Brooks Terry - Shannara 02 - Der Sohn Von Shannara

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  • 7/29/2019 Brooks Terry - Shannara 02 - Der Sohn Von Shannara

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    FANTASY

    Terry Brooks

    DER SOHN VONSHANNARATHE SWORD OF SHANNARA 2

    GOLDMANNVERLAGsb L-AAus dem Amerikanischen bertragen von

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    Tony WestermayrLandkarte 1977 by Random House, Inc.Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuchessind chlorfrei und umweltschonend.Das Papier enthlt Recycling-Anteile.Der Goldmann Verlagist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann

    der Originalausgabe 1977 by Terry BrooksThis translation published by arrangement with Ballantine Books,a division of Random House, Inc.

    der deutschsprachigen Ausgabe 1978by Wilhelm Goldmann Verlag, MnchenDieser Band erschien 1978 im Goldmann Verlagunter der alten Nummer 23274Umschlagentwurf: Design Team MnchenUmschlagillustration: Gebrder Hildebrandt/Random House, New YorkSatz: Mohndruck, GterslohDruck: Eisnerdruck, BerlinVerlagsnummer: 23829SN Herstellung: Peter Papenbrok/scMade in GermanyISBN 3-442-23829-313 15 17 19 20 18 16 14 12

    Kapitel 1

    Der Morgen graute ber den beherrschenden Graten und Gip-feln der Drachenzhne mit einer kalten, dsteren Entschlossen-heit, die weder heiter noch willkommen war. Wrme und Hel-ligkeit der aufgehenden Sonne wurden von niedrigen Wolken-formationen und dichtem Nebel, der sich zwischen dendruenden Hhen niederlie und regungslos verharrte, vlligabgeschirmt. Der Wind fegte mit wilder Kraft ber den nacktenFels, fauchte durch Schluchten und schroffe Abstrze, berHnge und Grate, strzte sich auf die drftige Vegetation undglitt doch mit ungreifbarer Schnelligkeit durch das Gemisch ausWlken und Nebelschwaden, um es auf unerklrliche Weise un-berhrt zu lassen. Das Gerusch des Windes war wie das tiefeBrausen des Meeres, das an freien Strand brandet, schwer undwogend, die nackten Gipfel mit einem eigenartigen Rauschenumtnend, das, war man nur lange genug davon eingehllt, eineeigene Stille hervorrief. Vgel hoben und senkten sich mit demWind, ihre Schreie klangen zerstreut und dumpf. In dieser Hhegab es nur wenige Tiere - vereinzelte Herden einer besonders z-hen Gattung von Bergziegen und kleine, pelztragende Muse,die in den innersten Spalten der Felsen lebten. Die Luft war mehr

    als khl; sie war bitter kalt. Schnee bedeckte die Hhen der Dra-chenzhne, und der Wandel der Jahreszeiten hatte wenig Einfluin dieser Hhe auf eine Temperatur, die selten ber den Null-punkt stieg.Es war ein tckisches Gebirge, riesig, hochragend und un-glaublich massiv. An diesem Morgen schien es von einer seltsa-men Erwartung erfllt zu sein, und die acht Mnner, die denkleinen Trupp aus Culhaven bildeten, wurden das Gefhl derBeunruhigung nicht los, das ihre Gedanken beschftigte, als sieimmer tiefer in das kalte Grau hineinstapften. Es war mehr alsdie bedrckende Prophezeiung Brimens oder selbst die Er-

    kenntnis, da sie bald versuchen sollten, die verbotene Halle derKnige zu durchschreiten. Irgend etwas wartete auf sie, etwas,

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    das geduldig und verschlagen war, eine Lebenskraft, verborgenin dem nackten, felsigen Gelnde, durch das sie zogen, erfllt vonrachschtigem Ha auf sie, auf der Lauer, whrend sie sich tieferin das riesige Gebirge vorwrts kmpften, hinter dem das uralteReich Paranor lag. Sie marschierten in einer unregelmigen

    Reihe nach Norden, auseinandergezogen als Silhouetten vor demnebligen Hintergrund, eng in wollene Mntel gekleidet, um sichvor der Klte zu schtzen, die Kpfe gesenkt. Die Hnge undSchluchten waren bedeckt mit Gerll und durchzogen von ver-borgenen Spalten, die das Fortkommen erschwerten. Mehr alseinmal strzte einer aus der kleinen Gruppe in aufstiebendemGerll und Staub zu Boden. Aber das verborgene Ding zog esvor, nicht in Erscheinung zu treten; es begngte sich damit, wis-sen zu lassen, da es da sei, und darauf zu warten, da diesesWissen den Widerstand der acht Mnner untergrub. Dann wr-den aus den Jgern Gejagte werden.

    Es dauerte nicht lange. Beharrlich nagten Zweifel an ihren er-schpften Gemtern - Zweifel, die phantomgleich aus den ng-sten und tief verborgenen Geheimnissen der Mnner aufstiegen.Durch die Klte und das Brausen des sich steigernden Windesvoneinander getrennt, blieb jeder fr sich, und die Unfhigkeit,sich miteinander verstndigen zu knnen, steigerte das wach-sende Gefhl der Unruhe nur noch. Hndel war der einzige, derdagegen immun zu sein schien. Seine schweigsame, einzelgnge-rische Natur hatte ihn abgehrtet gegen Selbstzweifel, und seinum Haaresbreite gelungenes Entkommen aus den Fngen deraufgebrachten Gnome im Jade-Pa hatte zumindest vorberge-

    hend jede Todesfurcht in ihm ausgelscht. Er war dem Tod nahgewesen, so nah, da ihn am Ende nur der Instinkt gerettet hatte.Die Gnomen waren aus allen Richtungen auf ihn losgestrzt, be-denkenlos den Hang hinaufgestrmt, so wutentbrannt, da al-lein Blutvergieen ihrem Ha ein Ventil verschaffen konnte. Erwar blitzschnell in die Randgebiete des Wolfsktaags entwischtund hatte sich im Dickicht verborgen, whrend die Gnome ihreKrfte verausgabten, bis einer von ihnen in Reichweite gekom-men war. Es hatte nur Sekunden gedauert, den Ahnungslosen zubetuben, den Gefangenen in seine unverwechselbare Zwerg-kleidung zu stecken und dann um Hilfe zu schreien. Die Gnomevermochten in der Dunkelheit, geblendet durch ihre Erregung,nichts anderes zu erkennen als das Gewand. Sie rissen ihren eige-nen Genossen in Stcke, ohne es zu ahnen. Hndel hatte sichweiter verborgen gehalten und war am nchsten Tag heimlichdurch den Pa geschlpft, ein weiteres Mal davongekom-men.Die Leute aus dem Tal und die Elfen verfgten nicht berHndels starkes Selbstvertrauen. Die Prophezeiung des Schat-tens von Brimen hatte sie betubt. Im Geheul des strmischenBergwindes schienen die Worte sich unablssig zu wiederholen.

