Tor zurgöttlichen Barmherzigkeit ist.

Die Einzelheiten der übrigen Abschnitte wollen wirüberspringen und nur noch ein, zwei Geheimnisse desmündlichen Gebets in den nun folgenden zwei, drei Ab-schnitten besprechen.

Zweite Anmerkung: Die Wirkung des Gebetes ist ge-waltig. Besonders dann, wenn das Gebet an Allgemein-gültigkeit gewinnt und fortgesetzt wird, bringt es immerein Ergebnis zu Stande, ja es führt immer zum Erfolg. Ja,man kann sogar sagen, dass einer der Gründe für die Er-schaffung der Welt das Gebet war. Das heißt, nach derErschaffung des Universums war vor allem die Erschaf-fung des Menschengeschlechtes und an ihrer Spitze dieislamische Welt und an ihrer Spitze Mohammed der Ara-

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ber, mit dem Friede und Segen sei, mit seinem gewalti-gen Gebet ein Grund für die Erschaffung der Welt. Dasheißt: der Schöpfer der Welt wusste schon vorher, dassdiese Persönlichkeit einmal im Namen der Menschheit, jades gesamten Seins, um die ewige Glückseligkeit bittenwerde, um die Erscheinung der göttlichen Namen; Er hatdieses zukünftige Gebet (bereits im voraus) angenom-men und die Welt erschaffen.

Nun hat ja das Gebet einmal eine so gewaltige Bedeu-tung und Weite. Wäre es denn dann überhaupt möglich,dass die Gebete, die seit tausenddreihundert Jahren zuallen Zeiten von dreihundert Millionen Menschen und ei-ner unübersehbaren Menge ungezählter gesegneter We-sen, Dschinnen, Menschen, Engeln und Geistwesen ge-meinsam für die Persönlichkeit Mohammeds, mit demFriede und Segen sei, um die allgewaltige göttliche Barm-herzigkeit, um die ewige Glückseligkeit und die Verwirkli-chung ihrer Ziele dargebracht werden, nicht angenom-men werden sollten? Ja wäre es denn in irgendeinerWeise möglich, dass ihre Gebete zurückgewiesen wür-den?

Da (diese Gebete) eine solche Universalität und Weiteund Fortdauer erreicht und den Grad einer Sprache derEntwicklungsfähigkeit und natürlicher Bedürfnisse erlangthaben, hat Mohammed der Araber, mit dem Friede undSegen sei, nun als Ergebnis dieser Gebete einen solchenRang (makam), eine Stufe erlangt, dass der Verstand,auch könnte sich alle Vernunft zu einem einzigen Ver-stand vereinigen, diese Stufe (makam) der Verwirkli-chung (haqiqat) nicht vollständig erfassen könnte.

So hast denn du, oh Muslim, am Tage der Wiederver-sammlung einen solchen Fürsprecher. Folge also, um dieFürsprache dieses Fürsprechers auf dich hin ziehen zukönnen, seinem Vorbild und Beispiel (sunna)!

Wenn du sagst: er ist doch schon Gottes Geliebter(habibullah). Wozu braucht er dann noch all die vielen

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Segnungen und Gebete?

Antwort: Diese Persönlichkeit, mit der Friede und Se-gen sei, ist mit seiner ganzen Gemeinde verbunden, teiltdas Glück jedes Einzelnen seiner Gemeinde und sorgtsich um jede Art von Unglück. Und wenn auch im Ver-gleich mit ihm die Stufen von Glück und Vollkommenheitunendlich sind, so ersehnt er doch heiß für die unendlichvielen einzelnen Mitglieder seiner Gemeinde unendlichviele Arten Glückseligkeit für eine unendlich lange Zeitund betrübt sich über die unendlich vielen Arten Unglück.So ist diese Persönlichkeit sicherlich unendlich vielerSegnungen, Gebete und des Erbarmens würdig und be-darf ihrer auch.

Wenn du sagst: Manchmal spricht man ein Gebet füreine Sache, die bereits in sich abgeschlossen ist, wie z.B.das Gebet anläßlich einer Sonnen- oder Mondfinsternis.Ebenso wird manchmal auch ein Gebet verrichtet für Din-ge die nie passieren.

Antwort: Wie bereits in anderen Worten erklärt wurde,ist Gebet (dua) ein Dienst (ibadet) vor Gott. Ein Diener er-klärt seine eigene Schwäche und Armseligkeit (vor Gott)im Gebet. Was die äußerlichen Umstände betrifft, so mar-kieren sie die Zeit des Gebetes und anbetenden Dien-stes. Sie stellen nicht den wahren Nutzen dar. Der Erfolgdes Dienstes ist auf das Jenseits gerichtet. Stellt sich derErfolg im Diesseits nicht ein, so sollte man nicht sagen:»Dieses Gebet wurde nicht erhört.« Vielmehr sollte mansagen: »Die Zeit für das Gebet ist noch nicht vorüber.«

Und wäre es denn des Weiteren möglich, dass die Ewi-ge Glückseligkeit, die alle Gläubigen zu aller Zeit, unab-lässig, in vollkommener Aufrichtigkeit und voll Sehnsuchtim Gebet erfleht haben, ihnen nicht zuteil werden sollte,und dass der Absolut Freigiebige (Kerim-i Mutlaq) undBarmherzige in Seiner Vollkommenheit (Rahim-i Mutlaq),der nach dem Zeugnis des ganzen Universums übergrenzenloses Erbarmen (rahmet) verfügt, ihre Gebete

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nicht annehmen sollte und dass es gar keine EwigeGlückseligkeit gäbe?…

Dritte Anmerkung: Es gibt zwei Arten, wie ein bewusstin Worte gefasstes Gebet angenommen werden kann.Entweder wird es genau so angenommen, wie es ge-wünscht worden war, oder aber es wird etwas besseresgegeben.

Zum Beispiel: Jemand wünscht sich einen Sohn. Gottder Gerechte schenkt ihm eine Tochter wie Hazret-i Mer-yem (Maria). Er darf dann nicht sagen: »Mein Gebet wur-de nicht angenommen.« Er sollte vielmehr sagen: »Eswurde in einer besseren Form angenommen.« Manchmalbetet jemand auch für sein eigenes irdisches Glück. SeinGebet wird für das Jenseits angenommen. »Mein Gebetwurde nicht angenommen.« darf er nicht sagen. Vielmehrsollte er sagen: »Es wurde in einer sinnvolleren Weiseangenommen.« usw… Da nun Gott der Gerechte All-weise ist, erflehen wir etwas von Ihm und Er ist es, deruns Antwort gibt. Doch entspricht es seiner Weisheit, inwelcher Weise Er mit uns umgeht. Wer krank ist, sollteder Weisheit seines Arztes nicht mit Argwohn begegnen.Der Kranke verlangt nach Honig. Der Arzt, der ihn be-handelt, verabreicht ihm Chinin gegen Malaria. Jetzt darfer nicht sagen: »Der Arzt hat nicht auf mich gehört.« Dochder Arzt hat auf sein Ächzen und Stöhnen gehört undauch seine Antwort darauf gegeben. Ja, er hat dem, wasdie Situation erforderte, auf beste Weise entsprochen.

Vierte Anmerkung: Die schönste, feinste, süßeste, un-mittelbar gegenwärtige Frucht des Gebetes und ihr Er-gebnis ist folgendes: Ein Mensch, der betet, weiß, dassda jemand ist, der auf seine Stimme hört, ein Heilmittel fürseinen Kummer sendet, sich seiner erbarmt und dessenallmächtige Hand, alles erreichen kann. In dieser so gro-ßen Herberge dieser Welt ist er nicht allein. Es gibt einenfreigiebigen (kerim) Herrn, der sich um ihn kümmert undihm ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt. Und weitererlebt (tassavvur) er sich selbst in der Gegenwart (hu-

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dhur) seines Herrn, der all seine zahllosen Bedürfnisse zubefriedigen und seine zahllosen Feinde zu vertreiben ver-mag. So verspürt er Freude und Erleichterung, wirft eineLast, so schwer wie die ganze Welt, von seinen Schulternund sagt

»Lob und Preis sei Gott, dem Herrn der Welten!« (Sure 1, 1)

Fünfte Anmerkung: Das Gebet (dua) ist die Seele (ruh)des Gottesdienstes (ubudiyet) und das Ergebnis einesaufrichtigen Glaubens (iman). Denn ein Mensch, der be-tet, zeigt damit, dass es Einen gibt, Der das ganze Uni-versum regiert, Der mich kennt und auch die unbedeu-tendsten Dinge über mich weiß, Der auch noch die Dingezustande zu bringen vermag, die weit (außerhalb meinerMöglichkeiten) liegen, Der stets sieht, wie ich mich befin-de (hal) und meine Stimme hört. Ja weil dies so ist undweil Er die Stimmen allen Seins hört, so hört Er auch mei-ne Stimme. All diese Dinge tut Er, sodass ich auch nochdie kleinsten Dinge von Ihm erwarten darf, von Ihm erbit-ten darf.

So betrachte nun die Weite eines aufrichtigen Glaubensin Gottes Einheit (Tauhid), wie sie das Gebet vermitteltund die Süßigkeit und Klarheit des Lichtes des Glaubens(iman), das es zeigt und versteh das Geheimnis von

»Sprich: Mein Herr würde sich nicht um dich kümmern, wäre es nicht umdeines Gebetes willen.« (Sure 25, 77)

und höre auf den Erlass (Ferman):

»und Er sagte: rufe mich an und ich werde dir antworten.« (Sure 40, 60)

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So wie gesagt wurde:

»Wenn Er nicht hätte geben wollen, hätte Er nicht gegeben zu wün-schen.«

»Gepriesen seist Du. Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»Oh Gott gieße Deinen Segen aus über unseren Herrn Mohammed, vonEwigkeit zu Ewigkeit nach der Anzahl der Dinge, die das göttliche Wis-sen umfasst, und über seine Familie und seine Gefährten und DeinenFrieden über sie und über uns alle Gläubigen (din). Amen. …und Lobund Preis sei Gott, dem Herrn der Welten.«

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Zweiter Anhangzum Vierundzwanzigsten Brief

(Über die Himmelfahrt des Propheten)

»Im Seinem Namen! Und es gibt kein Ding, das nicht lobend ihn preist.«»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Hatte er ihndoch ein andermal bei dem Lotusbaum gesehen, dort wo der Garten derEinkehr ist, damals als der Lotusbaum verhüllt wurde. Nicht wandte erden Blick ab, noch überschritt er seine Grenzen. So sah er das GroßeZeichen seines Herrn.« (Sure 53, 13-18)

(Wir werden den Abschnitt über die Himmel-fahrt des Propheten aus einem Gesang (kas-side) zu seinem Geburtstag (Maulid) in FünfPunkten erläutern.)

Erste Anmerkung: Suleyman Efendi, der diese Kasside(Maulid) geschrieben hat, erzählt eine traurige Liebesge-schichte über Buraq, der aus dem Paradies herbeige-bracht wurde. Da (Suleyman Efendi) ein Freund Gottesist und (seine Kasside) auf einer Überlieferung basiert,drückt sie sicherlich auf diese Weise (der Darstellung) ei-ne Wahrheit (haqiqat) aus.

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Bei der Wahrheit, um die es hier geht, muss es sich umFolgendes handeln: Die Geschöpfe der Ewigen Welt sindeng verbunden mit dem Licht des Ehrenwerten Gesand-ten, mit dem Frieden und Segen sei. Denn es geschiehtdurch dieses Licht, das er gebracht hat, dass sich das Pa-radies mit Dschinnen und Menschen bevölkern wird.Wenn es dieses Licht nicht gäbe, käme auch die EwigeGlückseligkeit nicht zu Stande und Dschinnen und Men-schen, welche die Fähigkeit haben, den Wert aller Artenalles Geschaffenen schätzen zu können, wären nicht imStande gewesen, es zu beleben und es wäre in gewisserHinsicht eine herrenlose Einöde geblieben.

Wir haben bereits im Vierten Ast des Vierundzwanzigs-ten Wortes erläutert, wie die legendäre Liebe (ashk) derNachtigall zur Rose, vom Herrn als Sprecherin (beauf-tragt) das heftige Verlangen der Tiere bekannt macht, wo-rin sich deren Liebe zu den Scharen der Pflanzen aus-drückt, mit welchen sie bis zur Liebe verbunden sind, undwelche aus der Schatzkammer der Barmherzigkeit her-vortreten und deren Versorgung produzieren und wie,gleich der Nachtigall der Rose, für eine jede Tierart aucheine Art Nachtigall ausgewählt wurde, deren Gesang einWillkommen, ein Jubellied, eine Art Lobgesang (gegenü-ber Gott), ein prächtiger Empfang für alle Pflanzen ist.

In einer ähnlichen Weise diente der Engel Gabriel, mitdem der Friede sei, in vollkommener Liebe Mohammed,dem Araber, mit dem Friede und Segen sei, dem Gelieb-ten des Herrn der Welten, welcher der Grund zur Er-schaffung des Kosmos und der Glückseligkeit in beidenWelten ist und verweist damit auf die Engel, die sich Has-ret-i Adam (mit dem der Friede sei) unterwerfen und ihmgehorchen und auf das Geheimnis, um dessentwillen siesich vor ihm niederwerfen (sudjud). In Gleicher Weiseempfanden auch die Bewohner des Paradieses, ja sogarein Teil der Tiere dort eine Verbundenheit, die geradeauch Buraq leidenschaftlich (ashik) zu dieser Persönlich-keit empfand, als der ihn bestieg.

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Zweite Anmerkung: Eines der Erlebnisse während der»Himmelfahrt des Propheten« (wie sie in unserer Kassi-de besungen wird) betrifft die makellose Liebe (muhab-bet) Gottes des Gerechten zu Seinem Ehrenwerten Pro-pheten, mit dem Friede und Segen sei, ausgedrückt inden Worten: »Ich bin Dir in Liebe (ashik) verbunden.«Diese Worte passen in ihrem ganz banalen Sinn nicht zuder Heiligkeit des notwendigerweise Seienden (vadjibu-l’-vudjud) und der Unvergleichlichkeit Seines Wesens. Su-leyman Efendis Kasside erfreut sich großer Beliebtheit.Von daher mag man verstehen, dass er zu den Gottes-freunden und Kennern der Wahrheit gezählt wird. Von da-her gesehen ist der Sinn, auf den hier angespielt wird, si-cherlich richtig. Dieser Sinn aber ist der:

Der, welcher notwendigerweise Sein muss, verfügt überunendliche Schönheit (djemal) und Vollkommenheit (ke-mal). Denn alle Arten von Schönheit und Vollkommenheit,die in allen Bereichen des Alls verstreut sind, sind Spu-ren, Hinweise und Zeichen (ayat) Seiner Schönheit undVollkommenheit. Wie jemand, der offensichtlich überSchönheit und Vollkommenheit verfügt, diese Schönheitund Vollkommenheit auch liebt, so liebt auch der Herr inSeiner Majestät Seine eigene Schönheit ganz besonders.Und Er liebt sie in einer Art, die Seiner würdig ist. Und fer-ner liebt Er auch Seine Namen, die die Strahlen SeinerSchönheit sind. Da Er aber nun einmal Seine Namenliebt, so liebt Er mit Sicherheit auch Seine Kunstwerke,welche die Schönheit Seiner Namen zur Darstellung brin-gen. Da dies aber nun einmal so ist, liebt Er auch dieKunstwerke, die Seiner Schönheit und Vollkommenheitals ein Spiegel dienen. Da Er aber nun einmal denjenigenliebt, der Seine Schönheit und Vollkommenheit zur Dar-stellung bringt, liebt Er mit Sicherheit auch die vorzüg-lichen Eigenschaften alles Geschaffenen, die auf dieSchönheit und Vollkommenheit Seiner Namen hinweisen.Auf diese fünf (oben angeführten) Erscheinungsformender Liebe (muhabbet) weist der Weise Qur’an mit seinen

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Ayat hin. Da also nun der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede

und Segen sei, das vollkommenste unter allen Kunstwer-ken und das vornehmste unter allen Geschöpfen ist,

Und da er die göttlichen Kunstwerke unter lautem Lob-preis (dhikr) Gottes und mit Lobgesang (tesbih) ausstelltund preist,

Und da er in der Sprache des Qur’an die majestäti-schen (djemal), vollkommenen (kemal) Schätze der Na-men Gottes geöffnet hat,

Und da er in der Sprache des Qur’an auf glänzendeund schlüssige Weise die Vollkommenheit seines Meis-ters und Seine Zeichen der Erschaffung des Alls verkün-det,

Und da er durch seinen umfassenden Dienst und seineuniverselle Anbetung zum Spiegel der göttlichen Herr-schaft wurde,

Und da er durch seine alles umschließende Natur einvollkommener Ort der Erscheinungen aller Göttlichen Na-men geworden ist, kann man mit Sicherheit sagen: da derMajestätische (djelal) in all Seiner Schönheit SeineSchönheit liebt, so liebt er auch Mohammed den Araber,mit dem Segen und Frieden sei, welcher der vollkom-menste, mit Bewusstsein begabte Spiegel dieser Schön-heit ist.

Und da er Seine Namen liebt, so liebt er auch Moham-med den Araber, mit dem Friede und Segen sei, denglänzendsten Spiegel dieser Namen und Er liebt auchdie, welche Mohammed, dem Araber, mit dem Friede undSegen sei, ähnlich sind, entsprechend (ihrer Ähnlichkeitmit ihm).

Und da Er Seine Kunst liebt, so liebt Er sicherlich auchMohammed den Araber, mit dem Friede und Segen sei,der dem ganzen Universum Seine Kunst in höchsten Tö-nen verkündete und der Land und Meer mit laut schallen-

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dem Lobpreis (dhikr) und Lobgesang (tesbih) in Ekstaseversetzte, sodass er in den Ohren der Himmel wieder-klang.

Und da Er Seine Kunstwerke liebt, so liebt Er auch alleLebewesen, die vollkommensten Seiner Kunstwerke, undalle die von Bewusstsein erfüllt sind, die vollkommenstenaller Lebewesen, und die Menschen, welche die edelstenunter allen mit Bewusstsein begabten Wesen sind, undsicherlich noch viel mehr Mohammed, den Araber, mitdem Friede und Segen sei, welcher übereinstimmend dervollkommenste aller Menschen ist.

Und da Er die moralischen Tugenden und Werte SeinerGeschöpfe liebt, so liebt Er auch Mohammed den Araber,mit dem Friede und Segen sei, dessen moralische Tu-genden und Werte sicherlich den höchsten Grad errei-chen, und auch die ihm ähnlich sind entsprechend demGrade (ihrer Ähnlichkeit).

Das heißt, dass die Liebe Gottes des Gerechten ge-nauso wie Seine Barmherzigkeit den ganzen Kosmosumfasst.

So gehört denn auch der höchste Rang (makam) Mo-hammed dem Araber, mit dem Friede und Segen sei, injedem der obigen erwähnten Aspekte der zahllosen (Er-scheinungsformen) Seiner Liebe, weshalb ihm der Titel»Geliebter Gottes« verliehen wurde.

So war es denn aus diesem Grunde, dass SuleymanEfendi den höchsten Rang in der Liebe Gottes (mahkam-i mahbubiyet) mit den Worten zum Ausdruck brachte:»Ich bin dir in Liebe (ashik) verbunden.« Dieser Ausdruckdient unseren Gedanken als eine Art Teleskop, ist ein Hin-weis auf eine sehr weit entfernte Wahrheit. Da dieserAusdruck nun aber trotzdem in unserer Vorstellung vomWirken des Herrn (Rububiyet) unpassende Bilder herauf-beschwört, sollte man statt dessen besser sagen: »Ichbin mit dir zufrieden.«

Dritte Anmerkung: Die Geschehnisse während der

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Himmelfahrt können diese heiligen, transzendentenWahrheiten nicht mit uns geläufigen Worten zum Aus-druck bringen. Doch gleichen solche Dialoge entweder ei-nem Beobachtungsposten, gleich einem Observatoriumunserer Betrachtungsweisen, ein Hinweis auf erhabene,tiefe Wahrheiten, eine Art Hinweis auf den Glauben undeinen Teil der Wahrheiten und ein Hinweis auf Bedeutun-gen, die unaussprechlich sind. Es sind keine Gescheh-nisse mit einer uns bekannten Bedeutung. Wir können dieWahrheit hinter solchen Gesprächen nicht mit unsererVorstellungskraft verstehen, sondern empfangen stattdessen nur eine freudige Erregung, verbunden mit demGlauben in unserem Herzen, eine lichtvolle Freude in un-serer Seele (ruh). Denn so wie dem Wesen und den Ei-genschaften Gottes des Gerechten nichts als Ihm gleichoder ähnlich zur Seite gestellt werden kann, so gibt esauch im Wirken Seiner Herrschaft (rububiyet) nichts, wasIhm gleich wäre. So wie Seine Eigenschaften nicht denEigenschaften Seiner Schöpfung ähneln, so gleicht dieLiebe, die in Ihm ist, auch nicht der Liebe, die in ihr ist. Dadies aber so ist, betrachten wir diese Ausdrücke als meta-phorisch und sagen:

Er, der notwendigerweise Sein muss besitzt aus derNotwendigkeit Seines Seins heraus (Dhat-i Vadjib-ul’Vu-djudun Vudjubu Vudjuduna), in einer Weise, die SeinerHeiligkeit angemessen und der Einzigartigkeit SeinesWesens und Seiner absoluten Vollkommenheit (kemal-imutlaq) würdig ist, bestimmte Eigenschaften wie Liebe(muhabbet), an die die Kasside (von Suleyman Efendi)mit den Erlebnissen während der Himmelfahrt erinnert.Das Einunddreißigste Wort, das von der Himmelfahrt desPropheten handelt, erklärt die Gegebenheiten (haqaiq)dieser Himmelfahrt den Grundsätzen des Glaubens ent-sprechend. So wollen wir uns hier somit begnügen und esdabei bewenden lassen.

Vierte Anmerkung: Der Satz: »Er erblickte Gott denGerechten hinter siebzigtausend Schleiern.« bringt eine

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Art räumlichen Abstand zum Ausdruck. Während der Not-wendig Seiende (Vadjibu-l’Vudjud) nicht an Zeit undRaum gebunden und allen Dingen näher ist, als sie essich selbst sind. Was soll damit ausgesagt sein?

Antwort: Diese Wahrheit wurde bereits im »Einund-dreißigsten Wort« ausführlich erklärt und bewiesen. Sowollen wir hier nur noch sagen:

Gott der Gerechte steht uns sehr nahe. Wir sind abervon Ihm unendlich weit entfernt. Die Sonne ist uns durchden Spiegel in unserer Hand unendlich nahe und jedesglänzende Objekt auf Erden gleicht einem Thron und istfür sie eine Art Wohnstatt. Hätte die Sonne ein Bewusst-sein, so könnte sie durch den Spiegel in unserer Hand mituns reden, obwohl sie doch viertausend Jahre von unsentfernt ist. Und obwohl wir hier keine Ähnlichkeiten se-hen und keine Vergleiche (mit Gott) aufstellen wollen, sodoch auch die Urewige Sonne einem jeden Ding näher istals sie sich selbst. Denn Er ist der Notwendig Seiende(Vadjibu-l’Vudjud), frei von Raum und Zeit. Nichts kanneine Hülle vor Ihm sein und doch ist ein jedes Ding un-endlich weit von Ihm entfernt.

So entsteht denn dieses Geheimnis einer weiten Ent-fernung im Zusammenhang mit diesem völligen Fehlenvon Zeit und Raum, ausgedrückt in der Ayah:

»Wir sind ihm näher als seine Schlagader.« (Sure 50, 16)

aus (der Tatsache, dass) Gottes Ehrenwerter Prophet, mitdem Friede und Segen sei, zu seiner Himmelfahrt auf-brach, eine riesige Entfernung im Flug zurücklegte und ineinem Augenblick wieder zurückkehrte. Die Himmelfahrtdes Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segensei, war eine spirituelle Reise und ein Ausdruck seinerHeiligkeit (velayet). Denn die Freunde Gottes (velayet)schreiten auf der Stufenleiter ihres Glaubens in einer spi-

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rituellen Reise von vierzig Tagen bis zu vierzig Jahren biszum Grade absoluter Gewissheit (haqqa-l’yaqin) fort.

In gleicher Weise öffnete Gottes Ehrenwerter Gesand-ter, mit dem Friede und Segen sei, Sultan über allen Got-tesfreunden, eine Große Straße mit seiner Himmelfahrt,die (nach einer anderen Überlieferung – A.d.Ü.) nur vier-zig Minuten statt vierzig Jahren währte und das GroßeWunder (keramet-i kubra) seiner Heiligkeit war und die ernicht nur mit seinerm Herzen und mit seiner Seele (ruh)unternahm, sondern auch mit seinem Körper, mit all sei-nen äußerlichen Sinnen und innerlichen Wahrnehmungs-organen (letaif) und erreichte so die höchsten Stufen derGlaubenswahrheiten. Über die Himmelsfahrtsleiter stieger bis zum Thron (Gottes) empor und bezeugte schließ-lich auf der Stufe der »Zwei Bogenlängen« mit dem Blickaugenscheinlicher Gewissheit den Glauben an Gott undden Glauben an das Jenseits, welche die größten Glau-benswahrheiten sind, trat in das Paradies ein und schau-te die Ewige Glückseligkeit. Das Himmelfahrtstor zur gro-ßen Straße ließ er offen und alle Heiligen seiner Gemein-de gehen im Schatten dieser Himmelfahrt ihren Fähigkei-ten entsprechend mit Herz und Seele (ruh) auf ihre spiri-tuelle Reise.

Fünfte Anmerkung: Die Geburt des Propheten (mau-lid) und seine Himmelfahrt zu besingen ist eine be-sonders schöne und segensreiche Gewohnheit und einebesonders angesehene islamische Tradition, ja mehrnoch im gesellschaftlichen islamischen Leben eine sehrsinnvolle (latif), glanzvolle und überaus angenehme Artder Unterhaltung (sohbet), ja mehr noch der willkom-menste, heitere Unterricht, um die Glaubenswahrheitenwieder in Erinnerung zu bringen, ja mehr noch die wirk-samste und anregendste Möglichkeit, das Licht des Glau-bens, die Liebe zu Gott (muhabbet) und die hohe Vereh-rung (ashk) für den Propheten darzustellen und zu ihr zuermuntern.

Möge Gott der Gerechte diese Tradition ewig weiter be-

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stehen lassen und möge Gott der Gerechte all denengnädig sein, die wie Suleyman Efendi eine solche (Kassi-de wie) »Maulid« geschrieben haben und ihnen das Pa-radies als Wohnstätte bereiten, amen….

Nachwort

Da der Schöpfer des Alls nun einmal von jeder Art ein be-sonders erlesenes Exemplar erschaffen hat, das alle Voll-kommenheit in sich enthält, und es als ein Musterbeispielzum Stolz seiner ganzen Art gemacht hat. So ist es dennmit Sicherheit notwendig, dass Er durch die Erscheinungdes Gewaltigsten unter all Seinen Namen auch aus demgesamten Universum ein besonders erlesenes und voll-kommenes Exemplar erschaffen wird. So wie es unterSeinen Namen den einen gibt, welcher »der gewaltigeName (Ismi A’dham)« genannt wird, so muss es auch un-ter Seinen Kunstwerken ein besonders vollkommenesExemplar geben, ein Einzelstück, in dem sich alle Voll-kommenheit des Universums vereinigt und besonders aufdieses Seinen Blick lenken. Dieses Musterexemplar wirdin jedem Fall ein Lebewesen sein. Denn unter den Artenim Universum die vollkommensten sind die Lebewesen.Und unter diesen Lebewesen wird dieses Exemplar in je-dem Fall mit Bewusstsein begabt sein. Denn unter denArten von Lebewesen die vollkommensten sind die be-wusstseintragenden. Und dieses außergewöhnliche Indi-viduum wird in jedem Fall ein Mensch sein. Denn unterden mit Bewusstsein begabten ist der, welcher zu höchs-ter Entfaltung fähig ist, der Mensch. Und unter den Men-schen wird in jedem Fall dieses eine Individuum Moham-med sein, mit dem Friede und Segen sei. Denn seitAdams Zeiten hat es bis heute noch niemals eine Ge-schichte gegeben, die uns eine Persönlichkeit gleich ihmvorgestellt hätte und wird uns auch nie von ihm berichtenkönnen. Denn diese Persönlichkeit hat das halbe Erden-

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rund und ein Fünftel der Menschheit unter seine geistli-che Leitung genommen und seine geistliche Leitung invollkommener Majestät über eintausenddreihundertfünf-zig Jahre fortbestehen lassen und ist für alle Vollendeten(kemal) in allen Arten der Wahrheit zu einem Universal-genie geworden. Freunde und Feinde stimmten (zu sei-ner Zeit – A.d.Ü.) darin überein, dass er den höchstenGrad an guter Sitte und Moral besaß. Zu Beginn seinesAuftrags hat er auf sich allein gestellt die ganze Welt her-ausgefordert. Er, der den Qur’an vorgestellt hat, der inseiner Verkündigung ein Wunder ist und in jeder Minutevon mehr als hundert Millionen Menschen rezitiert wird,ist mit Sicherheit diese außergewöhnliche einmalige Per-sönlichkeit. Es könnte ein Anderer nicht sein. Er ist zu-gleich Saat und Frucht dieser Welt.

»Friede und Segen sei über ihm und seinen Gefährten nach der Anzahlder Arten des Kosmos und allem, was in ihm ist.«

So magst du denn nun verstehen, was für eine frohe, stol-ze, lichtvolle, heitere, wohltuende, unterhaltende, erhabe-ne, religiöse Veranstaltung es für die Gläubigen ist, wel-che diese Persönlichkeit als ihren Fürsten, ihren Herrn,ihr Vorbild (imam) und ihren Anwalt betrachten, (dieserKasside über) seine Geburt (maulid) und seine Himmel-fahrt zu lauschen, d.h. über Anfang und Ende seiner Lauf-bahn zu hören, d.h. die Geschichte seines geistlichen Le-bens zu kennen.

Oh Herr! Zum Ruhme Deines Ehrenwerten Geliebten,mit dem Friede und Segen sei, und um Deines Gewalti-gen Namens willen, lass in den Herzen derer, die dieseAbhandlung veröffentlichen und ihrer Gefährten das Lichtdes Glaubens offenbar werden und lass ihre Federn dieGeheimnisse des Qur’an veröffentlichen und schenke ih-nen Leitung auf dem geraden Weg (sirata-l’mustaqim).Amen

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»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)

»Der Beständige ist der, der bleibt und besteht.«

Said Nursi

Fünfundzwanzigster Brief

wurde nicht niedergeschrieben.

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Sechsundzwanzigster Brief

(Dieser Sechsundzwanzigste Brief bestehtaus vier Kapiteln, die jedoch unabhängig von-einander sind.)

Erstes Kapitel

»Im Namen dessen, der gepriesen sei!« »Und kein Ding ist, das Ihnnicht in Dankbarkeit lobpreist.« (Sure 17, 44)

»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen; Und wenn duvom Satan angestachelt wirst, so nimm deine Zuflucht zu Allah! Siehe,Er ist der Allhörende, der Allwissende.« (Sure 41, 36)

Zeugnis des Qur’an gegen den Teufel und seinen An-hang, um Iblis zum Schweigen zu bringen, den Teufel zurVernunft zu rufen und die Anhänger der Auflehnung ver-stummen zu lassen. Dieses Erste Kapitel betrifft ein Er-lebnis, durch das endgültig jene fürchterliche Intrige desTeufels widerlegt wurde, welche sich in der Neutralitätdes Urteils findet. Vor zehn Jahren hatte ich bereits einenExtrakt dieses Erlebnisses in den »Lemaat (Blitze)«niedergeschrieben. Es ist dies folgendermaßen:

Einmal, im Heiligen Monat Ramadan, elf Jahre vor derAbfassung dieser Abhandlung lauschte ich in der ehrwür-

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digen Bayezid Moschee in Istanbul der Rezitation der Ha-fidhe. Plötzlich war mir, als hörte ich eine Stimme von je-mand, den ich aber nicht sah. Sie lenkte meinen Geist aufsich. Innerlich hörte ich ihr zu. Da sprach sie zu mir:

»Du betrachtest den Qur’an als sehr hoch, als be-sonders glänzend. Denke neutral und betrachte ihn dann!Das heißt, stell dir vor, er sei das Wort eines Menschen.Siehst du etwa noch jene Besonderheiten und jenenSchmuck?« Ich wurde tatsächlich in die Irre geführt, stell-te ihn mir als Menschenwort vor und betrachtete ihn so.Da sah ich: Es war, als wäre in der Bayezid Moschee derLichtschalter herumgedreht worden und alles in Dunkel-heit versunken und ausgelöscht. Genauso begannen sichdie glänzenden Strahlen des Qur’an bei dieser Annahmezu verbergen. Nun verstand ich, dass es der Teufel war,der mit mir sprach. Er versuchte mich in einen Abgrund zustürzen. Da rief ich den Qur’an um Hilfe. Sofort drangLicht in mein Herz. Es gab mir die ganze Macht zur Ver-teidigung. Da nahm ich den Kampf gegen den Teufel auf,indem ich sagte:

Oh Satan! Neutral zu denken bedeutet, einen Platz zwi-schen zwei Fronten einzunehmen, wohingegen aber das,was von dir und deinen Schülern unter den Menschen alsneutral zu denken bezeichnet wird, eine Bevorzugung derGegenseite ist. Es ist keine Neutralität. Eine solche zeit-weilige Annahme ist Glaubenslosigkeit. Denn den Qur’anals Menschenwort zu bezeichnen und zu betrachten undin dieser Weise zu denken, heißt, die entgegengesetzteMöglichkeit als Grundlage anzunehmen. Es ist die fal-sche Seite. Es ist keine Neutralität im Denken, vielmehreine Parteinahme für die falsche Seite. Der Teufel ant-wortete:

»Wenn das so ist, dann sage, es ist nicht Allahs Wort,nicht das eines Menschen. Stelle dir einmal die Mittevor!« Ich entgegnete:

Das ist auch unmöglich. Denn, wenn um ein Eigentum

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ein Rechtsstreit besteht und die beiden Kontrahenten na-he beieinander sind, eine örtliche Nachbarschaft besteht,dann wird dieses Eigentum in die Hand eines Dritten ge-geben oder an einen Ort verbracht, der beiden zugänglichist. Wer den Beweis erbringt, der erhält es. Wenn aber diebeiden Kontrahenten sehr weit voneinander entfernt sind,einer im Osten, einer im Westen ist, dann verbleibt esprinzipiell in der Hand dessen, der der augenblicklicheBesitzer ist. Denn es in der Mitte zu lassen, ist nicht mög-lich.

Nun ist aber der Qur’an ein kostbarer Besitz. Die beidenKontrahenten jedoch sind so weit voneinander entfernt,wie das Wort eines Menschen vom Worte Gottes des Ge-rechten, ja sie sind vielmehr unendlich weit voneinanderentfernt. So ist es also nicht möglich, ihn in der Mitte zwi-schen den beiden, wie Himmel und Erde voneinanderentfernten Seiten, zu lassen. Ja es gibt gar keine Mitte.Denn da sie zwei Gegensätze sind, wie Sein oder Nicht-sein, oder zwei Gegenpole, gibt es zwischen ihnen keineMitte. Wenn das aber so ist, dann ist der augenblicklicheBesitzer des Qur’an auf der Seite Gottes. Wenn das aberso ist, dann wird sein Verbleib in dessen Hand akzeptiertund dies ist dann der Status quo für die Beweisaufnahme.Kann die Gegenseite alle Beweise dafür, dass er dasWort Allahs ist, nacheinander widerlegen, mag sie ihreHand nach ihm ausstrecken. Anderenfalls darf sie esnicht. Ohoh! Wer vermöchte diese tausenden unumstöß-licher Beweise, mit denen gleich zwölfzölligen Nägelndieser gewaltige, strahlende Diamant am Throne des All-gewaltigen befestigt ist, welche Hand vermöchte alle die-se Nägel herauszureißen, seine Stützpfeiler abzusägen,um ihn herabzustürzen?!

Nun also, oh Teufel! Leute, die dir zum Trotz mit Herzund Verstand ein gerechtes Urteil zu fällen vermögen,werden auf diese Weise urteilen. Ja, bei dem geringstenBeweis verstärken sie noch ihren Glauben an denQur’an. Was aber den Weg betrifft, den du und deine

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Schüler zeigen: Stellt man sich einmal den Qur’an alsMenschenwort vor, das heißt, wenn jener herrliche Dia-mant, der mit dem Thron Gottes verbunden ist, zur Erdegeworfen würde, so wäre anstelle all der Macht der Nägelund der Festigkeit vieler Beweise ein einziger Beweis da-zu notwendig, ihn wieder von der Erde aufzuheben undam Throne des Geistes zu befestigen, um ihn aus derFinsternis des Unglaubens zu erretten und zu den Lich-tern des Glaubens zu gelangen. Das zu erreichen ist je-doch sehr schwer. Deswegen verlieren in dieser Zeitdurch deine Einflüsterung unter der Vorstellung, neutralzu denken, viele ihren Glauben.

Da wandte sich der Teufel wieder zu mir und sagte:

»Der Qur’an gleicht dem Wort der Menschen. Er istnach Art menschlicher Redewendung. Also ist er Men-schenwort. Wäre er Gotteswort, müsste er auch für Ihnschicklich sein, müsste in jeder Hinsicht einen außerge-wöhnlichen Stil haben. Geradeso wie Seine Kunst nichtder Kunst der Menschen ähnelt, so dürften auch SeineWorte ihnen nicht ähnlich sein.«

Ich antwortete ihm:

So wie unser Prophet, mit dem Friede und Segen sei,außer in seinen Wundern und Tugenden, doch Menschblieb in seinen Handlungen, seinem Verhalten und in sei-nem Benehmen, so war er auch wie ein Mensch den all-täglichen Gesetzen Gottes und Seiner Schöpfung unter-worfen und an sie gebunden. Auch er war der Kälte aus-gesetzt, litt unter Schmerzen usw… Er nahm in all seinemVerhalten und Benehmen keine Sonderstellung ein, so-dass er seiner Gemeinde durch seine Handlungen einVorbild, durch seine Haltung ein Wegweiser, in seinemganzen Umgang ein Lehrer hätte sein können. Wäre er inseinem ganzen Verhalten außergewöhnlich gewesen,hätte er nicht ganz persönlich und in jeder Hinsicht einVorbild sein können, nicht für jeden der vollkommeneLehrer sein können, nicht in seiner ganzen Haltung Se-

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gen und Erbarmen für die Welt sein können.In gleicher Weise gilt: Auch der höchstweise Qur’an ist

ein Führer für alle bewusstseintragenden Wesen, einMeister für alle Menschen und Dschinnen, ein Führer fürdie Vollendeten, ein Lehrer für die Leute der Wahrheit.Weil dies so ist, muss er notwendigerweise sicherlich vonder gleichen Art sein wie die Ausdrucks- und Redeweiseder Menschen. Denn Menschen und Dschinnen lernenvon ihm zu bitten und zu beten, diskutieren ihre Problemein seiner Sprache, gestalten ihm gemäß ihren sozialenUmgang usw… Er ist die Autorität für alle. Wäre der Qur’-an in der gleichen Weise das Wort Gottes, wie Moses, mitdem Friede sei, es auf dem Berg Sinai hörte, die Men-schen hätten nicht ertragen, ihn anzuhören, ihm zu lau-schen, ihn als Autorität anzunehmen. Ein so großer Pro-phet wie Moses konnte es nicht ertragen, mehr als einigewenige Worte zu hören. Moses, mit dem Friede sei, sag-te:

»Ist so Dein Wort? Gott sagte: Ich habe die Macht über alle Zungen.«

Der Satan wendete sich mir wiederum zu und sagte:

»Solche Probleme, wie die im Qur’an angeführten, be-handeln viele Leute, wenn sie über den Glauben spre-chen. Ist es etwa nicht möglich, dass ein Mensch des-wegen im Namen des Glaubens so etwas verfassenkönnte?«

Als Antwort erwiderte ich ihm im Lichte des Qur’an:

Erstens: Ein religiöser Mensch sagt in seiner Liebezum Glauben: »Das ist richtig. Dies ist die Wahrheit. Solautet der Befehl Gottes.« Er wird aber nicht seine eige-nen Worte Gott in den Mund legen. Er wird seine Gren-zen nicht so grenzenlos weit überschreiten, selbst Gott zuspielen, an Seiner Statt zu sprechen.

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»Wer ist ungerechter als der, der über Gott Lügen erdichtet.« (Sure 39,32)

Er wird vor diesem Gesetz und Urteil zittern!Und zweitens: Es ist keineswegs möglich, ja sogar

hundertfach unmöglich, dass ein Mensch ganz allein der-gleichen zu Stande gebracht und dabei auch noch erfolg-reich gewesen sein könnte. Denn nur zwei einander nahestehende Persönlichkeiten können einander nachahmen.Wenn sie von gleicher Art sind, können sie einer in desanderen Rolle schlüpfen. Zwei einander im Rang nahestehende können einander in ihrer Stellung nachahmen.Vorübergehend können sie die Menschen täuschen. Siekönnen sie jedoch nicht für immer täuschen. Denn denBlicken der Aufmerksamen wird sich der Betrug in jedemFall durch ihr Gehabe und die gezwungene Art in ihremVerhalten und Benehmen zeigen. Ihre Täuschung wirdsich nicht fortsetzen.

Hat ein Hochstapler nicht die geringste Ähnlichkeit mitdem, den er zu spielen versucht, zum Beispiel, ein ge-wöhnlicher Mensch, der versuchte ein Genie wie Avicen-na in seinem Wissen nachzuahmen oder ein Schafhirte,der versuchte, in die Rolle eines Königs zu schlüpfen,wird er sicherlich niemanden täuschen können, sich viel-mehr zum Gespött machen. Seine ganze Erscheinungschreit es hinaus: Er ist ein Hochstapler!

Wollte man sich also nun aber, Gott bewahre, das isthunderttausendmal unmöglich! den Qur’an als das Worteines Menschen vorstellen: Wie könnte dann ein Glüh-würmchen sich tausend Jahre lang einem Observatorganz ungezwungen wie ein richtiger Stern darstellen?Und weiter, wie eine Mücke sich ein Jahr lang vor den Zu-schauern ganz ungekünstelt wie ein Pfau aufspielen?Und weiter, wie ein Betrüger als einfacher Soldat die Hal-tung eines berühmten, hohen Generals zur Schau tragen,

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seinen Rang einnehmen, diesen lange Zeit beibehalten,ohne dass sein Betrug deutlich würde? Und weiter, wieein Betrüger, ein verlogener Ungläubiger sich sein gan-zes Leben lang, ohne irgendeine Unruhe zu zeigen, vorden Augen seiner Kritiker stets in seiner Erscheinungnach innen und nach außen hin als der getreueste undgläubigste Mensch aufspielen, sein unechtes Gehabe vorden Augen der Intelligenz verbergen?! Das ist aber hun-dertmal unvorstellbar! Das kann kein vernünftigerMensch für möglich halten. Dergleichen anzunehmen, istzudem eine Wahnvorstellung wie die Annahme einer of-fensichtlichen Unmöglichkeit.

Desgleichen, wollte man sich den Qur’an als das Worteines Menschen vorstellen, dann müsste das Wesen des»Deutlichen Buches«, das doch der so glänzende Sternder Gerechtigkeit am Himmel der islamischen Welt ist,der klar ersichtlich und immerwährend das Licht derWahrheit ausstrahlt, oder vielmehr als die Sonne der Voll-kommenheit verstanden wird, Gott bewahre! die erfunde-ne und gefälschte Dichtung eines Betrügers in Gestalt ei-nes Glühwürmchens sein, ohne dass diejenigen, die sichzunächst und eingehend mit ihr befassen, einen Unter-schied bemerkt hätten, sie ihn vielmehr immer für einenhohen und erhabenen Stern und die Quelle der Wahrheitgehalten hätten. Das aber ist hundertmal unmöglich unddu Satan könntest überdies, auch wenn du deine Teufe-leien noch hundertfach weiter triebest, niemanden dazubringen, der das für möglich hielte! Du kannst einen un-verdorbenen Verstand nicht betrügen! Du kannst die Leu-te nur dadurch täuschen, dass du sie dazu bringst, dieDinge mit einem großen Abstand zu betrachten! So zeigstdu ihnen einen Stern, der so klein geworden ist wie einGlühwürmchen!

Drittens: Wollte man außerdem den Qur’an als dasWort eines Menschen betrachten, so müsste diese für dieMenschenwelt durch ihre Kultur, in ihrer Wirkung und inihren Ergebnissen so geistvolle und Leben spendende,

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wie bezeugt, so konkrete, glückverheißende, so essen-tielle, wunderbare, mit so hohen Vorzügen so glänzendbeschriebene, verborgene Wahrheit der »Unterschei-dung« Gott bewahre! die primitive Gedankenspielerei ei-nes einzelnen unbeholfenen und ungebildeten Betrügerssein, ohne dass die ihm zunächst stehenden und ihn ein-gehend betrachtenden großen Gelehrten und die vereh-rungswürdigen Koryphäen der Wissenschaft seine Fäl-schungen und das Werk seines Betruges jemals aufirgendeine Weise bemerkt haben sollten! Sie haben je-doch immer Vertrauenswürdigkeit, Aufrichtigkeit undWahrhaftigkeit an ihm gefunden!

In Anbetracht dessen, dass dies hundertfach unmöglichist, wäre es, eine Persönlichkeit, die in ihrer ganzen Hal-tung, ihren Worten und Taten und in ihrem ganzen LebenZuverlässigkeit, Glaube, Vertrauen, Wahrhaftigkeit, Auf-richtigkeit und Geradlinigkeit gezeigt und gelehrt, alle gro-ßen Persönlichkeiten darin unterrichtet hat, der selbst alsder größte, strahlendste, erhabenste Charakter angese-hen und betrachtet wird, als vollkommen unzuverlässig,vollkommen unehrlich und vollkommen glaubenslos zubetrachten, so als hielte man eine zur Potenz erhobeneUnmöglichkeit für eine Realität, was jedoch einem Fie-berwahn des Unglaubens gleich kommt, dessen sichselbst noch der Teufel schämen würde. Denn bei diesemProblem gibt es keine mittlere Lösung. Denn einmal denunmöglichen Fall angenommen, der Qur’an wäre nichtGotteswort, es wäre, als fiele er in seinem Werte wie vomThrone Gottes zur Erde herabgestürzt. Einen Mittelwertgäbe es nicht. Anstelle einer Sammlung von Wahrheitenwäre er eine Quelle des Aberglaubens und der Wert jenerPersönlichkeit, welche diesen wunderbaren Ferman auf-gezeigt hat, müsste, wenn es Gott bewahre, es ist kei-neswegs so! nicht der Prophet wäre, von den HöchstenHöhen zum Niedrigsten aller Niedrigen herabstürzen undvon seinem Rang, Quelle der Vollkommenheit zu sein,auf die Stufe eines Brunnens der Hinterlist hinabsinken.

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Einen Mittelwert gäbe es nicht. Denn wer im Namen Got-tes eine Falschaussage macht, eine Lüge ausspricht, derfällt bis zur niedrigsten Stufe hinunter. Eine Mücke immerfür einen Pfau anzusehen und in ihr ständig die Be-sonderheiten eines Pfaues zu erblicken, ist dermaßen un-vorstellbar, dass auch ein solches Problem unvorstellbarwird. Es wäre dazu schon ein von Natur aus wahnsinni-ger, berauschter Dummkopf notwendig, der so etwas fürmöglich halten könnte.

Viertens: Des Weiteren wäre es notwendig, wollte mansich den Qur’an als das Wort eines Menschen vorstellen,obwohl doch der heilige Kommandant der mohammeda-nischen Gemeinschaft, der größten und herrlichsten Ar-mee unter den Söhnen Adams, der Qur’an, der mit denoffensichtlich machtvollsten Gesetzen, grundlegendstenVorschriften, wirksamsten Anordnungen dieser ganzengroßen Armee eine Disziplin gegeben hat, die sie befä-higt, beide Welten zu erobern, seiner Befehlsgewaltunterstellt hat, der sie innerlich wie äußerlich dafür ge-rüstet hat und ihnen allen, jedem Einzelnen seiner Stufeentsprechend, Erkenntnis gelehrt, ihnen Herzensbildunggegeben, sich ihre Seelen dienstbar gemacht, ihr Gewis-sen gereinigt, ihre inneren und äußeren Organe, des Lei-bes und der Seele in den rechten Nutzen und Gebrauchgenommen hat, dennoch die hundertfache Unmöglichkeitannehmen zu wollen, dass, Gott bewahre, möge Er esmir hunderttausendmal verzeihen! der Qur’an eine kraft-lose, bedeutungslose und jeder Grundlage entbehrendeErdichtung, eine Fälschung sein sollte; und weiter wärees notwendig, sich eine Persönlichkeit, die in ihrem gan-zen Leben durch ihre ernsthaften Bemühungen die Söh-ne Adams in den Gesetzen des Gerechten unterrichtetund durch ihr bescheidenes Verhalten den Menschen diePrinzipien der Wahrheit gelehrt hat und mit ihren klarenund vernünftigen Worten den Weg zur Geradlinigkeit undGlückseligkeit aufgezeigt und grundgelegt hat und diesich, wie die Geschichte ihres ganzen Lebens bezeugt,

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sehr vor der Strafe Gottes gefürchtet hat, Gott besserkannte und verkündete als jeder andere, die ein Fünftelder Menschheit über die halbe Erde hin seit 1350 Jahrenruhmreich befehligt hat, die eine Welt in Aufregung ver-setzt hat und auf die wegen ihrer ruhmreichen Taten mitRecht die ganze Menschheit, ja sogar die Welt stolz seinkann, sich dennoch, Gott bewahre, möge Er es mir hun-derttausendmal verzeihen! als einen Betrüger, der nichtan Gott glaubt und Ihn nicht fürchtet, keine Ehre kennt,auf der untersten Stufe der Menschheit vorzustellen undso hundert Unmöglichkeiten gleichzeitig als möglich an-zunehmen. Denn bei diesem Problem gibt es keine mitt-lere Lösung. Denn den unmöglichen Fall einmal ange-nommen, der Qur’an wäre nicht Gottes Wort, so fiele ervon Seinem Thron, könnte nicht in der Mitte bleiben. Viel-mehr müsste man zugeben, dass er auf Erden Besitz ei-nes Lügners würde. Weil aber das so ist, du Satan,kannst du, wärest du auch hundertfach ein Doppelter Sa-tan, einen unverdorbenen Verstand nicht betrügen, einaufrechtes Herz nicht überzeugen.

Wiederum sagte der Satan zu mir: »Wie könnte ichnicht? Ich habe die meisten Menschen getäuscht und vie-le berühmte Denker unter ihnen dazu gebracht, den Qur’-an und auch Mohammed zu verleugnen.«

Antwort:

Erstens: Betrachtet man etwas aus großer Entfernung,so sieht das größte Ding so aus wie das kleinste Ding. Ei-nen Stern kann man eine bloße Kerze nennen.

Zweitens: Betrachtet man etwas mit einem nur ober-flächlichen und beiläufigen Blick, so erscheint ein ganzunmögliches Ding als möglich. So betrachtete einmal einalter Mann im Ramadan den Himmel, um den Mond zusehen. Da geriet ihm ein weißes Haar vor das Auge. Weiler jedoch ganz und gar damit beschäftigt war, nach demMond Ausschau zu halten und deswegen das Haar nur inder Folge, im Nachhinein, in zweiter Hinsicht wahrnahm,

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hielt er das Unmögliche für möglich. Drittens: Nichtannahme ist eine Sache und Verneinung

eine andere. Nichtannahme ist eine Gleichgültigkeit, einAugenschließen und eine Urteilsunfähigkeit aus Unwis-senheit. Auf diese Weise bleibt ihm die Unmöglichkeit vie-ler Dinge verborgen. Sein Verstand beschäftigt sich nichtdamit. Was aber seine Leugnung betrifft, so handelt essich dabei nicht darum, zu bestreiten, dass etwas da ist,sondern um die Annahme, dass etwas nicht da ist. Es istein Urteil. Um dieses muss sich sein Verstand bemühen.In dieser Lage beraubt ihn solch ein Teufel wie du seinesVerstandes. Danach flößt er ihm seine Leugnung ein.Wohlan denn, oh du Satan! Du hast durch Gottverges-senheit, Irrglaube, Spitzfindigkeit, Eigensinn, Missdeu-tung, Stolz, Betrug, Verfall der guten Sitten und noch an-dere teuflische Listen und Ränke, die Falschheit alsWahrheit, Unmöglichkeit als Möglichkeit erscheinen las-sen, diesen Tieren in der Gestalt unglückseliger Men-schen Leugnung und Unglaube, die viele Unmöglichkei-ten zur Folge haben, eingeflößt.

Viertens: Des Weiteren wäre es notwendig, wollte mansich den Qur’an als das Wort eines Menschen vorstellen,sich dieses Buch, das die Theologen, die Gelehrten unddie Pole unter den Heiligen, die in der Welt der Menschenglänzen wie die Sterne am Himmel, sich klarsichtig zu ei-ner Art Führer erwählt haben, das offensichtlich und fort-während alle vollendeten Persönlichkeiten mit ihren ver-schiedenen Charakteren Recht und Gerechtigkeit, Wahr-heit und Wahrhaftigkeit, Sicherheit und Geborgenheitlehrt, durch das die Glückseligkeit in beiden Welten, wiesie auf den Grundpfeilern der Glaubenswahrheiten undden Pfeilern der Lehren des Islam ruht, vermittelt wird,das durch seine Wirkung, wie sie oben angeführt ist undbezeugt wurde, notwendigerweise Recht ist, reine undlautere Wahrheit ist, ganz und gar richtig und vollkommenzuverlässig, als Träger des Gegenteils seiner eigenen Ei-genschaften, Wirkungen und lichtvollen Ausstrahlung vor-

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der Analyse ergibt, sagen:Oh du Satan und ihr Satansschüler! Der Qur’an ist ent-

weder Gottes Wort, das von Seinem gewaltigen Thronund Seinem gewaltigen Namen her gekommen ist, oderaber, Gott bewahre! Das ist keineswegs so! Möge Er esmir hunderttausendmal verzeihen! die betrügerische Er-dichtung und Erfindung eines glaubenslosen Menschen,der auf Erden Gott nicht kennt und Gott nicht fürchtet.Dies aber oh du Satan, konntest du wegen der obigenBeweise nicht sagen, kannst es nicht sagen und wirst esnicht sagen können. Da dies aber so ist, ist der Qur’anzwangsläufig und ohne allen Zweifel das Wort desSchöpfers aller Welten, denn ein Mittelding gibt es nicht,kann es nicht geben und ist auch unmöglich. Dies habenwir deutlich genug bewiesen. Das hast auch du gesehenund hast es gehört.

In gleicher Weise ist Mohammed, mit dem Friede undSegen sei, entweder der Gesandte Gottes, der vollkom-menste unter allen Propheten und der gesegneteste un-ter allen Geschöpfen, oder aber man müsste ihn sich alseinen Menschen vorstellen, der, Gott bewahre! Möge Eres mir hunderttausendmal verzeihen! weil er Gott fälsch-licher Weise bezichtigte, Ihn gar nicht kannte und nichtsvon Ihm wusste, an Seine Strafe nicht glaubte, als einGlaubensloser auf die Stufe eines Niedrigsten aller Nie-drigen herabstürzte*. Und dies, oh Teufel und ihr Philoso-phen Europas und Heuchler Asiens, die ihr seine Ver-trauten seid! Ihr könnt das nicht sagen, nie gesagt haben,werdet es nicht sagen und nie sagen können. Denn in

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* Da nun einmal der Weise Qur’an die Glaubenslosigkeiten derUngläubigen und ihre grobschlächtigen Ausdrücke zitiert, umsie zu widerlegen, habe auch ich mich dazu gezwungen gese-hen, zitternd diese Ausdrücke in Form einer unmöglichenAnnahme zu verwenden, um die ganz und gar unmöglichenGedanken der Ungläubigen und Irregeleiteten aufzuzeigen unddarauf hinzuweisen, wie sie so ganz und gar hohl und wurmsti-chig sind.

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dieser Welt gibt es niemanden, der von einem solchenFall hören will und so etwas akzeptieren könnte. Des-wegen sagen selbst die schärfsten Gegner, Kritiker,Leugner und Zyniker unter den Philosophen, auf die duvertraust: »Mohammed der Araber, mit dem der Friedesei, war ein überaus kluger Mensch. Er war von einerganz besonderen, edlen Wesensart.«

Da es nun bei diesem Problem nur zwei mögliche Lö-sungen gibt und da nun einmal die zweite Lösung nichtmöglich ist und niemand für diese eintreten will, und danun einmal der Beweis dafür schon mit unwiderlegbarenZeugnissen erbracht worden ist, dass es eine Mittellö-sung nicht gibt, ist Mohammed der Araber, mit dem derFriede sei, zwangsläufig dir und deinen Teufelsgenossenzum Trotz ganz offensichtlich und mit der Sicherheit eige-ner Erfahrung der Botschafter Gottes und der edelste un-ter allen Seinen Gesandten. Er ist das vornehmste unterallen Seinen Geschöpfen.

»Mit ihm seien der Friede und so viele Segnungen wie es Engel, Men-schen und Dschinnen gibt.«

Ein zweiter kleiner Einwand des Satans

»Kein Wort äußert er, ohne dass jemand die Aufsicht darüber führte.Doch die Stunde des Todes wird ihm die Wahrheit vor Augen führen.Das ist es, wovor du zeitlebens ausgewichen bist. Und die Trompetewird geblasen; das ist der angedrohte Tag. Und jede Seele wird kom-men und mit ihr ein Fährmann und ein Zeuge. Du hast dich fürwahr nichtdarum bekümmert. Doch nun haben wir dir die Binde abgenommen und

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nun siehst du heute scharf. Dann sagte sein Gefährte: ›Hier ist nun das,was mir bereit gehalten ist!‹ Werft, werft in die Hölle jeden widerspen-stigen Ungläubigen!« (Sure 50, 18-24)

Während ich diese Ayat der Sura Qaf rezitierte, sagte derSatan: »Ihr glaubt, dass die allgemeine Verständlichkeitdes Qur’an in seinem klaren und flüssigen Stil läge. Aberwas springt er doch in diesem Qur’anvers von einemGegenstand zum anderen! Vom Todeskampf springt erzur Auferstehung über. Vom Ertönen der Posaune leitet erzum Ende des Verfahrens über. Danach erwähnt er dieEinfahrt zur Hölle. Wo bleibt bei dieser sprunghaften Er-zählweise noch die Flüssigkeit des Stils? Der Qur’an ver-einigt an den meisten Stellen solche weit voneinanderentfernt liegenden Themen. Wo bleibt bei einer solchenunzusammenhängenden Formgebung noch der klare undflüssige Stil?«

Antwort: Unter den wichtigsten Wundern, wie sie fürden Qur’an kennzeichnend sind, der in seiner Verkündi-gung selbst ein Wunder ist, findet sich seine Prägnanzund nach ihr seine Kürze. Kürze, das ist: Für das Wunderdes Qur’an ein unumstößliches, unverwechselbaresKennzeichen von ganz besonderer Bedeutung. DiesesWunder an Kürze ist im Weisen Qur’an so vielfältig undvon einer solchen Schönheit, dass Wissenschaftler undForscher darüber in Erstaunen geraten. Zum Beispiel:

»Dann erging das Wort: Erde, verschlinge dein Wasser! Himmel, haltein! Und das Wasser verschwand, und die Angelegenheit war zu Ende.Die Arche setzte am Berge Djudi auf. Es wurde gesagt: Die Ferne seimit dem Volk der Frevler!« (Sure 11, 44)

Hier wird die ganze, lange Geschichte der Flut und ihrerAuswirkungen in wenigen Sätzen so konzentriert und sowundervoll erzählt, dass sich viele Literaturkenner wegeneiner solchen Kürze und Prägnanz in Verehrung nieder-warfen.

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Ein anderes Beispiel:

»Das Volk Thamud leugnete in seiner Widersetzlichkeit, als der Gemei-ne aufstand. Und es sagte zu ihnen der Gesandte Gottes: Die Kamel-stute Gottes lasst trinken. Sie aber beschuldigten ihn und lähmten sie.Doch da kam ihr Herr in Seinem Zorn über sie und machte alles eben.Und Er fürchtete nicht die Folgen.« (Sure 91, 11-15)

Auf diese Weise also werden hier die bemerkenswertenund bedeutsamen Ereignisse, ihre Folgen und das böseEnde in wenigen Sätzen in wunderbarer Kürze klar undflüssig berichtet, ohne dass das Verständnis darunter lei-det.

Noch ein weiteres Beispiel:

»Und gedenke Dhulnuns (wörtl. Fischmann, gemeint ist der ProphetJonas), wie er im Zorn wegging und meinte, Wir hätten keine Gewaltüber ihn. Er aber schrie aus der Dunkelheit (Bauch des Wals). Es gibtkeinen Gott außer dir. Gepriesen seiest Du. Ich war in der Tat einer derÜbeltäter.« (Sure 21, 87)

Wie viele Sätze sind doch zwischen

»…Wir hätten keine Gewalt über ihn.«

und

»Er aber schrie aus der Dunkelheit.«

ausgelassen worden! Was aber die nicht angeführtenSätze betrifft, so beeinträchtigen sie das Verständnis

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nicht. Sie schaden dem Ablauf nicht. In der Erzählung vonHasret Yunus sind die wichtigen und wesentlichen Dingeerwähnt. Alles Weitere bleibt der Phantasie überlassen.

In gleicher Weise sind einige sieben oder acht Sätzezwischen

»Sende mich!« (Sure 12, 45)

und

»Oh Yusuf, du Wahrhaftiger!« (Sure 12, 46)

in der Sura Yusuf um der Kürze willen übersprungen wor-den. Das Verständnis wurde dadurch in nichts beein-trächtigt. Dem Ablauf hat es nicht geschadet. Eine derartwunderbare Prägnanz findet sich im Qur’an sehr häufig.Sie ist auch sehr schön.

Was aber die Ayat in der Sura Qaf betrifft, so sind die-se von einer einzigartigen und bezaubernden Prägnanz.Denn sie legen den Finger auf eine Zukunft, in der für dieUngläubigen ein Tag gleich fünfzigtausend ganz entsetz-liche und furchtbar lange Jahre sein werden und nach-einander auf die bedeutenden, schmerzhaften Ereig-nisse, die in schrecklichen Revolutionen über den Häup-tern der Ungläubigen hereinbrechen werden. Sie lassenunsere Vorstellung blitzschnell über sie hinwegeilen. Sieführen uns diese so sehr lange Zeit, wie auf einem BogenPapier gemalt, vor Augen. Die Ereignisse werden, unterNichterwähnung des der Phantasie überlassenen, in ei-ner hohen und flüssigen Ausdrucksweise erzählt.

»Wenn der Qur’an gelesen wird, höret ruhig und aufmerksam zu,sodass ihr Barmherzigkeit erlangen möget!« (Sure 7, 204)

Wohlan nun, oh du Satan! Sprich, wenn du noch etwas zusagen hast!

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Und der Teufel sagte: »Ich kann nicht dagegen ankom-men. Ich kann nichts mehr zu meiner Verteidigung anfüh-ren. Doch gibt es noch viele Dumme, die mir zuhören undviele Teufel in Menschengestalt, die mir helfen und vielePharaonenstolze unter den Philosophen, die in diesenFragen von mir Unterricht erhalten, der ihrer Ichsuchtschmeichelt. Sie werden die Verbreitung von solchenWorten wie den deinen verhindern. Deshalb strecke ichvor dir nicht die Waffen.«

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)

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Zweites Kapitel

Dieses Kapitel wurde auf Grund des Erstau-nens derer geschrieben, die mir ständig zuDienst sind und sich über mein so seltsamwidersprüchliches Verhalten (wunderten) undum die über die Maßen gute Meinung wiederzurechtzurücken, die zwei meiner Schülerüber mich (hatten).

Ich sehe, dass einige so vollkommene Dinge, die eigent-lich den Wahrheiten des Allweisen Qur’an entstammen,dem Überbringer zugeschrieben werden, der diese Wahr-heiten verkündigt. Und das ist falsch. Denn die Heiligkeitder Quelle erweist sich als ebenso kraftvoll wie viele Be-weise, wodurch ein Urteil für die Allgemeinheit annehm-bar wird. Wann immer der Verkünder oder Anwalt sie inden Schatten stellt, das heißt, sich selbst in den Mittel-punkt rückt, geht die Wirksamkeit der Heiligkeit der Quel-le verloren. Es ist auf Grund dieses Geheimnisses, dassich meinen Brüdern, die mir weit mehr Aufmerksamkeitzuwenden, als mir zukommt, eine Wahrheit erklärenmöchte. Es ist dies wie folgt.

Ein Mensch kann verschiedene Persönlichkeiten ver-körpern. Diese Persönlichkeiten können ganz verschie-dene Charaktere darstellen. Zum Beispiel: ein hoher Be-amter trägt in seiner Amtsstube eine Persönlichkeit, dieWürde (vakar) erfordert. Seine Haltung erfordert es vonihm, die Ehre seines Amtes zu wahren. Zum Beispiel:Wollte er sich seinen Besuchern gegenüber bescheidenzeigen, so wäre das eine Herabwürdigung seines Amtes.Doch wird in seinem eigenen Hause von seiner Persön-lichkeit erwartet, dass diese entgegen seiner Amtspersonandere Verhaltensweisen zeigt und es wäre gut für ihn, jebescheidener er ist. Zeigte er hier etwas von seiner Wür-de (vakar), so wäre es Stolz. u.dgl… Das heißt, dass einMensch im Verhältnis zu seinen Aufgaben eine Persön-lichkeit hat, die seiner wahren Persönlichkeit in vielen

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Punkten widerspricht. Wenn der Herr seiner Aufgabewahrhaft würdig ist und sie vollkommen auszufüllen ver-mag, kommen diese zwei Persönlichkeiten einander nä-her. Wenn er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist, z.B. eineinfacher Soldat auf den Posten eines Marschalls erho-ben wird, so klaffen diese beiden Persönlichkeiten weitauseinander. Die Persönlichkeit eines einfachen Soldatenmit ihren bescheidenen, untergeordneten Eigenschaftenist unvereinbar mit der Persönlichkeit eines Marschallsund dem hohen und edlen Charakter, den sein Stand(makam) erfordert.

So gibt es denn in diesem euren niederen Bruder dreiPersönlichkeiten. Sie sind voneinander weit entfernt, ja inder Tat wirklich sehr weit voneinander entfernt.

Die erste Person: In Anbetracht dessen, dass ich derVerkünder jenes erhabenen Schatzes bin, welcher derQur’an ist, ist mir vorübergehend eine Persönlichkeit zuEigen, die ganz allein dem Qur’an gehört. Der hoch erha-bene Charakter, der von einer solchen Stellung eines Ver-künders verlangt wird, ist nicht mein Charakter; ich besit-ze ihn nicht. Vielmehr ist es ein Charakter, den diese Stel-lung, diese Aufgabe erfordert. Was immer von dieser Artihr in mir sehen mögt, gehört nicht mir. So betrachtet michdenn nicht in diesem Zusammenhang. Es gehört zu mei-nem Stand (makam).

Die zweite Person: Zur Gebetszeit wird mir durch dieGüte (ihsan) Gottes des Gerechten für die Zeit, die ichmich der Schwelle Gottes zuwende, eine Person gege-ben, eine Persönlichkeit, die gewisse Kennzeichen trägt.Diese Persönlichkeit erwächst aus dem, was die We-senselemente des Dienstes und der Anbetung sind: »Sei-ne Fehler kennen, seine Schwäche und Armseligkeit ver-stehen, in seiner Niedrigkeit an der Schwelle Gottes Zu-flucht suchen.« Mit Hilfe dieser (zweiten) Person erkenneich mich selbst mehr als jeder andere als niedrig,schwach, armselig und fehlerhaft. Sollte auch die ganzeWelt mich feiern und lobpreisen, sie könnten mich nicht

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davon überzeugen, dass ich ein guter und vollkommener(Mensch) bin.

Die dritte Person: Dies ist meine wahre Persönlichkeit,d.h. die Persönlichkeit des Alten abgetakelten Said, alsoeinige Adern aus dem Erbe des Alten Said. Der neigtmanchmal zur Heuchelei und Geltungssucht. Und weil ichauch nicht aus vornehmem Hause stamme, so kann manbisweilen niedere Charakterzüge, wie eine Neigung zurSparsamkeit bis zum Geiz, beobachten.

Meine Brüder! Ich möchte euch nun nicht ganz vertrei-ben, wenn ich euch noch alle meine verborgenen Fehlerund Schlechtigkeiten beschreibe.

Und da ich also nun nicht so begabt bin wie meine Brü-der und auch keinen hohen Rang (makam) bekleide, soist denn diese (dritte) Person sehr weit davon entfernt,den Charakter und die Merkmale zu zeigen, die bei einemVerkünder oder im Dienst und in der Anbetung Gottes (er-wartet werden).

Des Weiteren hat Gott der Gerechte nach dem Grund-satz

»Wo Gott geben will, ist keine Fähigkeit eine Bedingung.«

in Seinem Erbarmen Seine Macht (qudret) über mir in derWeise gezeigt, dass er diese meine Persönlichkeit wieden niedersten einfachen Soldaten in den Dienst an denGeheimnissen des Qur’an gestellt hat wie auf den höchs-ten Platz (makam), einem Marschall entsprechend.

Hunderttausendmal Dank!…Die Seele (nefs) ist niederer als alles, die Aufgabe ist

höher als alles…

»Lob und Dank sei Gott! Dies ist von der Güte (fadl) meines Herrn.«

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Drittes Kapitel

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Oh ihr Men-schen! Wir haben euch aus einem männlichen und einem weiblichen(Wesen) erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damitihr euch kennen lernt.« (Sure 49, 13)

das heißt:

»Ich habe euch als Völker, Stämme und Nationen erschaffen, damit ihreuch untereinander und eure Beziehungen zueinander im sozialenLeben kennenl ernen und einander helfen sollt. Ich habe euch nicht zuverschiedenen Völkerstämmen erschaffen, damit ihr einander alsFremdlinge betrachten und verleugnen und einander in Feindschaft undals Gegner behandeln sollt.«

Dieses Kapitel enthält »Sieben Themen«.Erstes Thema: Da die erhabene Wahrheit, welche in

den obigen Versen zum Ausdruck kommt, sich mit demsozialen Leben beschäftigt, war ich dazu gezwungen, ihrnicht mit den Worten des Neuen Said Ausdruck zu verlei-hen, der sich doch aus dem öffentlichen Leben zurückge-zogen hat, sondern sie mit den Worten des Alten Said zubeschreiben, der noch mit dem islamischen Gemein-schaftsleben verbunden war, in der Absicht, dem doch soruhmreichen Qur’an einen Dienst zu erweisen und zu-gleich mit dem Gedanken, ihm eine Schutzmauer gegendie ungerechten Angriffe zu errichten.

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Zweites Thema: Um den Grundsatz eines »gegenseiti-gen sich Kennenlernens und einander Helfens« zu erläu-tern, auf den diese Ayah verweist, sagen wir: Eine Armeeunterteilt sich in Divisionen, eine Division in Regimenter,ein Regiment in Bataillone und Kompanien und dann inZüge, sodass jeder einfache Soldat seine verschiedenenund vielfältigen Rangordnungen kennen möge und wis-sen, welches die diesen Rangordnungen entsprechendenFunktionen sind… sodass die Offiziere je nach Rang undStellung dem Grundsatz gegenseitiger Hilfeleistung ent-sprechend ihre alles umfassende Aufgabe versehen kön-nen und so ihr Leben in der Gemeinschaft vor den An-griffen des Feindes geschützt sein möge. Denn anderen-falls käme es zu Zerwürfnissen und Spaltungen. Die eineKompanie würde gegen eine andere Kompanie streiten;das eine Bataillon wäre mit einem anderen verfeindet;und das eine Regiment würde gegen ein anderes Regi-ment zu Felde ziehen. In der selben Weise gleicht die is-lamische Gesellschaft insgesamt einer riesigen Armee,die in verschiedene Stämme und Völker unterteilt ist. Unddoch gibt es in ihr tausende und abermals noch einen ei-nigende Aspekte. Ihr Schöpfer ist eins. Ihr Versorger isteins. Ihr Prophet ist eins. Ihre Gebetsrichtung ist eins. IhrBuch ist eins. Das (jeweilige) Land (in dem sie miteinan-der leben) ist eins. Tausend Male eins. So viele MaleEinssein verlangt nach Brüderlichkeit, Liebe, Einheit. Dasheißt, die Unterteilung in Völker und Stämme, wie sie inder Ayah erklärt wird, sollte dem gegenseitigen Kennen-lernen und einander Helfen dienen und nicht dazu, (dieseVerschiedenheit) einander abzustreiten, und nicht dazu,einander Feindschaft entgegenzubringen!…

Drittes Thema: Der nationale Gedanke hat sich in die-sem Jahrhundert weit verbreitet. Besonders die DespotenEuropas mit ihren Intrigen erwecken (diesen Gedanken)in der islamischen (Welt) in seiner negativen (nationalisti-schen) Form, sodass sie (diese Länder) spalten und (ih-ren Imperien) einverleiben können.

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Ferner liegt im Nationalismus ein gewisser Reiz für dieSeele (nefs), ein gottvergessenes Vergnügen, eine un-heilvolle Macht (quvvet). Daher kann man in dieser Zeitdenen, die sich mit dem gesellschaftlichen Leben be-schäftigen, nicht sagen: »Lasst diesen nationalistischenGedanken fahren!« Doch der nationale Gedanke hat sei-ne zwei Seiten (im Gefolge). Der eine ist negativ, unheil-voll, schädlich und ernährt sich dadurch, dass er den an-deren verschlingt; besteht fort in der Aggression gegenden anderen; liegt immer auf der Lauer und ist ständig aufdem Sprung. Darin liegt der Grund zu Streit und Hass.Deshalb heißt es in einem ehrwürdigen Hadith

»Der Islam hat den Nationalismus der Vorzeit (Djahiliyya) abgeschafft.«

Und der Qur’an bestimmt:

»Damals, als die Ungläubigen es zuließen, dass ihre Herzen die Flam-me des Nationalismus der Vorzeit erfüllte, worauf Gott Seine Ruhe aufden Propheten und die Gläubigen herabsandte und sie auf das Wort derGottesfurcht verpflichtete. Und sie waren dazu die geeigneten Leute.Und Gott kennt alle Dinge.«

So weisen denn diese ehrwürdige Hadith und diese eh-renwerte Ayah den schlechten Rassismus und Nationa-lismus kategorisch zurück. Denn der gute und heilige Ge-danke einer islamischen Nation lässt dafür keine Not-wendigkeit über. Und welches Volk gäbe es denn, dasdreihundertundfünzig Millionen Mitglieder zählte? Undwas für ein Rassismus könnte seinen Anhängern so vieleBrüder – und noch dazu Brüder für Zeit und Ewigkeit! –bescheren wie der Islam? Und dabei hat noch der Ge-

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danke des Nationalismus in der Geschichte sehr viel Un-heil angerichtet.

Zum Beispiel: Die Omayyaden beleidigten die islami-sche Welt, indem sie nationalistische Gedanken mit ihrerPolitik vermischten und zogen dadurch zugleich sehr vielUnheil auf sich herab. So hat sich auch unter den VölkernEuropas der Rassismus sehr weit verbreitet und dadurchhat sich neben der so unheilvollen ewigen Feindschaftzwischen Franzosen und Deutschen in den fürchterlichenEreignissen während des Weltkrieges gezeigt, welch einezerstörerische (Wirkung) der Nationalismus über dieMenschheit gebracht hat. Zudem wurden auch hier beiuns zu Beginn der Freiheit (also der zweiten Verfassungseit 1908 – A.d.Ü.) – wie in der Zeit der Zerstörung desTurms von Babel die »Verästelung der Völker«, die auchals die Babylonische Sprachverwirrung bezeichnet wirdund durch welche Verästelung sie dann (in alle Welt) zer-streut wurden – aus nationalistischen Gedanken herausvor allem bei den Griechen und Armeniern sehr vieleFlüchtlingsorganisationen, sogenannte »Clubs« gebildet,welche dann ihrerseits wieder eine Spaltung der Herzenherbeiführten. Und von da an bis heute hat der Zustandderer, die den Fremdlingen auf den Leim gekrochen wa-ren und verloren gegangen sind, gezeigt, welche Zerstö-rungen der Nationalismus angerichtet hat.

Heute, wo die Völker und Stämme der islamischen Welteinander am meisten brauchen und eines noch mehrunterdrückt ist als das andere, noch ärmer ist als das an-dere und unter der Fremdherrschaft zu leiden hat, einan-der unter nationalistischen Gedanken als Ausländer an-zusehen und einander als Feinde zu betrachten, ist einesolche Katastrophe, wie sie gar nicht beschrieben werdenkann. Wollte jemand, weil er nicht von einer Mücke ge-stochen werden will, einer gefährlichen Schlange denRücken kehren, um sich gegen einen Mückenstich zurWehr zu setzen, so wäre das der gleiche Wahnsinn wie,der Idee des Rassismus entsprechend, den Staaten Eu-

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ropas, riesenhaften Drachen vergleichbar, keine Auf-merksamkeit schenken zu wollen, zu einer Zeit, wo diesein ihrer unersättlichen Gier ihre Krallen öffnen, ja sogar ih-nen auch noch zu helfen, und dabei den Mitbürgern inden östlichen Provinzen, oder den Glaubensbrüdern imSüden gegenüber Feindschaft zu nähren und Front ge-gen sie zu machen, verursacht einen Schaden bis hin zurVernichtung. Grundsätzlich gibt es unter denen dort imSüden keinen Feind, gegen den wir Front machen müss-ten. Was aus dem Süden zu uns gelangt ist, sind dieStrahlen des Qur’an. Zu uns gekommen ist das Licht desIslam. Es ist in uns und findet sich überall.

Was also die Feindschaft gegen unsere Glaubensbrü-der betrifft, berührt den Islam und damit indirekt auch denQur’an. Eine Feindschaft gegenüber Islam und Qur’an isteine Art Feindschaft gegenüber dem Leben in dieser Weltund gegenüber dem Leben in jener Welt aller unserer Mit-bürger. Zu behaupten, man wolle als guter Patriot demgesellschaftlichen Leben dienen und dabei doch die bei-den Fundamente des Lebens zu zerstören, ist kein Pa-triotismus sondern eine Idiotie!…

Viertes Thema: Positiver Nationalismus erwächst auseinem inneren Bedürfnis nach sozialem Leben und ist derGrund für eine stillschweigende Hilfeleistung und Solida-rität, stellt eine wohltuende Macht (quvvet) sicher und istein Mittel zu einer weiteren Stärkung islamischer Bruder-schaft.

Diese positive nationale Gesinnung muss dem Islamdienen, seine Festung sein, seine Panzerwehr sein, darfnicht seine Stelle einnehmen. Denn es gibt da innerhalbder islamischen Bruderschaft noch eine tausendfacheBruderschaft. In der bleibenden Welt und in der Welt desZwischenreiches (berzah) bleibt diese Bruderschaftweiterhin bestehen. Doch wie stark auch immer eine Bru-derschaft in nationalem Sinne sein mag, sie kann immernur eine Art Umkleidung für sie sein. Doch sie an ihrerStelle aufzurichten, käme einem törichten Verbrechen

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gleich, als wollte man mit den Steinen einer Burg die Ju-welen aus dem Schatz dieser Burg ersetzen und stattdessen die Juwelen fortwerfen.

Wohlan denn, ihr Kinder dieses Landes, die ihr dochdas Volk des Qur’an seid! Als Bannerträger des Ehrwür-digen Qur’an habt ihr nicht sechshundert Jahre, nein tau-send Jahre, seit der Zeit der Abbassiden, die ganze Weltherausgefordert und den Qur’an bekannt gemacht. Ihrhabt eure Nation (milliyet) zu einer Burg für den Qur’anund den Islam (Islamiyet) gemacht. Ihr habt das ganzeDiesseits zum Schweigen gebracht und alle die furchtba-ren Angriffe zurückgeschlagen.