    Einer von ihnen wrde sterben mssen. Gewi, die Prophezei-ung hatte es anders ausgedrckt, aber der Sinn war unverwech-

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    selbar. Eine bittere Aussicht fr sie, die keiner einfach hinneh-men wollte. Auf irgendeine Weise gedachten sie einen Weg zufinden, um die Voraussage Lgen zu strafen.Allanon, weit voraus, die riesige Gestalt vorgebeugt im Wind,sann ber die Ereignisse nach, die im Tal von Shale stattgefunden

    hatten. Zum hundertsten Mal dachte er an die seltsame Begeg-nung mit dem Schatten Brimens, des uralten Druiden, der dazuverdammt war, im Zwischenreich zu wandeln, bis der Dmo-nen-Lord endgltig besiegt war. Es war jedoch nicht die Er-scheinung des wandernden Geistes, die ihn jetzt so verstrte. Eswar das entsetzliche Wissen, das er in sich trug, tief verborgenunter seinen schwrzesten Wahrheiten. Sein Fu stie gegen ei-nen Felssporn, so da er stolperte und nur mhsam das Gleich-gewicht halten konnte. Ein kreisender Habicht im Grau lie ei-nen schrillen Schrei hren und stie ber einem fernen Grat ausdem Himmel herab. Der Druide drehte den Kopf, als die dnne

    Reihe hinter ihm versuchte, Anschlu zu halten. Er hatte vondem Schatten mehr erfahren als die Worte der Prophezeiung.Davon hatte er den anderen jedoch nichts gesagt, die ganzeWahrheit jenen, die ihm vertrauten, verschwiegen, so wie er ih-nen auch nicht die ganze Geschichte hinter dem legendrenSchwert von Shannara erzhlt hatte. Seine tiefliegenden Augenglhten vor innerer Wut ber die miliche Lage, in die er sichversetzt hatte, weil er ihnen nicht alles anvertraut hatte, und freinen Augenblick berlegte er, ob er das nicht doch nachholensollte. Sie hatten alle so viel gegeben, und dabei war das erst derAnfang... Aber Augenblicke spter schob er den Gedanken un-

    wirsch beiseite. Die Notwendigkeit war eine mchtigere Gttinals die Wahrheit.Das Morgengrauen ging langsam in das Grau des Mittags ber,und der Marsch ins Gebirge wurde fortgesetzt. Die Grate undHnge kamen und gingen mit einer tristen Eintnigkeit, die inden Gehirnen der erschpften Wanderer den Eindruck erweckte,als kmen sie berhaupt nicht voran. Vor ihnen erhob sich eineriesige, hochragende Kette von Gipfeln dster vor dem nebligenHorizont im Norden, und es sah ganz so aus, als schritten sie di-rekt auf eine Mauer aus undurchdringlichem Gestein zu. Danngelangten sie in eine breite Schlucht, die steil hinabfhrte zu ei-nem schmalen, gewundenen Pfad zwischen zwei hohen Fels-wnden, wo er sich im dichten Nebel verlor. Allanon fhrte siein das wirbelnde Grau, als der Horizont verschwand und derWind erstarb. Die Stille trat schlagartig und unerwartet ein, klangbeinahe wie ein gehauchtes Wispern durch die gewaltigen Fels-massive und sprach mit gedmpfter, behutsamer Stimme in dieOhren der sich dahintastenden Wanderer. Dann verbreiterte sichder Pa ein wenig, der Nebel lichtete sich und zeigte eine hohe,hhlenartige ffnung in der Felswand, wo der Schlngelpfadaufhrte.

    Der Zugang zur Halle der Knige.Er war ehrfurchtgebietend, majesttisch, erschreckend. Auf

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    beiden Seiten des schwarzen Eingangs stand je eine gewaltigesteinerne Statue, in den Fels gehauen, weit ber dreiig Meterhoch im schwarzen Gestein. Die steinernen Wchter waren inGestalt von rstungsbewehrten Kriegern geformt worden,wachsam im Halbdunkel stehend, die Hnde auf den Knufen

    riesiger Schwerter, deren Spitzen an ihren Fen standen. Ihreverwitterten, brtigen Gesichter waren zernarbt von Zeit undWind, aber die Augen wirkten beinahe lebendig, starr auf dieacht Sterblichen gerichtet, die an der Schwelle der uralten vonihnen bewachten Halle standen. ber dem groen Eingang dien-ten drei in den Fels gemeielte Wrter in einer seit Jahrhun-derten vergessenen alten Sprache als Warnung fr jene, die ein-zutreten gedachten, mit dem Hinweis, da dies das Grabmal derToten sei. Hinter der riesigen ffnung gab es nur Schwrze undStille.Allanon versammelte die anderen um sich und sagte:

    Vor vielen Jahren, vor dem Ersten Krieg der Rassen, dienteein Kultus von Mnnern, deren Ursprnge sich in der Zeit verlo-ren haben, als Priester fr die Totengtter. In diesen Hhlen be-gruben sie die Monarchen der vier Lnder zusammen mit ihrenFamilien, Dienern, bevorzugten Gtern und einem groen Teilihres Reichtums. Die Legende behauptete, da nur die Toten indiesen Kammern berdauern konnten, und nur die Priester er-hielten die Erlaubnis, die Bestattung der toten Herrscher zu se-hen. Alle anderen, die hier eindrangen, wurden nie mehr gese-hen. Mit der Zeit starb der Kult aus, aber das in der Halle derKnige eingefhrte Bse blieb bestehen, blind den Priestern die-

    nend, deren Gebeine Jahre zuvor in die Erde zurckgekehrtwaren. Nur wenige gelangten je hindurch... Er unterbrach sich,als er in den Augen seiner Zuhrer die unausgesprochene Fragelas. Ich bin durch die Halle der Knige gegangen - ich allein ausdieser Zeit, und nun ihr. Ich bin ein Druide, der letzte, der nochauf dieser Erde wandelt. Wie Brimen, wie vor ihm Brona, habeich die schwarzen Knste studiert und bin ein Zauberer. Ich be-sitze nicht die Macht des Schwarzen Lords - aber ich kann unssicher durch diese Hhlen zur anderen Seite der Drachenzhnefhren.Und dann? Balinors Frage tnte leise aus dem Nebel.Ein schmaler Felspfad, von den Menschen >Drachenfalte< ge-nannt, fhrt aus dem Gebirge hinab. Dort angelangt, werden wirParanor vor uns sehen.Lange herrschte verlegenes Schweigen. Allanon wute, wasdie anderen dachten, ging aber nicht darauf ein. Er fuhr fort:Hinter diesem Eingang gibt es eine Anzahl von Gngen undHhlen, ein Labyrinth fr den, der den Weg nicht wei. MancheStellen sind gefhrlich, andere nicht. Bald nach dem Eintretenwerden wir den Tunnel der Sphinxe erreichen, Riesenstatuen wiediese Wchter hier, aber halb Mensch, halb Tier. Wer in ihre Au-

    gen blickt, wird auf der Stelle in Stein verwandelt. Ihr mt alsoAugenbinden tragen. Auerdem seilt ihr euch an. Ihr mt euch

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    auf mich konzentrieren, nur an mich denken, denn ihr Wille, ihrgeistiger Befehl, ist stark genug, euch zu zwingen, die Binden vonden Augen zu reien und in ihre Augen zu starren.Die sieben Mnner sahen einander betroffen an. Sie begannenan der Weisheit des ganzen Unternehmens bereits zu zweifeln,

    whrend Allanon seinen Vortrag fortsetzte:Hinter den Sphinxen fhren einige harmlose Korridore zumGang der Winde, einem Tunnel, bewohnt von unsichtbaren We-sen, Banshies genannt, nach den legendren Astralgeistern. Siesind nicht mehr als Stimmen, aber diese Stimmen vermgenSterbliche in den Wahnsinn zu treiben. Ihre Ohren werden zurSicherheit verschlossen, aber wieder kommt es darauf an, da ihreuch auf mich konzentriert, euren Geist von dem meinen ber-decken lat, um zu verhindern, da er der vollen Wirkung dieserStimmen ausgesetzt ist. Ihr mt euch entspannen und drfteuch nicht gegen mich wehren. Versteht ihr?