»Gott wird ein Volk hervorbringen und es lieben und es wird Ihn lieben.Sie werden auf Gottes Wegen streiten, bescheiden gegenüber denGläubigen, kraftvoll gegenüber den Ungläubigen.« (Sure 5, 54)

Diese Ayah habt ihr aufs Beste bestätigt. Nun solltet ihreuch davor hüten, ja geradezu fürchten, den Ränkespie-len der Europäer und aller fränkisch gesinnten Heuchlerzu folgen, dadurch dass ihr diese oben zitierte Ayah be-stätigt!…

Hier noch ein bemerkenswerter Umstand: Obwohl dasVolk der Türken unter den islamischen Völkern das amweitesten (d.h. über halb Asien – A.d.Ü.) verbreitete ist,sind doch Türken an allen Enden der Erde Muslime. Siesind nicht so wie die anderen Völker in Muslime undNichtmuslime unterschieden und aufgeteilt in zwei Grup-pen. Wo immer ein türkischer Volksstamm lebt, sind esMuslime. Türken, die aus der islamischen Gemeinschaftausgetreten oder nicht Muslime geworden sind, sind da-mit gleichzeitig auch aus der Gemeinschaft der Turkvöl-ker ausgeschieden, wie z.B. die Ungarn. Dabei lebendoch selbst unter den kleinen Volksgemeinschaften Mus-

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lime und Nichtmuslime.

Oh mein türkischer Bruder! Achte ganz besonders dar-auf! Bei dir sind Milliyet und Islamiyet eine Einheit mitein-ander eingegangen und können nicht mehr voneinandergetrennt werden. Willst du sie voneinander trennen, gehstdu unter! Alle deine ruhmreichen Taten sind in das Buchdieser Islamiyet eingegangen. Obwohl diese ruhmreichenTaten durch keine Macht der Welt ausgelöscht werdenkönnen, sollst du sie doch auch nicht durch die Listen und

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Regierung lehren werden. Was aber ihre (alte) Philoso-phie und Weisheit betrifft, so sollen sie dem Glauben unddem Herzen helfen und nicht sie ersetzen.

Zweitens: Den islamischen Glauben mit dem christ-lichen Glauben zu vergleichen und dann ebenfalls demGlauben gegenüber abständig zu werden, so wie das inEuropa bereits geschehen, ist ein sehr großer Fehler.Denn Europa hat zunächst einmal seine beherrschendeReligion. So zeigen vor allem die Großen Europas wieWilson, Lord George oder Veniselos, (in deren Leben) dieReligion eine ebenso beherrschende Rolle spielt wie beiihren Priestern: Europa hat seine beherrschende Religionund praktiziert sie auch in gewisser Weise.

Drittens: Ein Vergleich zwischen dem muslimischenGlauben und dem christlichen ist ein unpassender Ver-gleich. Dieser Vergleich ist einfach falsch. Denn zu einerZeit, in der Europa noch zutiefst religiös war, da kannte esnoch kaum eine Zivilisation. Erst nach (der Reformationund) dem Bruch mit dem (katholischen) Glauben beganndie (moderne) Zivilisation.

Überdies verursachte der Glaube (von der Reformation1517 bis zur Revolution 1789 – A.d.Ü.) jahrhundertelangeKämpfe zwischen (den Nationen). Er wurde zu einemMittel in der Hand der ungerechten Tyrannen, welche dieUngebildeten, die Armen wie die Gebildeten (in gleicherWeise) unterdrückten, woraus bei ihnen allen vorüberge-hend ein Unwille gegenüber dem Glauben erwuchs. Wasaber den Islam betrifft, so bezeugt die Geschichte, dasser außer einer einmaligen (bewaffneten) Auseinanderset-zung niemals Ursache (eines Krieges zwischen islami-schen Nationen) war. Wann immer also das islamischeVolk ernsthaft seinem Glauben anhing, machte es auchdementsprechend große (zivilisatorische) Fortschritte.Dafür ist der größte Lehrer Europas, der islamische Staatin Andalusien Zeuge.

Und wann immer die islamische Gemeinde in einen Zu-

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stand der Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Glauben ver-fiel, so stürzte sie auch in einen Zustand des Elends unddes Verfalls.

Zudem hat der Islam durch die Verpflichtung zum Sekatund das Zinsverbot und tausender ähnlicher Gebote derBarmherzigkeit (shefqat) die Armen und Ungebildeten be-schützt.

»Haben sie denn keinen Verstand?« (Sure 36, 68) »Wollen sie dennnicht nachdenken?« (Sure 6, 50) »Wollen sie denn nicht aufmerken?«(Sure 4, 82)

Mit diesen und ähnlichen Worten ruft (der Qur’an) Ver-stand und Wissenschaft als Zeugen an, ermahnt (dieGläubigen), beschützt ihre Wissenschaftler. Auf dieseWeise war der Islam stets eine feste Burg und ein Zu-fluchtsort für die Armen und (zugleich auch Hort der Bil-dung für die) Leute der Wissenschaft. Darum gibt es auchkeinen Grund zum Unmut gegenüber dem Islam. DieWeisheit und der Grund dafür, dass das Christentum undalle anderen Religionen sich vom Islam unterscheiden, istfolgender:

Die Basis des Islam ist die lautere Einheit Gottes (Tau-hid). Er spricht den Mitteln und Ursachen keine tatsächli-che Wirkung zu, spricht ihnen hinsichtlich Erschaffungund Rang (makam) keinen Wert zu. Was aber das Chris-tentum betrifft, so misst es den Ursachen und Wirkungeneinen Wert bei, weil es den Gedanken der Sohnschaft an-genommen hat. Es bricht nicht mit dem Egoismus. Es ist,als ob es einen Funken der Herrschaft Gottes seinen Gro-ßen und seinen Heiligen zuspräche. So bestätigen sie dieAyah:

»Sie haben ihre Gelehrten und ihre Mönche zu Herren an Gottes stattangenommen.« (Sure 9, 31)

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Aus diesem Grund haben sich die Christen, welche in ir-discher Hinsicht die höchsten Positionen einnehmen, ih-ren Stolz und ihren Egoismus bewahrt und können doch,wie der letzte amerikanische Präsident, Wilson, praktizie-rende Anhänger ihres Glaubens sein. Im Islam hingegen,der die Religion der lauteren Einheit Gottes (Tauhid) ist,müssen diejenigen, welche in irdischer Hinsicht eine ho-he Position einnehmen, entweder ihren Egoismus und ih-ren Stolz aufgeben, oder aber ihren Glauben wenigstensteilweise aufgeben. Aus diesem Grund bleibt ein Teil vonihnen gleichgültig oder verliert seinen Glauben.

Sechstes Thema: Zu denen, die in ihren üblen natio-nalistischen und rassistischen Gedanken jedes Maß ver-lieren, sagen wir:

Erstens: Unsere Erde und besonders dieses, unserLand, hat von alters her ganze Völkerwanderungen, Ver-treibungen und Flüchtlingsströme gesehen. Seitdem derSitz der islamischen Regierung in diesem Lande aufge-richtet worden ist, sind viele (Menschen) aus fremdenVölkern wie die Motten in unser Land eingefallen und ha-ben sich darin niedergelassen. Unter diesen Umständenkann man die verschiedenen Völker nur noch voneinan-der unterscheiden, wenn die Wohlverwahrte Tafel enthülltwird. Weil dies aber so ist, ist es nicht nur sinnlos, nein,geradezu gefährlich, auf dem Boden einer pur rassisti-schen Idee eine nationalistische Bewegung zu errichten.Aus diesem Grunde fühlte sich einer der Anführer dieserunseligen Rassisten und Nationalisten, einer, dem seineReligion gleichgültig geworden ist, dazu gezwungen, zusagen: »Wenn Glaube und Sprache eins sind, ist dasVolk eins.« Da dies aber so ist, muss man sich nicht umdie Reinerhaltung der Rasse kümmern, sondern um dasVerhältnis von Glaube, Sprache und Heimat. Wenn diesedrei eins sind, dann ist auch das Volk stark. Selbst wenneines von ihnen fehlt, bleibt dennoch die Nation per defi-nitionem gewahrt.

Zweitens: Wir wollen hier nun zwei Beispiele von Hun-

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derten von Vorzügen aufzeigen, wie das soziale Lebender Kinder dieses Landes (aus dieser Idee einer Zugehö-rigkeit) zum geheiligten Volk des Islam gewonnen hat:

Erstens: Was es dem islamischen Staat mit seinenzwanzig-dreißig Millionen (Bürgern) entgegen allen gro-ßen Staaten Europas ermöglichte, sein Leben und Da-sein zu bewahren, war folgender Gedanke, wie er dasHeer des Staates (beseelte) und der dem Qur’an ent-stammt: »Werde ich getötet, falle ich als ein Zeuge (She-hid) und habe ich getötet, (so kehre ich wieder heim) alsein Bekenner (Ghasi).« Im Feuer ihrer Liebe (ashk) undBegeisterung gingen sie dem Tod entgegen und lachtenihm ins Gesicht. Stets brachten sie Europa zum Zittern.Was in aller Welt könnte man der Seele (ruh) eines ein-fach denkenden Soldaten mit reinem Herzen als Grundfür eine so erhabene Opferbereitschaft anbieten? Was füreine Art Patriotismus könnte man an seine Stelle setzenund ihn so dazu bringen, sein Leben, alles, was er ist undhat, freiwillig zum Opfer zu bringen?

Zweitens: Wann immer der europäische Drache (dieGroßmächte) diesem islamischen Reich einen Schlagversetzte, schrien dreihundertfünfzig Millionen Muslimeauf und weinten. So haben denn die Kolonialherren, umihnen keine Schmerzen und Leiden zuzufügen, ihre Hän-de wieder zurückgezogen, ihre (bereits zum Schlag) er-hobene Hand wieder sinken lassen. Was für eine Kraft(quvvet) könnte man an die Stelle einer solchen inneren,beständigen, moralischen, doch in keiner Weise zu unter-schätzenden Kraft setzen? Sollen sie uns das doch ein-mal sehen lassen! Diese gewaltige innere moralischeKraft darf nicht durch einen üblen Nationalismus undselbstherrlichen Patriotismus beleidigt werden!

Siebentes Thema: Denen, die ihren üblen Nationa-lismus und ihre übertriebene Begeisterung für die Heimathervorkehren, möchte ich sagen:

Wenn ihr dieses Land wirklich liebt (shefqat) und euch

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so sehr dafür begeistern könnt, so soll euer Patriotismusin der Weise sein, dass eure Liebe der Mehrheit (seinerBewohner) gelten möge. Andernfalls ist ein Dienst, dersich einer Mehrheit gegenüber unbarmherzig (merhamet)verhält, um einer Minderheit, die gar kein Mitleid (shefqat)braucht, zu einem vorübergehenden Zusammenleben inGottvergessenheit (ghaflet) zu verhelfen, überhaupt garkein Patriotismus. Denn ein Patriotismus, der aus diesemunseligen rassistischen Gedankengut gespeist wird, kannvielleicht zwei unter acht (Gruppen) vorübergehend vonNutzen sein. Sie empfangen von diesen Patrioten jeneLiebe (shefqat), derer sie gar nicht würdig sind, währenddoch (die anderen sechs Gruppen), all die Alten, Siechenund Kranken, die Elenden und Unglückseligen, aber auchalle Kinder und alle die Gottesfürchtigen, die mit großemErnst an das Jenseits denken, nach dem Licht verlangen,dem Trost und der Liebe (sqhefqat) für das Leben imZwischenreich und im Jenseits, dem sie mehr als dem ir-dischen Leben zugewandt sind und einer gesegneten, zuOpfern bereiten Hand bedürfen. Was für eine vaterländi-sche Gesinnung könnte es erlauben, ihr Licht auszulö-schen und sie ihres Trostes zu berauben? Oh weh! Wo istdenn nun diese Liebe zur Nation? Wo bleibt hier die Op-ferbereitschaft zum Wohle des Volkes!

Die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit darf nicht ver-loren gehen. Denn Gott der Gerechte will inscha-a’llahdas ruhmreiche Heer und die machtvolle Gemeinde allder Leute dieses Landes, die Er seit Tausend Jahren inden Dienst am Qur’an gestellt und zu seinem Bannerträ-ger ernannt hat, infolge eines zeitlich begrenztenZwischenfalls nicht zu Grunde gehen lassen. Er wird die-ses Licht noch einmal wieder anzünden und sie ihre Auf-gabe fortsetzen lassen…

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Viertes Kapitel

Anmerkung: Die zehn Fragestellungen diesesVierten Kapitels sind in gleicher Weise nichtmiteinander verbunden wie auch die vierKapitel des Sechsundzwanzigsten Briefesnicht miteinander verbunden sind. Deshalbsollte man auch nicht nach einem Zusammen-hang suchen. Sie wurden aufgezeichnet, wiesie mir eingefallen sind und sind Teil eineswichtigen Briefes an einen meiner Schüler,Antwort auf fünf, sechs Fragen, die er mirgestellt hatte.

Erste Fragestellung

Zweitens: In deinem Brief erwähnst du, dass in den Er-klärungen und Auslegungen zu

»Herr der Welten« (Sure 1, 1)

von achtzehntausend Welten die Rede ist. Du fragst nachdem Sinn dieser Zahl.

Bruder, ich weiß im Augenblick auch nicht den Sinn die-ser Zahl. Doch so viel kann ich jetzt schon sagen: DieSätze des Weisen Qur’an sind nicht auf eine einzige Be-deutung beschränkt. Denn da er all die verschiedenenSchichten des Menschengeschlechts anspricht, gibt esfür eine jede dieser Schichten eine Art Ganzes, dass einesolche Bedeutung in sich enthält. Die Bedeutung, die je-weils ausgesprochen wird, ist Teil eines allgemein gülti-gen Gesetzes. Jeder Kommentator und jeder (Schrift-)gelehrte erwähnt jeweils nur einen Teil des Ganzen. Jenach Eingebung, Beweislage oder Schulung wählt er dieeine oder die andere Bedeutung aus. Auf diese Weise ge-

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langte denn auch die eine oder andere Gruppe zu derMeinung, die dieser Zahl entsprach.

Zum Beispiel reicht die individuelle Bedeutung der fol-genden Sätze

»Er ließ die beiden Meere strömen, dass sie einander treffen. Zwischenihnen ist eine Trennwand, die sie nicht überwinden können.« (Sure 55,19-20)

auf die die Freunde Gottes solchen Nachdruck legen, diesie in ihren Anrufungen so oft rezitieren (dhikr) undwiederholen, vom Meer der göttlichen Herrschaft unddem Meer des Dienstes und der Anbetung im Bereich desNotwendigen und im Bereich des Möglichen bis zu denMeeren des Diesseits und des Jenseits, den Meeren der(für uns) unsichtbaren und der (von uns) bezeugten Welt,den Ozeanen des Ostens und des Westens, des Nordensund des Südens, zum Adriatischen Meer und zum persi-schen Golf, zum Mittelmeer, dem Schwarzen Meer unddem Bosporus – woher die Fische stammen, die manBrassen nennt – zum Mittelmeer, dem Roten Meer unddem Suezkanal, zu den Seen mit süßem und salzigemWasser, zu den Seen über und unter der Erde mit süßemund verschiedenen anderen Gewässern, zu den Salz-seen und ganzen Seenlandschaften, bis zu den kleinenSeen, welche von den großen Strömen, wie dem Nil, oderEuphrat und Tigris gebildet werden, bis zu den großenMeeren, in die sie schließlich münden. All das kann wört-lich damit gemeint sein, oder sinnbildlich so zum Aus-druck gebracht werden.

In gleicher Weise umfasst auch (die Ayah)

»Lob und Preis sei Gott, dem Herrn der Welten« (Sure 1, 1)

sehr viele Wahrheiten. Leute geistiger Entdeckungen

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(keshf) und Kenner der Wahrheit erklären sie je nach ih-ren Entdeckungen ganz verschieden.

Ich selbst denke mir, dass es im Himmel Tausende vonWelten gibt. Unter seinen Sternen könnte so mancher ei-ne Welt für sich sein. Auch hier auf Erden kann eine jedeArt, unter allen, die erschaffen wurden, eine Welt für sichsein. Ja sogar jeder Mensch ist eine kleine Welt für sich.

Was den Ausdruck

»Herr der Welten« (Sure 1, 1)

betrifft, so bedeutet er, dass »eine jede Welt unmittelbardurch die Herrschaft Gottes des Gerechten regiert, ver-waltet und versorgt wird.«

Drittens: Der Ehrenwerte Gesandte Gottes, mit demFriede und Segen sei, sagte:

»Wenn Gott einem Volk Gutes erweisen will, lässt er es seine eigenenFehler erkennen.«

Und im Weisen Qur’an sagt der Ehrenwerte Jusuf, mitdem der Friede sei:

»Und nicht spreche ich meine Seele frei, denn wahrlich, die Seele ver-langt gierig nach dem Bösen.« (Sure 12, 53)

In der Tat ist, wer sich selbst gefällt und auf sich selbstvertraut, ein unglückseliger Mensch. Doch wer die Feh-lerhaftigkeit seiner Seele erkennt, ist ein glücklicherMensch. So gehörst du also zu den Glücklichen. Dochmanchmal geschieht es, dass die eigenwillige Seele sichin eine klagende Seele oder eine ruhige Seele verwan-delt, doch dabei Waffen und Ausrüstung an die Nervenweiter gibt. Diese Adern und Nerven aber setzen ihre Auf-

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gabe noch bis zum Ende des Lebens fort. Und obwohl dieeigenwillige Seele schon längst gestorben ist, bleiben ih-re Spuren dennoch weiterhin sichtbar. Es gibt große Hei-lige und Gelehrte, die sich über ihre eigenwillige Seelebeklagen, wo ihre Seele doch längst schon zur Ruhe ge-kommen war. Obwohl ihre Herzen längst von Ruhe undFrieden erfüllt waren, klagten sie noch immer über dieQual ihres Herzens. So handelt es sich also bei solchenPersönlichkeiten nicht um ihre eigenwillige Seele, son-dern um eine Funktion, welche diese eigenwillige Seeleauf die Nerven übertragen hat. Was die Krankheit selbstbetrifft, so befällt sie nicht das Herz, sie ist vielmehr eineQual in unserer Vorstellung. Was also, mein lieber Mit-bruder, dich angreift, ist – möge Gott es so wollen – nichtdeine Seele und die Qual deines Herzens, vielmehr – wiegesagt – ein Zustand (hal), der – um den Kampf fortzu-setzen – infolge der menschlichen Natur auf die Nervenübertragen wurde und die Ursache ständiger Weiterent-wicklung bildet.

Zweite Fragestellung

An verschiedenen Stellen der Risale-i Nur finden sichAntworten auf drei Fragen, die ein alter Hoca gestellt hat-te. Wir wollen nun hier einen kurz zusammengefasstenHinweis geben.

Er fragt: Muhyiddin Arabi schreibt in einem Brief anFachru-d’Din Rasi: »Gott zu kennen ist etwas anderes,als von Seinem Dasein zu wissen.« Was meint er damit?Was ist der Sinn seiner Frage?

Erstens: In der Einführung zum ZweiundzwanzigstenWort, die du ihm vorgelesen hast, verweisen Vergleicheund Beispiele für den Unterschied zwischen einer wahr-haftigen Erkenntnis der Einheit Gottes (Tauhid) und einernur scheinbaren Erkenntnis auf diesen Sinn, währenddas zweite und dritte Kapitel des Dreiunddreißigsten Wor-

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tes in den entsprechenden Abschnitten diesen Sinn nähererläutern.

Zweitens: Muhyi-d’Din Arabi, in dessen Augen die Er-läuterungen der führenden Gelehrten zu den Grundlagendes Glaubens und zur Theologischen Wissenschaft überdie Grundpfeiler des Glaubens, die Existenz des Notwen-dig-Seienden und die Einheit Gottes (Tauhid) als nichtausreichend erschienen, machte (diese Aussage) gegen-über Fahru-d’Din Rasi, einem der führenden Theologen.

Eine mit Hilfe der Theologie erworbene Gotteserkennt-nis verhilft in der Tat nicht zu einer vollkommenen Er-kenntnis und dem absoluten Bewusstsein göttlicherGegenwart. Wenn sie jedoch mit den Mitteln des Qur’anerfolgt, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist, so ver-mittelt sie sowohl eine vollkommene Kenntnis und bewirktzugleich auch das absolute Bewusstsein göttlicherGegenwart. Möge Gott es wollen, dass all die Abschnitteder Risale-i Nur als Positionslampen auf der leuchtendenStraße des Qur’an, dessen Verkündigung ein Wunder ist,dienen werden. Des Weiteren ist die Erkenntnis Gottes,die Fachru-d’Din Rasi mit Hilfe der Theologie erworbenhat, so mangelhaft sie in den Augen Muhyi-d’Din Arabisauch sein mochte, gegenüber der Erkenntnis Gottes, er-worben mit den Methoden der Sufis, in gleicher Weisemangelhaft, verglichen mit der Erkenntnis, wie sie durchdas Geheimnis des Erbes des Propheten unmittelbar ausdem Weisen Qur’an erlangt wird. Denn Muhyi-d’Din Ara-bi ging auf seinem Weg in gewisser Weise so weit, dasser, um die beständige Gegenwart Gottes zu gewinnen,sagte:

»Es gibt kein Sein außer Ihm.«

wobei er schließlich die Existenz des Weltalls leugnete.Und was (all die anderen Mystiker) betrifft, so gingenauch sie, in ihrem Bestreben, die beständige Gegenwart

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Gottes zu erlangen, in einer gewissen recht merkwürdi-gen Art so weit, zu sagen:

»Es gibt nichts (gar keine Welt, die wir bezeugen könnten) außer Ihm.«

wobei sie schließlich das Weltall unter einem Mantel völ-ligen Vergessens bedeckten. Was aber jene Erkenntnisbetrifft, die dem Weisen Qur’an entnommen wird, soschenkt sie eine immerwährende Gegenwart Gottes, oh-ne gleichzeitig das All zum Nichtsein zu verdammen,noch es in einer völligen Vergessenheit einzusperren.Vielmehr befreit sie (das All) aus seiner Herrenlosigkeitund nimmt es im Namen Gottes des Gerechten in seinenDienst. Alles wird zu einem Spiegel der Erkenntnis. Sowie Sa’adi Schirasi sagte:

»In den Augen eines wachen Menschen ist jedes Blatt ein Brief in derErkenntnis des Meisters.«

Mit jedem Ding öffnet sich ein Fenster zur Erkenntnis.In einigen der »Sözler« (Worte) haben wir die Unter-

schiede zwischen dem Weg der gelehrten Theologen undder dem Qur’an entnommenen wahren Hochstraße an-hand des folgenden Gleichnisses dargestellt. Beispiel:Wenn es darum geht, Wasser herbeizuschaffen, so gra-ben einige unter den Bergen und bringen so von weit ent-fernten Orten durch Leitungsrohre Wasser herbei. Ande-re graben überall einen Brunnen und schöpfen Wasser.Die erste Art ist mit vielen Mühen verbunden, mit Ver-stopfungen und mit Versickerungen. Diejenigen aber, dieüberall Brunnen zu graben und Wasser zu fördern wis-sen, können Wasser überall ohne Mühe herbeischaffen. In gleicher Weise schneiden die Theologen die Kette derUrsachen am Ende der Welt bei der Unmöglichkeit ihrerUmkehrung ab und beweisen damit das Sein dessen, der

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da notwendigerweise sein muss (Vadjib-ul-Vudjudun vu-djudunu). So folgen sie einem langen Weg. Was aber dieHochstraße des Weisen Qur’an betrifft, so findet undschöpft er Wasser überall. Jede seiner Ayat schlägt wieder Stab des Mosis überall und lässt lebendiges Wasserempor strömen. Das lässt jedes Ding den folgendenGrundsatz rezitieren:

»und in jedem Ding findet er ein Zeichen, das beweist, dass Er ein Ein-ziger ist.«

Des Weiteren gehört zum Glauben nicht nur das Wissen;im Glauben verbunden sind auch noch all die vielen fein-sinnigen Organe (des Menschen). So wie Nahrung in denMagen gelangt und von dort über die verschiedenen Ve-nen in die einzelnen Organe verteilt wird, so gelangenauch die Dinge des Glaubens, welche durch Wissen er-worben wurden, nachdem sie durch den Magen des Ver-standes gegangen sind, in den Geist (ruh), das Herz, dieinnere Wahrnehmung (sirr), die Seele (nefs) usw. und je-des (Organ) erhält seinen Anteil und nimmt ihn in sich auf.Wenn nicht jedes seinen Anteil erhält, ist (die Versorgungdes menschlichen Organismus) nur mangelhaft. In dieserWeise gab also Muhyi-d’Din Arabi seine Erklärung fürFahru-d’Din Rasi ab.

Dritte Fragestellung

»Wir haben die Söhne Adams geehrt.« (Sure 17, 70)

»Er war in der Tat ungerecht und unwissend.« (Sure 33, 72)

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In welcher Weise können diese beiden Ayat miteinanderin Übereinstimmung gebracht werden?

Antwort: Im Elften und im Dreiundzwanzigsten Wortund in der Zweiten Frucht am Fünften Ast des Vierund-zwanzigsten Wortes folgt die Erklärung dazu. Hier eineZusammenfassung dieser Wahrheit (sirr):

Gott der Gerechte in Seiner Allmacht (qudret) formt vie-le Dinge aus einem einzigen Ding, lässt sie viele Aufga-ben versehen und schreibt tausend Bücher auf eine ein-zige Seite. Genauso erschuf er auch den Menschen alseine Konzentration in seiner Art statt vieler verschiedenerArten. Das heißt, Er wollte, dass durch den Menschen ineiner einzelnen Art so viele Funktionen ausgeübt würden,wie sie der Zahl der Arten, Gruppen und Familien all derverschiedenen Tierarten entspricht. Daher hat Er den Sin-nen und Fähigkeiten des Menschen von Natur aus keineGrenzen gesetzt, ihnen von Natur aus keine Fesseln an-gelegt, sondern ihn frei gelassen. Die Sinne und Fähig-keiten der Tiere sind begrenzt. Ihre Natur ist gebunden,während hingegen eine jede der menschlichen Kräfteüber eine unendliche Entfernung frei in Richtung Ewigkeitzu schweifen vermag. Denn da der Mensch ein Spiegelder unendlichen Manifestationen der Namen des Schöp-fers des Universums ist, wurde auch seinen Kräften (qu-va) eine grenzenlose Fähigkeit zu deren Entfaltung gege-ben.

Wenn dem Menschen in seiner Gier z.B. die ganze Weltgegeben würde, sagte er doch

»Gibt es denn da nicht mehr?« (Sure 50, 30)

Des Weiteren findet er es in seinem Egoismus für an-nehmbar, dass Tausend Leute zu seinem eigenen NutzenSchaden erleiden sollten usw… Es gibt grenzenloseMöglichkeiten, sich im Bereich seiner schlechten Gesin-nung zu verbreiten. Er kann selbst die Stufe eines Nimrod

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oder Pharao erreichen. In Übereinstimmung mit dem Ela-tiv der Ayah am Anfang des Kapitels ist er besonders un-gerecht. In gleicher Weise liegt es auch in seiner Fähig-keit, grenzenlose Fortschritte in seiner guten Gesinnungzu machen und sich bis zur Stufe der Propheten und Sei-ner Getreuen zu entfalten.

Des Weiteren ist der Mensch im Gegensatz zu den Tie-ren unwissend in Bezug auf alle lebensnotwendigen Din-ge und muss alles erst noch lernen. Da er unendlich vie-le Dinge braucht, ist er in Übereinstimmung mit dem obi-gen Elativ der gleichen Ayah besonders unwissend. Wasaber das Tier betrifft, so braucht es, sobald es zur Weltkommt nur ganz wenige Dinge. Ferner kann es die Dinge,die es braucht, um alle Bedingungen seines Lebens (zumeistern), in ein, zwei Monaten, ein, zwei Tagen, ja sogarin nur ein, zwei Stunden erlernen. Es ist, als habe esschon in einer anderen Welt Vollkommenheit erlangt undsei nun mit ihr hier angelangt. Doch der Mensch kommterst in ein, zwei Jahren auf die Beine und lernt erst mitfünfzehn zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. DerElativ »besonders unwissend« zeigt dies an.

Vierte Fragestellung

»Erneuert euren Glauben durch: Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

Du fragst nach dem Sinn dieser Hadith.Die Weisheit (dieser Hadith) wurde schon in vielen

»Sözler« (Worten) erwähnt. Ihr Geheimnis und einer ihrerAspekte ist der folgende:

Da sich der Mensch und seine Welt ständig erneuern,bedarf auch sein Glaube einer beständigen Erneuerung.Denn in jeder einzelnen Person kann man sich viele ein-

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zelne Persönlichkeiten vorstellen. Je nach der Anzahl sei-ner Jahre, ja nach der Anzahl seiner Tage, ja sogar nachder Zahl der Stunden kann man ihn stets wieder als eineandere Persönlichkeit betrachten. Denn da der Menschder Zeit unterworfen ist, gilt er jeweils einer bestimmtePersönlichkeit als Modell, das sich jeden Tag mit einer an-deren Persönlichkeit bekleidet.

Ferner gibt es gleich der Multiplizität und Erneuerungs-fähigkeit im Menschen selbst, auch eine Mobilität in derWelt, in der er lebt. Sie vergeht, während eine andere anihre Stelle tritt. Sie verändert sich ständig. Jeden Tag öff-net eine neue Welt ihre Pforten. Was nun aber den Glau-ben betrifft, so ist er sowohl das Licht, das das Leben ei-nes jeden Individuums erleuchtet, als auch der Licht-strahl, den er erblickt, wenn er zur Welt kommt.

»Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

Das ist die Flamme, um dieses Licht zu entzünden.

Da aber nun ferner die Seele (nefs), die Begierde, dieEinbildung und der Satan ihren Einfluss auf den Men-schen ausüben, so nutzen sie seine Nachlässigkeit (ghaf-lah), um seinen Glauben zu zerstören, suchen ihn aufvielfältige Weise zu überlisten und löschen so das Lichtdes Glaubens mit ihren Zweifeln und mit ihren Einflüste-rungen. Des Weiteren ist er dazu geneigt, mit seinenWorten und Taten, die in den Augen mancher Imame ge-radezu Unglaube (kufr) sind, ganz offensichtlich dem Ge-setz (schariah) zuwider zu handeln. Darum ist es auchnotwendig, dass er jederzeit seinen Glauben erneuert, zujeder Stunde und an jedem Tag.

Frage: Die gelehrten Theologen verpacken die Welt inein kurz zusammengefasstes Konzept eines Seins von»huduth« (von Gott geschaffen, von Ihm abhängig undvergänglich) und »imkan« (möglich und veränderlich, weil

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Gott es aus dem Nichtsein gerufen hat), verfügen so in ih-ren Gedanken über sie und beweisen daraufhin GottesEinheit (Vahdaniyet).

Ein Teil der Mystiker sagt hingegen, um Gottes Gegen-wart zur Gänze zu erfahren

»Es gibt nichts (gar keine Welt, die wir bezeugen könnten) außer Ihm.«

vergisst die ganze Welt, deckt den Mantel des Verges-sens über sie und erfährt danach dann die völlige Gegen-wart. Und ein anderer Teil von ihnen sagt, um die wahr-haftige Einheit und Gottes Gegenwart zur Gänze zu er-fahren

»Es gibt kein Sein außer Ihm.«

hüllt die ganze Welt in seine Phantasie ein und schleudertsie ins Nichtsein. Dann erst erfährt er die völlige Gegen-wart. Stattdessen zeigst du uns außer diesen drei Arteneine Hochstraße im Qur’an. Und als ihr Kennzeichensagst du

»Es gibt keinen Angebeteten außer Ihm!« »Es gibt kein Ziel außer Ihm!«

Kannst du uns ein Zeugnis der Einheit (Tauhid) und, zu-sammengefasst, einen kurzen Weg zu ihr zeigen?

Antwort: Alle »Worte« und alle »Briefe« zeigen dieseStraße. Aber für dieses Mal wollen wir, so wie du das ge-wünscht hast, auf die machtvollen Zeugnisse und die um-fangreichen Beweise mit einer kompakten Zusammen

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jedes Werk, dass alle Kunstwerke die Werke seines eige-nen Schöpfers sind. Und im Universum beweist ein jedesSchöpfungswerk, dass alle Werke der Schöpfung Hand-lungen dessen sind, der es selbst bewirkt hat. Und jederName, der sichtbar wird in allem Sein, ist ein Zeichen,dass alle Namen Namen und Titel des Trägers dieses Na-mens sind. Das heißt: jedes Ding ist ein Zeugnis für dieEinheit und Allgegenwart und ein Fenster zur ErkenntnisGottes. In der Tat ist jedes Werk, besonders aber wenn essich um ein Lebewesen handelt, ein verkleinertes Abbilddes Kosmos und eine Frucht, die der Erdball hervorge-bracht hat und zugleich auch der Kern in ihr. Wenn diesaber so ist, so muss auch der, der dieses verkleinerte Ab-bild, diese Frucht und den Kern in ihr erschaffen hat, injedem Fall derselbe sein, der auch den ganzen Kosmoserschaffen hat. Denn der Schöpfer einer Frucht kann keinanderer sein, als der Schöpfer des Baumes (der dieseFrucht trägt).

Wenn es aber nun so ist, dann verweist jedes einzelneWerk auf alle Werke seines Schöpfers und schreibt auchjede einzelne Handlung alle übrigen Handlungen dem zu,der sie selbst verrichtet. Denn wir sehen, dass jederSchöpfungsakt sich als Endpunkt eines langen Schöp-fungsprozesses zeigt, der so weitreichend und umfang-reich ist, dass er die meisten Formen des Seins von denAtomen bis zu den Sonnen umfasst. Das heißt, dass der,der einen Schöpfungsakt vollzieht, auch der sein muss,der alle Handlungen verrichtet, die an ein universellesGesetz gebunden sind, das alles Sein umfasst und sichvon den Atomen bis zu den Sonnen erstreckt.

Denn sicherlich muss derjenige, der auch nur eine Flie-ge ins Leben ruft, zugleich auch derjenige sein, der alleInsekten und alle kleinen Tiere erschafft und die ganzeErde mit Leben erfüllt. Des Weiteren muss derjenige, derein Atom sich wie ein Mewlewi-Derwisch drehen lässt,auch der sein muss, der in Folge alles Sein in Bewegungversetzt, so wie die Sonne mit all ihren Planeten durch

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den Weltraum eilt. Denn das Gesetz wirkt in Folge auf al-le Reaktionen ein und verbindet sie miteinander der Rei-he nach.

Das heißt: So wie ein jedes Werk alle Werke seinemSchöpfer zuschreibt und ein jeder Akt der Schöpfung alleSchöpfung als einen Akt dessen beansprucht, der ihn be-wirkt hat, so ist auch ein jeder Name, der sichtbar wird inallem Sein, ein Zeichen, dass alle Namen Namen und Ti-tel des Trägers dieses Namens sind. Denn alle Namen,die sich im Universum zeigen, gleichen konzentrischenKreisen und den sieben Farben des Lichts, die ineinanderüber gehen und einander helfen, in ihrem Tun einanderergänzen und ausgestalten.

Zum Beispiel: wenn der Name »Lebensspender« (Muh-yi) in einem Ding erscheint und in dem Augenblick, in demihm das Leben geschenkt wird, erscheint zugleich auchder Name »Allweiser« (Hakiem) und ordnet das Nest die-ses Lebewesens, das sein Körper ist, in Weisheit. Zu-gleich erscheint auch der Name »Freigiebiger« (Keriem).Er gestaltet das Nest. Zu gleicher Zeit erkennt man auchdie Erscheinung des Namens »Erbarmer« (Rahiem) derliebevoll (shefqat) für alle Bedürfnisse dieses Körperssorgt. Zu gleicher Zeit wird auch die Erscheinung des Na-mens »Versorger« (Rezzaq) sichtbar, der dem Lebewe-sen auf unerwartete Weise all das gibt, was für seinenFortbestand an körperlicher und geistiger Nahrung not-wendig ist. Usw…

Das heißt also, wem der Name »Lebendiger« (Muhyi)gehört, dem gehört auch der Name dessen, dem der Na-me »Allweiser« (Hakiem) gehört und das Licht allen Seinsist, es umfasst. Auch der Name »Erbarmer« (Rahiem) ge-hört Ihm, der alles Sein in Liebe umsorgt. Auch der Name»Versorger« (Rezzaq) gehört Ihm, und ist der Titel des-sen, der alle Lebewesen freigiebig mit allem ausstattet.Usw…

Das heißt: jeder Name, jede Handlung, jedes Werk ist

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ein solches Zeugnis für die Allgegenwart Gottes, dass esdarauf hinweist, dass alle Worte, die auf den Seiten desAlls und den Zeilen der Jahrhunderte geschrieben stehenund das Sein genannt werden, Stempel und Siegel Sei-ner Allgegenwart (Vahdaniyet) und Einheit (Ahadiyet)sind und Ornamenten gleich aus der Feder ihres Schrei-bers hervorgegangen sind.

»Oh Gott segne den, der gesagt hat: ›Das beste von allem, was ich unddie Propheten vor mir gesagt haben, ist: Es gibt keine Gottheit außerGott.‹ Friede sei mit ihm, seiner Familie und seinen Gefährten!«

Fünfte Fragestellung

In deinem Brief stellst du noch eine andere Frage zu ei-nem weiteren Thema. (Du fragst nämlich), ob allein schon

»Es gibt keine Gottheit außer Gott«

zu sagen, bereits genügt. Denn kann man, ohne

»Mohammed ist Gottes Gesandter.«

zu sagen, zu denen gehören, die gerettet sind?Diese (Frage erfordert eigentlich eine) längere Antwort.

Doch für heute wollen wir nur so viel sagen:

Diese beiden Teile des Glaubensbekenntnisses kannman nicht voneinander trennen. Sie beweisen sich ge-genseitig. Sie ergänzen einander. Sie können nicht ohne

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einander sein. Weil aber nun der Prophet, mit dem Friedeund Segen sei, das Siegel und Erbe aller Propheten ist,ist er mit Sicherheit auch das Haupt aller Wege, die (zuGott hin) führen. Außerhalb seiner hohen Straße kann eskeinen Weg zu Wahrheit (haqiqat) und Erlösung geben.Alle Leute der Erkenntnis (marifet) alle Imame, die sich,wie Sa’di Shirasi, mit ihrer Erforschung und Bewahrhei-tung (tahqiq) beschäftigt haben, sagen:

»Unmöglich ist, Sa’di, der Sieg auf dem Weg zur Erlösung, einzig, essein denn, du folgst Mustafa und seiner Spur!«

Ferner haben sie gesagt: Alle Wege sind verschlossen,ausgenommen die hohe mohammedanische Straße.

Doch geschieht es manchmal, dass (Menschen) dieStraße Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei,wandeln, ohne zu wissen, dass es die Straße Moham-meds ist, und sie selbst mitten auf dieser Straße.

Desgleichen geschieht es zuweilen: Sie kennen denPropheten nicht. Doch während sie des Weges ziehen, istdieser ein Teil der Straße Ahmeds.

Und weiter geschieht es zuweilen, während sie sich ineinem Zustand der Ekstase befinden, oder in Meditationversunken sind, als Einsiedler leben oder als Wander-mönche umherziehen, ohne auch nur an die mohamme-danische Straße zu denken. Nur das

»Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

genügt ihnen. Bei allem ist dennoch der wichtigste Aspektfolgender: etwas nicht anzunehmen (aus seiner Unwis-senheit heraus) ist die eine Sache, etwas anzunehmen(aus seinem Unglauben heraus) ist die andere Sache.Diese Art Eremiten und Ekstatiker, oder solche, die vonnichts gehört oder gewusst haben, kennen den Prophe-

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ten nicht oder denken nicht an ihn, sodass sie ihn anneh-men könnten. In diesem Punkt bleiben sie unwissend(djahil). Was ihre Gotteserkenntnis betrifft, so wissen sienur:

»Es gibt keine Gottheit ohne Gott.«

So könnten sie zu denen gehören, die gerettet werden.Wenn hingegen Menschen den Propheten gehört habenund seine Botschaft vernommen haben und ihn dennochnicht annehmen, so kennen sie Gott den Gerechten nicht.Für sie drückt das Wort:

»Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

nicht die Einheit Gottes (Tauhid) aus, was die Vorausset-zung zu ihrer Rettung wäre. Denn ihr Zustand (hal) ist kei-ne Unwissenheit, sodass es noch in gewisser Weise zuentschuldigen wäre, wenn sie den Glauben nicht anneh-men, sondern die Annahme des Unglaubens und eineVerleugnung. Ein Mensch, der Mohammed verleugnet,mit dem Friede und Segen sei, der mit all seinen Wun-dern und Werken der Stolz des Weltalls und der Ruhmdes Menschengeschlechtes ist, kann sicherlich in keinerWeise irgendein Licht empfangen und Gott nicht erken-nen. Wie dem auch immer sei… dies möge für jetzt ge-nügen.

Sechste Fragestellung

Einige der Ausdrücke, die im Ersten Kapitel, (mit derÜberschrift:) »Streitgespräch mit einem Teufel« verwen-det wurden (und worin es um die Wege und) Methodendes Teufels geht, waren doch reichlich grob ausgefallen.Trotzdem einige Ausdrücke mit Interjektionen wie: »UmHimmels willen!«, »Gott bewahre!« oder »den unmög-

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lichen Fall einmal angenommen« schon etwas abge-schwächt worden sind, lassen sie mich trotzdem noch er-zittern. In dem Abschnitt, den ich dir geschickt habe, fin-den sich einige kleinere Abschwächungen. Hast du deineAbschrift entsprechend korrigieren können? Ich überlas-se es dir, von diesen Ausdrücken, diejenigen zu strei-chen, die du für unnötig hältst.

Mein lieber Bruder! Dieses Kapitel ist besonders wich-tig, denn der Meister aller Gottesleugner ist der Teufel.Wenn der Teufel nicht zum Schweigen gebracht wird, las-sen sich seine Nachahmer nicht überzeugen. Da derWeise Qur’an die groben Ausdrücke der Gottlosen er-wähnt und sie zurückweist, ermutigt mich das. Zitterndund in Form einer Annahme des Unmöglichen habe ichdiese törichten Ausdrücke verwendet, wie sie diese Par-teigänger aller Anhänger des Teufels zwangsläufig an-nehmen mussten, weil ihr Weg das so erfordert, und diesie mit ihrem eigenen Mund aussprechen müssen, ob siewollen oder nicht, um auf diese Weise die völlige Verdor-benheit des satanischen Weges zu demonstrieren. Dochindem wir sie gebrauchten, haben wir sie bis zum Bodendes Brunnens verfeinert und von dem ganzen Gebiet fürden Qur’an Besitz ergriffen und ihre Listen bloßgestellt.Betrachte einmal diesen Sieg in dem folgenden Gleich-nis:

Lasst uns doch z.B. einmal uns ein sehr hohes Minarettvorstellen, das bis an den Himmel reicht, zu dessen Fü-ßen aber ein Brunnen gegraben wurde, der bis zumMittelpunkt der Erde reichen solle. Zwei Gruppen streitennun darüber, wo zwischen der Spitze des Minaretts unddem Boden des Brunnens ein Mann stehen sollte, dessenRuf zum Gebet von allen Menschen im ganzen Lande ge-hört werde! Die erste Gruppe sagt: »Sein Platz sollte ander Spitze des Minaretts sein, von wo er den Aufruf zumGebet für den ganzen Kosmos rezitieren werde. Weil wirseinen Ruf hören, ist er auch lebendig und er ist erhaben.Natürlich kann ihn nicht jeder sehen dort droben in seiner

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hohen Position. Doch entsprechend ihrem eigenenStandpunkt kann jedermann ihn dort oben sehen, auf ei-ner bestimmten Stufe (makam), während er hinauf oderhinunter steigt. So wissen sie entsprechend alle: Jetztsteigt er hinauf! Und ganz gleich, wo man ihn gerade se-hen kann: er ist doch der Herr der höchsten Stufe (ma-kam)! Die andere, teuflische, törichte Gruppe aber sagt:»Nein! Sein Platz ist nicht an der Spitze des Minaretts.Ganz gleich wo man ihn gerade sehen kann: sein Platz istauf dem Grund des Brunnens.« Doch in Wirklichkeit hatihn gar niemand auf dem Grunde des Brunnens gesehen,noch können sie jemals ihn dort erblicken. Stellen wir unsdoch einmal vor, er sei schwer und willenlos wie ein Stein!Dann würde er sicherlich auf dem Grunde des Brunnensliegen und dort würde jemand ihn auch sehen.

Das Schlachtfeld dieser beiden einander entgegenge-setzten Gruppen ist also nun der weite Abstand zwischender Spitze des Minaretts und dem Boden des Brunnens.Die Gemeinschaft der Leute des Lichts, die man die Ge-folgschaft Gottes nennt, zeigt allen weitsichtigen (Men-schen) den Muezzin auf der Spitze des Minaretts. Unddenen, deren Blicke in ihrer Kurzsichtigkeit nicht so hochempor reichen, zeigen sie den Muezzin auf einer Stufe,die ihrem jeweiligen Standpunkt entspricht. Ein kleinesZeichen genügt ihnen schon als ein Beweis dafür, dassder Muezzin keine leblose Masse wie ein Stein ist, son-dern ein vollkommener Mensch (insan-i kamil), der zu sei-ner Zeit nach oben steigt, sichtbar wird und zum Gebetruft. Was aber die andere Gruppe, die man die Gefolg-schaft des Satans nennt, urteilt törichter Weise so: »Zeigtihn entweder allen auf der Spitze des Minaretts, oder abersein Platz ist am Grunde des Brunnens.« In ihrer Dumm-heit wissen sie nicht, dass es nur an denen liegt, derenBlick nicht so weit empor reicht, wenn man ihn nicht je-dermann auf der Spitze des Minaretts zeigen kann. In ih-rer Spitzfindigkeit wollen sie den ganzen Bereich für sichin Anspruch nehmen, allein die Spitze des Minaretts da-

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von ausgenommen. So tritt dann also jemand hervor, um den Streit zwi-

schen den beiden Gemeinschaften zu schlichten undsagt zu dieser Gefolgschaft des Satans: »Oh unglückse-lige Gruppe! Wäre der Platz (makam) dieses gewaltigenMuezzins am Grunde des Brunnens, so müsste er wie einStein so leblos und kraftlos sein. Und der auf den Stufen,die im Brunnen hinunter führen und denen, die im Mina-rett hinauf führen, sichtbar wird, könnte nicht er sein. Daihr ihn aber dort sehen könnt, kann er sicherlich nicht sokraftlos, tot und wesenlos sein. Die Spitze des Minarettsmuss sein Platz (makam) sein. Da dies aber nun einmalso ist, zeigt ihn also nun auf dem Grunde des Brunnens– wo ihr ihn aber auf gar keinen Fall zeigen könnt und ihrwerdet auch niemanden glauben machen können, er seidort, oder aber schweigt! Das Gebiet, das ihr verteidigt,ist der Grund des Brunnens. Was aber den übrigen Be-reich und den weiten Zwischenraum betrifft, so ist er derBereich dieser gesegneten Gemeinschaft. Wo immer siediese Persönlichkeit zeigt, es sei denn am Grunde desBrunnens, dort werden sie auch den Fall für sich ent-scheiden.«

So wird denn wie in diesem Gleichnis, worin mit demKapitel über die Diskussion mit dem Teufel vom ThroneGottes bis hinab auf den Grund dieser weite Zwischen-raum der Gefolgschaft des Satans aus der Hand genom-men, die gesamte Gefolgschaft des Satans in die Eckegetrieben und zum Schweigen gebracht. Ihr bleibt einPlatz überlassen, der zuhöchst irrational, der völlig un-möglich, der so ganz und gar verabscheuungswürdig ist.Man treibt sie in einem Loch zusammen, das so eng ist,dass kaum jemand hinein gelangen kann, während dergesamte Zwischenraum im Namen des Qur’an (von sei-ner Gefolgschaft) in Anspruch genommen wird.

Sagt man zu ihr: »Was ist der Qur’an?«, so sagen sie:»Ein schönes Buch (von und über) einen Menschen, dasin den guten Sitten Unterricht erteilt.« Dann wird man ih-

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nen auch sagen: »Weil dies so ist, darum ist es auch dasWort Gottes und als ein solches müsst ihr es auch an-nehmen. Denn nach der Lehre (meslek), der ihr angehört,werdet ihr nicht sagen: es ist ein schönes (Buch).«

Und wenn man sie ferner fragte: »Was wisst ihr überden Propheten?« dann sagen sie: »Er ist ein hochintelli-genter Mensch von guter Gesinnung.« Dann wird man ih-nen sagen: »Wenn dies so ist, dann kommt zum Glauben.Denn war er von guter Gesinnung und auch klug, dannwar er in jedem Fall auch der Gesandte Gottes. Denn miteurer bloßes Aussage: er ist ein guter (Mensch), bleibt ihrnicht in eurem Rahmen. Denn eure Lehre sagt so etwasnicht.« Usw… Diesem Beispiel können noch andere Hin-weise und weitere Aspekte der Wahrheit beigefügt wer-den.

Auf Grund dieses Geheimnisses werden die Leute desGlaubens, die mit dem Teufel diskutieren, im Ersten Ka-pitel nicht dazu gezwungen, die Wunder Ahmeds und dieunbestreitbaren Beweise dafür kennen zu lernen, um soihren Glauben bestätigen zu können. Ein kurzer Wink, einkleiner Hinweis rettet ihren Glauben. Alle Taten Ahmeds,alle Qualitäten Mohammeds, das ganze Verhalten desPropheten, mit dem Friede und Segen sei, gleichen ei-nem Wunder und beweisen, dass ihm ein Rang (makam)unter den Höchsten aller Großen gebührt und nicht unterden Niedrigsten der Niedrigen am Grunde des Brunnens.

Siebente Fragestellung

Eine Problemstellung als Lehrbeispiel:

Für einige meiner Freunde, die in ihrerabgrundtiefen Furcht den Mut verloren haben,sehe ich mich dazu veranlasst, sie mit siebenBeispielen in ihrer geistigen Verfassung zustärken und dabei einen Gunsterweis (ikram)des Herrn anzuführen, als ein (Zeichen für

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den) Schutz Gottes über denjenigen, welcheim Dienst am Qur’an stehen, und um jenenTeil der Freunde zu retten, die schon dabeisind, die Nerven zu verlieren. Vier dieser sie-ben Beispiele zeigen, wie sie ganz entgegenihren Absichten eine Ohrfeige bekommenhaben, weil sie, die meine Freunde waren, ein-zig um eines weltlichen Vorteils willen, aufGrund meines Dienstes am Qur’an und nichtgegen mich persönlich, aber doch eine feind-selige Haltung eingenommen haben. Was dierestlichen drei dieser sieben Beispiele betrifft,so waren sie wirklich meine Freunde und sindes noch heute. Doch zeigten sie vorüberge-hend nicht jene mannhafte Haltung, wie sieeine Freundschaft erfordert, weil sie sichdarum bemühten, die Zuwendung der Weltleu-te zu gewinnen, weltliche Vorteile zu erlangenund für ihre eigene Sicherheit zu sorgen. Stattdessen mussten diese drei Freunde unglück-licherweise entgegen ihren Absichten einenschweren Tadel erfahren.

Von den zuerst erwähnten vier, die zunächst Freunde ge-wesen waren, dann aber eine feindselige Haltung ange-nommen haben, war

der erste ein Kreisdirektor, der bei verschiedenen Ge-legenheiten darum gebeten hatte, eine Kopie des Zehn-ten Wortes zu erhalten. Ich habe ihm eine gegeben. Dochdann brach er meine Freundschaft, weil er befördert wer-den wollte und nahm eine feindselige Haltung gegen michein. Er übergab (das Buch) dem Gouverneur, verbundenmit einer Anklage und einer Anzeige. Doch als ein Gun-sterweis für den Dienst am Qur’an wurde er nicht beför-dert, sondern abgesetzt.

Der zweite war ebenfalls ein Direktor, war zunächstmein Freund und später mein Gegner, nahm mir gegenü-ber, nicht aus persönlichen Gründen, sondern auf Grundmeines Dienstes eine feindselige Haltung ein, um sich beiseinem Vorgesetzten in Erinnerung zu bringen und die

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Sympathien der Weltleute zu gewinnen und erhielt entge-gen seinen Absichten eine Ohrfeige. Er wurde in einer un-erwarteten Angelegenheit zu zweieinhalb Jahren Haftverurteilt. Da bat er denn einen Diener am Qur’an um seinGebet. Möge Gott es so wollen, dass er um der Gebetewillen, die für ihn verrichtet werden, gerettet wird.

Der dritte war ein Lehrer. Da er sich mir gegenüber alsFreund erwies, betrachtete auch ich ihn als meinenFreund. Doch später wählte er stattdessen eine feindseli-ge Haltung, um nach Barla versetzt zu werden und dortzu leben. Doch entgegen seinen Absichten erhielt er eineOhrfeige. Er wurde von seiner Lehrtätigkeit zum Militär-dienst versetzt. So hat man ihn aus Barla entfernt.

Der vierte war auch ein Lehrer. (Weil er ein Hafidh warund ich in ihm einen praktizierenden Gläubigen sah), er-wies ich ihm meine innige Freundschaft, in der Absicht,dass er mir im Dienst am Qur’an seine Freundschaft be-zeigen möge. Doch dann wurde er auf ein einziges Worteines Beamten hin unsicher und zeigte uns die kalteSchulter, um so wieder die Sympathien der Weltleute zugewinnen. Auch er erhielt entgegen seinen Absichten ei-ne Ohrfeige. Er wurde von seinem Schulrat ziemlich hef-tig zurecht gewiesen und verlor seinen Posten.

So empfingen denn diese vier Männer auf Grund ihrerfeindseligen Haltung ihre Ohrfeigen. Auch drei Freundebekamen zwar nicht gerade eine Ohrfeige, weil sie nichtjene mannhafte Haltung gezeigt hatten, wie man sie vonwahren Freunden erwartet, aber doch entgegen ihren Ab-sichten eine ernsthafte Warnung.

Der Erste: Als eine geachtete Persönlichkeit, die einsehr bedeutender, ernsthafter und treuer Schüler von mirwar, schrieb er ständig die »Worte« ab und verteilte sie.Als ein hoher, aber leicht verwirrter, Beamter kam undsich dabei auch noch ein kleiner Zwischenfall ereignete,versteckte er die »Worte«, die er bereits abgeschriebenhatte und hörte auch vorübergehend damit auf, neue ab-

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zuschreiben, um bei den Weltleuten nicht in Schwierig-keiten zu geraten und keine Unannehmlichkeiten von ih-nen zu bekommen und vor ihren Bosheiten sicher zusein. Doch als ein Zeichen seines Irrtums, in dem er zeit-weilig seinen Dienst am Qur’an unterbrach, litt er nun einJahr lang beständig unter einer Katastrophe, die über sei-nem Haupt schwebte, nämlich eine Strafe von TausendLira bezahlen zu müssen. Wann immer er die Absicht äu-ßerte, mit den Abschriften fortzufahren und zu seiner frü-heren Aufgabe zurückkehrte, wurde der Schuldspruchüber ihn aufgehoben, bis er – Gott sei’s gedankt –schließlich freigesprochen wurde. So wurde er in all sei-ner Armut davor bewahrt, die Tausend Lira bezahlen zumüssen.

Der Zweite: Er war mir fünf Jahre lang ein mutiger,ernsthafter und tapferer Freund gewesen. Danach dach-te er einige Monate nicht mehr daran, mich zu besuchen,obwohl wir doch Nachbarn waren und zufällig begegne-ten wir einander auch nicht. Er wollte das Wohlwollen unddie Sympathien der Weltleute und des erst kürzlich er-schienen Distriktkommissars gewinnen. So besuchte ermich nicht im Ramadan und an den Festtagen. Doch dieEreignisse in seinem Dorf verliefen entgegen seinen Ab-sichten und am Ende verlor er seinen Einfluss.

Der Dritte: Ein Hafidh, der mich ein-, zweimal in derWoche besuchen kam, war Imam geworden. Um nunauch noch einen Turban tragen zu dürfen, verließ er michfür zwei Monate. Er besuchte mich noch nicht einmalwährend der Festtage. Doch entgegen seinen Absichtenund ganz gegen die sonst übliche Gewohnheit gestatteteman ihm, auch nachdem er schon sieben, acht MonateImam gewesen war, nicht, einen Turban tragen zu dürfen.

So gibt es denn eine ganze Reihe ähnlicher Ereignisse.Doch um die Gefühle einiger Leute nicht zu verletzen,möchte ich sie hier nicht erwähnen. So schwach nun die-se Hinweise auch im Einzelnen sein mögen, so spürt mandoch insgesamt eine Kraft (quvvet) in ihnen. Es erwächst

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aus ihnen die Überzeugung, dass zwar nicht ich selbst –denn ich halte mich nicht selbst für eines besonderenGunsterweises (ikram) für würdig – aber doch wir alle reinim Hinblick auf unseren Dienst am Qur’an als einen sol-chen Gunsterweis Gottes verstehen dürfen, dass wir die-sen Dienst unter dem Schutz des Herrn verrichten. Daransollen meine Freunde denken und nicht in Panik geraten.Weil aber unser Dienst ein Gunsterweis Gottes ist undnicht ein Grund, stolz, sondern vielmehr dankbar zu sein,und weil es da einen Erlass (ferman) gibt:

»…doch vielmehr verkündige die Gnadenerweise deines Herrn.« (Sure93, 11)

auf Grund dieses Geheimnisses erkläre ich dies lediglichmeinen Freunden persönlich.

Achte Fragestellung

Eine Anmerkung zum dritten Beispiel des drit-ten Punktes des fünften Hindernisses der Hin-dernisse zur persönlichen Meinungsfindungim Siebenundzwanzigsten Wort.

Eine wichtige Frage: Einige von den Erforschern derWahrheit sagen: Jedes der Worte im Qur’an, Dhikr undLobpreisungen (tesbih) erleuchten die feinen inneren Or-gane (Latife) des Menschen in vielerlei Hinsicht und ver-sorgen sie mit geistiger Nahrung. Kennt man nicht ihreBedeutung, so genügen bloße Worte allein noch nicht sieauszudrücken. Worte sind nur wie ein Kleid. Könnte mansie ändern, wäre es dann nicht weit zweckmäßiger, wennein jedes Volk diesen Bedeutungen ein Kleid in seiner ei-genen Sprache anzöge?

Antwort: Die Worte des Qur’an und die Lobpreisungen

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des Propheten sind nicht ein lebloses Kleid, sondern wiedie lebendige Haut eines Körpers, sind in der Tat im Lau-fe der Zeit zu einer Haut geworden. Kleider kann manwechseln. Wollte man aber seine Haut wechseln, würdedies dem Körper schaden. Segensreiche Worte, wie sieim Ruf zum Gebet (edhan) oder beim Gebet (namaz)selbst gebraucht werden, sind zu Merkmalen und Kenn-zeichen ihrer Bedeutung geworden. Diese Kennzeichenund Merkmale aber kann man nicht auswechseln. Ichselbst habe schon oft in mir einen Zustand (hal) beob-achtet und untersucht und dabei festgestellt: dieser Zu-stand, das ist die Wahrheit. Und es ist folgender Zustand:

Ich habe einmal in der Nacht (Arefe) vor dem Opferfest(Kurban) hunderte Male die Sure »Ikhlas« rezitiert undbemerkt: Ein Teil von meinen feinen innerlichen Organenempfing daraus seine Nahrung, wurde ruhiger undschließlich still. Ein anderer Teil, schon mit der Fähigkeitzu innerer Wahrnehmung begabt, wendet sich noch einelängere Zeit der Bedeutung zu, entnimmt sich seinen An-teil und wird ruhig. Wieder ein anderer Teil, wie das Herz,entnimmt sich seinen Anteil an inneren Werten, der zu ei-ner Quelle geistlicher Freude wird und geht sodann in dasSchweigen ein. Usw… Schritt für Schritt bleiben bei derbeständigen Wiederholung nur noch wenige dieser feinengeistigen Organe über, die sich erst sehr spät satt und zu-frieden zeigen und bis dahin weiter machen, bis am Endekein Bedürfnis nach innerer Wahrnehmung und Bedeu-tung mehr übrig bleibt. So wie Unaufmerksamkeit (ghafla)die Kraft der inneren Wahrnehmung schwächt, so kannsie doch letzteren keine Schwäche zufügen. Ihnen ge-nügt schon ein bloßes (Segens)Wort, die bloße Erfas-sung von Sinn und Verständnis in einem befriedigendenWort, Merkmale und Kennzeichen für allgemein ge-bräuchliche Ausdrücke. Denkt man an diesem Punktnoch weiter über den Sinn (der Worte) nach, so entstehtschließlich ein Überdruss, der (nur noch) destruktiv wirkt.Und diese feinen geistigen Organe brauchen keine Lehre

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und kein Verständnis, vielmehr bedürfen sie (einer be-ständigen) Erinnerung, Hinwendung und Ermutigung.Und diese Worte, die gleich einer Haut sind, genügen ih-nen und versehen die Aufgabe des Sinnes. Und be-sonders dann, wenn diese arabischen Worte gemahnen,dass sie Worte Gottes und göttliche Verkündigung sind,so sind sie eine Quelle immerwährender Segensfülle.

So zeigt denn dieser Zustand (hal), den ich selbst er-fahren habe: Den Esan, die Lobpreisungen nach demGebet und Wahrheiten wie die Fatiha und die Sure-i Ihlas,die stets wiederholt werden, in einer anderen Sprachezum Ausdruck zu bringen, bringt einen großen Schaden.Denn nachdem die immer sprudelnde Quelle der WorteGottes und Seines Propheten versiegt ist, dann ist auchder beständige Anteil dieser beständigen feinen inner-lichen Organe gleichfalls verloren. Ferner gehen auch mitjedem Wort mindestens zehn Verdienste (sevab) verlorenund nicht jeder kann (das Bewusstsein) der beständigenGegenwart Gottes während des ganzes Gebetes auf-recht erhalten. So entsteht denn in dieser Unaufmerk-samkeit durch die menschlichen Worte der Übersetzungein Schaden, als legte sich Finsternis über den Geist.

So wie schon Imam-i A’sam gesagt hat, ist

»Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

Kennzeichen und Merkmal der Göttlichen Einheit (Tau-hid). Desgleichen sagen auch wir: Die übergroße Mehr-heit aller Worte der Lobpreisungen (tesbih) und des Ge-denkens (dhikr), besonders aber der Ruf zum Gebet unddas Gebet selbst sind zu solchen Kennzeichen und Merk-malen geworden. Und wie Zeichen werden sie nicht nurin ihrer wörtlichen Bedeutung sondern mehr noch in ihrerüblichen, den religiösen Vorschriften entsprechenden Be-deutung betrachtet. Weil dies aber so ist, kann man die-se Worte nach der Scharia nicht verändern. Selbst ein un-

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gebildeter Mensch ist in der Lage, jene Bedeutung, dieein jeder Muslim kennen muss, kurz zusammengefasst,rasch zu erlernen. Wie können Menschen, die ihr ganzesLeben im Islam verbringen und dabei ihre Köpfe mit tau-senden sinn- und nutzloser Dinge füllen sich entschuldi-gen, wenn sie nicht in ein, zwei Wochen eine Zu-sammenfassung der Bedeutung jener gesegneten Wortelernen, die der Schlüssel zum Ewigen Leben sind? Wiekönnen sie Muslime sein? Wie können sie verständigeMenschen genannt werden?… Und es ist nicht verstän-dig, die Fassung der Quelle des Lichtes um solch faulerKerle willen zu zerstören!…

Des Weiteren versteht, wer »Subhanallah« (Gott seigelobt!) sagt, von welchem Volk auch immer er sein mag,dass er Gott den Gerechten damit preist. Genügt denndas nicht bereits? Wenn er die Bedeutung (dieser Worte)auch nur einmal in seine eigene Sprache überträgt, lernter sie für alle Male mit seinem Verstand. Statt dessenwiederholt er sie hundertmal am Tag. Diese hundertmalsind, von dem Lernanteil des Verstandes einmal abgese-hen, zusammen mit der kurzgefassten Bedeutung desAusdrucks und dem in ihn übergegangenen und mit ihmverschmolzenen Ausdruck eine Quelle vieler Lichter undder Fülle des Segens. Besonders die Heiligkeit, die er ausden Worten in der Sprache Gottes empfängt, die Se-gensfülle und das Licht, das ihm aus dieser Heiligkeit er-wächst sind von höchster Wichtigkeit…

Zusammenfassung: Die wesentlichen Elemente desGlaubens sind die schützende Fassung der Heiligen Wor-te Gottes. Nichts vermag an deren Stelle zu treten und siezu ersetzen, nichts ihren Platz einzunehmen und ihre Auf-gabe zu erfüllen. Selbst wo es zeitweilig eine andereAusdrucksmöglichkeit gibt, so ist es doch nicht ein stän-diger, ein erhabener, ein heiliger Ausdruck.

Was die Worte betrifft, welche die schützende Fassungfür die Auslegung der Vorschriften des Glaubens bilden,so ist es nicht notwendig, sie zu ändern, denn eine solche

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Notwendigkeit wird durch gute Ratschläge und andereBelehrungen, Unterweisung, Studium und Predigt aufge-hoben.

Kurzum: Der Aufbau der arabischen Sprache in ihremWortschatz und in ihrem Satzbau und der Qur’an, der inseiner Vielfältigkeit und in seiner Ausdruckskraft ein Wun-der ist, sind von solcher Art, dass es keine Möglichkeitgibt, sie zu übersetzen! Ja, ich kann sogar sagen, dass esunmöglich ist. Wer daran einen Zweifel hat, möge imFünfundzwanzigsten Wort über den Qur’an und das Wun-der seiner Verkündigung darüber nachschlagen. Was daeine Übersetzung genannt wird, ist nur eine kurz zu-sammengefasste, mangelhafte Auslegung. Wo bleibt danun Ausdeutung und Sinn? Wo findet sich die wahre Be-deutung der Ayat, die sich so lebendig und in vielerleiHinsicht um sie herum gruppieren?

Neunte Fragestellung

Eine wichtige, persönliche Angelegenheit undein Geheimnis der Gottesfreundschaft.

Eine riesengroße Gruppe der Leute der Wahrheit undRechtschaffenheit in der islamischen Welt wird die derLeute der Tradition (Sunna) und der Gemeinschaft (Dje-maat) genannt und hat die Wahrheit von Qur’an undGlaube im Rahmen dieser Rechtschaffenheit buchstäb-lich allen in Ehren gehaltenen Bräuchen (Sunnet-i Seniy-ye) entsprechend bewahrt. Die überwiegende Mehrheitder Gottesfreunde erwuchs aus diesem Kreis. Ein ande-rer Teil der Gottesfreunde erschien auf einem Weg außer-halb einiger Grundsätze der Leute der Sunnah und Ce-maat und zeigte sich im Gegensatz zu deren Fundamen-ten. So haben sich denn in der Betrachtung dieser Grup-pe der Gottesfreunde zwei (extreme) Richtungen gebil-det:

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Was die eine Richtung betrifft, so hat sie ihnen (den Sta-tus) der Gottesfreunde aberkannt, weil sie sich im Gegen-satz zu den Grundsätzen der Leute der Sunnah verhiel-ten. Ja, sie gingen sogar so weit, dass sie einen Teil vonihnen geradezu als Ungläubige bezeichneten.

Die zweite Gruppe ist die derjenigen, die ihnen nachfol-gen. Da diese deren Heiligkeit anerkennen, sagen sie:»Die Wahrheit beschränkt sich nicht auf die Leute derSunnah ve Cemaat.« Sie haben eine Gruppe von Refor-matoren gebildet und sind in ihr bis zum Irrtum fortge-schritten. Sie wissen nicht: Nicht jeder, der recht geführtist, ist ein Führer. Ihre Scheychs konnte man wegen ihrerFehler entschuldigen, wenn sie in Ekstase waren. Wasaber sie selbst betrifft, so sind sie nicht zu entschuldigen.

Was (darüber hinaus) eine gemäßigte Richtung betrifft,so leugnet sie nicht die Heiligkeit der Gottesfreunde, er-kennt aber den Weg (den sie eingeschlagen haben) undihre Schulen (meslek) nicht an. Sie sagen: »Soweit ihreAussagen den Grundsätzen (des Glaubens) widerspre-chen, so befanden sie sich entweder, von ihrem ekstati-schen Zustand (hal) übermannt, in einem Irrtum, oderaber es handelte sich dabei um metaphorische Um-schreibungen, deren Bedeutung unbekannt ist.«

Leider hat die erste Gruppe und unter ihnen, besondersdie der Gelehrten unter den Anhängern, einer oft allzuwörtlichen Schriftauslegung, um die Schule der Anhängerder Sunnah in Schutz zu nehmen, viele bedeutende Got-tesfreunde verleugnet, ja sich geradezu gezwungen ge-sehen, sie der Irreführung zu beschuldigen. Was aber An-hänger und Nachfolger betrifft, welche die zweite Gruppebilden, so hat sie den wahren Weg (meslek) verlassen,weil sie ihren verschiedenen Scheychs gegenüber eineviel zu gute Meinung hatten, und waren einer Art Refor-mation, ja geradezu einem Irrweg verfallen.

Es gab da in Verbindung mit diesem Geheimnis einenZustand (hal), der mich in meinen Gedanken und Überle-

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gungen sehr lange Zeit beschäftigt hat: Ich habe einmaleinen Teil dieser Leute des Irrweges in einer Zeit heiligerGebete geradezu verflucht. Da trat meinem Fluch einegewaltige innere Kraft entgegen. Sie gab mir nicht nurmein Gebet wieder zurück, sie untersagte es mir sogar.

Danach erkannte ich: Dieser Teil der Leute des Irrwe-ges, welcher der Wahrheit (des Islam) entgegen arbeitet,zieht das Volk, von einer geistigen Kraft unterstützt, mitsich mit. Und hatte dabei Erfolg. Nicht allein (nur infolgeder äußeren) Gewalt, vielmehr verbunden mit jener Sehn-sucht, die aus der Kraft der Heiligkeit erwächst, sieht einTeil der Leute des Glaubens, von eben dieser Sehnsuchtgetrieben stillschweigend darüber hinweg und hält (dasGanze am Ende) gar nicht mehr für so schlecht.

Da ich also nunmehr dieser beiden Geheimnisse ge-wahr wurde, ergriff mich Furcht. »Gepriesen sei Gott!«,sagte ich. »Kann es denn Heiligkeit geben, außer aufdem Weg der Wahrheit? Besonders aber auf diesemfürchterlichen Strom des Irrtums, können denn da dieLeute der Wahrheit vorankommen?« Dann wiederholteich nach islamischem Brauch an dem gesegneten Arefe-Tag die Sure-i Ichlas und rezitierte sie hundertmal. So ge-segnet stellte sich die später durch Gottes Barmherzigkeitzusammen mit der folgenden Tatsache als »Antwort aufeine wichtige Frage« niedergeschriebene Fragestellungin meinem armen Herzen ein. Und die Wahrheit ist fol-gende:

Zu Zeiten Sultan Mehmeds des Eroberers erzählte mansich die berühmte und lehrreiche Geschichte von »Djiba-li Baba«. Ähnlich wie er gibt es unter den Gottesfreundeneinige, die äußerlich besonnen und vernünftig erscheinenund trunken sind in Gott. Und ein anderer Teil von ihnenerscheint dagegen manchmal nüchtern und Herr seinerSinne zu sein und manchmal in einen Zustand (hal) völligaußerhalb ihres Verstandes und Urteilsvermögens zu ge-raten. Unter diesen wiederum gibt es einige, die alle Din-ge miteinander verwechseln und sie nicht voneinander

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unterscheiden können. Sie behandeln eine Angelegen-heit, die sie in einem solchen Zustand göttlicher Trunken-heit wahrgenommen haben, im Zustande der Nüchtern-heit. Sie befinden sich im Irrtum und wissen nicht, dasssie sich im Irrtum befinden. Einige dieser Gottesnarren le-ben unter Gottes besonderem Schutz und geraten nichtauf Irrwege. Andere aber werden nicht bewahrt und kön-nen sich unter der Schar der Ketzer und Neuerer wieder-finden. Es wird sogar für möglich gehalten, dass sieselbst unter die Ungläubigen geraten können.

So kommt es denn, dass solche, die zeitweilig oder an-dauernd von Gott berauscht sind, als von Ihm gesegnetund als Gottesnarren angesehen werden. Und weil dieseGottesnarren als ungebunden und gesegnet gelten, sindsie auch nicht verantwortlich. Da man sie aber nicht zurVerantwortung ziehen kann, kann man sie auch nicht kri-tisieren. Während sie zwar stets Heilige und Gottesnarrensind und bleiben, stellen sie sich doch gleichzeitig auf dieSeite der Leute des Irrweges und der Neuerer. Sie gehenihren Weg (meslek), machen ihn in gewissem Grade po-pulär und unglückseligerweise bewirken sie so, dass eini-ge Leute des Glaubens und der Wahrheit gleichfalls die-sen Weg einschlagen.

Zehnte Fragestellung

In Zusammenhang mit einer Eingebung meines Herzenswurde von Seiten einiger Freunde darum gebeten, einenGrundsatz bezüglich der Besucher zu erklären. Darumwurde das Folgende niedergeschrieben.

Es sollte eigentlich bekannt sein, dass diejenigen, dieuns besuchen, entweder kommen um der Dinge des irdi-schen Lebens willen. Diese Tür ist ihnen verschlossen.Oder aber sie kommen um des jenseitigen Lebens willen.In dieser Hinsicht gibt es zwei Türen: Entweder sie kom-men, weil sie meine Person für gesegnet halten und glau-

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ben, dass ich einen geistlichen Rang (makam) inne hätte.Auch diese Türe ist geschlossen. Denn ich bin keines-wegs stolz auf mich. Ich bin auch keineswegs stolz aufdiejenigen, die auf mich stolz sind. Vielmals Dank sei Gottdem Gerechten, dass er mich nicht hat stolz werden las-sen. Der zweite Aspekt ist jedoch der, dass ich einzig derVerkünder des weisen Qur’an bin. Die durch diese Pforteeintreten, sind mir wie mein Augapfel. Ich heiße sie mit al-lem schuldigen Respekt willkommen. Auch unter ihnengibt es drei Arten. Sie sind entweder Freunde, oder Brü-der, oder Schüler.

Die charakteristischen Merkmale und die Bedingungenfür Freunde sind: Sie müssen uns mit aller Entschlossen-heit im Dienst an den Worten (Sözler) und Lichtern (En-var) des Qur’an ernsthaft zur Seite stehen und sie dürfenin ihrem Herzen nicht für Ungerechtigkeit, ketzerische Er-neuerungen und Irrlehren eintreten. Sie sollen sich auchdarum bemühen, für sich selbst einen Nutzen zu gewin-nen.

Die charakteristischen Merkmale und die Bedingungenfür die Brüder sind: Sie sollen ernsthaft daran mitarbeiten,die Worte (Sözler) zu verbreiten, die fünf Pflichtgebete zuverrichten und die sieben Todsünden zu meiden.

Die charakteristischen Merkmale und die Bedingungenfür die Schüler sind: Sie sollen die Worte (Sözler) so fürsich empfinden, als wären es ihre eigenen und sie hättensie selbst verfasst, und wissen, dass die Aufgabe ihresLebens darin besteht, sie zu verbreiten und ihnen zu dienen.

Diese drei Ebenen sind mit meinen drei Personen ver-bunden. Der Freund ist mit meiner individuellen und es-sentiellen Person verbunden. Der Bruder ist vom Stand-punkt des Dienstes und der Anbetung mit der Persönlich-keit in mir verbunden. Was den Schüler betrifft, so ist siein meiner Person als Lehrer (hodja) und Verkünder desWeisen Qur’an verbunden.

Solche Besuche bringen auch drei Früchte hervor:

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Erstens: In Anbetracht (meiner Tätigkeit als) Verkündervon mir oder aus den Worten (Sözler) eine Lesung in denJuwelen aus dem Qur’an erhalten; und sei es auch nur ei-ne einzige Lektion.

Zweitens: Im Hinblick auf den Dienst und die Anbetungim Jenseits einen Anteil an meinen Verdiensten zu haben.

Drittens: Sich gemeinsam der Schwelle (Dergah) Got-tes zuzuwenden und unsere Herzen im Dienste des Wei-sen Qur’an Hand in Hand zu verbinden und miteinanderum Erfolg und Rechtleitung (hidayat) zu bitten.

Wenn es ein Schüler ist, so ist er allmorgendlich mit sei-nem Namen bei mir anwesend und manchmal sogar inmeiner Vorstellung und empfängt seinen Anteil.

Wenn es ein Bruder ist, so ist er mehrmals, mit seinembesonderen Namen und seiner Gestalt in meinem Gebe-ten (dua) und erhält seinen Anteil. Danach ist er mit allenBrüdern verbunden und ich übergebe ihn der göttlichenBarmherzigkeit, sodass er, wenn ich im Gebet »Brüderund Schwestern« sage, er mit dazu gehört. Auch wennich es nicht weiß, so weiß doch Gott in Seiner Barmher-zigkeit um sie und sieht sie.

Wenn es ein Freund ist und er seine Pflichtgebete ver-richtet und die Todsünden meidet, ist er in meinen Gebe-ten in die Gemeinschaft aller Brüder mit eingeschlossen.

Die Bedingung dabei ist, dass diese drei Arten (von Be-suchern) mich in ihren innerlichen Gebeten und in ihreVerdienste mit einschließen.

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»Oh Gott verleihe Deinen Segen dem, der gesagt hat: ›Der Gläubige istdem Gläubigen wie ein Bauwerk, in dem die einzelnen Steine bleiver-fugt einander Halt und Stütze gewähren.‹ Friede sei ihm und seinerFamilie und seinen Gefährten.«»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»Und sie sagten: Dank sei Gott, der uns bis hierher geführt hat. Wir hät-ten keine Rechtleitung finden können, hätte nicht Gott selbst unsgeführt. In der Tat sind die Propheten zu uns gekommen mit der Wahr-heit.« (Sure 7, 43)»Oh Gott, der Du Noah unter seinem Volk geantwortet hast, der DuAbraham gegen seine Feinde geholfen hast, der Du Joseph zu Jakobzurückgebracht hast, der Du Jobs Leiden von ihm genommen hast, derDu das Gebet des Zacharias beantwortet hast, der Du von Junus benMette angenommen hast, worum er Dich gebeten hat! Bei dem Geheim-nis derer, die Dir diese Gebete dargebracht haben, mich zu bewahren,zu zerstreuen, die mir übel wollen und meine Gefährten vor allem Übelder Teufel unter Dschinnen und Menschen zu bewahren, uns zu helfenim Angesichte unserer Feinde, uns nicht unserer eigenen Ratlosigkeitzu überlassen, unsere Ängste und ihre Ängste von uns wegzunehmen,die Krankheiten unsrer Herzen und ihrer Herzen zu heilen. Amen.Amen. Amen!…«

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Siebenundzwanzigster Brief

Dieser Brief besteht aus einer Reihe wunder-schöner und reichhaltiger Briefe, welche diereine Wahrheit sind, geschrieben von demAutor der Risale-i Nur an seine Schüler, alsauch einige von Schülern der Risale-i Nur anihren Meister und einige, die sie sich gegen-seitig geschrieben haben, worin sie ihre be-merkenswerten und segensreichen Eindrückevom Studium der Risale-i Nur beschreiben.Drei, viermal umfangreicher als der vorlie-gende Band wurde diese Sammlung nicht die-sem Band beigefügt, sondern getrennt unterdem jeweiligen Titel als Nachtrag aus Barla,Kastamonu oder Emirdag herausgegeben.