    Er zhlte siebenmal ein kaum wahrnehmbares Kopfnicken.Nach dem Korridor der Winde werden wir im Grabmal derKnige sein. Dann kommt nur noch ein Hindernis... Er ver-stummte und richtete den Blick wachsam auf den Hhlenein-gang. Einen Augenblick lang schien es, als wolle er den Satz zuEnde fhren, aber statt dessen winkte er sie zum dunklen Ein-gang. Sie standen unsicher zwischen den Steinriesen, whrendder graue Nebel die hohen Felswnde ringsum einhllte. Dieschwarze, ghnende ffnung lag vor ihnen wie das offene Mauleines riesigen Raubtiers. Allanon zog eine Reihe von breitenStoffstreifen hervor und gab jedem einen davon. Mit einem lan-

    gen Kletterseil banden sie sich aneinander fest, Durin mit seinensicheren Fen bernahm die Fhrung, der Prinz von Callahornbildete die Nachhut. Die Augenbinden wurden umgelegt, unddie Mnner faten sich an den Hnden, um eine Kette zu bilden.Augenblicke danach zog die Kolonne bedachtsam durch denEingang zur Halle der Knige.In den Hhlen herrschte eine tiefe, lastende Stille, verstrktdurch das pltzliche Ersterben des Sturmwindes und ihrer hal-lenden Schritte auf dem Felspfad. Der Tunnelboden war seltsamglatt und eben, aber die Klte, die seit Jahrhunderten im uraltenGestein lagerte, drang schnell in ihre angespannten Leiber, bis siefrstelten. Keiner sprach, jeder versuchte sich zur Ruhe zu zwin-gen, whrend Allanon sie vorsichtig durch eine Reihe von Bie-gungen fhrte. Shea, in der Mitte der sich vorantastenden Ko-lonne, sprte, wie Flicks Hand die seine fest umklammerte. Seitihrer Flucht aus dem Tal waren sie einander noch nhergekom-men, verbunden nun mehr durch gemeinsame Erlebnisse alsdurch Verwandtschaft. Was immer auch mit ihnen geschehenmochte, Shea hatte das Gefhl, da diese enge Verbundenheitnicht mehr verlorengehen konnte. Er wrde auch nicht verges-sen, was Menion fr ihn getan hatte. Er dachte kurz ber den

    Prinzen von Leah nach und mute lcheln. Der Hochlnderhatte sich in den vergangenen Tagen so gewandelt, da er beinahe

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    ein anderer Mensch geworden war. Den alten Menion gab esnoch, aber er besa jetzt eine neue Dimension, die zu definierenShea schwerfiel. Aber letztlich hatten sie sich alle verndert, Me-nion, Flick und er selbst auch, auf vielerlei, nicht so leicht zu er-grndende Art. Er fragte sich, ob Allanon die Vernderung in

    ihm wahrgenommen hatte - Allanon, der ihn stets mehr als Jun-gen denn als richtigen Mann behandelte.Sie kamen unsicher zum Stehen, und in der tiefen Stille danachflsterte die befehlende Stimme des Druiden lautlos im Gehirnjedes einzelnen der Mnner: Denkt an meine Warnung, richteteure Gedanken auf mich, konzentriert euch allein auf mich.Dann setzte sich die Reihe wieder in Bewegung, mit hohl hallen-den Schritten. Augenblicklich sprten die Mnner mit ihren ver-bundenen Augen die Gegenwart einer lautlos und geduldig war-tenden Wesenheit vor sich.Die Sekunden huschten vorbei, als die Gruppe tiefer in die

    Hhlen vorstie. Die Mnner wurden sich riesiger, stiller Ge-stalten bewut, die auf beiden Seiten emporragten - Gestalten,aus Stein gemeielt, mit Gesichtern, die menschlich waren, aberauf den geduckten Leibern nicht zu beschreibender Tiere. DieSphinxe. In ihren Gedanken konnten die Mnner diese Augensehen, das verblassende Bild Allanons durchdringend, und siesprten die Belastung bei dem Versuch, sich auf den riesigenDruiden zu konzentrieren. Der drngende Wille der Steinunge-heuer bohrte sich in ihre Gehirne, wand und schlngelte sich inihre wirren Gedanken, dem Augenblick entgegenstrebend, indem menschliche Augen ihrem eigenen, leblosen Blick begegnen

    wrden. Jeder einzelne sprte einen wachsenden Drang, dieBinde von den Augen zu reien, der Dunkelheit zu entfliehenund frei auf die wundersamen Wesen zu blicken, die stumm aufsie herabstarrten.Aber gerade als es schien, da das bohrende Flstern derSphinxe die erlahmende Entschlossenheit der bedrngten Mn-ner durchbrechen und ihre Gedanken vom sich auflsenden BildAllanons gnzlich fortzureien schien, stie sein eiserner Willemit der Schrfe eines Messers in ihr Inneres und rief ihnen wort-los zu: Denkt allein an mich. Sie gehorchten instinktiv und lstensich von dem fast berwltigenden Trieb, in die steinernen Ge-sichter emporzublicken. Der unheimliche Kampf setzte sich er-barmungslos fort, als die Mnner sich, in der Stille schwitzendund schwer atmend, durch das wirre Labyrinth unsichtbarer Er-scheinungen vorwrtskmpften, aneinandergebunden durch dasSeil an ihren Hften, die Kette fest umklammerter Hnde unddie befehlende Stimme Allanons. Keiner lockerte den Griff. DerDruide fhrte sie ruhig an der Sphinxreihe vorbei, den eigenenBlick starr auf den Boden gerichtet, mit seinem unbezhmbarenWillen darum kmpfend, die Gedanken seiner blinden Schtz-linge an sich zu binden. Dann blieben die Gesichter der Stein-

    kreaturen endlich zurck und lieen die Sterblichen in der Stilleund der Dunkelheit allein.

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    Sie gingen weiter durch eine lange Reihe gewundener Gnge.Dann kamen sie wieder zum Stehen, und Allanons leise Stimmedurchdrang die Schwrze mit dem Befehl, die Augenbinden ab-zunehmen. Sie taten es zgernd und sahen sich in einem engenTunnel, wo das unbehauene Gestein ein unheimliches grnes