Achtundzwanzigster Brief

Dieser Brief besteht aus acht Problemstellungen

Erste Problemstellung, zugleich ersteAbhandlung

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Falls ihr Traum-gesichte deuten könnt.« (Sure 12, 43)

Als wir uns vor drei Jahren einmal getroffen haben, erfüll-te sich drei Tage später ein Traum, um dessen Deutungdu heute bittest. Dieser schöne, gesegnete, verheißungs-volle Traum von damals ist nun heute längst verjährt. Ha-be ich also nicht recht, wenn ich angesichts dieses Trau-mes, der seine Bedeutung inzwischen enthüllt hat, Fol-gendes sage:

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»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht.Ich bin ein Verehrer der Sonne und bringe Kunde von der Sonne.Jene Träume, welche eine Falle für die Heiligen waren,sind die Widerspiegelungen der Blumen aus dem Garten Gottes.«

Mein Bruder, ich habe mich in der Tat daran gewöhnt, mitdir die Lektionen über die reine Erkenntnis zu bespre-chen. Da es nun einmal nicht so ganz der Art und Weiseder Wahrheitssuche entspricht, Träume, deren Türen fürjede Art von Phantasie offen stehen, auf der Suche nachder Wahrheit zu durchforschen, wollen wir nun hier im Zu-sammenhang mit deinem Traum in sechs AnmerkungenKenntnisse des Schlafes und die allgemeinen Erfahrun-gen mit ihm, der der kleine Bruder des Todes ist, den Ver-sen des Qur’an entsprechend erläutern. Im siebentenwerden wir dann eine kurze Auslegung deines Traumesgeben.

Erstens: Ein wichtiges Element in der Sure »Yusuf« istJosefs Traum, wie die Ayah

»Wir gaben euch den Schlaf zu eurer Erholung.« (Sure 78, 9)

gleich vielen anderen Ayat zeigt, dass in Traum undSchlaf viele bedeutende Wahrheiten verschleiert enthal-ten sind.

Zweitens: Kenner der Wahrheit befürworten es nichtgerade, sich auf eine (nach dem Zufallsprinzip ausge-wählte) Stelle im Qur’an als Orakel oder Deutung einesTraumes zu verlassen, denn der Weise Qur’an schlägtdie Leute des Unglaubens häufig und heftig. Wenn sichalso ein solches Orakel in all seiner Strenge gegenüber

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den Ungläubigen einem Menschen zeigt, der gerade ei-nen solchen Orakelspruch sucht, treibt es ihn in die Ver-zweiflung, bringt es sein Herz in Verwirrung. Auch Träu-me, selbst wenn sie gut sind, erscheinen manchmal alsböse, weil sie als der Wahrheit entgegengesetzt betrach-tet werden, bringen zur Verzweiflung, zerstören die mora-lische Kraft, verführen zu negativer Deutung. Es gibt vie-le Träume, die nach Form und Inhalt schrecklich, verlet-zend oder unrein, ihrer Bedeutung und Auslegung nachaber sehr schön sind. Da nicht jeder den Zusammenhangzwischen einem Traum, seiner Form, seiner Wahrheit undseiner Bedeutung finden kann, wird er unnötig ängstlich,verzweifelt, traurig und besorgt. Es ist einzig und alleinaus diesem Grunde, dass ich anfänglich wie die Kennerder Wahrheit und nach dem Beispiel von Imam Rabbanigesagt habe

»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht.«

Drittens: Einer wahren Überlieferung entsprechend zeig-te sich eines von vierzig Merkmalen des Prophetentumsin Form eines wahren Traums im Schlaf. Das heißt, dassTräume sowohl wahr sind, als auch verbunden mit derAufgabe der Erfüllung des Prophetentums. Diese dritteAnmerkung ist besonders wichtig, sehr lang, mit dem Pro-phetentum verbunden und zudem auch tiefschürfend. Wirwollen sie für ein andermal aufheben und öffnen dieseTüre jetzt nicht.

Viertens: Träume sind von dreierlei Art. Zwei von ihnensind nach den Worten des Qur’an

»…wirre Träume.« (Sure 12, 44)

In diesen mit eingeschlossen sind sie es nicht wert, er-

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klärt zu werden. Auch wenn sie einen Sinn haben, sindsie nicht wichtig. Entweder stellt die jeweilige Person in-folge einer Abweichung in der Stimmung und kraft ihrerEinbildung entsprechend ihrer Krankheit etwas zusam-men und schildert es dann, oder diese Einbildungskraftruft irgendein aufregendes Ereignis des gleichen Tagesoder davor, ja sogar eines, das ihn zu gleicher Zeit ein,zwei Jahre zuvor getroffen hat ins Gedächtnis, verformtund verändert es und gibt ihm wieder eine andere Ge-stalt. So sind denn auch diese beiden Arten

»…wirre Träume.« (Sure 12, 44)

und es nicht wert, erklärt zu werden.

Was aber die dritte Art betrifft, so handelt es sich hierum wahre Träume. Durch die Sinne, die den Menschenan die von ihm bezeugte Welt binden und die in dieserWelt umherschweifen, sie schließen oder fortsetzen, fin-den die Blumen des Herrn (latife-i Rabbaniyye) im Wesendes Menschen eine Öffnung, eine unmittelbare Verbin-dung zur Unsichtbaren Welt. Durch diese Öffnung be-trachtet er die kommenden Ereignisse, wie sie sich vor-bereiten, begegnet den Erscheinungen auf der Wohlver-wahrten Tafel, trifft auf ein Beispiel von der Art der Briefedes Göttlichen Vorherwissens und sieht dort einige wah-re Ereignisse. Und gerade über diese Ereignisse verfügtmanchmal unsere Einbildungskraft, gewandet sie in dasKleid einer bestimmten Gestalt. Diese Art (Träume) um-fasst viele verschiedene Ebenen. Manche von ihnen er-weisen sich später als genau das, als was sie zuvor ge-sehen worden sind. Von anderen erscheint (die Bedeu-tung) wie hinter einem dünnen Schleier verborgen. Beiwiederum anderen scheint (die Bedeutung) wie unter ei-ner Decke versteckt zu sein.

Es gibt eine ehrenwerte Hadith: Die Träume, die der

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Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, zuBeginn der Offenbarung geschaut hatte, waren so klarund wahr und deutlich wie die Morgendämmerung.

Fünftens: Ein wahrer Traum gleicht diesem Herauf-dämmern einer fortgeschrittenen Vorahnung. Was aberdiese Vorahnung betrifft, so hat sie mehr oder weniger einjeder. Es gibt sie auch bei den Tieren. Ich hatte sogareinmal, diese Vorahnung mit eingeschlossen, zusätzlichzu den schon bekannten äußeren und inneren Sinnesor-ganen, nach wissenschaftlichen Maßstäben bei Men-schen und Tieren noch zwei weitere Sinne entdeckt, dieleitenden und stimulierenden Kräfte genannt, vergleich-bar dem Gesicht und dem Gehör. Die Leute des Irrwegesund die (modernen) Philosophen nennen diese wenigerbekannten Sinne fälschlicher und törichter Weise »Natur-instinkte«. Gott bewahre! Nicht naturgegebene Instinkte,sondern eine Art schöpferische Eingebung göttlichen Vor-herwissens lenkt und leitet den Menschen und die Tiere.Zum Beispiel: So gehen einige Tiere, wie die Katzen,wenn ihre Augen zu erblinden beginnen, in der Führunggöttlicher Vorherbestimmung und finden ein Kraut alsHeilmittel für ihre Augen, reiben es in ihre Augen und fin-den Heilung.

Auch Greifvögel wie die Adler, die gleich einer öffent-lichen Gesundheitspolizei der Erde den Auftrag haben,die Kadaver umherziehender Tiere zu beseitigen, werdendurch diese Führung göttlicher Vorherbestimmung, die-sen intuitiven Sinn einer Vorahnung, diesen göttlichen An-trieb, ausgelöst durch irgendwelche Überreste in einerEntfernung von einer ganzen Tagesreise geleitet und fin-den (so ihre Beute).

Auch eine kleine, junge Biene, sobald sie in die Weltgekommen und noch keinen Tag alt ist, unternimmt eineganze Tagesreise durch die Luft, ohne in der Luft ihreSpur zu verlieren und kehrt in der Führung dieser gött-lichen Vorherbestimmung und dieses intuitiven Sinneszurück zu dem Stock (ihres Volkes). Und es wird ein jeder

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schon häufig erlebt haben, dass während er von jeman-dem spricht, die Tür aufgeht und eben diese Person völ-lig unerwartet hereinkommt. Ja es gibt sogar ein kurdi-sches Sprichwort

d.h. »wenn du von einem Wolf sprichst, halte deinenStock bereit zu schlagen; denn der Wolf kommt.« Dasheißt in einer Vorahnung verspüren die Blumen des Herrn(in Form eines) allgemeinen Eindrucks das Kommen die-ses Mannes. Da aber das Bewusstsein (diesen Vorgang)nicht in seinem Geist umfasst, veranlasste es ihn nichtabsichtlich, sondern ungewollt, von ihm zu sprechen. In-tuitiv begabte Menschen sagen manchmal ein solchesKommen wie ein Wunder (keramet) voraus. Eine Zeitlangwar sogar bei mir eine solche Art Sensitivität besondersgesteigert. Ich wollte schon diesen Zustand in eine Regelfassen, fand jedoch nichts dergleichen Treffendes; und sounterließ ich es denn. Unter den Gerechten und be-sonders den Gottesfreunden findet sich eine solche Vor-ahnung jedoch besonders hoch entwickelt und zeigt ihreFrüchte auf wunderbare Weise.

So gibt es denn auch für gewöhnliche Menschen die Er-fahrung einer Art Gottesfreundschaft, sodass sie gleichden Gottesfreunden in wahren Träumen unsichtbare undkünftige Dinge schauen können. So wie der Schlaf in derTat für gewöhnliche Leute durch einen wahren Traum ei-ner Stufe der Gottesfreundschaft gleicht, so ist er auch füralle der wunderschöne und prächtige Vorführraum desHerrn dieses Schauspielhauses. Wer jedoch von guterGesinnung ist, der denkt auch gut. Wer gut denkt, derschaut auch schöne Bilder. Wer in seiner üblen Gesin-nung schlecht denkt, schaut auch schlechte Bilder. Fer-ner ist er für einen jeden ein Fenster in der (von ihm) be-zeugten Welt, das in die unsichtbare Welt hinüberblickt.Ferner ist er ein Platz von unbegrenzter Weite und ein Zu-

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schauerraum, der eine Art der Beständigkeit (beqa) zeigtund in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für al-le Menschen gleich sind, die (in dieser Welt) gebundenund vergänglich sind. Ferner ist er ein Erholungsort allerbeseelten Wesen, die unter der Last und Mühsal des Le-bens gebeugt gehen. Es ist aus dergleichen Geheimnis-sen, dass der Weise Qur’an mit Ayat wie

»Wir gaben euch den Schlaf zu eurer Erholung. (Sure 78, 9)

nachdrücklich über die Bedeutung des Schlafes unter-richtet.

Sechstens und als wichtigstes: Der wahre Traum hatfür mich den Grad einer wahrheitsgemäßen Gewissheiterreicht und ist mir durch vielfältige Erfahrung zu einemsicheren Beweis dafür geworden, dass das göttliche Vor-herwissen alles umfasst. Besonders in diesen letztenJahren haben diese Träume in der Tat einen solchenGrad erreicht, dass es für mich sicher geworden ist, dassz.B. selbst das kleinste Ereignis, das ich morgen erlebenwerde, die unbedeutendsten Handlungen und selbstnoch das gewöhnlichste Gespräch bereits aufgeschrie-ben und (Gott bereits) bekannt ist, bevor es geschiehtund während ich es im Traume sehe, ist es für mich zurSicherheit geworden, dass ich mit meinen Augen leseund nicht mit meinem Mund. Nicht einmal, nicht hundert-mal, ja tausendmal erwies es sich, dass ich manchmal(im Traum) Menschen gesehen habe, an die ich zuvornoch nicht einmal gedacht hatte oder Dinge, über die ich(im Traum) gesprochen hatte, mir an dem Tag, der dieserNacht folgte, mit ein wenig Ausdeutung genauso begeg-neten und sich genauso ereigneten. Das heißt, dass auchnoch das unbedeutendste Ereignis (im VorherwissenGottes bereits) festgelegt und aufgezeichnet ist. Dasheißt also, dass es keinen Zufall gibt, dass Ereignissenicht herrenlos sind und Dinge nicht ohne jede Ordnung

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geschehenSiebentens: Die Ausdeutung deines wunderschönen,

gesegneten, uns Gutes verkündenden Traumes ist sehrgut für (den Dienst) am Qur’an und für uns. Des Weiterenhat die Zeit ihn ausgedeutet und deutet ihn noch weiter-hin aus, sodass es für mich nicht mehr notwendig ist, ihnnoch weiter auszudeuten. Und ferner hat sich bereits sei-ne teilweise Ausdeutung als schön erwiesen. Wenn duaufmerksam bist, kannst du sie verstehen. Wir werden al-so nur auf ein oder zwei Punkte hinweisen, d.h. wir wol-len ihren Sinn erklären. Die Ereignisse, die von der Artder Realität deines Traumes sind, spiegeln diesen ihrenSinn wieder. Das ist wie folgt:

Dieses weite Feld ist die Welt des Islam. Die Moscheean seinem Ende ist der Regierungsbezirk Isparta. Dasschlammige Wasser rundum ist der Sumpf der Aus-schweifung, des Müßiggangs und der ketzerischen Neu-erungen unter den Verhältnissen (hal) unserer heutigenZeit. Dass du selbst diese Moschee sicher, unbeflecktund zugleich so rasch erreicht hast, ist ein Zeichen, dassdu dich vor allen anderen für die Lichter des Qur’an in dieBresche geschlagen hast, unversehrt und mit unbefleck-tem Herzen. Was aber die kleine Gemeinde in der Mo-schee betrifft, so handelt es sich dabei um die Träger desWortes (Sözler), um Hakki, Hulusi, Sabri, Süleyman,Rüschtü, Bekir, Mustafa, Ali, Sühtü, Lutfi, Husrev und Re’-fet. Was das Lesepult (in dieser Moschee) betrifft, so ver-sinnbildlicht es ein kleines Dorf, so wie Barla. Was dielaute Stimme betrifft, so ist sie ein Hinweis auf die Kraft inden »Worten« (Sözler) und auf deren rasche Verbreitung.Was den dir zugesprochene Platz (makam) in der erstenReihe betrifft, so ist er (der Platz) Abdurrahmans, der nunfür dich frei geworden ist. Was aber den Hinweis und dieTatsache betrifft, dass diese Gemeinschaft die ganzeWelt wie durch den Telefonhörer eines drahtlosen Gerä-tes ihren Unterricht hören lassen will, so wird sich das mitGottes Hilfe später vollständig herausstellen. Noch ist je-

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der einzelne wie ein kleines Samenkorn; doch wird er inZukunft mit dem Erfolg von Gott wie ein hoher und mäch-tiger Baum werden. Und er wird wie ein ganzes Telegra-fenamt sein. Was aber den kleinen jungen Mann mit demTurban betrifft, so ist es einer, der mit Hulusi Seite an Sei-te arbeitet und ihm vielleicht (eines Tages) voraus seinwird. Er ist dazu bestimmt, einmal den Schülern beizutre-ten und einer ihrer Multiplikatoren zu werden. Es kämenmehrere dafür in Frage, doch mit Sicherheit kann ich dasnicht bestimmen. Dieser junge Mann wird eine Persön-lichkeit sein, die in der Kraft ihrer Heiligkeit hervortretenwird. Alle übrigen Punkte magst du nun statt meiner aus-deuten.

Nun ist es mir sowohl angenehm mit Freunden wie mitdir lange Gespräche zu führen, und ich weiß es auch zuschätzen. Deswegen habe ich mich auch so lang überdieses kurze Thema ausgelassen. Ja vielleicht war diesauch Verschwendung. Weil ich aber in der Absicht be-gonnen habe, eine Art Hinweis auf die qur’anischen Ayatzu geben, die den Schlaf betreffen, möge Gott es wollen,dass diese Verschwendung vergeben werde; aber viel-leicht ist es ja auch gar keine Verschwendung…

Zweite Problemstellung, zugleich zweiteAbhandlung

Dies wurde geschrieben, um ein wichtigesStreitgespräch über eine Hadith zu beenden,in dem es sinngemäß heißt, dass Hasret-iMusa, mit dem der Friede sei, Hasret-i Asrail,mit dem der Friede sei, einen Schlag aufsAuge versetzt habe usw. und (dieses Problemschließlich am Ende) abzuschließen.

Ich hörte von einem wissenschaftlichen Disput in Egridir.Dieser Disput war falsch; und das besonders in dieser

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Zeit. Doch ich wusste noch nichts von diesem Disput. Sostellte man auch mir diese Frage. Dabei zeigte man mir ineinem durchaus ernst zu nehmendem Buch eine Hadith,die mit einem »Q« als dem Merkmal der Übereinstim-mung der beiden Scheychs (Buchari und Muslim) ge-kennzeichnet war. Man fragte mich also: »Ist dies eineHadith oder ist es keine Hadith?« Ich antwortete ihnen:»Man sollte sich auf eine Person, die in einem so ver-trauenswürdigen Buch auf die Übereinstimmung der bei-den Scheys verweist, verlassen können. Es ist also Ha-dith. Doch bei einer Hadith tauchen genauso wie im Qur’-an Allegorien auf. Nur die Gelehrten können solche Sinn-bilder erkennen. So sagte ich, dass es möglich sei, dassauch diese Hadith, auch wenn ihr Sinn ganz offensichtlichist, zu jener Art Hadithe gehört, die allegorisch zu verste-hen und mehrdeutig sind. Hätte ich damals bereits ge-wusst, dass es sich hierbei um den Gegenstand einesDisputes handelte, hätte ich keine so kurze Antwort ge-geben, vielmehr Folgendes gesagt:

Erstens: Die erste Bedingung für einen Disput bei die-ser Art Problemstellungen ist Mäßigung und die Absicht,die Wahrheit zu finden, ohne sich auf sie zu versteifen,geführt unter Fachleuten. Und es ist nur erlaubt, (auf eineWeise) zu disputieren, die keinen Anlass zu Missver-ständnissen bietet. Der Beweis dafür, dass ein solcherDisput (tatsächlich nur) um der Wahrheit willen geführtwurde, ist folgender: Sobald die Wahrheit in der Hand desGegners offensichtlich wird, wird (sein Diskussionspart-ner) nicht aufgebracht sondern ist zufrieden, denn er hatnun gelernt, was er zu wissen begehrte. Wäre sie hinge-gen in seiner eigenen Hand offenbar geworden, so hättedie Möglichkeit bestanden, dass er nichts Neues mehrhinzugelernt hätte und stattdessen dem Stolz verfallenwäre.

Zweitens: Wenn es sich bei dem Gegenstand für einenDisput um eine Hadith handelt, muss man die Stufen derHadithe und die Grade der in ihr verborgenen Offenba-

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rung und die Ausdrucksformen prophetischer Redeweisekennen. Vor dem einfachen Volk ist es nicht erlaubt, dieallegorische (Bedeutung) einer Hadith zu disputieren, dieÜberlegenheit des eigenen Standpunktes nach Art einesAdvokaten unter Beweis zu stellen, sein Ego herauszu-streichen und dafür gegen Recht und Mäßigung nach Be-weisen zu suchen. Da aber diese Angelegenheit nunschon einmal offengelegt und zum Anlass eines Disputeswurde und nun eine negative Auswirkung auf die Vorstel-lungswelt der armen und einfachen Leute hat, weil siesolche allegorische Hadithe nicht verstehen können, undfalls sie (die Echtheit der Hadithe) bestreiten, sich ihneneine schreckliche Türe öffnet, das heißt, es sich ihnen einWeg öffnet, auch die zuverlässigen Hadithe, die sie mitihrem kleinen Verstand nicht verstehen können, abzu-streiten, und weil sich den Leuten des Irrglaubens, wennsie anderenfalls die offensichtliche Bedeutung dieser Ha-dith anerkennen und sie so weiter verbreiten, ein Weg zurKritik öffnet und sie dann sagen können, dass sie einAberglaube sei, und da nun einmal die Aufmerksamkeit inunnötiger und in negativer Weise auf (die Möglichkeit ei-ner) allegorischen (Ausdeutung) dieser Hadith gelenktwurde und es viele Hadithe dieser Art gibt, ist es sicher-lich notwendig, eine Ausdeutung zu bringen, die ihreZweifel wieder ausräumt, und auch erforderlich, unab-hängig von der Authentizität dieser Hadith, (im Folgen-den) deren Sinn herauszustellen.

So wollen wir denn hier die ausführlichen Erklärungenin den bereits niedergeschriebenen Abhandlungen, wiez.B. die Zwölf Pfeiler des Dritten Astes, den Vierten Ast imVierundzwanzigsten Wort, den Zweiten Grundsatz imVierten Hinweispunkt des Neunzehnten Briefes, wo diebeiden Arten der Offenbarung behandelt wurden, als aus-reichend betrachten und mit einem kurzen und bündigenHinweis auf den Sinn (dieser Hadith) hinweisen. Es istdies wie folgt:

Die Engel sind nicht an eine einzige Gestalt gebunden

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wie die Menschen. Obwohl sie einzelne Personen sind,ist doch jeder auch eine Gesamtheit (wie z.B. Spiegelbil-der – A.d.Ü.). Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, istder oberste der Engel, die damit beauftragt sind, die See-len (ruh) herauszuziehen.

»Zieht Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, die See-le eines jeden Verstorbenen persönlich heraus? oder zie-hen seine Helfer sie heraus?« In dieser Angelegenheitgibt es drei Auffassungen (meslek):

Erste Auffassung: Asrail, mit dem der Friede sei, ziehtdie Seele eines jeden heraus. Eine Arbeit behindert eineandere Arbeit nicht, denn er ist eine Lichtgestalt. Wenn(eine Gestalt) aus Licht ist, so kann sie in zahllosen Spie-geln an zahllosen Orten als Person anwesend sein undsich an ihnen verkörpern. Die Verkörperung eines Licht-wesens besitzt die selben charakteristischen Eigenschaf-ten des Lichtwesens selbst. Sie wird als ein und dassel-be Wesen betrachtet und ist kein anderes. So wie dasSpiegelbild der Sonne ihr Licht und ihre Wärme aus-strahlt, so sind auch die Abbildungen der Geistwesen, wiedie der Engel in den verschiedenen Spiegeln der Bilder-welt ihnen gleich und strahlen ihre persönlichen Eigen-schaften aus. Doch entspricht ihre Rückspiegelung derjeweiligen Eigenschaft des reflektierenden Hintergrun-des. So wie Hasret-i Djebrail (Gabriel), mit dem der Frie-de sei, zur gleichen Zeit in der Gestalt Dihyas vor denSahabis erschien, so war er im selben Augenblick auchan tausend anderen Orten in verschiedenen Gestaltenzugleich zugegen und warf sich zugleich auch mit seinengewaltigen, den Osten wie den Westen umspannendenFlügeln, vor Gottes gewaltigem Throne nieder. Seine Ver-körperung zeigte sich entsprechend den Eigenschaftendes betreffenden Ortes und war zugleich an Tausendenvon Orten gegenwärtig.

So wäre es denn nach dieser Lehre (meslek) im Au-genblick der Entnahme der Seele (ruh) für den Engel desTodes, der sich eines Menschenkörpers als Spiegel be-

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dient, keineswegs unmöglich, wenn dieses Spiegelbild (inMenschengestalt) und (für diesen Menschen) persönlicheAbbild von einer so gewaltigen, kurz entschlossenen, ma-jestätischen und zugleich energischen Persönlichkeit wieHasret-i Musa (Moses), mit dem der Friede sei, eine Ohr-feige bekommt und wenn das Auge dieses Spiegelbildes,das dem Kleid des Todesengels gleicht, dabei ausge-schlagen wird, es wäre nicht außergewöhnlich oder un-vorstellbar.

Zweite Auffassung: Erzengel wie Gabriel, Michaeloder Asrail gleichen einem Minister und haben Helfer, dievon der gleichen Art aber kleiner als sie selbst sind. Die-se Helfer sind entsprechend den Arten der Geschöpfeverschieden. Diejenigen, welche die Geister der Gerech-ten* herausziehen, sind von der einen Art, die, welcheGeister der Leute der Qual herausziehen, wieder von ei-ner anderen Art.

Dementsprechend weisen auch die folgenden Ayat dar-auf hin

»Bei denen, die gewaltsam herausreißen. Bei denen, die mit sanfterHand hinausführen.« (Sure 79, 1-2)

So gehören denn diejenigen, welche die Geister heraus-ziehen, verschiedenen Gruppen an. Dieser Lehre (mes-lek) entsprechend war es für Hasret-i Musa, mit dem derFriede sei, durchaus verständlich, wenn er nicht Asrail,

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* Bei uns war ein großer Heiliger, bekannt unter dem Titel»Seyda« . Während er auf dem Sterbebett lag, kam jener Engeldes Todes zu ihm, der dafür zuständig war, die Seelen der Hei-ligen herauszuziehen. Da rief Seyda ihm mit lauter Stimme zu:»Da ich die Schüler der Wissenschaft sehr gern habe, soll eineraus der Gruppe derer, die dafür bestimmt sind, die Seelen derSchüler herauszuziehen, kommen, um meine Seele herauszu-ziehen!« So flehte er an der Schwelle Gottes. Diejenigen, wel-che bei ihm saßen, wurden Zeugen dieses Ereignisses.

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mit dem der Friede sei, sondern der spiegelgleichen Ver-körperung einer seiner Helfer infolge seiner natürlichenReizbarkeit, seiner Unerschrockenheit und zugleich sei-ner Verehrung gegenüber Gott dem Gerechten eine Ohr-feige versetzt hat.*

Dritte Auffassung: Wie bereits im Vierten Grundsatzdes Neunundzwanzigsten Wortes erklärt wurde, gibt es,entsprechend einem Hinweis der ehrwürdigen Hadithe,Engel mit vierzigtausend Köpfen. In jedem Kopf sind vier-zigtausend Zungen. Das heißt, dass sie auch achtzigtau-send Augen haben. Und mit jeder Zunge sprechen sievierzigtausend Lobpreisungen.« Da die Engel nun einmalmit Aufgaben betraut werden entsprechend den Arten inder (von uns) bezeugten Welt, repräsentieren sie dieseArt Lobpreisungen auch in der Welt der Geister. Dasmuss sicherlich auch so sein, denn so ist z.B. die Erde einGeschöpf. Sie lobpreist Gott den Gerechten. Es gibt aufihr vielleicht nicht vierzigtausend sondern Hunderttausen-de von Arten, den (oben erwähnten) Häuptern vergleich-bar. Jede Art hat hundertausende Glieder, den (oben er-wähnten) Zungen vergleichbar usw… Das heißt, dass derEngel, der für unsere Erde zuständig ist, vierzigtausend,ja vielleicht sogar hunderttausende Häupter haben muss.Und jeder Kopf muss wieder hunderttausende Zungenhaben usw… Also hat denn nach dieser Lehre (meslek)Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, ein Gesicht, dasjedem einzelnen zugewandt ist, mit Augen, die alles se-hen. Was aber nun die Ohrfeige betrifft, die Hasret-i Mu-sa, mit dem der Friede sei – Gott bewahre! – (dem Engel)Asrail, mit dem der Friede sei, versetzt hat, so war sienicht gegen dessen wahres Selbst, nicht gegen dessenwahre Gestalt gerichtet, nicht als eine Beleidigung und

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* Es gab da in unserem Land einmal einen sehr tapferen Mann,der sah den Todesengel an seinem Sterbelager und sagte:»Überfällst du mich hier in meinem Bett?« sprang auf, bestiegsein Pferd, zog sein Schwert und forderte (ihn zum Kampf)heraus. So starb er zu Pferde wie ein Mann.

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auch nicht als eine Zurückweisung gedacht, sondern alsein Ausdruck seiner Sehnsucht, seine Botschaft als Auf-gabe beizubehalten und fortzusetzen, um seine Todes-stunde im Auge zu behalten und – damals wie heute – alsein Schlag ins Auge dessen, der ihn von seinem Dienstabhalten will…

»Gott weiß, was richtig ist. Niemand kennt das Verborgene außer Gott.Sprich: Fürwahr, das Wissen ist bei Gott. Er ist es, der dir das Buch her-abgesandt hat. In ihm sind eindeutige Verse. Sie sind die Mutter desBuches. Andere sind mehrdeutig. Diejenigen aber, deren Herzen demIrrtum zugeneigt sind, folgen dem, was daran mehrdeutig ist. Siesuchen nach Gespaltenheit und trachten nach eigener Deutung. Dochdie Deutung kennt niemand außer Gott. Die aber, die fest stehen inihrem Wissen sagen: Wir glauben daran. Alles ist von unserem Herrn.Doch nur die Verständigen beherzigen es.« (Sure 3, 7)

Dritte Problemstellung, zugleich dritteAbhandlung

Bei dieser Problemstellung handelt es sichum eine allgemeine Frage, die die meisten allmeiner Brüder nonverbal, ein Teil von ihnenjedoch auch verbal geäußert haben, woraufdenn die Antwort teils persönlich oder privatoder auch familiär ausgefallen ist.

Frage: Du sagst zu jedem, der zu dir zu Besuch kommt:

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»Erwartet von meiner Person nicht einen besonderenBeistand (himmet) und betrachtet meine Person nicht alsbesonders gesegnet. Ich bekleide keinen besonderenRang (makam). So wie ein einfacher Soldat nur die Be-fehle seines Marschalls weiter gibt, so verkündige auchich gleichsam nur die Befehle eines geistlichen Mar-schalls. Ich bin nur wie ein Bankrotteur, der die teurenund kostbaren Diamanten aus seinem Juwelierladen aus-preist.«

»Doch so wie unser Verstand der Erkenntnis bedarf, sosehnen sich auch unsere Herzen nach dem Segen (fey-iz). Unsere Seele (ruh) sehnt sich nach dem Licht (nur)usw… Wir sehnen uns in vielerlei Hinsicht nach vielerleiDingen. Wir haben geglaubt, du seiest der Mann, der un-seren Bedürfnissen entgegen käme und sind darum ge-kommen, dich zu besuchen. Mehr als einen Gelehrtenbrauchen wir einen Gottesfreund, jemanden, der über al-len Segen, einen, der über alle Vollkommenheit (kemalat)verfügt. Wenn die Sache (hal) aber so ist, wie du uns ge-sagt hast, war es dann falsch, dass wir gekommen sind,dich zu besuchen?« Dies alles brachten sie in ihrer Hal-tung (hal) zum Ausdruck.

Antwort: »Hört euch erst einmal die folgenden fünfPunkte an. Dann erst urteilt darüber, ob euer Besuch ver-geblich war, oder euch einen Nutzen gebracht hat.«

Erster Punkt: Bekanntlich überreicht ein einfacher Die-ner oder der (ansonsten) mittellose Soldat eines Königseinem General oder Marschall königliche Geschenke undOrden und empfängt dafür deren Dankbarkeit. Wolltendiese Generäle und Marschäle aber nun sagen: »Warumerniedrigen wir uns denn vor diesem einfachen Soldaten,nehmen diese Gunsterweise und Orden aus seiner Handan?« so wäre das nichts als Dummheit und Arroganz.Auch wenn dieser Soldat außerhalb seines Dienstes nichtvor dem Marschall aufstünde und nicht anerkennte, dasser ihm gegenüber von höherem Rang ist, so wäre auchdas eine ganz törichte Dummheit. Wenn ferner einer die-

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ser zufriedenen Generäle in seiner Dankbarkeit in die be-scheidene Hütte des Soldaten hinabstiege und der Soldathätte nichts als trockenes Brot, so würde doch der König,um ihm aus der Verlegenheit zu helfen, da er doch die La-ge (seines Soldaten) sieht und kennt, für den verehrtenGast seines treuen Dieners aus der königlichen Kücheein Tablett (mit Speisen) senden, um ihn nicht in Verle-genheit zu bringen.

In gleicher Weise wird auch ein treuer Diener des Wei-sen Qur’an, was für ein einfacher (Mensch) er auch im-mer sein mag, im Namen des Qur’an ohne zu zögernauch den höchstgestelltesten Menschen seine Befehleverkünden und auch denen, die schon alle Reichtümerdes Geistes besitzen, nicht in Erniedrigung wie ein Bett-ler die erhabenen Diamanten des Qur’an verkaufen, son-dern stolz und in Unabhängigkeit. Wie groß und bedeu-tend sie auch immer sein mögen, so können sie sich dochnicht überheblich verhalten gegenüber diesem einfachenDiener, der (nur still) seine Pflicht erfüllt. Und auch dieserDiener darf nicht, wenn sie sich an ihn wenden, dies fürsich zu einer Quelle seines Stolzes machen und seineGrenzen überschreiten. Wenn nun einige der Kunden andiesem heiligen Schatz diesen armseligen Diener wie ei-nen Heiligen betrachten und ihn als einen ihrer Großenerkennen, so ist es doch das Merkmal eines heiligen Mit-leids der qur’anischen Wahrheiten, ihnen zu helfen, ihnenbeizustehen und sie mit allem Segen (feyiz) aus Gottesköniglichem Schatz zu erfüllen, ohne dass sein Dienerseiner Mitwirkung gewahr wird, um nicht seinen Diener inVerlegenheit zu bringen.

Zweiter Punkt: Imam Rabbani und der Erneuerer deszweiten Jahrtausends, Ahmed Faruqi, mit dem Gott zu-frieden sein möge, sagt: »Nach meiner Meinung ist dieEntfaltung und Verdeutlichung einer einzigen Thematikunter den Glaubenswahrheiten tausenden Freuden, Ek-stasen und Wundern (keramet) vorzuziehen. Ferner istdas Ziel und Ergebnis aller Sufi Wege die Entfaltung und

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Verdeutlichung der Glaubenswahrheiten.« Da nun einmalein so großer Geist unter den Sufis auf diese Weise ur-teilt, mögen nun auch die »Worte« (Sözler), die die Glau-benswahrheiten mit einer so vollkommenen Klarheit aus-drücken und dabei von den Geheimnissen des Qur’anausgehen, die Ergebnisse hervorbringen, die man von ei-ner Gottesfreundschaft erwarten darf.

Dritter Punkt: Dreißig Jahre zuvor hagelte es auf denKopf des Alten Said in seiner Sorglosigkeit fürchterlicheSchläge herab. Er dachte an seinen Urteilsspruch:

»Der Tod ist die Wahrheit.«

Er sah sich selbst in Schlamm und Schmutz, erwarteteHilfe, suchte einen Weg, hielt Ausschau nach einem Ret-ter, sah, wie verschieden die Wege waren, zögerte un-entschlossen. Da wandte er sich an Scheich Geylani, derein Gausu-l’azam ist, griff zu seinem Futuhu-l’ghayb,schlug das Buch auf und der Satz sprang ihm die Augen:

»Du bist im Hause der Weisheit (Daru-l’Hikmet). Suche einen Arzt, derdein Herz heilen kann!«

Das war merkwürdig! Denn ich war damals Mitglied derDaru-l’Hikmeti-l’islamiye. Es war, als sei ich ein Arzt, dersich darum bemüht, die Wunden der Muslime zu heilen.Aber die schwerste Krankheit hatte ich selbst. Ein Kran-ker muss sich zuerst um sich selbst kümmern, bevor erandere Kranke besuchen kann.

So also sagte mir Hasret-i Scheich: »Du selbst bistkrank. Suche einen Arzt für dich!« Ich antwortete: »Sei dumein Arzt!« Es war mir, als spräche er selbst zu mir, lasdas Buch so, als redete es mit mir. Aber sein Buch warfürchterlich. Und schrecklich war es, wie es meinen Stolzzerbrach. Es vollzog in meiner Seele eine fürchterliche

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Wundoperation. Ich konnte mir zu meinem Gesprächs-partner, hatte keine Ausdauer mehr, es zu Ende zu lesen.Ich legte das Buch in den Schrank. Aber danach vergin-gen die Schmerzen, die diese heilbringende Operationverursacht hatte. Ich bekam Geschmack an diesem Bu-che meines ersten Lehrers (Ustadh), las es jetzt ganzdurch und zog einen großen Nutzen daraus. Ich lauschteseinen Hymnen und Gebeten und empfing viel Segenund Gewinn.

Danach habe ich die »Mektubat« vom Imam Rabbanigesehen. Ich nahm es in meine Hand, bat in reiner Ab-sicht um ein Zeichen und schlug es auf. Seltsamer Weisegibt es im ganzen Mektubat nur zwei Stellen, wo von ei-nem »Bediüzzaman« die Rede ist. Unerwartet öffnetensich mir diese beiden Briefe »Mektup«. Meines VatersName war Mirza und ich sah, dass als Titel auf dem ers-ten dieser Briefe »Brief an Mirza Bediüzzaman« ge-schrieben stand. »Lobpreis und Dank sei Allah!« sagteich: diese Rede gilt mir. Ein Beiname des Alten Said wardamals »Bediüzzaman«. Denn außer Bediüzzaman-i He-medani, der im dritten Jahrhundert nach der Hidjra unterdiesem Beinamen berühmt geworden war, kannte ichkeine Persönlichkeiten mit diesem Titel. Das heißt, eshatte zu Imams Zeiten noch einen Mann gegeben, demdiese beiden Briefe geschrieben worden waren. Der Zu-stand dieses Mannes ähnelte meinem eigenen Zustandso, dass ich in diesen beiden Briefen ein Heilmittel fürmeinen Kummer fand. Der Imam empfiehlt in diesen bei-den Briefen das, was er auch in vielen anderen Briefenempfohlen hat, nämlich: »Tauhid sei deine Qibla!« dasheißt: »Nimm dir nur einen einzigen Meister, folge ihmnach und kümmere dich um keinen anderen!« Dieser seinwichtigster Rat entsprach meiner Begabung und meinemGeisteszustand nicht. Ich dachte lange nach… sollte ichdiesem folgen? oder sollte ich einem anderen folgen? Ichblieb unschlüssig. Jeder von ihnen hatte seine besonde-ren Eigenarten, von denen ich mich angezogen fühlte.

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Nur einer von ihnen genügte mir nicht. Während ich nochunschlüssig war, gab Gott der Gerechte meinem Herzenein: »Der Anfang dieser verschiedenen Wege (Tariqat),die Sonne inmitten der Planeten und die Quelle, aus derdie Bewässerungskanäle gespeist werden, ist der WeiseQur’an, die wahrhaftige Tauhid-i Qibla findet sich in ihm.Wenn dem so ist, dann ist auch der erhabenste Lehrer(Murshid) und der heiligste Meister (Ustadh), an dem ichmich festhalte.« Meine mangelhafte, nicht gesammelteVeranlagung kann sicherlich nicht den Nutzen, den Se-gen, gleich dem Wasser des Lebens von diesem wahr-haften Lehrer so aufsaugen wie es sich gebührt. Wir kön-nen diesen Segen aber dem Grade der Leute des Her-zens (der Sufis) und der Besitzer des Zustandes (der Ek-statiker) entsprechend, dieses Wasser des Lebenswiederum mit seinem Segen sichtbar machen. Das heißt:diese »Sözler (Worte)« und »Nurlar (Lichter)«, die ausdem Qur’an entstanden, sind nicht nur wissenschaftlicheFragestellungen, sondern des Herzens, des Geistes, des(ekstatischen) Zustandes Fragestellungen nach demGlauben und gelten als eine sehr hohe und wertvolle Got-teserkenntnis.

Vierter Punkt: Alle die Persönlichkeiten, die sich alsSahabis, als deren Schüler (Tabiine) und als die Schülerder Tabiine auf der höchsten Stufe einer Großen Gottes-freundschaft befanden, entnahmen ihren Anteil für alleFeinheiten direkt aus dem Qur’an und da der Qur’an einwahrer und ihnen in allem entsprechender Führer (kafi birMurshid) war, so zeigt uns dies, dass der Weise Qur’an,so wie er jeder Zeit der Wahrheit Ausdruck verleiht, auchdie Segnungen (feyiz) der Großen Gottesfreundschaftdenen verleiht, die dafür empfänglich sind.

Der Übergang vom nur Äußerlichen zur Wirklichkeit ge-schieht in der Tat auf zweierlei Weise:

Der eine ist der, in das Zwischenreich (berzah) der Su-fis (tariqat) einzutreten und die wahre (Erkenntnis) auf ei-ner spirituellen Reise zu erreichen, wobei man alle Stufen

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(des Weges) hinter sich lässt.Der andere aber ist der, auf dem direkten Wege, ohne

erst das Zwischenreich auf dem Wege der Sufis zu be-treten, mit der Gnade Gottes zur wahren (Erkenntnis) zugelangen. Dies ist der hohe Pfad und der kurze Weg, derfür die Sahabis und die Tabiine bestimmt war.

Das aber heißt, dass die Lichter, die aus der qur’ani-schen Wahrheit heraus sickern und die »Worte« (Sözler),welche diese Lichter interpretieren, diese Besonderheitenbesitzen könnten. Und sie besitzen sie in der Tat.

Fünfter Punkt: Wir wollen nun hier an fünf persön-lichen Beispielen darstellen, dass die »Worte« (Sözler)sowohl die Wahrheit (haqaiq) lehren, als auch die Funk-tion eines Führers (irshad) wahrnehmen.

Erstes Beispiel: Ich selbst bin nicht zehn, nicht hun-dert, nein tausende Male durch meine eigene Erfahrungzu der Überzeugung gelangt, dass die »Worte« und dieLichtstrahlen, die vom Qur’an ausgehen, mich nicht nurdem Verstande nach belehren, sondern auch den Zu-stand (hal) des Glaubens in meinem Herzen aufrichten,meinem Geist (ruh) den Geschmack am Glauben einge-ben usw… Ja sogar in Angelegenheiten, die diese Weltbetreffen, geschah es häufig, und zwar in der gleichenWeise, in der ein Schüler (Muried) von seinem wundertä-tigen Scheych Hilfe und Segen (himmet) (in seinen all-täglichen Nöten und) Bedürfnissen erwartet, dass all mei-ne Nöte, noch während ich eine Antwort aus den wun-derwirkenden Geheimnissen des Weisen Qur’an erwarte-te, alles für mich auf eine Weise geregelt wurde, die ichnicht erhofft und nicht erwartet hatte. Dafür hier nun zweikleine Beispiele, die ich selbst erlebt habe:

Erstens: Wie dies bereits im Sechzehnten Brief aus-führlich erzählt worden ist, hatte man einem meinerGäste, mit Namen Suleyman, auf dem Wipfel einer mäch-tigen Zeder auf wundersame Weise einen riesigen LaibBrot gezeigt. Zwei Tage aßen wir beide von diesem Ge-

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schenk aus dem Unsichtbaren.Zweitens: Ich will hier ein ganz persönliches und recht

eigenartiges Beispiel erzählen, dass sich kürzlich ereig-net hatte. Es war wie folgt:

Es war noch vor der Morgendämmerung als mir der Ge-danke kam, dass ich zu jemandem ein paar Worte gesagthatte, auf eine Weise, die sein Herz hätte beunruhigenkönnen. »Ach könnte ich ihn doch noch einmal sehen!«,sagte ich zu mir selbst, »und könnte diese Unruhe ausseinem Herzen vertreiben.« Und im gleichen Augenblicksagte ich zu mir: »Ich benötige einen Teil jenes Buches,dass nach Nis gesandt worden war. Ach könnte ich esdoch wieder in meiner Hand haben!« Nach dem Morgen-gebet setzte ich mich. Da sah ich, wie eben dieser Mannzur Türe hereinkam und diesen Teil meines Buches inseiner Hand hielt. Ich sagte zu ihm: »Was hast du da indeiner Hand?« Er antwortete mir: »Ich weiß es nicht. Je-mand hat es mir hier vor der Türe gegeben und mir ge-sagt, es käme aus Nis. So gebe ich es nun dir.« Da sag-te ich: »Ehre sei Gott!«, da kommt doch dieser Mann umdiese Tageszeit aus seinem Haus und es sieht nicht ge-rade wie ein Zufall aus, dass dieser Teil der »Worte« ausNis hierher kommt. Und so dachte ich mir: Es war dies si-cher ein Segen des Weisen Qur’an, der einem Mann wiediesem, einen solchen Teil eines Buches wie dieses in dieHand gab, und sagte: »Lobpreis und Dank sei Gott! Der,welcher auch noch den persönlichsten, geheimsten undunbedeutendsten Wunsch meines Herzens kennt, wirdmir sicherlich Seine Barmherzigkeit erweisen und michbeschützen. Da dies aber nun so ist, werde ich von die-ser Welt noch keine fünf Para Dankesschuld annehmen.«

Zweites Beispiel: Obwohl mein verstorbener Neffe Ab-durrahman seit acht Jahren von mir getrennt von Gott-vergessenheit und irrigen Vorstellungen von der Welt be-sudelt war, hatte er eine weit bessere Meinung von mir,als mir zukam. Er wollte von mir einen Segen (himmet),den ich weder besaß, noch über ihn verfügen konnte und

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erwartete meinen geistigen Beistand. Der Segen des wei-sen Qur’an eilte ihm jedoch zu Hilfe und ließ drei Monatevor seinem Tod das »Zehnte Wort« über die Wiederauf-erstehung in seine Hand gelangen. Wobei dieses Wortihn von allem geistigen Unrat, irrigen Vorstellungen undder Gottvergessenheit gereinigt hatte, so als wäre er be-reits zur Stufe der Gottesfreunschaft emporgestiegen, of-fenbarte er in seinem Brief vor seinem Tod drei offen-sichtliche Zeichen seiner Wunderkraft (keramet). Dieser(Brief) wurde unter die im Siebenundzwanzigsten Briefenthaltenen Auszüge eingereiht. Dort kann man jetztnachlesen.

Drittes Beispiel: Ich hatte einmal einen Mitbruder ausBurdur, Schüler der (Leute, die aufrechten) Herzens(sind), mit Namen Hasan Efendi. Er hatte eine weit überalle Maßen gute Meinung von mir und erwartete von mirallen Segen (himmet) wie von einem großen Heiligen (Ve-li). Da traf ich eines Tages einen Mann aus einem Dorf inder Gegend von Burdur und übergab ihm, noch vorläufigohne irgendeinen näheren Zusammenhang, das »Zwei-unddreißigste Wort«, damit er es studieren möge. So-dann erinnerte ich mich wieder an Hasan Efendi und sag-te: »Solltest du einmal nach Burdur (in die Stadt) kom-men, gib es Hasan Efendi, damit er es drei bis sechs Ta -ge studieren kann.« Da ging dieser Mann und gab es so-gleich Hasan Efendi. Hasan Efendi blieben damals nochdreißig, vierzig Tage bis zu seinem Ende. Wie ein Mann,der einen schrecklichen Durst leidet, plötzlich auf eineQuelle trifft, deren Wasser süß ist wie Kauthar (im Para-dies) und sich an ihr sogleich nahezu festsaugt, so saug-te er sich gleichsam an diesem »ZweiunddreißigstenWort« fest, studierte es eifrig, empfing ständig seinen Se-gen, fand schließlich im Dritten Kapitel, in dem die LIEBEGOTTES behandelt wird, eine vollständige Heilung fürseinen Schmerz. Er fand in diesem (Kapitel) den Segen,den er von einem gewaltigen Pol (kut-bu a’dham) erwar-tet hätte. Er hatte das Heil (saghlam) gefunden, ging nun

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zur Moschee, verrichtete das Gebet und gab danach in(die Hände des) Allbarmherzigen seinen Geist (ruh) auf.(Möge Gott ihm Erbarmen schenken.)

Viertes Beispiel: So wie Hulusi Bey in einem Abschnittdes Siebenundzwanzigsten Briefes bezeugt, fand er indiesen erleuchteten »Worten«, die die Geheimnisse desQur’an interpretieren, mehr Beistand und Hilfe, Segenund Licht denn auf dem Naqshi-Weg, dem (Weg des) be-deutendsten und einflussreichsten Sufi-Ordens.

Fünftes Beispiel: Mein Bruder Abdulmedjid litt ganzschrecklich bei dem Tode Abdurrahmans (möge Gott ihmErbarmen schenken) und noch anderen schmerzlichenEreignissen. Auch er erwartete von mir geistlichen Bei-stand und Hilfe, die ich ihm nicht geben konnte. Ich unter-hielt keinen (Brief)-Kontakt mit ihm. Doch übersandte ichihm (unabhängig davon) einige wichtige »Worte«. Nach-dem er sie studiert hatte, schrieb er mir: »Lobpreis undDank sei Gott, ich bin gerettet!« Ich wäre sonst nochwahnsinnig geworden! Jedes dieser Worte ist mir zumLehrer (Murshid) geworden. Ich hatte mich von dem ei-nen Lehrer getrennt; doch habe ich nun auf einmal vieleLehrer gefunden und bin gerettet.« Ich sah, dass Abdul-mecid tatsächlich in eine gute Schule (meslek) eingetre-ten war und aus seiner früheren Lage (vaziyet) befreitworden war.

Es gibt zahlreiche andere Beispiele außer diesen »FünfBeispielen«, die zeigen, dass dort, wo die Wissenschaftdes Glaubens auf Grund eines Bedürfnisses und als Hei-lung für die Wunden direkt als eine geistliche Medizin ausdem Geheimnis des Weisen Qur’an erfahren wurde, die-se Wissenschaft des Glaubens zur geistlichen Medizinwird, ausreichend und genügend für die, welche ihre Be-dürfnisse verspüren und (diese Medizin) ernsthaft undaufrichtig anwenden. Wem auch immer der Apothekergleicht, der sie verkauft und der Ausrufer, der sie bekanntmacht, sei er nun gewöhnlich, bankrott, reich, hoch ge-stellt oder von niederem Rang (makam) macht dabei we-

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nig Unterschied.Es ist in der Tat nicht notwendig, im Kerzenlicht zu wan-

deln, wenn doch die Sonne scheint! Da ich nun einmalauf die Sonne hinweise, ist es sinnlos und unnötig, vonmir Kerzenlicht zu erwarten, besonders da ich (gar keineKerzen) habe. Statt dessen wäre es notwendig, dass siemich durch ihr Gebet, durch ihren geistigen Beistand, jaihren Segen (himmet) unterstützen. Wenn ich sie um ihreHilfe bitte und Beistand von ihnen erwarte, so ist dies (imRahmen meiner Rechte und) Pflichten, während mit demSegen, den sie aus den »Lichtern« empfangen, zufriedenzu sein, (zu den Rechten und) Pflichten gehört (die manvon ihnen erwartet).

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»Oh Gott segne unseren Herrn Mohammed mit dem Segen, den wir zuDeiner Zufriedenheit und in Erfüllung (seines Rechtes und) unsererPflicht (für ihn erbitten), seine Familie und seine Gefährten und gibihnen Frieden.«

(Ein kleiner, privater Brief, der als Anhang zurDritten Problemstellung dem Achtundzwan-zigsten Brief beigefügt werden kann.)

An meine Mitbrüder und fleißigen Schüler Hüsrew Efendiund Re’fet Bey

Angesichts der »Sözler (Worte)« genannten Lichter ausdem Qur’an ahnten wir drei Wunder (keramet) desQur’an. Ihr aber habt ihnen mit eurem Eifer und eurer Be-geisterung noch ein viertes hinzugefügt. Die uns bekann-ten drei sind folgende:

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Erstens: die außergewöhnliche Schnelligkeit und Leich-tigkeit bei ihrer Abfassung. Ja, der Neunzehnte Brief, deraus fünf Teilen besteht, wurde sogar in nur zwei, drei Ta -gen abgefasst, wobei wir täglich nur drei, vier Stunden, al-so insgesamt zwölf Stunden, ohne ein Buch auf einemBerg oder in einem Weingarten gearbeitet haben. DasDreißigste Wort wurde zu einer Zeit, in der ich krank war,in fünf, sechs Stunden abgefasst. Die Abhandlung überdas Paradies, also das Achtundzwanzigste Wort, wurdein ein, zwei Stunden in Suleymans Garten am Bach ab-gefasst. Ich, Taufiq und Suleyman waren über diese Ge-schwindigkeit erstaunt. Und so weiter…

Gleich diesem Wunder des Qur’an bei der Abfassungwar da

Zweitens: auch noch eine außerordentliche Leichtig-keit, Begeisterung und Unverdrossenheit bei der Nieder-schrift. Zu dieser Zeit, da es viele Ursachen dafür gab,Geist und Verstand Verdrossenheit zu bereiten, erscheinteiner dieser »Sözler« und an vielen Orten beginnt manmit vollkommener Begeisterung, sie niederzuschreiben.Mitten in anderen noch wichtigen Arbeiten werden sie al-len anderen Dingen vorgezogen. Und so weiter…

Drittes Wunder des Qur’an: Auch ihre Lesung bereitetkeinen Verdruss. Besonders aber dann, wenn man dasBedürfnis dazu verspürt, wird das Lesen zum Genussund lässt keine Verdrossenheit aufkommen.

Damit habt auch ihr einen Beweis für ein viertes Wun-der des Qur’an erbracht. Wenn ein Mann wie unser Bru-der Husrew, der sich selbst einen Faulpelz nennt und inder Tat so faul ist, dass er nicht mit dem Abschreiben be-gonnen hat, obwohl er doch fünf Jahre lang die »Sözler«gehört hatte, in einem Monat vierzehn Bücher schön undordentlich abschreibt, dann ist das ohne Zweifel das vier-te Wunder dieses geheimnisvollen Qur’an. Besondersder Wert der Dreiunddreißig Fenster, die den Dreiund-dreißigsten Brief bilden, wurde so hoch eingeschätzt,

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dass dieser sehr schön und sorgfältig abgeschriebenwurde. In der Tat ist diese Risala wegen ihrer ErkenntnisGottes und des Glaubens an Gott eine ganz starke undüberaus glänzende Abhandlung. Diese »Fenster« wurdenbesonders im Anfang ganz kurz und bündig abgehandelt.Doch im späteren Verlauf öffneten sie sich immer weiter,um die ganze Fülle des Lichtes hereinzulassen. Es sindja ohnehin schon die ersten »Sözler« im Gegensatz zuden übrigen Abhandlungen kurz und bündig, werden aberdann im weiteren Verlauf ausführlicher, klarer und strah-lender.

Vierte Problemstellung, zugleich vierteAbhandlung

»In Seinem Namen.« »Und es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihnpreist.« (Sure 17, 44)

An meine Brüder eine Antwort auf ihre Frage in einer pri-vaten Angelegenheit als ein Grund zur Wachsamkeit.

Meine lieben Brüder!

Ihr fragt: Bei der Ankunft eines so gesegneten Gasteswurde diese ehrenwerte Moschee in der Nacht zum Frei-tag ohne jeden Grund geschändet. Was war der Anlasszu diesem Vorfall? Weshalb hat man dich belästigt?

Antwort: Ich werde hier vier Punkte erläutern, und zwarnotwendigerweise in der Sprache des alten Said. Viel-leicht ist dies ein Grund zur Wachsamkeit für meine Brü-der und so werdet auch ihr dadurch eure Antwort finden.

Erster Punkt: Der Grund hinter diesem ungesetzlichenund rein zufälligen Zwischenfall war eine Einflüsterungdes Teufels und ein Angriff der Heuchler zu Gunsten des

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Atheismus, mit dem Zweck, unsere Herzen in der Nachtzum Freitag in Aufregung zu versetzen, die Gemeindeeinzuschüchtern und mich daran zu hindern, mich mit denGästen zu unterhalten. Es war schon recht merkwürdig,dass ich an jenem Donnerstag vor der Nacht (zum Frei-tag) ein wenig hinausgegangen war, um Luft zu schöpfen.Auf dem Rückweg erschien eine schwarze Schlange,groß als wären zwei Schlangen aneinander gebunden zumeiner linken und bewegte sich zwischen mir und mei-nem Begleiter hindurch. Um meinen Begleiter zu fragen,ob er sich denn über die Schlange erschrocken und sichgefürchtet habe, sagte ich zu ihm: »Hast du sie gese-hen?« Er antwortete: »Was denn?« ich sagte zu ihm:»Diese fürchterliche Schlange!« Er antwortete: »Nein, ichhabe sie nicht gesehen. Ich kann nichts erkennen.« »Ge-priesen sei Gott!« sagte ich da, »Wie konntest du nur ei-ne so große Schlange nicht bemerken, als sie sich zwi-schen uns beiden hindurchwand?«

Damals habe ich mir noch nichts dabei gedacht. Dochspäter tauchte in meinem Herzen (der Gedanke) auf:»Das ist ein Zeichen für dich. Pass auf!« Ich dachte mir,dass dies eine von den Schlangen war, die ich (manch-mal) des Nachts sehen konnte. Denn was diese Schlan-gen betraf, die ich in der Nacht sah, so war es immer,wenn ein Beamter in böswilliger Absicht zu mir kam, dassich ihn in der Gestalt einer Schlange erblickte. Ja ich ha-be tatsächlich einmal zu einem Distriktsdirektor gesagt:»Wann immer du in böser Absicht zu mir kommst, erbli-cke ich dich als eine Schlange. Pass also auf!« Schonseinen Vorgänger habe ich oft so gesehen. Das aberheißt, dass die Schlange, die ich da leibhaftig vor mir sah,ein Zeichen war, dass ihre Böswilligkeit dieses Mal keinebloße Absicht bleiben würde, sondern in die Form eineswirklichen Angriffs umgesetzt werden würde. Sicherlichwar der Angriff dieses Mal noch sichtlich klein und man(war sichtlich darum bemüht, ihn) herunterzuspielen,doch aufgestachelt und gefolgt von einem skrupellosen

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(Schul)Lehrer befahl der Beamte seinen Feldjägern:»Bringt diese Gäste herbei!«, während sie noch in derMoschee die Tesbihat-Gebete verrichteten. Es war seineAbsicht, mich zu provozieren. Nach Art des alten Saidsollte ich sie nun eigentlich wegen ihres gesetzwidrigenund rein willkürlichen Verhaltens hinaustreiben. In Wirk-lichkeit aber wusste der Kerl nicht, dass dieser Said sichnicht mit dem zerbrochenen hölzernen (Schwert) in sei-ner Hand verteidigen würde, wo doch auf seiner Zungedas diamantene Schwert von der Werkbank des Qur’anlag. Und er würde dieses Schwert in der Tat auf dieseWeise gebraucht haben. Denn da die Feldjäger ihre fünfSinne beieinander hatten und da kein Staat und keine Re-gierung Leute in der Moschee beim Gebet stört, währendsie noch ihre religiöse Pflicht erfüllen, so warteten sienoch, bis Gebet (namaz) und Lobpreis (tesbihat) beendetwaren. Darüber ärgerte sich nun dieser Beamte, sagtesich: »diese Feldjäger hören nicht auf mich.« und schik-kte seine Waldwächter hinter ihnen her. Doch Gott derGerechte zwingt mich nicht dazu, mich mit solchenSchlangen abzugeben.

So ist denn die Empfehlung für meine Brüder folgende:Solange noch keine zwingende Notwendigkeit besteht,sollt ihr euch nicht mit solchen (Leuten) abgeben. »Diebeste Antwort, die man einem dummen Menschen gebenkann, ist das Schweigen.« Diesem Sprichwort sollt ihr fol-gen und euch nicht entblöden, mit ihnen zu sprechen.Aber achtet darauf, dass Schwäche, einem wilden Tiergegenüber gezeigt, es dazu ermutigt, anzugreifen. Auchsich gegenüber denen, die das Gemüt eines solchen wil-den Tieres haben, schwach zu zeigen und ihnen schmei-cheln zu wollen, ermutigt sie dazu, anzugreifen. Da diesaber so ist, müssen die Freunde wachsam sein, sodassdiejenigen, die den Atheismus unterstützen, die Gleich-gültigkeit und die Unachtsamkeit (der Freunde) nicht aus-nutzen können.

Zweiter Punkt: Mit dem Ferman der ehrenwerten A-

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yah:

»und sucht keine Annäherung an die Übeltäter; denn sonst ergreift euchdas Feuer!« (Sure 11, 113)

werden in furchtbarer und strenger Weise nicht nur dieje-nigen, welche die Tyrannen unterstützen und sich ihnenals Werkzeug andienen, sondern auch solche bedroht,die dazu geneigt wären.

Denn: So wie jede Zustimmung zum Unglauben Un-glaube ist, so ist auch jede Zustimmung zu einem Ver-brechen ein Verbrechen.

So erklärt denn einer der Leute der Vollkommenheit un-ter den vielen Juwelen der obigen Ayah das folgende Ju-wel in vollkommener Weise:

Ein Helfer der Tyrannen in dieser Welt ist ein ge-meiner Mensch,ein Hund, der seine Freude daran findet, einem un-gerechten Jäger zu dienen.

Manche von ihnen benehmen sich in der Tat wieSchlangen, andere wie Hunde… Wer in einer segensrei-chen Nacht, wenn ein segensreicher Gast segensreicheGebete verrichtet, Spitzeldienste verrichtet, so als hättenwir ein Verbrechen begangen, und denunziert und uns soentgegen arbeitet, so verdient er sicherlich eine Ohrfeigeentsprechend der Bedeutung des obigen Gedichtes.

Dritter Punkt: Frage: Da du dich nun einmal auf densegensreichen und erleuchtenden Einfluss des Qur’anstützt, der auch noch die widerspenstigsten und hartnä-ckigsten Atheisten zu leiten vermag, was du ja auch tat-sächlich tust, warum rufst du dann nicht diese aggressi-ven Leute in deiner Nähe zu Dir und leitest sie zum Glau-ben und auf den rechten Weg?

Antwort: Einer der wichtigsten Grundpfeiler des islami-

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schen Gesetzes (Scharia) lautet:

Das heißt: »Wer wissentlich mit einem Schaden einver-standen ist, den darf ich nicht lieben (shefqat) und michfür ihn einsetzen.«

So versichere ich denn gestützt auf die Kraft des Wei-sen Qur’an: »unter der Bedingung, dass jemand nicht all-zu niederträchtig ist und nicht wie eine Schlange seineFreude daran hat, das Gift seines Irrglaubens überall zuverbreiten, auch noch den hartnäckigsten Ungläubigen innur wenigen Stunden, wenn schon nicht zu überzeugen,so doch zum Schweigen zu bringen.« Jedoch zu jeman-dem über die Wahrheit zu sprechen, der in seinem Ge-wissen so tief hinab ins Bodenlose gefallen ist, zu einerSchlange in Menschengestalt, die einen solchen Gradder Heuchelei erreicht hat, dass sie ihren Glauben wis-sentlich an die Welt verkauft, dass sie wissentlich die Di-amanten der Wahrheit gegen diese schmutzigen und ge-fährlichen Glasscherben eintauscht, ist ein Mangel anRespekt gegenüber dieser Wahrheit. Das gleicht demSprichwort:

»…als wollte man Perlen um den Hals der Kühe hängen.«

Denn diejenigen, welche diese Dinge tun, haben dieWahrheit schon oft aus der Risale-i Nur vernommen undversuchen nun diese Wahrheit wissentlich im Interesseihres Irrglaubens zu widerlegen. Solche Leute schöpfenwie die Schlangen Freude aus ihrem Gift.

Vierter Punkt: Die Behandlung, die ich sieben Jahrelang erfahren habe, war rein willkürlich und außerhalbdes Gesetzes. Denn die Gesetze für die Verbannten, dieKriegsgefangenen und die Strafgefangenen sind eindeu-

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tig. Sie können nach dem Gesetz sich mit ihren Ver-wandten treffen und sie werden nicht daran gehindert,einander zu schreiben. In jedem Land und in jedem Volksind Dienst, Anbetung und Gehorsam gegenüber Gott vorallen Belästigungen geschützt. Andere, gleich mir (in derselben Lage), blieben mit ihren Verwandten und mit ihrenFreunden zusammen. Sie wurden weder daran gehin-dert, zu schreiben, noch Neuigkeiten mit ihnen auszutau-schen, noch sich frei umher zu bewegen. Mich hat manbehindert. Ja man hat mich sogar in der Moschee (beläs-tigt) und vom Gebet abgehalten. Und während es nachder Schule (medhheb) der Schafis Sunnah ist, im Tesbi-hat die Worte des Tauhid zu wiederholen, hat man sichdarum bemüht, mich dazu zu veranlassen, damit aufzu-hören. Ja es kam sogar einer von denen, die nach Burdurausgewandert waren, ein Mann ohne jede Schulbildungmit Namen Schebab, zusammen mit seiner Schwieger-mutter hierher, weil sie eine Luftveränderung brauchten.Sie kamen zu mir, weil wir Landsleute sind. Sie wurdenvon drei bewaffneten Feldjägern aus der Moschee hin-ausgeführt. Danach versuchte dann der Beamte, (denUmstand) zu überspielen, dass er gegen das Gesetz ge-handelt und also einen Fehler begangen hatte und sagte:»Verzeihen Sie mir bitte und nehmen Sie mir das bittenicht übel! Doch es war meine Pflicht!« Sodann entließ ersie mit dem Befehl: »Geht jetzt!«

Wenn man diesen Vorfall und noch andere Dinge die-ser Art mit einer solchen Behandlung vergleichen will,dann wird verständlich, dass man rein willkürlich mit mirumgegangen ist und Hunde und Schlangen auf mich los-gelassen hat. Doch ich habe mich nicht entblödet, michmit ihnen abzugeben. Ich überlasse es aber Gott demGerechten, weitere Untaten dieser Übeltäter zu verhin-dern. In der Tat sind die, welche diesen Zwischenfall ver-schuldet haben, der zu meiner Umsiedlung geführt hat,längst wieder in ihre Heimat zurückgekehrt und wiedermächtige Häuptlinge an der Spitze ihres Stammes ge-

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worden. Ein jeder von ihnen ist (aus der Verbannung) ent-lassen worden. Nur mich und noch zwei anderen Perso-nen hat man (von dieser Entlassung) ausgenommen. Ichhabe kein Interesse an ihren weltlichen (Angelegenhei-ten). Mögen sie ihnen ihre Köpfe abnagen! Für michselbst habe ich schon mein OK (ist schon in Ordnung indieser Angelegenheit) gegeben. Doch von den anderenbeiden Personen ist der eine irgendwo zum Mufti ernanntworden. Er kann überall hinfahren, außer in seine Heimat,ja sogar nach Ankara reisen. Den anderen hat man nachIstanbul (verbannt, wo er) mit vierzigtausend Landsleutenund auch noch mit jedem anderen verkehren kann. ImGegensatz zu mir sind diese beiden Personen nicht sowie ich völlig allein gelassen und solche, um die sich nie-mand kümmert… Wie wunderbar hat Gott es doch ge-wollt, dass sie so großen Einfluss haben. Des Weiteren…und ferner…

Mich aber haben sie in ein Dorf gesteckt und Menschenüber mich gesetzt, die sich daraus überhaupt gar keinGewissen machen. Ich konnte nur ins Nachbardorf ge-hen, zwanzig Minuten von hier, zweimal in sechs Jahren.Sie haben mir noch nicht einmal erlaubt für ein paar TageLuftwechsel dahin zu gehen, mich vielmehr mit ihrer Ty-rannei nur noch mehr unter Druck gesetzt. Doch was füreine Regierungsform auch immer (ein Land) annehmenmag: das Gesetz ist immer dasselbe für alle. Da kann esdoch nicht für die verschiedenen Dörfer und die einzelnenPersonen so ganz verschiedene Gesetze geben. Dasheißt, bei dieser Rechtslage ist das Gesetz für mich dieGesetzlosigkeit. Die hiesigen Beamten gebrauchen ihrenEinfluss auf die Regierung für ihre persönlichen eigen-nützigen Absichten. Doch ich bringe Gott dem Herrn inSeiner Allbarmherzigkeit hunderttausendmal meineDanksagung dar, mache die Wohltaten bekannt, die Ermir erweist und sage: »All ihre Unterdrückung und dieganze Tyrannei wird mir zu Holzscheiten, deren Kraft undHilfe die Lichter des Qur’an erleuchtet, sie entzündet und

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erstrahlen lässt. Und diese Lichter des Qur’an, welche ei-ne solche Verfolgung erlitten und sich in dieser Kraft undin diesem Feuer ausgebreitet haben, haben diesen Be-zirk, ja selbst den größten Teil des Landes zu einer Schu-le (Medrese) anstelle von Barla gemacht. Man hat ge-glaubt, ich sei ein Gefangener in einem Dorf. Doch denUngläubigen zum Trotz, wurde Barla zu einem Lehrstuhl,und viele Plätze wie auch Isparta sind zu einer Medresegeworden…«

»Lobpreis und Dank sei Gott! Dies ist von der Gnade meines Herrn!«

Fünfte Problemstellung, zugleich fünfteAbhandlung

Eine Abhandlung über die Dankbarkeit

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Und es gibtkein Ding, das nicht in Dankbarkeit ihn lobpreist«

in der Wiederholung des Qur’an, der in seiner Verkündi-gung ein Wunder ist:

»Wollen sie etwa nicht Dank sagen?« (Sure 36, 35) »Wollen sie etwanicht dankbar sein?« (Sure 36, 73) »Und wir werden sicherlich diebelohnen, die dankbar sind.« (Sure 3, 145) »Wenn ihr Dank sagt, werdeich euch noch mehr (Gnade) erweisen.« (Sure 14, 7) »Doch bete Gottan, diene Ihm und sei einer von denen, die Ihm ihren Dank erweisen.«(Sure 39, 66)

Diese und ähnliche Ayat zeigen uns: die wichtigste Sa-che, die der Barmherzige Schöpfer von Seinen Dienern

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erwartet, ist Dankbarkeit. Mit der Weisen Unterscheidung(Furqan-i Hakiem) lädt Er uns mit allem Nachdruck zurDanksagung ein. Er zeigt, dass es eine Art Leugnung undZurückweisung Seiner Gnadengaben ist, nicht Dank zusagen und warnt auf fürchterliche und schreckliche Weiseeinunddreißigmal mit dem Ferman in der Sure vom All-barmherzigen (er-Rahman), und zwar mit dieser (folgen-den) Ayah:

»Doch welchen Gnadenerweis eures Herrn wollt ihr nun leugnen?«(Sure 55, 13)

Damit wird gezeigt, dass es eine Verleugnung und Zu-rückweisung ist, nicht Dank zu sagen.

So wie der Weise Qur’an zeigt, dass die Folge derSchöpfung Dankbarkeit ist, so zeigt in der Tat auch dasWeltall als der Große Qur’an, dass die bedeutendste Fol-ge der Erschaffung der Welt Dankbarkeit ist. Denn wennman das Universum aufmerksam beobachtet, so siehtman, dass alle Dinge in Dank münden, in der Weise, dassein jedes Ding in gewisser Weise auf Dank ausgerichtetund ihm zugewandt ist. Es ist so, als ob die wichtigsteFrucht am Baum der Schöpfung der Dank ist und das er-habenste Produkt, das in der Fabrik des Universums her-gestellt wird, der Dank ist. Denn in der geschaffenen Weltsehen wir, dass in der Welt allen Seins alle Dinge in ei-nem Kreislauf angeordnet sind, mit dem Leben als sei-nem Mittelpunkt. Alle Dinge sind auf das Leben hin aus-gerichtet und dienen dem Leben und produzieren alles,was zum Leben notwendig ist. Das heißt, der Herr, derden Kosmos erschuf, erwählte aus ihm das Leben.

Sodann sehen wir, dass Er die Welt alles Lebendigen inForm eines Kreises erschuf und den Menschen in seineMitte setzte. Es war, als wolle Er das Ziel, das (im Reichdes) Lebendigen angestrebt war, im Menschen konzen-trieren und (zugleich dieses ganze Reich alles) Lebendi-

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gen um ihn herum versammeln, es ihm unterwerfen, ihmzu Diensten machen und ihn selbst zum Herrn (Hakim)über es setzen. Das heißt, der Glorreiche Schöpfer wähl-te unter allen Lebewesen den Menschen aus und wollte(irade) und bestimmte diese Stellung für ihn in der Welt.

Sodann sehen wir, dass die Welt der Menschen undauch das Tierreich in einem Kreis angeordnet ist, mit derVersorgung als ihrem Mittelpunkt. Er hat die Menschheitund sogar die Tiere mit einer Liebe (ashk) zu ihrer Ver-sorgung ausgestattet, hat sie davon abhängig gemachtund sie in ihren Dienst gestellt. Was sie regiert ist ihreVersorgung. Und Er hat ihre Versorgung zu einem so wei-ten und reichen Schatz gemacht, dass er grenzenlos vie-le Gnadengaben (ni’met) umfasst. Ja um auch nur eineunter all den vielen möglichen Geschmacksrichtungenunterscheiden zu können, hat er entsprechend der An-zahl der Speisen ebensoviele Geschmacks- (und Ge-ruchs)empfindungen gleich unendlich hochempfindlichenMessinstrumenten auf der Zunge (und in der Nase) an-geordnet. Das heißt, dass sich die bemerkenswerteste,wertvollste, wundervollste, schönste, angenehmste undumfassendste, ja nachgerade einzigartige Wahrheit in derVersorgung (offenbart).

So sehen wir denn nun: So wie sich alles rund um dieVersorgung herum gruppiert und darauf ausgerichtet ist,so besteht auch die Versorgung in all ihren materiellenwie spirituellen, verbalen wie nonverbalen Ausdrucks-möglichkeiten durch die Dankbarkeit weiter, setzt sich inDankbarkeit fort, lässt die Dankbarkeit weiter wachsenund bezeigt Dankbarkeit. Denn der Hunger und das Ver-langen nach Versorgung ist eine Art naturgegebenerDankbarkeit. Freude und Genuss zu empfinden ist aucheine Art unbewusster Dankbarkeit und diese Art Dank-barkeit findet sich auch bei allen Tieren. Nur der Menschweicht durch Irrglaube und Unglaube vom Wesen diesernatürlichen Dankbarkeit ab und begibt sich von der Dank-barkeit in die Abgötterei.

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Des Weiteren laden die überaus schön verzierten For-men, die überaus schönen Düfte, der überaus delikateGeschmack der Gnadengaben, die unsere Versorgungsind, zur Dankbarkeit ein, fordern alles Lebendige zur Be-wunderung auf, führen in dieser Bewunderung zu einerArt von Begeisterung und Hochachtung und erwecken soin uns das Gefühl einer tiefen inneren Dankbarkeit. Sielenken die Aufmerksamkeit aller fühlenden Wesen aufsich und erregen deren Bewunderung. Sie ermuntern sie,alle diese Gnadengeschenke zu achten. Dadurch leitensie sie dazu an, in Worten und in ihrer Haltung (hal) ihreDankbarkeit zu erweisen, dankbar zu sein und führen sieauf diese Weise dazu, in aller Dankbarkeit die süßesteFreude und das höchste Vergnügen zu erleben. Dasheißt, sie zeigen damit, dass sie zusammen mit dieserwohlschmeckenden Versorgung und den Gnadengaben,die einem kurzen, vorübergehenden oberflächlichen Ver-gnügen (verbunden sind), die Gunst des Allerbarmers,die einen immerwährenden, wahrhaftigen, unendlichenGenuss und Freude in sich trägt, durch diese Dankbarkeiterwerben. Das heißt: Sie erinnern an die Gunst des frei-giebigen Königs (Malik-i Keriem) der Schatzkammern derBarmherzigkeit, die von so unendlicher Süße ist und ver-anlassen so, die ewig währenden Freuden des Paradie-ses noch in dieser Welt zu verkosten. Wenn also auf die-se Weise unsere Versorgung durch unsere Dankbarkeitzu einem wertvollen, reichen, alles umfassenden Schatzwird, so wird sie durch unsere Undankbarkeit vollkommenwertlos.

Wie im Sechsten Wort bereits erklärt wurde, wird derGeschmackssinn von Zunge (und Nase), wenn er nachdem Willen Gottes des Gerechten, das heißt mit unsererinneren Aufgabe zur Dankbarkeit, der Versorgung zuge-wandt, so wird dieser Geschmackssinn von Zunge (undNase) zu einem zufriedenen Küchenchef der zahllosenKüchen der unerschöpflichen Barmherzigkeit Gottes undzu einem begeistert (Gott lobpreisenden), besonders be-

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fähigten Verwalter. Wenn (dieser Geschmackssinn) abernach eigenem (nefs) Willen nur der Versorgung zuge-wandt ist, das heißt, wenn er ohne an seine Dankespflichtgegenüber dem zu denken, der sie geschenkt hat, so wirddieser Geschmackssinn der Zunge vom Rang eines be-sonders befähigten Verwalters auf die Stufe eines Wach-manns am Tore der Fabrik des Bauches und Mund-schenks an der Pforte des Magens herabsinken. So wieder Diener der Versorgung (der Geschmackssinn) durchseine Undankbarkeit auf eine solche Stufe hinabsteigt, sosinken auch der Wert der Versorgung und all ihrer Diener(d.h. der Wert des gesamten Versorgungssystems, desVerdauungssystems, der Sinnesorgane und des gesam-ten Organsystems – A.d.Ü.) von der höchsten Stufe (ma-kam) auf die niedrigste Stufe (makam) herab auf eineEbene, die der der Weisheit des Schöpfers des Alls zuwi-der und ihr entgegengesetzt ist.

Der Maßstab der Dankbarkeit ist Genügsamkeit, Spar-samkeit, Einwilligung und Zufriedenheit. Prüfstein allerUndankbarkeit aber ist die Habsucht, die Verschwen-dung, die Respektlosigkeit und der (gleichgültige) Ver-zehr (aller Speisen), ohne (die Gesetze von) haram undhelal zu beachten.

So wie die Habsucht Undankbarkeit ist, so ist sie in derTat auch ein Grund zur Entbehrung und zugleich auch einFahrzeug, das direkt ins Elend führt. Ja es ist sogar so,als würden die gesegneten Ameisen, die doch über einganzes Gemeinschaftsleben verfügen, durch ihre Hab-sucht stets unter unseren Füßen bleiben und zertreten.Denn obwohl ihnen doch schon einige wenige Weizen-körner für ein ganzes Jahr genügen könnten, sind siedennoch nicht damit zufrieden, sondern würden selbstTausende davon sammeln, wenn sie nur könnten. Hinge-gen fliegt die gesegnete Biene wegen ihrer Genügsam-keit über uns. Weil sie so genügsam ist, bereitet sie in ih-rer Güte (ihsan) auf Gottes Geheiß Honig für die Men-schen und gibt ihn ihnen zu essen.

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Der Name des Allerbarmers, der nach Seinem allumfas-senden Namen »Allah«, dem Eigennamen des AllheiligenHerrn, der gewalltigste ist, bezieht sich in der Tat auf dieVersorgung. Und durch die Dankbarkeit, (die eine Folge)der Versorgung ist, kann dieser Name erreicht werden.Ferner ist von dem Namen »der Allerbarmer« die offen-sichtlichste Bedeutung »der Versorger«.

Überdies gibt es verschiedene Arten der Dankbarkeit.Von diesen Arten ist die umfassendste und gleichsam de-ren allgemeines Verzeichnis das Gebet (namaz).

Des Weiteren gibt es innerhalb der Dankbarkeit einenreinen Glauben und ein aufrechtes (Bekenntnis) zur Ein-heit (Tauhid). Denn ein Mensch, der einen Apfel isst unddann: »Dank sei Gott!« sagt, gibt durch seinen Dank be-kannt: »Dieser Apfel ist eine unmittelbare Erinnerung andie Hand des Allmächtigen (qudret), ein Geschenk direktaus dem Schatz Seiner Barmherzigkeit.« Während erdies sagt und fest davon überzeugt ist, übergibt er alles,ob klein oder groß, der Hand des Allmächtigen. Er er-kennt in jedem Ding die Erscheinung Seiner Barmherzig-keit. Er gibt durch seine Dankbarkeit seinen wahren Glau-ben bekannt und legt so ein aufrichtiges (Bekenntnis) zurEinheit (Tauhid) ab.

Von den vielen Aspekten dieses großen Verlustes, dengottvergessene Menschen durch ihre Undankbarkeitgegenüber den Gnadengaben Gottes erleiden, wollen wirhier nur einen einzigen anführen. Es ist dies wie folgt:

Wenn ein Mensch ein wohlschmeckendes Geschenk(ni’met) isst und dafür dankt, so wird ihm das Geschenk,das er gegessen hat, durch seinen Dank zu einem Lichtund zu einer Frucht des Paradieses in der anderen Welt.Dieser Geschmack, der ihn daran denken lässt, dass diesein Werk der Gunst der Barmherzigkeit Gottes des Ge-rechten ist, gibt ihm einen großen Genuss und eine be-ständige Freude. Auf diese Weise sendet er geistigeExtrakte und Essenzen und geistige Stoffe hinauf in die

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höheren Welten (makam), während die materiellen Über-reste, der Treber und die Schale, welche ihre Aufgabe er-füllt haben, die unnütz gewordene Materie, alle überflüs-sigen Stoffe zurückkehren zu (Staub und Asche, ihren ur-sprünglichen) Elementen. Wenn er aber nicht dankt, dannhinterlassen die zeitlichen Vergnügungen Kummer undSchmerz in ihrem Vorübergehen und werden zu Unrat.Geschenke im Werte von Diamanten verlieren (dann ih-ren Wert und ihre Bedeutung wird gleich) der Kohle.Durch den Dank erhält unsere vergängliche Versorgung(den Wert) einer ewig bleibenden Freude und niemalsverderbender Früchte. Doch eine Gabe ohne Dankbarkeitverwandelt sich von ihrer allerschönsten Form in eineganz hässliche Form. Denn für den Gottvergessenen istdas Ende aller Versorgung nach einem vorübergehendenVergnügen die Entsorgung.

Versorgung ist in der Tat eine Art Körper, der der Liebe(ashk) wert ist. Und dieser Körper wird durch die Dank-barkeit sichtbar. Anderenfalls ist die Liebe der Gottver-gessenen und Irregeleiteten für ihre Versorgung einfachtierisch. Ihr könnt nun noch weiter vergleichen (und se-hen), was für einen Verlust die Irregeleiteten und Gottver-gessenen erfahren.

Unter den vielen Arten alles Lebendigen ist diejenige,die am meisten der verschiedenen Arten der Versorgungbedarf, die menschliche Gattung. Gott der Gerechte er-schuf den Menschen in Form eines Sammelspiegels fürall Seine Namen, als ein Wunderwerk Seiner Macht, dasdie Anlagen besitzt, den Inhalt aller Schätze SeinerBarmherzigkeit zu wägen und kennenzulernen und (Ererschuf ihn) als Seinen Kalifen hier auf Erden, der dieWerkzeuge besitzt, um die Erscheinungen all Seiner Na-men und alle die Feinheiten Seiner Kunstwerke auf dieWaage zu stellen. Daher gab Er ihm ein grenzenlosesBedürfnis, machte ihn bedürftig für die endlos vielen Ar-ten der Versorgung, materiell wie geistig. Das Mittel, dasden Menschen entsprechend seiner vielfältigen Bega-

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bung zur höchsten Stufe alles Geschaffenen (ahsan-i taq-vim) emporführt, ist die Dankbarkeit. Gibt es keine Dank-barkeit, so stürzt er auf die niedrigste der niedrigen (Stu-fen) herab und begeht eine gewaltig große Ungerechtig-keit.

Kurzum: Der bedeutendste Grundsatz unter vierGrundsätzen der Orden derer auf dem Weg des Dien-stes, der Anbetung und der Erlangung der Liebe Gottes(tariq-i ubudiyet ve mahbubiyet), und zugleich auch derhöchste und erhabenste Weg, ist die Dankbarkeit. Diesevier Grundsätze sind folgendermaßen formuliert:

»In dem Orden der Besitzlosen (adjz-i mendi) sind vierDinge notwendig:vollkommene Armut,vollkommene Unterwerfung (adjz = die Schwachheitdes Menschen gegenüber der göttlichen Allmacht),vollkommene Dankbarkeit undvollkommene Hingabe (shauk = die Begeisterung desHerzens für Gott, seinen Herrn),Oh ihr Freunde! (aziz = ein Mensch, der die HeiligkeitGottes respektiert und Seine göttlichen Geschenkenicht zu irdischen Zwecken missbraucht).«

»Oh Gott, setze uns unter diejenigen, die Dir dankbar sind, durch DeinErbarmen, oh Barmherziger aller Barmherzigen!« »Gepriesen seist Du!Wir haben kein Wissen außer dem, was Du uns gelehrt hast. Denn Dubist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »Oh Gott, gib DeinenSegen unserem Herrn Mohammed, dem Haupt all derer, die (Gott) Danksagen und Ihn lobpreisen, ihm und seiner Familie und allen seinenGefährten. Amen.« »Und ihr letztes Gebet wird sein: Aller Lob und Preissei Gott, dem Herrn der Welten.«

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Sechste Problemstellung, zugleich SechsteAbhandlung

Diese Abhandlung ist der Sammlung osmanischer Briefebeigefügt und deswegen hier nicht weiter aufgeführt.

Siebente Problemstellung, zugleich siebenteAbhandlung

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Sprich: Bei demWohlgefallen (fadl) Gottes und Seiner Barmherzigkeit; wahrlich: Siekönnen sich daran erfreuen, denn Er ist besser, als all das, was sie sam-meln!« (Sure 10, 58)

Diese Problemstellung kann man in siebenfacher Weiseangehen.

Als erstes wollen wir die sieben Ursachen, welche eini-ge Geheimnisse der göttlichen Gnadengaben (inayet) er-kennen lassen, in der Form einer Verkündigung der Wohl-taten Gottes (tahdis-i nimet) besprechen.

Erste Ursache: Im vergangenen Weltkrieg oder nochdavor erblickte ich mich inmitten einer echten Erschei-nung (vakia-i sadiqa) am Fuße des bekannten großenBerges im Araratgebirge. Plötzlich zerbarst der Berg mitgewaltigem Krachen und riesige Felsbrocken wurdenüberall umhergeschleudert. Inmitten dieses Entsetzenserblickte ich meine verstorbene Mutter an meiner Seiteund sagte zu ihr: »Fürchte dich nicht, oh meine Mutter.Dies ist auf Befehl Gottes des Gerechten. Er ist sowohlbarmherzig, als auch weise.« Und während ich mich nochin diesem Zustand befand, schaute ich eine bedeutendePersönlichkeit, die mir gebot: »Erkläre den Qur’an! Groß

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ist er und wunderbar.«

Da erwachte ich und verstand: »Es wird sich ein großerUmsturz ereignen. Und nach diesem Umsturz wird eineErneuerungsbewegung einsetzen und die Mauern zer-brechen, die den Qur’an bisher umgeben haben. Und un-mittelbar darauf wird der Qur’an sich selbst verteidigen.Man wird den Qur’an angreifen. Sein Wunder wird wie einstählerner Panzer sein; und dieses Wunder wird sich injeder Zeit als über alles Maß hinaus erweisen und sichder Gestalt eines Mannes wie mich als Anwalt bedienen.Und ich verstand, dass ich dieser Kandidat sein sollte.«

Da also nun einmal durch die »Sözler« bewirkt wurde,dass das Wunder, welches der Qur’an ist, klar zu Tagetrat, bedeutet es sicherlich eine Hilfe, wenn wir die Gna-dengaben aufzeigen, die sich bei unserem Dienst einge-stellt haben und die diesem Wunder zugerechnet, gewis-sermaßen aus ihm hervorgegangen und als dessen Se-gen betrachtet werden können und die wir deshalb auchaufzeigen müssen.

Zweite Ursache: Da also nun einmal der Weise Qur’anunser Lehrer (Murshid), unser Meister (Ustadh), unserVorsteher (Imam) und unsere Richtschnur (Rehber) imuntadeligen Benehmen ist und ein Hymnus, der seineneigenen Lobpreis besingt, werden auch wir, seiner Beleh-rung folgend, seine Auslegung (tefthir) loben.

Da nun einmal die Worte (Sözler), welche niederge-schrieben wurden, eine Art seiner Auslegung sind unddiese Abhandlungen das Eigentum und die Realität derWahrheiten des Qur’an, und da nun einmal der WeiseQur’an in den meisten seiner Suren, besonders aber inden Chiffren wie »Elif-Lam-Ra« oder »Ha-Mim« sichselbst in seiner ganzen Vollkommenheit und Größe zeigt,über seine Vollkommenheit spricht und den Lobpreis, derihm gebührt, sich selbst bereitet, sind auch wir dazu ver-pflichtet, die Gnadengaben (inayat) des Herrn aufzuzei-gen, welche ein Zeichen setzen auf das Wunder der Fun-

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ken des Weisen Qur’an, die sich in den »Sözler« wider-spiegeln und auch dafür, dass unser Dienst angenommenwurde. Denn unser Meister (Ustadh) tut so und unterrich-tet so.

Dritte Ursache: Ich spreche über die »Sözler« nicht inBescheidenheit, sondern sage, um die Wahrheit klarzule-gen: »Die Wahrheit und Vollkommenheit der »Sözler«stammt nicht von mir, sondern aus dem Qur’an, ist einTropfen aus dem Qur’an.« Auch das »Zehnte Wort« be-steht aus solchen Tropfen, die aus Hunderten von Ayataus dem Qur’an herausgefiltert worden sind. Das gleichegilt auch für die übrigen Abhandlungen. Da ich dies alsoweiß und weil ich sterblich bin und dahingehen werde,darf man ganz gewiss nicht eine Sache und ein Werk, dasbleiben wird, mit mir in Verbindung bringen. Es darf nichtan mich gebunden sein und werden. Und da es nun ein-mal eine Gewohnheit der Leute des Irrweges und derÜbertretung ist, ein Werk, das ihnen nicht gelegenkommt, dadurch zu kritisieren, dass sie den Verfasserdieses Werkes kritisieren, sollte man die Abhandlungen,die an die Sterne über dem Himmel des Qur’an gebundensind, gewiss nicht an einem so morschen Pfosten wie mirfestmachen, der ich ein Anlass zu Widerspruch und Kritikbin und fallen kann. Da es nun einmal unter Menschenüblich ist, die Vorzüge eines Werkes in dem Verhaltenseines Verfassers zu suchen, den sie als Ursprung undQuelle ansehen, und da es gegenüber der Wahrheit eineUnwahrheit wäre, wollte man dieser Gewohnheit entspre-chend diese hohen Wahrheiten und kostbaren Juweleneiner Persönlichkeit zuschreiben, die dermaßen bankrottist, dass sie davon noch nicht einmal ein Tausendstel vor-zeigen kann, muss ich offenlegen, dass diese Abhand-lungen nicht mein Eigentum sind, vielmehr ihre VorzügeTropfen aus dem Qur’an sind und Eigentum des Qur’an.Man kann doch die Ursache für die Qualität wohlschme-ckender Weintrauben wirklich nicht in einem verdorrtenWeinstock suchen! Und doch bin gerade auch ich so ein

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vertrockneter Stab.Vierte Ursache: Manchmal führt Bescheidenheit zur

Undankbarkeit für ein Geschenk, ist vielmehr selbst eineUndankbarkeit für das Geschenk. Manchmal artet auchdie Verkündigung der Wohltaten Gottes (tahdis-i ni’met)in Selbstgefälligkeit aus. Beides ist vom Übel. Der einzigeAusweg ist der, weder Undankbarkeit für ein Geschenkaufkommen zu lassen, noch selbstgefällig zu werden.Man muss also Qualität und Vollendung anerkennen, darfsie aber nicht sich selbst zuschreiben, sondern muss auf-zeigen, dass sie Gnade und Werk dessen sind, der inWahrheit der Geber aller guten Gaben ist. Zum Beispiel:Zöge dir jemand ein wunderhübsches Kleid an, das mitkostbaren Steinen geschmückt ist und auf das du mitRecht stolz sein darfst und in dem du auch sehr gut aus-siehst und die Leute dir dann sagten: »Mascha-a’llah!Wie hübsch du aussiehst und wie wundervoll es dich klei-det!« und wenn du dann in deiner Bescheidenheit sag-test: »Gott bewahre!… Was bin ich schon? Nichts bin ich.Was ist das schon? Wo ist Schönheit?« dann ist das Un-dankbarkeit für das Geschenk und eine Beleidigunggegenüber dem begnadeten Künstler, der dich mit einemsolchen Gewand bekleidet hatte. Sagst du aber in deinemStolz: »Recht habt ihr. Ich bin wirklich schön. Wo gibt eseine, die so schön wäre wie ich. Zeigt mir doch eine, diemir gliche!…« so wäre dies eine überhebliche Selbstge-fälligkeit.

Sich also vor dem Stolz und der Undankbarkeit zu be-wahren, muss man antworten: »Ja, ich bin wirklich sehrschön geworden. Aber diese Schönheit steckt in demKleid und gebührt durch seine Vermittlung dem, der michmit diesem Gewand bekleidet hat, nicht mir.«

So möchte auch ich, würde meine Stimme dazu ausrei-chen, über den ganzen Erdball hinweg ausrufen: »DieSözler sind wunderschön, sie sind die Wahrheit. Aber sieentstammen nicht mir. Blitzstrahlen sind es, die aus derWahrheit des Ehrwürdigen Qur’an aufleuchten…«

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»Ich konnte mit meinem Artikel Mohammed keine Schönheit verleihen.Doch Mohammed hat meinem Artikel seine Schönheit verliehen.«

Dementsprechend sage auch ich:

»Ich konnte mit meinen Worten dem Qur’an keine Schönheit verleihen.Doch der Qur’an hat meinen Worten seine Schönheit verliehen.«

Das heißt: »Ich konnte dem Wunder der Wahrheit desQur’an keine Schönheit mehr hinzufügen, seine Schön-heit nicht aufzeigen. Vielmehr haben die schönen Wahr-heiten des Qur’an meine Auslegungen verschönt und er-höht.« Auf Grund dieser Tatsache ist die Schönheit derReflexionen, die »Sözler« genannt werden, eine Schön-heit im Namen des Qur’an und diese Gnadengabe Gottes(inayat), welche aus dieser Spiegelung erhellt, darzustel-len, ist ein Lobpreis der göttlichen Gnadengaben (ni’met),der auch angenommen wird.

Fünfte Ursache: Vor langem habe ich einmal von ei-nem Gottesfreund gehört, dass dieser auf Grund von Vor-aussagen der Heiligen aus alter Zeit die Schlussfolgerunggezogen habe und zu der Überzeugung gelangt sei: »Ausdem Osten wird ein Licht aufstrahlen und die Finsternisder verderblichen Neuerungen zerstören.« Ich habe sehrdarauf gewartet, dass ein solches Licht kommen werdeund warte noch darauf. Aber Blumen kommen im Früh-ling. Für solche heiligen Blumen den Boden zu bereiten,ist notwendig. Und wir haben verstanden, dass wir mitdiesem unseren Dienst den Boden für solche erleuchte-ten Persönlichkeiten bereiten. Da dies aber nun nicht un-sere Angelegenheit ist, kann auch die Verkündigung der»Sözler« genannten, dem Bereich der göttlichen Gnade(inayat) zugehörigen Lichter keine Quelle des Stolzesoder der Selbstgefälligkeit sein. Man kann vielmehr darinnur eine Quelle der Lobpreisung und des Dankes erbli-

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cken.Sechste Ursache: Aus der Gnade (inayat), welche

Gott uns in der Abfassung der »Sözler« als unseremDienst am Qur’an erwiesen hat, um uns im voraus zu be-lohnen und um unseren Eifer weiter anzufachen, resul-tiert unser Erfolg. Wo aber ein Erfolg ist, kann man ihnauch vorweisen. Handelt es sich aber nicht um einen Er-folg, so ist es doch wenigstens ein Geschenk (ikram), mitdem Gott uns beehrt hat. Handelt es sich aber um eingöttliches Geschenk, so ist, es zu zeigen, eine innereDankespflicht. Handelt es sich aber auch darum nicht, soist es doch wenigstens ein Wunder (keramet) des Qur’an,mit dem wir willentlich gar nichts zu tun haben. Es hatsich nur an uns gezeigt. Eine solche Art Wunder, das sichohne unser Wissen und Wollen ereignet hat, vorzuwei-sen, schadet aber nicht. Sollte es aber mehr sein, als einganz gewöhnliches Wunder (keramet), dann ist es we-nigstens eine Flamme eines geistigen Wunders (‘idjaz)des Qur’an. Wo man aber ein Wunder vorweisen kann,da gehört es sicherlich zu diesem Wunder hinzu, bei des-sen Bekanntmachung mitzuwirken. Darin liegt keines-wegs eine Quelle des Stolzes und der Selbstgefälligkeit,es wird vielmehr zu einer Quelle des Lobpreises und derDanksagung.

Siebente Ursache: Achtzig Prozent der Menschheitgehört nicht zu den Quellenforschern (ehl-i tahqiq), so-dass sie in die Wahrheit eindringen und Wahrheit auchals Wahrheit erkennen und anerkennen könnte. Vielmehrnehmen sie der Form nach an und stützen sich in ehr-licher Überzeugung auf das, was sie von anerkanntenund vertrauenswürdigen Menschen gehört haben. Ja, siewerden sogar eine starke Wahrheit als schwach ansehen,wenn sie sich in der Hand eines schwachen Mannes be-findet und eine wertlose Sache als wertvoll betrachten,wenn sie sich in der Hand eines wertvollen Menschen be-findet. Deshalb also sage ich, so unwert und schwach ichin meiner Armseligkeit bin, während sich in meinen Hän-

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den die Wahrheiten des Glaubens und der Wert des Qur’-an befindet und weil es notwendig ist, dass sie nicht denBlicken der meisten Menschen entschwinden, mit allerKlarheit: Wir werden ohne unser Wissen und ohne unserZutun zum Dienst geführt. Es gibt da Einen, der uns einewichtige Arbeit tun lässt, ohne dass wir es wissen. Dies istunser Zeugnis: Auch wenn wir uns dessen nicht bewusstsind, so erhalten wir doch ganz ohne unser Zutun man-che Hilfe (inayat) und wird uns vieles leicht gemacht. Dasist es, weshalb wir diese Gnadengaben mit lauter Stimmeausrufen müssen.

So wollen wir nun – gestützt auf die oben dargestelltensieben Ursachen – einige Hinweise auf einige universelleGnadengaben des Herrn geben.

Erster Hinweis: Im Ersten Punkt der Achten Problem-stellung zum Achtundzwanzigsten Brief haben wir erklärt,was Übereinstimmung (tevafuqat) ist. Kurz gesagt: Indem »Brief über die Wunder Mohammeds« finden sich indem Text eines Schreibers zwischen dem dritten und demachten Hinweis auf sechzig Seiten, zwei Seiten davonausgenommen, ohne dass wir etwas davon wussten oderahnten in vollkommener Ausgewogenheit die Worte »Re-sul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« mehr als zweihun-dertmal in Entsprechung zueinander. Wer zwei dieserSeiten aufmerksam betrachtet, wird gerechterweise zu-geben, dass dies kein Zufall sein kann. Wäre es aber Zu-fall, könnte dieser bestenfalls halb und halb auf einer Sei-te auftreten, wenn die Beispielwörter mehrheitlich vor-handen sind, sodass vielleicht auf ein, zwei Seiten einevöllige Entsprechung zu Stande käme. Wenn aber dieWorte »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« einan-der anschauen, sei es zweimal, dreimal, viermal odernoch öfter, wie mit der Exaktheit einer Waage gemessen,dann ist es gewiss unmöglich, dass dies noch Zufall seinkönnte. Wenn noch dazu diese Entsprechungen auchvon acht ganz verschiedenen Schreibern nicht beein-trächtigt werden konnte, dann ist dies ein starker Hinweis

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auf das Verborgene (isharet-i ghaybiyye). So kennen wirdie »Ehl-i Belaghat« (= Menschen, die zur rechten Zeitdas rechte Wort finden). Die Prägnanz ihres Ausdrucks(Belaghat) findet sich in ihren Büchern in verschiedenenAbstufungen ausgeprägt. In dem Weisen Qur’an steigertsich die »Belaghat« noch bis zur Stufe eines Wunders(i’djaz). Dort finden wir jene Schranke, die niemand mehrzu erreichen vermag. Ebenso finden wir diese Entspre-chungen im Neunzehnten Brief, der ein Spiegel der Wun-der Mohammeds ist, im Fünfundzwanzigsten Wort, dasder Dolmetscher für die Wunder (Mu’djisat) des Qur’anist, und in den Bänden der Risale-i Nur, die eine Art Aus-legung (tefthir) des Qur’an darstellen in einem über alleanderen Bücher erstaunlichen Grade. Daraus aber erhelltFolgendes: was in diesen Spiegeln deutlich sichtbar ref-lektiert wird, ist eine Art Wunder (keramet) der Wunder(Mu’djizat) des Qur’an und der Wunder (Mu’djizat) Mo-hammeds.

Zweiter Hinweis: Die zweite Gnadengabe des Herrn,die den Dienst am Qur’an betrifft, ist folgende: Gott derGerechte hat einem Manne wie mir, der ich doch kaummit der Feder umzugehen verstehe und nie eine Schulebesucht habe, an diesen Ort der Fremde, wo ich nieman-den habe und mir selbst der Briefwechsel untersagt wur-de, in Seiner Güte (ihsan) starke, ernsthafte, aufrichtige,fleißige, ideal gesonnene Brüder als Helfer gesandt, dieihre Federn einem diamantenen Schwerte gleich zu ge-brauchen wissen. Er hat den Dienst am Qur’an, der soschwer auf meinen, zu dieser Aufgabe untauglichen,schwachen Schultern lastete, deren starken Schulternaufgeladen und in Seiner vollkommenen Güte (kerim)meine Bürde leicht gemacht. Diese gesegnete Gemein-schaft aber, die einem Kopfhörer in der drahtlosen Tele-graphie vergleichbar ist, wie Hulusi sagt, oder auch einemStromkraftwerk, wie Sabri es nennt, deren Glieder alleunterschiedliche Vorzüge und verschiedene Besonder-heiten haben und die tiefen Wahrheiten des Qur’an und

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die Lichter des Glaubens um sich mit der Lust und Liebe,mit dem Eifer und Ernst, in dem sie einander gleichen,verbreiten und dabei jeden Winkel erreichen, die, zu einerZeit, da das Alphabet bereits geändert worden war und es(für die alte Schriftform) keine Druckereien mehr gab, ei-ner Zeit, in der jedoch jeder der Lichter des Glaubens be-durfte, es statt dessen aber viele Gründe dafür gab, dieihren Mut hätte brechen und die Lust hätte nehmen kön-nen, ist dieser große Eifer und ihre vollendete Begeiste-rung für die Dienste ganz unmittelbar ein Wunder (kera-met) des Qur’an und eine offensichtliche Gnade Gottes(inayet).

So wie es in der Tat das Wunder der Freundschaft mitGott (velayetin kerameti) gibt, so gibt es auch das Wun-der einer reinen Absicht (niyet-i halisenin kerameti) unddas Wunder der Aufrichtigkeit (samimiyetin kerameti = ar-beiten ohne Hinter- oder Nebengedanken)… Besondersim Kreise von Brüdern innerhalb einer Bruderschaft(uhuvvet) um Gottes willen kann es wahre Wunder einerechten und aufrichtigen gegenseitigen Hilfeleistung ge-ben. Die geistige Körperschaft einer solchen Gemein-schaft kann sogar die Gestalt einer reifen Freundschaft(veliyy-i kamil) annehmen und die Gnade Gottes (inayet)offenbaren.

Nun also meine Brüder und ihr, meine Weggefährten imDienst am Qur’an! Es wäre doch ein Unrecht, einem Feld-webel nach der Eroberung einer Burg die ganze Ehre unddie ganze Beute zu geben; und genauso wie das ein Feh-ler wäre, so dürft auch ihr die Gnaden, die ihr mit dieserHerausgabe und Veröffentlichung kraft eurer geistigenKörperschaft und mit euren Federn erlangt habt, nicht ei-nem so Hilflosen wie mir verleihen!… Sicherlich gibt es ineiner so gesegneten Gemeinschaft noch stärkere Zei-chen des Verborgenen (isharet-i ghaybiyye) als derartigegeheimnisvolle Entsprechungen (tevafuqat-i ghaybiyye)und ich kann sie auch erkennen; aber ich kann sie nichtallen und jedem zeigen.

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Dritter Hinweis: Es ist ein sehr starkes Zeichen des Ver-borgenen (isharet-i ghaybiyye) und ein Geschenk dergöttlichen Gnade, dass alle bedeutenden Wahrheiten desGlaubens und des Qur’an in den einzelnen Kapiteln derRisale-i Nur auch noch für den unbelehrbarsten glänzendbewiesen werden. Denn unter den Wahrheiten des Glau-bens (iman) und des Qur’an gibt es solche, angesichtsderer selbst Ibn-i Sina (Avicenna), den man als einen dergenialsten und bedeutendsten Geister ansieht, sein Un-vermögen eingesteht, sie verstehen zu können, wenn erbekennt: »Für den Verstand führt kein Weg dorthin.« Inder als »Zehntes Wort« bezeichneten Abhandlung wer-den diese Wahrheiten, welche diesem genialen Geist un-zugänglich geblieben waren, selbst dem einfachen Volkund den Kindern erklärt.

Dafür zwei Beispiele: Wenn ein so gewaltiger Gelehr-ter wie Sad Teftazani zur Lösung des Problems um das(göttliche) Vorauswissen (Qader) und dieses Stückchen(menschlicher) Willensfreiheit in seinem berühmten »Derzwölfte Schritt« genannten Kapitel aus dem Buch »Tel-vih« (= Die verborgenen Andeutungen) vierzig, fünfzigSeiten nur für diese Lösung benötigt und das nur für dieGebildeten, dann aber im Zweiten Kapitel des Sechsund-zwanzigsten Wortes, dem Kapitel über das göttliche Vor-auswissen (Qader), schon zwei Seiten genügen, um dasgleiche Problem vollständig zu lösen und für jedermannverständlich zu erklären und dies dann kein Werk dergöttlichen Gnade ist, was ist es dann?

So wurde auch dieses über alles Verstehen hinauswundersame Geheimnis der Schöpfung der Welt, dasbisher noch keines Philosophen Hand zu entschleiernvermochte, dieser verborgene Sinn des Kosmos, dieses,die Wunder des hochehrwürdigen Qur’an enthüllende, al-le Probleme lösende Koan, dieses Staunen erweckendeRätsel wurde in dem letzten symbolträchtigen Punkt desNeunundzwanzigsten Wortes, im VierundzwanzigstenBrief und in der sechsteiligen Weisheit des Dreißigsten

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Wortes über die Erneuerung der Zellen (d.h. über dasFließgleichgewicht) enthüllt. Das Staunen erregende, tie-fe, verborgene Geheimnis der Bewegung des Kosmos,das Rätsel von der Erschaffung des Kosmos und seinemApex (akibet), die Weisheit, die sich hinter dem Geheim-nis des Fließgleichgewichts verbirgt, wurde in ihnen ent-hüllt und erklärt und für jedermann sichtbar vor Augen ge-stellt.

Und so wie im Sechzehnten und ZweiunddreißigstenWort mit vollkommener Klarheit die staunenswürdigenWahrheiten vom Geheimnis sowohl der Ahadiyet (= Gottist unteilbar eins und allgegenwärtig) in der Verbindungmit der Vahdet (es gibt keinen Herrn, keinen König, kei-nen Gott außer Allah) Seiner Herrschaft ohne Teilhaber-schaft (shirk) einerseits erklärt wurde, als auch, dass Gottuns unendlich nahe ist, wo wir doch so unendlich weit vonIhm entfernt sind, so wurde auch im Zwanzigsten Brief mitvollkommener Klarheit aufgezeigt, dass für die MachtGottes Atome und Planeten gleich sind, dass für Ihn dieWiederbelebung alles Beseelten bei der Gewaltigen Ver-sammlung ebenso leicht ist, wie eine einzige Seelewiederzubeleben und dass eine Teilhaberschaft bei derErschaffung des Alls unserem Verstande bis zur Unmög-lichkeit fremd ist und dieses gewaltige Geheimnis der Ein-heit (Vahdet) in dem Abschnitt und seinem Anhang, derdrei Beispiele enthält, aufgedeckt, wo das Wort:

»Er hat Macht über alle Dinge«

erklärt wird.

Da die Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an soumfangreich sind, dass auch nicht der größte menschli-che Geist sie zu umfassen vermag, ist es ein Werk, dasals ein Wunder unmittelbar aus dem Geiste des Qur’anhervorgeht, eine Erscheinung der Gnade des Herrn und

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ein starkes Zeichen aus dem Verborgenen, wenn sich ineinem Mann wie mir, dessen Geist mit so vielen Proble-men überlastet ist, dessen Situation so ungeklärt ist, derseine Bücher dermaßen schnell und unter so bedrücken-den Umständen schreibt, ohne dabei ein Nachschlage-werk zu besitzen, wenn sich in einem solchen Manne die-se Wahrheiten in allen Einzelheiten mit so überwältigen-der Vollkommenheit offenbaren.

Vierter Hinweis: Da die fünfzig, sechzig Abhandlungenein Geschenk der Güte (ihsan) Gottes sind, in der Art,dass sie nicht von mir, einem Mann, der von so vielenUmständen abhängig ist und so wenig Zeit findet, nocheinmal gründlich über alles nachzudenken und zu korri-gieren, noch von einem Team großer und genialer For-scher, die sie mit Anstrengung und Einsatzfreudigkeit zuStande gebracht hätte, in dieser Art abgefasst wordenwäre, zeigt, dass sie unmittelbar ein Werk der GnadeGottes sind. Denn in allen diesen Abhandlungen werdenalle diese tiefen Wahrheiten durch Beispiele vermitteltund so auch denen, die bislang noch nicht sehen und ver-stehen konnten, Unterricht erteilt. Hatten doch bis dahindie meisten großen Gelehrten gesagt, dass sie dieseselbst nicht mit dem Verstande erfassen und auch wederdem einfachen Volk noch den Gebildeten lehren konnten.

Da solche Wahrheiten, die bisher noch zu hoch waren,nunmehr den Menschen so nahe gebracht werden kön-nen, dass ihre Unterrichtung auch noch einem Blindenunter die Haut geht, von Hand eines Mannes, der so wieich, kaum des Türkischen mächtig ist, dem die Worte nurschwer über die Zunge kommen, sodass die meisten ihngar nicht verstehen und dessen frühere Werke seinentraurigen Ruhm bestätigt haben, eine offensichtlicheWahrheit so darzustellen, dass sie nur noch mühsam ver-ständlich ist, mit einer geradezu wunderbaren Einfachheitund Leichtigkeit erklärt werden, so ist dies ohne Zweifelein Werk der Gnade Gottes und kein Produkt seiner Be-gabung, ein Wunder (i’djaz), das aus dem Geiste des Ed-

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len Qur’an aufstrahlt, eine Manifestation und eine Refle-xion über die Gleichnisse des Qur’an.

Fünfter Hinweis: So wie die Risalat, obwohl sie in ih-rer Gesamtheit weit verbreitet sind und alle Schichten undGruppen von Leuten, vom größten Gelehrten bis hin zumeinfachsten, ungebildeten Menschen und von den großenHeiligen unter den Sufis (ehl-i kalb) angefangen bis hin zuden verbohrtesten Ungläubigen unter den Philosophendie Risalat gesehen und gelesen haben und manche vonihnen deshalb eine Strafe erhalten haben, dennoch nichtkritisiert werden, vielmehr eine jede Gruppe ihrer Stufeentsprechend ihren Nutzen aus ihnen zieht, was un-mittelbar ein Werk der Gnade des Herrn und ein Wunderdes Qur’an ist, so wurden auch alle diese verschiedenenRisalat, die doch nur nach sehr gründlichen Untersu-chungen und Studien hätten zu Stande kommen können,trotz dieser belastenden, bedrückenden und beengendenUmstände, da ich doch Mühe hatte, meine Gedanken undmeine Eindrücke zu ordnen, in dieser so außerordent-lichen Geschwindigkeit geschrieben, was wiederum einWerk der Gnade Gottes und ein Geschenk des Herrn ist.

In der Tat wissen die meisten meiner Brüder und alledie Gefährten, die bei mir sind und die Schreiber, dassder fünfte Abschnitt des Neunzehnten Briefes in nur we-nigen Tagen geschrieben wurde, wobei wir an jedem Tagnur zwei, drei Stunden, also insgesamt etwa zwölf Stun-den gearbeitet haben, ohne dass wir dabei in irgendei-nem Buch hätten nachschlagen können. Ja, der vierteAbsatz, welcher der wichtigste davon ist, der Absatz, in-dem der Ausdruck »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesse-lam« ganz offensichtlich das Siegel des Propheten zeigt,wurde in drei, vier Stunden auswendig, auf einem Bergeim Regen niedergeschrieben. Auch eine so bedeutendeund feinsinnige Risala wie das Dreißigste Wort, wurde insechs Stunden in einem Weinberg geschrieben; und sowie das Achtundzwanzigste Wort in einer, höchstens inzwei Stunden in Süleymans Garten niedergeschrieben

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wurde, so geschah es auch mit den meisten Risalat. Da-bei wissen meine engsten Freunde, dass ich schon seitlangem unter bedrückenden und beengenden Umstän-den noch nicht einmal ganz offensichtliche Wahrheitenklar zum Ausdruck bringen konnte, ja noch nicht einmalum sie wusste. Kam dann unter diesen bedrückendenUmständen noch eine Krankheit hinzu, die mich nochmehr daran hinderte, Unterricht zu erteilen und etwas zuverfassen, so wurden dennoch die wichtigsten »Sözler«und Abhandlungen auch in Zeiten äußerster Bedrängnisund Krankheit in einer ungewöhnlich raschen Art nieder-geschrieben. Wenn das nicht unmittelbar göttliche Gna-de, ein Geschenk (ikram) des Herrn und ein Wunder (ke-ramet) des Qur’an ist, was denn sollte es dann sein?

Nun aber schadet ein Teil der Fragestellungen einemTeil der Menschen, ganz gleich, um welches Buch es sichdabei handeln mag (wenn darin die göttlichen und Glau-benswahrheiten behandelt werden), in jedem Fall… Weiles ihnen aber schadet, wird nicht jede Fragestellung je-dermann zugänglich gemacht. Was aber die Risalat be-trifft, so haben sie bisher – wen auch immer ich gefragthabe – bei niemandem eine gegenteilige Wirkung ausge-löst, schlimme Folgen gezeigt, eine Beunruhigung desGemüts bewirkt, oder sonst irgendeinen Schaden ange-richtet, weshalb es für uns absolut sicher ist, dass es sichhier um ein Zeichen aus dem Verborgenen (isharet-ighaybiyye) handelt und um eine Gnade des Herrn.

Sechster Hinweis: Ich bin heute davon überzeugt,dass es mir bestimmt war, den grössten Teil meines Le-bens in der Weise zu verbringen, dass er nicht von mirselbst, von meinem Wissen, Wollen und Bewusstsein be-stimmt wurde und ihm ein solch seltsamer Verlauf gege-ben wurde, dass er solche Art Abhandlungen zum Ergeb-nis brachte, wie sie dem Dienst am Qur’an dienlich seinsollten. Es ist, als wäre mein ganzes wissenschaftlichesLeben nur ein Grundkursus oder eine Vorbereitungsstufegewesen und als sollte sein Ergebnis darin bestehen, in

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den »Sözler« die Wunder (‘idjaz) des Qur’an aufzuzei-gen. Ja ich zweifle keineswegs daran, dass ich in diesemeine Lage: diese Verbannung und das Leben in derFremde seit sieben Jahren, diese Isolation ohne Grundund gegen meinen Wunsch, mein Leben im Gegensatzzu meiner Natur ganz allein in einem Dorf zu verbringen,um am Ende gar alle Bindungen an das gesellschaftlicheLeben, an das ich mich seit langem gewöhnt hatte, zuverabscheuen und alle bisherigen Grundsätze aufzuge-ben, nur deshalb versetzt wurde, um mich in reiner undaufrichtiger Weise einzig und allein dem Dienst amQur’an zu widmen. Ja, ich bin der Überzeugung, dasssich hinter dem Schleier der Unterdrückung, hinter all die-sen Schikanen und dem Unrecht, das man mir angetanhat, eine gnädige Hand verbirgt, die mich in ihrer Barm-herzigkeit dazu veranlassen will, meine Gedanken auf dieGeheimnisse des Qur’an zu konzentrieren, ohne meineBlicke von ihnen abzuwenden. Ja, obwohl ich früher aufsLesen geradezu versessen war, wurde meiner Seele ein-gegeben, mich des Lesens aller anderen Bücher zu ent-halten und es ganz und gar zu vermeiden. So verstandich, dass es mir bestimmt war, den vertrauten Umgangmit den Büchern aufzugeben, der mir doch sonst eineQuelle des Trostes hier in dieser Fremde hätte sein kön-nen, damit mir einzig und allein die Ayat des Qur’an einvollkommener Lehrer (Ustadh) sein sollten.

Zudem wurden mir die Werke, die Risalat, welcheniedergeschrieben wurden – die überwältigende Mehrheitvon ihnen – ohne dass irgendeine Ursache von außenhinzugetreten wäre, rein auf Grund eines Bedürfnisses,das aus meiner Seele erwuchs, plötzlich und unvermitteltvon der Güte Gottes (ihsan) zum Geschenk gegeben.Wenn ich sie dann einigen meiner Freunde zeigte, sagtensie zu mir: »Sie sind ein Heilmittel für die Wunden unse-rer Zeit.« So wurde mir nach ihrer Verbreitung klar, dasssie in dieser Zeit für die meisten meiner Brüder das Heil-mittel sind, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht

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und die Medizin, die in ihren Schmerzen vollkommen fürsie geeignet ist.

So blieb in mir gar kein Zweifel mehr daran zurück,dass die oben erwähnten Umstände und der Verlauf mei-nes Lebens – ohne es zu wissen noch zu wollen – dieverschiedenen Zweige der Wissenschaft, die ich ganz au-ßer der Reihe und ohne eine feste Absicht studiert habe,ein solch geheiligtes Ergebnis herbeigeführt haben, dasses zu einem starken Geschenk der göttlichen Gnade wur-de und einer Gabe (ikram) des Herrn.

Siebenter Hinweis: Während unseres Dienstes, alsoim Verlaufe von etwa fünf, sechs Jahren, haben wir ohnezu übertreiben hundert Werke mit eigenen Augen gese-hen, die ein Geschenk Gottes (ikram), eine Gnade desHerrn und ein Wunder (keramet) des Qur’an sind. Auf ei-nen Teil davon haben wir im Sechzehnten Brief hingewie-sen, einen anderen in den verschiedenen Problemstel-lungen des Vierten Kapitels des SechsundzwanzigstenBriefes, einen anderen in der Dritten Problemstellung desAchtundzwanzigsten Briefes erörtert. Meine nächstenFreunde wissen davon. Suleyman Efendi, mein engsterFreund und Vertrauter, kennt viele davon. Besonders beider Abfassung der »Worte« und »Abhandlungen«, bei ih-rer Korrektur, Zusammenstellung, der Niederschrift undder Reinschrift erlebten wir, wie sich ganz unerwartet al-les mit geradezu wunderbarer Leichtigkeit ergab. Wir ha-ben gar keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um einWunder des Qur’an gehandelt hat. Dafür gibt es Hunder-te von Beispielen.

Auch was unseren Lebensunterhalt betrifft, werden wirmit so viel Liebe (shefqat) ernährt und versorgt, weil derHerr der Gnade, der unsere Arbeiten lenkt und leitet, unsin unerwarteter Weise mit seiner Güte beschenkt, um unsauch noch den geringsten Wunsch unseres Herzens zuerfüllen. Usw… Alle diese Umstände sind ein so starkesZeichen aus dem Verborgenen (isharet-i ghaybiyye),dass wir geleitet und geführt sind nach Seinem Wohlge-

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fallen, und Seine Gnade ist es, in der der Dienst am Qur’-an von uns erfüllt wird.

»Lob und Preis sei Allah! Dies kommt durch den Segen meines Herrn.«»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»O Gott, segne unseren Herrn Mohammed, mit dem Segen, der Dirwohlgefällig sein und sich in Wahrheit an ihm erfüllen möge, an ihm undseiner Familie und seinen Gefährten, und schenke ihnen Deinen Frie-den in Fülle und Sicherheit. Amen.«

Antwort auf eine vertrauliche Frage

Dieses Geheimnis der Gnade wurde ehedemals Geheimsache aufgezeichnet. Sie wurdeam Ende des Zehnten Wortes angefügt. Dochdie meisten Schreiber haben sie, aus welchenGründen auch immer, abzuschreiben verges-sen. Hier wäre eigentlich der rechte undgeeignete Platz dafür gewesen. Der Artikelblieb aber den Schreibern verborgen.

Man hat mir folgende Frage gestellt: »Warum geht vonden ›Worten‹, die du über den Qur’an geschrieben hast,eine solche Kraft, ein solcher Einfluss aus, wie sie sich inden Worten anderer Theologen (arif) und Kommentatoren(mufessir) nur selten findet. Manchmal geht von einer Zei-le so viel Kraft aus wie von einer ganzen Seite, von einerSeite so viel Einfluss wie von einem ganzen Buch…«

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Anwort: Weil die Ehre dem Wunder des Qur’an gebührtund nicht mir zukommt, antworte ich ohne zu zögern:»Bei den meisten Abschnitten ist das so.«

Denn: Die »Sözler«, so wie sie niedergeschrieben wur-den, basieren nicht auf einer Theorie, sondern auf einerÜberzeugung, nicht auf einer Anhängerschaft, sondernauf einem Glauben, nicht auf wissenschaftlicher Erkennt-nis, sondern auf eigenen Zeugnissen, nicht auf blinderGefolgschaft, sondern auf Überprüfung, nicht auf Partei-lichkeit, sondern auf Anteilnahme, nicht auf mystischerSchau, sondern auf der Wahrnehmung der Realitäten; siesind keine Lehre, sondern das Zeugnis für eine Lehre.Das Geheimnis dieser Weisheit ist Folgendes:

In alter Zeit wurden die Glaubensgrundsätze noch ge-hütet und ihre Gefolgschaft war stark. Die Aussagen derWissenschaftler und ihre Erkenntnisse, mochten sie nunauch im Einzelnen unbewiesen bleiben, wurden ange-nommen und das genügte. Aber in dieser unserer Zeit, dadie Irrlehre der Naturwissenschaften ihre Hand nach denGlaubensgrundsätzen und den Pfeilern des Islam ausge-streckt, hat der barmherzige König und Herr in Seiner Ma-jestät, der ein Heilmittel für jede Krankheit geschenkt hat,meinen Schriften im Dienste des Qur’an einen Strahl vonGleichnissen als das offensichtlich glänzendste Wunderdes Ehrwürdigen Qur’an geschenkt, mir in meiner Hilflo-sigkeit und Schwäche, Armut und Bedürftigkeit eineBarmherzigkeit zu sein. Aber Dank sei Gott, mit Hilfe desFernglases der tiefen Weisheit, die in den Gleichnissenliegt, wurden die höchsten Wahrheiten ganz nahe ge-bracht. Ja, unter dem vereinigenden Gesichtspunkt die-ser tiefen Weisheit, die in den Gleichnissen liegt, werdenauch noch die fernliegendsten Dinge gesammelt. Ja, mitHilfe der Leiter dieser tiefen Weisheit, die in den Gleich-nissen liegt, kann man auch noch die höchsten Wahrhei-ten ganz leicht erreichen. Ja, durch das Fenster diesertiefen Weisheit, durch das man die verborgenen Wahr-heiten betrachtet, werden die Glaubensgrundsätze des

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Islam zu einer Glaubensgewissheit, fester als Zeugnisse.Gleich wie sich mein Verstand, meine Phantasie, meineVorstellungskraft und meine Seele mit all ihren Neigun-gen ergeben mussten, so musste auch der Teufel dieWaffen strecken und sich gleichfalls ergeben.

Kurz gesagt: Was immer an Schönheit und Wirksam-keit von meinen Schriften ausgeht, ist nur ein Blitzstrahl,der von den Beispielen zum Qur’an ausgeht. Mein Anteildaran ist einzig mein Verlangen im Bewusstsein meinergroßen Bedürftigkeit und mein flehentliches Gebet im Be-wusstsein meiner tiefen Hilflosigkeit. Ich habe die Krank-heit und der Qur’an hat das Heilmittel.

Anhang zur Siebenten Problemstellung

dient, die Zweifel zu beseitigen, die auftauchen oder auf-tauchen könnten, daran, dass die acht göttlichen Gna-dengaben sichtbar gewordene Zeichen aus dem Verbor-genen (isharat-i ghaybiyye) sind, und der Verkündigungder tiefen Weisheit dieser gewaltigen Gnadengabe. Die-ser Anhang enthält vier Punkte:

Erster Punkt: In der Siebenten Problemstellung desAchtundzwanzigsten Briefes hatten wir die Behauptungaufgestellt, dass wir unter dem Titel »Achte Gnadenga-be« und »Entsprechungen« ein Schmuckstück gesehenhaben, das die Offenbarung eines Zeichens ist, welcheswir als die sieben, acht umfassenden, innerlichen Gna-dengaben Gottes und einen Hinweis aus dem Verborge-nen wahrgenommen haben. Und wir behaupten ferner,dass diese sieben, acht umfassenden Gnadengaben sostark und so überzeugend sind, dass jede einzelne be-reits für sich allein Beweis eines Zeichens aus dem Ver-borgenen ist. – Nehmen wir einmal den unmöglichen Fallan, dass einer dieser Beweise als schwach angesehenoder gar zurückgewiesen werden müsste, so würde doch

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die Sicherheit dieser Zeichen aus dem Verborgenen nichtdavon beeinträchtigt werden. Lassen sich aber diese achtGnadengaben nicht leugnen, so kann man auch die Zei-chen nicht abstreiten. Weil aber die Menschen verschie-den sind, die meisten von ihnen aber der Schicht der ein-fachen, ungebildeten Leute angehören, die mehr nochdem Augenschein vertrauen, die Entsprechungen unterden acht Gnadengaben aber zwar nicht die stärksten,wohl aber die offensichtlichsten Beweise liefern – und inder Tat sind die übrigen zwar stärker, doch die Entspre-chungen allgemeingültiger – sehe ich mich, um auftreten-de Zweifel auszuräumen, dazu gezwungen, mit einemVergleich eine Tatsache klar herauszustellen. Es ist diesFolgendes:

Wir hatten über diese offensichtliche Gnadengabe ge-sagt: In den Abhandlungen, die wir geschrieben haben,werden bei den Worten »Qur’an« und »Resul-u EkremAleyhissalatu Vesselam« Entsprechungen in einem sol-chen Maße sichtbar, dass kein Zweifel an ihnen mehr zu-rückbleibt. Derart, wie sie angeordnet wurden und der Fi-gur, die sie bilden, liegt eine Absicht zu Grunde. Beweisdafür, dass Wille und Absicht dazu nicht bei uns lagen, ist,dass wir es erst drei, vier Jahre später bemerkt haben. Istdies aber so, dann kommen Wille und Absicht aus demVerborgenen und sind ein Werk der Gnade. Den beidenWorten wurde die Form einer Entsprechung gegeben,einzig dem Wunder des Qur’an und dem Wunder Mo-hammeds (ASM) in Form einer Verstärkung zu dienen.Der Segen, welcher auf diesen beiden Worten ruht unddem Wunder des Qur’an und dem Wunder Mohammeds(ASM) das Siegel der Bestätigung aufprägt, offenbart sichauch an anderen ähnlichen Wörtern, deren überwältigen-de Mehrheit eine Entsprechung zeigt. Doch findet mandies nur auf einzelnen Seiten. Bei diesen zwei Wörternzeigt es sich jedoch in ein, zwei Abhandlungen durchge-hend und bei den übrigen Abhandlungen mehrheitlich.Doch haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass

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derartige Entsprechungen sich häufig auch in anderenBüchern ansatzweise finden können, doch nicht in die-sem seltsamen Ausmaß, das eine Absicht und einen er-habenen Willen aufweist. Obwohl es nun unmöglich ist,unsere Behauptung zu widerlegen, könnte es doch auszwei Gesichtspunkten möglich sein, sie oberflächlich be-trachtet als widerlegt anzusehen.

Erstens: Jemand könnte sagen: »Ihr habt auch einesolche Übereinstimmung ausgedacht und sie herbeige-führt. Wollte man so etwas absichtlich tun, wäre dies ein-fach und leicht.« Wir setzen dagegen: In einem Streitfallgenügen zwei zuverlässige Zeugen. Doch dafür, dass wirin unserem Falle nicht mit Wunsch und Wille beteiligt ge-wesen sind, vielmehr die Sache erst drei, vier Jahre spä-ter bemerkt haben, ließen sich hundert zuverlässige Zeu-gen finden. In diesem Zusammenhang möchte ich nocheinen Punkt einfügen. Das Wunder an diesem Wunderdes Ehrwürdigen Qur’an nicht in der gleichen Art zu be-trachten wie seine sprachliche Prägnanz. Denn zu die-sem Wunder des Qur’an führt kein Weg menschlicherMacht, es in diesem Grade zu erreichen. Menschen-macht kann das Wunder dieses Wunders nicht zu Standebringen. Macht ist an diesem Werk nicht beteiligt.*

Dritter Punkt: Dieses Verhältnis zwischen einem be-sonderen Zeichen und einem allgemeinen Zeichen soll

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* Im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes fanden wirauf der Seite einer Kopie das Wort »Qur’an« neunmal in Ent-sprechung zueinander, dergestalt, dass am Ende der Schriftzug»Mohammed« erschien, als wir die einzelnen Worte durch eineLinie miteinander verbanden. Auf der gegenüberliegenden Seitefanden wir das Wort »Qur’an« achtmal in Entsprechung zu ein-ander, wobei am Ende der Schriftzug »Allah« erschien. Solcheeinzigartigen Dinge wie diese Entsprechungen gab es viele. Wirhaben die Übertragung der dieser Anmerkung zu Grunde lie-genden Entsprechungen mit eigenen Augen gesehen.

Bekir, Taufiq, Süleyman, Galib, Said

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uns auf das Geheimnis der subtilen Herrschaft Gottesund Seiner Barmherzigkeit hinweisen.

Von einem Mitbruder stammt ein schönes Wort. DiesesWort soll in dem nachfolgenden Beispiel unser Themasein. Er sagte nämlich, als ich ihm eines Tages eine schö-ne Tawafuqat (Entsprechung) zeigte: »Wie schön das ist!Eine jede Wahrheit ist in sich selbst schön. Aber diegegenseitigen Übereinstimmungen und die Entsprechun-gen zwischen den Wörtern sind ganz besonders schön.«Da habe dann auch ich gesagt: »Es ist in der Tat ein je-des Ding schön entweder vom Standpunkt der Wahrhaf-tigkeit aus betrachtet, oder für sich selbst gesehen oderhinsichtlich seines Ergebnisses.« Und diese Schönheitbetrifft die allgemeine Herrschaft Gottes, Seine allumfas-sende Barmherzigkeit und Seine Erscheinung in ihrerWirkung auf die Allgemeinheit. So wie du gesagt hast,sind diese Entsprechungen als ein Zeichen aus dem Ver-borgenen ganz besonders schön. Denn sie weisen in ih-rer Form auf Seine besondere Barmherzigkeit, Seine in-dividuelle göttliche Herrschaft und Seine Erscheinung inihrer ganz persönlichen Wirkung hin. Wir wollen dies miteinem Gleichnis näher verständlich machen. Es handeltsich um Folgendes:

Ein Herrscher kann seine königliche Gnade durchStaatsautorität und allgemeines Gesetz auf jeden Einzel-nen seines Volkes ausdehnen. Dann offenbart sich an je-dem Einzelnen unmittelbar die königliche Huld und diestaatliche Autorität dieses Herrschers. Auf diese Weisekommen ganz allgemein für den Einzelnen viele persön-liche Beziehungen zum Tragen.

In zweiter Hinsicht gibt es für einen Herrscher die Mög-lichkeit zu einem persönlichen Gunsterweis, einem per-sönlichen Befehl. Dann erweist er einem Einzelnen überdas allgemeine Gesetz hinaus seine Huld, bezeigt ihmseine Gunst, erteilt ihm seinen Befehl.

So ist also jedes Ding unserem Beispiel entsprechend

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und vom Standpunkte der allgemeinen Herrschaft desNotwendig-Seienden (Vadjibu-l’Vudjud), des königlichenSchöpfers und Seiner Barmherzigkeit und Seines allum-fassenden Erbarmens Teilhaber. Es steht mit Ihm in sei-ner persönlichen Beziehung entsprechend seinem Anteil,den es von Ihm erhält. Entsprechend Seiner Macht, Sei-nem Willen und Seinem alles umfassenden Wissen ver-fügt Er über alle Dinge, wirkt auch noch auf die unbedeu-tendsten Vorgänge ein und übt Seine Herrschaft über sieaus. Er ist notwendig für alle Dinge und in jedem Ge-schehen. Unter Seinem Wissen und mit Seiner Weisheitgeschieht alles und wird alles geordnet. Die Natur ist we-der dazu in der Lage, sich dem Herrschaftsbereich SeinerVerfügungsgewalt zu entziehen und der Herr ihrer eige-nen Auswirkungen zu sein, noch unterliegt eine Einwir-kung auf die Dinge innerhalb des empfindlichen Messbe-reichs der Weisheit dem Zufall. Wir haben in unseren Ab-handlungen – an zwanzig Stellen – durch absolut zuver-lässige Zeugnisse die Natur und den Zufall entmachtet,sie mit dem Schwert des Qur’an gerichtet und gezeigt,dass sie keine Einwirkung hat. Aber in den Augen derSorglosen (Ehl-i ghaflet) werden die im Bereich der allesumfassenden Herrschaft Gottes liegenden äußerlichenGründe, deren Weisheit und Hintergrund sie nicht ken-nen, als Zufall bezeichnet. Und weil sie die Weisheit nichterfassen und einige Gesetze göttlichen Handelns (ver-borgen hinter dem Vorhang der Natur) nicht sehen konn-ten, haben sie zur Natur ihre Zuflucht genommen.

Zweitens gibt es den privaten Herrschaftsbereich Got-tes, Seine persönliche Zuwendung und die Hilfe SeinesErbarmens. Diejenigen, welche den Druck der allgemei-nen Gesetze nicht tragen können, erlangen die Hilfe imNamen Gottes nach der Überfülle Seiner Erbarmungenals eine Hilfe für den Einzelnen. Ihnen wird eine persönli-che Unterstützung zuteil, die sie von dem Druck befreit.Darum kann alles, was da lebt, besonders aber derMensch, Ihn jeden Augenblick zu Hilfe rufen und Beistand

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von Ihm erhalten.

Nun aber kann sich diese Güte in Seiner individuellenHerrschaft auch nicht vor den Sorglosen hinter dem Zu-fall verstecken und der Natur zugeschrieben werden.

Es ist also auf Grund dieses Geheimnisses, dass wirdie Zeichen aus dem Verborgenen in dem Wunder des»Qur’an« und in dem Wunder »Mohammeds« als einenpersönlichen Hinweis angesehen haben und durch ihnüberzeugt worden sind. Und wir sind zu der Gewissheitgelangt, dass er eine individuelle Hilfe und eine persönli-che Gnade ist, die sich auch den Verstockten zeigen wird.Wir haben es nur um Allahs willen bekannt gemacht. Soll-ten wir einen Fehler begangen haben, möge Allah unsverzeihen. Amen…

»Herr, strafe uns nicht für unsere Vergesslichkeit und Fehlerhaftigkeit!«(Sure 2, 286)

Achte Problemstellung, zugleich achteAbhandlung

Diese Problemstellung besteht aus den Ant-worten auf sechs Fragen (und umfasst) sechsPunkte.

Erster Punkt: Wir haben schon bei vielen Gelegenheitendas Gefühl gehabt, einen Hinweis aus dem Unsichtbarenzu empfangen, unter der Hand der göttlichen Gnade zumDienst am Qur’an beauftragt zu sein und auch einige (die-ser Hinweise bereits) erläutert. Nun zeigt sich unter denneuerlichen Hinweisen auch Folgendes: es gibt da in denmeisten »Worten« (Sözler) eine verborgene Übereinstim-

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mung (tevafuqat-i ghaybiyye)*Zum Beispiel: Es gibt einen Hinweis darauf, dass die

jeweilige (Art) des Wortes »Resul-u Ekrem (der ehren-werte Prophet)«, oder des Ausdrucks »Aleyhissalatu Ves-selam (Friede und Segen sei mit ihm)«, oder des geseg-neten Wortes »Qur’an« (auf bestimmten Seiten eines be-stimmten Exemplars miteinander zu korrespondieren) ei-ne Art Erscheinung eines Wunders darstellt. Wie ver-steckt und schwach auch immer solche Zeichen aus demUnsichtbaren sein mögen, so sind sie nach meiner Mei-nung von großer Kraft und Bedeutung für den Wert unse-res Dienstes und die Richtigkeit unserer Auslegungen.Ferner brechen sie meinen Stolz und haben mir ohne je-den Zweifel gezeigt, dass ich nur ihr Dolmetscher bin. Sielassen für mich nichts zurück, worauf ich stolz sein könn-te. Sie zeigen mir nur die Dinge, für die ich dankbar seindarf. Da sie dem Qur’an zugehörig sind und auf seineRechnung in Erscheinung treten, um dieses Wunder auf-zuzeigen, das der Qur’an ist, und da sie auftreten, ohnedass sich auch nur ein Bruchteil unseres freien Willensdabei hätte einmischen können, und da sie diejenigen er-muntern, die nachlässig in ihrem Dienste waren, und dasie uns die Gewissheit geben, dass unsere Abhandlun-gen (risala), der Wahrheit entsprechen, und da sie eineArt göttlichen Gnadenerweises (ikram) für uns sind, undda es eine besondere Gnade (ni’met) ist, von ihnen er-zählen zu dürfen und dies zu tun, das Schweigen jenerhartnäckigen Leute mildert, die nur verstehen können,

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* Was diese Übereinstimmungen (tevafuqat) betrifft, so sind sieein Hinweis auf einen gewissen Einklang (ittifaq). Was diesenEinklang betrifft, so ist er ein Wink einer Gemeinsamkeit (itti-had), ein Zeichen einer (göttlichen) Allgegenwart. Was aberdiese Allgegenwart (vahdet) betrifft, so ist sie eine Bestätigungder Einheit (Tauhid). Was aber diese Einheit betrifft, so ist sieder bedeutendste der vier Grundpfeiler des Qur’an (Tauhid, Pro-phetentum, Auferstehung, Gerechtigkeit aller und ubudiyetjedes Einzelnen).

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was sie sehen können, ist es sicherlich notwendig, sie be-kannt zu machen, und das wird mit Gottes Wohlwollenniemandem etwas schaden.

So ist denn eines der Zeichen aus dem Unsichtbarenauch das Folgende: in Seiner vollkommenen Barmherzig-keit und Großzügigkeit hat Gott der Gerechte, um uns zuermuntern, die wir im Dienst am Qur’an und am Glaubenstehen, und unseren Herzen Frieden zu verleihen, unsdie Gnade (ikram) von Ihm, unserem Herrn, zu schenkenund uns für all das, was wir geschrieben haben, be-sonders aber »Die Wunder Mohammeds«, »Die Wunderdes Qur’an«, die Abhandlung über »Die Fenster«, SeineGüte (ihsan) zu gewähren und uns in Form eines Zei-chens aus dem Unsichtbaren zu deuten, dass unserDienst vor Ihm angenommen ist und dass das, was wirgeschrieben haben, die Wahrheit ist. Das heißt, Er veran-lasst, dass Wörter auf einer bestimmten Seite mit demgleichen Wort auf der selben oder auch einer anderenSeite korrespondieren. Darin liegt ein Zeichen aus demUnsichtbaren, dass sie von einem unsichtbaren Willen soangeordnet worden sind… »Verlasst euch nicht auf eurenWillen und auf euer Bewusstsein. Denn auch ohne euerWissen und Wollen werden die wunderschönsten Kunst-werke gestaltet und angefertigt.« Besonders die Worte:»Resul-i Ekrem« und »lafs-i salavat« gestalten sich zuSpiegeln, in denen sich ganz klar die Zeichen einer sol-chen Übereinstimmung aus dem Unsichtbaren zeigen. Inder Abschrift eines neuen, noch unerfahrenen Schrei-bers, zeigte es sich, mit Ausnahme von fünf Seiten, aufallen übrigen Seiten, dass die mehr als zweihundert sala-vat-i sherif stets wieder miteinander korrespondieren.

Diese Übereinstimmungen können nicht das Werk desZufalls sein, der unbeabsichtigterweise vielleicht zu zweiÜbereinstimmungen unter zehn führen könnte, noch kön-nen sie dem Gedanken eines so hilflosen und völlig unta-lentierten Mannes entsprungen sein, der sich doch stetsnur auf den Inhalt seines Textes konzentriert und dabei in

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ein, zwei Stunden manchmal dreißig, vierzig Seiten sehrschnell diktiert, weil er ja selbst nicht schreibt, sondern(andere für sich) schreiben lässt.

So bin ich denn sechs Jahre, nachdem ich diese Über-einstimmungen wiederum aus dem Qur’an erfahren hatteund in meinem Kommentar: »Hinweise auf das Wunder«neunmal bei dem Wort »inna« diese Übereinstimmungbemerkt hatte, aufmerksam geworden. Als die Schreiberdies von mir vernahmen, waren sie sehr erstaunt. DieWorte »Resul-i Ekrem« und die dazu gehörigen Segens-worte im Neunzehnten Brief wurden zu einer Art kleinemSpiegel für eine Art »Wunder Mohammeds«. In ähnlicherWeise zeigte sich auch das Wort »Qur’an« im Fünfund-zwanzigsten Wort, den »Wundern des Qur’an« und imAchtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes als solcheine Art Wunder: unter den vierzig Klassen der Mensch-heit ereignete sich bei einer, und zwar bei der, welchesich doch sonst immer nur auf das verlässt, was man miteigenen Augen sehen kann, eine Art dieser Wunder desQur’an in allen Abhandlungen in der Form dieser Über-einstimmungen mit dem Unsichtbaren, was doch nur eineArt unter vierzig Arten dieser Form von Wundern ist. Undunter den vierzig Arten dieser Form zeigte es sich in demWort »Qur’an«. Es ist dies wie folgt:

Das Wort »Qur’an« wiederholt sich im Fünfundzwan-zigsten Wort und im Achtzehnten Hinweis des Neunzehn-ten Briefes. Mit nur wenigen, vielleicht ein oder zwei Aus-nahmen, korrespondieren alle übrigen (Worte) miteinan-der. So findet sich z.B. auf der dreiundvierzigsten Seitedes Zweiten Strahls das Wort »Qur’an« insgesamt sie-benmal, und sie alle korrespondieren (auf die eine oderandere Weise) miteinander. Auf der sechsundfünfzigstenSeite korrespondieren acht miteinander und nur dasneunte ist eine Ausnahmen. Die fünf Beispiele diesesWortes auf Seite Neunundsechzig, die jetzt vor mir auf-geschlagen liegt, korrespondieren alle miteinander.Usw… Das Wort »Qur’an«, wann immer es auf irgendei-

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ner Seite auftaucht, korrespondiert mit einem anderen.Nur selten einmal findet sich eines außerhalb diesesMusters von fünf oder sechs.

Was die übrigen Übereinstimmungen betrifft, so sehenwir auf der Seite dreiunddreißig – also hier vor unserenAugen – fünfzehnmal das Wort »am« (Fragepartikel), wo-von vierzehn miteinander korrespondieren. Außerdem fin-det sich hier auf dieser Seite vor unseren Augen neunmaldas Wort »iman« (Glaube); und (diese Wörter) korres-pondieren miteinander. Nur einmal ist infolge eines etwasgrößeren Abstandes eine leichte Verschiebung entstan-den. Und weiter steht auf dieser Seite – hier vor unserenAugen – zweimal das Wort »mahbub« (Geliebter), daserste Mal in der dritten Zeile und das zweite Mal in derfünfzehnten Zeile, und korrespondieren dabei in vollkom-mener Harmonie. Zwischen ihnen finden wir viermal dasWort »ashk« (Liebe); (und auch diese Wörter) korrespon-dieren miteinander. Noch andere dieser Übereinstimmun-gen magst du nun (als Zeichen) aus dem Unsichtbarenmiteinander vergleichen…

Wer auch immer der Schreiber sein mag und welcheForm auch immer ihre Zeilen, ihre Seiten annehmenmochten: diese Übereinstimmungen aus dem Unsichtba-ren ereigneten sich in einem solchen Umfang, dass keinZweifel mehr bestehen bleibt, dass dies weder ein Werkdes Zufalls sein kann, noch ein (bewusst gewollter) Ein-fall ihres Verfassers oder ihres Schreibers. Nur sind in derHandschrift des einen diese Übereinstimmungen augen-fälliger als in anderen. Das heißt, dass es eine Art derNiederschrift gibt, die für die Risala besonders passendist. Einige von ihnen kommen dieser Abfassung be-sonders nahe. Dabei ist es besonders merkwürdig, dassdies nicht bei den geübtesten Schreibern, sondern be-sonders in den Abschriften gerade der Anfänger am deut-lichsten hervortritt… Von daher wird es verständlich, dassdie Kunst, die Anmut und alle hervorragenden Eigen-schaften, die uns aus den »Worten« (Sözler) entgegen

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treten, die eine Art Kommentar zum Qur’an sind, nicht je-mandes (Werk) sind, sondern die Kleider, die in ihremharmonischen, wohl angemessenen Stil, der für geradediese gesegnete Verkörperung dieser so schönen undharmonischen qur’anischen Wahrheiten am besten pas-sen und die nicht mit Wissen und Wollen (einer bestimm-ten Persönlichkeit) angepasst und zugeschnitten wordensind. Es ist vielmehr diese Figur, diese Verkörperungselbst, welche (nach gerade diesen Kleidern) verlangt,und es ist die Hand aus dem Unsichtbaren, die dieser Fi-gur entsprechend Maß nimmt, anpasst, zuschneidet undankleidet. Was uns selbst betrifft, so sind wir dabei alleinder Übersetzer, der Diener.

(Zweiter und Dritter Punkt fehlen im Original)Vierter Punkt: Mit deiner ersten Frage hattest du fünf

oder sechs Fragen zusammengefasst:Wie wird die Große Wiederversammlung zu Stande

kommen? (Werden die Menschen) nackt sein? Wie wer-den wir dort unsere Freunde wiederfinden? und wie kön-nen wir den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede undSegen sei, finden, um unser Anwalt zu sein? Wie kann ei-ne einzige Person so unendlich vielen Menschen begeg-nen? Wie werden die Kleider der Leute des Paradiesesund der Hölle beschaffen sein? Und wer wird uns denWeg weisen?

Antwort: Auf diese Frage finden sich ganz klare, ein-deutige und ausführliche Antworten in den Ahadith (Über-lieferungen). Wir wollen hier nur ein oder zwei Punkte an-führen, soweit sie unserer Lebensart (meshreb) undSchule (meslek) entsprechen. Es ist dies wie folgt:

Erstens: In einem der Briefe wird erklärt, dass sich derPlatz der Auferstehung innerhalb der Erdumlaufbahn be-findet. und so wie die Erde jetzt ihren spirituellen Ertragzu den Tafeln auf diesem Platz entsendet, so beschreibtsie auch mit ihrem jährlichen Umlauf einen Anfang derVerkörperung eines Existenzbereiches und durch die Er-

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träge dieses Existenzbereiches bildet sie einen Ort derWiederversammlung. Die Kleinere Hölle im Zentrum die-ses königlichen Schiffes, das unsere Erde ist, wird in dieGrößere Hölle umgefüllt werden, während seine Bewoh-ner auf den Platz der Auferstehung entleert werden.

Zweitens: Besonders im Zehnten und im Neunund-zwanzigsten Wort, aber auch in anderen Worten wurdebereits mit vollkommener Sicherheit bewiesen, dass eseine Wiederversammlung geben wird und zugleich mitihr, an welchem Platz dies geschehen wird.

Drittens: Was die Begegnungen (im Jenseits) betrifft,so wurde bereits im Sechzehnten, Einunddreißigsten undDreiunddreißigsten Wort mit absoluter Sicherheit bewie-sen, dass eine Person im Geheimnis des Lichtes gleich-zeitig an Tausenden von Plätzen anwesend sein und Milli-onen Menschen begegnen kann.

Viertens: So wie Gott der Gerechte allen beseelten Ge-schöpfen ein natürliches Kleid angezogen hat, so wird erihnen auch auf dem Platz der Wiederversammlung, nach-dem sie der künstlichen Kleider entledigt und nackt ge-wesen waren, wieder neue, aber natürliche Kleider an-ziehen, so wie es sein Name »der Allweise« (Hakiem) er-fordert. In dieser Welt beschränkt sich die Weisheit künst-lich (angefertigter) Kleider nicht darauf, gegen Hitze undKälte zu schützen, uns zu schmücken und unsere Schamzu verhüllen, vielmehr (gibt es daneben noch) eine ande-re bedeutende Weisheit, die darin besteht, dass (Klei-dung zugleich auch) ein Index oder eine Liste ist, die dar-auf hinweist, dass der Mensch über die anderen Lebewe-sen verfügt, zu ihnen in einer gewissen Beziehung stehtund sie gleichsam befehligt. Anderenfalls hätte er auch inein einfaches und billiges Kleid gehüllt sein können. Denngäbe es diese Weisheit nicht, so würde sich der Menschin verschiedene Arten von Lumpen hüllen und so sichselbst in den Augen verständiger Tiere und im Vergleichzu ihnen zur Vogelscheuche machen und sie würden ihnin diesem Sinne auslachen. Auf dem Platz der Wieder-

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auferstehung gibt es eine solche Weisheit, einen solchenZusammenhang nicht, und auch eine solche Liste ist dortnicht mehr nötig.

Fünftens: Was den Wegweiser betrifft, so ist es für sol-che, die wie ihr in das Licht des Qur’an eingetreten sind,der Qur’an. Schau dir den Anfang (der Suren) an, wennsie mit »Elif-Lam-Mim«, »Elif-Lam-Ra« oder »Ha-Mim«beginnen! Du wirst sehen, was für ein geschätzter Anwaltder Qur’an ist, was für ein getreuer Führer, welch heiligesLicht!

Sechstens: Was nun die Kleidung der Leute des Para-dieses und die Kleidung der Leute der Hölle betrifft, sokann man das Prinzip aus dem AchtundzwanzigstenWort, in dem die Huris geschildert werden, die siebzigKleider übereinander tragen, hier gleichfalls anwenden.Und zwar folgendermaßen:

Ein Mensch, der zu den Leuten des Paradieses gehört,möchte natürlich ständig aus all den Möglichkeiten, diesich den Wesen im Paradies anbieten, seinen Nutzenziehen. All die schönen Dinge des Paradieses werdensich ihm in einer großen Variationsbreite zeigen. Er wirdzu jeder Zeit mit all den verschiedenen Arten und Wesendes Paradieses kommunizieren. Da dies aber so ist, wirder sich selbst und alle seine Huris in verkleinerte Muster-beispiele all der guten Dinge des Paradieses kleiden undein jeder (Mensch) wird einem verkleinerten Abbild desParadieses gleichen.

So wie zum Beispiel ein Mensch in seinem kleinen Gar-ten von allen Blumenarten, wie sie überall im Landewachsen, einige Exemplare sammelt, wie ein Ladenbesit-zer Beispiele von all seinen Waren in einer Liste aufführtund wie ein jeder Mensch sich mit Hilfe all der Exempla-re der Schöpfung, mit denen er in irgendeiner Weise ver-bunden ist, über sie verfügt und sie beherrscht, sich einKleid macht und noch viele andere Dinge zum Gebrauchin seinem Hause, genauso wird auch dem Menschen, der

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zu den Leuten des Paradieses gehört, besonders aberdann, wenn er all seine Sinne, seine geistigen Fähigkei-ten in den Dienst und die Anbetung (Gottes) gesetzt unddamit das Recht erworben hat, alle Freuden des Paradie-ses zu erfahren, so wird ihm und allen seinen Huris durchGottes Barmherzigkeit ein Kleid angezogen werden, dasjede einzelne von all den vielen Arten von Wundern desParadieses zur Darstellung bringt, um so allen seinenSinnen zu schmeicheln, allen seinen Gliedern zu gefallenund all seine innerlichen Fähigkeiten zu erfreuen. Ein Be-weis dafür, dass all die vielen Kleider nicht von ein undderselben Art oder Sorte sind, ist die Hadith, deren Be-deutung folgende ist: »Obwohl die Huris siebzig Kleiderübereinander tragen, kann man trotzdem (noch durch siehindurch) das Mark in ihren Knochen erkennen. Sie ver-hüllen sie nicht.« Das also heißt, dass es von dem ober-sten Kleid bis hin zum untersten verschiedene Stufen vonWahrnehmungen und Empfindungen geben wird, welcheall die verschiedenen Sinne und Glieder (des mensch-lichen Leibes) in unterschiedlicher, doch stets wunderba-rer Weise und auf verschiedene Arten ansprechen.

Was aber die Leute der Hölle betrifft, so scheint es dochder Weisheit und der Gerechtigkeit nicht zu widerspre-chen, wenn sie, die doch in dieser Welt mit allen ihrenSinnen gesündigt haben mit ihren Augen, mit ihren Oh-ren, mit ihren Herzen, mit ihren Händen, mit ihrem Ver-stand usw., sie nun in der Hölle ein Kleid tragen müssen,das aus verschiedenen, unterschiedlichen Teilen zusam-mengesetzt ist, die einer kleinen Hölle gleichen und ihnenQualen und Schmerzen bereiten, entsprechend ihrenSünden.

Fünfter Punkt: Du fragst, ob die Vorväter des Ehren-werten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, in denZeiten zwischen den Propheten einer Religion angehörthaben, oder überhaupt religiös gewesen wären.

Antwort: Nach der Überlieferung folgten sie den Spu-ren der Religion Abrahams (mit dem der Friede sei) und

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nach Isma’il (mit dem der Friede sei) noch einen gegebenhätte. Es erschienen nur zwei Propheten, der eine mit Na-men Khalid b. Sinan und Hansele der andere, die abernicht zu den Vorvätern gehören. Doch einer seiner Vor-väter, Ka’b b. Lu’ayy, der das folgende berühmte unddurchaus eindeutige Gedicht geschrieben hat, als rezitie-re er eine Schriftstelle

»Der Prophet Mohammed kommt zu einer Zeit, da die Menschen Gottvergessen haben. Und er wird eine zuverlässig berichtende Botschaftverkünden.«

erscheint wie eine wunderbare, prophetische Aussage.Auf Grund seiner Beweisführung und Entdeckungen sag-te Imam Rabbani, dass in Indien viele Propheten erschie-nen seien. Aber einige von ihnen hatten keine Gemeindehinter sich, oder sie sind nicht berühmt geworden, weil ih-re Gefolgschaft nur aus einigen wenigen Männern be-stand, oder man sie nicht als Propheten bezeichnet hat.

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hören, den Leuten des Glaubens. Gott der Gerechte wür-de sicherlich das gesegnete Herz seines EhrenwertenGesandten und die zärtliche Sohnesliebe (shefqat) in sei-nem Herzen nicht verletzen.

Wenn man also fragte: Da dies nun einmal so ist, wa-rum waren sie dann nicht in der Lage, an den Ehrenwer-ten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, zu glau-ben? Warum haben sie dann nicht bis zum Beginn seinerSendung (bi’set) gelebt?

Antwort: Gott der Gerechte wollte in Seiner Freigiebig-keit nicht die Eltern Seines Ehrenwerten Geliebten unterdem Zwang zur Dankbarkeit halten, damit so das Gefühlzärtlicher Sohnesliebe des Ehrenwerten Gesandten, mitdem Friede und Segen sei, ruhig bleiben möge. Sein Er-barmen erforderte es, sie glücklich zu machen und seinenEhrenwerten Geliebten zufrieden zu stellen.

Sein Erbarmen erforderte es, sie »in die reine Dankbar-keit Seiner Herrschaft aufzunehmen« (d.h. seine Elternzu sich zu nehmen – A.d.Ü.) und sie glücklich zu machen,um sie nicht von der Stufe ihres Elternseins auf die Stufeeiner geistigen Kindschaft herabzusetzen und dabei Sei-nen Ehrenwerten Geliebten zufrieden zu stellen. Daherversetzte (Er) seine Eltern und seinen Großvater nicht inseine sichtbare Gemeinschaft (hier auf Erden, sondernnahm sie von dieser Erde hinweg). Doch alle die Vorzü-ge, Tugenden und auch die ewige Glückseligkeit (die siesich in seiner Gemeinschaft verdient hätten) wurden ih-nen zum Geschenk (ihsan) gemacht. Wenn der Vater deshohen Herrn Feldmarschalls, der den Rang eines Haupt-manns bekleidet, in dessen Audienz gerufen wird, so be-findet er sich in der Tat mitten zwischen zwei einanderentgegenlaufenden Gefühlen. So unterstellt der König inSeiner Barmherzigkeit nicht den Vater Seinem Ehrenwer-ten Adjutanten, dem Feldmarschall.

Achter Punkt: Du fragst: Wie lautet die Überlieferung,wenn es um den Glauben seines Onkels Abu Talib geht?

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Antwort: Die Schiiten sind von seinem Glauben über-zeugt. Die meisten Sunniten sind nicht von seinem Glau-ben überzeugt. Was ich in meinem Herzen empfinde, istFolgendes: Abu Talib mochte die Botschaft (Risalah) desEhrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei,nicht. Er liebte dagegen sehr in seiner Eigenschaft als ei-ne Persönlichkeit und als Mensch. Diese seine – durch-aus ernsthafte – Liebe und Zärtlichkeit wird sicherlichnicht ohne Wirkung geblieben sein. Abu Talib hatte in derTat Gottes Ehrenwerten Geliebten stets in wahrhaft auf-rechter Weise geliebt, sich stets für ihn eingesetzt und ihnbeschützt. Wenn Abu Talib, der nicht wegen seines Un-glaubens (inkar) oder aus Verstocktheit, vielmehr aufGrund von Gefühlen der Scham und mit Rücksicht aufsein Ansehen im Stamm nie ein formales Glaubensbe-kenntnis abgelegt hatte, auch zur Hölle gegangen wäre,so hätte doch Gott der Gerechte zum Lohn für seine gu-ten Taten eine Art persönliches Paradies inmitten der Höl-le erschaffen können. So wie Er manchmal an einigenPlätzen mitten im Winter einen Frühling zu erschaffenund den Kerker eines Gefangenen durch den Schlaf ineinen Palast zu verwandeln vermag, so vermag er aucheine persönliche Hölle in ein persönliches Paradies zuverwandeln…

»Und alles Wissen ist bei Gott. Und das Verborgene kennt niemandaußer Gott.« »Gepriesen seist Du! Kein Wissen haben wir, außer demdas Du uns gelehrt hast. Fürwahr, Du bist der Allwissende, der All-weise.« (Sure 2, 32)

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Neunundzwanzigster Brief

Dieser Brief besteht aus Neun Kapiteln.

Erstes Kapitel, zugleich erste Abhandlung

Dieses Kapitel besteht aus Neun Punkten

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Und es gibt keinDing, das nicht lobend Ihn preist.«

Mein lieber, treuer Bruder und treuer Freund im Dienst amQur’an!

In deinem letzten Brief möchtest du auf eine wichtigeFrage eine Antwort, die zu geben mir weder meine Zeitnoch mein Zustand (hal) es erlauben.

Mein Bruder! Dank sei Gott, dass in diesem Jahr dieAnzahl der Schreiber für unsere Risalas sehr gewachsenist. Die Kopien kommen zu mir für die zweite Korrekturund ich bin von morgens bis abends emsig damit be-schäftigt. Andere wichtige Arbeiten bleiben dabei liegen.Doch ich halte diese Aufgabe für weitaus wichtiger. Be-sonders in den Monaten Scha’ban und Ramadan nimmtdas Herz mehr daran Anteil als der Verstand und derGeist (ruh) gerät in Bewegung. Ich verschiebe daher die-se Angelegenheit auf einen anderen Zeitpunkt. Wann im-mer ich mit der Gnade Gottes des Gerechten einen Ein-fall in meinem Herzen verspüre, werde ich ihn dir absatz-weise schreiben. Jetzt werde ich dir erst einmal dreiPunkte* erläutern.

Erster Punkt»Die Geheimnisse des Weisen Qur’an sind unbekannt.

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* Sie wurden später auf neun Punkte ergänzt.

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Die Kommentatoren haben seine Wahrheit nicht verstan-den.«

Mit diesen (Worten) werden zwei verschiedene Aspek-te einer Idee zum Ausdruck gebracht und die, welche sievertreten, bilden zwei Gruppen.