    Licht abgab. Ihre angespannten Gesichter wirkten wie Maskenim seltsamen Schimmer. Die Mnner sahen sich kurz an, um sichzu vergewissern, da sie noch alle zur Stelle waren. Die schwarzeGestalt des Druiden huschte lautlos die Reihe entlang, prfte dieFestigkeit des Seils um ihre Krper und wies warnend darauf hin,da sie den Korridor der Winde noch vor sich hatten. Er stopfteStoff fetzen in ihre Ohren und band sie mit den vorher als Augen-binden bentzten Streifen fest, um die Gerusche der unsichtba-ren Wesen zu dmpfen, die Allanon Banshies genannt hatte.Dann reichten die Mnner einander wieder die Hnde.Der Zug bewegte sich langsam durch den grnschimmernden

    engen Tunnel. Die Mnner konnten ihre Schritte kaum noch h-ren. Dieser Teil der Hhle erstreckte sich fast eine Meile weit,dann wurde der Gang breiter, wuchs zu einem hochragendenKorridor, der vllig schwarz war. Die Felswnde wichen zurck,und die Decke hob sich, bis beide ganz dem Blick entschwandenund die Gruppe allein in einer seltsamen, dunklen Zwischenweltstand, wo nur der glatte Hhlenboden besttigte, da die Erdesich unter ihnen nicht ganz aufgelst hatte. Allanon fhrte sieohne Zgern in die Schwrze hinein.Dann begann abrupt das Gerusch. Das wahnsinnige Tobenerfate sie, ohne da sie darauf vorbereitet gewesen wren, und

    einen Augenblick lang herrschte Panik. Es entstand ein unge-heuerliches Brausen, als tobten tausend Sturmwinde voller Wutund unerbittlicher Kraft. Aber darunter tnte der grausige Schreivon gemarterten Seelen, Stimmen, die sich geqult durch allevorstellbaren Schrecknisse der Unmenschlichkeit wanden, inuerster Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, ohne Aussichtauf Erlsung. Aus dem Brausen wurde ein gellendes Kreischen,das sich zu solchen Dimensionen steigerte, da die Mnner Ge-fahr liefen, den Verstand zu verlieren. Die furchtbaren Laute flu-teten ber sie hinweg, spiegelten ihre eigene, wachsende Ver-zweiflung, drangen unbarmherzig tiefer und schlten diezerfetzten Nervenenden wie Hautschichten ab, bis die nacktenKnochen freizuliegen schienen.Es hatte nur einen Augenblick gedauert. Ein zweiter, und siewren verloren gewesen. Aber noch einmal wurden die hoff-nungslos betubten Menschen gerettet, diesmal vor gnadenlosemWahnsinn, als der machtvolle Wille Allanons das irre Kreischenbertnte, um sie mit schtzender Beschwichtigung einzuhl-len. Die Schreie und das Brausen schienen nachzulassen und zueinem seltsamen Summen herabzusinken, als das grimmige,dunkle Gesicht sich in die sieben fiebrigen Gehirne schob und

    die stahlharten Gedanken beruhigend und befehlend sprachen:Zwingt euch zur Ruhe - denkt nur an mich. Die Mnner stolper-

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    ten mechanisch durch die lastende Dunkelheit des Tunnels,whrend ihre Gedanken nach der Rettungsleine von Vernunftund Ruhe griffen, die der Druide ihnen hinhielt. Die Wnde desGanges vibrierten unter den noch immer hrbaren Schreien, unddas massive Gestein der Hhle grollte auf furchterregende

    Weise. Ein letztesmal erhoben sich die Stimmen der Banshies infieberhafter Grellheit, wild kreischend in dem verzweifelten Be-mhen, die vom mchtigen Geist des Druiden errichtete Mauerim Unterbewutsein niederzureien, aber die Mauer gab nichtnach, die Macht der Stimmen verbrauchte sich und erstarb zu ei-nem toten Geflster. Einen Augenblick spter verengte sich derGang wieder, und die Gruppe hatte den Korridor der Windehinter sich.Bis ins Mark erschttert, die Gesichter schweiberstrmt,blieben die Mnner dumpf stehen, als Allanon ein Zeichen gab.Sie rttelten ihre Gedanken mhsam in eine angedeutete Ord-

    nung, entfernten das Seil von ihren Krpern und auch die Oh-renstpsel. Sie standen in einer kleinen Hhle, vor zwei riesigenSteintren mit eisernen Klampen. Auch aus den Felswndenringsum drang das seltsame grnliche Leuchten. Allanon wartetegeduldig, bis alle sich erholt hatten, dann winkte er sie nach vorn.Er blieb vor dem Steinportal stehen. Auf den schwachen Druckmit einer Hand ffneten sich die massiven Flgel weit. Die tiefeStimme des Druiden war in der Stille nur ein Flstern.Die Halle der Knige.Seit ber tausend Jahren hatte niemand auer Allanon das ver-botene Grabgewlbe betreten. Die ganze Zeit hindurch war es

    sonst unberhrt geblieben - eine gigantische, kreisrunde Hhlemit glatten, polierten Riesenwnden; die Decke schimmerte indem gleichen grnlichen Licht wie die Tunnels, die sie durch-schritten hatten. An der gewlbten Wand der Riesenrotundastanden mit demselben trotzigen Stolz, den sie im Leben wohlauch gezeigt hatten, Steinstatuen der toten Herrscher, alle derMitte der Kammer zugewandt, dem unheimlichen Altar, der sichin Form einer zusammengerollten Schlange dort erhob. Vor je-der Statue war der Toten Reichtum aufgehuft, Kisten und Tru-hen voll kostbarer Steine und Metalle, Pelze, Waffen, allen Lieb-lingsgtern der Verstorbenen. In den Wnden unmittelbar hinterjeder Statue befanden sich die versiegelten rechteckigen ff-nungen mit den berresten der Toten - Knige, ihre Familien,Dienerschaft. Inschriften ber den verschlossenen Krypten mel-deten die Geschichte der dort ruhenden Herrscher, hufig inSprachen, die keiner der staunenden Wanderer kannte. Die ganzeriesige Hhle war erfllt von dem grnlichen Licht. Metall undGestein schienen die Farbe zu schlucken. Auf allem lag Staub,eine dicke Schicht Steinpulver, die sich im Lauf der Jahrhunderteangesammelt hatte und jetzt in Weinen Wolken aufwallte, als dieSchritte der Mnner sie aufwhlten. Seit ber tausend Jahren

    hatte niemand die Ruhe dieser uralten Hhle gestrt, niemandan ihre Geheimnisse gerhrt und es gewagt, die Tren zu ffnen,

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    die die Toten und ihren Besitz schtzten. Niemand auer Alla-non. Und nun...Shea schauderte heftig, ohne es sich erklren zu knnen. Erdurfte eigentlich nicht hier sein; er hrte eine ferne, schwacheStimme, die ihm das sagte. Die Halle der Knige war ein Grab

    - ein Grab fr die uralten Toten, kein Ort fr die Lebenden. Et-was fate nach ihm, und er zuckte zusammen. Allanons Handhatte seine Schulter berhrt. Der Druide starrte ihn mit zusam-mengezogenen Brauen an und rief die anderen leise zu sich.Durch diese Tren am anderen Ende der Halle gelangt manzur Aula, sagte er und lenkte ihre Blicke auf das andere Endeder Rotunda. Eine breite Steintreppe fhrt hinab zu einem gro-en See, gespeist von einer Quelle, die irgendwo tief im Innerndes Gebirges entspringt. Am Fu der Treppe, direkt vor dem See,steht der Scheiterhaufen, wo die hier begrabenen Monarcheneine gewisse Anzahl von Tagen aufgebahrt lagen, je nach Rang