Die ersten sind die Leute der Wahrheit und die For-scher. Sie sagen; »Der Qur’an ist ein niemals endender,unerschöpflicher Schatz. Jedes Jahrhundert empfängtund bestätigt (in ihm) die Grundsätze und Vorschriftenund entnimmt (ihm) auch als Ergänzung seinen Anteil anverborgenen Wahrheiten, wobei es den noch verborgengebliebenen Anteil der anderen nicht stört.« Das heißt,dass im Laufe der Zeit stets mehr Wahrheiten des WeisenQur’an entdeckt werden. Dies geschieht keineswegs, um– was Gott verhüten möge – die offensichtlichen Wahr-heiten des Qur’an, die die vorausgegangenen Imame be-reits erklärt haben, in Zweifel zu ziehen. Denn der Glau-be an sie ist notwendig. Sie stehen fest und sicher, sindPfeiler und Fundament. Der Qur’an verkündet mit demFerman

»…in klarem Arabisch.« (Sure 16, 103)

dass seine Aussage klar und deutlich ist. Vom Anfang biszum Ende dreht sich diese göttliche Aussage um dieseBedeutungen, bekräftigt sie und macht sie offensichtlich.Solche (von Gott) autorisierte Aussagen nicht anzuneh-men, führt dazu – was Gott verhüten möge – Gott denGerechten der Lüge zu bezichtigen und das Verständnisdes Ehrenwerten Botschafters (Hazret-i Risalah) für ge-ring zu achten. Das heißt, solche feststehenden, autori-sierten Aussagen wurden über die Kette der Überliefe-rungen (Silsilah) der Quelle, die der Ehrenwerte Bot-schafter (Risalah) ist, entnommen. Sogar Ibn Jarir at-Ta -bari führte alle Bedeutungen des Qur’an, schrittweise undnamentlich der Kette der Überlieferungen folgend bis auf

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ihre Quelle, den Ehrenwerten Botschafter (Risalah), zu-rück und verfasste auf diese Weise seinen großen be-deutenden Kommentar.

Die zweite Gruppe sind entweder ziemlich törichteFreunde, die »das Auge entfernen, wenn sie eine Brauemachen wollen« (d.h. also das Kind mit dem Bade aus-schütten – A.d.Ü.), oder aber es sind Feinde von gerade-zu teuflischer Klugheit, die den islamischen Sitten undden Glaubenswahrheiten entgegenarbeiten wollen. Siesuchen einen Weg in die fest ummauerten Suren des All-weisen Qur’an zu finden, die – nach deinen Worten –stählernen Burgen gleichen. Leute wie diese verbreitenIdeen wie die obigen, um – was Gott verhüten möge –Zweifel an Glaube und Qur’an zu säen.

Zweiter PunktGott der Gerechte schwört im Qur’an bei vielen Dingen.

Zu diesen Beschwörungen des Qur’an gibt es viele be-deutende Anmerkungen und in ihnen liegen viele Ge-heimnisse.

Zum Beispiel: In dem Schwur:

»Bei der Sonne und ihrem Glanz.« (Sure 91, 1)

erfolgt ein Hinweis auf den Kern dieses glänzenden Ver-gleichs, der im Elften Wort (behandelt wird). Er zeigt dasUniversum in der Gestalt eines Schlosses oder einerStadt.

Des Weiteren wird mit dem Schwur

»Ya-Sin; und bei dem Weisen Qur’an. (Sure 36, 1-2)

auf die Heiligkeit des Qur’anischen Wunders hingewie-sen. Er ist so sehr aller Verehrung wert, dass man auf ihn

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schwören kann.

»Bei dem Stern, wenn er fällt.« (Sure 53, 1) »Und so schwöre ich dennbei dem Ort, an dem die Sterne niedergehen. Und dies ist fürwahr eingewaltiger Schwur, wenn ihr es nur wüsstet.« (Sure 56, 75-76)

Diese Schwüre weisen darauf hin, dass diese Stern-schnuppen ein Zeichen dafür sind, dass die Dschinnenund die Teufel daran gehindert werden, Nachrichten ausdem Unsichtbaren zu empfangen, sodass sie über die Of-fenbarung keine Zweifel säen können. Die Sterne in ihrerFurcht erregenden (Größe) werden in perfekter Ordnungan ihren Platz gesetzt und die Planeten auf eine Staunenerregende Weise in Umdrehung versetzt. Die gewaltigeMacht und vollkommene Weisheit, mit der dies alles ge-schieht, wird mit diesem Schwur wieder in Erinnerung ge-bracht…

»Bei denen, die aufwirbeln.« (Sure 51, 1) »Bei denen, die ausgesandtwerden.« (Sure 77, 1)

(Hier schwört Gott) bei Seinen Engeln, die Er zu SeinenBeauftragten für die Winde (gemacht hat) und die mit ei-ner sehr subtilen Weisheit an besonders wichtigen Aufga-ben arbeiten, lenkt so die Aufmerksamkeit auf die Ele-mente und erinnert dadurch an die Wogen der Luft undden Wechsel (der Winde), die (doch sonst für rein) zufäl-lig gehalten werden usw…

Jeder dieser Schwüre berührt wieder andere, unter-schiedliche Punkte und dient wieder anderen Zwecken.Da die Zeit (im Augenblick) nicht gerade günstig ist, wol-len wir hier nur auf eine Anmerkung unter vielen Anmer-kungen, auf die sich dieser Schwur

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»Bei der Feige und bei der Olive.« (Sure 95, 1)

(bezieht), kurz hinweisen. Es ist dies wie folgt:

(Hier schwört) Gott der Gerechte also bei der Feige undbei der Olive und erinnert zugleich an Seine ungeheureMacht, die Vollkommenheit Seines Erbarmens und Seinegroßen Gnadengaben gegenüber denen, die in Richtungder Niedersten aller Niedrigen gehen, wendet sodann ihrGesicht von dieser Richtung um und verweist sie auf dieMöglichkeit ihres geistigen Fortschritts durch Dankbar-keit, Nachsinnen, Glaube und gute Werke bis hin zu denhöchsten aller Erhabenen. Der Grund dafür, dass unterden Gnadengaben (Gottes) ganz besonders die Feigeund die Olive erwähnt werden, ist der, dass diese (bei-den) Früchte ganz besonders gesegnet und nutzbringendsind und dass in (der Art) ihrer Erschaffung viele Dingeliegen, die eine Quelle allen Interesses und der Segens-fülle (ni’met) sind. Denn die Olive gehört zu den wichtigs-ten Gütern im privaten wie im kommerziellen Leben, fürBeleuchtung sowohl wie für die Ernährung. Das gleichegilt auch für die Feige. Nach ihrer Erschaffung ist sie einWunder der göttlichen Allmacht, da in ihren winzig kleinenSaatkörnern alle Bestandteile eines riesigen Feigenbau-mes gespeichert und verborgen sind. Durch (Gottes)Schwur ruft sie die göttlichen Gnadengaben ins Gedächt-nis, ist sie Nahrung und Segen, überdauert im Gegensatzzu anderen Früchten und hat darüber hinaus noch vieleandere Vorteile. So unterrichtet sie denn den Menschen,daraus eine Lehre zu ziehen, damit er glaube und guteWerke tue und nicht (auf die Stufe) der Niedrigsten allerNiedrigen hinabstürze.

Dritter Punkt

Alleinstehende Buchstaben am Anfang einiger Surensind göttliche Chiffren. Durch sie gibt (Gott) seinem be-

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sonderen Diener einige Zeichen aus dem Unsichtbaren.Der Schlüssel zu diesen Chiffren liegt bei Seinem beson-deren Diener, als gleichsam Seinem »Erben« (und Kali-fen). Da der Weise Qur’an aber nun einmal zu allen Zei-ten und Völkern spricht, können (diese Buchstaben) sehrunterschiedliche Aspekte und Bedeutungen haben undalle Bevölkerungsschichten können in jedem Jahrhundertdarin ihren Anteil haben. Was aber die früheren Gelehrten(Selef-i Salihin) betrifft, so ist ihrer der reinste Anteil, densie auch verkündet haben. Die Leute der Erforschung undder Gottesfreundschaft haben in ihnen viele Hinweiseund (Anleitungen) zum Umgang mit dem Unsichtbarengefunden, wie sie zu ihrer spirituellen Reise gehören. Inmeinem Kommentar: »Zeichen eines Wunders« am An-fang der Sure »el-Baqara« haben wir sie im Hinblick aufdie wundersame Beredsamkeit des Qur’an zum Teil be-reits behandelt. Dort kann man also nachschlagen.

Vierter Punkt

Das Fünfundzwanzigste Wort hat bereits bewiesen,dass eine wahrheitsgemäße Übersetzung des WeisenQur’an nicht möglich ist. Zudem kann der erhabene Stil,wie er sich in seiner geistigen Wundersamkeit findet,nicht übertragen werden. Es wäre auch besondersschwer, die Freude und die Erfahrung, die aus dem erha-benen Stil erwächst, der sich in seiner geistigen Wunder-samkeit findet, zu erklären und verständlich zu machen.Doch um den Weg dahin aufzuzeigen, wollen wir auf ein,zwei Aspekte (dieses Stils) hinweisen. Es ist dies wiefolgt:

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»Und unter Seinen Zeichen ist die Erschaffung der Himmel und derErde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Hautfarben.« (Sure30, 22) »Und die Himmel werden aufgerollt sein in Seiner rechten.«(Sure 39, 67) »Er erschafft euch im Schoße eurer Mütter, Schöpfungnach Schöpfung in dreifacher Finsternis.« (Sure 39, 6) »Er erschuf dieHimmel und die Erde in sechs Tagen.« (Sure 7, 54) »Er dringt zwischenden Menschen und sein Herz.« (Sure 8, 24) »Vor Ihm ist auch nicht daskleinste Stäubchen verborgen.« (Sure 34, 3) »Er lässt die Nacht in denTag übergehen; und Er lässt den Tag in die Nacht übergehen; und Erhat Kenntnis über das Innere der Herzen.« (Sure 57, 6)

Der Qur’an, dessen Verkündigung ein Wunder ist, be-schreibt mit dergleichen Versen die Wahrheit von derSchöpfung in einem so wunderbar erhabenen Stil und miteiner so umfassenden Vielseitigkeit, damit wir eine Vor-stellung davon bekommen können und zeigt uns: »Mitwelchem Hammer auch immer der Gestalter dieser Weltund Baumeister des Universums bei Seiner Arbeit dieSonne und den Mond an ihren Plätzen befestigte: mitdem selben Hammer und im selben Augenblick (befestigtEr auch) die Atome an ihren Plätzen, zum Beispiel imAugapfel eines lebenden Wesens. Und mit welchemMaßstab, mit welchem unsichtbaren Instrument auch im-mer Er die Himmel ordnet und entfaltet, mit dem gleichenMaßstab und in der gleichen Reihenfolge öffnet Er unse-re Augen, zieht den Schleier vor unseren Augen hinweg,Er erschafft sie, ordnet sie und weist ihnen ihren Platz an.Und mit welchem unsichtbaren Hammer Seiner Machtder ruhmreiche Meister (Sani-i dhu-l’Djelal) die Sterne amFirmament befestigt, mit der gleichen geistigen Kraft, mitdem gleichen unsichtbaren Hammer befestigt Er die zahl-losen Unterscheidungsmerkmale im Gesicht des Men-schen und seine inneren und äußeren Sinne an ihrenPlätzen.« Das heißt, um bei Seiner Arbeit Seine Werkesowohl dem Auge als auch dem Ohr vorzuführen, schlägt

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Er mit dem Hammer einer Ayah des Qur’an auf ein Atomund schlägt mit dem Hammer eines anderen Wortes der-selben Ayah auf die Sonne, in einem erhabenen Stil, alsschlüge er mitten hinein ins Zentrum, um seine Einheit(Vahdaniyet) in Seiner Allgegenwart (Ahadiyet) und Seinegrenzenlose Majestät (Djelal) in Seiner grenzenlosenSchönheit (Djemal) und Seine unendliche Gewalt (adha-met) in Seiner unendlichen Verborgenheit, und Seine un-endliche Allumfassendheit in Seiner unendlich genauenAufmerksamkeit, Seine unendliche Majestät in Seinergrenzenlosen Barmherzigkeit (rahmet), Sein Unendlich-Entfernt-Sein in Seinem Unendlich-Nahe-Sein, drückt dieäußerste Stufe der Vereinigung der Gegensätze in einerForm aus, die bei aller scheinbaren Unmöglichkeit dochden Grad einer Notwendigkeit (vadjib) erreicht. So ist esdenn diese Art Ausdruck und der Stil, der selbst noch diegrößten und bedeutendsten Dichter und Literaten dazuveranlasst, sich vor einer solchen Eloquenz niederzuwer-fen (sedjde).

Und noch ein weiteres Beispiel:

»Und es gehört zu Seinen Zeichen, dass der Himmel und die Erdedurch Seinen Befehl bestehen: dann, wenn Er euch aus der Erde her-ausruft, kommt ihr hervor.« (Sure 30, 25)

Durch diese Ayah zeigt Er uns die Majestät der HerrschaftSeines Königreichs in Seinem erhabenen Stil auf folgen-de Weise:

»Vom Himmel herab und aus der Erde herauf, erschei-nen wie aus zwei Standorten oder Heerlagern, die zweigehorsame und wohlgeordnete Hauptquartiere bilden,wie auf einen einzigen Befehl oder eine Fanfare hin mitvollendeter Schnelligkeit alle Lebewesen (maudjudat), diein diesen beiden Kasernen unter der Decke der Vergäng-

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lichkeit und des Nicht-Seins liegen, sagen gehorsam:›Hier sind wir!‹ und treten auf den Platz der Versammlungund der Prüfung.«

So ist es denn dieser so wunderbare, erhabene Stil, indem Auferstehung und Wiederversammlung ausgedrücktwerden und auf den in dem folgenden überzeugendenBeweis hingewiesen wird, der in der folgenden Bestäti-gung enthalten ist: Offensichtlich werden die Saatkörner,die wie tot im Dunkel der Erde verborgen sind, und dieWassertropfen, die sich in der Luft verteilt wie versteckthalten, als ob sie gar nicht da wären, mit vollendeterSchnelligkeit wohlgeordnet in jedem Frühling wieder ver-sammelt und treten auf dem Platz der Erfahrung und Prü-fung hervor. So nehmen die Saatkörner in der Erde unddie Wassertropfen unter dem Himmel jederzeit eine Forman, die an die Wiederauferstehung erinnert. In gleicherWeise wird auch die Große Wiederversammlung ebensoleicht zu Stande kommen. Da ihr also dies seht, könnt ihrauch jene nicht bestreiten. Usw…

Mit diesen Ayat kann man den Grad der Beredsamkeitin anderen Ayat vergleichen. Könnte etwa nun eine wah-re Übersetzung dieser Art Ayat möglich sein? Mit Sicher-heit nicht! Höchstenfalls könnte es entweder eine kurz zu-sammengefasste, sinngemäße Übertragung sein, oderman müsste für jeden Satz einer Ayah eine Art Kommen-tar von fünf, sechs Zeilen schreiben.

Fünfter PunktZum Beispiel: »Elhamdu li’llah« (Lobpreis und Dank sei

Gott) ist ein Satz im Qur’an. Seine kürzeste Bedeutungist, entsprechend den Regeln, die der arabische Satzbau-und seine Ausdruckslehre erfordern, folgende:

Das heißt: » Wie viel Lobpreis und Dank es auch immer

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Wenn dies also nun die kürzeste offensichtliche Bedeu-tung des Satzes »Lobpreis und Dank sei Gott« ist, auf diesich die arabischen Gelehrten geeinigt haben, wie könn-te man sie dann mit den gleichen Zeichen der Kraft unddes Wunders (die sich in ihm offenbart) in eine andereSprache übertragen?

Des Weiteren gibt es neben der arabischen Sprache inder Welt der Sprachen nur eine einzige mit einer ver-gleichbaren Grammatik; und auch diese hat zu keiner Zeitden Umfang und die Ausdrucksfähigkeit der arabischenSprache erreicht. Ja wäre es denn möglich, dass in die-ser so einzigartigen und so vollkommenen Sprache des-sen, der ihre wunderbare Gestalt mit all ihren grammati-kalischen Regeln, die in dieser so umfassenden Spracheerscheinenden Worte des Qur’an (und alle Dinge) in allihren Aspekten gleichermaßen kennt und (über sie auchentsprechend) mit Seinem Willen (irade) verfügt, in eineranderen Sprache (erscheinen), die nach einer völlig an-deren Satzbau- und Ausdruckslehre (erstellt wird), durcheinige Menschen, deren Bewusstsein begrenzt und derenVerständnis gestört ist und deren Herzen düster sind, wodann andere den Platz dieser Heiligen Worte einneh-men? Ja, ich kann sogar sagen und vielleicht sogar be-weisen, dass jeder einzelne Buchstabe des Qur’an einerganzen Schatzkammer der Wahrheit gleichkommt. Ja,manchmal kann ein einziger Buchstabe über eine ganzeSeite lang die Wahrheit unterrichten.

Sechster PunktUm auf diese Ansicht ein etwas deutlicheres Licht zu

werfen, möchte ich von einem lichtvollen Erlebnis berich-ten, das mir selbst (hal) widerfahren und mir in einer ArtVision (hayal) deutlich (haqiqat) geworden ist; und zwarfolgendermaßen:

»Dich allein beten wir an und von Dir allein erbitten wir Hilfe.« (Sure 1, 4)

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Einmal habe ich über den Sinn des Buchstabens »nun«als dem Zeichen der ersten Person Plural (vor einem Ver-bum) nachgedacht und mein Herz gefragt, warum hier dieerste Person Singularis in die erste Person Pluralis (wirbeten) transponiert worden ist. Plötzlich wurde mir in die-sem »nun« die Besonderheit der Gemeinschaft im Gebetund ihr Geheimnis enthüllt. Da sah ich: meine Teilnahmein der Gemeinschaft in der Beyazid-Moschee, in der ichbetete, machte jeden Einzelnen zu meinem Fürsprecher,der in meinem Gebet (kira’at) jede meiner Erklärungenund Behauptungen bezeugte und bestätigte. Inmitten dergroßen, vielfachen Anbetung dieser Gemeinde bekam ichden Mut, meine mangelhafte Anbetung an der SchwelleGottes darzubringen. Dann öffnete sich plötzlich noch einanderer Vorhang. Das heißt, all die großen Moscheen Is-tanbuls vereinigten sich miteinander. Die ganze Stadtwurde der Beyazid-Moschee gleich. Und plötzlich war esmir, als würde ich ihre Anbetung und all ihre Bestätigun-gen gleichsam in mir empfangen. Danach sah ich michselbst auf dieser unserer Erde, die insgesamt zur Mo-schee geworden war, im Kreise der Reihen rund um dieEhrenwerte Kaaba stehen.

»Lobpreis und Dank sei Gott, dem Herrn der Welten.« (Sure 1, 1)

sagte ich. ich habe so viele Fürsprecher. Sie sagen genaudas gleiche, was auch ich im Gebet sage und bestätigenmich. Da aber nun einmal in meiner Vorstellung (hayal)dieser Vorhang sich geöffnet hatte, wurde auch die Eh-renwerte Kaaba zum Mihrab. Da nutzte ich diese Gele-genheit aus, rief diese Reihen zu Zeugen an, (kniete nie-der zum) Tahayyat und vertraute das

»Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott; und ich bezeuge,dass Mohammed der Prophet Gottes ist.«

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als Sprachrohr meines Glaubens dem Schwarzen Steinan. Und während ich dies sagte, öffnete sich plötzlich vormir noch eine weitere Szene: Da sah ich, dass die Ge-meinschaft der ich angehöre, sich in drei Kreisen entfal-tete:

Erster Kreis: Die riesige Gemeinschaft aller Gläubigenund derer, die sich auf dem ganzen Erdenrund zur EinheitGottes (muvahhit) bekennen.

Zweiter Kreis: Ich blickte mich um (und erkannte,dass) ich ein Teil jener ganzen, großen Gemeinschaft al-les Geschaffenen (maudjudat) bin, in der ein jeder Teil mitseinem eigenen Gebet (salavat) und Lobpreis (tesbihat)beschäftigt ist. Ihr Dienst besteht aus den Tätigkeiten, wiewir sie beobachten können und die als die »Aufgaben derDinge« bezeichnet werden. Daraufhin sagte ich: »Gott istgroß!« und voll Bewunderung beugte ich mein Haupt undbetrachtete mich selbst (nefs), und da sah ich in einem

Dritten Kreis einen erstaunlichen Mikrokosmos, deraugenscheinlich und nach seiner Eigenschaft klein, inWirklichkeit aber, seiner Zahl und seinen Aufgaben ent-sprechend groß ist. In ihm erkannte ich eine Gemein-schaft, worin eine jede Gruppe, von den Zellen meinesKörpers angefangen bis zu seinen Sinnesorganen mit ih-ren Aufgaben des Dienstes, der Anbetung und der Dank-sagung beschäftigt ist. In diesem Kreis sprachen die Blu-men des Herrn in meinem Herzen zu mir:

»Dich allein beten wir an und von Dir allein erbitten wir Hilfe.« (Sure 1, 4)

Das sagten sie zu mir im Auftrag dieser Gemeinschaft,genauso wie meine Zunge dies in den beiden vorigen Ge-meinschaften gesagt hatte, in der Absicht, für diese bei-den großen Gemeinschaften zu sprechen.

Zusammenfassung: Der (Buchstabe) nun in dem Wort

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»na’budu« verweist auf diese drei Gemeinschaften. Wäh-rend ich also noch in diesem Zustand (hal) war, verkör-perte sich plötzlich der Ehrenwerte Gesandte, mit demFriede und Segen sei, der Interpret und Verkünder desWeisen Qur’an, auf seinem geistigen, die »LeuchtendeStadt« (Medinatu-l’Munauver) genannten Mimber, in sei-ner spirituellen Gestalt und in all seiner Majestät und inmeinem Inneren hörte ich wie jeder andere, seine Zu-sprache

»Oh ihr Menschen, betet euren Herrn an!« (Sure 2, 21)

und gleich mir antwortete jeder in diesen drei Gemein-schaften:

»Dich allein beten wir an.« (Sure 1, 4)

Und entsprechend dem Gesetz, nachdem

»Wenn etwas feststeht, so steht es fest auf Grund seiner Vorausset-zungen.«

erkannte ich in mir (fikr) die folgende Wahrheit:

Da nun einmal der Herr aller Welten die Menschen zuseinem Ansprechpartner erwählt hatte und nun (durchihn) mit allem Sein (maudjudat) spricht, verkündet nunSein Ehrenwerter Gesandter, mit dem Friede und Segensei, diese ehrenvolle Ansprache dem Menschenge-schlecht, ja allem, was über Geist (ruh) und Bewusstseinverfügt. So werden denn nun die ganze Vergangenheitund auch die Zukunft der Gegenwart gleich. Seine An-sprache richtet sich an das ganze Menschengeschlechtals eine einzige (große) Versammlung, deren unter-

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schiedliche Reihen auf diese Weise (doch zusammen) ei-ne (einzige) Gemeinde bilden. Und dann sah ich, dass je-de einzelne Ayah des Qur’an über eine erhabene Machtverfügt, eine sprachliche Eleganz und Schönheit, die sieaus der ganzen Größe und Weite ihres Status (makam)empfangen hat, ihren außerordentlich zahlreichen, ver-schiedenen, bedeutenden Ansprechpartnern, durch ihrenSprecher von Ewigkeit her, dem einen von unendlicherGröße und Majestät, und von ihrem erhabenen Interpre-ten, der den Rang (makam) des Geliebten Gottes ein-nimmt. Und ich sah jede einzelne Ayah in strahlendem,dem fürwahr strahlenden Licht seiner Wunderhaftigkeit.Und dann erscheint nicht nur der ganze Qur’an, oder ei-ne Sure, oder eine Ayah, sondern jedes einzelne Wort alsein Wunder. »Lobpreis und Dank sei Gott für das Lichtdes Glaubens und für den Qur’an!«, sagte ich da und er-wachte aus meiner inneren Schau (hayal), welche dochreine Wahrheit war, die gleiche wie die, in die ich mit dem

»nun« des eingetreten war, und ich verstand,

dass nicht nur die Ayat des Qur’an und seine Worte, son-dern auch einige seiner Buchstaben wie das »nun« in

ein leuchtender Schlüssel zu bedeutenden Wahr-

heiten waren.

Nachdem Intuition (qalb) und Imagination aus dem»nun« des »na’budu« herausgetreten waren, trat ihnennun auch der Verstand entgegen und sagte: »Auch ichmöchte meinen Anteil. Doch ich kann nicht fliegen, so wieihr. Meine Füße sind dafür der Beweis, das Zeugnis. Ge-

nauso wie in und ist es notwendig, den

Weg, der zum Schöpfer (Khaliq) führt, welcher Ma’bud(der Angebetete) und Muste’an (der um Hilfe Angeflehte)ist, aufzuzeigen, damit ich mit euch gehen kann.« Unddann geschah es, dass es in meinem Herzen aufkam: Sa-ge zu diesem verwunderten Verstand:

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Betrachte alles (maudjudat), was es da im Universumgibt: ob es lebend oder leblos ist: in vollkommenem Ge-horsam und einer perfekten Ordnung hat alles seine Auf-gabe und betet an, indem es seine Pflicht (vasife) erfüllt.Obwohl manche Dinge kein Bewusstsein und kein Gefühlhaben, erfüllen sie doch ihre Aufgabe (vasife), wie ge-steuert von einem, der über Bewusstsein verfügt, die Ord-nung liebt und sie zu Dienst und Anbetung anleitet. Dasaber heißt: es gibt einen in Wahrheit Angebeteten (Ma’-budu bi-l’Haqq) und Obersten Befehlshaber (Amir-i Mut-lak), der sie in Dienst (ibadet) nimmt und leitet.

Betrachte ferner alles (maudjudat), was da ist und be-sonders, was da lebt. Alle (lebenden Dinge) haben sehrviele und sehr verschiedene Bedürfnisse und besondersviele unterschiedliche Wünsche für ihren Fortbestand unddie Erhaltung ihrer Existenz. Ihre Hände können auchnicht den kleinsten von ihnen erfüllen. Doch ihnen allenwird alles, dessen sie unentwegt bedürfen, regelmäßigund zu rechter Zeit aus einer unerwarteten Quelle in dieHände gelegt. Das kann man ganz klar erkennen…

So zeigt denn diese grenzenlose Bedürftigkeit und Notund die außerordentliche Hilfe aus dem Unsichtbaren undder Beistand des Erbarmers (Rahman) offensichtlich,dass sie einen Beschützer und Versorger haben, dessenReichtum (Ghaniyy) vollkommen, dessen Freigiebigkeit(Keriem) vollkommen, dessen Macht (Qadir) vollkommenist. Er ist es, von dem alle Dinge und alles, was da lebt,Hilfe erwartet und Beistand erfleht.

»Von Dir allein erbitten wir Hilfe.« (Sure 1, 4)

Sagen (alle Dinge, wenn auch) ohne Worte. Da sagteauch der Verstand: »Wir glauben und bestätigen es.«

Siebenter PunktAls ich sodann sagte:

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»Führe uns den rechten Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwie-sen hast.« (Sure 1, 5-6)

sah ich in der Karawane der Menschheit, die sich in Rich-tung auf die Vergangenheit hin ziehend bewegte, auchdie leuchtende, glänzende Karawane der Propheten, derGetreuen, der Märtyrer, der Gottesfreunde und aller Auf-richtigen. Sie zerstreuen die Dunkelheit der Zukunft undreisen auf dem Weg in die Ewigkeit, auf der Großen Stra-ße, die der Rechte Weg ist. Dieses Wort zeigt mir denWeg, der Karawane zu folgen, vielmehr verbindet es michmit ihr… Da rief ich denn plötzlich aus: »Gepriesen seiGott!« Ein jeder, der auch nur über ein Körnchen Be-wusstsein verfügt, muss wissen, welch ein Verlust, ja wasfür eine Katastrophe es ist, dieser gewaltigen, lichtvollenKarawane zu folgen, welche die Finsternis der Zukunft er-leuchtet und in vollkommener Sicherheit dahinzieht. Wo-her sollte aber einer, der sich von dieser gewaltigen Ka-rawane trennt, indem er Neuerungen (bid’a) erfindet,denn noch ein Licht finden? welchen Weg sollte er ein-schlagen? Der (unsere Karawane) anführt (rehber), derEhrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, er-ließ den Ferman

»Jede Neuerung ist eine Irreführung und jede Irreführung ist im Feuer.«

Was für einen Vorteil finden denn einige Unglückselige,die man mit dem Ausdruck »Gelehrte des Bösen« be-zeichnen könnte, angesichts dieses gesicherten Fer-mans? was für eine Fetva sprechen sie damit aus, dasssie unnötiger- und gefährlicherweise den unumstrittenenKennzeichen des Islam widersprechen und es auch nochfür möglich halten, sie zu verändern? Vielleicht war es so,dass ein vorübergehendes Erwachen, hervorgerufen

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durch die flüchtige Erscheinung einer Übersetzung (ma-na) diese »Gelehrten des Bösen« betrogen hat. Zum Bei-spiel: wenn man einem Tier oder einer Frucht die Hautabzieht, sieht das Fleisch zunächst noch frisch aus. Dochschon nach ganz kurzer Zeit wird das frische Fleisch unddie schöne Frucht unter der fremd und wie rostig, hart,dunkel und nun nebensächlich gewordenen Haut bereitsschwarz und verrottet. Genauso sind die Worte Gottesund Seines Propheten, (eingehüllt) in die Zeichen des Is-lam, wie eine lebendige Haut, eine verdienstbringende(sevab) Schale. Schält man sie ab, so liegt die Leucht-kraft der (darunter verborgenen) Bedeutung vorüberge-hend bloß und wird teilweise sichtbar. Doch gleich einerFrucht, die von ihrer Schale getrennt wurde, verflüchtigtsich der Geist ihrer gesegneten Bedeutung, lässt diemenschliche Haut in der Finsternis ihres Herzens und ih-res Kopfes zurück und geht… das Licht entflieht, währendder Rauch (seiner Flamme) zurückbleibt. Wie dem auchsei…

Achter Punkt: (Zu diesem oben angeführten Punkt) istes notwendig noch ein Prinzip der Wahrheit zu erklären.Damit verhält es sich folgendermaßen:

So wie es zwei verschiedene Arten von Recht gibt, das»Persönliche Recht« und eine Art von »Recht Gottes«,als welches das »Öffentliche Recht« bezeichnet wird.Desgleichen betrifft in den Angelegenheiten der Schariaein Teil der Angelegenheiten die Privatpersonen, ein an-derer Teil betrifft die im allgemeinen Interesse liegendenAngelegenheit der Öffentlichkeit. Diese werden die»Kennzeichen des Islam« genannt. Da aber diese Kenn-zeichen die Allgemeinheit betreffen, haben alle daran ih-ren Anteil. In sie ohne das Einverständnis der Allgemein-heit einzugreifen, ist ein Angriff gegen die Rechte der All-gemeinheit. Das allerkleinste dieser Zeichen (eine Ange-legenheit die Art einer Sunnah betreffend) hat hinsichtlichihrer Bedeutung den selben Wert wie die allergrößte An-gelegenheit. Weil aber diese Dinge unmittelbar die ganze

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islamische Welt betreffen, sollten diejenigen, welche dieLichterkette, die seit dem Glücklichen Zeitalter (des Pro-pheten) bis heute alle bedeutenden Persönlichkeiten desIslam bindet, zu zerbrechen, zu zerstören, zu korrumpie-ren und alle, die ihnen dabei auch noch helfen, einmal da-rüber nachdenken, was für einen schrecklichen Fehler siedamit begehen. Und wenn sie auch nur ein Körnchen Be-wusstsein dabei haben, mögen sie zittern!…

Neunter Punkt: Es gibt im islamischen Gesetz gewis-se Angelegenheiten, welche die Anbetung (Taabudi) be-treffen. Sie sind nicht an den Verstand gebunden undwerden erledigt, weil sie befohlen wurden. Ihr eigentlicherGrund (ilet) ist der Befehl (emr).

Ein anderer Teil wird als ein solcher mit einer »ver-ständlichen Bedeutung« (Ma’qulu-l’Mana) bezeichnet.Das heißt, sie enthalten eine gewisse Weisheit und einenNutzen, dessen Logik dazu führte, dass auch sie in dieScharia mit aufgenommen wurden. Doch ist dies nicht diewahre Ursache oder der eigentliche Grund, denn derwahre Grund ist der Befehl oder das Verbot Gottes.

Jener Teil der Zeichen, der den Dienst und die Anbe-tung betrifft, kann durch Weisheit oder Nutzen nicht ver-ändert werden. Der Aspekt des Dienstes und der Anbe-tung überwiegt hier und bleibt daher stets unberührt. Undtäten sich auch hunderttausend mögliche Nutzanwen-dungen auf, so werden dennoch (die Zeichen) nicht ge-ändert. In gleicher Weise kann man nicht sagen, dass derSinn der »Zeichen« auf jene Art von Nutzen beschränktbleibt, der uns bekannt ist. So etwas anzunehmen, istfalsch. Was vielmehr ihren Sinn und Zweck betrifft, sokann es einer der vielen Weisheiten und Nutzanwendun-gen sein. Wollte man z.B. sagen: »Die Weisheit des Ru-fes zum Gebet liegt darin, die Muslime zum Gebet einzu-laden. Zu diesem Zweck genügt ein Schuss mit einemGewehr.« Doch weiß dieser törichte Mensch nicht, dassdies nur einer der Vorzüge ist, die in dem Ruf zum Gebet(edhan) enthalten sind. Auch wenn der Schuss aus einem

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Gewehr diesen Zweck erfüllt, wie könnte er denn an dieStelle des Rufes zum Gebet treten, der ein Mittel ist, umder Verkündigung der Einheit Gottes (Tauhid) und Seinergöttlichen Herrschaft willen, im Namen des Menschenge-schlechtes oder doch wenigstens im Namen der Bewoh-ner dieser Stadt den Dienst und die Anbetung vor Ihm zuverkünden, was doch das gewaltigste Ergebnis der Er-schaffung des Weltalls und der Zweck der Erschaffungdes Menschengeschlechtes ist?…

Kurzum: Die Hölle ist nicht unnötig. Es gibt viele Dinge,die mit aller Kraft ausrufen: »Es lebe die Hölle!« Das Pa-radies ist auch nicht billig. Es verlangt nach einem hohenPreis.

»Nicht gleich sind die Gefährten des Feuers und die Gefährten desParadieses. Die Gefährten des Paradieses sind es, die glückselig seinwerden.« (Sure 59, 20)

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Zweites Kapitel, zugleich zweite Abhandlung

Das Fasten im Monat Ramadan

Nachdem am Ende des Ersten Kapitels dieKennzeichen des Islam bereits kurz bespro-chen worden waren, soll nun im Zweiten Kapi-tel ein Teil der Weisheiten des HeiligenMonats Ramadan behandelt werden, welcherdas glänzendste und prächtigste aller Kenn-zeichen ist. Dieses Kapitel umfasst NeunAbschnitte, in denen neun der sehr zahlrei-chen Weisheiten erklärt werden.

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Es war imMonat Ramadan, in dem der Qur’an herabgesandt wurde, als Rechtlei-tung für die Menschen und als deutliche Zeichen für Rechtleitung undUnterscheidung.« (Sure 2, 185)

Erster Abschnitt: Das Fasten im Monat Ramadan ist ei-ne der ersten der fünf Säulen des Islam. Es ist gleichzei-tig eine der markantesten Äußerungen der islamischenLebensart. Das Fasten im Monat Ramadan birgt viele Ge-heimnisse in sich, welche sowohl den Herrschaftsan-spruch Gottes des Gerechten, als auch das soziale Le-ben des Menschen, als auch das persönliche Leben derGläubigen, als auch eine Schule der Selbstdiziplin, alsauch (eine Zeit der kraftvollen) Dankbezeigung für dievon Allah erhaltenen Gaben ist.

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Im Hinblick auf den Herrschaftsanspruch Gottes des Ge-rechten ist eine der vielen Weisheiten des Fastens dieFolgende:

Gott der Gerechte hat das Antlitz der Erde zu einer Ta -fel voller Gaben für die Menschen gemacht. Auf dieserTafel bieten sich

»…von Orten, von denen er dies nicht erwartet hatte.« (Sure 65, 3)

alle erdenklichen Arten Seiner Gaben an. Auf dieseWeise bringt Er die Vollkommenheit Seiner Herrschaft,Seines Erbarmens (Rahman) und Seiner Barmherzigkeit(Rahim) zum Ausdruck. Die Menschen, in Trägheit verfal-len und von äußeren Ursachen und Wirkungen geblen-det, übersehen entweder die Tatsache, die in dieserWahrheit zum Ausdruck kommt, oder vergessen siemanchmal sogar. Im Monat Ramadan indessen gleichendie Gläubigen plötzlich einer gut organisierten Armee. Siealle sind dann zum Gastmahl des ewigen Sultans gela-den und warten bis zur beginnenden Abenddämmerungauf die Aufforderung: »Bitte, greift zu!« Indem sie so ihreHaltung als Diener in der Anbetung Gottes erweisen, er-widern sie auf diese Weise die liebevolle, majestätische,allumfassende Barmherzigkeit mit einem alles umfassen-den, wohlgeordneten und erhabenen Dienst und Anbe-tung. Darf man wohl jene Menschen, die sich diesem er-habenen Dienst, der Anbetung und vor dieser ehrenvollenGastfreundschaft (keramet) verschließen, ihres mensch-lichen Namens für würdig erachten?

Zweiter Abschnitt: In Anbetracht der Tatsache, dassdas Fasten im segensreichen Monat Ramadan, derDankbarkeit für die Gnadengaben Gottes des Gerechtendient, ist eine Weisheit unter vielen Weisheiten die Fol-gende: Wie bereits im Ersten Wort erwähnt wurde, erfor-dern die Speisen, die der Kellner aus der kaiserlichen Kü-che bringt, ihren Preis. So wie es im höchsten Grade ei-

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ne Torheit wäre, hat man dem Kellner bereits ein Trink-geld gegeben, nun zu glauben, dass diese so kostbarenGnadengaben wertlos seien und den, der sie uns ge-spendet hat, nicht zu kennen. So hat auch Gott der Ge-rechte für das Menschengeschlecht zahllose verschiede-ne Gaben über die Erde ausgebreitet und erwartet vonuns nun als Preis für Seine Gnadengaben unseren Dank.Die äußerlichen Ursachen, Dinge und Umstände dienendabei, wie der Kellner, nur als Träger. Diesen Kellnernzahlen wir einen Preis, ja wir sind ihnen zu Dank ver-pflichtet. Unser Dank und Respekt geht zuweilen nochweit über das erforderliche Maß hinaus, während dochder Wahre Geber (Mun’im) aller Gaben in unendlichemGrade mehr als alle Ursachen würdig ist, unseren Dankentgegen zu nehmen. Ihm zu danken bedeutet also, zuwissen, dass jene Gaben unmittelbar von Ihm kommen,ihren Wert zu schätzen wissen und dabei seine eigeneBedürftigkeit wahr zu nehmen.

So ist denn das Fasten im Heiligen Monat Ramadander Schlüssel zu wahrer, reiner, tiefer und allumfassenderDankbarkeit. Denn zu anderen Zeiten, wenn die meistenMenschen sich nicht gerade in einer Zwangslage befin-den, sind sie auch kaum in der Lage, den Wert der vielenGnadengaben zu erkennen, weil sie echten Hunger garnicht verspüren. Für einen Menschen der satt ist undganz besonders, wenn er reich ist, ist der Grad der Gna-de völlig unverständlich, der sich schon allein in einemtrockenen Stück Brot verbirgt. Zur Stunde des Fastenbre-chens (iftar) aber bezeugt uns der Geschmackssinn,welch wertvolle Gabe Gottes jenes trockene Stück Brot inden Augen eines Gläubigen ist. Während des Heiligen(Monats) Ramadan gelingt es einem jeden, vom Königbis zum Ärmsten durch sein Verständnis des Wertes sol-cher Gnadengaben innere Dankbarkeit zu gewinnen.

Wenn er sodann, weil ja tagsüber das Essen verbotenist, sagt: »Diese Gaben sind nicht mein Eigentum. Ich binnicht so frei, sie zu mir zu nehmen. Das heißt, sie sind Ei-

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gentum eines anderen und Sein Geschenk. Ich warte aufSeinen Befehl.« erkennt er das Geschenk als ein Ge-schenk und bringt so seine innere Dankbarkeit zum Aus-druck. Auf diese Weise wird das Fasten zu einem Schlüs-sel der Dankbarkeit, die in vielerlei Hinsicht die eigentli-che Aufgabe des Menschen ist.

Dritter Abschnitt: Was das Fasten hinsichtlich des Ge-meinschaftslebens für den Menschen betrifft, so ist eineWeisheit unter vielen Weisheiten, folgende: Die Men-schen sind, was ihren Lebensunterhalt betrifft, verschie-den. Gott der Gerechte fordert in Anbetracht dieser Ver-schiedenheit die Reichen auf, den Armen zu helfen. Dochdie Reichen können nur durch ihren Hunger während des(eigenen) Fastens den bedauernswerten, bitteren Zu-stand der Armen erspüren. Gäbe es kein Fasten, so gä-be es (statt dessen) viele selbstsüchtige Reiche, die nichtbegreifen (idrak) können, wie weh Hunger und Armut tunkönnen und wie vieler Liebe (shefqat) diejenigen bedür-fen, (die darunter leiden).

In dieser Hinsicht bildet die Liebe zum Mitmenschen, sowie sie sich im menschlichen Wesen findet, die Grundla-ge wahrer Dankbarkeit. Wie auch immer ein Mensch seinmag, er wird immer einen anderen finden können, der ingewisser Hinsicht noch ärmer ist als er. Ihm gegenüber istes seine Pflicht, ihm Mitleid (shefqat) zu erweisen.

Wenn er selbst noch nie dazu gezwungen war, Hungerzu leiden, kann er auch die Güte und Hilfe nicht aufbrin-gen, zu der er allein schon aus Mitleid (shefqat) verpflich-tet ist. Und wenn er es auch könnte, so wäre (seine Hilfedennoch) unvollkommen, da er ja diesen Zustand (hal)nicht wirklich in seiner eigenen Seele (nefs) verspürthat…

Vierter Abschnitt: Betrachten wir einmal das Fastenvom Standpunkt der Diätetik der Seele, so ist auch hiereine Weisheit unter vielen Weisheiten folgende: die See-le (nefs) möchte frei und unabhängig sein und versteht

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sich selbst auch so. Ja sie sehnt sich sogar nach einer,(wenn auch nur) erträumten Herrschaft und hält es gera-dezu für selbstverständlich, nach eigenem Gutdünken zuhandeln. Sie denkt nicht ohne weiteres daran, sich in dergrenzenlosen Gnade (Gottes) erziehen und durch SeineGaben versorgen zu lassen. Hat sie überdies Macht undReichtum (zusammengerafft) und ihre Gottvergessenheitihr auch noch dazu verholfen, so reißt sie die Gnadenga-ben Gottes an sich, stiehlt sie wie ein Dieb und ver-schlingt sie wie ein Tier.

Nun begreift aber im Heiligen (Monat) Ramadan ein je-der in seiner Seele, vom Reichsten bis zum Ärmsten,dass er nicht der Eigentümer ist, sondern selbst das Ei-gentum, dass er also nicht frei ist, sondern (Gottes) Die-ner und Anbeter. Erhält er keinen Befehl, so kann er nochnicht einmal die einfachsten und leichtesten Dinge tun.Wenn er noch nicht einmal seine Hand nach dem Wasserausstrecken kann, bricht seine eingebildete Selbstherr-lichkeit zusammen. Nun beginnt er in Dienst und Anbe-tung jene Dankbarkeit darzubringen, die seine ureigensteAufgabe ist.

Fünfter Abschnitt: Hinsichtlich des Fastens im Heili-gen (Monat) Ramadan ist, was die ethische Vervoll-kommnung der Seele und die Aufgabe ihrer Widersetz-lichkeiten betrifft, eine von vielen Weisheiten folgende:Die menschliche Seele vergisst sich selbst in ihrer Gott-vergessenheit (und weiß dann nicht mehr, wer sie ist). Sieverkennt leicht die unendliche Ohnmacht, die unsagbareArmut und die hochgradige Fehlerhaftigkeit ihres Wesensund will sie auch gar nicht sehen. Zudem denkt derMensch ungern daran, wie schwach er ist, wie sehr erdem Verfall ausgesetzt ist, wie oft er vom Unglück verfolgtist und dass er nur Fleisch ist über einem Skelett, das zer-fällt und vermodert. Als hätte er einen Körper aus Stahlund wäre unsterblich, klammert er sich an diese Welt undstellt sich vor, er wäre ewig. Mit einer Gier und Habsucht,mit ungezügelter Liebe (muhabbet) und Leidenschaft

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stürzt er sich in die Welt. Er ist gefesselt von allen Dingen,die ihm Vorteile bringen und Genuss bereiten. Dabei ver-gisst er seinen Schöpfer, der ihn mit vollkommener Liebe(shefqat) versorgt. Auch das Fazit seines (diesseitigen)Lebens und das jenseitige Leben liegen nicht in seinemBlickfeld und er wälzt sich im Morast seiner Unmoral.

So lässt denn das Fasten im Heiligen (Monat) Rama-dan alle – selbst die in tiefster Gottvergessenheit und dieStarrköpfigsten – ihre Schwäche, Ohnmacht und Armse-ligkeit erkennen. Der Hunger treibt sie, an ihren Magen zudenken und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Sie be-ginnen zu begreifen, in welch hohem Maße ihr Körperschwach und anfällig ist. Es wird ihnen klar, wie sehr siedes Mitleids und der Güte (shefqat) bedürfen. So beginnt(der Mensch) die pharaonengleiche Selbstherrlichkeit los-zulassen und verspürt den Wunsch in Anbetracht der voll-kommenen Ohnmacht und Armseligkeit an der SchwelleGottes Zuflucht zu suchen und bereitet sich vor, mit dank-barem Herzen an der Pforte der Barmherzigkeit (rahmah)anzuklopfen, soweit nicht sein Herz in seiner Gottverges-senheit schon verdorben ist.

Sechster Abschnitt: Eine von vielen Weisheiten desFastens im Heiligen (Monat) Ramadan ist in Anbetrachtder Herabsendung des Weisen Qur’an, und weil der Hei-lige (Monat) Ramadan hinsichtlich der Herabsendung desWeisen Qur’an die wichtigste Zeit ist, die Folgende: Dader Weise Qur’an nun einmal im Heiligen (Monat) Rama-dan herabgesandt wurde, sollte man, um sich die Zeit, inder der Qur’an geoffenbart wurde, zu vergegenwärtigen,wodurch dieses göttliche Buch auf das schönste willkom-men geheißen wird, im Heiligen (Monat) Ramadan seineSeele (nefs) von den niederen Begierden zurück halten,vor unsinnigen Zuständen (halat) bewahren, und so unterähnlichen Umständen (vaziyet) verkehren, wie die Engel,die weder Speis noch Trank bedürfen, sollte den Qur’anlesen und hören, so als wäre er neu herabgesandt wor-den, und in ihm die Ansprache Gottes hören, so wie sie

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der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei,von dem Ehrenwerten Engel Gabriel, oder vielmehr demUrewigen Sprecher gehört hat und so einen heiligen Zu-stand (hal) verwirklichen. Er sollte sich selbst zu seinemSprecher machen, damit andere ihn hören können und soandere in gewissen Grade die Weisheit erkennen lassen,die in der Herabsendung des Qur’an liegt.

Es ist in der Tat so, als verwandele sich die islamischeWelt im Heiligen (Monat) Ramadan gewissermaßen in ei-ne Moschee (mesdjid). Sie wird zu einem Gebetshaus, indem Millionen Rezitatoren (Hafidh), in allen Ecken diesergewaltigen Moschee den Qur’an, diese göttliche Anspra-che, den Erdenbewohnern zu Gehör bringen. In jedemRamadan wird in glänzender, strahlender Weise die Ayahdargestellt:

»Der Monat Ramadan, in dem der Qur’an herabgesandt wurde.« (Sure2, 185)

Der Ramadan beweist, dass er der Monat des Qur’an ist.Einige Mitglieder dieser gewaltigen Gemeinschaft lau-schen den Vorträgen eines Hafidh mit Hingabe, anderelesen still, jeder für sich. Sich unter den gegebenen Um-ständen (vaziyet) wie denen in einer Moschee, den nie-deren Trieben seiner Seele (nefs) hingeben und so durchEssen oder Trinken diese lichterfüllte Situation zu verlas-sen, ist dermaßen verabscheuungswürdig, dass es unterder Gemeinschaft in der Moschee verständlicherweise ei-ne innerliche Verachtung hervorruft und (Leute, die so et-was tun) deshalb zu deren Zielscheibe werden. Genausomachen sich im Heiligen (Monat) Ramadan diejenigen,die den Leuten, die fasten, zuwiderhandeln, im gleichenGrade auch zur Zielscheibe des innerlichen Abscheusund der Verachtung der ganzen islamischen Welt.

Siebenter Abschnitt: Eine Weisheit unter vielen Weis-heiten des Ramadanfastens hinsichtlich des Verdienstes

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für das Menschengeschlecht, das in diese Welt kommt,um für das Jenseits zu ackern und zu handeln, ist folgen-de:

Im Heiligen (Monat) Ramadan werden gute Taten vonGott tausendfach vergolten. Nach einer Hadith bringt je-der Buchstabe im Weisen Qur’an zehn Pluspunkte (se-vab) und zehn Früchte des Paradieses bei Gott ein undwird für zehn gute Werke (hasanah) gezählt. Im Heiligen(Monat) Ramadan sind es nicht zehn sondern tausend.Der Gotteslohn für die gelesenen Qur’anstellen, wie fürAyatu-l’Kursi (Sure 2, 255) ist Tausend für jeden Buchsta-ben und an den Freitagen im Heiligen (Monat) Ramadanist es sogar noch mehr. Und in der Nacht der Offenbarung(des Qur’an) ist er selbst dreißigtausendfach. In der Tatgleicht jeder Buchstabe einem ganzen Qur’an, der drei-ßigtausend Früchte hervorbringt, wie der leuchtendeBaum der Glückseligkeit (shedjere-i tuba). Auf dieseWeise können die Gläubigen im Monat Ramadan Millio-nen von Früchten ernten.

Nun komm und siehe diesen heiligen, ewigen, ver-dienstvollen Handel! Bedenke, welch großem Schadenjene sich aussetzen, die den Wert dieser (arabischen!)Buchstaben nicht begreifen.

Der Heilige (Monat) Ramadan gleicht also einer außer-ordentlich ertragreichen Handels- und Messeveranstal-tung für das jenseitige Leben. Er gleicht einem außeror-dentlich fruchtbaren Stück Land für die Ernte im Jenseitsund einem Frühlingsregen für das Wachstum und Gedei-hen all unserer Handlungen. Er gleicht einer glänzendenheiligen Festveranstaltung des Königs mit einem Vorbei-zug der Menschheit in Seinem Dienst, in Seiner Anbe-tung, veranstaltet zu Ehren ihres göttlichen Herrschers.Und da dies nun einmal so ist, wurde die Seele in ihrerGottvergessenheit dazu verpflichtet, nicht ihren tierischenBedürfnissen, wie Essen und Trinken, oder irgendwel-chen anderen sinnlosen, egoistischen Interessen und Be-gierden zu verfallen, sondern statt dessen besser zu fas-

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ten. Es ist, als ob sie vorübergehend ihrer tierischen Ver-haftung entschlüpfe, den Status (vaziyet) eines Engelseinnähme, bzw. einen Handel mit der jenseitigen (Welt)einginge, die irdischen Bedürfnisse vorübergehend hintersich ließe, oder aber die Gestalt eines Menschen annäh-me, der für das Jenseits (lebt) und den Status einesGeistes (ruh) auf sich nähme, der in einem Körper sicht-bar geworden ist. Durch ihr Fasten wird sie zu einer ArtSpiegel der Unwandelbarkeit (samedaniyet) Gottes. DerHeilige (Monat) Ramadan trägt fürwahr schon in dieservergänglichen Welt, während dieser kurzen, vorüberge-henden Lebensspanne, in diesem kurzen irdischen Le-ben, eine Spanne ewigen, unvergänglichen Lebens insich, das es zu gewinnen gilt.

Ein einziger Ramadan kann uns in der Tat die Früchteeines achtzigjährigen Lebens gewinnen lassen. Nachdem ausdrücklichen Wortlaut des Qur’an ist die Nacht derBestimmung (Laylatu-l’Qadr) besser als tausend Monate,was ein sicherer Beweis für dieses Geheimnis ist. So wiealso ein König im Verlauf seiner Regierungszeit jährlichoder gelegentlich, z.B. anlässlich Seiner ThronbesteigungFesttage ausrufen und eine glanzvolle Feier veranstaltenkann, Seinen Untertanen an einem solchen Tag außer-halb der allgemein gültigen Gesetze (eine allgemeineAmnestie verkünden), ihnen Seine Huld erweisen; Erzeigt sich höchstderoselbst in der Öffentlichkeit, gewährtPrivataudienzen und ehrt die treuen und verdienten Bür-ger seines Reiches durch Sein persönliches Wohlwollenund sein königliches Interesse. Genauso hat auch derKönig, der in Seiner Majestät und Herrlichkeit über dieachtzehntausend Welten herrscht von Ewigkeit zu Ewig-keit in diesem Heiligen (Monat) Ramadan den hochehr-würdigen Qur’an als einen königlichen Erlass für dieseachtzehntausend Welten herabgesandt. Darum ist es mitSicherheit ein Erfordernis Seiner Weisheit, diesen Monatmit Recht, ein besonderes Fest Gottes, eine Messe desHerrn und eine Versammlung und Vereinigung der See-

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len (zu Gottes Gedenken) zu nennen. Da nun einmal derRamadan ein solches Fest (ein solches feierliches Ge-denken Gottes) ist, wurde mit Sicherheit auch ein Fastenbefohlen, um die Menschen in gewissem Grade von ihrenniederen, tierischen Bedürfnissen zurückzuhalten.

Das vollkommenste Fasten heißt, nicht nur dem Ma-gen, sondern mit ihm zugleich auch allen Organen desMenschen, wie den Augen, den Ohren, der Zunge, aberauch dem Herzen, der Phantasie und den Gedanken einFasten aufzuerlegen, also mit anderen Worten: all denverbotenen, aber auch allen nichtigen Dingen aus demWege zu gehen und jedes Organ auf seine Art Dienst undAnbetung hin zu orientieren, seine Zunge vor der Lüge,vor übler Nachrede, vor groben und hässlichen Worten zubewahren und in dieser Form ein Fasten zu halten unddie Zunge statt dessen darin zu üben, den Qur’an zu le-sen, die Heiligen Namen Gottes immer wieder zu rezitie-ren, Ihn zu loben, zu rühmen und zu preisen, Segens-wünsche (für den Propheten) auszusprechen und Allahum Verzeihung anzurufen; die Augen vor unerlaubtenDingen zu bewahren und sie stattdessen auf lehrreicheDinge zu lenken; das Ohr vom Hören schlechter Dingeabzuwenden und es auf schöne und wahrhaftige Redenzu richten, den Qur’an anzuhören – dies alles ist (in demganz allgemeinen Begriff) »Fasten« mit eingeschlossen.

Weil aber nun der Bauch die größte Industrieanlage inunserem Körper darstellt, ist es um so leichter, alle dieanderen kleinen Werkstätten zur Nachfolge anzuregen,hat man erst einmal diese große Anlage stillgelegt (undihre Arbeiter in Urlaub geschickt).

Achter Abschnitt: Eine Weisheit unter vielen Weishei-ten des Heiligen (Monats) Ramadan hinsichtlich des indi-viduellen menschlichen Lebens ist folgende: Eines derwirksamsten Heilmittel in der Gestaltung eines gesundenLebens ist es, eine Diät einzuhalten für Leib und Seele.Medizinisch wie diätetisch gesehen schädigt ein Mensch,der seiner Seele bei der Einnahme von Speisen freien

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Lauf lässt, seinen Körper, weil er der Maßlosigkeit nichtmehr Herr werden kann und das Erlaubte von dem Ver-botenen nicht zu unterscheiden vermag. Einem solchenMenschen fällt es mit der Zeit schwer, sich nach den fei-nen Empfindungen des Herzens zu richten und demGeist (ruh) zu folgen. Nun nehmen die Vagabunden inihm selbst die Zügel in die Hand und der Mensch kann(seine Begierde) nicht mehr bezwingen. Jetzt reitet sieihn vielmehr.

Im Ramadan gewöhnt sich (der Gläubige) mit Hilfe desFastens an seine Art von Diät. Er unterwirft sich der As-kese und lernt, Befehle zu befolgen. Er beugt den Krank-heiten vor, indem er seinen armen, schwachen Magenkeinen Überlastungen aussetzt und ihn schon wieder füllt,noch bevor er überhaupt leer geworden ist. Dadurch,dass er lernt, sich einem Befehl zu unterwerfen, auf Er-laubtes zu verzichten und von Verbotenem Abstand zunehmen, befähigt er sich, Befehle, die aus der Vernunftund dem Gesetz erwachsen, leichter zu befolgen. Er be-müht sich somit, sein spirituelles Leben nicht zu Grundezu richten.

Des Weiteren wird der überwiegende Teil der Mensch-heit sehr häufig von Hunger geplagt. Darum braucht (derMensch) Hunger und Askese, um Geduld und Ausdauerzu lernen und zu üben. Im Heiligen (Monat) Ramadan istein Fasten, wo der Hunger fünfzehn Stunden oder selbstvierundzwanzig Stunden fortdauert, falls man auf dasFrühstück (sahur) verzichtet, eine ausgezeichnete Schu-le der Geduld und der Askese. Mit anderen Worten: dasFasten ist das Heilmittel gegen die Ungeduld und denMangel an Ausdauer, welche das Übel des Menschenverdoppeln.

Des Weiteren gibt es in der Fabrik des Bauches auchsehr viele Arbeiter. Ferner gibt es im Bauch des Men-schen auch noch sehr viele Organe, die untereinanderverbunden sind. Wenn nun die Seele nicht im Verlauf ei-nes Monats tagsüber Urlaub von ihrer Arbeit erhält, ver-

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gessen auch die Arbeiter in jener Fabrik und alle ihre Or-gane ihren besonderen Dienst und die Anbetung. Sie sindweiterhin ständig beschäftigt und bleiben so der Zwangs-herrschaft (der Seele) verhaftet. Auch die übrigenmenschlichen Organe werden durch das Getöse der un-sichtbaren Zahnräder und die Dunstschwaden in der Fab-rik ganz verwirrt. So sind sie ständig mit sich selbst be-schäftigt und vergessen vorübergehend ihre erhabenenAufgaben (vasife). So kommt es denn, dass sich schonvon alters her die Freunde Gottes zu ihrer Vervollkomm-nung einer Askese mit stets nur wenig Essen und Trinkenzu unterziehen pflegten.

Im Zuge des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan be-ginnen jene Fabrikarbeiter zu begreifen, dass sie nicht al-lein für die »Fabrik« erschaffen worden sind. Auch dieübrigen Organe genießen im Heiligen (Monat) Ramadanstatt der niederen Freuden jener Fabrik die Freuden derEngel und Geister. Und ihre Blicke sind unverwandt dar-auf gerichtet. Dadurch lässt es sich erklären, dass im Hei-ligen (Monat) Ramadan die Gläubigen vielfach verschie-dene (Stufen) der Erleuchtung, der Fülle und geistigenFreude erfahren, und zwar entsprechend dem jeweiligenGrad ihrer geistigen Entwicklung. Alle innerlichen und äu-ßerlichen Sinne und Kräfte des Menschen, Herz, Ver-stand und Gemüt, die geheimnisvollen, feinen innerenKräfte des Geistes werden in diesem gesegneten Monatdurch das Fasten entfaltet und gesegnet. Während dervor Hunger leere Magen weint, füllt sich die Seele mit un-schuldiger innerer Freude.

Neunter Abschnitt: Unter den Weisheiten des Fastensim Heiligen (Monat) Ramadan hinsichtlich der unmittelba-ren Zerstörung der eingebildeten Selbstherrlichkeit derSeele und der Bekanntgabe ihres Dienstes und ihrer An-betung durch einen Hinweis auf ihre Schwäche ist eineWeisheit die folgende:

Die Seele ist von sich aus nicht geneigt, ihren Herrn zuerkennen. Wie Pharao will sie ihre eigene Herrschaft auf-

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richten. Wie vielen Qualen sie auch immer ausgesetztwürde, dieser Charakterzug bliebe dennoch in ihr erhal-ten. Durch den Hunger wird jedoch diese ihre Grundnei-gung gebrochen. So wird denn im Heiligen (Monat) Ra-madan ein direkter Schlag gegen die Frontlinie der Seeleund ihr pharaonengleiches Verhalten geführt. IhreSchwäche, Ohnmacht und Armseligkeit werden aufge-deckt. So erfährt sie, dass sie ein Diener und Anbeter ih-res Herrn ist.

In den Ahadith begegnen wir folgender Überlieferung:Gott befragte die Seele (nefs): »Was bin ich? was bistdu?« Die Seele sagte: »Ich bin ich! Du bist Du!« Gottunterzog sie darauf einer Strafe. Sie wurde in die Höllegeworfen. Dann stellte Er wieder dieselbe Frage. Sie er-widerte auch diesmal: »Ich bin ich! Du bist Du!« WelcherStrafe Er sie auch unterzog, sie ließ von ihrem Trotz nichtab. Da verhängte Er über sie die Strafe des Hungers. Mitanderen Worten: Er ließ sie hungern. Dann befragte Ersie von neuem: »men ene wa ma ente?« (Wer bin ich undwas bist du?) Nun sagte die Seele:

Das heißt: »Du bist mein barmherziger Herr. Ich hingegenbin Dein schwacher Diener.«

»Oh Gott gib Friede unserem Herrn Mohammed und segne ihn mitSegen, wie es auch Deinem Wohlgefallen entspricht. Verleihe ihm dieErfüllung in Deiner Wahrheit nach der Anzahl der Verdienste der imMonat Ramadan gelesenen Worte im Qur’an. Schenke ihm Frieden,

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seiner Familie und seinen Gefährten.« »Lob sei Deinem Herrn, demHerrn der Macht. Erhaben ist Er über das, was sie da sagen. Und Frie-de sei über die Gesandten und Preis und Dank sei Gott, dem Herrn derWelten! Amen!« (Sure 37, 180-182)

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Entschuldigung: Da dieses Zweite Kapitel in vierzig Minuten,also sehr schnell geschrieben worden ist, während ich und meinSchreiber, dem ich diktierte, beide krank waren. So finden sichdarin mit Sicherheit Fehler und Ungereimtheiten. Wir erwartendaher von unseren Brüdern, dass sie (dieses Kapitel) mit Nach-sicht betrachten mögen. Wo sie das für nötig halten, mögen siees aber korrigieren!

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Drittes Kapitel, zugleich dritte Abhandlung

Ich habe dieses Kapitel geschrieben, um mei-nen Mitbrüdern einen wichtigen Plan zurBegutachtung vorzulegen. Diese Absichtbetrifft die Niederschrift eines Qur’anexem-plars in der Art, dass sie in der Beibehaltungeines Maßstabs eine der zweihundert Arteneiner Darstellung der Wunderhaftigkeit desQur’an zur Anschauung bringt, wobei die Sei-ten in der Weise niedergeschrieben werden,dass sie in Übereinstimmung mit der Schreib-weise von Hafis Osman sind, wobei derMudayana-Vers als Maßstab für die Seite Ver-wendung findet, und die Suratu-l’Ichlas alsMaßstab für eine Standard-Zeile. Diesen drit-ten Abschnitt habe ich geschrieben, um michmit euch über diese Angelegenheit zu bera-ten, eure Meinung einzuholen und mich auchselbst dabei zu kontrollieren.

Der hochehrwürdige Qur’an ist ein Wunder, und das aufverschiedene Arten und bis zu vierzig Weisen. Dies wur-de im Fünfundzwanzigsten Wort, genannt die Wunder-haftigkeit des Qur’an, anhand von Zeugnissen bewiesen.Einige von ihnen wurden ausführlich, andere nur in allerKürze dargestellt, sodass es selbst noch die Engstirnigenerkennen können.

Des Weiteren wurde im Achtzehnten Hinweis desNeunzehnten Briefes erklärt, dass die Wunderhaftigkeitdes Qur’an vierzig verschiedenen Klassen unter denmenschlichen Schichten ihr jeweils für sie geeignetesWunder zeigt und dabei der spezielle Anteil an Wunder-haftigkeit für zehn von diesen (vierzig) Schichten bewie-sen. Die übrigen dreißig Klassen sind die Gottesfreundeund ihre Schüler nach den verschiedenen Richtungen(meshreb), sowie die Schüler der verschiedenen Wis-senszweige. Ihr auf Forschung beruhender Glaube hat

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mit wissenschaftlicher, augenscheinlicher und wahrhafti-ger Gewissheit (yaqien) gezeigt, dass der Qur’an daswahre Wort Gottes (kelamu’llah) ist und für eine jedeRichtung ein besonderes Wunder darstellt. Mit anderenWorten: eine jede (dieser Schichten) muss also auf einejeweils andere Weise einen anderen Aspekt seiner Wun-derhaftigkeit erkannt haben. So ist denn in der Tat dieWunderhaftigkeit, so wie sie ein Heiliger erlebt, der Gottauf dem Wege der Erkenntnis sucht und die Schönheitder Wunderhaftigkeit, so wie sie ein Gottesfreund alsSein Geliebter (ashk) erlebt, nicht dasselbe. Genauso än-dert sich auch den verschiedenen Richtungen entspre-chend die Erscheinung der Schönheit (Djemal) der Wun-derhaftigkeit. Der Aspekt der Wunderhaftigkeit, wie sieein Gelehrter mit profunder Kenntnis des Glaubens undein Imam erfährt, ist nicht derselbe, wie der Aspekt derWunderhaftigkeit, wie sie ein Rechtsgelehrter und Kenneraller Einzelheiten des islamischen Rechts erfährt, usw…Ich bin nicht im Stande, alle diese verschiedenen Aspek-te einer derartigen Wunderhaftigkeit ausführlich darzu-stellen. Mein Verständnisvermögen kann sie nicht alleumfassen, denn mein Blick ist dafür zu kurz. Aus diesemGrunde wurden nur zehn Klassen erklärt und die übrigennur kurz angedeutet. Was aber nun die beiden Schichtendieser (dreißig) Schichten betrifft, so sind sie in der Ab-handlung »Die Wunder Mohammeds« nur sehr kurz be-handelt worden, obwohl sie doch einer längeren Erklä-rung bedurft hätten.

Erste Schicht: Das einfache, ungebildete Volk, das wirdie Schicht »mit den Ohren« nennen, hört den Qur’anund erkennt dessen Wunderhaftigkeit mit Hilfe seiner Oh-ren, denn es sagt: »Dieser Qur’an, den ich höre, gleichtkeinen anderen Büchern. Er muss entweder allen andernüberlegen oder aber unterlegen sein. Er sei unterlegen,kann niemand behaupten und hat auch noch nie einerbehauptet. Noch nicht einmal der Teufel kann so etwasbehaupten. So muss er denn allen anderen überlegen

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sein.« In der Weise kurz zusammengefasst wurde dasbereits im Achtzehnten Hinweis beschrieben. Um es nä-her zu beleuchten, schildert und beweist das Erste Kapi-tel des Sechsundzwanzigsten Briefes, »Zeugnis desQur’an gegen den Teufel und seinen Anhang«, die Art desVerständnisses der Wunderhaftigkeit dieser (ersten)Schicht.

Zweite Schicht: die Schicht derer »mit den Augen«,das heißt, für das einfache, ungebildete Volk oder die Ma-terialisten, denen der Verstand in die Augen gerutscht ist,gibt es einen Aspekt der Wunderhaftigkeit des Qur’an,den man schon mit bloßem Auge erkennen kann, wie be-reits im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefesdargelegt worden ist. Um diese Behauptung richtig zu be-leuchten und sie zu beweisen, war eine ziemlich ausführ-liche Erklärung notwendig. Diese Erklärung wurde aufGrund einer tiefen Weisheit des Herrn, die wir jetzt ver-stehen können, nicht gegeben. Nur auf ein paar unbe-deutende Einzelheiten wurden bereits hingewiesen. Jetztist diese tiefe Weisheit verständlich geworden und wirsind jetzt sicher, dass diese frühere Verschiebung besserwar. Um das Verständnis und die Wahrnehmung dieseseinen unter vierzig Aspekten der Wunderhaftigkeit (desQur’an), den man mit den Augen wahrnehmen kann, fürdiese Schicht zu erleichtern, haben wir einen Qur’anschreiben lassen, der (diesen Aspekt) für das Auge sicht-bar macht.

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Viertes Kapitel, zugleich vierte Abhandlung

Anmerkung: Da die übrigen Abschnitte diesesDritten Kapitels und das Vierte Kapitel von dersymmetrischen Übereinstimmung im Qur’anhandelt, begnügen wir uns hier mit einer kur-zen Zusammenfassung. Hier wurde nur eineAnmerkung und der Dritte Punkt zum ViertenKapitel angeführt.

Anmerkung: In den Erklärungen zu dem bedeutendenPunkt, der das Wort »Rasul (Prophet, Botschafter, Ge-sandter)« betrifft, wurden einhundertsechzig Ayat zu-sammengestellt. Da (die Zusammenstellung) dieser Ayat,die eine ganz besondere Bedeutung haben, sich mit Hin-sicht auf ihre Bedeutung gegenseitig beweisen und ver-vollständigen, auch noch einen besonderen Sinn haben,sind sie zudem auch ein Auszug aus dem Qur’an für die-jenigen, die verschiedene Ayat lesen oder auswendig ler-nen wollen. Auch der Grad der Beredsamkeit der neu-nundsechzig Ayat, in denen das Wort »Qur’an« vor-kommt, und welche in einem besonders wichtigen Punktzusammengefasst worden sind, ist ebenfalls höchst wun-derbar und die Kraft ihrer fließenden (Sprache) erhaben.Sie mögen unseren Brüdern als eine zweite Zusammen-stellung aus dem Qur’an empfohlen sein. Was das Wort»Qur’an« betrifft, das in den sieben Linien (silsilah derKorrespondenz) des Wortes auftaucht, die sie alle umfas-sen mit der Ausnahme von zweien, welche in der Bedeu-tung von »lesen« verwendet werden, so stärkt ihre Rand-stellung (noch den oben dargestellten) Hinweis. Was nundas Wort »Rasul« betrifft, so kommt dieses Wort haupt-sächlich in der Sure »Mohammed« und in der Sure»Fath« vor, weshalb wir uns auf die Korrespondenzliniendieser beiden Suren beschränkt und die übrig bleibenden»Rasul« außer Betracht gelassen. Falls es die Zeit nochzulässt, werden wir noch einmal über das Geheimnis ih-

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rer Randstellung schreiben, insoweit es Gott gefallen mö-ge.

Dritter Punkt: Er besteht aus vier Anmerkungen.Erste Anmerkung: Das Wort »Allah« wird uns im gan-

zen Qur’an zweitausendachthundertundsechs Mal er-wähnt (dhikr). Rechnet man (die Anrufung) »im NamenGottes, des Barmherzigen, des Allerbarmers« (am An-fang einer jeden Sure) mit hinzu, so wird das Wort »Barm-herziger« (Rahman) einhundertneunundfünfzig Mal, dasWort »Erbarmer« (Rahiem) zweihundertzwanzig Mal, dasWort »Verzeihender« (Ghafur) einundsechzig Mal, dasWort »Herr« (Rabb) achthundertsechsundvierzig Mal,das Wort »Weiser« (Hakiem) sechsundachtzig Mal, dasWort »Wissender« (Aliem) einhundertsechsundzwanzigMal, das Wort »Mächtig« (Qadir) einunddreißig Mal, »Er«(Hu) in »Es gibt keine Gottheit außer Ihm (Hu)« sech-sundzwanzig Mal erwähnt (dhikr).*

In der Anzahl des Namens Allah liegen viele Geheim-nisse und subtile Anmerkungen. So sind zum Beispielnach den Worten »Allah« und »Herr« die am häufigstenerwähnten Namen »der Barmherzige«, »der Erbarmer«,»der Verzeihende« und »der Weise«. Sie bilden zusam-men mit dem Wort »Allah« die Hälfte der Ayat im Qur’an.Ferner sind das Wort »Allah« und das anstelle des Wor-tes »Allah« erwähnte Wort »Herr« zusammen wiederumdie Hälfte. Obwohl das Wort »Herr« sechshundertsechs-undvierzig Mal erwähnt wird, so wird es jedoch, aufmerk-sam betrachtet, nur fünfhundert und noch einige Male anStelle von »Allah« erwähnt, also zweihundert und nocheinige Male nicht in diesem Sinne.

Ferner ist die Anzahl von »Allah«, »Erbarmer«, »Barm-

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* Die Gesamtzahl der Ayat im Qur’an mit sechstausendsechs-hundertsechsundsechzig und die obenerwähnte Zahl der gött-lichen Namen, die mit der Zahl »sechs« verbunden sind, deutetein bedeutendes Geheimnis an, das jedoch für den Augenblickaußer Acht gelassen wurde.

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herziger«, »Wissender« und »Er« in »Es gibt keine Gott-heit außer Ihm« zusammen wieder die Hälfte; der Unter-schied ist nur vier. Mit »Mächtig« an Stelle von »Er« zu-sammengezählt ergibt wiederum die Hälfte der Ayat; derUnterschied beträgt neun. Das Wort »Majestät (Djelal alsInbegriff des Göttlichen)« hat viele Aspekte. Doch für denAugenblick wollen wir uns hier damit begnügen.

Zweite Anmerkung: Sie bezieht sich auf die Suren.Auch hier gibt es wieder vielerlei subtile Anmerkungen.Auch sie stehen in einer gewissen Übereinstimmung, dieauf eine Ordnung, eine Absicht, einen Willen (irade) hin-weist.

In der Sure Baqarah ist die Anzahl der Ayat gleich derAnzahl der Ausdrücke für »Djelal«. Der Unterschied istnur vier. Jedoch steht auch viermal »Hu« anstelle von»Allah«. Zum Beispiel: das »Hu« in »Es gibt keine Gott-heit außer Ihm.« gleicht das hier vollständig wieder aus.In der Sure »Al-i Imran« stimmen wiederum die Anzahlder Ayat mit (der Anzahl) der Ausdrücke für »Djelal« über-ein, sind also gleich. Nur (die Anzahl) der Ausdrücke für»Djelal« ist zweihundertneun und die der Ayat zweihun-dert. Der Unterschied ist neun. Wenn es hier um eine der-artige Differenzierung in der Ausdruckskunst und Rede-gewandtheit geht, so machen kleinere Unterschiedekaum etwas aus. Eine auch nur ungefähre Übereinstim-mung genügt bereits. In den Suren »en-Nisa’«, »El-ma’i-da« und »el-En’am« stimmt die Anzahl der Ayat dieserdrei insgesamt mit der (Anzahl) der Ausdrücke für (Djelal)überein: die Anzahl der Ayat ist vierhundertundvierund-sechzig und die Anzahl der Ausdrücke für »Djelal« vier-hundertundeinundsechzig, was mit den drei Ausdrückenfür »Djelal« in der Formel »im Namen Gottes« zu-sammengerechnet eine exakte Übereinstimmung ergibt.

Zum Beispiel ist die Anzahl der Ausdrücke für »Djelal«in den fünf oben erwähnten Suren das Doppelte der An-zahl in den Suren »el-A’raf«, »el-Enfal«, »at-Taubah«,»Yunus« und »Hud«. Das heißt, in den letzteren fünf

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(sind es) die Hälfte der ersten fünf. In den folgenden Su-ren »Yusuf«, »Ra’d«, »Ibrahim«, »Hidjr«, und »Nahl« istdie Anzahl der Ausdrücke für »Djelal« die Hälfte von die-ser Hälfte. In den folgenden Suren »Isra«, »Kahf«, »Mar-yam«, »Taha«, »el-Enbiya’« und »el-Haddj«* (ist es) dieHälfte von der Hälfte der Hälfte.

Die danach folgenden fünf zu fünf setzen sich in unge-fähr diesem Verhältnis fort. Dabei gibt es nur einige klei-nere Abweichungen. Solche Unterschiede sind aber beidiesen Stufen (makam), die wir hier besprechen, kaumvon Bedeutung. So sind einige z.B. hundertundeinund-zwanzig, andere sind hundertundfünfundzwanzig undwieder andere hundertneunundfünfzig. Schließlich ver-mindert sich die Gruppe der fünf Suren, die mit der Sure»es-Suchruf« beginnen, bis hinunter auf die Hälfte derHälfte der Hälfte der Hälfte. Bei den fünf mit der Sure »en-Nedjm« beginnenden fünf Suren ist es die Hälfte der Hälf-te der Hälfte der Hälfte der Hälfte, jedoch nur ungefähr.Solche Unterschiede sind aber bei diesen Stufen (ma-kam), die wir hier besprechen, kaum von Bedeutung. Beiden folgenden drei Fünfergruppen kurzer Suren findenwir nur dreimal den Ausdruck »Djelal«. Diese Erschei-nung (vaziyet) zeigt uns, dass es sich bei der Anzahl desAusdrucks »Djelal« nicht um Zufall handeln kann, dieseAnzahl wurde vielmehr von einer gewissen Weisheit undOrdnung bestimmt.

Dritte Anmerkung zu dem Wort »Allah«: bezieht sichauf das Verhältnis der Seiten, und zwar folgendermaßen:

Die Anzahl der Ausdrücke »Djelal« auf einer Seite stehtin Verbindung mit deren Rückseite und diese wiederum

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* In dieser Fünferreihe hat sich ein Geheimnis enthüllt. Ohnedass es auch nur einer von uns bemerkt hätte, wurden hiersechs Suren niedergeschrieben. Wir haben gar keinen Zweifeldaran, dass aus dem Unsichtbaren heraus, (eine Sure) ganzohne unseren Willen hinzugefügt worden ist, damit diesesbedeutende Geheimnis der Fünfergruppen nicht verloren gehe.

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steht in Verbindung mit ihrer gegenüberliegenden Seite.Manchmal steht sie in Verbindung mit der links gegen-überliegenden Seite und mit der Rückseite der gegen-überliegenden Seite. Ich habe daraufhin mein eigenesQur’an-Exemplar auf derartige Symmetrieerscheinungenuntersucht. Meistens habe ich dabei eine besondersschöne zahlenmäßige Entsprechung vorgefunden. Ichhabe mir auch in meinem Exemplar entsprechende Zei-chen gemacht. Sehr häufig sind sie gleich und manchmaldie Hälfte oder auch ein drittel. Es gibt hier also eine Er-scheinung (vaziyet), die eine gewisse Weisheit und Ord-nung erahnen lässt.

Vierte Anmerkung: Hier handelt es sich um Symmet-rieerscheinungen auf der selben Seite. Ich habe hierbeimit den Brüdern zwei, drei verschiedene Ausgaben mit-einander verglichen. Dabei sind wir zu der Überzeugunggelangt, dass bei allen eine gewisse Übereinstimmungbeabsichtigt war. Nur dort, wo die Schreiber einer Drucke-rei andere Ziele vor Augen hatten, ist diese Übereinstim-mung in gewissem Grade in Unordnung geraten. Brächteman das wieder in Ordnung, könnte man, von einigenganz seltenen Ausnahmen einmal abgesehen, im ganzenQur’an zweitausendachthundertundsechs Übereinstim-mungen bei dem Ausdruck »Djelal« entdecken. Und dar-in erglänzt uns ein Funke der Wunderhaftigkeit. Denn dermenschliche Intellekt vermag eine so umfangreiche Sei-tenzahl nicht zu umfassen und sich in sie einzumischen.Und was den Zufall betrifft, so kann sich keine Hand nacheiner Erscheinung (vaziyet) voll so viel Weisheit und Be-deutung ausstrecken.

Um diesen vierten Punkt in gewissem Grade aufzuzei-gen, wollen wir ein neues Exemplar schreiben lassen,wobei dann unter Beibehaltung der gleichen Seiten- undZeileneinteilung der am weitesten verbreiteten Kopiendes Qur’an die durch die Unaufmerksamkeit des Schrei-bers in Unordnung geratenen Stellen wieder in Ordnunggebracht werden sollen. Möge es dann Gottes Wille sein,

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dass die wirkliche Ordnung wieder aufgezeigt werdenkann!… und so ist es auch geschehen.