    und Reichtum, vermutlich, damit ihre Seelen ins Jenseits zu ent-kommen vermochten. Wir mssen diese Hhle durchschreiten,um den Tunnel zu erreichen, der uns zur Drachenfalte auf deranderen Seite des Gebirges fhrt. Er machte eine Pause und at-mete tief. Als ich das erstemal diese Hhlen durchschritt, ver-mochte ich mich vor den Augen der Wesen zu verbergen, die hiersind, um Eindringlinge zu vernichten. Fr euch kann ich dasnicht tun. In der Aula ist etwas, dessen Macht die meine ber-treffen mag. Es konnte mich zwar nicht wahrnehmen, aber ichsprte es in den Tiefen des Sees. Unter der Treppe, neben demSee, fhren schmale Gnge zum anderen Ende der Hhle und zu

    den Tunnels dahinter. Diese Gnge sind die einzigen Wege, dieam See vorbeifhren. Was immer den Scheiterhaufen auch bewa-chen mag, es wird sich dort auf uns strzen. Balinor, Menion undich werden den linken Gang bentzen, um das Wesen aus seinemVersteck zu locken. Wenn wir angegriffen werden, fhrt Hndeldie anderen auf dem rechten Weg hinaus. Bleibt nicht stehen, bisihr die Drachenfalte erreicht habt. Versteht ihr?Sie nickten langsam. Shea fhlte sich in einer Falle gefangen,aber es hatte jetzt keinen Zweck, darber zu reden. Allanon rich-tete sich zu seiner vollen Hhe von sieben Fu auf und grinstedrohend. Seine groen Zhne blitzten. Der kleine Talbewohnerfhlte sich von einer Klte durchzuckt, die ihn wieder einmaldaran erinnerte, wie gut es war, nicht zu den Gegnern des Mysti-kers zu gehren. Balinor zog mit einer schnellen Bewegung seingroes Schwert, da die Klinge klirrte. Hndel war schon unter-wegs durch die Halle, den schweren Streitkolben in der Hand.Menion wollte folgen, zgerte aber und blickte zweifelnd auf dieaufgehuften Schtze an den Grbern. Konnte es schaden, wenner etwas mitnahm? Die Talbewohner und Elfen folgten Hndelund Balinor. Allanon beobachtete den Hochlnder, die Armeverschrnkt. Menion drehte sich um und sah ihn fragend an.

    Das wrde ich an Eurer Stelle nicht tun, warte ihn Allanon.Alles ist berzogen mit einer Substanz, die fr die Haut leben-

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    der Wesen giftig ist. Berhrt etwas, und Ihr seid eine Minute sp-ter tot.Menion starrte ihn einen Augenblick unglubig an, warf nocheinen kurzen Blick auf die Schtze und schttelte resigniert denKopf. Er hatte die Hhle halb durchschritten, als er pltzlich aufeinen Gedanken kam. Er zog zwei lange, schwarze Pfeile aus

    dem Kcher und trat an eine offene Truhe voller Goldstcke.Vorsichtig rieb er die Metallspitzen der Pfeile am Edelmetall,wobei er darauf achtete, mit den Hnden nichts zu berhren alsdie gefiederten Pfeilenden. Er grinste zufrieden und kehrte zuden anderen zurck. Was jenseits der Steintren auch wartenmochte, es wrde Gelegenheit bekommen, seine Widerstandsf-higkeit gegen das Gift zu beweisen, das angeblich fr jedes Lebe-wesen tdlich war. Die Gruppe drngte sich um Allanon, mitkalt blinkenden Waffen. Eine Stille legte sich ber die Umge-bung, gestrt nur von den Atemzgen der acht Mnner. Sheawarf noch einen Blick zurck auf die Halle der Knige. Die

    Gruft wirkte unberhrt, bis auf die Spur von Fuabdrcken imStaub. Eine dichte Wolke des Staubes schwebte in der Luft,durchwoben von dem grnlichen Licht, und begann langsam aufden Boden zurckzusinken. Mit der Zeit wrden alle Spuren ih-res Hierseins wieder ausgelscht werden.Auf Allanons Berhrung hin ffnete sich das steinerne Portal,und die Mnner traten lautlos hinaus in die Aula. Sie standen aufeiner hohen Plattform, die zu einem breiten Alkoven fhrte unddann in breiten Stufen nach unten ging. Die Hhle dahinter warriesig, eine ungeheure, hohe Kaverne, die immer noch die volle,unvernderte Pracht ihrer groben, natrlichen Schpfung durch

    die bedchtigen Hnde der Natur zeigte. Von der hohen Deckehingen gezackte Stalaktiten, Steinzapfen, gebildet vom Wasserund den Steinablagerungen der Jahrtausende. Unter diesen Ge-bilden lag ein langer, rechteckiger See in Form eines Beckens, ge-fllt mit tiefem, grnem Wasser, die Oberflche glatt und glasar-tig. Wenn ein einzelner Wassertropfen von den Stalaktitenherabfiel, lief eine Kruselung ber die Oberflche und ver-schwand. Die Mnner traten vorsichtig an den Rand der Platt-form und blickten hinab auf den hohen Steinaltar am Fu derTreppe vor dem See; das uralte Gestein war zerschrundet und anmanchen Stellen sogar brckelig. Die Hhle wurde dster erhelltvon phosphoreszierendem, streifen frmigem Licht, das ber dieFelswnde zuckte.Langsam stiegen die Mnner die Treppe hinunter, und ihreAugen richteten sich auf das einzelne Wort, das in den Altar ge-meielt war. Ein paar kannten seine Bedeutung. Valg-ein Wortaus der alten Gnomensprache. Es bedeutete >Tod

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    deutet. Von der anderen Seite des Sees verfolgte Shea, wie die dreiGestalten sich an der rauhen Steinwand entlang tasteten. ImWasser blieb alles ruhig. Sie hatten bald die Hlfte des Weges zu-rckgelegt, und Shea wagte zum erstenmal zu atmen.Dann wlbte sich die Oberflche des Sees hoch, und aus den

    Tiefen scho ein Alptraum herauf. Schlangenfrmig im Ausse-hen, schien das ekelhafte Ungeheuer die ganze Hhle auszufl-len, als sein schleimumhllter Krper hinaufstieg und die altenStalaktiten bersten lie. Ein Wutschrei gellte durch die Hhle.Der Riesenleib wand und bog sich. Lange Vorderbeine mit tdli-chen Krallen griffen in die leere Luft, und die Riesenkieferkrachten lrmend zusammen, die schwarzen, spitzen Zhneknirschten. Die groen, starren Augen leuchteten rot zwischenKnollen und verkmmerten Hrnern auf dem migestaltetenKopf. Die ganze Masse des Wesens war umhllt von einer Rep-tilhaut, tropfend vor Unflat und Schmutz aus den schwrzesten

    Gruben der Unterwelt. Aus dem Maul quoll Gift, das ins Wasserklatschte und dort dampfend aufzischte. Das Monster funkeltedie drei Menschen auf dem Seitenweg an und fauchte haerfllt.Mit aufgerissenen Kiefern, kreischend vor Erwartung, strzte essich auf sie.Alle reagierten auf der Stelle. Menion Leahs groer Bogensirrte unablssig, als die vergifteten Pfeile mit tdlicher Genauig-keit hinausflogen und sich tief in das ungeschtzte innere Fleischdes klaffenden Schlangenmauls bohrten. Das Wesen bumte sichvor Schmerzen auf, und Balinor ergriff sofort die Initiative. Derriesenhafte Mann aus dem Grenzland trat an den Rand des Lauf-

    gangs und hieb mit Wucht auf den Unterarm des Wesens ein. Zuseinem Entsetzen glitt das mchtige Schwert an der dickenSchleimschicht der Schuppenhaut ab. Der zweite Unterarmschlug nach dem Angreifer und verfehlte nur knapp, als Balinorzur Seite sprang. Auf der anderen Seite hetzte Hndel zum offe-nen Tunnel am anderen Ende des Sees und trieb die Talbewohnerund die Elfen-Brder vor sich her. Einer von ihnen lste jedocheinen versteckten Hebel aus, und eine schwere Steinplatte kipptein die ffnung und versperrte den Weg. Verzweifelt warf Hn-del sich dagegen, aber die Steinbarrikade rhrte sich nicht.Das Ungeheuer war vom Krachen des strzenden Steins ange-zogen worden. Es zog sich vom Kampf mit Menion und Balinorzurck und rauschte auf die kleineren Feinde zu. Das wre dasEnde gewesen, htte der kampferfahrene Zwerg nicht schnellreagiert. Er lie den Steinblock sein und strzte sich ohne Rck-sicht auf seine eigene Sicherheit auf das Riesenungeheuer, um denschweren, eisernen Streitkolben mit Wucht in eines der glhendenAugen zu stoen. Die Waffe traf mit solcher Kraft, da das Augebarst. Das Ungeheuer fuhr in Todesqual hoch und krachte an diespitzen Stalaktiten, whrend es sich hin- und her warf. TdlicheGesteinsbrocken regneten berall herab. Flick wurde am Kopf

    getroffen und strzte zu Boden. Hndel blieb unter einem Regenvon Steinklumpen begraben. Die anderen drei wichen zurck an

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    den blockierten Fluchtweg, whrend der riesige Angreifer vorihnen hochfuhr.Endlich griff Allanon in den ungleichen Kampf ein. Er hobbeide Arme, streckte die schmalen Hnde aus, und seine Fingerschienen aufzuleuchten. Blendende, blaue Flammen schssen

    aus den Fingerspitzen und trafen den Schdel des tobenden We-sens. Die Gewalt dieses neuen Angriffs betubte den Drachen,und er zuckte kreischend vor Wut und Schmerz im brodelndenWasser des Sees. Der Druide trat schnell ein paar Schritte vor undschlug ein zweites Mal zu, lie die blauen Flammen an den Sch-del der auer sich geratenen Bestie zucken und ri das ganze Un-geheuer herum. Der zweite Treffer schleuderte den schuppigenRiesenleib an die Hhlenwand, wo er, hilflos von Zuckungengepeitscht, die Steinplatte lockerte, die den Fluchtweg ver-sperrte. Shea und die Elfen-Brder hatten den bewutlosen Flickkaum noch wegziehen knnen, um ihn davor zu bewahren, von

    dem massigen Leib erdrckt zu werden. Sie hrten die Stein-platte herausfallen, entdeckten den offenen Tunnel und brlltenden anderen die Nachricht zu. Balinor hatte das wild zuckendeUngeheuer erneut angegriffen, als es in Reichweite gekommenwar, vergeblich nach dem Kopf zielend, der herabstie, immernoch halb betubt von Allanons Flammenblitzen. Allanon hatteden Blick auf den Drachen gerichtet, und nur Menion sah, wo-von die anderen brllten. Er winkte sie mit heftigen Bewegungenzur ffnung. Dayel und Shea hoben Flick auf und trugen ihn inden Tunnel. Durin wollte ihnen folgen, zgerte jedoch, als er denbewutlosen Hndel unter der Gerllawine sah. Er kehrte um,

    rannte zu ihm hin, packte den schlaffen Arm des Zwerges undversuchte vergeblich, ihn unter dem Gestein herauszuzie-hen.Hinaus! brllte Allanon, der den Elf pltzlich bemerkte.Der Drache ntzte diesen Augenblick, um zurckzuschlagen.Mit einem gewaltigen Hieb seines Krallenarmes wischte er Bali-nor beiseite und schleuderte ihn an die Hhlenwand. Menionsprang auf das Ungeheuer zu, aber der Prinz von Leah wurdeumgeworfen und war nicht mehr zu sehen. Der Drache, von sei-nen Wunden immer noch gepeinigt, hatte nichts anderes im Sinn,als die hochgewachsene Gestalt im schwarzen Gewand zu errei-chen und zu zerquetschen. Das Untier hatte noch eine Waffe inReserve und setzte sie nun ein. Die giftgeifernden Kiefer klafftenweit beim Anblick der einsam und verloren wirkenden Gestalt,und mchtige Flammen fauchten hinaus und hllten den Drui-den vllig ein. Durin, der von seinem Platz aus alles verfolgenkonnte, chzte vor Entsetzen. Shea und Dayel, die gleich hinterdem Eingang zum Fluchttunnel standen, waren vor Schreckenkeines Gedankens mehr fhig, als sie Allanon von den Flammenumzngelt sahen. Aber eine Sekunde spter erloschen sie, undAllanon stand unberhrt vor den entgeisterten Beobachtern.

    Seine Hnde hoben sich, die blauen Flammenblitze zuckten ausden ausgestreckten Fingern, trafen den Drachenschdel mit un-

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    Erdste erschwerten die Aufgabe nur noch mehr.Sie waren nur ein kurzes Stck auf dem gefhrlichen Pfad vor-angekommen, als ein neues Gerusch hrbar wurde, ein tiefesBrausen, das bald das Grollen des Berges bertnte. Shea, mitAllanon am Ende des Zuges, vermochte die Quelle des Geru-

    sches nicht auszumachen, bis er sie fast erreicht hatte. Er ging umeine Felskante herum, die ihn auf einen nordwrts gerichtetenSims fhrte, und entdeckte einen riesigen Wasserfall. Tonnenschumenden Wassers strzten mit ohrenbetubendem Brllenin einen breiten Flu hinab, der zwischen den Bergketten dahin-rauschte und mit einer Reihe von Stromschnellen stlich zu denRabb-Ebenen fhrte. Der gewaltige Flu fegte unmittelbar unterdem Sims vorbei, auf dem er stand, und das schumende Wasserklatschte und brodelte an die Bergwnde. Shea warf noch einenletzten Blick darauf und hastete dann auf Allanons Anweisungden Weg hinab. Die anderen hatten schon einen Vorsprung er-

    zielt und waren fr den Augenblick nicht zu sehen.Shea war etwa dreiig Meter weit gekommen, als ein pltzli-cher Erdsto, heftiger als die anderen, den Berg bis ins Mark er-schtterte. Ohne Vorwarnung brach das Wegstck, auf dem erstand, ab und glitt den Hang hinab, den hilflosen Talbewohnermitreiend. Er stie einen Entsetzensschrei aus und versuchte,sich abzufangen, als er sich auf einen steilen berhang zurut-schen sah, der scharf zum tobenden Flu im Talboden abstrzte.Allanon sprang vor, als Shea in einer Wolke von Staub und Ge-stein zu dem tdlichen berhang hinabfegte.Pack irgend etwas! schrie der Druide. Halt dich fest!