»Oh unser Gott und Offenbarer des Qur’an! Lass uns um des Qur’anwillen die Geheimnisse des Qur’an verstehen, solange die beiden Lich-ter (am Himmel) sich drehen. Schenke Friede und Segen dem, dem Duden Qur’an herabgesandt hast, ihm und seiner Familie und all seinenGefährten. Amen.«

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Fünftes Kapitel, zugleich fünfte Abhandlung

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Gott ist dasLicht der Himmel und der Erde. Usw.« (Sure 24, 35)

Ich sah dieses Licht aus den so vielen leuchtenden Ge-heimnissen einer so lichterfüllten Ayah, während ich michim Heiligen (Monat) Ramadan in einem spirituellen unddaher in einem so halb und halb kontemplativen Zustand(hal) fühlte. Es war dies wie folgt:

»Oh Gott, Du bist mein Herr und ich bin Dein Knecht. Du bist der Schöp-fer und ich Dein Geschöpf. Du bist der Versorger und ich der Umsorg-te.«

Ich erlebte da einmal in meinem Herzen eine visionäreSchau, die mich zu der Überzeugung brachte, dass, wiein dem berühmten Bittgebet von Uvaysa-l’Qarani, alle le-benden Wesen Gott dem Gerechten das gleiche Bittge-bet darbringen und dass das, was jede der achtzehntau-send Welten erleuchtet, jeweils ein Name Gottes ist. Esist dies wie folgt:

Ich sah, dass in dieser Welt Tausende von Welten inSchleier um Schleier gehüllt sind, einer wiederum in eineranderen, wie die zahlreichen Blütenblätter in einer Ro-senknospe. Jedesmal wenn ein Schleier sich mir öffnete,sah ich wieder eine andere Welt. Es war so, wie es in derAyah heißt, die der Licht-Ayah folgt:

»…oder er gleicht den Finsternissen in der Tiefe des Meeres, überdecktvon Wogen über Wogen und über ihnen eine Wolke. Finsternisse, eineüber der anderen. Wenn einer seine Hand ausstreckt, kann er sie kaumsehen. Und der, dem Gott kein Licht gibt, für den gibt es nichts von demLicht.« (Sure 24, 40)

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Mir erschien diese Welt in Finsternis und Einöde und imDunkel der Furcht. Plötzlich zeigte sich mir die Erschei-nung eines Göttlichen Namens wie ein gewaltiges Lichtund erleuchtete sie… Welcher Vorhang auch immer vormeinem Geist zurückgeschlagen wurde: in meiner Imagi-nation erschien wiederum eine andere Welt. Doch weilsie den Gottvergessenen als eine dunkle Welt erschien,leuchtete ein Name Gottes auf wie die Sonne und erfülltediese Welt von oben bis unten mit Licht usw… Diese Rei-se des Herzens und Fahrt in meiner Imagination setztesich noch lange fort. Kurz gesagt:

Als ich die Welt der Tiere erblickte, zeigte sich mir diegrenzenlose Bedürftigkeit und der so große Hunger derTiere, zugleich mit ihrer Schwäche und Hilflosigkeit als ei-ne besonders finstere und leidvolle Welt. Plötzlich gingder Name des Erbarmers (er-Rahman) einer strahlendenSonne gleich über dem Sternzeichen (d.h. in der Bedeu-tung) des Versorgers (er-Rezzaq) auf und vergoldete die-se Welt von oben bis unten mit dem Lichte des Erbar-mens.

Danach sah ich innerhalb der Welt der Tiere noch eineandere düstere Welt, in der ihre schwach, hilflos und be-dürftig darin zappelnden Nachkommen und ihre Jungtie-re mit ihrem Schmerz jeden zu Bedauern und Mitgefühlbewegen. Plötzlich ging der Name »Barmherziger« (Ra-hiem) über dem Sternbild der Liebe (Shefqat) auf. Da ver-wandelte sich diese so bittere Welt auf eine so schöneund liebliche Weise in eine freundliche Welt, wurde vonLicht überstrahlt und die Tränen meiner Klage, Bitternisund Trauer wurden in Freudentränen voller Begeisterungund Dankbarkeit verwandelt.

Danach öffnete sich mir wie eine Kinoleinwand ein wei-terer Vorhang und die Welt der Menschen zeigte sich mir.Diese Welt war so finster und schrecklich, dass ich vorSchreck aufschrie. »Oh weh!« rief ich, denn ich sah, dassdie Wünsche und Hoffnungen der Menschen auf eineEwigkeit hin ausgerichtet sind, dass ihre Vorstellungen

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und Gedanken das ganze Weltall umfassen, und wie sehrihre Strebungen und natürlichen Antriebe das ewig Blei-bende und die Ewige Glückseligkeit des Paradieses er-sehnen. Seine natürlichen Fähigkeiten kennen keineGrenze und können sich frei entfalten. Doch trotz aller aufungezählte Ziele gerichteten Bedürfnisse, aller Schwächeund Hilflosigkeit sind sie zahllosen Unglücksfällen undLeiden ausgesetzt; von Feinden verfolgt ist ihr Lebenaußerordentlich kurz. Sie leben ein verwirrendes undhektisches Leben mit ungesichertem Unterhalt. Sie leidenin ihrem Herzen und mit allen Sinnen ständig unter denÜbeln des Abschieds und der Vergänglichkeit, verbundenmit einem Höchstmaß an Leid und Angst. Denn das Le-ben der Gottvergessenen Iäuft auf Grab und Friedhof hi-naus, was ihnen wie die Pforte zu ewiger Finsternis er-scheint. Sie wurden einer nach dem anderen, scharen-weise in diese finstere Grube hinuntergeworfen. Dochsiehe, in diesem Augenblick, da ich diese Welt der Men-schen in dieser Finsternis geschaut hatte, Herz, Sinn,Verstand und alle meine menschlichen Sinne, ja jede Fa-ser meines Körpers aufschreien wollte und zu weinen be-gann, ging plötzlich der Name Gottes, des Wahrhaftigenund Gerechten über dem Sternbild der Weisheit, der Na-me des Erbarmers über dem Sternbild der Freigiebigkeit,der Name des Barmherzigen über dem Sternbild der Ver-zeihung, der Name des Verlebendigers (baith) über demSternbild des Nachlassverwalters (Varith), der Name desLebenspenders (Muhyi) über dem Sternbild des Wohltä-ters (Muhsin), der Name des Herrn (Rabb) über demSternbild des Eigentümers (Malik) auf; und jeder einzelneName erstrahlte, wobei hier jedes Sternbild die Bedeu-tung des Namens angibt. Die Menschenwelt insgesamt,wie sie so viele Welten in sich enthält, wurde plötzlich be-leuchtet. Die Fenster zur jenseitigen lichtvollen Welt tatensich auf und die finstere Welt des Menschen wurde vonLicht übergossen.

Danach wurde ein weiterer, gewaltig großer Vorhang

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geöffnet und die Welt hier auf diesem Erdenrund zeigtesich. Die dunklen Gesetze der (materialistischen) Wis-senschaft und ihrer Philosophie malte vor meinem geisti-gen Auge eine furchtbare Welt. Mit einer Bewegung, sieb-zigmal schneller als eine Kanonenkugel, durcheilt einearmselige Menschheit auf dieser unserer uralten undhochbetagten Erde, die zu jeder Zeit von Unruhen ge-schüttelt und von inneren Beben erschüttert wird, den un-endlichen leeren Raum mit einer Ausdehnung von fün-fundzwanzigtausend Jahren in einem einzigen Jahr. EinZustand Furcht erregender Verlassenheit in dieser Fins-ternis tauchte vor mir auf. Der Kopf drehte sich mir undvor meinen Augen wurde es schwarz. Die Namen desSchöpfers Himmels und der Erden (Khaliq), Allmächtiger(Qadir), Allweiser (Alim), Herr (Rabb), Gott (Allah), Herrder Himmel und der Erden, Dienstherr über Sonne undMond (Musahhir) gingen auf über dem Sternbild des Er-barmers (Rahmet), des Gewaltigen (Adhamet), dem Zei-chen Seiner göttlichen Herrschaft (Rububiyet). Sie er-leuchteten diese Welt so, dass die Erde mir vor dem Au-ge meines Glaubens wie ein Schiff erschien, das inschönster Ordnung und bestem Zustand für eine sichereReise ausgestattet ist, beladen mit Proviant für jeden Ein-zelnen, vorbereitet für einen Ausflug, für Handel und Er-holung.

Zusammenfassung: Jeder Name unter Tausend undeinem Namen Gottes, die dem Universum zugewandtsind, erleuchtet wie eine Sonne je eine Welt und alle Wel-ten, die (verbunden mit den Namen Gottes) in dieser Weltnoch mit enthalten sind, und nach dem Geheimnis derEinheit (Ahadiyet) erscheint in der Manifestation jedeseinzelnen Namens in gewissem Grade auch die Manifes-tationen aller übrigen Namen. Da nun mein Herz hinter je-der Finsternis wieder ein anderes Licht erblickte, wuchs inmir die Sehnsucht, die Reise fortzusetzen. Da wollte ich(auf dem Einhorn) meiner Phantasie in den Himmel em-por reiten. In diesem Augenblick eröffnete sich mir noch

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ein weiterer, besonders breiter Vorhang und mein Herztrat in die Welt der Himmel ein. Da erblickte es die Ster-ne, die aussahen, als hätten sie die Gestalt eines strah-lenden Lächelns. Größer als die Erde bewegen sie sichmit einer noch größeren Geschwindigkeit als diese undkreisen (geozentrisch betrachtet) auf einander kreuzen-den Bahnen. Würde auch nur einer von ihnen auch nurfür eine Minute seine Bahn verlassen, würden sie zu-sammenstoßen und das würde zu einer solchen Explo-sion führen, dass die Galle des Kosmos zum Überlaufenkäme und die Welt auseinanderfallen müsste. Da würdensie dann Feuer und nicht Licht um sich verbreiten. So be-trachten sie mich nicht mehr mit einem Lächeln, sondernsehen mich böse an. Ich sah die Himmel in eine gren-zenlos große und weite, öde, leere, schreckliche, Furchtund Staunen erregende Finsternis gehüllt und es tat mirtausendmal leid, dass ich dorthin gekommen war.

»Herr der Himmel und der Erde«. (Sure 44, 7) »Herr der Engel und derGeister.«

Da gingen plötzlich diese Schönen Namen in den Stern-zeichen der Bedeutung von

»…und wir haben in der Tat den Himmel über der Erde mit Leuchtengeschmückt.« (Sure 41, 12) »…und Er hat die Sonne und den Mondunterworfen.« (Sure 13, 2)

auf. In diesem Sinne nahmen sich die Sterne, nachdemsie in diese Finsternis gehüllt worden waren, wieder je ei-nen Funken von diesen gewaltig großen Lichtern und sowurde diese Welt der Himmel wieder erleuchtet, als habeman entsprechend der Anzahl der Sterne ebenso vieleelektrische Lampen entzündet. Und auch die Himmel, dieman für leer und öde gehalten hatte, füllten sich wiedermit Engeln und Geistern und wurden neu wieder belebt.

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Und ich sah, wie die Sonnen und die Sterne, die sich wieein Heer unter den zahllosen Heeren des Königs vonEwigkeit zu Ewigkeit bewegen, den Ruhm des majestäti-schen Königs und den Glanz Seiner Herrschaft in der Arteines erhabenen Manövers darstellten. Und so erklärteich mit ganzer Kraft und, wäre es möglich gewesen, mitallen Zellen (meines Körpers) und, wenn sie mir zuhörten,mit den Zungen aller Geschöpfe, ja sogar in ihrer allerNamen:

»Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist mit einerNische zu vergleichen. In ihr befindet sich eine (brennende) Lampe unddie (Flamme) der Lampe in einem Glas und das Glas gleicht einem fun-kelnden Stern. (Sie brennt mit einem Öl), das entzündet wurde und voneinem gesegneten Baum (her stammt), einem Ölbaum, der weder imOsten noch im Westen (steht) und dessen Öl beinahe schon leuchtet,ohne dass Feuer es berührt hätte. Licht über Licht. Gott führt zu SeinemLicht, wen immer Er will.« (Sure 24, 35)

las diese Ayah, drehte mich um, stieg ab, wachte auf undsagte: »Lobpreis und Dank sei Gott für das Licht desGlaubens und den Qur’an.«

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Sechstes Kapitel, zugleich sechste Abhandlung

Es wurde geschrieben, um die Schüler unddie Diener des Allweisen Qur’an zu warnenund sie davor zu bewahren, getäuscht zu wer-den.

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Und wendeteuch nicht den Ungerechten zu, sonst erfasst euch das Feuer.« (Sure11, 113)

Möge es Gottes Wille sein, dass dieses Sechste KapitelSechs Listen des Satans in Dschinnen- und Menschen-gestalt wirkungslos werden und sechs ihrer Angriffsme-thoden scheitern lässt.

Erste List: Infolge des Unterrichts, den die Teufel inMenschengestalt von den Teufeln in der Gestalt derDschinnen erhalten haben, versuchen diese selbstloseDiener aus der Gruppe um den Qur’an mit Hilfe ihrer Nei-gung zu einer (besonderen) Position zu betrügen und siedazu zu bringen, diesen heiligen Dienst und diesen inne-ren erhabenen Streit (Djihad) wieder aufzugeben. Es istdies wie folgt:

Unter der Mehrheit aller Menschen findet sich einWunsch, den man das Streben nach einer Sonderstel-lung nennen könnte, das Verlangen, berühmt zu werdenund sich selbst herauszustreichen, ein Wunsch, den wirmehr oder weniger bei jedem einzelnen Weltmenschenantreffen, sich wie ein Heuchler vor allen Leuten sehen zulassen, in den Augen der Öffentlichkeit eine Stellung zubekleiden, (die verbunden ist mit dem,) was man Ehreund Ansehen nennt. Dieses Verlangen danach, etwasganz besonderes zu sein und sich großartig zu fühlen,

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treibt die Menschen letztendlich sogar dazu, selbst ihr Le-ben zu opfern. Für Menschen, die nach dem Jenseitsstreben, ist dieses Gefühl geradezu gefährlich. Weltleutetreibt es auf eine Art Achterbahn. Es ist auch die Quellevon vielerlei schlechter Gesinnung und der schwächsteNerv des Menschen. Das heißt, um einen Menschen ansich zu ziehen, ja ihn an sich zu binden, genügt es, ihndadurch zu fesseln, dass man seinen Gefühlen schmei-chelt und ihn auf diese Weise besiegt. Was ich daher ammeisten für meine Brüder befürchte, ist, dass die Ungläu-bigen ihren Vorteil aus dieser ihrer Nervenschwäche zie-hen könnten. Diese ihre Lage (hal) hat mich doch rechtbesorgt werden lassen. Denn auf diese Weise haben sieeinige angezogen, die in ihrer Freundschaft nicht ganzaufrichtig waren, und sie innerlich in eine ziemlich schwie-rige Situation gebracht.*

Oh meine Brüder und ihr, meine Freunde im Dienst amQur’an! Sagt diesen listigen Spionen der Weltleute, denPropagandisten der Leute der Irreführung, den Schülerndes Teufels, die euch mit eurer Sehnsucht nach einer hö-heren Stellung in die Irre führen wollen: »Zunächst einmalbedeuten die Zufriedenheit Gottes, ein Gunsterweis desErbarmers und die Anerkennung des Herrn einen solchenRang (makam), dass im Vergleich damit die Beachtungder Menschen und ihre Bewunderung nur noch einem

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* Diese Ärmsten glauben, mit dem Gedanken: »Unser Herz istbei unserem Lehrer.« in keiner Gefahr zu sein. Denn indem sieder Strömung der Gottlosen ihre Kraft verleihen, sich von ihrerPropaganda hinreißen und, wenn vielleicht auch unwissentlich,in Gefahr geraten, sich zu Spionagediensten missbrauchen las-sen und dann sagen: »Mein Herz ist rein. Ich stehe treu zurSache meines Meisters.« so gleichen sie damit dem Mann indem folgenden Beispiel: Wenn jemand während des Gebetesdie Winde in seinem Bauch nicht halten kann und fahren lässt,so verliert er damit seine Reinheit. Sagt man ihm nun aber:»Dein Gebet ist ungültig.« so antwortet er: »Warum sollte meinGebet nicht gültig sein? Mein Herz ist doch rein.«

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Staubkorn gleicht. Dort wo der Blick der göttlichen Barm-herzigkeit hinfällt, ist dies genug. Die Zuwendung derMenschen ist annehmbar, insoweit sie die Widerspiege-lung und der Schatten der Zuwendung göttlicher Barm-herzigkeit ist. Andernfalls ist sie nichts, was man sichwünschen sollte. Denn sie erlischt am Eingangstor zumGrab, keine fünf Para mehr wert!«

Wenn sich dieser Wunsch nach der Verbesserung dereigenen Lage nicht zum Schweigen bringen und nicht ausder Welt schaffen lässt, muss man sein Gesicht in eineandere Richtung drehen. Es ist dies wie folgt:

Wenn es um den Lohn im Jenseits geht, oder um dieAbsicht, Gebete zu gewinnen, oder darum, dass derDienst doch einen guten Einfluss haben möge, dannkönnte wie in dem folgenden Beispiel dieses Gefühl viel-leicht doch noch eine erlaubte Seite haben. Zum Beispiel:

Zu einer Zeit, wenn die Ayasofya Moschee mit geseg-neten und ehrenwerten Leuten, Menschen von Tugendund Vollkommenheit gefüllt ist und in den Gängen und anden Türen treiben sich einige nichtsnutzige Kinder undein paar ungesittete Schelmen herum und vor den Fens-tern und in deren Nähe gucken ein paar neugierige Aus-länder, Urlauber und Touristen zu, die sich amüsierenmöchten, betritt ein Mann diese Moschee, schließt sichder Gemeinde (der Gläubigen) an und beginnt mit einerwohllautenden Stimme und in einer schönen und ange-nehmen Weise einen Abschnitt aus dem Qur’an vorzutra-gen, worauf tausende Kenner der Wahrheit auf ihn auf-merksam werden, sich ihm voll Hochachtung und Be-wunderung zuwenden. So empfängt er durch sie und ihrstummes Gebet seinen (himmlischen) Lohn und nur einpaar nichtsnutzigen Kindern und gottlosen Schelmen undden wenigen Ausländern wird (sein Gesang) nicht gefal-len. Ginge der Mann aber in diese ehrwürdige Moschee,zu dieser gewaltigen Gemeinde und beginnt nun lauthalsgemeine, sittenlose, unzüchtige Liedchen zu gröhlen unddazu zu hopsen und zu tanzen, so würden diese nichts-

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nutzigen Kinder lachen und den sittenlosen Schelmenwürde es gefallen, weil es sie zur Unzucht ermuntert, under würde den Ausländern ein süffisantes Lächeln entlo-cken, wenn sie die Fehler im Islam entdecken und sichdarüber freuen. Aber er wird auch von jedem einzelnendieser ganzen, großen, gesegneten Gemeinde Blicke desAbscheus und der Missbilligung auf sich lenken. Er wirdin ihren Augen auf die Stufe der Niedrigsten aller Niedri-gen gefallen sein.

Genau wie in diesem Beispiel ist auch Asien und die is-lamische Welt eine gewaltige große Moschee. Und in ihrsind die Leute des Glaubens und der Wahrheit die ehren-werte Gemeinde dieser Moschee (in unserem Beispiel).Was die nichtsnutzigen Kinder betrifft, so sind es dieSpeichellecker mit dem Verstand eines Kindes. Die sit-tenlosen Schelmen sind alle diese fränkisch (d.h. west-lich) gesinnten Strolche, die ihr (türkisches) Vaterland undihren (islamischen) Glauben nicht mehr kennen. Was dieTouristen aus dem Ausland betrifft, so handelt es sich hierum Journalisten, die fremdländische Ideen verbreiten. Je-der Muslim aber, besonders wenn er einer von den tu-gendhaften und vollendeten ist, hat seinen Platz in derMoschee entsprechend seinem Grad und Rang, der allensichtbar ist, sodass er die allgemeine Aufmerksamkeit aufsich lenkt. Wenn die Taten und Handlungen (dieses Mus-lims) aus den heiligen Wahrheiten und den Gesetzen he-raus entstehen, die der Weise Qur’an lehrt, und sie derWahrhaftigkeit und dem Wohlwollen Gottes entsprechen,die das grundlegende Geheimnis des Islam sind, so liest(er in dieser Weise gewissermaßen) innerlich und ohneWorte die qur’anischen Ayat, dann schließt er sich damitinnerlich auch in das immerwährende Gebet (vird-i zeba-ni) eines jeden in der islamischen Welt mit ein

»Oh Gott vergib allen gläubigen Männern und Frauen!« (Du’a)

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und erhält seinen Anteil an ihm und wird so mit der gan-zen Gemeinde (umma) brüderlich verbunden. Nur in denAugen einiger törichter Leute, die in die Irre gehen undvon denen einige wilden Tieren, andere bärtigen Kinderngleichen, kann einen solchen Wert nicht erkennen. Wenneiner von ihnen sich von seinen Vorvätern lossagt, demUrgrund, aus dem seine Ehre und seine Geschichte er-wächst, auf die er stolz ist, und in seinem Geist die leuch-tende Straße seiner rechtschaffenen Vorgänger verlässt,den sie doch für ihren Stützpunkt gehalten hatten, unddann Dinge tut, durch die er seiner eigenen Lust und Lau-ne folgt und wie ein Heuchler nach Ruhm sucht und nachNeuerungen (bid’a) strebt, so wird er in den Augen derLeute der Wahrheit und des Glauben auf die alleruntersteStufe herabsinken.

Nach dem Geheimnis der Hadith

»Achte die Einsicht eines Gläubigen, denn er schaut im Lichte Gottes!«

schaut das Herz selbst noch eines einfachen und unwis-senden Gläubigen, auch wenn sein Verstand es nicht be-wusst wahrnimmt, mit Kälte und Abscheu, auf solche ei-gensinnige und selbstsüchtige Menschen.

Und so steigt denn der Mann, der doch eigentlich fort-getrieben wird, von seinem Willen aufzusteigen und be-sessen ist von der Gier nach Ruhm, jener zweite Mann,in den Augen einer zahllosen Gemeinde hinab zu denNiedrigsten der Niedrigen. Und gewinnt in den Augen ei-niger bedeutungsloser, spöttelnder, zuchtloser Schelmeneinen vorübergehenden, unansehnlichen Platz.

In dem Geheimnis

»Freunde werden an jenem Tag einer des anderen Feind sein, außerden Aufrechten.« (Sure 43, 67)

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wird er nur einige wenige falsche Freunde finden, die ihmin dieser Welt ein Schaden, in der Zwischenwelt (berzah)eine Qual und in jener Welt seine Feinde sein werden.

Der Mensch in unserem ersten Bild wird, auch wenn erdieses Bestreben etwas besseres zu sein, nicht aus demHerzen zu reißen vermag, doch unter der Bedingung,dass er ehrlich und aufrichtig (ikhlas) nach Gottes Wohl-gefallen sucht und sich dieses Bestreben, stets ein Auf-steiger zu sein, nicht zur Richtschnur macht, doch eineArt geistlichen Rang (makam) erlangen, der ihn, getrie-ben von seinem Wunsch, mehr zu sein, als nur ein Em-porkömmling, voll und ganz zufrieden stellt. DieserMensch wird wenige Dinge, ja eigentlich nur sehr wenigeDinge, nur etwas Bedeutungsloses verlieren und an sei-ner Stelle viele Dinge, und in der Tat sehr viele Dinge, et-was wirklich Wertvolles gewinnen, das keine Gefahr fürihn birgt. Er wird vielleicht einige Schlangen von sich fort-jagen und an ihrer Stelle viele gesegnete Geschöpfe zuFreunden gewinnen und Vertrautheit mit ihnen erlangen.Er wird die Hornissen vertreiben, die ihn ja doch nur ste-chen können, und dafür die gesegneten Honigbienen,diese Serviererinnen süßer Getränke der göttlichenBarmherzigkeit, zu sich hin ziehen. Er wird Honig aus ih-rer Hand essen und solche Freunde finden, dass seinemGeist (ruh) durch ihre ständigen Gebete aus allen Teilender Islamischen Welt Segnungen (feyz) wie Kauthar-Wasser (aus dem Brunnen im Paradies) zu trinken ge-reicht wird, die ihm im Buch seiner Taten gutgeschriebenwerden.

Als ich einmal jenem Menschen, der, wenn auch bar je-der Größe doch einen hohen Rang in dieser Welt beklei-dete, während er in seiner Sucht nach Ruhm und Ehreschon auf dem Weg war, einen großen Fehler zu bege-hen und auf diese Weise in der Islamischen Welt all sei-ne Würde verlor, den Inhalt des obigen Gleichnisses zurLehre erteilte, ja sie ihm geradezu um die Ohren schlug,war er zwar zutiefst erschüttert, doch weil ich mich selbst

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nicht von meinem Streben nach Höherem zu befreienvermochte, konnte auch ihn meine Ermahnung nichtwach rütteln.

Zweite List: Eines der wichtigsten und fundamentals-ten Gefühle des Menschen ist die Empfindung der Furcht.Arglistige Tyrannen ziehen einen großen Nutzen aus ei-nem derartigen Flöz voller Furcht. Mit ihrer Hilfe legen sieden Angsthasen die Zügel an. Die Spione der Weltleuteund die Propagandisten der Leute des Irrweges zieheneinen großen Nutzen aus einem derartigen Flöz der ar-men Leute und besonders der Gelehrten. Sie treiben siein ihre Ängste hinein und rufen Wahnvorstellungen in ih-nen wach. Zum Beispiel: um jemanden, der auf einemDach steht, in Gefahr zu bringen, zeigt ein arglistigerMensch einem ängstlichen Menschen etwas, das er fürgefährlich hält. So treibt er ihn in seiner Angst Schritt fürSchritt vor sich her bis zum Rand des Daches, wo erschließlich kopfüber hinab stürzt und sich das Genickbricht. In gleicher Weise treiben sie (die Menschen) dazu,auf Grund völlig unbedeutender Befürchtungen sehr be-deutende Dinge zu opfern und indem sie sagen, eine Mü-cke solle sie nicht stechen, fliehen sie in den Rachen ei-nes Drachens.

Einmal fürchtete sich eine bedeutende Persönlichkeit –möge Gott (seiner Seele) gnädig sein – in ein Ruderbooteinzusteigen. Eines Abends gingen wir miteinander zuder (damals noch einzigen) Brücke in Istanbul. Dort woll-ten wir ein Boot nehmen. Ein Auto gab es nicht. Wirmussten nach (dem Stadtteil) Sultan Eyyüb. Also drängteich ihn.

Er aber sagte: »Nein, ich habe Angst. Vielleicht wird(das Boot) untergehen!«

Ich sagte ihm: »Was denkst du denn, wieviele Boote eshier am Goldenen Horn gibt?«

Er sagte: »Vielleicht tausend.«Ich sagte zu ihm: »Und wieviele gehen davon jedes

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Jahr unter?«Er sagte: »Vielleicht ein oder zwei, in manchem Jahr

gar keines.«

Ich fragte ihn: »Wieviel Tage hat das Jahr?«

Er sagte: »Etwa dreihundertsechzig.«

Ich sagte ihm: »Die (Gefahr mit diesem Boot) unterzu-gehen, die (wie in einem Alptraum) in dir aufsteigt ist einszu dreihundertundsechzigtausend. Sich vor einer derarti-gen Möglichkeit zu fürchten, ist nicht menschlich. (Nochnicht einmal) ein Tier kann das!… Und weiter sagte ich zuihm: »Wie lange glaubst du, dass du noch leben wirst?«

Er sagte: »Ich bin schon alt. Doch wäre es möglich,dass ich noch zehn Jahre lebe.«

Ich sagte zu ihm: »Da deine Todesstunde unbekanntist, könntest du jeden Tag sterben. Also ist dein Tod an ei-nem der nächsten dreitausendsechshundert Tagen mög-lich. So ist denn deine Chance nicht dreihunderttausendzu eins, wie bei diesem Boot, sondern die Möglichkeit istdreitausend zu eins und es ist möglich, dass du nochheute stirbst. Also zittere! weine! mach dein Testament!«

So sagte ich zu ihm. Da kam er denn zitternd zu Ver-stand und stieg in das Boot. Auf dem Boot sagte ich zuihm: »Gott der Gerechte hat dir die Nerven gegeben, dichzu fürchten, damit du dein Leben retten sollst und nicht,um es zu zerstören!« Er hat dir das Leben nicht gegeben,um es dir schwer zu machen, zu einer Last und zu einerStrafe für dich. Sich zu fürchten, wenn das Risiko eins zuzwei, drei vier, oder selbst eins zu fünf oder sechs ist, isteine vorausschauende Furcht und mag deshalb auch er-laubt sein. Sich aber zu fürchten, wenn das Risiko eins zuzwanzig, dreißig oder vierzig ist, gleicht einem Albtraumund das Leben in ihr einer Folterqual!«…

Also denn meine Brüder! Wenn diese Speichelleckerder Atheisten euch angreifen und euch Angst einjagenwollen, damit ihr innerlich euren heiligen Kampf aufgeben

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sollt, so sollt ihr ihnen sagen: »Wir haben uns um denQur’an geschart und leben nach dem Geheimnis

»Fürwahr, Wir sind es, die (den Qur’an als) eine Ermahnung herabge-sandt haben, und Wir sind es auch, die sie zu bewahren wissen.« (Sure15, 9)

und (leben im Schutz des) Qur’an als unserer Burg.

»Gott ist unser Genügen und unser bester Anwalt.« (Sure 3, 176)

Er umgibt uns wie mit einem festen Wall. Ihr könnt unsnicht mit dieser Angst (gebunden) an ein Risiko von einsunter Tausenden vor einem kleineren Schaden, der uns indiesem kurzen, flüchtigen Leben treffen könnte, freiwilligeinen Weg hinunterführen, der uns mit hundertprozenti-ger Sicherheit im Ewigen Leben einen vieltausendfältigenSchaden einbringen wird!«… Und weiter sollt ihr sagen:

»Gibt es etwa unter den Leuten der Wahrheit einen wiewir, der auf dem Weg der Wahrheit um unseres FreundesSaid Nursi willen, der im Dienst am Qur’an unser Mit-streiter und in der Führung dieses heiligen Dienstes un-ser Meister und Lehrer ist, irgend einen Schaden erlittenhat? Ist da etwa irgendeiner unter seinen persönlichenSchülern, dem ein Übel widerfahren wäre, das auch wirzu erleiden hätten? und sollten wir dann ob der Aussicht,dies auch zu erleiden, in Panik geraten?… Dieser unserBruder hat tausende Freunde und Mitbrüder. Und obwohler sich zwanzig, dreißig Jahre lang in nachdrücklicherWeise um das soziale Leben in dieser Welt bemüht hat,haben wir doch nie von einem Bruder gehört, dem sei-netwegen Böses widerfahren wäre. Und gerade zu seinerZeit hielt er doch die politische Keule (= das Machtinstru-ment) in seiner Hand. Doch nun hält er an Stelle dieserKeule das Licht der Wahrheit. Zwar hatten sie auch ihn

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vor langer Zeit im Zusammenhang mit den Ereignissenum den einundreißigsten März (die Absetzung des Sul-tans – A.d.Ü.) in diese Sache mit hineingezogen. Auch ei-nige seiner Freunde hat man damals kalt gestellt. Dochspäter hat es sich dann herausgestellt, dass die ganzeAngelegenheit von anderen angezettelt worden war. Sei-ne Freunde sind damals nicht um seinetwillen, sondernauf Grund seiner Feinde zu Schaden gekommen. Jamehr noch hat er damals viele seiner Freunde (vor derVerurteilung – A.d.Ü.) gerettet. Deswegen sollte es sol-chen Teufeln wie ihr es seid nicht in den Kopf kommen,dass wir einen ewigen Schatz fortwerfen werden ausFurcht vor einer Gefahr, deren Risiko nicht eins zu Tau-send, nein, vielmehr ein Risiko von eins zu (vielen) Tau-senden ist!« So solltet ihr sagen und diesen Speichelle-ckern der Irregehenden eins auf den Mund geben und siedann davon jagen.

Und weiter sollt ihr diesen Speichelleckern sagen:»Wenn auch die Möglichkeit, zu Grunde zu gehen nicht

eine unter Hunderttausenden wäre, sondern eine hundertprozentige Sicherheit, so werden wir dennoch, wenn wirauch nur ein Fünkchen Verstand haben, ihn nicht vorAngst verlassen und davon laufen.« Denn wir haben instets wiederkehrenden Erfahrungen immer wieder gese-hen und erleben es stets wieder: wer seinen großen Bru-der oder Meister in Zeiten der Gefahr verrät, erfährt dasherankommende Übel, wie es zuerst in seinem eigenenKopf explodiert. Sodann erteilte man ihnen gnadenlos ih-re Strafe und blickte man auf sie als Verräter herab. Sosind sie denn sowohl leiblich gestorben, als auch in ihrerVerachtung gleichsam geistig tot. Diejenigen, welche siebestraft haben, fühlen in ihren Herzen kein Mitleid, dennsie sagen: »Da sie nun einmal ihren Meister, der sich ih-nen gegenüber aufrichtig und wohlwollend verhalten hat-te, verraten haben, müssen sie folglich verachtenswertsein und verdienen deshalb keine Gnade sondern nur dieVerachtung.«

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So ist denn die Wahrheit von solcher Art. Wenn also nunein despotischer, gewissenloser Mensch jemanden zuBoden wirft und nun mit erhobenem Fuß über ihm steht,bereit ihm den Kopf zu zertreten, und der Mann, der nunauf dem Boden liegt, wollte den Fuß dieses grausamenTyrannen küssen, so wird durch diese Erniedrigung seinHerz noch vor seinem Kopf zertreten sein und sein Geistnoch vor seinem Körper sterben… Er wird sowohl seinenKopf verlieren und zugleich wird auch seine Ehre und sei-ne Würde zerstört. Ferner ermuntert es ein solch gewis-senloses Ungeheuer nur noch, ihn in seiner Bosheit zuzertreten, zeigt man sich ihm gegenüber als schwach.Wenn aber der Mensch, der unterdrückt unter seinen Fü-ßen liegt, nun in das Gesicht des Tyrannen spuckt, wirder Herz und Geist retten und auch sein Leib wird in derUnterdrückung das Martyrium erfahren. Also spuckt jetztin das schamlose Gesicht dieser Tyrannen!…

Einmal, als die Briten die Kanonen am Bosporus zer-stört und Istanbul besetzt hatten, stellte (der Erzbischofvon Canterbury) als Oberhaupt der Anglikanischen Kirchesechs Fragen an das Amt des Scheychu-l’Islam. Auch ichwar damals Mitglied des Hauses der Islamischen Wis-senschaften. Sie sagten zu mir: »Gib eine Antwort.« Siewollten auf ihre sechs Fragen eine Antwort von sechs-hundert Worten. Ich sagte: »Ich werde ihnen nicht mitsechshundert Worten, auch nicht mit sechs Worten, janoch nicht einmal mit einem Wort, sondern mit meinerSpucke antworten! Denn diese Regierung hat, wie ihr hierseht, in diesem Augenblick ihren Fuß auf unseren Nackengesetzt. Man muss ihrem Bischof für seine hochmütigeArt, uns so von oben herab Fragen zu stellen, ins Gesichtspeien. Also spuckt in dieses gnadenlose Gesicht solcherTyrannen!«… sagte ich damals. Doch heute sage ich:

Oh meine Brüder! Da in einer Zeit, wenn eine despoti-sche Regierung wie die britische (unser Land) besetzthielt, ihnen auf diese Weise in der Sprache der Printme-dien zu antworten, eine Gefahr von hundert Prozent in

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sich enthielt, mir der Schutz des Qur’an bereits genügte,sollte er euch bei einer Möglichkeit von eins zu hundert,angesichts der Ungelegenheiten, die euch aus der Handder Despoten (in heutiger Zeit) erwarten, sicherlich hun-dertmal mehr genügen.

Ferner, meine Brüder! Die meisten von euch haben ih-ren Militärdienst bereits abgeleistet. Aber auch diejeni-gen, welche ihn noch nicht abgeleistet haben, werden si-cherlich auch schon das Folgende gehört haben. Und diees noch nicht gehört haben, mögen es nun von mir hören:»Die am häufigsten verwundet worden sind, waren die,welche den Schützengraben verlassen haben und da-vongelaufen sind. Am seltensten verwundet wurden die,welche in ihrem Schützengraben ausgeharrt haben!«

»Sprich: der Tod, vor dem ihr flieht, wird euch mit Sicherheit einholen.«(Sure 62, 8)

Das Geheimnis dieser Ayah verweist uns darauf: »Dieje-nigen, welche davonlaufen, werden ihm auf ihrer Fluchtum so sicherer begegnen!«…

Dritte teuflische List: Sie fangen viele (meiner Brüder)wegen ihrer Gier.

Aus den Ayat und den Erklärungen des Weisen Qur’anhaben wir unseren Segen empfangen und in vielen Ab-handlungen mit zuverlässigen Zeugnissen bewiesen:»Legale Versorgung kommt nicht entsprechend derMacht und dem Willen, sondern im Verhältnis zur Schwä-che und Armut.« Es gibt zahlreiche Zeichen, Hinweiseund Belege, die auf diese Wahrheit hinweisen. Zum Bei-spiel:

Die Bäume, die auf ihre Art lebendig sind und der Ver-sorgung bedürfen, bleiben fest an ihrem Platz und ihreVersorgung kommt eilig zu ihnen gelaufen. Die Tiereaber, weil sie gierig hinter ihrer Nahrung her laufen, wer-

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den nicht, den Bäumen gleich, in so vollkommener Weiseernährt.

Des Weiteren werden auch die Fische, die doch von al-len Tierarten die dümmsten und willenlosesten sind undim Sand gefunden werden, dennoch auf vollkommeneWeise versorgt und sehen im Allgemeinen wohlgenährtaus, während so kluge und fähige Tiere, wie der Affe undder Fuchs, durch ihre kümmerliche Ernährung nur magerund schwächlich sind, was zeigt, dass das Mittel ihrerVersorgung nicht ihre Fähigkeit ist, sondern ihre Armut.

Des Weiteren zeigt die gute Ernährung aller Tier- undMenschenkinder und das allerfeinste Geschenk aus demSchatz der Barmherzigkeit, wie die Milch, die ihnen in ih-rer Schwäche und Ohnmacht aus Mitleid (shefqat) in un-erwarteter Weise dargeboten wird, und die schwierigenUmstände (ihrer Versorgung) bei den Raubtieren in derWildnis, dass die Mittel legaler Versorgung, Schwächeund Armut sind und nicht Klugheit und Kraft.

Des Weiteren zeigen die armseligen Verhältnisse vielerDichter und Gelehrten und der Besitz und der Reichtumso vieler ungelehrter, dass die Quelle, aus der sich ihreVersorgung speist, nicht Intelligenz und Macht ist, son-dern Schwäche und Armut, es ist die Hingabe an Gott imVertrauen auf Ihn, ein Gebet (dua) mit Worten, mit Wer-ken und mit ihrer ganzen Haltung.

»Denn Gott ist es, der der Versorger ist und der Herr aller unerschütter-lichen Macht.« (Sure 51, 58)

So ist denn die Ayah, welche diese Wahrheit verkündet,ein zuverlässiges und unerschütterliches Zeugnis für un-sere Behauptung, das in der Sprache aller Pflanzen undTiere und ihrer Jungen vorgetragen wird. Und jede Grup-pe, die ihren Unterhalt verlangt, trägt ohne Worte auf ihreWeise diese Ayah vor.

Da nun einmal die Versorgung festgesetzt ist und aus

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Güte (ihsan) geschenkt wird und Gott der Gerechte ist,und Er sowohl der Allbarmherzige (Rahiem) als auch derFreigiebige (Keriem) ist, so lass denn die, welche sichdurch unrechtmäßigen Erwerb in einer Weise erniedri-gen, die Seine Barmherzigkeit anklagt und Seine Freigie-bigkeit beschuldigt, ja die ihr Gewissen und selbst einigeheilige Dinge zur Bestechung anbieten, um dafür Dingeanzunehmen, die ungesetzlich und als verbotene Dingeauch ohne Heil und Segen sind, lass sie denn darübernachdenken, was für ein vielfältiger Irrsinn das ist.

Weltleute und besonders die Leute des Irrweges gebenin der Tat ihr Vermögen nicht billig weg; sie verkaufen esgegen einen hohen Preis. Manchmal wird etwas, das viel-leicht ein wenig zu einem irdischen Leben von einem Jahrzu verhelfen mag, zu einem Mittel zur Zerstörung einesunendlichen Ewigen Lebens. Und durch diese schmutzi-ge Gier zieht der Mensch den Zorn Gottes auf sich undversucht dabei das Wohlwollen der Leute des Irrwegesauf sich zu lenken.

Oh meine Brüder! Wenn die Speichellecker der Heuch-ler und die Leute des Irrweges euch wegen der Habsucht,die der schwache Nerv in der menschlichen Natur ist, ansich zu binden versuchen, dann denkt an die oben ange-führten Wahrheiten und nehmt euch diesen euren armenBruder zum Beispiel. Ich versichere euch mit allem Nach-druck, dass Zufriedenheit und Sparsamkeit mehr zu eu-rem Leben und Unterhalt beitragen werden, als irgendei-ne Gehaltsauszahlung. Besonders ein euch unrechtmä-ßig ausgezahltes Geld verlangt von euch dafür einen tau-sendfach höheren Preis. Ja es kann sogar ein Hindernissein für den Dienst am Qur’an, der doch für euch in jederStunde für ewig einen Schatz öffnen könnte, oder euch inihm verdrießlich werden lassen. Das aber wäre für euchsolch ein Verlust und hinterließe (in euren Seelen) einesolche Leere, dass selbst zahlte man euch tausende Mo-natsgehälter, sie dafür keinen Ersatz bieten würden.

Anmerkung: Die Leute des Irrweges, da sie nicht in

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der Lage sind, sich selbst zu verteidigen und etwas aufdie Wahrheiten des Glaubens zu entgegnen, die wir ausdem Weisen Qur’an entnommen haben und verbreiten,stellen heuchlerisch und arglistig Fallen von Lug und Trugauf. So wollen sie meine Freunde durch deren Neigungemporzustreben, ihre Habsucht und ihre Furcht verführenund mich durch mancherlei Anschuldigungen in Misskre-dit bringen. Doch wir in unserem Heiligen Dienst reagie-ren stets in positivem Sinne. Dabei veranlasst uns jedochmanchmal die Aufgabe, Hindernisse zu beseitigen, die je-des gute Werk mit sich bringt, ein paar negative Dinge zutun. So ist es denn aus diesem Grunde, dass ich meineBrüder, hinsichtlich der drei oben erwähnten Punkte, vorder arglistigen Propaganda der Leute der Zwietracht war-nen muss. Dabei bemühe ich mich darum, die auf sie ge-richteten Angriffe zurückzuschlagen.

Im Augenblick richtet sich der wichtigste Angriff gegenmeine Person. Sie sagen: »Said ist Kurde.« Warum er-weist ihr ihm solchen Respekt und folgt ihm? So muss ichnun leider die vierte teuflische List in der Sprache des Al-ten Said erklären, auch wenn ich das gar nicht will, nurum diese Gauner zum Schweigen zu bringen.

Vierte teuflische List: Um meine Brüder zu verführenund ihr Nationalgefühl anzustacheln, sagen gewisseAtheisten, die hohe Positionen einnehmen und mich mitihrer Propaganda angreifen wollen, durch die Einflüste-rungen des Teufels, aufgehetzt durch die Leute des Irr-wegs: »Ihr seid Türken, so wie es Gott gewollt hat (ma-sha-a’llah). Bei den Türken gibt es jede Art von Gelehrtenund Leuten der Vollendung. Said aber ist Kurde. Wider-spricht es denn nicht eurem Nationalstolz, mit einem zu-sammenzuarbeiten, der nicht von eurem Volk ist?«

Antwort: Oh du unglückseliger Atheist! Ich bin, Danksei Gott!, ein Muslim. In dieser Zeit gibt es dreihundert-fünfzig Millionen Mitglieder meines heiligen Volkes. Hun-derttausendmal nehme ich meine Zuflucht zu Gott, nichtdreihundertundfünfzig Millionen Brüder zu opfern, die ei-

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ne solche ewige Bruderschaft bilden, und die mir (wäh-rend ihrer täglichen) Gebete (dua) helfen und zu denenauch die überwiegende Mehrzahl aller Kurden gehören,für ein rassistisches und nationalistisches Gedankengutund an Stelle dieser zahllosen gesegneten Brüder, um ei-ne völlig unbedeutende Minderheit solcher zu gewinnen,die sich zum kurdischen Volk zählen und Kurden genanntwerden, die auf einen Weg geraten sind, auf dem sie kei-nen Glauben oder doch keine Glaubensschule (medh-heb) kennen.

Oh du Ungläubiger! Es muss jemand schon so einDummkopf sein wie du, die ewig währende Bruderschafteiner Gemeinschaft von dreihundertundfünfzig lichtvollen,segenbringenden, wahrhaftigen Brüdern aufzugeben, umdafür die Bruderschaft einiger Handvoll ungläubiger Un-garn oder fränkisch gesinnter (= assimilierter) Türken zugewinnen, die ihren Glauben verloren haben und selbstschon in dieser Welt nichts gewinnen können. Nachdemwir bereits im Dritten Kapitel des SechsundzwanzigstenBriefes das Wesen des Nationalismus und seine negati-ven Folgen mit Beweisen aufgezeigt haben, wollen wirhier auf diesen hinweisen und zugleich eine Wahrheit er-läutern, die schon am Ende des Dritten Kapitels kurz er-wähnt worden war. Es ist dies wie folgt:

Zu denen, die sich unter dem Deckmantel eines türki-schen Nationalismus verborgen halten, in Wirklichkeitaber Feinde der Türken und glaubenslose, nationalisti-sche Eiferer sind, möchte ich sagen: Ich bin durch dasVolk des Islamischen Glaubens in einer ewigen und wah-ren Bruderschaft mit den Leuten des Glaubens in diesemLande, die man Türken nennt, eng und wahrhaftig ver-bunden. Und ich bin mit den Kindern dieses Landes, wel-che seit fast tausend Jahren das Banner des Qur’an sieg-reich in die sechs Richtungen getragen haben, um des Is-lams willen stolz und mit innerer Anteilnahme in Liebe(muhabbet) verbunden. Was aber dich betrifft, du Betrü-ger, der du dich als Patriot aufspielst! Du lebst in einer

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Weise, die dich alles, worauf das türkische Volk mit rechtstolz sein kann, vergessen lässt, in einer rein metaphori-schen, rassistischen, vorübergehenden und hinterhälti-gen Bruderschaft. Ich frage dich also: besteht denn dastürkische Volk nur aus gottvergessenen, von Lust beses-senen jungen Leuten zwischen zwanzig und vierzig? Underwächst etwa der Dienst, der für sie nutz- und gewinn-bringend sein soll, so wie er von ihnen gemäß ihrer pa-triotischen Gesinnung erwartet wird, aus einer fränkischausgerichteten (= westlichen) Erziehung, die ihre Gott-vergessenheit nur noch vermehrt, sie an Unmoral ge-wöhnt und sie zu verbotenen Dingen ermuntert? oder et-wa in einem vorübergehenden Lachen, das sie im Alterzum Weinen bringen wird? Wenn das der wahre Patrio-tismus sein soll, wenn das der Fortschritt und das Glückim Leben sein soll und wenn dein Türkentum so aussiehtund deine Volksverbundenheit sich so ausdrückt, dannmöchte ich doch lieber vor einem solchen Türkentum da-vonlaufen, und auch du magst dann ruhig von mir weg-rennen! Wenn du aber noch einen Funken Vaterlandslie-be in dir hast, wenn du noch bewusst und recht und billigdenken kannst, dann betrachte einmal die heutigen Ge-sellschaftsschichten und antworte mir dann:

Die Kinder unseres Vaterlandes, die man das türkischeVolk nennt, bestehen aus sechs Schichten. Die ersteSchicht sind die Aufrechten und die Frommen. Die zwei-te Schicht sind die Opfer von Unglücksfällen, Heimsu-chungen und Krankheiten. Die dritte Schicht sind die al-ten Leute. Die vierte Schicht sind die Kinder. Die fünfteSchicht sind die Armen und Schwachen. Die sechsteSchicht sind die jungen Leute. Sind etwa all die fünf ers-ten Schichten keine Türken? Haben sie etwa keinen An-teil an unseren patriotischen Empfindungen? Wenn mannun etwa der sechsten Gruppe ihren Rausch und ihr Ver-gnügen lässt, die übrigen fünf Gruppen aber kränkt undbeleidigt, ihnen das Leben vergällt und sie ihres Trostesberaubt, nennt man das dann eine patriotische Gesin-

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nung gegenüber dem Volk? oder Feindschaft gegenüberdem Volk?… Der tiefen Weisheit entsprechend: »Das Ur-teil liegt bei der Mehrheit.« ist der, welcher der Mehrheiteinen Schaden zufügt, ein Feind und kein Freund!

So frage ich dich denn:Findet man etwa die höchsten Interessen der Leute des

Glaubens und der Frömmigkeit, welche die erste Volks-schicht bilden, in der fränkischen (= westlichen) Zivilisa-tion? Oder findet man sie nicht vielmehr im Gedanken andie Ewige Seligkeit im Lichte der Glaubenswahrheiten,wenn man den Weg der Wahrheit beschreitet, wo sie be-sonders ersehnt und geliebt (ashk) wird und wo man ei-nen wahren Trost findet? Doch der Weg, den Irregeleite-te und solche Patrioten, wie du einer bist, eingeschlagenhaben, löscht das innere Licht der aufrechten Leute desGlaubens, zerstört jede echte Tröstung und zeigt statt-dessen den Tod als eine Verurteilung für ewig und dasGrab als das Tor zu einer immerwährenden Trennung.

Findet man etwa Segen für die zweite Volksschicht, dieGruppe derer, die von Unglücksfällen heimgesucht wur-den, der Kranken und derer, die den Mut zum Leben ver-loren haben und verzweifelt sind, durch eine fränkisch ge-artete (= westliche), gottlose Erziehung? Denn diese Un-glückseligen suchen nach einem Licht, verlangen nacheiner Tröstung. Sie schauen nach einer Art Wiedergut-machung für ihr Leiden aus. Sie möchten gerne Rachenehmen an denen, die sie unterdrückt haben. Sie wollenall den Terror an der Pforte des Grabes, dem sie sich nä-hern, zurückweisen. Durch ihren falschen Patriotismusaber stoßen solche, wie ihr es seid, denen, die doch sosehr der Liebe (shefqat), der Zärtlichkeit und der Heilungbedürfen und ihrer würdig sind, diesen armen, unglück-seligen (Menschen) noch eine Nadel ins Herz! Ihr schlagtsie noch auf die Köpfe! Ihr zerbrecht ihre Hoffnungen oh-ne Erbarmen! Ihr stürzt sie noch in die äußerste Verzwei-flung!… Sieht so euer Patriotismus aus? Ist das eure Art,Wohltaten unter dem Volk zu verteilen?

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Nun kommen wir zu den alten Leuten, welche die dritteVolksschicht bilden, um sie als pars tertium zu betrach-ten. Sie nähern sich dem Grabe, sie nähern sich dem To -de, sie entfernen sich aus dieser Welt und gehen hinüberins Jenseits. Finden sie ihren Segen, Licht und Tröstung,wenn sie die grauenvollen Abenteuer verrohter Tyrannenwie Hulagu (der Eroberer von Baghdad 1258 – A.d.Ü.)und Dschingis Khan (sein Großvater – A.d.Ü.) mit anhö-ren? Habt etwa ihr in eurer neuzeitlichen Bewegung ohneSinn, ohne Zweck, innerlich zerfallen, während sie sichnach außen auch noch fortschrittlich nennt, die das Jen-seits vergessen macht und dabei an das Diesseits bindet,noch einen Platz für sie? Kann man das jenseitige Lichtim Kino finden? Kann man den wahren Trost im Theaterfinden? Wenn Patriotismus in Wirklichkeit heißt, sie miteinem unsichtbaren Messer zu schlachten, und ihnen dieVorstellung zu geben: »ihr werdet jetzt zu einer Verurtei-lung auf ewig getrieben« und das Grab, das sie als Tor

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dadurch erreicht werden, dass man sie Dinge lehrt, dieden Fortschritt der Zivilisation betreffen, mit dem siekaum etwas zu tun haben, und die Prinzipien einer licht-losen, rein materialistischen Philosophie, die ihre Moralzerstört und ihren Geist auslöscht? Wenn der Mensch nuraus dem Körper eines Tieres bestünde und er keinenVerstand im Kopf hätte, dann könnten vielleicht diesefränkischen (= westlichen) Prinzipien, die ihr phantasie-vollerweise eine zivilisierte Erziehung und eine nationaleErziehung nennt, diesen unschuldigen Kindern einigen ir-dischen Nutzen und einige Vorteile in Form einiger vor-übergehender kindischer Vergnügungen bringen. Da die-se Kinder aber einmal in das Auf und Ab des Lebens ge-worfen werden, und da sie nun einmal Menschen sind,werden sie sicherlich auch in ihren kleinen Herzen vieleweitreichende Sehnsüchte haben und in ihren kleinenKöpfen große Pläne und Ziele sich entfalten. Weil aberdie Wirklichkeit nun einmal so ist, so ist auch das, wasMitleid (shefqat) für sie erfordert: den Glauben an Gottund den Glauben an das Jenseits in ihre Herzen zu pflan-zen, ein außerordentlicher Stützpfeiler und eine uner-schöpfliche Quelle der Zuflucht angesichts ihrer unend-lichen Schwäche und Hilflosigkeit. Erbarmen und Mitleidihnen gegenüber vollzieht sich auf diese Weise. Anderen-falls gleicht diese Trunkenheit der Nationalisten einerwahnsinnig gewordenen Mutter, die ihre Kinder schlach-tet, indem sie dem spirituellen Leben dieser armen, un-schuldigen (Kinder) den Hals abschneidet. Es ist eine wil-de Grausamkeit und geradezu ein Verbrechen, so alswolle man ihnen Herz und Gehirn herausreißen, um da-mit ihren Körper zu ernähren.

Die fünfte Schicht ist die Volksschicht der Armen undSchwachen. Empfangen etwa die Armen, die auf Grundihrer Armut sehr unter der Last und Bürde ihres Lebensleiden, und die Schwachen, die unter diesem schreck-lichen Auf und Ab des Lebens besonders betrübt sind, ih-ren Anteil an den nationalen Gefühlen dieser Patrioten?

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Findet er sich etwa in den Bewegungen, die ihr unter demTitel eurer Vernarrtheit in eine fränkische (=westliche),schamlose, pharaonengleiche Zivilisation aufgerichtethabt, welche die Verzweiflung und das Leid dieser Hilflo-sen nur noch vermehrt und ein Spielplatz für die Lust undLaune eines Teiles der Reichen ist und ein Fahrzeug fürRuhm und Raub eines Teiles der despotischen Machtha-ber? Die Salbe für die Wunde der Armut dieser hilflosenBedürftigen könnte gefunden werden, nicht in einer ras-sistischen Idee, sondern in der heiligen Apotheke des Is-lam. Der Schwache kann nicht Stärke und Widerstands-kraft in einer naturalistischen Philosophie finden, die nurfinster ist, eines Bewusstseins entbehrt und an den Zufallgebunden ist, sondern aus ihrem Eifer für den Islam undihrer Zugehörigkeit zur heiligen islamischen Nation!

Die sechste Volksschicht ist die der jungen Leute. Wür-de die Jugendlichkeit dieser jungen Leute ewig währen,dann würde auch der Wein, den ihr (diesen jungen Leu-ten) mit eurem nationalistischen (Gedankengut) einge-flößt habt, einen vorübergehenden Nutzen, eine Art gutenZweck erfüllt haben. Wenn aber die süße Trunkenheit ih-rer Jugendlichkeit einer schmerzlichen Ernüchterung imGreisenalter, der erquickende Schlaf am Morgen desGreisenalters einem bedauernden Erwachen (gewichenist), wird der Kater, der dem Rausch ihrer Trunkenheitfolgt, sie bitterlich weinen lassen und der Schmerz im Vor-überrauschen ihrer süßen Träume ihnen viel Trauer undBetrübnis einflößen. »Oh weh! Sowohl meine Jugendzeitist vorübergegangen, als auch meine Lebenszeit ist ver-gangen. Und nun nähere ich mich dem Grab, bankrott.Ach hätte ich doch einmal meinen Verstand gebraucht!«Besteht etwa der Anteil an dem Patriotismus dieserSchicht darin, sich eine kurze, vorübergehende Zeit zuamüsieren, um danach für eine sehr lange Zeit bitterlichzu weinen, oder liegt ihr irdisches Glück und ihre Freudeam Leben vielleicht in der Art, ihre Dankbarkeit für dasschöne Geschenk einer blühenden Jugendzeit zu erwei-

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sen und dieses Geschenk (einer solchen Jugendzeit)nicht auf dem Wege der Ausschweifung, vielmehr aufdem Wege der Rechtleitung auszugeben und so in sichdiese vergängliche Jugend im Dienst und in der Anbetung(Gottes) zu verewigen und so durch eine in Rechtleitung(verbrachte) Jugendzeit eine ewige Jugendzeit im Hausder Glückseligkeit zu gewinnen. Wenn du also nun nochüber ein Körnchen Verstand verfügst, dann sprich!

Zusammenfassung: Bestünde das türkische Volk nuraus diesen jungen Leuten der sechsten Schicht und wür-de die Jugendzeit niemals vergehen und gäbe es außerdieser Welt keinen anderen Ort, so könnte man eure gan-ze, unter einem Deckmantel alltürkische, (in Wirklichkeitaber) fränkische (= verwestlichte) Bewegung, als eine pa-triotische anführen. Dann könntet ihr zu einem Mann wiemir, der wenig Wert auf das Leben in dieser Welt legt,Rassismus als eine Seuche, wie die »fränkische Krank-heit« (Syphilis) betrachtet, junge Leute von unerlaubtenVergnügungen und Gelüsten abzuhalten versucht und ineinem anderen Land zur Welt gekommen ist, sagen: »Erist ein Kurde. Folgt ihm nicht!« und so könntet ihr einRecht haben, es zu sagen. Da aber nun einmal die Kin-der dieses Landes, die man Türken nennt, aus sechs ver-schiedenen Volksschichten bestehen, ist es, wenn manfünf Schichten Schaden zufügt, ihr Wohlbefinden zerstört,einer einzigen dieser Schichten jedoch, ein vorüberge-hendes, weltliches Vergnügen bereitet, dessen Folgenoch dazu unheilvoll ist, ja sie geradezu betrunkenmacht, so ist dies keineswegs ein Freundschaftsdienst fürdas türkische Volk, sondern Feindschaft.

Meiner Rasse nach, werde ich in der Tat nicht zu denTürken gezählt. Jedoch habe ich unter den Türken für dieLeute der Gottesfürchtigen, die Gruppe der vom Unglückbetroffenen, die Schicht der Alten, die Klasse der Kinderund die Schar der Schwachen und der Armen mit all mei-ner Kraft, völlig freiwillig, mit viel Liebe (shefqat) und inbrüderlicher Gesinnung gearbeitet und arbeite ich noch

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immer. Auch die jungen Leute, welche die sechste Volks-schicht bilden, möchte ich von ungesetzlichen Handlun-gen abhalten, die ihr irdisches Leben vergiften, das jen-seitige Leben zerstören und für eine Stunde lachen einJahr weinen zur Folge haben. Alle meine Werke, undzwar nicht nur das, was ich in den letzten sechs, siebenJahren, sondern in zwanzig Jahren dem Qur’an entnom-men und in türkischer Sprache veröffentlicht habe, liegtfür jedermann offen zu Tage.

Lobpreis und Dank sei Gott dafür, dass mit diesen Wer-ken (und allem, was ich) aus dieser Lichtquelle, dem Wei-sen Qur’an, in der Tat entnommen habe, ein Licht gezeigtworden ist, das diese Volksschicht der alten Leute mehrals alles andere ersehnt. Die wirksamsten Heilmittel fürdie vom Unglück heimgesuchten und die Kranken werdenin der heiligen Apotheke des Qur’an dargeboten. Durchdiese Lichter des Qur’an wird das Tor des Grabes, dasdie alten Leute mehr als sonst etwas zum Nachdenkenanregt, als das Tor der Barmherzigkeit gezeigt und nichtals ein Tor, durch das es zur Hinrichtung geht. Ein be-sonders mächtiger Stützpunkt angesichts so zahlloserUnglücke und gefährlicher Dinge, denen die so empfind-samen Herzen der Kinder ausgesetzt sind, und ein Ortder Zuflucht, der all den zahllosen Hoffnungen und Wün-schen offen steht, wurden auf dem Fundament des Wei-sen Qur’an errichtet, aufgezeigt und in der Tat auch prak-tisch genutzt. Und die schwere Verantwortung, die dieSchicht der Armen und Schwachen am meisten bedrückt,die schwere Bürde, die nahezu ihr Leben zerstört, wirddurch die Glaubenswahrheiten des Weisen Qur’an er-leichtert.

Es sind also diese fünf Gruppen fünf Schichten dersechs Volksschichten der türkischen Nation, für derenWohlergehen wir arbeiten. Die sechste Schicht aber istseine Jugend. Mit den guten unter ihnen haben wir eineernsthafte brüderliche Verbundenheit. Aber mit solchGlaubenslosen, wie du einer bist, haben wir in gar keiner

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Weise irgendeine freundschaftliche Beziehung! DennMänner, welche den Gottlosen beigetreten sind und sichaus der Gemeinschaft islamischer Völker ausschließenwollen, welche doch alles umfasst, worauf auch das tür-kische Volk in Wahrheit stolz sein mag, betrachten wirnicht als Türken. Wir halten sie vielmehr für Franken, die(ihre Verwestlichung) unter einem türkischen Schleierverstecken wollen. Auch sollten sie hunderttausendmalbehaupten, national türkisch gesinnt zu sein, können siedoch die Leute der Wahrheit nicht täuschen. Denn ihreTaten und Handlungen strafen ihre Behauptungen Lügen.

Wohlan denn, oh ihr Anhänger dieser Franken (und ih-rer Lebensweise) und all ihr Glaubenslosen, die ihr euchdarum bemüht, meine aufrichtigen Mitbrüder mit eurerPropaganda dahin zu bringen, mir nur noch die kalteSchulter zu zeigen! Was tut ihr zum Wohle dieser Nation?

Ihr löscht das Licht der Gottesfürchtigen und der From-men, die die erste Volksschicht bilden.

Ihr streut noch Gift auf die Wunden der zweiten Schicht,die doch der Güte und Fürsorge bedürftig sind.

Ihr zerstört den Trost der dritten Schicht, die doch sosehr euren Respekt verdient, und werft sie in die völligeVerzweiflung.

Ihr brecht ganz und gar die geistige Kraft der viertenSchicht, die doch so sehr eure Zärtlichkeit (shefqat)braucht und löscht ihre wahre Menschlichkeit aus.

Ihr lasst die Hoffnungen der fünften Schicht, die doch sonötig Hilfe, Trost und Unterstützung braucht, in ihrer Hoff-nung, in ihrem Ruf nach Hilfe ohne Frucht sein und ver-wandelt das Leben in ihren Augen in etwas, das nochfurchtbarer ist als der Tod.

Und der sechsten Schicht, die ihr doch eigentlich er-mahnen und wachrütteln müsstet, gebt ihr in ihrem Ju-gendrausch auch noch Wein zu trinken, einen Wein, dersie in eine besonders schmerzliche und besonders

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schreckliche Trunkenheit versetzt.Ist das etwa euer patriotischer Eifer, dass ihr um des-

sentwillen, so vieles opfert, was euch heilig ist? Ist esdas, was eine national-türkische Gesinnung den Türkenzu bieten hat? Hunderttausend Mal Zuflucht bei Gott!

Ihr Herren! Ich weiß, dass ihr eure Zuflucht zu eurerMacht nehmt, wenn ihr angesichts der Wahrheit verlorenhabt. In dem Geheimnis, dass die Macht sich auf dieWahrheit stützt (und auf den, der aus ihr lebt) und nichtdie Wahrheit sich auf die Macht stützt (und auf den, dersie in Händen hält), könnt ihr rund um mich die Welt inBrand setzen, doch mein Kopf (rund um den herum dieWelt in Flammen steht), der sich opfert für die qur’ani-schen Wahrheiten, wird sich nicht vor euch beugen. Zu-dem will ich euch auch dies noch sagen: auch wenn nichtnur eine begrenzte Anzahl Leute wie ihr, die doch dasVolk in seinem Innern verachtet, sondern tausende eu-resgleichen mir selbst tätlich ihre Feindschaft zeigten,würde ich ihnen dennoch keine Beachtung schenken, jaihnen nicht mehr Wert beimessen als einem Haufen wil-der Tiere. Denn was könnt ihr schon gegen mich ausrich-ten? Alles, was ihr tun könnt, ist, entweder meinem Lebenein Ende setzen, oder aber mein Werk zerstören. Außerdiesen beiden Dingen verbindet mich nichts mit dieserWelt. Was die Stunde betrifft, die für dieses Leben vor-herbestimmt ist, so glaube ich mit der Sicherheit einesZeugen, dass sie sich nicht ändert. Sie ist bereits be-stimmt. Da dies aber nun einmal so ist, scheue ich nichtdavor zurück, als Märtyrer auf dem Weg der Wahrheit zusterben, sondern erwarte sie mit Sehnsucht. Besondersda ich schon alt bin, glaube ich, dass es schwer für michwerden wird, noch ein weiteres Jahr zu leben. Ein Jahrdieses äußerlichen (Lebens) durch den Märtyrertod in einimmerwährendes Ewiges Leben zu verwandeln, ist fürLeute wie mich der letzte Wunsch und das erhabensteZiel. Was aber mein Werk betrifft, so hat mir Gott der Ge-rechte in Seiner Barmherzigkeit solche Brüder im Dienste

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am Glauben und am Qur’an geschenkt, dass er nachmeinem Tode nicht mehr in nur einem Zentrum, sondernin vielen Zentren versehen werden wird. Wenn meineZunge mit dem Tode zum Schweigen gebracht werdenwird, werden sehr viele mächtige Zungen an Stelle mei-ner Zunge sprechen und dieses Werk fortsetzen. Ja ichkann sogar sagen: So wie ein Samenkorn in die Erde fälltund stirbt und dadurch einem neuen Halm das Lebenschenkt und so schließlich hundert Körner mit ihrer Auf-gabe beginnen, so nähre auch ich die Hoffnung, dassmein Tod der Anlass zu einem Werk sein wird, dass übermein Leben hinauswachsen wird!…

Fünfte teuflische List: Die Gefolgschaft der Leute desIrrwegs wollte meine Brüder, indem sie aus deren Selbst-gefälligkeit ihren Nutzen zogen, (aus meinem Kreis) zu-rückziehen. Tatsächlich ist ja die für den Menschen ge-fährlichste Ader ihre Selbstgefälligkeit. Und es ist zugleichauch ihr schwächster Nerv. Wird er gestreichelt, so kannman ihn dazu bringen, ganz schlechte Dinge zu tun. Ohmeine Brüder! Gebt Acht! Lasst euch nicht bei eurerSelbstgefälligkeit treffen. Lasst euch nicht in ihr gefangennehmen! Ferner sollt ihr wissen, dass in diesem Jahrhun-dert die Leute des Irrweges die Selbstgefälligkeit bestie-gen haben und auf ihr durch das Tal des Irrglaubens ga-loppieren. Die Leute der Wahrheit können nur dann derWahrheit dienen, wenn sie ihre Selbstgefälligkeit aufge-ben müssen. Auch sollten sie glauben, das Recht zu ha-ben, von ihrem Ego Gebrauch zu machen, weil sie mei-nen, damit genauso zu handeln wie alle anderen und weil(die Leute des Irrweges dadurch glauben), dass (die Leu-te der Wahrheit) genauso selbstsüchtig seien wie sieselbst, so ist dies dennoch eine Unwahrheit im Dienst ander Wahrheit. In jedem Fall akzeptiert der Dienst am Qur’-an, um den herum wir uns versammelt haben, nicht die-ses »Ich«, sondern verlangt nach einem »Wir«. Er sagt:»Sagt nicht ›Ich‹, sondern sagt ›Wir‹«.

Sie sind mit Sicherheit zu der Überzeugung gelangt,

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dass dieser euer Bruder nicht durch sein Ego auf denPlatz getreten ist. Und er macht euch auch nicht zu einemDiener an seinem Ego. Vielmehr zeigte er sich euch alsein Diener am Qur’an ganz ohne sein Ego. Nicht selbst-gefällig zu sein und nicht an der Seite seines Egos zu ste-hen, hat er als seinen Weg (meslek) erwählt. In jedemFall hat er euch mit absolut sicheren Zeugnissen bewie-sen, dass die Werke, die zum allgemeinen Nutzen ver-fasst worden sind, öffentliches Eigentum, d.h. Tropfenaus dem Weisen Qur’an sind. Niemand darf in seinerSelbstgefälligkeit einen Anspruch an ihnen erheben! Neh-men wir doch einmal den unmöglichen Fall an, ich wolltemich in meiner Selbstgefälligkeit als der Eigentümer die-ser Werke ausgeben, wie einer meiner Mitbrüder gemeinthat: seit sich nun die Türen des Qur’an geöffnet haben,sollten doch die Leute der Wissenschaft und aller Voll-kommenheit nicht zögern und nicht erklären, sie hätten alldies gar nicht nötig, sondern ohne meine Fehlerhaftigkeitund die Bedeutungslosigkeit (meiner Person) zu beach-ten, sich hinter mich stellen. Die Werke der Rechtschaffe-nen (selef-i salihin) und der Forscher unter den Gelehrtensind wie eine riesengroße Schatzkammer, zur Genügeausreichend für eine jede Art von Kummer. Doch ge-schieht es zuweilen, dass ein Schlüssel dazu noch wich-tiger ist, als diese Schatzkammer. Denn wenn eineSchatzkammer geschlossen ist, könnte doch ein Schlüs-sel viele solche Kammern öffnen.

So denke ich denn, dass diejenigen, deren Selbstgefäl-ligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst, ver-standen haben, dass die Worte (Sözler), die veröffentlichtworden sind, jedes für sich ein Schlüssel zu den qur’ani-schen Wahrheiten und je ein diamantenes Schwert sind,dass solchen den Kopf abschlägt, die diese Wahrheitenbestreiten wollen. Die Leute der Tugend und der Voll-kommenheit und solche, deren Selbstgefälligkeit ihnenallzusehr aus ihrer Bildung erwächst, sollten wissen, dasssie nicht Studenten von mir, sondern Schüler des Weisen

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Qur’an sind und dass auch ich mit ihnen ein Studienkol-lege bin.

Nehmen wir doch einmal den unmöglichen Fall an, ichwürde den Rang eines Lehrmeisters (ustadh) für mich be-anspruchen, da wir ja nun einmal einen Weg gefundenhaben, all die Schichten der Leute des Glaubens vonheute, von den ungebildeten bis hinauf zu den oberenKlassen, von all den Zweifeln und Unsicherheiten, vondenen sie befallen sind, zu erretten, dann sollen doch al-le diese Gelehrten entweder einen einfacheren Weg fin-den, oder aber unseren Weg für nötig erachten, ihn leh-ren und auf unsere Seite treten. Doch es hängt eine sehrschwere und düstere Wolke über all den schlechten Ge-lehrten. So müssen denn die (wahren) Wissenschaftler inunserer Zeit ganz besonders aufmerksam sein.

Nehmt also einmal an, ich würde so, wie unsere Feindesich das vorstellen, einen solchen Dienst um meinerSelbstgefälligkeit willen verrichten. Da aber nun einmaleine große Anzahl Leute ihren Egoismus aufgeben undsich um irgendeines irdischen, nationalen Zieles willenvollkommen loyal um einen solchen Mann wie um einenPharao scharen und in großer Solidarität ihren Dienst ver-sehen, sollte da nicht etwa auch euer Bruder im Glaubendas Recht haben, von euch um eurer Solidarität rund umdie Glaubenswahrheiten willen erwarten, dass ihr eurenEgoismus aufgeben werdet, so wie jene Feldwebel einerweltlichen Gesellschaft, solange wie dieser nur seinen ei-genen Egoismus zu verbergen weiß? Und wenn nochnicht einmal die größten eurer Gelehrten ihm »Da bin ich!(Lebbeyk)« sagen sollten, wären sie dann nicht im Un-recht?

Meine Brüder! Einer der gefährlichsten Aspekte desEgoismus in unserem Werk ist der Neid. Geschieht etwasnicht pur um Gottes willen, so tritt der Neid dazwischenund zerstört alles. Wie die Hand eines Menschen nichtneidisch auf seine andere Hand sein kann und sein Augenicht auf sein Ohr und das Herz nicht in Streit treten kann

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mit dem Verstand, so ist auch ein jeder von euch ein Sinn,ein Glied innerhalb einer geistigen Körperschaft, dessenGanzheit ihr alle formt. Es geht nicht darum, miteinanderin Streit zu liegen. Vielmehr solltet ihr im Gegenteil stolzsein auf die gemeinsamen guten Eigenschaften. Sichüber sie zu freuen ist eine grundlegende Gewissens-pflicht.

Aber es gibt da noch ein Ding das bleibt und äußerstgefährlich ist: untereinander und unter euren FreundenEifersucht gegenüber diesem euren armen Mitbruder zuempfinden, ist äußerst gefährlich. Es gibt unter euch aucheinige sehr bedeutende Wissenschaftler. Bei einem Teildieser Wissenschaftler finden sich solche, deren Selbst-gefälligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst.Auch wenn diese ganz allgemein gesehen doch recht be-scheiden sein mögen, so sind sie doch gerade in dieserHinsicht ziemlich selbstgefällig. Sie können diese Selbst-gefälligkeit nicht so schnell aufgeben. Wie sehr sich auchHerz und Verstand (an die Risale-i Nur) anklammern mö-gen, ihre Seele (nefs) sucht doch hinsichtlich ihrer Selbst-gefälligkeit in der Wissenschaft einen Vorrang, um sichselbst verkaufen zu können, ja sogar, um über die abge-handelten und niedergeschriebenen Themen disputierenzu können. Und wenn auch ihr Herz diese Abhandlungenliebt und sie sich verstandesmäßig für sie begeistern undsie als erhaben einschätzen, wünscht ihre Seele (nefs),als nährte sie eine heimliche Feindschaft gegen sie,wegen ihrer Selbstgefälligkeit auf Grund ihrer Bildung, dieHerabsetzung der Worte (Sözler), sodass der Ertrag ihresDenkvermögens mit ihnen konkurrieren und gleich ihnenverkauft werden könne. Dabei muss ich ihnen doch ge-zwungenermaßen folgendes mitteilen:

Selbst wenn diese (Leute) in den Kreisen qur’anischerUnterweisung Koryphäen der Wissenschaft und derRechtsgelehrtheit wären, so besteht doch ihre Aufgabe intheologischer Hinsicht lediglich darin, die bereits nieder-geschriebenen Worte (Sözler) zu erklären und zu erläu-

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tern und sie zu ordnen. Denn auf Grund sehr vieler Hin-weise ist uns klar geworden, dass wir mit der Aufgabe be-traut worden sind, Etwas herauszugeben, die sich auf dieverschiedenen Glaubensartikel beziehen. Wenn ir-gendjemand aus unserem Kreis auf Grund eines Gefühls,das ihm aus seiner Selbstgefälligkeit hinsichtlich seinerBildung erwächst, etwas schreibt, das außerhalb der Er-läuterungen und Erklärungen (der Risale-i Nur) liegt, sogilt dies als ein eiskaltes Konkurrenzbestreben oder alsder fehlerhafte Versuch einer Nachahmung. Ist doch an-hand vieler Beweise und Zeichen erwiesen, dass die ein-zelnen Abschnitte der Risale-i Nur Tropfen aus demQur’an sind, denn in Übereinstimmung mit dem Gesetzder Arbeitsteilung, hat jeder von uns eine Aufgabe über-nommen, indem wir uns darum bemühen, dass die Trop-fen vom Wasser des Lebens, die (aus dem Qur’an) hin-durchgesickert sind, für einen jeden erreichbar gemachtwerden können, der ihrer bedarf!…

Sechste teuflische List: Es ist dies folgendermaßen:Er nutzt die nur allzu menschliche Ader seiner Faulheit,seine Leidenschaft für äußerlichen Komfort und sein Ver-haftetsein an alle nur erdenklichen Pflichten. Diese Teufelin Menschen- und in Dschinnengestalt greifen (den Men-schen) in der Tat in jeder Hinsicht an. Wenn sie solcheLeute unter uns erblicken, deren Herzen stark, derenTreue unerschütterlich, deren Absichten aufrichtig undderen Eifer erhaben ist, so greifen sie diese von einer an-deren Richtung her an. Dies geschieht folgendermaßen:

Um unsere Arbeit ins Stocken zu bringen und uns inunserem Dienst zu entmutigen, ziehen sie ihren Nutzenaus der Faulheit, der Bequemlichkeit (unserer Brüder ei-nerseits) und deren Pflichtversessenheit (andererseits).Mit derlei Listen halten sie (unsere Brüder) von ihremDienst am Qur’an ab, sodass sie für einen Teil von ihnen,ohne es zu merken, noch mehr Arbeit finden, damit sie fürden Dienst am Qur’an keine Zeit mehr haben. Anderenwiederum zeigen sie alle faszinierenden Dinge dieser

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Welt, womit ihre Lust geweckt wird, damit in ihnen eineGleichgültigkeit (ghafla) dem Dienst gegenüber aufstei-gen solle usw.

Diese Angriffsmethoden können sich in die Länge zie-hen. Um aber diese Länge kurz abzuschneiden, überlas-sen wir das eurem aufmerksamen Verständnis.

Oh meine Brüder! Merkt gut auf: eure Aufgabe ist heilig.Euer Dienst ist erhaben. Jede Stunde eurer Zeit kann sowertvoll sein wie ein Tag der Anbetung. Gebt also gutAcht, damit sie euch nicht zwischen den Fingern zer-rinnt!…

»Oh ihr Gläubigen! Seid geduldig und harrt miteinander aus in Geduldund fürchtet Gott, damit es euch wohl ergehe!« (Sure 3, 200) »Und ver-kauft Meine Verse nicht um ein Geringes.« (Sure 2, 41)»Preis sei deinem Herrn, dem Herrn der Macht. Erhaben ist Er über das,was sie Ihm zuschreiben. Und Friede den Gesandten! Und Lob sei Gott,dem Herrn der Welten!« (Sure 37, 180/182)»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du unsgelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)»Oh Gott, gib Friede und Segen unserem Herrn Mohammed, Deinemgeliebten ungebildeten Propheten, von großem Ansehen und hohemRang, seiner Familie und seinen Gefährten. Amen«

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Ein heiliges (Jahr) in der Geschichte

Ein Jahr in der Geschichte, in dem ein bedeutendes Ge-heimnis des Weisen Qur’an offenbar wurde, findet sichwiederum in einem Wort des Qur’an. Es ist dies wie folgt:

Entsprechend dem Abced-System entspricht der nume-rische Wert des Wortes »Qur’an« dreihundertundeinund-fünfzig. In ihm sind zwei Elif enthalten. Liest man das ver-borgene Elif als »elfun«, so ist es ein »elfun« mit der Be-deutung von Tausend.*

Damit soll gesagt sein, dass das Jahr Eintausenddrei-hundertundeinundfünfzig als das Jahr des Qur’an be-zeichnet werden kann. Das ist so, weil in diesem Jahr dasmerkwürdige Geheimnis der Übereinstimmungen in demWort »Qur’an« in denjenigen Teilen der Risale-i Nur of-fenbar wurde, die ein Kommentar zum Qur’an sind. Daswunderbare Geheimnis dieser Übereinstimmungen indem Wort »Allah« im Qur’an erschien in demselben Jahr.Ein Qur’anexemplar, das dieses wunderbare Muster auf-weist, zusammengestellt und geschrieben entsprechendder neuen Gestaltungsweise, erschien noch im selbenJahr. Im gleichen Jahr setzten sich die Schüler desQur’an mit ihrer ganzen Kraft für die Erhaltung der qur’a-nischen (= arabischen) Schreibweise ein, angesichts ih-rer Umwandlung (in die lateinische Schreibweise). Be-deutende Feinheiten der Wunderhaftigkeit des Qur’anwurden gleichfalls im selben Jahr offenbar. Ferner ereig-neten sich in diesem Jahr noch viele Dinge, die mit demQur’an in Verbindung stehen; und es sieht so aus, alswollten sie sich auch noch weiterhin ereignen…

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* Nach den grammatikalischen Regeln wird »Failun« »fa’lun«gelesen, so wie man »katifun« »katfun« liest. Deswegen liestman auch »elifun« als »elfun« (= arab. tausend). Auf dieseWeise errechnet sich dann eintausenddreihundertundeinund-fünfzig.