    Shea griff vergebens hinaus, versuchte sich in die Felswand zukrallen und bekam im letzten Augenblick, am Abgrund, einenFelsvorsprung zu fassen. Er lag flach an der fast vertikalen Stelleund wagte nicht, hinaufzuklettern. Seine Arme drohten denDienst zu versagen.Festhalten, Shea! rief Allanon. Ich hole ein Seil! Nicht be-wegen!Allanon rief die anderen, aber ob sie htten helfen knnen, er-fuhr Shea nie. Als der Druide um Hilfe schrie, erschtterte einneuerlicher Sto den Berg und ri den unglcklichen Talbewoh-ner von seinem drftigen Halt los und lie ihn hinausschieenber den berhang, bevor er auch nur daran denken konnte, sichirgendwo festzuhalten. Mit wild rudernden Armen und Beinenstrzte er kopfber in das reiende Wasser des Flusses. Allanonsah hilflos zu, als Shea mit enormer Wucht aufschlug, an dieOberflche kam und davongerissen wurde nach Osten, derEbene entgegen, umhergeschleudert im brodelnden Strom wieein kleiner Korken, bis er dem Blick entschwand.

    Kapitel 2

    Flick Ohmsford stand regungslos am Fu der Drachenzhne und

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    starrte ins Leere. Die verblassenden Strahlen der Sptnachmit-tagssonne berzogen seine stmmige Gestalt mit einem schwa-chen Schimmer und warfen seinen Schatten auf das abkhlendeGestein des Riesenberges in seinem Rcken. Er lauschte einenAugenblick den Geruschen ringsum, den gedmpften Stimmen

    von anderen aus der Gruppe nahebei, dem Gezwitscher der V-gel vorne im Wald. In seinem Inneren hrte er fr einen Augen-blick Sheas entschlossene Stimme, und er erinnerte sich an dengroen Mut seines Bruders angesichts der tausendfachen Gefah-ren, die sie gemeinsam bestanden hatten. Nun war Shea fort,wahrscheinlich tot, fortgerissen von dem unbekannten Strom zuder Ebene auf der anderen Seite des Gebirges, das zu berwindensie solche Anstrengungen auf sich genommen. Er rieb sich vor-sichtig den Kopf, sprte die Beule und den dumpfen Schmerzvom Schlag des Steinbrockens, der ihn getroffen hatte, so da ernicht fhig gewesen war, seinem Bruder zu helfen, gerade als die-

    ser ihn am ntigsten gebraucht htte. Sie waren bereit gewesen,sich dem Tod durch die Schdeltrger zu stellen, bereit, durchdie Schwerter der umherziehenden Gnome zu sterben, bereit so-gar, sich den Schrecknissen der Halle der Knige auszuliefern.Aber da alles ein Ende finden sollte durch eine Laune der Naturan einem schmalen Felssims, als sie der Gefahr schon entronnenzu sein schienen, war unertrglich. Flick sprte solch tzendenSchmerz in sich, da er seine Bitterkeit am liebsten laut hinaus-geschrien htte. Aber selbst jetzt konnte er das nicht. Sein Inne-res verkrampfte sich gegen die Wut, der er nicht Ausdruck gebenkonnte, und er sprte nur eine grenzenlose Leere.

    Menion Leah schien einen markanten Gegensatz zu bilden, alser einige Meter von Flick entfernt in wilder Verzweiflung hin-und herstrmte, vorgebeugt, beinahe geduckt wie ein verwunde-tes Tier. In seinem Gehirn loderten Wut und Emprung, nutzlo-ser Zorn, wie ein Tier im Kfig ihn empfindet, wenn auf Fluchtkeine Aussicht besteht und nur noch der innere Stolz und derHa auf das Geschehene bleiben. Er wute, da er nichts httetun knnen, um Shea zu helfen, aber das half wenig, das Schuld-gefhl zu betuben, das er angesichts der Tatsache empfand,nicht zur Stelle gewesen zu sein, als der Sims abgebrochen undShea in das tobende Wasser der Stromschnellen gestrzt war.Vielleicht wre es mglich gewesen, das Schreckliche zu verhin-dern, htte er Shea nicht mit Allanon allein gelassen. Aber erwute auch, da Allanon keine Schuld trug; Allanon hatte allesgetan, um Shea zu schtzen. Menion eilte mit langen, zornigenSchritten hin und her und grub die Stiefelabstze hart in den Bo-den. Er weigerte sich, einzurumen, da ihre Suche zu Ende war,da sie gezwungen sein wrden, sich als geschlagen zu bekennen,wenn das Schwert von Shannara schon in Reichweite lag. Er bliebstehen und berdachte fr Augenblicke des Ziel ihrer Suche. Frden Hochlnder ergab das Ganze noch immer keinen Sinn. Selbst

    wenn sie das Schwert erlangten, was konnte ein Mann, kaummehr als ein Jngling, gegen die Macht eines Wesens von der Art

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    des Dmonen-Lords auszurichten hoffen? Nun wrden sie es nieerfahren, weil Shea allem Anschein nach tot war; selbst wennnicht tot, fr sie nicht mehr erreichbar. Nichts schien mehr sinn-voll zu sein, und Menion Leah begriff schlagartig, wieviel ihmdie beilufige, mhelose Freundschaft zwischen ihnen bedeutet

    hatte. Sie hatten nie darber gesprochen, sie nie offen besttigt,aber sie war trotz allem da gewesen und fr ihn beraus wichtig.Jetzt war es vorbei damit. Menion bi sich in hilflosem Zorn aufdie Unterlippe und setzte sein ruheloses Hin- und Herwandernfort.Die anderen hatten sich am Fu der Drachenfalte versammelt,die wenige Meter hinter ihnen endete. Durin und Dayel sprachenhalblaut miteinander, die zarten Elfenzge umdstert von Sorge,die Blicke gesenkt. In der Nhe, an einen groen Felsblock ge-lehnt, ruhte sich Hndel aus, der, von Natur aus schon schweig-sam, nun unzugnglich war. Schulter und Bein waren verbun-

    den, sein Gesicht von dem Kampf mit dem Drachenzerschrundet. Er dachte kurz an seine Heimat, an die wartendeFamilie, und wnschte sich fr einen Augenblick, das Grn vonCulhaven noch einmal sehen zu knnen, bevor es zu Ende ging.Er wute, da sein Land ohne das Schwert von Shannara undohne Shea, es zu fhren, von den Armeen aus den Nordlndernberrannt werden wrde. Hndel war nicht allein mit solchenGedanken. Balinor dachte hnliches, den Blick auf den einsa-men Riesen gerichtet, der in einem kleinen Hain abseits von denanderen stand und sich nicht bewegte. Er wute, da sie nun voreiner Entscheidung standen, die eigentlich keine war. Sie muten

    ihre Unternehmen entweder aufgeben, umkehren und versu-chen, ihre Heimatlnder zu erreichen und vielleicht Shea zu fin-den, oder nach Paranor weitergehen und das Schwert vonShannara ohne den mutigen jungen Mann an sich bringen. Eineschwierige Wahl, die keinen befriedigen konnte, wie sie auchausfallen mochte. Er schttelte traurig den Kopf, als er an denbitteren Streit zwischen sich und seinem Bruder dachte. Ermute seine eigene Entscheidung fllen, wenn er nach Tyrsis zu-rckkehrte - und sie wrde nicht erfreulich sein. Er hatte mit denanderen nicht darber gesprochen, und im Augenblick warenseine persnlichen Probleme von nachgeordneter Bedeutung.Pltzlich fuhr der Druide herum und kam zu ihnen zurck,offenbar zu einem Entschlu gelangt. Das schwarze Gewandumwallte ihn, das scharfe, dunkle Gesicht wirkte selbst in diesemAugenblick der bitteren Niederlage entschlossen. Menion warim Gehen erstarrt, und sein Herz schlug heftig, als er auf dieKonfrontation wartete, die bevorstand, denn der Hochlnderhatte seine eigene Entscheidung getroffen und argwhnte, dasie anders ausgefallen sein mochte als die Allanons. Flick ent-deckte den Auf lug von Furcht im Gesicht des Prinzen von Leah,sah dort aber auch einen unerschtterlichen Mut. Alle standen

    zgernd auf und traten zusammen, als die schwarze Gestalt her-ankam. Ihre erschpften, entmutigten Gemter wurden pltz-

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    lich von einer wilden Entschlossenheit belebt, die Niederlagenicht hinzunehmen. Sie konnten nicht wissen, was Allanon be-schlossen hatte, aber sie begriffen, da sie zu weit gekommenwaren und zu viel geopfert hatten, um jetzt aufgeben zu kn-nen.