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Anhang zum Sechsten Kapitel, zugleichauch Anhang zur sechsten Abhandlung

Sechs Fragen

Dieser Anhang wurde geschrieben, um denAbscheu und die Verachtung zu vermeiden,die sich andernfalls hier in künftiger Zeit aus-breiten werden. Das heißt, er wurde geschrie-ben, sodass wir, wenn man sagt: »Pfui überdiese Schlappschwänze in diesem unserenZeitalter!«, ihre Spucke unser Gesicht nichttreffen möge, bzw. um sie von ihm wiederabzuwischen. Mögen die tauben Ohren dieserwilden Leiter eines Europa hinter ihrer huma-nistisch gesinnten Maske davon widerklin-gen!… Und möge es diesen maßlosen Tyran-nen, welche uns mit diesen gewissenlosenGewaltmenschen heimgesucht haben, in ihrenichtssehenden Augen gesteckt werden! Esist dies eine Petition, geschrieben, um damitden Anhängern einer mehr ärgerlichen alsbürgerlichen Zivilisation über die Köpfe zuhauen, die es in diesem Jahrhundert mehr alshunderttausendmal nötig gemacht haben, zurufen: »Es lebe die Hölle!«

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »Und es gibtda für uns nichts, warum wir nicht auf Gott vertrauen sollten. Denn Erhat uns in der Tat auf unserem Weg geleitet und sicherlich werden wirgeduldig alle Leiden ertragen, die Er uns auferlegt hat. Und wer immervertraut, der vertraue auf Gott!« (Sure 14, 12)

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In letzter Zeit haben die versteckten Angriffe der Glau-benslosen eine ganz besonders hässliche Form ange-nommen, wobei sie mit ihren erbärmlichen, ungerechtenAngriffen gegen die so unglücklichen Leute des Glaubens(vorgingen und sich sogar) in unseren privaten und kei-neswegs offiziellen Ruf zum Gebet (edhan ve iqamah),also in dieses unser privates Gebet einmischten, das ichmit noch zwei mir eng verbundenen Brüdern in einem pri-vaten Raum verrichtete, den ich mir selbst dafür herge-richtet hatte. Man sagte also zu mir: »Warum rezitierst duden Ruf zum Gebet in arabischer Sprache und wieso ver-suchst du das geheim zu halten?« Da war denn dochmeine Geduld erschöpft. So richte ich mich denn nicht et-wa an diese unzivilisierten, gottlosen (Leute), die einerAntwort gar nicht wert sind, sondern an den pharaonen-gleichen Vorstand einer Gesellschaft, der mit einer gera-dezu despotischen Willkür mit dem Schicksal einer gan-zen Nation spielt, (mit dem Ruf): »Oh ihr Leute einer ket-zerischen Neuerung (bid’a) und der Gottlosigkeit (il-had)!… Ich erwarte eine Antwort auf (die folgenden)sechs Fragen.

Erstens: Jede Regierung in der Welt, jedes Volk und je-der Stamm, ja selbst ein Stamm Menschenfleisch essen-der Kannibalen, ja sogar ein Räuberhauptmann in all sei-ner Wildheit und Grausamkeit herrscht und regiert aufseine Weise und urteilt nach seinen Prinzipien. Ihr aber,nach welchen Prinzipien führt ihr diese außerordentlichenAngriffe aus? Legt mir die Artikel eures Gesetzes vor!Oder akzeptiert ihr die willkürlichen Einfälle einer Hand-voll niederträchtiger Beamter? Denn für ein solches pri-vates Gebet gibt es kein Gesetz und kann es ein solchesGesetz nicht geben!…

Zweitens: Auf welche Macht stützt ihr euch und wohernehmt ihr diese Unverschämtheit, das Prinzip der »Frei-heit des Gewissens« zu verletzen, das fast überall in derMenschheit herrscht, besonders in diesem Zeitalter derFreiheit und in zivilisierten Kreisen, es auf die leichte

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Schulter zu nehmen und auf diese Weise indirekt dieMenschheit zu verletzen und ihre Vorstellungen zurück-zuweisen? Was für eine Macht gibt es denn, dass ihr, ob-wohl ihr euch doch Laien nennt und behauptet, ihr wollteteuch nicht in Glaube noch Unglaube einmischen, die Re-ligion und die religiösen Menschen in einer Weise angrei-fen könnt, als hättet ihr die Glaubenslosigkeit in geradezufanatischer Weise für euch selbst zu eurer Religion ge-macht, was sicherlich nicht verborgen bleiben wird?!…Danach werdet ihr noch einmal gefragt werden… Was füreine Antwort werdet ihr dann geben?… Obwohl ihr nochnicht einmal gegen einen Einwand auch der kleinsten vonzwanzig (verschiedenen internationalen) Regierungenstandhalten könnt, versucht ihr dennoch gewaltsam dieFreiheit des Gewissens zu verletzen, als ob ihr die Ein-wände von zwanzig Regierungen vollständig missachtenwolltet.

Drittens: Welchem Prinzip entsprechend fordert ihr,dass Leute wie ich, die der Rechtsschule der Schafis fol-gen, eine irrige Fetwa annehmen sollen, die einigeschlechte Gelehrte, die ihr Gewissen an die Welt verkaufthaben, im Widerspruch zur Lauterkeit und Erhabenheitder Hanefitischen Rechtsschule erlassen haben?…Wenn nun, nachdem die Rechtsschule der Schafis ge-schlossen worden ist, die doch einige Millionen Anhängerhat, jetzt alle der Hanefitischen Schule folgen müssenund mir dies in diktatorischer Weise auferlegt wird, sokönnte man vielleicht sagen, dass dies ein Prinzip areligi-öser Menschen ist, wie ihr es seid. Andernfalls ist es (einAkt) der Willkür und der Gemeinheit. Wir aber folgen nichtderartigen Willkürakten von Leuten wie diesen und wir er-kennen sie auch nicht an!

Viertens: In Übereinstimmung mit welchen Prinzipienverlangt ihr denn durch eine verfälschte, ketzerische(bid’a) Fetwa den Aufruf zum Gebet (iqama) in türkischerSprache, auf eine Weise, die nationalen türkischen Inte-ressen vollkommen widerspricht, welche pur religiös und

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voll Respekt gegenüber dem Glauben sind und sichschon in alten Zeiten mit dem Islam vereint und vermischthaben, im Namen sogenannter national türkischer (Inte-ressen), welche (in Wirklichkeit) nur fränkische Interes-sen (d.h. also eine verwestlichte Gesinnung) sind, vonsolchen, die wie ich doch einem anderen Volk angehö-ren? Obwohl ich in der Tat freundschaftliche und brüder-liche Beziehungen mit wahren Türken unterhalte, habeich doch in gar keiner Hinsicht irgendeine Beziehung mitsolchen national türkisch gesinnten Anhängern der Fran-ken (d.h. der Verwestlichung), wie ihr es seid. Wie könntihr auch so etwas von mir verlangen? und nach welchemGesetz?… Falls ihr etwa den Kurden ihr Volkstum aber-kennen wolltet, deren es Millionen gibt und die seit Tau-senden von Jahren ihr Volkstum und ihre Sprache nichtvergessen haben und welche von Alters her die treuenVolksgenossen und Kampfgefährten der Türken sind, undwenn ihr wollt, dass sie nun ihre Sprache vergessen sol-len, dann könnte vielleicht eure Forderung gegenübersolchen, die wie ich einem anderen Volk zugezählt wer-den, in Übereinstimmung mit irgendeiner Art grausamemPrinzip sein. Andernfalls wären sie rein willkürlich. Diesenvöllig willkürlichen Launen einiger Individuen sollte mannicht folgen und wir werden ihnen auch nicht folgen!

Fünftens: Eine Regierung mag gegenüber ihrenStaatsbürgern und gegenüber denjenigen, die sie als ih-re Bürger ansieht, alle Gesetze in Anwendung bringen;aber sie kann diese Gesetze nicht gegenüber denjenigenanwenden, die sie nicht als ihre Bürger anerkennt. Dennsie können sagen: »Da wir nicht eure Bürger sind, seid ihrauch nicht unsere Regierung!«

Ferner kann keine Regierung zwei Strafen zu gleicherZeit verhängen. Sie wird einen Mörder entweder einsper-ren oder ihn hinrichten. Jemanden gleichzeitig zu einerHaftstrafe zu verurteilen und ihn gleichzeitig zum Tode zuverurteilen, gibt es nirgendwo auf der Welt. Ein solchesGesetz gibt es nicht!

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Dennoch habt ihr, obwohl ich doch diesem Land und sei-nem Volk in keiner Weise irgendeinen Schaden zugefügthabe, mich acht Jahre lang in Gefangenschaft gehalten,unter Strafbedingungen, wie man sie noch nicht einmaldem rohesten (Gefangenen) einer ausländischen Nationauferlegt hätte. Obwohl ihr selbst noch Verbrecher be-gnadigt habt, habt ihr jedoch meine Freiheit mit Füßengetreten und mich in einer Weise behandelt, dass ihrmich all meiner bürgerlichen Rechte beraubt habt. Wennihr also nun nicht gesagt habt: »Auch dieser ist ein Sohnunseres Landes.«, in Übereinstimmung mit welchemPrinzip oder Gesetz habt ihr dann unter diesem armenVolk gegen ihren Willen diese Prinzipien, welche die Frei-heit zerstören, jemandem wie mir auferlegt, der doch füreuch in jeder Hinsicht ein Ausländer ist? Seit dem Welt-krieg habt ihr all diese Heldentaten, deren Vollbringer die-se Person war und die von dem kommandierenden Ge-neral bestätigt worden sind, für nichts erachtet und seinenselbstlosen, opferwilligen Kampf im Dienste des Vaterlan-des als ein Verbrechen betrachtet. Danach habt ihr all sei-ne ernsthaften und wirklich erfolgreichen Bemühungen,die guten Sitten dieses armen Volkes zu wahren und seinGlück in dieser und der künftigen Welt sicherzustellen, fürVerrat erklärt. Danach habt ihr jemanden, der eure unge-rechte, gefährliche, willkürliche Art, die doch so vollkom-men sinnlos ist und die aus eurem Unglauben und eurerfränkischen (= westlichen) Gesinnung erwächst, für sichselbst nicht akzeptiert, dennoch zu acht Jahren (Haft) ver-urteilt (aus welcher Strafe inzwischen achtundzwanzigJahre geworden sind). Dabei blieb das Strafurteil selbststets das gleiche. Ich habe diese Vollstreckung niemalsangenommen. Dennoch habt ihr diese Bestrafung ganzeinfach durchgeführt. Welches ist aber nun das Prinzip,nachdem ihr eine Verurteilung auf diese Weise brutal einzweites Mal vollstreckt?

Sechstens: Angesichts der Behandlung, die ihr mirhabt angedeihen lassen und euren eigenen Ansichten

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entsprechend, muss ich euch in allen Punkten widerspre-chen. Ihr opfert euren Glauben und verzichtet auf dasJenseits um des Diesseits willen. In jedem Fall sind auchwir, was nun uns und was dabei eure Ansichten betrifft,wenn es um das Geheimnis der Gegensätze geht, weil janun einmal ein Gegensatz zwischen uns besteht, dazubereit, das Diesseits um unseres Glaubens willen und fürdas Jenseits jederzeit zum Opfer zu bringen. Zwei, dreiJahre eines Lebens unter eurer despotischen und bruta-len Herrschaft im Elend aufzuopfern, um so ein geheilig-tes Martyrium für uns zu gewinnen, gilt uns gleich demWasser aus der Quelle des Kauthar. Jedoch gestützt aufdie Segnungen des Weisen Qur’an und seine Hinweisebringe ich euch, damit ihr zittern sollt, diese folgende zu-verlässige Nachricht:

Nachdem ihr mich getötet habt, werdet auch ihr nichtmehr weiter leben können! Ihr werdet von einer unbe-siegbaren (Qahhar) Hand aus dieser Welt, die euer Para-dies und eure Geliebte ist, vertrieben und sehr schnell indie ewige Finsternis geworfen werden! Hinter mir werdenauch eure, einem Nimrod gleichenden Anführer sehrschnell zu Grunde gehen und zu mir geschickt werden.Dann werde auch ich sie in der Gegenwart Gottes amKragen packen. Und während die Göttliche Gerechtigkeitsie ganz hinab in den aller tiefsten Abgrund (esfela safi-lin) schleudert, werde ich meine Rache nehmen!

Oh ihr elenden Schufte, die ihr euren Glauben und dasJenseits um dieser Welt willen verkauft! Wenn ihr weiterleben wollt, so fasst mich nicht an!… Wenn ihr mich an-fasst, so wisset, dass man für mich hundertfältig an euchRache nehmen wird; und zittert davor!… Dabei erhoffeich von der Göttlichen Barmherzigkeit, dass mein Toddem Glauben mehr dienen wird als mein Leben. Mein Todwird über euren Köpfen wie eine Bombe explodieren under wird eure Köpfe zerschmettern! Fasst mich nur an,wenn ihr den Mut dazu habt!… Wenn ihr etwas zu tunhabt, werdet ihr auch etwas zu erleben haben!… Ich wer-

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de entgegen all euren Drohungen diese Ayah euch mitganzer Kraft ins Gesicht lesen:

»Zu ihnen haben die Menschen gesagt: ›Die Menschen haben sichgegen euch versammelt. Also fürchtet euch vor ihnen.‹ Doch das hatihren Glauben nur noch gestärkt und so sagten sie: ›Es genügt uns Gottund Er ist unser bester Anwalt.‹« (Sure 3, 173)

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Siebentes Kapitel

Die Sieben Hinweise

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »So glaubtdenn an Gott und seinen Gesandten, den ungelehrten Propheten, deran Gott und Sein Wort glaubt. Folgt ihm, damit ihr recht geleitet seinmögt.« (Sure 7, 158) »Sie möchten das Licht Gottes mit ihrem Mundeausblasen. Doch Gott besteht darauf, sein Licht zu vollenden, auchwenn es den Ungläubigen zuwider ist.« (Sure 9, 32)

Diese sieben Hinweise sind die Antwort aufdrei Fragen. Die Erste Fragestellung bestehtaus vier Hinweisen.

Erster Hinweis: Die Begeisterung und die Argumentederer, welche die Kennzeichen des Islam verändern wol-len, entstammen wieder einmal, wie alle diese üblen Din-ge, aus der unbesehen blinden Nachahmung der Auslän-der. Sie sagen nämlich:

»Ausländer, die in London zur Rechtleitung gelangt sindund den Glauben angenommen haben, übersetzen in ih-rem Lande viele Dinge, wie den Ruf zum Gebet, undübertragen sie in ihre eigene Sprache. Und die islamischeWelt schweigt dazu und widerspricht dem nicht. Das aber

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heißt, dass es eine gesetzliche Erlaubnis dazu gebenmuss, weshalb man denn dazu schweigt…«

Antwort: Bei diesem Vergleich gibt es einen so offen-sichtlichen Unterschied, dass kein mit einem Bewusst-sein begabtes Wesen derartige Dinge in irgendeinerWeise miteinander vergleichen oder nachahmen könnte.Denn das Land der Ausländer wird nach islamischer Ter-minologie als »offenes Land« (Daru-l’harb) deklariert. Ineinem solch »offenen Land« können viele Dinge erlaubtsein, die in einem »befriedeten Land« (Daru-s’Selam) un-gesetzlich sind.

Darüber hinaus sind die fränkischen Lande der Herr-schaftsbereich der allerchristlichsten Majestäten. Da diesnicht die Umgebung ist, in der der Geist des Gesetzesund die heilige Sprache ganz allgemein in wortloserWeise (lisan-i hal) zum Ausdruck gebracht, übermittelt,spürbar gemacht werden kann, musste man notwendi-gerweise die heilige Bedeutung den heiligen Worten vor-ziehen. Um dieser Bedeutung willen hat man schließlichauf die Worte verzichtet. So hat man denn das kleinereÜbel gewählt. Handelt es sich aber statt dessen um einDaru-l’Islam, so unterweist allein schon die Umgebungdie Leute des Islam auf nonverbale Weise in der sinnge-mäßen Zusammenfassung der heiligen Worte. Die isla-mische Tradition und die islamische Geschichte, alle isla-mischen Kennzeichen und die Gespräche der Leute desIslam über die Grundpfeiler des Islam lehren die Leutedes Glaubens ständig die kurz zusammengefasste Be-deutung der heiligen Worte. In diesem Lande sind nebenden Moscheen und Medressen selbst noch die Grabstei-ne in den Friedhöfen gleich Lehrern, die diese heiligen In-halte den Leuten des Glaubens einprägen und sie in Er-innerung rufen. Fällt denn etwa ein Mann, der sich selbsteinen Muslim nennt und um irgendeines irdischen Vorteilswillen, wenn er täglich fünfzig Worte irgendeiner fränki-schen Sprache auswendig lernt, dabei aber solch heiligeWorte wie »Gepriesen sei Gott!«, »Dank sei Gott!«, »Es

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gibt keine Gottheit außer Gott.« und »Gott ist groß.«, diein fünfzig Jahren täglich fünfzigmal wiederholt werden,nicht lernt und ihre Bedeutung nicht kennt, nicht fünfzig-mal tiefer als ein Tier? Diese Heiligen Worte können nichtfür derartige Tiere übersetzt, verfälscht und (aus dem is-lamischen Wortschatz) gestrichen werden! Sie umzuwan-deln und auszustreichen hieße alle Gräber einzuebnenund die Bewohner dieser Gräber, die ob einer solchenBeleidigung zittern, gegen sich aufzubringen.

Die schlechten religiösen Führer, die durch die Leutedes Unglaubens verführt worden sind, sagen nun, um dasVolk zu täuschen, dass Imam A’dham im Gegensatz zuallen anderen Imamen gesagt hat: »Wenn in entferntenLanden die Not es erforderlich macht, ist es für diejeni-gen, die des Arabischen nicht mächtig sind, keineswegsverboten, an Stelle dessen die Suratu-l’Fatiha auch inpersischer Übersetzung zu rezitieren.« Wenn das aber soist, dürfen denn dann nicht auch wir, wenn wir doch auchin Not sind, auf Türkisch beten?…

Antwort: Gegen diese Fetwa des Imam-i A’dham ha-ben die bedeutendsten der führenden Autoritäten, wieauch die zwölf leitenden Imame (der vier Rechtsschulen)eine Fetwa erlassen. Die große Straße der IslamischenWelt ist die Straße all dieser Imame. Die islamische Ge-meinde (umma) in ihrer großen Masse bewegt sich aufdieser Großen Straße. Solche, die sie durch eine andere,besondere, enge Straße leiten wollen, führen sie in die Ir-re. Diese Fetwa von Imam-i A’dham ist in fünffacher Hin-sicht etwas besonderes:

Erstens: sie betrifft diejenigen, die weit entfernt von ei-nem islamischen Zentrum leben.

Zweitens: es handelt sich um eine echte NotlageDrittens: (diese Fetwa) gilt nur für eine Übersetzung

ins Persische, was nach einer Überlieferung zu den Spra-chen der Leute des Paradieses gezählt wird.

Viertens: Diese Ausnahmeregelung wurde ausschließ-

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lich für die Suratu-l’Fatiha erteilt, damit diejenigen, welchedie Suratu-l’Fatiha nicht können, nicht deswegen das Ge-bet unterlassen.

Fünftens: Eine solche Ausnahmegenehmigung wurdeerteilt, um damit einer Begeisterung für den Islam zu ent-sprechen, welche aus der Kraft des Glaubens erwächst,sodass die heilige Bedeutung auch von den einfachenLeuten verstanden werden konnte. Jedoch das arabischeOriginal aufzugeben für eine bloße Übersetzung, aus ei-ner gewissen Glaubensschwäche heraus, gepaart mit na-tionalistischen Gedanken und einem Hass auf die arabi-sche Sprache, getrieben von einem destruktiven Bedürf-nis, heißt andere zur Aufgabe des Glaubens zu veranlas-sen!…

Zweiter Hinweis: Die Leute einer ketzerischen Erneu-erung (bid’a), welche die Kennzeichen des Islam verän-dern möchten, wollten zunächst von ihren schlechten Ge-lehrten eine Fetwa erhalten. Sodann haben sie obige Fet-wa vorgezeigt, deren Besonderheiten, wir bereits in fünf-facher Hinsicht aufgezeigt haben. Zweitens: Die Leuteder ketzerischen Erneuerung (bid’a) übernahmen nunvon den ausländischen Reformatoren folgende unglück-selige Idee: Unzufrieden mit der Katholischen Kirche ver-suchten die Reformatoren (Martin Luther 1517 – A.d.Ü.)eine christliche Erneuerung. Für die Katholische Kirchewaren die Reformatoren Ketzer, ähnlich den Mutesiliten.Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1648) erhielten die Län-der der Reformation ihre Eigenständigkeit. Die Französi-sche Revolution (1789) zerstörte den Kirchenstaat undberaubte die Katholische Kirche ihrer Machtposition. Nunsagen aber heute diese Pseudopatrioten hier, die nurblindlings nachahmen: »Da es nun einmal in der Katholi-schen Kirche Männer mit Ketzerischen Ideen gegebenhat, aus denen sich dann die Kirchen der Reformationentwickelt haben, die sich nun heute um Verständnis für-einander bemühen, warum sollte es dann nicht auch imIslam eine solche Art Reformation geben?«…

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Antwort: Bei diesem Vergleich ist der Unterschied ver-gleichsweise größer als im »Ersten Zeichen«. Denn in derReligion Jesu wurden nur die Fundamente des Glaubensvon Jesus, mit dem der Friede sei, übernommen. Diemeisten Grundsätze des sozialen Lebens und die Aus-führungsbestimmungen zum Gesetz wurden von seinenJüngern und Aposteln und den Kirchenvätern geformt.Der größte Teil wurde aus den vorausgegangenen Heili-gen Schriften (Taurat, Zebur) entnommen. Da Jesus, mitdem Friede sei, kein weltlicher Herrscher und kein Sultanwar und auch nicht die Quelle eines allgemeinen Gesell-schaftsrechts, wurden die Fundamente seines Glaubensmit Gewändern allgemeiner Gesetze und des bürger-lichen Rechts von außen umkleidet, wodurch sie ver-schiedene Formen annahmen und nun als das GesetzChristi bezeichnet werden. Ändert man diese Form undwechselt man die Kleider, so bleibt doch das Fundamentdes Glaubens Jesu, mit dem der Friede sei, weiter erhal-ten. Und so verleugnet (wer sich zu ihm bekennt) HasretIsa, mit dem der Friede sei, nicht und widerspricht ihmauch nicht.

Denn da der Stolz der Welt, mit dem Friede und Segensei, der der König beider Welten, der Herr des islami-schen Glaubens und Gesetzes ist, und seine Herrschaftden Osten und den Westen, Andalusien und Indien um-fasst, zeigte er die Grundsätze des islamischen Glaubensund brachte die Bestimmungen zur Durchführung diesesGlaubens, was selbst noch die allerkleinsten Formen desVerhaltens mit einschließt. Er selbst lehrte sie und befahlsie zugleich. Das heißt: auch die Bestimmungen zu sei-ner Durchführung gleichen nicht etwa einem Gewand,das man auswechseln kann, wobei dann der ursprüngli-che Glaube noch erhalten bleibt. Vielmehr bilden sie zu-sammen den Leib für die Fundamente des Glaubens oderdoch wenigstens deren Haut. Vereinigt und ineinanderverwoben kann man sie unmöglich voneinander trennen.Sie voneinander zu trennen, verursacht unmittelbar den

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Herrn des Gesetzes zu verleugnen oder ihm zu wider-sprechen.

Was die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechts-schulen betrifft, so erwachsen sie aus dem unterschied-lichen Verständnis der theoretischen Grundsätze, die derHerr des Gesetzes (Scharia) unterwiesen hat. Was aberdie Prinzipien betrifft, die als unentbehrlich für den Glau-ben betrachtet und nicht mehr verändert werden können,so gelten sie als unverrückbar und sind keiner weiterenAuslegung zugänglich. Wer sie verändert, zieht sich ausdem Glaubensleben zurück und wechselt hinüber in einLeben entsprechend der Hadith:

»Sie verwerfen denn Glauben wie der Pfeil von der Sehne schwirrt.«

Die Leute der ketzerischen Erneuerung (bid’a) und derGottlosigkeit haben sich eine Ausrede zurechtgelegt, in-dem sie sagen: »Die französische Revolution war derAuslöser für eine Reihe von Ereignissen in der Geschich-te der Menschheit und durch sie erfolgte ein Angriff aufdie Priester, Bischöfe und Mönche der Katholischen Kir-che, die ihre Kirche war und nun ihre Autorität verlor. Daswurde dann später von vielen gutgeheißen. Und dannerst nahm bei den Franken (also in der westlichen Welt)der Fortschritt seinen Lauf.

Antwort: Auch bei diesem Vergleich ist genauso wiebei den vorigen Vergleichen der Unterschied offensicht-lich: Denn in Frankreich lagen schon seit langem alleMittel der Herrschaft, ja der Unterdrückung in Händen desAdels und der Herrschenden christlichen Glaubens, unddas waren (in Frankreich) die Katholiken, und es war derAdel, der auf diese Weise seinen Einfluss über das einfa-che Volk ausbreitete. Und da sie alle Mittel der Unterdrü-ckung patriotischer Gesinnung und derer, die im einfa-chen Volk aufgeklärt waren, der Freidenker und derer, dieim Revolutionsrat saßen und den Adel und die Despoten

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angriffen, in Händen hielten, hatte es jahrhundertelangerUnruhen und Kämpfe bedurft, um schließlich die alte so-ziale Ordnung über Bord zu werfen. So glomm denn einGefühl tiefster Kränkung und Beleidigung unter dem ein-fachen Volk und seinen Denkern und mündete in denoben erwähnten historischen Ereignissen.

Es hat jedoch niemand unter den armen, bedauerns-werten Menschen und ihren Denkern das Recht, sichüber die Religion Mohammeds mit dem Friede und Segensei, den Islam und sein Gesetz (Scharia) zu beschweren.Denn es verletzt sie nicht, sondern beschützt sie. Die is-lamische Geschichte liegt dafür allen offen. Von ein oderzwei Ereignissen abgesehen hat es im Islam kaum jemalseinen innerislamischen Religionskrieg gegeben. Wohin-gegen sich die katholischen Länder und die Länder derReformation ständig bekriegten.

Des Weiteren war der Islam schon immer der Zu-fluchtsort der einfachen Leute mehr denn als der der hö-heren Kreise. Durch die Verpflichtung zum Sekat und dasVerbot von Zins und Wucher hat er die Oberschicht nichtzu Diktatoren der einfachen Leute werden lassen, son-dern in gewisser Weise zu deren Dienern. So heißt es:

»Der Herr eines Volkes ist sein Diener.« »Der beste unter den Men-schen ist der ihnen am hilfreichsten ist.«

Des Weiteren heißt es mit den Worten des Weisen Qur’an:

»Haben sie denn keinen Verstand.« (Sure 2, 44) »Warum achtet ihrnicht darauf?« (Sure 4, 82) »Warum denken sie nicht nach?« (Sure 6,50)

und fordert so den Verstand mit heiligen Hinweisen zumZeugen auf, verwarnt uns, wendet sich an unser Urteils-vermögen und regt zu Untersuchungen an. Dadurch gibt

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er den Leuten der Wissenschaft und den Leuten von Ver-stand eine besondere Stellung (makam) im Glauben undeine eigene Bedeutung. Er lehnt nicht wie die (alten)christlichen Kirchen den Verstand ab, bringt seine Wis-senschaftler nicht zum Schweigen und fordert von ihnenkeine blinde Nachahmung.

Da sich nun Christentum und Islam in ihrer heutigenForm grundsätzlich von einander unterscheiden und invielfacher Hinsicht ihre eigenen Wege gehen, nicht soaber das wahre Christentum, ergeben sich daraus dieoben erwähnten Unterschiede. Der entscheidende Punktaber ist:

Islam ist die wahre Religion der göttlichen Einheit (Tau-hid), weshalb er Mittler und Ursachen (neben oder außerGott) verwirft. Er zerbricht den Egoismus und errichtet (anseiner Statt) einen reinen Dienst und eine aufrechte An-betung (ubudiyet). Er zerstört (jegliche Herrschaft) ange-fangen von der (ganz offensichtlichen) Herrschaft derSeele (nefs) bis hin zu (einer noch so versteckten) Herr-schaft und weist sie zurück. Es ist aus diesem Grund,dass ein großer Mensch in gehobener Stellung, wenn erden Glauben vollständig annehmen möchte, unbedingtseinen Egoismus aufgeben muss. Wer von seinem Ego-ismus nicht ablassen kann, der wird von seiner Glau-benskraft und zum Teil von seinem Glauben selbst ablas-sen.

Was nun das Christentum heutzutage betrifft, soschreibt es den Mittlern und Ursachen eine tatsächlicheWirkung zu, nachdem es einmal das Dogma von derSohnschaft Gottes angenommen hat. Es kann den Ego-ismus nicht im Namen des Glaubens brechen. Vielmehrverleiht es dem Egoismus eine Heiligkeit, indem (derPapst als Gottes) geheiligter Stellvertreter von Hasret Isa,mit dem der Friede sei, genannt wird. Aus diesem Grun-de können christliche Honoratioren in dieser Welt diehöchsten Posten einnehmen und dennoch religiös sein.Ja es gibt in der Tat viele wie den früheren amerikani-

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schen Präsidenten Wilson und den ehemaligen britischenPremierminister Lord George, die genauso fanatisch wa-ren wie ihre Priester. Wer als Muslim zu einer derartigenStellung aufsteigt, der bleibt selten derart gläubig undstandhaft, denn sie können ihren Stolz und ihren Ego-ismus nicht aufgeben. Was aber wahre Gottesfurcht be-trifft, so lässt sie sich nicht mit Stolz und Selbstgefälligkeitkombinieren.

So wie denn in der Tat der Fanatismus des christlichenAdels und die Kraftlosigkeit der muslimischen Ober-schicht einen bedeutenden Unterschied aufweisen, sozeigt die Tatsache, dass (die heutigen) Philosophen im(ehemals) Christlichen Abendland dem Glauben gleich-gültig oder ablehnend gegenüber stehen, während dieüberwiegende Mehrheit der aus dem Islam hervorgegan-genen Denker ihr philosophisches (Lehrgebäude) auf denFundamenten des Islam aufgebaut haben, wiederum ei-nen solchen bedeutenden Unterschied.

Des Weiteren können gewöhnliche Christen, die insGefängnis geraten oder sonst ein Unglück gestürzt sind,von ihrer Religion im Allgemeinen kaum Hilfe erwarten.Früher verloren die meisten von ihnen ihren Glauben. Jasogar die gottlosen Jakobiner, diese durch die Geschich-te berühmt gewordenen Aufständischen der Französi-schen Revolution, gehörten zu diesen vom Unglück ver-folgten einfachen Leuten. Was jedoch den Islam betrifft,so erwartet die übergroße Mehrheit von denen, die insGefängnis geraten oder sonst ein Unglück gestürzt sind,Hilfe aus ihrem Glauben und werden religiös. Auch dieseSituation zeigt wiederum einen bedeutenden Unterschiedauf.

Dritter Hinweis: Die Leute der ketzerischen Erneue-rung (bid’a) sagen: Dieser religiöse Fanatismus hat unsrückschrittlich gemacht. Um in dieser unserer Zeit lebenzu können, muss man diesen Fanatismus aufgeben. IstEuropa nicht ein fortschrittliches (Land) geworden, nach-dem es seinen Fanatismus aufgegeben hat?

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Antwort: Ihr irrt euch und man hat euch getäuscht! Oderihr täuscht euch deshalb, weil Europa am Glauben fest-hält. Sage doch einmal einem ganz gewöhnlichen Bulga-ren oder einem englischen Soldaten oder irgendeinemdahergelaufenen Franzosen: »Setze einen Turban aufoder ich werde dich ins Gefängnis werfen!«, und seineBindung an den (christlichen) Glauben wird ihn zu derAntwort zwingen: »Nicht das Gefängnis, ja noch nichteinmal der Tod kann mich dazu veranlassen, meinenGlauben und mein Volk zu verraten!«. (Eine Anspielungauf die damaligen Bekleidungsvorschriften in der Türkei.– A.d.Ü.)

Darüber hinaus bezeugt die Geschichte, dass wann im-mer die islamischen Völker an ihrem Glauben festhielten,sie auch in ihrer Stärke vorangeschritten sind. Und wannimmer sie ihn in ihrer Schwäche vernachlässigt haben,hat es (eine Periode des) Verfalls gegeben. Im Christen-tum ist aber das Gegenteil der Fall. Auch das erwächstaus einem fundamentalen Unterschied.

Des Weiteren lässt sich der Islam nicht mit anderen Re-ligionen vergleichen. Wenn ein Muslim den Islam aufgibtund seinen Glauben vernachlässigt, so kann er keinenanderen Propheten mehr anerkennen, ja noch nicht ein-mal (die Existenz) eines allmächtigen Gottes annehmen,und vielleicht ist ihm danach gar nichts mehr heilig. Javielleicht ist ihm noch nicht einmal mehr sein Gewissendie Quelle eigener Vollkommenheit und so verdirbt esdenn auch. Deswegen hat in den Augen des Islam auchder sich offen für ungläubig erklärt ein Recht auf sein Le-ben. Ist er im Ausland und schließt er Frieden, oder aberist er im Inland und bezahlt seine Steuer (djizye), so istauch sein Leben nach islamischem (Recht) geschützt.Nur der Apostat hat kein Recht auf sein Leben, denn seinGewissen ist bereits verdorben und wird so zu Gift für dasgesellschaftliche Leben. Dementgegen kann ein Christauch dann noch für ein soziales Gemeinschaftslebennützlich bleiben, nachdem er seinen Glauben bereits ver-

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loren hat. Es können für ihn (auch weiterhin) einige Din-ge heilig sein. Er kann an einige (Persönlichkeiten als)Propheten glauben. Er kann auf seine Weise (dieExistenz) eines allmächtigen Gottes bestätigen.

Ich möchte gerne wissen, welchen Vorteil diese Leuteketzerischer Erneuerung (bid’a), oder genauer gesagt:Gottlosigkeit von ihrer Glaubenslosigkeit haben?… Wennsie dabei an Regierung und öffentliche Ordnung denken,so ist es noch schwieriger zehn glaubenslose Anarchistenzu regieren, die keinen Gott kennen und ihrer Bosheit zuwehren, als tausend Leute des Glaubens zu regieren.Wenn sie an Fortschritt denken, so sind religionsloseLeute wie diese ein Hindernis für den Fortschritt, genau-so wie sie zum Schaden sind für Regierung und Verwal-tung. Sie zerstören die Sicherheit und die öffentliche Ord-nung, welche die Grundlage für Fortschritt und Handelsind. In Wahrheit richten sie viel Schaden an durch dieGesinnung, die sie zum Ausdruck bringen. In dieser Weltist der größte Dummkopf der, der Fortschritt und Glück imLeben von solchen glaubenslosen Anarchisten wie die-sen erwartet. Einer dieser Toren, der eine hohe Positionbesetzt hatte, sagte: »Wir sagten immer nur Allah, Allahund sind dabei rückständig geblieben. Europa aber sagteimmerzu: Kanonen und Gewehre, und schreitet dabeistets voran.«

Nach dem Grundsatz: »Die Antwort für einen Toren istSchweigen.« ist die Antwort für solche (Leute) dasSchweigen. Da aber hinter einigen unter diesen Torenauch einige recht kluge, aber bedauernswerte (Men-schen) finden, wollen wir sagen:

Oh ihr Hilflosen! Diese Welt ist ein Gasthaus. Jeden Tagunterzeichnen dreißigtausend Zeugen mit ihren Leichna-men das Urteil: »Der Tod ist wahr.« und legen für dieseBehauptung Zeugnis ab. Könnt ihr den Tod töten? Könntihr diesen Zeugen widersprechen?… Da ihr es nichtkönnt, lässt der Tod die Menschen »Allah! Allah!« sagen.Welches eurer Gewehre und Kanonen kann auf dem

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zu wollen, ist eine törichte, destruktive und ketzerischeUnternehmung.

Zu der zweiten Gruppe von Nationalisten sagen wir: Ohihr betrunkenen Pseudopatrioten! Vielleicht hätte ja dasvergangene Jahrhundert ein solches Jahrhundert desNationalismus sein können. Doch dieses Jahrhundert istkein Jahrhundert des Rassismus. Der Bolschewismusund der Sozialismus überlagern alle Dinge und zerbre-chen den rassistischen Gedanken. Das Jahrhundert desRassismus geht vorüber… Ein ewiger und beständiger Is-lamnationalismus kann nicht an einen vorübergehenden,schwankenden Rassismus gebunden oder in ihn einge-pflanzt werden. Auch könnte man ihn einpflanzen, so wür-de er doch, so wie er das islamische Volk verdürbe, auchden rassistischen Nationalismus nicht verbessern, ihmnicht zu seinem Fortbestand verhelfen… Und wenn aucheine solche vorübergehende Okulierung Freude bringenund eine vorübergehende Stärke zeigen könnte, so wäresie doch nur sehr kurzlebig und ihre Folgen gefährlich.

Des Weiteren würde im türkischen Volk eine derartigeSpaltung aufbrechen, dass sie in Ewigkeit nicht wiedergeheilt werden könnte. Dann aber wird die Stärke desVolkes zunichte werden, da die Macht der Einen dieMacht der anderen brechen würde. Befänden sich zweiBerge in zwei Waagschalen einander gegenüber, sokönnte ein Gewicht von einem Batman (etwa 8 kg) mitdiesen beiden Gewichten spielen, das eine heben unddas andere senken.

Fünfter Hinweis: Eine ganz kurze Antwort auf einewichtige Frage.

Frage: Es gibt zahlreiche authentische Berichte überdas Erscheinen des Mehdi, wie er einer zugrunde gehen-den Welt am Ende der Zeiten Heilung bringen wird. Je-doch ist unsere gegenwärtige Zeit eine Zeit der Gemein-schaft und nicht die Zeit einer einzelnen Person. Wie ge-nial nun immer eine Persönlichkeit sein mag, selbst wenn

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sie den Grad von hundert Genien hätte, so wird sie vonder geistigen Körperschaft besiegt werden, die sich ihrentgegenstellt, wäre sie nicht der Vertreter einer Gemein-schaft, der Repräsentant einer geistigen Körperschaft.Wie sollte er in dieser Zeit, unabhängig davon, wie großund erhaben auch die Macht seiner Heiligkeit sein möge,eine Welt verbessern können, wenn die menschliche Ge-sellschaft in einem so gewaltigen Ausmaß verdorbenist?… Selbst wenn alle Werke dieses Mehdi wahre Wun-dertaten sein sollten, so wären sie doch der göttlichenWeisheit und den Gesetzen der göttlichen Gewohnheitentgegengesetzt. Wir möchten gerne das Geheimnis hin-ter dieser Frage nach dem Mehdi verstehen.

Antwort: Gott der Gerechte in Seiner vollkommenenBarmherzigkeit hat immer dann, wenn die islamische Ge-meinschaft ins Verderben zu geraten drohte, einen Re-formator, einen Erneuerer, einen Exegeten, einen ehren-werten Kalifen, einen gewaltigen Pol (qutub), einen voll-kommenen Lehrer (Murshid) gesandt, oder andere, ge-segnete Persönlichkeiten, die einem Mehdi gleichen, alsein Zeichen dafür, dass Er das islamische Gesetz (Scha-ria) in Ewigkeit beschirmen wird. Sie haben das Verder-ben bereinigt, das Volk wieder auf den rechten Weg ge-führt und die Religion Ahmeds, mit dem Friede und Segensei, bewahrt. Da nun einmal Seine Gewohnheit in dieserWeise verläuft, wird Er mit Sicherheit in der Zeit des größ-ten Verderbens am Ende der Zeiten eine lichtvolle Per-sönlichkeit senden, die sowohl der größte Exeget der Ge-setze, der größte Erneuerer, ein Herrscher (Hakim) undein Mehdi sein wird, als einen Lehrer (Murshid) und ge-waltigen Pol (qutub). Diese Persönlichkeit wird aus demHause des Propheten kommen. So wie Gott der Gerech-te, die Welt zwischen Himmel und Erde mit Wolken fülltund leert und in einem Augenblick den Sturm auf demMeere stillt und in einer Stunde im Frühling ein Muster-beispiel für den Sommer, und im Sommer in einer Stundeeinen Wintersturm hervorbringt, so kann auch der All-

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mächtige in Seiner Majestät durch den Mehdi die Finster-nis der islamischen Welt zerstreuen. Dies hat Er verspro-chen. Was Er versprochen hat, wird Er mit Sicherheitauch halten.

Vom Standpunkt der göttlichen Macht aus betrachtet,ist das sehr leicht. Betrachtet man aber (dies alles) ausdem Blickwinkel der Ursachen und der Weisheit desHerrn, so ist es wiederum genauso verständlich und so-gar notwendig, dass Denker gefolgert haben, dass selbstdann, wenn dies alles nicht von einem wahren Be-richterstatter überliefert worden wäre, es dennoch so ge-schehen muss. Und so wird es sein. Es ist dies wie folgt:

»Oh Gott segne unseren Herrn Mohammed und die Familie unsresHerrn Mohammed, so wie Du Abraham und die Familie Abrahamsgesegnet hast in allen Welten. Denn Du bis allen Lobes und Ruhmeswürdig.«

Dies ist das Gebet (dua), das täglich fünfmal, das heißtbei allen Gebeten (namaz) von allen islamischen Ge-meinschaften wiederholt und (von Gott) offensichtlich an-genommen wird. Denn so wie die Familie Abrahams, mitdem der Friede sei, hat auch die Familie Mohammeds,mit dem Friede und Segen sei, eine solche Bedeutung er-langt, dass (eine Schar) lichtvoller Persönlichkeiten beiallen Versammlungen an allen Orten und in allen Jahr-hunderten als Kommandanten an der Spitze aller geseg-neten Ketten (= die Silsilah der Meister aller islamischenOrden) dienen.*

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* Seyyid Ahmed asSunusi, um auch nur einen von ihnen zu nen-nen, war Kommandant von Millionen von Schülern (Murids).Auch Seyyid Idris war ein anderer von ihnen, der mehr als hun-derttausend Muslime befehligte. Wieder ein anderer Seyyed,der Seyyed Yahya, kommandierte einige hunderttausend Mann,

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Sie sind so zahlreich, dass alle diese Kommandanten ins-gesamt ein gewaltig großes Heer bilden. (Könnten sie al-le zusammen kommen und) leibliche Gestalt annehmen,sich solidarisch erklären und zu einer Division formieren,und würden sie dann im islamischen Glauben, in Einheit(rabita) verbunden, eine heilige Nation erwecken: die Ar-mee keiner anderen Nation könnte ihr widerstehen!… Soist denn dies die zahlreiche und mächtige Armee der Fa-milie Mohammeds, mit dem der Friede und Segen sei,und das erlesenste Heer von Hasret Mehdi.

Es gibt heute in der Welt in der Tat keine Familie, diesich durch solch eine große Ehre, ein so hohes Ansehenund solchen Adel auszeichnet, wie es vorzüglicher eineGeneration nicht gibt, die in ungebrochener Folge und be-stens beurkundeter Abstammung so bedeutend undmächtig ist, wie die Linie der Seyyeds aus der Familie desPropheten. Seit alten Zeiten sind sie es, die an der Spit-ze aller Gruppen von Leuten der Wahrheit standen unddie angesehensten Führer aller Leute der Vollkommen-heit waren. Heutzutage sind sie eine ganze gesegneteGeneration, die in ihrer Anzahl bereits die Millionengren-ze überschreitet. Mit wachen Sinnen und das Herz volldes Glaubens und der Liebe zu dem Propheten sind siees, die es weltweit wert sind, durch ihre ehrenwerte Zu-gehörigkeit hochgeschätzt zu werden. Gewaltige Dingewerden sich ereignen, welche eine solche heilige Machtin dieser gewaltigen Gemeinde wachrufen und sie begei-stern werden… Sicherlich wird die hohe Begeisterung,die in dieser gewaltigen Kraft zum Ausdruck kommt, (sichzu einer gewaltigen Bewegung) emporschwingen; dannwird Hasret Mehdi kommen, sie zu leiten und sie auf den

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usw. So wie es unter den Angehörigen des Stammes der Sey-yed viele offensichtliche Helden gab, so gab es unter diesenHelden auch solche Helden des Geistes, wie Seyyed Abdu-l’-Qadir Gilani, Seyyed Abu-l’Hasan esch-Schaseli und SeyyedAhmed Bedewi.

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Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit führen. Entspre-chend der Gewohnheit Gottes und von seiner göttlichenBarmherzigkeit erwarten wir, dass dies so geschehenwird, dass dies so sein wird, so wie nach diesem Winterder Frühling kommen wird; und wir tun recht daran, dieszu erwarten…

Sechster Hinweis: Die erleuchtete Gemeinschaft desMehdi wird die ketzerische, durch Sufians Komitee ver-dorbene Verfassung wiederherstellen, die anerkannteTradition (Sünnet-i seniye) wieder beleben; das heißt, siewird Sufians Komitee, das sich darum bemüht, das mo-hammedanische Gesetz (Sheriat-i Ahmediye) zu zerstö-ren, indem es Mohammeds Prophetenamt in der islami-schen Welt leugnet, mit dem wundertätigen Schwert desGeistes in der Hand der Gemeinschaft des Hasret Mehdirichten und zerschlagen.

Außerdem wird eine Gemeinschaft unter der Bezeich-nung einer zu Opfer und Verteidigung bereiten christ-lichen Gemeinde und würdig des Titels »MuslimischeChristen«, die sich darum bemüht, die wahre Lehre JesuChristi mit der Lehre des Islam in Übereinstimmung zubringen, Deddjals Komitee, das die Kultur und alles, wasden Menschen heilig ist, zu Grunde gerichtet hat, in derAbsicht, Gott unter den Menschen zu verleugnen, unterder Führung von Hasret Isa, mit dem der Friede sei, rich-ten und zerschlagen und so die Menschheit vor der Ver-leugnung Gottes retten.

Dieses Geheimnis zu erklären ist sehr langwierig. Daich es aber an anderen Stellen schon ein wenig be-schrieben habe, begnüge ich mich hier mit diesem kurzenHinweis.

Siebenter Hinweis: Frage: Sie sagen: »Deine Vertei-digung und dein Kampf für den Islam, so wie du ihn in al-ten Zeiten geführt hast, entspricht nicht deiner heutigenArt und Weise. Du verhältst dich auch nicht in der Weisewie die Denker, die den Islam gegenüber Europa vertei-

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digen. Warum hast du die Methoden des Alten Said ver-ändert? Warum verhältst du dich nicht in der Art der geis-tigen Kämpfer für den Islam?

Antwort: Der Alte Said und einige Denker akzeptierteneinige Grundsätze menschlicher (= weltlicher) Philoso-phie und europäischer Weisheit und stellten sich ihnenmit deren eigenen Waffen entgegen. Sie akzeptierten sieteilweise. Sie blieben einigen ihrer Grundsätze in Formder positiven (Natur)wissenschaften unerschütterlich treuund konnten daher den wahren Wert des Islam nicht auf-zeigen. Es war ganz einfach so, als wollten sie die Zwei-ge ihrer Weisheit (und Wissenschaft), deren Wurzeln siefür sehr tief hielten, in den (Baum des) Islam einpflanzen,als wollten sie ihn damit stärken. Da aber diese Methodenur wenige Siege erbrachte und den Wert des Islam ingewisser Weise verminderte, gab ich diesen Weg (mes-lek) wieder auf. Und ich habe in der Tat nachgewiesen,dass die Grundsätze des Islam so tief hinunter führen,dass selbst die tiefsten Grundsätze der (westlichen) Phi-losophie sie nicht erreichen können, vielmehr an derOberfläche bleiben. Das Dreißigste Wort, der Vierund-zwanzigste Brief und auch das Neunundzwanzigste Worthaben diese Tatsache anhand von Zeugnissen bewiesen.Auf dem alten Weg galt Philosophie als tiefschürfend unddie Grundsätze des Islam als nur oberflächlich. Mandachte, dass der Islam durch eine Okulierung mit denZweigen der Philosophie überdauern und überleben wer-de. Was sind aber in Wirklichkeit die Grundsätze (west-licher) Philosophie, dass sie die (des Islam) erreichenkönnten!..

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»Gepriesen seist Du. Wir haben kein Wissen außer dem, das Du unsgelehrt hast. Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32)»Dank sei Gott, der uns bis hierher geführt hat. Wir hätten keine Recht-leitung finden können, hätte nicht Gott selbst uns geführt. In der Tat sinddie Propheten zu uns gekommen mit der Wahrheit.« (Sure 7, 43) »OhGott segne unseren Herrn Mohammed und die Familie unsres HerrnMohammed, so wie Du Abraham und die Familie Abrahams gesegnethast in allen Welten. Denn Du bist allen Lobes und Ruhmes würdig.«

Achtes Kapitel

Die Acht Hinweise

Dieses Kapitel enthält acht kleine Abschnitte. Die Grund-lage dieser Hinweise ist die symmetrische Übereinstim-mung, welche ein wichtiges Prinzip der Zahlensymbolik,ein wichtiger Schlüssel hermeneutischen Wissens undein wichtiger Zugang zu einem Teil der tiefen Geheim-nisse des Qur’an ist. Es ist hier nicht mit eingeschlossen,weil es einmal in einer separaten Ausgabe erscheinensoll.

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Neuntes Kapitel

Neun Andeutungen

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »Siehe, fürdie Freunde Gottes gibt es weder Angst, noch werden sie traurig sein.«(Sure 10, 62)

Dieses Kapitel enthält neun Andeutungen undhandelt von den Wegen der Gottesfreund-schaft.

Erste Andeutung: Es gibt unter der Bezeichnung »Mys-tik«, »Orden«, »Gottesfreundschaft«, »Heiligkeit« und»spirituelle Reise« eine Heilige Wahrheit, die lieblich, vol-ler Licht, voller Freude und vom Geist erfüllt ist. Diese hei-lige Wahrheit wurde von den Forschern unter den Leutender meditativen Wahrnehmung und geistigen Entdeckungin Tausenden von Büchern und Bänden verkündigt, unter-wiesen und dargestellt. So haben sie diese Wahrheit derGemeinde (umma) und auch uns mitgeteilt. Möge Gottsie dafür mit allem Guten reichlich entlohnen! Und auchwir wollen unter manchen bedrängenden Umständenheutiger Zeit aus dem weiten Ozean einige Tropfen, janur ein paar Spritzer, zur Darstellung bringen.

Frage: Was ist ein Orden?

Antwort: Ziel und Zweck eines Ordens ist das Wissenum Gott und die Entfaltung der Glaubenswahrheitendurch eine innere Reise, unternommen mit den Füßen

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des Herzens und im Schatten der Himmelfahrt Moham-meds, mit dem der Friede sei, um die Wahrheiten desGlaubens und des Qur’an durch Erleuchtung, in gewis-sen Stadien und teilweise durch eigenes Zeugnis. Dies istein erhabenes Geheimnis der Menschheit und mensch-licher Vollkommenheit und wird »Orden« oder auch»Mystik« genannt.

Da der Mensch in der Tat ein umfassendes Inhaltsver-zeichnis des Universums ist, ähnelt sein Herz einer inne-ren Landkarte von Tausenden von Welten. Denn so wiedie zahllosen menschlichen Wissenschaften und Wis-sensgebiete zeigen, dass das Gehirn im menschlichenSchädel eine Art geistiges Zentrum des Universums ist,so wie ein Telefon oder Fernschreiber für unzählige Lei-tungen, so zeigen auch Millionen erleuchtender Bücher,geschrieben von unzähligen Heiligen, dass das mensch-liche Herz in seinem Kern und Wesen der Ort ist, wo sichungezählte Wahrheiten des Universums manifestieren,ihre Bedeutung und ihre Saat.

So wollte denn der Schöpfer des Herzens sicherlich, daja das menschliche Herz und Hirn in diesem Zentrum sindund die Glieder eines mächtigen Baumes in Gestalt einesSamenkorns umfassen, in dem Partikel und Bestandteileeiner ewigen, majestätischen Maschine, die dem Jenseitsangehört, eingeschlossen sind, dass das Herz aus demStadium der Möglichkeit in den der Aktualität hinüber ge-bracht werden solle, ausgearbeitet und entwickelt wedensolle und in Tätigkeit versetzt werden solle. Denn genaudas war es, was Er getan hat. Da Er dies aber so wollte,wird das Herz sicherlich genauso arbeiten wie der Geist.Und die wirkungsvollste Art, das Herz in Bewegung zuversetzen, ist die, sich auf dem Weg eines Ordens, derSprossenleiter der Heiligkeit, durch die Erinnerung anGott (dhikr) den Glaubenswahrheiten zuzuwenden.

Zweite Andeutung: Der Schlüssel und das Mittel zudieser Reise des Herzens und geistigen Voranschreitenssind das Gedenken Gottes (dhikr) und die Kontemplation.

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Die Tugenden, die daraus erwachsen, sind zu zahlreich,um sie noch zählen zu können. Neben zahllosen Gna-dengaben im Jenseits, menschlichen Vorzügen und Voll-kommenheiten, gibt es noch eine kleinere Vergünstigung,die dem Auf und Ab dieser Welt angehört und dies ist Fol-gendes: Jeder sehnt sich nach Tröstung und sucht nachVergnügungen, um mit seiner schweren Bürde in denKämpfen dieses Lebens ein klein wenig Erleichterung zufinden und aufatmen zu können. Ein jeder sucht nach einwenig Geborgenheit, um die Einsamkeit zu vertreiben.Die sozialen Veranstaltungen im bürgerlichen Leben ver-helfen zu einer Art von zeitweiliger, jedoch gottvergesse-ner, trunkener Familiarität, Vertrautheit und Geborgenheitfür ein oder zwei unter zehn Leuten. Jedoch achtzig Pro-zent leben ein einsames Leben auf den Bergen und inden Tälern, oder werden an entfernte Plätze getrieben,um sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, oderUmstände wie die Wechselfälle des Lebens und das Alterlassen sie an das Jenseits denken. Sie sind der Gebor-genheit in einer menschlichen Gruppe beraubt. DieserZustand bietet ihnen keine Geborgenheit und keineTröstung.

So liegt denn der wahre Trost, alle Geborgenheit, Lieb-lichkeit und Frohsinn eines solchen Menschen, der sichan so weit entfernten Orten, abgelegenen Bergen undtrostlosen Tälern befindet, im Gedenken Gottes (dhikr)und in der Kontemplation, die das Herz in Bewegung ver-setzen. Er wendet sich dem Herzen zu, gedenkt Gottes(wenn er »Allah!« ruft), findet die Geborgenheit im eige-nen Herzen. Und in dieser Geborgenheit bedenkt er dieDinge um sich herum, die ihn feindselig betrachten, so alswollten sie über seine Geborgenheit lachen und so sagter: »Dieser, mein Schöpfer, an den ich stets denke, hathier an meinem Platz der Einsamkeit, wie auch sonstüberall, unzählige Diener. Ich bin nicht allein. Einsamkeitist ohne jede Bedeutung.« Aus seinem Leben im Glaubenempfängt er die Freude einer Geborgenheit. Nun erst ver-

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steht er, was Glück im Leben wahrhaft bedeutet. Und sodankt er Gott.

Dritte Andeutung: Freundschaft mit Gott ist ein Zeug-nis Seiner Botschaft (Risalah). Denn die Gottesfreund-schaft sieht und bestätigt die Wahrheit des Glaubens, diedie Botschaft (Risalah) verkündet hat, in einer Art Zeug-nis des Herzens und der meditativen Wahrnehmung imGrade augenscheinlicher Gewissheit. Ihre Bestätigung istein sicheres Zeugnis für die Wahrheit der Botschaft. DerOrden ist ein Beweis der Scharia. Durch meditative Wahr-nehmung und geistige Entdeckung und durch den Segenund die Wirkung, die von ihnen ausgehen, ist der Orden(= der Sufi-Weg) ein klarer Beweis der Wahrheit der Ge-setze, die die Scharia unterweist, und auch dafür, dassdiese Gesetze der Scharia wahr sind und aus der Wahr-heit kommen. So wie die Gottesfreundschaft und der Or-den (= die Heiligkeit eines Sufis und sein Weg) in der TatZeugnis und Beweis der Botschaft (Gottes und SeinesGesetzes) und der Scharia sind, so sind sie auch das Ge-heimnis der Vollkommenheit des Islam und die Quelleseines Lichtes und durch den Islam ein Mittel für die Ent-wicklung und eine Quelle für die seelische Entfaltung derMenschen.

Nun aber versuchen trotz der großen Bedeutung diesesgewaltigen Geheimnisses einige Gruppen von Irrendengerade dies leugnen zu wollen. Sie sind seines Lichtesberaubt geblieben und zugleich auch die Ursache dafürgeworden, dass auch andere beraubt wurden. Quelle deshöchsten Bedauerns aber ist Folgendes: Ein Teil funda-mentalistischer Gelehrter unter den Leuten von Traditionund Gemeinschaft (Sunna ve Djemaat) und ein Teil derihnen zugehörigen, gottvergessenen Leute unter den Po-litikern, bemühen sich einige Missbräuche und Fehler, diesie unter den Sufis bemerkt haben, als Vorwand dafür zugebrauchen, um diese gewaltige Schatzkammer zuschließen oder gar zu zerstören und so diesen Brunnenvon Kauthar, aus dem das Wasser des Lebens strömt,

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trocken zu legen. Es gibt jedoch einige wenige Dinge,Wege und Pfade, die in jeder Hinsicht gut und fehlerfreisind. Es gibt aber auch einige Fehler und Missbräuche.Denn wo inkompetente (Leute) erst einmal in eine Sacheeinsteigen, dort machen sie auch mit Sicherheit Miss-brauch von ihr. Jedoch bei der Abrechnung der Taten imJenseits zeigt Gott der Gerechte Seine königliche Ge-rechtigkeit dadurch, dass Er alles Gute und Böse wägt.Das heißt, wenn die guten (Taten) überwiegen undschwer wiegen, so belohnt Er sie und nimmt sie an. Über-wiegen aber die schlechten Taten, so bestraft Er sie undweist sie zurück. Das Gleichgewicht zwischen guten undschlechten Taten richtet sich nicht nach der Quantität,sondern nach der Qualität. Und manchmal geschieht esauch, dass eine einzige gute Tat schwerer wiegt als tau-send schlechte und dann dahin führt, dass sie vergebenwerden.

Da nun einmal die göttliche Gerechtigkeit auf dieseWeise richtet und auch die Wahrheit das so als gerechtansieht, ist es denn offensichtlich, dass die guten Werkeeines Ordens, d.h. also eines Ordens im Rahmen der Ge-lobten Sitten (des Propheten) mit Sicherheit dessenschlechte (Taten) überwiegen, ein Beweis dafür, dass dieOrdensleute in Zeiten der Verfolgung durch die Leute desIrrweges ihren Glauben aufrecht erhalten. Ein einzigeraufrichtiger Ordensschüler schützt sich besser, als einoberflächlicher Fundamentalist mit einem bloßen Schul-wissen. In der Freude seines Ordenslebens und in seinerLiebe zu den Gottesfreunden, rettet er seinen Glauben.Auf Grund schwerer Verfehlungen wird er ein Sünder, je-doch kein Ungläubiger. Er wird auch nicht so einfach indie Gottlosigkeit hinabgezogen. Keine Macht kann in sei-nen Augen die Kette (Silsilah) der Scheychs widerlegen,die er in seiner starken Liebe und mit unerschütterlicherÜberzeugung zu Polen (qutub) (seines Lebens) ange-nommen hat. Und da er sie nicht widerlegen kann, kannauch sein Vertrauen in sie nicht zerstört werden. Und so-

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lange sein Vertrauen unerschütterlich bleibt, kann er nichtin die Gottlosigkeit hinabgezogen werden. Angesichtsdes Listenreichtums heutiger Atheisten ist es für Leute,die nicht einem Orden verbunden sind und deren Herzennoch nicht in Bewegung gekommen sind, auch wenn sieForscher und Gelehrte sind, schwierig geworden, sichvollständig zu bewahren.

Aber es gibt da noch etwas anderes: Einige Wege(meshreb), sollten nicht auf Grund der üblen Praktikensolcher verurteilt werden, die zum Teil außerhalb des Is-lam stehen und außerhalb der Grenzen der Gottesfurchtliegen. Manche von ihnen haben sich fälschlicherweiseselbst den Namen eines Sufi-Ordens umgehängt. Ziem-lich abseits der bedeutenden, erhabenen religiösen undspirituellen Ergebnisse der Sufi-Orden, welche die erstenund wirkungsvollsten, begeisterten Mittel der Entwicklungund Verbreitung von Bruderschaft und ein heiliges Bandinnerhalb der islamischen Welt sind, sind sie also eine derdrei wichtigsten, nicht zu erschütternden Eckpfeiler desIslam gegen die furchtbaren Angriffe der Welt des Un-glaubens und die »christliche« Politik und ihre Angriffe,um das Licht des Islam auszulöschen. Was Istanbul, Sitzdes Kalifats für fünfhundertundfünfzig Jahre gegen diegesamte christliche Welt aufrecht hielt, war das Licht desGlaubens an den einen Gott (Tauhid), das fünfhundertPlätzen in Istanbul entströmte, und die Stärke des Glau-bens derer, die in ihren Klöstern hinter den Moscheen»Allah! Allah!« rezitierten, ein starker Stützpunkt für dieLeute des Glaubens in diesem Zentrum des Islam und ih-rer geistigen Liebe, die ihnen aus ihrem Wissen um Gottund dem glühenden Eifer ihrer Gebete erwächst.

Oh ihr unverständigen Pseudopatrioten und falschenNationalisten! Welches Übel der Sufi-Orden könnte alldas Gute im Leben eurer Gesellschaft zunichte machen?Nun sagt selbst!?

Vierte Andeutung: Obwohl der Weg zur Heiligkeit soleicht ist, ist er doch ziemlich schwierig. Obwohl er so

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kurz ist, ist er doch so lang. Obwohl er so kostbar ist, ister doch zugleich auch so gefährlich. Obwohl er so breitist, ist er doch so eng.

So ist es denn aus diesem Grund, dass Einige, die aufdiesem Pfade reisen, unterwegs ertrinken, andere erlei-den irgendeinen anderen Schaden oder stürzen in einUnglück, andere kehren zurück und bringen dann wiederAndere auf Abwege.

Zum Beispiel: Im Sufi-Orden gibt es zwei Wege unterder Bezeichnung: Reise nach innen und Reise nach au-ßen.

Der erste Weg (meshreb) ist der Weg nach innen. Erbeginnt in der eigenen Seele (nefs), zieht die Sinne abvon der äußeren Welt und richtet sie in das eigene Herz.So durchbohrt er den Egoismus, öffnet einen Weg zumHerzen und findet dort zur Wahrheit. Von dort führt er wie-der nach außen zum Horizont und (unser Reisender) er-blickt das Licht. Nun schließt er die Reise schnell ab. Dieim inneren Kreis erschaute Welt erblickt er nun im größe-ren Maßstab in der Außenwelt. Die meisten stillen, gehei-men Sufi-Orden, folgen diesem stillen, inneren Weg. Diewichtigste Voraussetzung dafür ist, das Ego zu brechen,die Leidenschaften aufzugeben und ihre (eigenwillige)Seele (nefs) zu töten.

Der zweite Weg beginnt in der Außenwelt, betrachtetdie Widerspiegelung der Namen und Eigenschaften Got-tes über dem großen Bereich Seines Gartens und dannbetritt (auch hier der Reisende) schließlich den innerenBereich (der Seele, nefs). Dort beobachtet er dann dieseLichter in einem kleineren Maßstab im Bereich seinesHerzens und öffnet den kürzesten Weg zu ihnen. So siehtdas Herz den Unwandelbaren (Samad) in einem Spiegelund vereinigt sich mit dem Ziel, das er gesucht hat.

Wenn also Leute, die auf dem ersten Weg reisen, kei-nen Erfolg darin haben, ihre eigenwillige Seele zu töten,und wenn sie ihre Leidenschaften nicht aufgeben und das

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Ego zerbrechen können, so fallen sie aus dem Rang derDankbarkeit auf die Stufe der Überheblichkeit und vonder Stufe der Überheblichkeit hinunter auf die der Selbst-gefälligkeit. Wenn eine solche Person eine Ergriffenheiterlebt, die aus ihrer Liebe (muhabbet) erwächst, und eineArt Rauschzustand, der aus dieser Ergriffenheit kommt,so ergeben sich für sie daraus so hochgesteckte Ansprü-che, die bei weitem ihre Grenzen überschreiten, verbun-den mit Äußerungen von höchster Ekstase, was sowohlihr selbst Schaden zufügt, als auch zur Ursache einessolchen Schadens für andere wird.

Wenn zum Beispiel ein Leutnant vor Begeisterung überseine eigene Kommandostellung stolz wird und schonsich selbst für einen Feldmarschall hält, und seinen klei-nen Einflussbereich mit einem universellen verwechselt,so wird er zur Ursache einer Sonne, die in einem kleinenSpiegelchen erscheint und sich nun mit der Sonne ver-wechselt, die in gewisser Hinsicht durch einen Aspekt derÄhnlichkeit in all ihrem Glanz im Meeresspiegel sichtbarwird.

In gleicher Weise gibt es unter den Leuten der Gottes-freundschaft viele, die sich für größer halten als andere,die in Wirklichkeit im Verhältnis eines Fasans zu einerFliege größer sind als sie, die sich selbst auch in dieserWeise betrachten und fest davon überzeugt sind, dasssie recht haben. Ich habe selbst einmal jemanden gese-hen, dessen Herz gerade eben erst erwacht war und dergerade eben erst ganz von Ferne in sich selbst das Ge-heimnis der Gottesfreundschaft verspürte und nun sichselbst für einen gewaltigen Pol (qutub) hielt und sich auchdementsprechend aufführte. Ich habe zu ihm gesagt:»Mein Bruder, so wie die Gesetze eines Königreichs vomersten Minister bis zum letzten Abteilungsleiter verschie-dene Formen annehmen und einmal mehr oder wenigerumfangreich sein können, so gibt es auch für die Poleund Gottesfreunde solche verschiedenartige Gebiete undWahrnehmungsbereiche. Und jede Stufe (makam) hat ih-

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re eigenen Schattenseiten und viele verschiedene dunkleBereiche. Du hast nun die gewaltige Erscheinungsformeines Kutub, entsprechend der eines Ministers gesehen.Und du hast diese Erscheinungsform von deinem eige-nen Bereich aus, der dem eines Abteilungsleiters ent-spricht, wahrgenommen und dich dabei getäuscht. Wasdu gesehen hast, war zwar richtig, nur dein Urteil darüberwar falsch. Für eine Fliege ist eine Tasse mit Wasser wieein Swimmingpool.« Dieser Mann kam über meiner Ant-wort mit Gottes Hilfe zur Besinnung und wurde vor einemAbgrund gerettet.

So habe ich auch einige Leute gesehen, die sich selbstfür eine Art Mehdi gehalten haben und die auch sagten:»Ich werde einmal der Mehdi sein.« Diese Leute sind kei-ne Lügner und Betrüger. Sie sind selbst Betrogene. Sieglauben, das, was sie da sehen, sei die Wirklichkeit. Sowie es bei den Erscheinungen der Namen Gottes von denSphären des gewaltigen Thrones bis hinab zu den Ato-men verschiedene Abstufungen gibt und auch die Orte ih-rer Manifestationen sich dementsprechend voneinanderunterscheiden, so unterscheiden sich auch die verschie-denen Stufen der Gottesfreundschaft, die aus der unter-schiedlichen Art, wie diese Namen Gottes empfangenwerden, voneinander. So ist denn der wichtigste Grundfür diese Verwirrung folgender:

Auf einigen Stufen (makam) der Gottesfreundschaft fin-den sich auch die Charakteristika der Aufgaben (vazifah)des Mehdi oder es besteht eine besondere Beziehung mitdem gewaltigen Pol oder mit Khidr. Es gibt auch einigeStufen, die mit besonders bekannten Persönlichkeitenverbunden sind. Tatsächlich werden diese Stufen »Ma-kam-i Hidhr«, »Makam-i Uvays« oder »Makam-i Mehdi-yet« genannt.

Es geschieht aus diesem Geheimnis heraus, dass(Menschen), die diese Stufe erlangt haben, oder doch ei-ne andere Stufe, die dieser Stufe oder doch wenigstensihrem Schatten ähnlich sieht, glauben, sie seien selbst

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diese berühmte Persönlichkeit, die mit dieser Persönlich-keit verbunden ist. Sie verstehen sich als Khidr, oderglauben der Mehdi zu sein, oder stellen sich vor, der ge-waltige Pol zu sein. Wenn ein solcher Mensch kein Egohat, das nach Rang und Ansehen verlangt, so wird er vondiesem Zustand nicht gefangen genommen. Seine ex-zessiven Höhenflüge werden als die Äußerungen einesEkstatikers bewertet. Er ist für sie vielleicht noch nichteinmal verantwortlich. Wenn sein Ego jedoch sich viel-leicht versteckt nach Ruhm und Ansehen gesehnt hat, sowird (dieser Mensch) von seinem Ego besiegt, unterlässtes, zu danken, wird stolz, fällt von seinem Stolz Schrittum Schritt herab bis zur Selbstgefälligkeit. So verfällt erschließlich dem (religiösen) Wahnsinn, oder irrt vom rech-ten Wege ab. Denn er stellt sich die großen Heiligen alsSeinesgleichen vor und verliert am Ende all seinen Res-pekt und seine gute Meinung über sie. Denn in dem Ma-ße, in dem sich die Seele (nefs) in ihrem Stolz erhebt, er-kennt sie selbst auch ihre eigenen Fehler. Er vergleichtdiese großen Persönlichkeiten mit sich selbst und hält siefür fehlerhaft. Ja sogar sein Respekt vor den Prophetenschwindet.

So ist es denn für solche, die in einen derartigen Zu-stand (hal) hineingeraten sind, notwendig, sich nach derWaage des Gesetzes (Scharia) auszurichten und die Re-geln der Gelehrten und Kenner der Vorschriften des Glau-bens als Richtschnur und die Anweisungen der Gelehrtenunter den Heiligen, wie Imam Ghasali und Imam-i Rab-bani als Wegweiser zu befolgen. Sie sollten ständig ihreeigene Seele (nefs) anklagen und ihren Seelen nichts an-deres zuschreiben als ihre Fehler, ihre Unfähigkeit und ih-re Armseligkeit. Alle ekstatischen Äußerungen auf diesemWeg entstehen aus der Eigenliebe, denn das Auge derLiebe erkennt keine Fehler. Da ein solcher Mensch sichselbst liebt, glaubt er, dass dieses fehlerhafte, wertloseStückchen Glas ein Diamant oder sonst ein Edelsteinsein müsse. Der gefährlichste Fehler unter diesen ist der,

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dass er sich vorstellt, diese Art Meinungen und Ansichten,die zuweilen wie Eingebungen in seinem Herzen auftau-chen, seien »Gottes Wort und Wunderzeichen« (Kela-mullah ve Ayat). Daraus erwächst eine Respektlosigkeitgegenüber der Offenbarung Gottes in all ihrer Erhaben-heit und Heiligkeit. Nun sind in der Tat alle Eingebungen(ilham) von den Eingebungen der Biene und anderer Tie-re bis zu den Eingebungen gewöhnlicher Leute und dergeistlichen Elite, den Eingebungen einfacher Engel bis zuden (Engeln nahe dem Throne Gottes) Cherubim eine ArtWort des Herrn. Doch sie sind Wort des Herrn in derÜbereinstimmung mit der Fähigkeit des Empfängers undseiner individuellen Stufe (makam), wie sie gleich Funkenin verschiedenen Formen der Ansprache des Herrn durchsiebzigtausend Schleier zu uns hindurchdringen.

Jedoch solche Eingebungen mit derart besonderenAusdrücken wie »Vahiy« (Offenbarung), »Kelamullah«(Wort Gottes) oder »Ayat« (Wunderzeichen) zu bezeich-nen, wie sie nur den Sternen des Qur’an zukommen, demklarsten und konkretesten Beispiel für Gottes Wort, istvöllig falsch. Wie bereits im Zwölften, Fünfundzwanzigs-ten und Einunddreißigsten Wort erklärt und bewiesenwurde, ist, was immer nun die Beziehung dieses kleinen,trüben und verschleierten Bildes der Sonne, wie es indem gefärbten Spiegel in deiner Hand erscheint, mit derSonne am Himmel sein mag, vergleichbar mit der Einge-bung in den Herzen derer, welche die obigen Ansprücheerheben und den Ayat der Sonne des Qur’an, welche dasunmittelbare Wort Gottes ist. Wenn man sagt, dass dieAbbilder der Sonne in allen Spiegeln erscheinen und mitihr in Beziehung stehen, so wäre das richtig. Aber dieErdkugel kann nicht mit den Spiegeln jener winzig kleinenSonnen verbunden sein und kann nicht durch deren An-ziehungskraft gebunden werden!…

Fünfte Andeutung: Einer der besonders wichtigenWege im Orden ist die »Einheit im Zeugnis«, welche die»Einheit im Sein« genannt wird. Dieser Weg beschränkt

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den Blick auf die Existenz des notwendig Seienden (Va-djibu-l’Vudjudun Vudjuduna) und hält alles andere im Ver-gleich mit dem, der da notwendigerweise Sein muss, fürso schwach und nur schattenhaft in seinem Dasein, dasser es nicht für würdig erachtet, mit dem Ausdruck »Da-sein« (vudjud) bezeichnet zu werden. (Auf diesem Weg)wird alles in den Schleier einer (bloßen) Vorstellung ge-wickelt, sodass es auf der Stufe (makam) der Aufgabe(und des Loslassens) von allem als nichts zählt, ja als garnicht vorhanden vorgestellt wird, wobei man letzten En-des so weit geht, den Erscheinungen der Namen Gottesdie Gestalt eines nur vorgestellten Spiegels zu geben.

So ist denn ein wesentlicher Faktor dieses Weges der,dass durch die Existenz des Notwendig Seienden, diesich mit der Stärke des Glaubens durch eine hohe Got-tesfreundschaft im Grade einer wahrhaftigen Gewissheitentfaltet, das Dasein möglicher Wesen in einem Maßeheruntergespielt wird, dass außer einer bloßen Vorstel-lung und dem Nichtsein kein Platz in ihren Augen mehrbleibt. Es ist, als ob (dieser Weg) das Universum zuGunsten des Einen Notwendig Seienden bestreitet. Aberdieser Weg birgt auch seine Gefahren. Die erste davon istdiese: Die Anzahl der Pfeiler des Glaubens beträgt sechs.So gibt es Träger des Glaubens wie den Glauben an Gottund den Glauben an den letzten Tag. Was diese Trägerdes Glaubens betrifft, so erfordern sie die Existenz vonMöglichkeiten. Diese fest begründeten Pfeiler des Glau-bens können nicht über einer Einbildung errichtet werden.Aus diesem Grunde sollte einer, der diesem Weg folgtund aus dieser Welt der Höhenflüge und der Ekstase wie-der in diese unsere nüchterne Welt zurückkehrt, nicht sei-ne neue Einstellung mit sich nehmen und er sollte nichtentsprechend seiner neuen Einstellung handeln.

Darüber hinaus sollte er nicht den Weg des Herzens,der Vorstellungen und meditativen Wahrnehmungen in ei-ne verstandesgemäße, vernunftgemäße, wissenschaftli-che Form umgießen, denn die Prinzipien, die zum Be-

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Händen verlieren. Unter dem Vorwand, es handle sichhierbei um die Einheit allen Seins (vahdetu-l’vudjud),stellt er sich ihr (vergängliches) Dasein als Ewiges Sein(baqi vudjud) vor. In Anbetracht dieser Welt als seiner Ge-liebten und auf Grund dessen, dass er ihr Beständigkeitund Ewigkeit wie einen Besitz zuschreibt, erhebt er sieauf die Stufe seiner Angebeteten (ma’budiyet). So wollenwir denn unsere Zuflucht zu Gott nehmen (na’udhu bi’l-lah!), aber dies öffnet nun den Weg in den Abgrund derLeugnung Gottes selbst.

In diesem Jahrhundert beherrscht die materialistischeEinstellung so weit (alles Denken), dass sie Materie fürden Ursprung aller Dinge hält. Wenn in einem solchenZeitalter die Leute des Glaubens Materie im Grade einerNichtigkeitserklärung als völlig unbedeutend betrachtenund auf diese Weise die Einheit allen Seins (Vahdetu-l’-Vudjud) ins Gespräch bringen, so werden vielleicht dieMaterialisten den Anspruch erheben, zu sagen: »Auch wirbehaupten genau das gleiche«. Wohingegen doch derWeg, der von allen Wegen dieser Welt derjenige, der vondem der Materialisten und Natur-Anbeter am weitestenentfernte Weg der Weg der Einheit allen Seins ist. Denndie Anhänger dieser Einheit allen Seins messen in derKraft ihres Glaubens der Existenz Gottes eine solche Be-deutung bei, dass sie (eine tatsächliche Existenz) des Allsund allen Daseins bestreiten. Was aber die Materialistenbetrifft, so messen sie allem Sein eine solche Bedeutungbei, dass sie auf Kosten des Universums Gott verleug-nen. Wo also sind nun diese (Materialisten) und wo jene(Sufi-Mystiker)?…

Die sechste Andeutung: Besteht aus drei Punkten.Erster Punkt: Unter den Wegen zur Gottesfreund-

schaft besteht der schönste, unmittelbarste, reichste undstrahlendste in der Befolgung der Gelobten Sitten. Dasheißt: bei all seinen Handlungen und in all seinem Ver-halten an die Gelobten Sitten zu denken, sie zu befolgenund nachzuahmen und in seinem ganzen Umgang und

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bei allen Tätigkeiten an die Gesetze des Islam zu denkenund sie sich zur Richtschnur zu nehmen.

Wer ihnen also nun in dieser Weise folgt und ihnennacheifert, dessen alltägliche Haltung und all seine Hand-lungen und sein natürlicher Umgang werden zu einemGottesdienst. Durch diese Befolgung der Tradition unddes Gesetzes erinnert ihn jede seiner Taten daran, dasser unter der Herrschaft des Gesetzes steht. Diese Erin-nerung lässt ihn an den Herrn des Gesetzes denken. Die-ses Denken ruft ihm Gott den Gerechten in Erinnerung.Diese Erinnerung wiederum ruft in ihm eine Gegenwart(husur) wach. In diesem Zustand können alle Minutenseines Lebens ständig in dieser Gegenwart als eine ArtGottesdienst gelten. Diese große Straße ist die Straßeder Gefährten des Propheten und der vorausgegangenenaufrechten Persönlichkeiten, welche die Leute des Erbesdes Prophetentums sind, das die große Gottesfreund-schaft ist.

Zweiter Punkt: Der wichtigste Grundsatz auf dem Wegder Gottesfreundschaft und in den verschiedenen Rich-tungen der Sufi-Orden ist die Wahrhaftigkeit; denn durchdie Aufrichtigkeit kann man sich von versteckter Abgötte-rei befreien. Wer diese Wahrhaftigkeit noch nicht erwor-ben hat, kann auch nicht auf dieser Straße fahren. Diemächtigste Kraft auf dieser Straße ist die Liebe (muhab-bet). Liebe sucht bei ihrem Geliebten (mahbub) in der Tatnicht nach Schwächen und will seine Fehler nicht sehen.Schwache Hinweise auf die Vollkommenheit des Gelieb-ten sieht sie als starke Beweise an. Immer steht sie aufder Seite ihres Geliebten.

So ist es denn auf Grund dieses Geheimnisses, dassdiejenigen, die sich auf den Füßen der Liebe dem Wissenum Gott (marifetullah) zuwenden, Zweifel und Kritik keinGehör schenken. Sie retten sich leicht (vor ihnen). Solltensich selbst Tausende von Teufeln versammeln, könntensie doch in den Augen (eines Liebenden) kein einzigesZeichen der Vollkommenheit seines wahren Geliebten

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leugnen. Wäre da keine Liebe, kämpfte er verzweifelt ge-gen die Kritik seiner eigenen Seele (nefs), seines Teufelsund aller Teufel um ihn herum. Er müsste geradezu eineheldenhafte Standhaftigkeit, Glaubensstärke und Auf-merksamkeit haben, um sich retten zu können.

So ist es denn um dieses Geheimnisses willen, dassdie Liebe (muhabbet), die aus dem Wissen um Gott auf-steigt, auf allen Stufen der Heiligkeit die bedeutendsteHefe und das wichtigste Elixier ist. Aber die Liebe enthälteinen Abgrund: sie springt von einem inständigen (Bittenund) Flehen und jener (Demut), Nichtigkeit (und An-spruchslosigkeit), die das Geheimnis der Anbetung ist, zu(einem Seelenzustand, wo sie am liebsten nur noch ge-beten werden und nur noch Ansprüche stellen möchte)einer (reinen) Unausgewogenheit in ihrem Handeln.Wenn sie sich allen außergöttlichen Dingen (dieser Welt)zuwendet und dabei von der präpositionalen Bedeutung(der Dinge) zu deren eigentlicher nomineller Bedeutungübergeht, so verwandelt sie sich von einem Heilmittel inein Gift. Das aber heißt, dass jemand, obwohl er andereDinge liebt als Gott, dennoch sein Herz um Gottes desGerechten und um Seines Namens willen und weil sie jaSpiegel Seiner Namen sind, an sie binden sollte. Sodenkt er denn manchmal an die Objekte seiner Liebe umder Objekte und der ihnen eigenen Vollkommenheit undihrer essentiellen Schönheit willen. Er liebt sie um ihrerselbst willen. So kann er sie, auch wenn er nicht an Gottund seinen Propheten denkt, dennoch lieben. Diese Lie-be ist kein Mittel, um Gott zu lieben. Sie ist ein Schleiervor ihm. Geschieht dies jedoch in ihrer präpositionalenBedeutung, so geschieht es um der Liebe Gottes willen;ja man kann hier sogar von einer ihrer Manifestationensprechen.

Dritter Punkt: Diese Welt ist das Haus der Weisheit,das Haus des Dienstes. Es ist kein Haus der Bezahlungund der Belohnung. Der Sold für hier geleisteten Dienstund hier verrichtete Arbeit liegt im Zwischenreich und im

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Jenseits. Die hier geleistete Arbeit trägt im Zwischenreichund im Jenseits ihre Früchte. Da dies nun einmal Tatsa-che ist, sollten wir die Ergebnisse unserer Handlungen,die ja dem Jenseits angehören, nicht im Diesseits su-chen. Würden sie ausgeteilt, sollten sie nicht in Zufrie-denheit, sondern mit Bedauern entgegengenommen wer-den. Denn nach dem Geheimnis, dass die Früchte desParadieses, sobald sie gepflückt werden, an gleicherStelle wieder nachwachsen, ist es nicht vernünftig, dieFrüchte der Taten, die dem Jenseits gehören und alsimmerwährend gelten, schon in dieser Welt in ihrer ver-gänglichen Form zu verzehren. Es ist, als wolle man eineewig brennende Lampe gegen eine Lampe austauschen,die nur eine Minute brennt und dann wieder verlischt.

So ist es denn auf Grund dieses Geheimnisses, dassdie Leute der Gottesfreundschaft alle Arbeiten, Schwie-rigkeiten und Unglücke als angenehm empfinden, sichnicht beklagen noch beschweren, sondern sagen: »Lob-preis und Dank sei Gott für einen jeden Zustand!« Wennihnen Erleuchtung und Wunder, die Entfaltung (desGeistes) und das Licht (der Seele) geschenkt wird, sonehmen sie (diese Dinge) als göttliche Gunsterweisun-gen an und versuchen sie zu verbergen. Sie werden da-rüber nicht stolz, vielmehr dankbar und (vermehren stattdessen) ihren Dienst und ihre Anbetung. Viele von ihnenhaben sich gewünscht, dieser Zustand möge verborgenbleiben oder aufhören, da sonst die Reinheit ihres Tunsbeschmutzt werden könnte. Die bedeutendste göttlicheGnade (ihsan) für einen (bei Gott) angesehenen Men-schen besteht in der Tat darin, ihn Seine Gnadengaben(und Vorzüge) nicht verspüren zu lassen, damit er nichtvom Bitten zum Fordern und von der Dankbarkeit in denStolz überwechseln möge.

So ist es denn auf Grund dieser Wahrheit, dass solchedie nach Gottesfreundschaft und (dem Weg) im Ordenstreben, wenn sie dies denn tun, weil sie sich ein paarTropfen, die aus dieser Gottesfreundschaft heraus-

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sickern, ein wenig Freude und (vielleicht) ein paar Wun-der erhoffen, sich diesen Dingen zuwenden und sie will-kommen heißen, sie sodann mit der Möglichkeit, dieseimmerwährenden Früchte des Jenseits in einer vergäng-lichen Welt auf eine vergängliche Weise zu verzehren,zugleich die Aufrichtigkeit als Hefe der Gottesfreund-schaft verlieren, womit sich zugleich der Weg öffnet, dassdiese Gottesfreundschaft wieder von ihnen entweicht.

Siebente Andeutung: Besteht aus vier Anmerkungen.Erste Anmerkung: Die Scharia ist unmittelbar, schat-

tenlos und unverschleiert das Ergebnis einer AnspracheGottes im Geheimnis Seiner Einheit (ahadiyet) und abso-luten Herrschaft. Die höchsten Stufen auf dem Weg desOrdens und der Wahrheit gelten als Teile der Scharia.Oder sie gelten stets als Mittel, als eine Einführung, eineHilfe (für das Gesetz). Ihr Ziel sind die Ausführungsbe-stimmungen zum Gesetz. Das heißt, um zu den Wahrhei-ten des Gesetzes zu gelangen, sind Weg und Wahrheitdes Ordens ein Mittel, eine Hilfe, eine Sprossenleiter, umdann auf der höchsten Stufe in die Bedeutung der Wahr-heit und das Geheimnis des Ordens in der Seele des Ge-setzes verwandelt zu werden. Dort werden sie dann zuBestandteilen des großen Gesetzes. Anderenfalls wärees nicht recht, wie einige Mystiker meinen, sich vorzu-stellen, die Scharia sei nur die äußerliche Schale und dieWahrheit ihr Inneres, ihr Ziel und Ergebnis. Nun ist in derTat die Entfaltung des Gesetzes entsprechend den ver-schiedenen Schichten der Menschen höchst unterschied-lich. Es wäre jedoch falsch, anzunehmen, was die Massedes Volkes sich so vorstellt, sei jener äußere Aspekt derScharia, den sie ihre Wahrheit nennen und die Bezeich-nung »Wahrheit« und »Orden« den verschiedenen Stu-fen des Gesetzes zu geben, welche sich nur für die Eliteentfalten. Das Gesetz hat aber verschiedene Stufen, diesich an alle Volksschichten wenden.

So entspricht es denn diesem Geheimnis, dass die Leu-te des Ordens und die Wahrheitssucher, je nachdem, wie

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weit sie bereits fortgeschritten waren, sich mehr und mehrnach der Wahrheit der Scharia sehnten, von ihr fasziniertwaren und ihr folgten. Selbst noch die kleinste GelobteSitte betrachteten sie als ihr höchstes Ziel, bemühtensich, ihr zu folgen und ihr nachzueifern. Denn in welchemGrade auch immer Offenbarung höher ist als Inspiration,genauso ist auch die Praxis des Gesetzes, welche dieFrucht der Offenbarung ist, um so viel höher und wichti-ger als die Praxis des Ordens als Frucht der Inspiration.Deswegen ist es auch die wichtigste Basis für den Orden,der Gelobten Sitte zu folgen.

Zweite Anmerkung: Der Weg des Ordens und derWahrheit sollte nicht über seine Funktion, ein Mittel zusein, hinausgehen. Wenn sie selbst sich zum Ziel undZweck steigern, dann bleiben die Gesetze und die Praxisder Scharia und die Befolgung der Gelobten Sitte einebloße Formel, während zugleich sich das Herz in eine an-dere Richtung wendet. Das heißt, man denkt mehr anseinen Kreis für Gottes Gedenken (dhikr), als an das Ge-bet (namaz). So fühlt man sich mehr zu diesem Geden-ken (dhikr) hingezogen als zu den Geboten Gottes, istmehr damit beschäftigt, eine Übertretung der Regeln desOrdens zu vermeiden, als sich vor einer schweren Sündezu hüten. Dementgegen kann das Gedenken (dhikr) desOrdens nicht ein Äquivalent für das Gebet (namaz) sein,das zu den Pflichten (fardh) des Gesetzes gehört. Eskann nicht dessen Platz einnehmen. Die Regeln für dasVerhalten im Orden und die Anrufungen der Mystiker soll-ten eine Tröstung sein und ein Mittel zu wahrer innererFreude innerhalb dieser pflichtgemäßen Handlungen(fardh), nicht aber deren Quelle. Das heißt, das Klostersollte (dem Sufi) die Gelegenheit geben, seine Freudebeim Gebet in der Moschee zu empfinden und dabei auchauf die rechte Haltung im Gebet (namaz) zu achten. Ei-ner, der seine Gebete in der Moschee als eine bloße For-malität herunterhaspelt und dabei glaubt, er könne aufdiese Weise die wahre innere Freude und Vollkommen-

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heit im Kloster finden, entfernt sich (auf diese Weise) vonder Wahrheit…

Dritte Anmerkung: Manchmal wird danach gefragt, obein Orden außerhalb der Gelobten Sitte und den Geset-zen der Scharia möglich sei.

Antwort: So etwas gibt es und gibt es dennoch nicht.Es gibt so etwas, denn einige vollendete Gottesfreundewurden durch das Schwert der Scharia hingerichtet. Undzugleich gibt es das nicht, denn die Forscher unter denGottesfreunden sind unter dem Gesetz von Sa’d-i Schira-si übereingekommen:

»Es ist unmöglich, Sa’di, auf dem Weg der Glückseligkeit siegreich zusein, außer dem, der Mustafa (= der Auserwählte) folgt.«

Das heißt, für jemanden außerhalb der großen Straßedes Ehrenwerten Propheten, mit dem Friede und Segensei, der ihm nicht nachfolgt, ist es unmöglich, die wahrenLichter der Wahrheit zu erlangen. Das Geheimnis in die-ser Angelegenheit ist folgendes:

Da nun einmal der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friedeund Segen sei, das Siegel der Propheten und der An-sprechpartner Gottes für das Ganze Menschenge-schlecht ist, kann das Menschengeschlecht nicht außer-halb seiner Straße gehen und muss sich daher unter sei-ner Fahne sammeln. Da aber die Ekstatiker und die Got-tesnarren für ihre Opposition nicht verantwortlich seinkönnen, und da es nun einmal im Menschen einige subti-le Organe gibt, die nicht zur Rechenschaft gezogen wer-den können, und wenn nun diese subtilen Organe dieHerrschaft übernehmen, so kann (ein solcher Mensch)nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn er sichden Vorschriften der Scharia entgegen stellt. Und da esnun einmal im Menschen solche subtilen Organe gibt,die, so wenig man sie zur Rechenschaft ziehen kann, sieauch nicht (bewusst) durch unseren Willen beherrscht

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werden, ja noch nicht einmal von unserem Verstand kon-trolliert werden können, da sie nicht (auf die Stimme) desHerzens und des Verstandes hören, besonders dannnicht, wenn diese subtilen Organe einen Menschen be-herrschen, jedoch nur zu dieser besonderen Zeit, so fällter nicht von seiner Stufe der Gottesfreundschaft herunter,wenn er sich der Scharia entgegen stellt; und somit ist erdenn entschuldigt. Dies jedoch nur unter der Bedingung,dass er die Wahrheiten der Scharia und die Grundregelndes Glaubens nicht leugnet, nicht kritisiert, nicht verach-tet. Auch wenn er nach dem Gesetz lebt, so muss er dochdas Gesetz als richtig anerkennen. Würde er jedoch voneinem derartigen Zustand überwältigt und würde er danneine Haltung annehmen, die erkennen lässt – und hiernehme ich meine Zuflucht zu Gott! – diese feststehendenWahrheiten leugnet und bestreitet, so wäre dies ein Zei-chen seines Absturzes!

Zusammenfassung: Unter denen, die sich auf einemSufi-Weg außerhalb des Bereiches der Scharia befinden,gibt es zwei Gruppen.

Erste Gruppe: Sowie oben bereits beschrieben wurde,sind (diese Menschen) entweder von ihrer Befindlichkeit(hal), oder von einer Art Rauschzustand, Trunkenheitoder Ekstase überwältigt oder aber sie werden von ihrensubtilen Organen beherrscht, welche die Vorschriften desGlaubens nicht beachten oder auf einen willentlichen (Be-fehl) nicht hören, weshalb sie dann den Bereich der Scha-ria verlassen. Was aber dieses Verlassen betrifft, so hates jedoch nichts damit zu tun, dass sie die Anordnungender Scharia nicht mehr mögen oder ihnen nicht mehr (fol-gen) wollen. Sie verlassen ihn vielmehr gezwungenerma-ßen und gewissermaßen gegen ihren Willen. Diese Grup-pe sind Leute der Gottesfreundschaft. Ja es gab unter ih-nen sogar gelegentlich bedeutende Heilige. Ja es habensogar Forscher unter den Gottesfreunden bestätigt, dasssich einige unter diesen (Heiligen) nicht nur außerhalbdes Bereiches der Scharia, sondern sogar außerhalb des

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Bereiches des Islam befunden haben. Dies jedoch nurunter der Bedingung, dass sie niemals eines der Gesetzebestritten haben, die Mohammed, mit dem Friede und Se-gen sei, gebracht hatte. Sie haben entweder nicht weiterdarüber nachgedacht, oder sie einfach aus den Augenverloren, nichts von ihnen gewusst, oder nicht wissenkönnen. Hätten sie darum gewusst und sie trotzdem nichtangenommen, (so wäre diese Bedingung) nicht erfüllt!…

Was nun aber die zweite Gruppe betrifft: Diese(Menschen) sind geradezu hingerissen von den glänzen-den Freuden des Ordens und der Wahrheiten und, da siedie Freuden der Wahrheiten der Scharia nicht erreichenkönnen, welche weit über sie erhaben sind, so glaubensie, es handle sich dabei nur um langweilige Formalitätenund zeigen sich ihnen gegenüber gleichgültig. Schritt fürSchritt meinen sie, die Scharia sei nur eine äußere Scha-le, die Wahrheit, die sie gefunden haben, hingegen die ei-gentliche Basis und das Ziel. So sagen sie denn: »Ich ha-be sie gefunden und sie genügt mir.« und handeln ent-sprechend den Anordnungen der Scharia entgegenge-setzt. Diejenigen, die in dieser Gruppe ihre Sinne beiein-ander haben, sind dafür verantwortlich; sie stürzen ab, jawerden teilweise zu einer Maskerade des Teufels!…

Vierte Anmerkung: Einige Personen unter den Leutendes Irrwegs und in der Sekte der ketzerischen Erneue-rung (bid’a) werden in den Augen der Gemeinde (umma)für akzeptabel gehalten. Genauso gibt es aber auch eini-ge Personen, die sich äußerlich in nichts von ihnen unter-scheiden, die aber von der Gemeinde zurückgewiesenwerden. Ich habe mich darüber gewundert. So war zumBeispiel in der Schule (medhheb) der Mu’tesila ein ge-wisser Samahschari, den, obwohl er doch einer der ei-frigsten (Mitglieder) in dieser Sekte war, die Erforscherder Wahrheit unter den Leuten der Sunnah dennoch undtrotz seiner kritischen Anmerkungen, nicht zum Ungläubi-gen oder Irrgläubigen erklärten, vielmehr nach einemAusweg suchten, um ihn zu retten. Wohingegen sie an-

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dere Imame der Mu’tesiliten, wie Abu Ali Cubbai, obwohler doch in seinem Eifer noch weit unterhalb von Samah-schari stand, ablehnten und zurückwiesen. Mich hat die-ses Geheimnis eine lange Zeit neugierig gemacht. Dannaber verstand ich durch die Gnade Gottes: SamahscharisEinwände gegen die Leute der Sunnah erwuchsen ausseiner Liebe zur Wahrheit auf seinem Weg, den er für denrichtigen hielt. Das also heißt zum Beispiel (in der Lehrevon) der Theodizee, dass die Tiere in seinen Augen selbstSchöpfer ihrer eigenen Handlungen sind. Deshalb akzep-tierte er in seiner Liebe zu Gott dem Gerechten und Sei-ner Rechtfertigung, insoweit es um das Thema schöpferi-schen Handelns geht, nicht den Grundsatz der Leute derSunnah. Dementgegen wurden die anderen Imame derMu’tesiliten weniger um ihrer Liebe zur Wahrheit willenabgelehnt, als vielmehr weil ihr viel zu kurzer Verstand dieerhabenen Grundsätze der Leute der Sunnah nicht errei-chen konnte und sie (auch nicht dazu in der Lage waren),die umfangreichen Gesetze der Leute der Sunnah in ihrereigenen engen Vorstellung unterzubringen und sie daherabgelehnt haben. In genau der gleichen Weise wie dieMu’tesilah den Leuten der Tradition und der Gemein-schaft (Sunna ve Djemaat) in theologischer Hinsichtwidersprach, ist auch der Widerspruch einiger, die einemSufi-Weg außerhalb der Gelobten Sitte folgen, von zwei-erlei Art.

Erstens: Sie bleiben ähnlich wie Samahschari, hinge-rissen von ihrem eigenen Seelenzustand (hal) undbegeistert für ihre Schule (meshreb) ein wenig gleichgül-tig gegenüber dem Verhaltenskodex (der Scharia), weilsie (auf diesem Wege) nicht den gleichen Grad an inne-rer Zufriedenheit erlangen konnten.

Was die zweite Art betrifft, so betrachten (diese Leute)den Verhaltenskodex (der Scharia) im Vergleich zu den(entsprechenden) Regeln des Ordens – Gott bewahre! –als unbedeutend. Denn ihr beschränktes Auffassungsver-mögen kann eine solche weitreichende Zufriedenheit

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nicht umspannen und sie können auf ihrer niedrigen Stu-fe (makam) diese hohe Sittlichkeit (adab) nicht errei-chen…

Achte Andeutung: Beschreibt acht Abgründe.Erstens: Ein Teil der Leute, die sich zwar auf dem geis-

tigen Weg befinden, sich jedoch nicht vollkommen an dieGelobten Sitten halten, stürzen so in einen Abgrund, weilsie ihre Gottesfreundschaft dem Prophetentum vorzie-hen. Im Vierundzwanzigsten und Einunddreißigsten Wortwurde bereits bewiesen, wie erhaben das Prophetentumist, und wie geradezu öde demgegenüber eine Gottes-freundschaft.

Zweitens: Ein Teil der Leute des Ordens ziehen einenExzentriker als Gottesfreund einem Sahabi vor, ja be-trachten ihn sogar als einem Propheten gleichwertig undstürzen so in einen Abgrund. Im Zwölften und Siebenund-zwanzigsten Wort und im Anhang dazu, über die Sahabis,wurde bereits mit Sicherheit bewiesen: die Sahabisunterhielten miteinander eine so besondere Gemein-schaft (sohbet), dass sie nicht durch eine Gottesfreund-schaft erreicht werden kann. Die Sahabis können alsoniemals übertroffen werden und die Gottesfreunde nie-mals einem Propheten gleichkommen!

Drittens: Ein Teil derer, die geradezu übereifrig ihremOrden anhängen, opponieren den Gelobten Sitten undgeben diese auf, weil sie die Sitten, die Lebensweise unddie Rezitationen ihres Ordens vorziehen. Auf diese Weisewerden sie in der Befolgung des Verhaltenskodex (derScharia) nachlässig und fallen so in den Abgrund.

Wie bereits in vielen Worten (Sözler) bewiesen, sagtenschon manche führende Gelehrte der Ordensleute, wieImam Ghasali und Imam Rabbani: »Der Grad der Annah-me (bei Gott), der durch die Befolgung einer einzigen derGelobten Sitten erlangt wird, kann auch durch die Beob-achtung von hundert guten Gewohnheiten und persön-lichen Übungen nicht erreicht werden! Und so wie auch

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nur eine einzige Pflichtübung (fardh) tausend freiwilligenÜbungen (Sunna) überlegen ist, so ist auch eine einzigeder Gelobten Sitten tausend guten Gewohnheiten (adab)der Mystiker überlegen!«

Viertens: Einige Extremisten unter den Leuten der Su-fis glauben Inspiration sei das gleiche wie eine Offenba-rung und die Inspiration von der gleichen Art wie eine Of-fenbarung und fallen so in den Abgrund. Es wurde aberbereits im Zwölften Wort und im FünfundzwanzigstenWort über die Wunderhaftigkeit des Qur’an mit unwider-legbarer Sicherheit bewiesen, wie erhaben, allumfassendund heilig eine Offenbarung, und wie unbedeutend undöde dahingegen eine Eingebung ist.

Fünftens: Ein Teil der Sufis, die das Geheimnis desOrdensweges nicht verstehen, finden ihre Freude, Licht(nur) und (Gottes wunderbare) Gnade (keramat), die ih-nen ungebeten geschenkt wurden so schön und sind da-von so hingerissen, wenn sie die Schwachen stärken, dieGleichgültigen ermuntern und so allen Überdruss und al-le Mühsal erleichtern, die aus dem strengen Dienstregle-ment erwachsen, dass sie der Anbetung, dem Dienst undden Rezitationen den Vorzug geben und so in den Ab-grund stürzen. Es wurde schon im Dritten Punkt derSechsten Andeutung dieses Kapitels kurz und bündig er-klärt und in andern Worten (Sözler) unwiderlegbar bewie-sen: Das Haus, das diese Welt ist, ist ein Haus des Dien-stes und nicht das Haus der Entlohnung! Für die, welcheihre Entlohnung schon hier erwarten, wobei sie die ewigbleibenden, immerwährenden Früchte in ihre vergängli-che, nur vorübergehende Form verwandeln, ist ihr Blei-ben in dieser Welt recht angenehm. Sie schauen nichtsehnsüchtig nach dem Zwischenreich (berzah) aus. Ingewisser Weise lieben sie dieses irdische Leben, dennsie finden in ihm eine gewisse Art des jenseitigen (Le-bens).

Sechstens: Unter einem Teil der Leute des geistigenWeges, die keine Leute der Wahrheit sind, gibt es einige,

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die das Dämmerlicht, die Schatten und die bruchstück-haften Beispiele für einige Stufen (makam) der Heiligkeitmit den ursprünglichen, allumfassenden Stufen verwech-seln und so in den Abgrund stürzen. Bereits im ZweitenAst des Vierundzwanzigsten Wortes und auch in anderenWorten (Sözler) wurde unwiderlegbar bewiesen: Sowiedie Sonne sich mit Hilfe einiger Spiegel vervielfältigenlässt, die nun Tausende von Abbildern haben, so werdendiese nun der Sonne gleich zu Eigentümern von Licht undWärme. Doch diese abgebildeten Sonnen sind im Ver-gleich zu der wahren Sonne nur sehr schwach. In gleich-er Weise haben die Stufen der Propheten und die Stufender großen Gottesfreunde ihre dunklen und ihre zwielich-tigen Seiten. Die Leute auf ihrer spirituellen Reise tretenin diese ein und sehen sich selbst als noch gewaltiger alsdiese gewaltigen Heiligen, ja glauben, inzwischen schonweiter fortgeschritten zu sein als die Propheten und fallenso in einen Abgrund. Um jedoch zu vermeiden, an all die-sen oben angeführten Abgründen zu Schaden zu kom-men, muss man die Grundsätze des Glaubens und dieFundamente der Scharia stets zur Richtschnur und Basiswählen und sich immer das, was bezeugt wurde und sei-ne Freuden als dem entgegengesetzt vorstellen.

Siebentens: Einige Leute der meditativen Wahrneh-mung und der Ekstase ziehen auf ihrer geistigen ReiseStolz, Hochnäsigkeit, übertriebene Ansprüche, die Zunei-gung der Menschen und (den Wunsch, ihr) Mittelpunkt zusein, der Dankbarkeit, dem inständigen Flehen und in-brünstigen Bitten und der bescheidenen Zurückhaltungvor den Menschen vor und stürzen so in den Abgrund.Wohingegen der höchste Grad doch der des Mohamme-danischen Dienstes und seiner Anbetung ist, den man(den Grad) des Geliebten Gottes (Mahbubiyet) nennt.Was aber diesen Dienst, diese Anbetung betrifft, so ist ih-re tiefste, geheime Absicht, die Manifestation der Vollen-dung dieser Wahrheit durch inständiges Bitten, Dankbar-keit, inbrünstiges Flehen, Ehrfurcht, Schwäche, Armselig-

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keit und eine bescheidene Zurückhaltung vor den Men-schen zu erlangen. Einige der großen Gottesfreunde sindunabsichtlich und wenn auch nur vorübergehend stolz,hochnäsig und übertrieben in ihren Ansprüchen gewor-den. Aber in diesem Punkt darf man ihnen nicht in vollerAbsicht folgen. Sie sind rechtgeleitet, doch selbst keineFührer; und so darf man ihnen nicht nachfolgen!

Der achte Abgrund: Einige unter denen, die auf ihrerspirituellen Reise sind, selbstsüchtig und voreilig, wollendie Früchte der Gottesfreundschaft, die sie doch erst imJenseits pflücken sollten, schon in dieser Welt genießenund fallen so in einen Abgrund, indem sie (nach diesenFrüchten schon) während ihrer spirituellen Reise suchen.Doch:

»Doch das Leben in dieser Welt gleicht einer berauschenden Leihga-be.« (Sure 3, 185)

Durch dergleichen Ayat, und wie bereits in vielen Worten(Sözler) zuverlässig bewiesen wurde, ist eine einzigeFrucht aus der beständigen Welt tausend Gärten dieservergänglichen Welt vorzuziehen. Aus diesem Grund soll-ten solche gesegneten Früchte nicht schon hier verzehrtwerden. Werden sie hier unverlangt zu essen angeboten,sollte man dafür danken und sie als eine göttliche Gna-dengabe betrachten, nicht als eine Belohnung, sondernals eine Ermunterung.

Neunte Andeutung: Wir wollen hier kurz neun der sozahlreichen Früchte und Vorzüge auf dem Ordenswegbeschreiben.

Die erste ist die Entfaltung und das Aufscheinen derGlaubenswahrheiten auf dem Ordensweg, welcher dergerade Weg ist, und welche der Schlüssel, die Quelle undder Brunnen der unerschöpflichen Schätze in der EwigenGlückseligkeit sind. Es ist eine Erscheinung mit dem Gradaugenscheinlicher Gewissheit.

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Die zweite Frucht: Es geschieht auf dem Ordensweg,der ein Mittel ist, das Herz in Betrieb zu setzen, dasSchwungrad in der menschlichen Maschine, welcher derAnlasser des Herzens ist, um alle übrigen subtilen Orga-ne in Bewegung zu bringen, um sie dazu anzutreiben,den Zweck ihrer Erschaffung zu erfüllen: (die Vollendung)wahrer Menschlichkeit.

Die dritte Frucht: Auf der Reise ins Zwischenreich(berzah) und das Jenseits bedeutet dies, sich einem Or-den in der Kette (silsilah) einer seiner Ketten anzuschlie-ßen und ein Gefährte in solch einer erleuchteten Karawa-ne auf dem Weg in die Ewigkeit zu sein und so erlöst zuwerden von der furchtbaren Einsamkeit und so eine Ver-trautheit mit ihr in dieser Welt und im Zwischenreich zufinden und sich auf ihren Konsens zu verlassen und ihreÜbereinstimmung angesichts der Angriffe von Furcht undZweifel und jeden ihrer Meister als einen mächtigen (le-benden) Beweis und als ein mächtiges Zeugnis zu be-trachten und durch sie alle Zweifel und irrigen Vorstellun-gen zurückzuweisen.

Die vierte Frucht: besteht darin, im Glauben das Wis-sen um Gott und das Wissen um Gott in der Freude überdie Liebe Gottes mit Hilfe eines lauteren Ordensweges zuverstehen, um dann in diesem Verständnis von der abso-luten Isolation in dieser Welt und von diesem absolutenExil des Menschen in diesem Universum errettet zu wer-den. Wir haben bereits in vielen Worten (Sözler) bewie-sen, dass die Glückseligkeit beider Welten, eine Freudeohne jeden Schmerz, eine Vertrautheit ohne jede Verlas-senheit, wahre Freude und echtes Glück in der Wahrheitdes Glaubens und des Islam gefunden werden. Wie be-reits im Zweiten Wort erklärt wurde, birgt der Glaube denSamenkern des paradiesischen Tubabaumes.

So wächst und gedeiht denn dieses Samenkorn unterder Einhaltung der Regeln des Ordensweges.

Die fünfte Frucht ist: die subtilen Wahrheiten zu emp-

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fangen, die sich auf dem Weg des Ordens und dem Ge-denken Gottes (dhikr) aus der Einhaltung der Gebote derScharia ergeben und sie zu schätzen wissen… Dann wirder nicht unter Zwang gehorchen, sondern seinen Dienstund die Anbetung in Sehnsucht verrichten.

Die sechste Frucht ist: die Stufe (makam) des Gott-vertrauens, den Rang der Hingabe und den Grad gött-lichen Wohlgefallens zu erlangen, welche die wahrenMittel und Werkzeuge wahrhaftiger Freude, aufrichtigerTröstung und einer inneren Heiterkeit ohne jeden Kum-mer und eine Vertrautheit ohne jede Verlassenheit ist.

Die siebente Frucht ist die wichtigste Bedingung, umin Aufrichtigkeit auf dem Ordensweg zu fahren, und zu-gleich auch sein bedeutendstes Ergebnis, um aus denNiederungen (der Seele) wie einer versteckten Abgötte-rei, Scheinheiligkeit und allem unechten (Gehabe) befreitzu werden. Und es ist zugleich auch die Errettung durcheine Reinigung der Seele (nefs) von den Gefahren diesereigenwilligen Seele und den Gefahren des Egoismus,was einer chirurgischen Operation auf dem Ordensweggleichkommt.

Die achte Frucht ist: durch Gottes Gedenken (dhikr) inseinem Herzen und kontemplative Versenkung auf demOrdensweg Gottes Wohlwollen, seine göttliche Gegen-wart und eine feste Absicht (niyet) zu gewinnen und soseine Gewohnheiten in Dienst und Anbetung zu verwan-deln, zugleich aus seinen irdischen Handlungen Wohlta-ten für das Jenseits zu machen, auf diese Weise das Ka-pital seines Lebens aufs Schönste anzulegen und so je-de Minute der Spanne seines Lebens in Samenkörnerumzuwandeln, welche die Ähren des Ewigen Lebens tra-gen werden.

Die neunte Frucht ist der Einsatz, um durch diese spi-rituelle Reise seines Herzens, unter dem Einsatz seinesGeistes (ruh) und seine innere Reifung ein VollkommenerMensch (insanu-l’kamil) zu werden, nämlich ein wahrer

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Gläubiger und ein ganzer Muslim, das heißt, nicht nur ei-nen oberflächlichen Glauben, sondern einen echtenGlauben und wahren Islam zu gewinnen, das heißt, indiesem Weltall und gewissermaßen als der Repräsentantin diesem Weltall unmittelbar der Diener und Anbeter desSchöpfers in Seiner Majestät und Sein Ansprechpartnerzu werden, Sein Freund zu werden, Sein Gefährte (kha-lil) zu werden, seine Abspiegelung zu sein und sich alsdas beste aller Geschöpfe zu erweisen und auf dieseWeise den Grund für die Bevorzugung der Söhne Adamsvor den Engeln zu beweisen. So wird er sich auf den Flü-geln der Scharia, d.h. dem Glauben und den guten Wer-ken zu den hohen Stufen (makam) emporschwingen undnoch in dieser Welt die Ewige Glückseligkeit schauen, jasogar in diese Glückseligkeit eingehen…

»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du unsgelehrt hast. Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32)»Oh Gott gib Deinen Frieden und Segen unserem Herrn Mohammed,dem größten Retter über allen Äonen, dem mächtigsten Pol durch alleZeitalter hin, unseren Herrn Mohammed, dessen majestätischer Glanzseiner Gottesfreundschaft und Rang als Geliebter Gottes bei seinerHimmelfahrt sichtbar wurde, in dessen Schatten seiner Himmelfahrt sichalle Ordenswege wiederfinden, ihn und seine Familie und alle seineGefährten insgesamt.«»Und aller Lobpreis und Dank gebührt Gott, dem Herrn aller Welten.«

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Anhang

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.«

Dieser kleine Anhang ist von großer Bedeu-tung. Jeder kann daraus seinen Nutzen zie-hen.

Es gibt viele Wege, die zu Gott dem Gerechten führen. Al-le wahrhaftigen Wege sind aus dem Qur’an entnommen.Aber manche dieser Wege sind kürzer als andere, nochsicherer, noch umfassender. Hier handelt es sich um denWeg »Schwäche, Armseligkeit, selbstlose Liebe undNachdenken«, den ich neben anderen durch meinen Ver-stand in meiner Wenigkeit aus dem Qur’an herausgefun-den habe. Ja, die Schwäche ist auch ein Weg wie die Lie-be, ja sogar ist sie noch sicherer: Dank des Weges desGottesdienstes führt sie hin, bis man Geliebter Gotteswird. Die Armseligkeit führt auch zu dem Namen Gottes»der Erbarmer (Rahman)«. Ferner ist die selbstlose Lie-be ein Weg wie die Liebe, ja sogar noch schärfer undnoch umfassender. Er führt zu dem Namen Gottes »derBarmherzige (Rahim)«. Ferner ist das Nachdenken auchein Weg wie die Liebe, ja sogar noch reicher, noch glän-zender und noch umfassender. Er führt zu dem NamenGottes »der Weise (Hakim)«. Dieser Weg besteht nichtaus zehn Schritten, die man auf dem esoterischen Wegals »Zehn Feinheiten« nennt, oder nicht Schritte auf sie-ben Stufen, die man auf dem exoterischen Weg als »Sie-ben Seelen« bezeichnet, sondern vielmehr besteht er aus»vier Schritten«. Er ist mehr als Mystik, er ist die Er-kenntnis der Wahrheit. Er ist die Scharia, der Weg derGebote Gottes. Man soll nicht falsch verstehen: Dasheißt, dass man seine Schwäche, Armseligkeit und Feh-

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ler Gott dem Gerechten gegenüber erkennt. Das heißtnicht, dass man sie vorführt oder den Leuten zur Schaustellt. Die Gebete dieses kurzen Weges sind: Dem Vorbilddes Propheten folgen, die Pflichtgebote einhalten, diegroßen Sünden verlassen und besonders die Pflichtge-bete vorschriftgetreu verrichten und an deren Ende diebesonderen Rezitationen vollziehen.

Auf den ersten Schritt weist die Ayah

»Erklärt euch nicht selbst für rein!« (Sure 53, 32)

hin. Auf den zweiten Schritt weist die Ayah

»Und seid nicht wie diejenigen, die Gott vergessen haben, worauf Er siesich selber vergessen ließ.« (Sure 59, 19)

hin. Auf den dritten Schritt weist die Ayah:

»Was dich an Gutem trifft, kommt von Gott, was dich an Schlimmentrifft, von dir selbst.« (Sure 4, 79)

hin. Auf den vierten Schritt weist die Ayah

»Alles ist dem Untergang geweiht, nur Er (wörtlich: Sein Antlitz) nicht.«(Sure 28, 88)

hin. Eine kurze Erläuterung zu diesen vier Schritten istfolgend:

Erster Schritt: Man soll sich nicht für geläutert halten,wie die Ayah

»Erklärt euch nicht selbst für rein!« (Sure 53, 32)

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hinweist. Denn der Mensch liebt von seinem Wesen undseiner Veranlagung her sich selbst. Ja vielmehr liebt er anerster Stelle und direkt sein Wesen. Er opfert alles ande-re seinem Selbst. Er lobt sich selbst auf einer Art, wie esdem Angebeteten gebührt. Er erklärt sich selbst vonschändlichen Handlungen frei und spricht sich frei, wiedies dem Angebeteten zukommt. Soweit wie möglich hälter sich nicht als geeignet für Fehler und er nimmt sie nichtan. Er verteidigt sich heftig in der Art einer Selbstvereh-rung. Sogar verwendet er die Anlagen und Fähigkeiten,die seinem Wesen anvertraut sind und ihm dazu verlie-hen wurden, um den wahren Angebeteten zu loben undzu preisen, für sich selbst. So erfährt er das Geheimnisvon

»Einem, der seine persönliche Neigung sich zu seinem Gott gemachthat.« (Sure 25, 43)

Er sieht sich selbst, er vertraut auf sich selbst, er gefälltsich selbst. So ist auf dieser Stufe und in diesem Schrittdie Läuterung und Reinigung der Seele, dass man sichnicht für geläutert und gereinigt hält.

Zweiter Schritt: Wie die Ayah

»Und seid nicht wie diejenigen, die Gott vergessen haben, worauf Er siesich selber vergessen ließ.« (Sure 59, 19)

diesen Unterricht erteilt: Er hat sich selbst vergessen, erhat keine Ahnung von sich selbst. Denkt er an den Tod,so gibt er ihn den anderen. Sieht er das Vergehen undden Untergang, so will er sie nicht auf sich beziehen. Woes um Mühe und Dienst geht, so vergisst er sich, aber woes um die Belohnung und um die Freude geht, denkt eran sich selbst und bezieht es sehr stark auf sich. Das istcharakteristisch für eine eigenwillige Seele. An dieser

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Stelle wird sie geläutert, gereinigt und wohlerzogen durchdas Gegenteil dieser Haltung. Das heißt, wo die Seelesich vergessen will, soll man sie nicht vergessen. Dasheißt, man soll sich vergessen, wo es um Freude undWünsche geht, und an sich denken, wenn es sich um Todund Dienst handelt.

Dritter Schritt: Wie die Ayah

»Was dich an Gutem trifft, kommt von Gott, was dich an Schlimmentrifft, von dir selber.« (Sure 4, 79)

diesen Unterricht erteilt: Die Besonderheit der Seele istes, das Gute sich selbst zu vermachen und darauf stolzund hochmütig zu sein. In diesem Schritt soll man bei sei-ner Seele nur Fehler, Mängel, Schwäche und Armselig-keit erkennen und verstehen, dass alle Schönheiten undVollkommenheiten Geschenke sind, die von dem majes-tätischen Schöpfer gegeben wurden. Man soll an derStelle von Stolz Gott danken und an der Stelle vonSelbstruhm Gott loben. Auf dieser Stufe ist ihre Läuterungnach dem Geheimnis

»Wohl ergeht es dem, der sie von sich aus rein hält.« (Sure 91, 9)

Folgendes: Man soll seine Vollkommenheit in seiner Un-vollkommenheit, seine Macht in seiner Schwäche, undsein Reichtum in seiner Armseligkeit wissen.

Vierter Schritt: Wie die Ayah

»Alles ist dem Untergang geweiht, nur Er (wörtlich: Sein Antlitz) nicht.«(Sure 28, 88)

diesen Unterricht erteilt: Die Seele hält sich für frei undselbständig und unabhängig existent. Daher beansprucht

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sie eine Art Herrschaft. Sie ist ihrem Angebeteten gegen-über feindselig und aufständisch gesinnt. Sie kann sichso davor retten, indem sie diese folgende Wahrheit be-greift. Die Wahrheit ist folgendermaßen: Jedes Ding ist inseinem Wesen, wenn man es aus sich selbst heraussinnvoll betrachtet, vergänglich, nicht vorhanden, eineEingebung und nicht existent. Aber wenn man es wie einVerhältniswort in der Grammatik betrachtet und dass esals ein Spiegel für die Namen des majestätischen Schöp-fers dient und beauftragt ist, so ist es ein Zeuge, ein Be-zeugter, es hat einen Körper und es existiert. An dieserStelle ist ihre Läuterung und Reinigung folgendermaßen:In ihrer Anwesenheit ist sie abwesend und in ihrer Abwe-senheit ist die anwesend. Das heißt: Wenn sie sich für et-was hält und denkt, sie würde selbständig existieren, sositzt sie in einer dermaßen großen Finsternis der Abwe-senheit im Umfang des ganzen Kosmos. Das heißt, wennsie auf ihre persönliche Existenz vertraut und Denjenigen,der sie in Wahrheit ins Dasein brachte, vergisst, so liegtsie wie ein Leuchtkäfer mit einem persönlichen Licht imKörper in grenzenloser Finsternis der Abwesenheit undder Trennungen. So ertrinkt sie. Wenn sie aber den Ego-ismus verlässt und einsieht, dass sie persönlich nichts istund nur ein Spiegelbild dessen, der alles in Wahrheit er-schafft, da gewinnt sie die ganze Schöpfung und einengrenzenlosen Körper. Denn derjenige, der den Herrn, denNotwendigseienden findet, dessen Namen in allenSchöpfungen in Erscheinung treten, findet alles.

Schlusswort

Die Erklärung dieser vier Schritte von dem Weg »der Er-kenntnis der eigenen Schwäche, Armseligkeit, selbstlo-sen Liebe und des Nachdenkens« findet sich in denSechsundzwanzig Worten, die für das Erkennen derWahrheit, für die Wahrheit der Scharia, des Weges der

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Gesetzgebung, und über die Weisheit des Qur’an ver-fasst wurden. Hier wollen wir auf ein, zwei Punkte nurkurz hinweisen. Es ist dies wie folgt:

In der Tat ist dieser Weg noch kürzer. Denn er bestehtaus vier Schritten. Wenn die Schwäche die Hand der Be-gierde von der Seele wegnimmt, schreibt die Seele allesunmittelbar auf Gott den Allmächtigen, den Majestäti-schen zu. Stattdessen lässt die Liebe, die als wirksamerWeg betrachtet wird, die Hand der Begierde von der See-le wegziehen, so hält sich die Seele dennoch an einer ir-dischen Geliebten fest. Nachdem sie ihren Untergang er-fahren hat, richtet sie sich nach dem wahren Geliebten.Ferner ist dieser Weg noch sicherer. Denn auf diesemWeg kann die Seele nicht in einen geistigen Rausch ver-fallen und keine überheblichen Ansprüche erheben. Dennman sieht in der eigenen Seele nichts anderes alsSchwäche, Armseligkeit und Fehler, sodass man über-heblich werden könnte. Ferner ist dieser Weg noch um-fassender und eine große Straße. Denn, auf diesem Wegwird nicht gedacht, dass die Welt zum Nichtsein verurteiltist, wie die Leute »der Einheitslehre des Seins« tun, umständig mit der Gegenwart Gottes zu leben, und mussnicht urteilen: »La maudjuda illa hu (Es gibt nichts Exis-tentes außer Ihm.)« Oder man muss sich nicht wie dieLeute der »Einheitslehre der Bezeugten« vorstellen, dassdie Welt in die Haft der absoluten Vergessenheit verurteiltist, und sagen »La mash’huda illa hu (Es gibt nichts Be-zeugtes außer Ihm.)«, um ständig mit der GegenwartGottes leben zu können. Vielmehr, da der Qur’an der Weltganz eindeutig ihr Nichtsein und ihre Haft erlässt, richtetsich unser Weg auch dementsprechend. Er entbindet al-le Existenzen vom Dienst auf eigene Rechnung und stelltsie auf die Rechnung des majestätischen Schöpfers inDienst. Dieser Weg setzt die Existenzen ein, im Auftragals Erscheinungsort und Spiegel für die Schönen NamenGottes zu dienen, und er betrachtet sie wie ein Verhält-niswort zu seinem Substantiv, dem Schöpfer. Auf diesem

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Weg kann man sich vor der absoluten Gottvergessenheitretten, in die ständige Gegenwart Gottes eintreten und injedem Ding einen Weg zu Gott dem Gerechten finden.

Zusammenfassung: Hier handelt es sich darum, dieDinge vom Dienst auf die eigene Rechnung zu entbindenund sie nicht von sich aus als sinnvoll zu betrachten.

Dreißigster Brief

Gedruckt in Arabisch, »Hinweise auf die Wunderhaftigkeitdes Qur’an, Ein Kommentar«

Einunddreißigster Brief

Einunddreißig Blitze

Zweiunddreißigster Brief

Eine Abhandlung, gedruckte »Schlaglichter«, die sich aussich selbst heraus in Gedichten geformt haben.

Gleichzeitig auch »Zweiunddreißigster Blitz«, der amEnde der »Worte« angefügt und herausgegeben wurde.

Dreiunddreißigster Brief

Abhandlung in Dreiunddreißig FensternFenster, die sich zur Erkenntnis Gottes öffnen.Gleichzeitig »Dreiunddreißigstes Wort«, herausgege-

ben in der Sammlung der »Worte«, an dieser Stelle nichtmit eingefügt.

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»Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Allerbarmers.«»Oh Gott! Oh Barmherziger! Oh Allerbarmer! Oh Einzigartiger! OhLebendiger! Oh Unwandelbarer! Oh Gerechter! Oh Heiliger!«

Um Deines Gewaltigen Namens willen und um der Ehredes Qur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist,und um der Würde Deines ehrenwerten Gesandtenwillen, mit dem Friede und Segen sei, geleite diejenigen,welche dieses Buch gedruckt haben, ihre gesegnetenHelfer und die Schüler der Risale-i Nur zur Ewigen Glück-seligkeit in den Gärten des Paradieses. Amin. Verleiheihnen immerwährenden Erfolg im Dienste am Glaubenund am Qur’an. Amin. Und schreibe ihnen für jeden Buch-staben dieses Buches tausendmal Gutes in das Buchihrer Guten Taten. Amin. Und gewähre ihnen Ausdauer,Stetigkeit und Aufrichtigkeit in der Verbreitung der»Licht«-Abhandlungen. Amin.

Oh Barmherziger Allerbarmer!… Schenke allen Schü-lern der Risale-i Nur Glück und Zufriedenheit in BeidenWelten. Amin. Beschütze sie vor der Bosheit des Teufelsin Dschinnen- und Menschengestalt. Amin. Und verzeihediesem schwachen und hilflosen Said seine Fehler.Amin…

Im Namen

aller Nur-Schüler

Said Nursi

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Literaturverzeichnis

1 Fathu’l-Bari, Ibn Hadjar, Band: VI, Seite: 582, 583 Nawawi, Band: I, Seite: 2

2 Sahih, Buchari, Kapitel: Über Abdullah Ibn SelamMishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5870Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 247

3 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 122, Hadithnr.: 5737Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: I, Seite: 122, Hadithnr.: 5337

4 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2145, Hadithnr.: 2782; Seite: 2184, 2185, Hadithnr.: 2844 Musnad, Ahmad Ibn Hanbal, Band: III, Seite: 341, 346Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: II, Seite: 697

5 Tirmidhi, Abu Davud, Ibn Madja, Hakim, Tabarani, Abu Ya’la zitieren Überlieferungen über Mahdi von verschiedenen Sahabis.

6 Djami’us-Saghir, Albani, Band: V, Seite:352Nazmu’l-Mutanasir, Idrisi Kattani, Hadithnr.: 20, 24

7 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 103 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXI, Seite: 26

8 Sunan, Abu Davud, Hadithnr.: 3607 Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: XXII, Seite: 233, 234Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 320 Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4052Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 2260Naylu’l-Atwar, Shawqani, Band: V, Seite: 180

9 Sahih, Buchari, Band: III, Seite: 244; Band: IV, Seite: 249Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: X, Seite: 277, 288Sunan, Nasa’i, Kapitel: Über die Bedeutung des Frei-tagsMusnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: V, Seite: 37, 44, 49, 51, 354

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Literaturverzeichniswww.Lichtstr.de

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Musnad, Tayalisi, Hadithnr.: 874Sunan, Abu Davud, Band: II, Seite: 519, 520

10 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VII, Seite: 238Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4462, 4463

11 Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 213 Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4470, 4475, 4476 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 686, 687

12 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VII, Seite: 234Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 297

13 Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 475 Musnad, Achmad Ibn Hanbal und andere Imame berichten von Yahya bin Sa’id, der erzählte: In einer Nacht kam Hasret Aysha (Möge Gott mit ihr zufrieden sein) zu Fuß an den Brunnen von Bani Amir. Als sie hörte, wie die Hunde bellten, fragte sie: »Welcher Brunnen ist dieser?« Die Leute sagten ihr, dieser ist der Brunnen Haw’eb. Sie sagte: »Ich glaube, ich muss schnell zurückkehren.« Einige von ihren Begleitern sagten zu ihr: »Gehen Sie doch weiter, damit diestreitenden Gruppen unter Muslimen Sie sehen kön-nen. Vielleicht wird Gott sie durch ihr Erscheinen zu einer Versöhnung bringen.« Daraufhin sagte Hasret Aysha (Möge Gott mit ihr zufrieden sein): »Einmal hatte der Gesandte Gottes, mit dem Friede und Segen sei, zu mir gesagt: Eine von euch wird einmal die Hunde am Haw’eb bellen hören, als ein Zeichen auf eine kritische Lage…«

14 Djami’us-Saghir, Albani, Hadithr.: 258615 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 138

Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: II, Seite: 4516 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 43

Sahih, Moslim, Band: II, Seite: 744, 74517 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 1357

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Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite:187,188

18 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 685 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 181 Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 2558Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 1737

19 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 172 Sunan, Ibn Madja, Hadithnr.: 1322 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIV, Seite: 6 Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 5219

20 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 244Band: IX, Seite: 133, 134Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: III, Seite: 83.

21 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 678, 679

22 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 253Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 679

23 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 67824 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 678,

67925 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2236, 2237,

Hadithnr.: 291826 Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: X, Seite: 147

Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 182 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 232 Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 198, 478, 479, 670

27 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2215, Hadithnr.: 2189 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: V, Seite: 278, Hadithnr.: 284Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: VI, Seite: 398, 400, Hadithnr.: 2267Sunan, Ibn Madja, Band: II, Seite: 1304, Hadithnr.:3952Sunan, Abu Davud, Band: II, Seite: 412

28 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 1779;

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Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 390, Hadithnr.: 428Mustadraq, Hakim, Band: III, Seite: 349 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 167, Hadithnr.: 5871Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 174

29 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 182 Djami’us-Saghir, Albani, Band: I, Seite: 122

30 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 210 Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 385

31

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40 Sahih, Buchari, Band: IX, Seite: 60 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 241 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2207, Hadithnr.: 2880

41 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 209 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 699Hilyatu’l-Awliya, Band: I, Seite: 94

42 Sahih, Buchari, Kapitel: Über den Negus von Abbasi-nienMoslim, Achmad ibn Hanbal, Malik, Shafi’i, Beyhaqi und Abu Davud überliefern auch.

43 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 15 44 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1880

Djami’us-Saghir, Albani, Band: I, Seite: 97, Hadithnr.: 130

45 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 340 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 248 und Band: V, Seite: 26 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1904, Hadithnr.: 2450 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: VI, Seite: 77, 240, 282, 283

46 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 343 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 701 Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: V, Seite: 8, 9 Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 116, Hadithnr.: 4109 Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 64, 387 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: 9, Seite: 332

47 Djami’us-Saghir, Albani, Band: VI, Seite: 24, Hadith-nr.: 6620

48 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 197149 Djami’ul-’Usul, Djazari, Band: X, Seite: 99, Hadith-nr.:

7567, 756850 Al-Tarihu’s-Saghir, Hadithnr.: 139;

Mustadraq, Hakim, Band: IV, Seite: 422Al-Talhis, Hatib, Band: I, Seite: 91

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Ibn Asakir, Band: II, Seite: 223/16 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 218 Al-Tarih, Abu Haysuma, Band: II, Seite: 10/101

51 Lu’lu wal-Mardjan, Band: III, Seite: 183, Hadithnr.: 1650

52 Kashfu’l-Hafa, Adjluni, Band: II, Seite: 53, 5453 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 172

Sunan, Ibn Madja, Hadithnr.: 1322 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIV, Seite: 6 Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 5219

54 Djami’us-Saghir, Albani, Band: IV, Seite: 150Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 305

55 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIII, Seite: 134Madjma’uz-Zawa’id, Band: IX, Seite: 33Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 246, Hadithnr.: 693Fadailu’s-Sahabah, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Seite: 565, Hadithnr.: 952

56 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: X, Seite: 22Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIV, Seite: 20, 21Sharhu’l-Musnad, Achmad Shakir, Band: II, Seite: 137, Hadithnr.: 880

57 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 2262Djami’ul-’Usul, Djazari, Band: X, Seite: 40, Hadithnr.:7503Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 813Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 954Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: X, Seite: 237Awsat, Tabarani

58 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 171Sahih, Buchari, Band: VII, Seite: 366Sahih, Moslim, Hadithnr.: 1807, 2406Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 52Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: V, Seite: 333

59 Duraru’l-Muntashira, Suyuti, Hadithnr.: 118Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: IV, Seite:

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189, 190Kashfu’l-Hafa, Adjluni, Hadithnr.: 1168

60 Djami’us-Saghir, Albani, Band: VI, Seite: 174, Hadith-nr.: 7294

61 Shifa’ush-Sharif, Band: I, Seite: 339Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2236Kitabu’l-Fitan, Achmad Abu Sa’id al-Khudri überliefert von Abu Qatada.Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 330Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIII, Seite: 142Sahih, Buchari, Band: I, Seite: 122Nazmu’l-Mutanasir, Hadithnr.: 126

62 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 238Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2218Tirmidhi und andere Hadithgelehrten überliefern von Huzayfa.

63 Bayhaqi und sein Scheich Hakim überliefern von Ha-san ibn Mohammed.Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 704Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 218Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Band: II, Seite: 93, 94, Hadith-nr.: 3573

64 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 703Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 3115

65 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 344Al-’Isabah, Ibn Hadjar

66 Sahih, Buchari, Band: II, Seite: 254Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2236, 2237Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: VI, Seite: 462, 463Sunan, Tirmidhi

67 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 211Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 700Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 875Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 1427

68 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 184, 185

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Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2494Sunan, Abu DavutSunan, TirmidhiMusnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 80

69 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 139, Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 664Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Hadithnr.: 438, 439Al-Hasais, Suyuti, Band: I, Seite: 336

70 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 219, 220Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4366Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 409, 410Ibn Hisham, Band: II, Seite: 413

71 Musnad, Achmad bin Hanbal überliefert von Ibn Abbas.Hakim und Bayhaqi überliefern von Aysha.Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 206Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 699Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 85

72 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 343Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 207

73 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 148Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1719-1720, Hadith-nr.: 2189Sunan, Ibn Madja, Hadithnr.: 3545Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 367Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: VI, Seite: 57, 63, 97Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 174, Hadithnr.: 5893

74 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 342Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 203Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 289, 290, (‘Aws ibn Halid berliefert.)Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 2189, (Abu Hurayra überliefert.)Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 103

75 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 342

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76 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 342, 343Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 284,286, 287Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: III, Seite: 313

77 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 344, (Ibn Iskhaq und Bayhaqi überliefern.)Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 218Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: V, Seite: 538, 539Ibn Hisham, Band: II, Seite: 526Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: IV, Seite: 30, 31

78 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 345Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 220Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 706 Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: III, Seite: 96, 97

79 Sahih, Buchari, Band: VII, Seite: 168, (Ibn Abbas und Abdu’r-Rachman bin ‘Awf überliefern.)Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1740, Hadithnr.: 2219Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXIII, Seite: 86

80 Die Überlieferung von Annas besagt, dass der Ge-sandte Gottes, mit dem Friede und Segen sei, einmal sagte: »Oh Annas! Die Menschen werden Städte er-richten. Eine von ihnen wird Basra heißen.«Djami’us-Saghir, Albani, Band: VI, Seite: 268, Hadith-nr.: 7736Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5433, (Abu Davut überliefert von Abu Baqr.)

81 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 344Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 703Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: X, Seite: 102

82 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 337Djami’us-Saghir, Albani, Band: VI, Seite: 173, (Bu-chari, Moslim, Abu Davut, Tirmidhi und Ibn Madja überliefern.)

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83 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 341Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 194, (Bedhdhar und Tabarani überliefern.)Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 692, (Achmad, Bedhdhar und Tabarani überliefern.)Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VII, Seite: 310

84 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 242Sahih, Buchari, Band: IX, Seite: 60Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: II, Seite: 288, 296, 301, 304, 324, 377, 520, 536Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 66Musnad, Achmad ibn Hanbal, Band: V, Seite: 38Musnad, Tayalisi, Hadithnr.: 2508

85 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 247Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1781, Hadithnr.: 2274

86 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 200, (Buchari und Moslim (Sheichayn) überliefern.)

87 Sahih, Buchari, Kapitel: Über Vorzüge der Jünger des Propheten Md. (Frieden und Segen sei mit ihm.) und Kapitel: Über Gebetsstätten (Masdjid) Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2382Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3661Al-Tadj, Band: III, Seite: 306, 307

88 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 343Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 702Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 214Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 398Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 91, Hadithnr.: 4047

89 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 234, 235Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2045

90 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 292Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 303Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 33Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 604

91 Sahih, Buchari

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Sahih, Moslim, Hadithnr.: 27, 1729 (Abu Hurayra und Omar überliefern.)

92 Sahih, BuchariSahih, Moslim, Hadithnr.: 2057Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 55

93 Sahih, BuchariSahih, Moslim, Hadithnr.. 3029

94 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 234, 235Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2040Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 59

95 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 228196 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 2629

Djami’ul-’Usul, Hadithnr.: 8913Sunan, Darimi, Seite: 32, 33, Hadithnr.: 157Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5928

97 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 293Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 606Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 308Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 305

98 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 293Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 36Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 302,303Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 1220

99 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 297100 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 294

Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 608Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 73, Ha-dithnr.: 4001

101 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 58Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 304

102 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 235Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 60Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 295

103 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 295

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Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 56Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 191, Hadithnr.: 5933Sunan, Tirmidhi, Hadithr.: 3838Djam’ul-Fawa’id, Band: XXII, Seite: 481

104 Sahih, BuchariSunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 2479

105 Sahih, BuchariSahih, Moslim, Hadithnr.: 2279Muwatta’, Band: I, Seite: 32Sunan, Nasa’i, Band: I, Seite: 60Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3635

106 Sahih, BuchariSahih, Moslim, Hadithnr.: 1856

107 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 3006, 3014108 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 235

Tirmidhi, Hadithnr.: 3637Sunan, Nasa’i, Band: I, Seite: 60

109 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1984, Hadithnr.: 706110 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 234

Sahih, Moslim, Hadithnr.: 1729Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 61

111 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 681Sunan, Abu Davud, Hadithnr.: 437, 441

112 Sahih, Buchari, Kapitel: Über TayammumSahih, Buchari, Kapitel: Über Kennzeichen des Pro-phetentumsSahih, Moslim, Hadithnr.: 682

113 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 194Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: XXII, Seite: 353

114 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 29Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad; Band: I, Seite: 290

115 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III Seite: 128116 Nazmu’l-Mutanasir, Idrisi Kattani, Seite: 137117 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 302

Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 10

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Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: II, Seite: 354118 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 298

Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 292Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 125Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 16, Ha-dithnr.: 3836Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5925

119 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 299Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 10Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 49

120 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 3006, 3014121 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 299

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 51122 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 300

Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 8, 10, Hadithnr.: 3830Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 5, 6

123 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 301Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 57

124 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 301Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 53Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 6, 7

125 Sahih, Buchari, Kapitel: Vorzüge der Jünger des Pro-phetenSahih, Buchari, Kapitel: DschinnenSahih, Moslim, Hadithnr.: 450

126 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3632Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3707Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 10Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym IsfahaniMusnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: III, Seite: 293

127 Nazmu’l-Mutanasir, Idrisi Kattani, Hadithnr.: 134-135128 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 237-238

Sunan, Nasa’i, Band: III, Seite: 102129 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3631

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Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 8899130 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 62131 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 62

Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: III, Seite: 22132 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 237

Fathu’r-Rabbani, Band: XXII, Seite: 49, 50133 Al-Tarih, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 125, Hadithnr.:

2236, 2237, 2400, 2401, 3430, 3431, 3432134 Fathu’r-Rabbani, Band: XXII, Seite: 49135 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 304136 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 304137 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 305

Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 626138 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 235

Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3712139 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 306

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 70Ahadithu’l-Mushkilah, Muhammed Hud, Hadithnr.: 112

140 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 306Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: V, Seite: 179Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 298f Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Hadithnr.: 35409, 35410Fathu’r-Rabbani, Band: VI, Seite: 590

141 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 363Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3705Sunan, Darimi, Band: I, Seite: 19, 20, Hadithnr.: 21Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 8893Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 260Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: II, Seite: 365

142 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 307Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 71

143 Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 782, Hadithnr.: 2277Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3703Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: V, Seite: 89, 95, 105

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144 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 307Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 71Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 259

145 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 269, 270

146 Sahih, Buchari, Kapitel: Über Vorzüge der Jünger des ProphetenSunan, Abu Davud, Hadithnr.: 4651Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3781, (Tir-midhi überliefert.)

147 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2417Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3698

148 Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3783149 Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Hadithnr.. 3841

Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 559150 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 75151 Sahih, Moslim, Band: VI, Seite: 132, 133

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 75Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 38

152 Sahih, Buchari, Kapitel: Über SchlachtenSahih, Buchari, Kapitel: Der Tag der Eroberung Mekkas.Sahih, Moslim, Hadithnr.: 1781Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3137Sahih, Ibn Hibban, Hadithnr.: 1702

153 Buchari, Moslim und Tirmidhi überliefern. 154 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 176155 Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3699

Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 186, Hadithnr.: 5918

156 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 308157 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 84158 Sahih, Moslim, Band: III, Seite: 1398, Hadithnr.:

1775, 1777159 Sahih, Buchari, Kapitel: Medizin

Sahih, Buchari, Kapitel: Djihad (Sich-anstrengen-in-Willen-Gottes)

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Sahih, Buchari, Kapitel: Über SchlachtenSunan, Abu Davud, Hadithnr.: 4508, 4509 u. 4512Sunan, Darimi, Band: I, Seite: 3, 4Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Seite: 451Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2990

160 Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 336161 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5931

Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 8888Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 295, 296

162 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 66, 67Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: II, Seite: 166, 167Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 318, 319Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 7076Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: XII, Seite: 376

163 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 156Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 333Sirah, Ibn Hisham, Band: I, Seite: 637Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 186Ahadithu’l-Mushkilah, Muhammed Hud, Hadithnr.: 99

164 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 333Al-Isti’ab, Ibn Abdu’l-Barr, Hadithnr.: 879Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 157

165 ‘Uyunu’l-athar, Ibn Sayyid an-Nas, Band: II, Seite: 20Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4583

166 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 322Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 651Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 113

167 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 322Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 113Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: XII, Seite: 376, 377Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 186-187

168 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 322Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 113

169 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 58, 65, 73

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Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 23, 171Sahih, Moslim, Band: XII, Seite: 185Sahih, Moslim, Band: XV, Seite: 178

170 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 170Sunan, Abu Davud, Band: II, Seite: 339Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 259

171 Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 1290172 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324173 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324

Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 656Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 164

174 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 323Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 656Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 118Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 134

175 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 323Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 107Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 1192Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 83Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 128Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Seite: 54, Ha-dithnr.: 637, 638 Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Hadithnr.: 3635Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 6513Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 247

176 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 298Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 657

177 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324Sunan, Ibn Madja, Hadithnr.: 3532

178 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 657Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 2Sunan, Darimi, Band: I, Seite: 11, 12

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Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5922-5923Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 172

179 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 324Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 121Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 415Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: I, Seite: 295

180 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 319Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 105Al-Bidayah wan-Nihayah, Band: VI, Seite: 158, 159

181 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 319Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 105Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: IV, Seite: 379

182 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 325Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 312

183 Sahih, Buchari, Band: II, Seite: 35 und Band: V, Sei-te: 25

184 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 327Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 66

185 Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3684Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 7428

186 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 327Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 661Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 130Djami’ul-’Usul, Djazari, Band: IX, Seite: 63Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 264, 314, 328, 335Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 292Sahih, Buchari, Band: I, Seite: 29Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 34

187 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 338Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 1871

188 Sahih, Buchari, Band: VIII, Seite: 93, 100Sahih, Moslim, Band: IV, Seite: 1929, Hadithnr.: 2480, 2481Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: VI, Seite: 430Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: III, Seite: 190

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Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Band: X, Seite: 330Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 203

189 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 326Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 659Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 125

190 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 252Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 326

191 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 327Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: V, Seite: 286Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4077, 4078

192 Sunan, Tirmidhi, Band: V, Seite: 649, Hadithnr.: 3752Sahih, Ibn Hibban, Hadithnr.: 12215Mustadraq, Hakim, Band: III, Seite: 499Sunnah, Ibn Abu ‘Asim, Kapitelnr.: 138Hilyah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 93Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: III, Seite: 206Ibn Sa’d, Band: III, Seite: 142Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 251, Hadithnr.: 6116Tuhfatu’l-Ahwasi, Mubarakfuri, Band: X, Seite: 253, 254, Hadithnr.: 3835Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Sei-te: 750, Hadithnr.: 1038Djami’ul-’Usul, Djazari, Band: X, Seite: 16, Hadithnr.: 6535

193 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 327Nasimu’r-Riyad, Hafadji; Band: III, Seite: 128

194 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 661Musnad, Al-Harith, Band: II, Seite: 6Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 4065Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 8639Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 168

195 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 122Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 950

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Sunan, Ibn Madja, Band: I, Seite: 43, 44, Hadithnr.: 117Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 99, 133Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Seite: 120Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 133

196 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 328Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 134Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 203

197 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 328Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 134Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 662

198 Sahih, Buchari, Band: I, Seite: 41Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 253Tuhfatu’l-Ahwazi, Mubarakfuri, Band: X, Seite: 334, Hadithnr.: 3923Djami’ul-’Usul, Djazari, Band: IX, Seite: 95Sahih, Buchari, Band: III, Seite: 68, 143Sahih, Buchari, Band: IX, Seite: 133Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2492Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: II, Seite: 240, 274, 427Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 405, 409, 410Sunan, Tirmidhi, Band:X, Seite: 334, 335, Hadithnr.: 3924Hilyah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 381Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Hadithnr.: 1190Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 162

199 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 328Sahih, Buchari, Band: VI, Seite: 10Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 159

200 Sahih, Moslim, Band: III, Seite: 1418, Hadithnr.: 1794Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 57Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 417

201 Sahih, Buchari, Band: II, Seite: 37202 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 329

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203 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 329Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 142Sahih, Buchari, Kapitel: über Kennzeichen des Pro-phetentums und die ProphetenSahih, Moslim, Hadithnr.: 2781

204 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 329Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2021

205 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 331Madjma’uz-Zawa’id al-Zava’id, Band: IX, Seite: 349Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 90, Hadithnr.: 4044

206 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: V, Seite: 441, 442Al-Tabaqat, Ibn Sa’d, Band: IV, Seite: 53, 57Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 332, 336Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 894Mustadraq, Hakim, Band: II, Seite: 16

207 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 332Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2280

208 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 331Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 149

209 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 331210 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 332

Sunan, Ibn Madja, Hadithnr.: 659211 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 67212 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 160213 Al-Isti’ab, Ibn Abdu’l-Barr

Al-Wafa, Ibn DjawziMishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5943Mustadraq, Hakim, Band: II, Seite: 109Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 313Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 58Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: III, Seite: 190, 191Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 55, 57

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Al-Tabaqat, Ibn Sa’d, Band: I, Seite: 230, 231214 Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Band: V, Seite:

210, Hadithnr.: 3598Al-Tarih, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 102

215 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XX, Seite: 192, 193Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 220, 221

216 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334217 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334218 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 335219 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334

Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 412220 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334

Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Band: III, Seite: 225Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: V, Seite: 319

221 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 334Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 163Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 259

222 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 313Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 248Al-Musannaf, Abdu’r-Rezaq, Band: V, Seite: 389Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: III, Seite: 179, 181Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VII, Seite: 27Zadu’l-Ma’ad, Ibn Qayyim, Band: III, Seite: 52Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 15934Musnad, Abu Bakr al-Marwasi, Hadithnr.: 73

223 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 313Nasbu’r-Ra’yah, Zayla’i, Band: I, Seite: 123Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 52, 53

224 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 313225 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 309

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 79226 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 310

Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: XV, Seite: 202, 203, Hadithnr.: 8049

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Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 291, 292Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Hadithnr.: 11864,11867Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XX, Seite: 240Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5927

227 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 311Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 84

228 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 4Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XXII, Seite: 50, 51Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Seite: 1745Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 87

229 Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 173Silsilatu’l-Ahadithu’s-Sahiha, Albani, Hadithnr.: 485

230 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 313231 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 145232 Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2307

Sunan, Abu Davud, Hadithnr.: 4988Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 1685

233 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 315Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 95

234 Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Band: III, Seite: 199, Hadithnr.: 5949Mustadraq, Hakim, Band: III, Seite: 606Matalibu’l-’Aliyah, Ibn Hadjar, Band: IV, Seite: 125, Hadithnr.: 4127Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 366, 367Hilyah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 368, 369Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 147

235 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 293, 294Al-Kanz al-’Umal, Band: XII, Seite: 358Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 149, 160Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 632

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Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 79236 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 314

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 91Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 295

237 Madjmu’ul-Fatawa, Ibn Taymiyyah, Band: XI, Seite: 225Burhanu’l-Muayyad, Scheich Rufa’i, Seite: 61

238 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 320Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 106

239 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 320Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 292

240 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 320241 Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: VI, Seite:

156, 157, 293Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: V, Seite: 179, 180 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 291

242 Sahih, Buchari, Band: V, Seite: 103243 Sahih, Buchari, Band: I, Seite: 19, 20

Sahih, Moslim, Kapitel: Über den Glauben244 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 250

Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 276, 277Fadailu’s-Sahaba, Achmad Ibn Hanbal, Hadithnr.: 1817, 1853, 1918Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 212Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 276Al-’Isabah, Ibn Hadjar, Band: I, Seite: 598

245 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 361Sahih, Moslim, Hadithnr.: 20306

246 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 362Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 281

247 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 362Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 82

248 Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Band: VI, Seite: 165, Hadithnr.: 4353

249 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 362Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 287

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Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: IV, Seite: 316Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 176

250 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 363Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 287

251 Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: V, Seite: 96, 97Fawa’idu’l-Madjmu’a, Shawqani, Hadithnr.: 498Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 287

252 Tawassul wa Wasila, Ibn Taymiyyah, Seite: 24Al-Fatawat, Ibn Taymiyah, Band: XI, Seite: 307

253 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 349Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Band: IV, Seite: 269, Hadithnr.: 2762Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: II, Seite: 228

254 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 349Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 236

255 Sahih, Buchari, Band: IV, Seite: 245, 246Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2009

256 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 351257 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 348

Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: IX, Seite: 7, 8258 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 347

Sahih, Moslim, Hadithnr.: 843259 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 351

Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 241Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 227Sahih, Moslim, Hadithnr.: 2797

260 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 351Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 242

261 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 349Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 233

262 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 353Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 249

263 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 353Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 248Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 183f

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264 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 353Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 248

265 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 352Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 243

266 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 346Sunan, Tirmidhi, Hadithnr.: 3049Al-Tarih, Ibn Djarir al-Tabari, Hadithnr.: 12276Mustadraq, Hakim, Band: II, Seite: 213Djami’ul-’Usul, Djazari, Hadithnr.: 599

267 Djam’ul-Fawa’id, Band: II, Seite: 455Sunan, Tirmidhi, Band: II, Seite: 167Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 364Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 745

268 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 384Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: IV, Seite: 80, 81, 272

269 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 366Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744, 745

270 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 364Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739-743Sunan, Tirmidhi, Band: II, Seite: 206

271 Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: II, Seite: 80, 81Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744, 745Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 82

272 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 364Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: III, Seite: 161-163

273 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 364Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: II, Seite: 24

274 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 364Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744

275 Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: I, Seite: 367Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: II, Seite: 526

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Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: VI, Seite: 240-249

276 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 150, 151Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 101

277 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 670Huddjatu-llah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 144Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 258-264

278 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 360Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 744-746

279 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 104, 1115280 Al-Siratu’l-Halebiyyah, Band: I, Seite: 352

Al-Risala al-Hamidiyyah (türk. Übers.), Band: I, Seite:250Al-Mawahib-ul-Ladunniyah, Kastalani, Band: VI, Sei-te: 201

281 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 743Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 99Risala al-Hamidiyyah (türk. Übers.), Band: I, Seite: 255

282 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 743Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 105, 106

283 Al-Siratu’l-Halebiyyah, Band: I, Seite: 347Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 743Al-Mawahib-ul-Ladunniyah, Kastalani, Band: VI, Sei-te: 201Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 86

284 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 746Shama’il-ur-Rusul, Ibn Kathir, Türkische Überset-zung, Naim Erdogan, Seite: 124

285 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 112, 113Al-Mawahib-ul-Ladunniyah, Kastalani, Band: VI, Sei-te: 189

286 Al-Siratu’l-Halebiyyah, Band: I, Seite: 353Al-Bidayah wan-Nihayah, Ibn Kathir, Band: II, Seite: 326

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Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739, 746287 Shama’il-ur-Rusul, Ibn Kathir, Türkische Überset-

zung, Naim Erdogan, Seite: 121288 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739

Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 116Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Band: I, Seite: 72

289 Al-Siratu’l-Halebiyyah, Band: I, Seite: 346Al-Mawahib-ul-Ladunniyah, Kastalani, Band: VI, Sei-te: 192

290 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 105, 119

291 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 99, 114292 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 99, 104

Risala al-Hamidiyyah (türk. Übers.), Band: I, Seite: 410293 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 112, 113294 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 112

Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739295 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 114296 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 115297 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 108, 112298 Al-Siratu’l-Halebiyyah, Band: I, Seite: 353

Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 113Al-Anwaru’l-Muhammediyyah min al-Mawahibu’l-Diniyyah, Seite: 143

299 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 114

300 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 739Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 113, 114

301 Huddjatu’l-lah ‘alal ‘alemin, Nabhani, Seite: 112302 Tahqiqu’l-Musnad, Achmad Shakir, Band: IV, Seite:

304, Hadithnr.: 2846303 Kanzu’l-’Ummal, ‘Ala’ud-din Hindi, Band: XII, Seite: 472304 Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XX, Seite: 2030305 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 311

Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: VI, Seite: 5830

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Mishkatu’l-Masabih, Tabrizi, Hadithnr.: 5759Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 223, 224Djami’us-Saghir, Albani, Hadithnr.: 3445

306 Al-Tarih, Ibn Djarir al-Tabari, Band: II, Seite: 131, 132Dalailu’n-Nubuwwah, Abu Nu’aym Isfahani, Hadith-nr.: 96, 99Dalailu’n-Nubuwwah, Beyhaqi, Band: I, Seite: 67, 71Al-Mawahib-ul-Ladunniyah, Kastalani, Band: I, Seite: 23Al-Sharh ul-Mawahib ul-Ladunniyah, Zurqani, Band: I, Seite: 121, 122Al-Hasaisu’l-Kübra, Suyuti, Band: I, Seite: 51Al-Sirah al-Shamiyah, Shami Salihi, Band: I, Seite: 429, 430

307 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 318308 Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VI, Seite: 84309 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 318310 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 318

Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 368311 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 315312 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 315313 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 313

Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: XX, Seite: 192, 193Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 220, 221

314 Nasimu’r-Riyad, Hafadji, Band: III, Seite: 319315 Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: VI

Al-Fatawat, Ibn Taymiyah, Band: XI, Seite: 96, 98316 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 191

Sahih, Moslim, Hadithnr.: 170Sunan, Tirmidhi, Hadihtnr.: 2132

317 Shifa’ush-Sharif, Qadi ‘Iyad, Band: I, Seite: 284Sharhu’sh-Shifa, Aliyyu’l-Qari, Band: I, Seite: 591, 592Duraru’l-Muntashirah, Suyuti, Hadithnr.: 193Madjma’uz-Zawa’id, Haysami, Band: VIII, Seite: 296Fathu’r-Rabbani, Sa’ati, Band: VI, Seite: 155

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Silsilatu’l-Ahadithu’d-Daifah, Albani, Hadithnr.: 972318 Lu’lu wal-Mardjan, Abdu’l-Baqi, Band: III, Seite: 280

Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: I, Seite: 377, 413, 447, 456Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: III, Seite: 207, 220, 275, 278Musnad, Achmad Ibn Hanbal, Band: IV, Seite: 81Musnad, Tayalisi, Hadithnr.: 295, 1891, 1960Ibn Kathir, Band: VI, Seite: 469

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BlitzeKommentare zum Qur’an

672 Seiten, Hardcover

»Das Ding, das die Naturalisten »Natur« nennen und dasnur in ihrer Vorstellung, aber nicht in der Realität existiert,kann bestenfalls und wenn es eine äußerliche Realitätbesitzt,

nur ein Kunstwerkaber kein Künstler sein.

Es ist eine Dekoration, aber nicht der Dekorateur.

Es ist ein Rechtsspruchaber kein Richter.

Es ist ein Naturgesetz,aber nicht der Gesetzgeber.

Es ist ein erschaffenes Ehrenkleid,aber nicht der Schöpfer.

Es ist ein reagierendes Objektund kein agierendes Subjekt.

Es ist ein Kodex von Gesetzen,nicht seine durchführende Instanz.

Es verfügt selbst über keine Macht. Es ist eine Lineaturund nicht das Lineal…«

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WorteKommentare zum Qur’an

1248 Seiten, Hardcover

»Gibt es eine Möglichkeit, den Tod zu töten, sodassnun der Verfall der Welt entfällt, menschliche Schwä-che und Armseligkeit aufgehoben und die Pforte desGrabes verschlossen werden, dann sage es mir; ichhöre. Wenn nicht, dann schweig!… In der großen Mo-schee des Kosmos erklärt der Qur’an den Kosmos.Lauschen wir ihm! Lassen wir uns von seinem Lichterleuchten! Handeln wir nach seiner Rechtleitung. Ersei unser immer währendes Gebet! In der Tat ist erdas Wort und als solches wird er bezeichnet. Er istdie Wahheit. Er spricht die Wahrheit. Er zeigt die Tat-sachen auf und strahlt das Licht seiner Weiheitaus…«

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Das große ZeichenKommentare zum Qur’an

192 Seiten, Paperback

Betrachtung eines Reisen-den, der das All nach sei-nem Schöpfer befragt

Dieses Buch schlägt vor unserem geistigen Auge dasBuch der Schöpfung auf und führt uns in einer imaginä-ren Reise durch alle Bereiche der Himmel und der Erde,die Welten der Pflanzen und der Tiere. Wir begegnen denEngeln, den Heiligen und den Propheten, fragen nachdem Verborgenen, dem Offenbaren und der GlücklichenZeit unseres Propheten, der uns zu Glaube und Erkennt-nis eingeladen hat. Im Glauben lesen wir den Qur’an underfahren von der Einheit Gottes, von Ewiger Glückselig-keit, der Vollendung des Menschseins, von Tod und Auf-erstehung, von gerechtem Gericht und rechtem Gebet.Das Buch endet mit einer Betrachtung der menschlichenFreiheit, dem Wert der Schöpfung und der Würde desMenschen.

Page 896: Briefe - s434a1dd7c475d4cc.jimcontent.com · Die Verse im Qur’an (Einzahl: Ayah, Mehrzahl: Ayat) wurden nur in arabischer Schrift mit nachfolgender deut-scher Übersetzung angeführt

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Stab MosisKommentare zum Qur’an

444 Seiten, Paperback

»Wer Gott kennt und Ihmgehorcht, der ist einGlückseliger, säße er auchin einem Gefängnis. WerIhn vergisst, und säße erauch in einem Schloss,der ist ein Unglückseli-ger.«

Dieses Buch befasst sich mit den elf häufigsten Proble-men, wie sie uns im täglichen Glaubensleben begegnenkönnen. Das beginnt mit dem Wert des Lebens und demNutzen, den auch nur eine Stunde am Tag hat, die wir fürdas tägliche Gebet zum Einsatz bringen, und setzt sichfort mit dem Tod, der noch manchen Leuten noch siche-rer erscheint als selbst das Leben. Aus dieser Gegen-überstellung aus Leben und Tod ergibt sich der gewöhn-lich zu erwartende Lebensweg von der Kindheit über dieJugendzeit durch allerlei Krankheiten hindurch bis zu ei-nem Alter, das sich viele Menschen wünschen, solangesie noch jung sind, und das sie verwünschen, sobald siees erreicht haben.