    Er stand vor ihnen, mit glhenden Augen, das umschatteteGesicht glich einer Granitwand von fundamentaler Kraft. Als erzu sprechen begann, tnten seine Worte eisig und scharf durchdie Stille.Es mag sein, da wir geschlagen sind, aber jetzt umzukehren,hiee, uns in unseren eigenen Augen zu entehren und nicht nurdas, sondern auch jene zu enttuschen, die sich auf uns verlassen.Wenn wir von dem Bsen im Nordland besiegt werden sollen,von Wesen aus der Geisterwelt, mssen wir uns dem stellen. Wirknnen nicht zurckweichen und auf ein Wunder hoffen, daszwischen uns treten mge. Wenn der Tod kommt, soll er uns mit

    gezckten Waffen und dem Schwert von Shannara in unsererHand finden! Er stie den letzten Satz mit solch eisiger Ent-schlossenheit hervor, da sogar Balinor ein Prickeln der Erre-gung versprte. Alle bewunderten stumm die unbezhmbareKraft des Druiden und waren pltzlich stolz darauf, mit ihm zu-sammen zu sein, zu der kleinen Gruppe zu gehren, die er frdieses gefhrliche und kostspielige Unternehmen ausgesuchthatte.Und was ist mit Shea? sagte Menion pltzlich, ein wenigscharf vielleicht, als die durchdringenden Augen des Druidensich auf ihn richteten. Was ist aus Shea geworden, der berhaupt

    der Anla fr diese Expedition gewesen ist?Allanon schttelte langsam den Kopf.Ich wei nicht mehr als Ihr. Er wurde vom Bergflu fortge-splt zur Ebene. Vielleicht ist er am Leben geblieben, vielleichtauch nicht, aber wir knnen jetzt nichts fr ihn tun.Was Ihr vorschlagt, ist, da wir ihn vergessen und dasSchwert an uns zu bringen versuchen ein nutzloses Stck Me-tall ohne den rechtmigen Trger! schrie Menion aufgebracht.Nun, ich gehe keinen Schritt weiter, bis ich wei, was mit Sheageschehen ist, selbst wenn das heit, die Suche aufzugeben undnach ihm zu forschen, bis ich ihn finde. Ich lasse meinen Freundnicht im Stich!Seid vorsichtig, Hochlnder, warnte die ruhige, spttischeStimme Allanons. Macht keine Dummheiten. Mir die Schuld anSheas Verlust zu geben, ist sinnlos, denn ich vor allem wnschteihm nichts Bses. Was Ihr sagt, entbehrt jeder Vernunft.Genug weise Worte, Druide! stie Menion hervor und rich-tete sich hher auf. Wir sind Euch wochenlang gefolgt, durchDutzende von Lndern und Gefahren, ohne ein einzigesmal anEuren Befehlen zu zweifeln. Aber das ist zu viel fr mich. Ichbin ein Prinz von Leah, nicht irgendein Bettler, der gehorsam tut,

    was man ihm befiehlt, und an niemanden denkt, als an sich selbst!Meine Freundschaft mit Shea bedeutete Euch nichts, aber fr

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    mich war sie wichtiger als hundert Schwerter von Shannara. Gehtbeiseite! Ich suche meinen eigenen Weg!Narr, Ihr seid weniger ein Prinz als vielmehr ein Dummkopf,wenn Ihr sprecht! zischte Allanon. Sein Gesicht war zu einerMaske des Zorns erstarrt, die groen Hnde ballten sich zu Fu-

    sten. Die anderen erblaten, als die beiden sich in ungezhmterWut anschrien. Dann, als sie sprten, da eine krperliche Aus-einandersetzung drohte, traten sie dazwischen, redeten hastig aufsie ein, versuchten sie zu besnftigen, aus Angst, ein Ri in derGemeinschaft knne jede Aussicht auf Erfolg zunichte machen.Flick allein hatte sich nicht geregt, denn seine Gedanken weiltenimmer noch bei seinem Bruder, und es ekelte ihn vor der Hilflo-sigkeit, mit der er den Dingen gegenberstand. Als Menion dasWort ergriffen hatte, war ihm klargeworden, da Menion auchseine eigene Meinung ausdrckte und da ebenfalls er nicht wei-terziehen wrde, ehe er nicht wute, was mit Shea geschehen

    war. Aber Allanon schien immer so viel mehr als alle anderen zuwissen, da seine Entscheidungen stets richtig waren. Die Wortedes Druiden ganz zu miachten, schien falsch zu sein. Flick rangfr Augenblicke mit sich selbst und versuchte zu erkennen, wasShea in dieser Lage getan, was er den anderen empfohlen htte.Dann wute er pltzlich die Antwort, fast, ohne es selbst zu be-greifen.Allanon, es gibt einen Weg, sagte er abrupt, so laut, da erdie Stimmen der anderen bertnte. Sie starrten ihn alle an, er-staunt von seiner Entschlossenheit. Allanon nickte, um zu zei-gen, da er zuhrte. Ihr habt die Macht, mit den Toten zu reden.

    Wir haben es im Tal erlebt. Knnt Ihr nicht sagen, ob Shea nocham Leben ist? Eure Macht ist gro genug, die Lebenden zu ent-decken, wenn Ihr die Toten wecken knnt. Ihr knnt sagen, woer ist, nicht wahr?Alle richteten die Blicke auf den Druiden. Allanon seufzteschwer und starrte auf den Boden.Ich knnte es tun, erwiderte er zu aller Erleichterung undVerblffung, aber ich werde es nicht tun. Wenn ich meineMacht gebrauche, um festzustellen, wo Shea ist, ob er noch lebtoder nicht, werde ich dem Dmonen-Lord und den Schdeltr-gern unsere Anwesenheit verraten. Sie wren aufmerksam ge-macht und wrden in Paranor auf uns warten.Falls wir nach Paranor gehen, warf Menion grimmig ein,worauf Allanon wtend herumfuhr. Wieder sprangen alle da-zwischen.Aufhren, aufhren! schrie Flick zornig. Das hilft keinem,am allerwenigsten Shea. Allanon, ich habe auf der ganzen Reisenie etwas verlangt. Ich hatte kein Recht dazu; ich war aus eige-nem Entschlu dabei. Aber jetzt besitze ich das Recht, weil Sheamein Bruder ist, vielleicht nicht dem Blut oder der Rasse nach,aber gewi durch gleich starke Bande. Wenn Ihr Eure Macht

    nicht gebrauchen wollt, herauszufinden, wo er ist und was mitihm geschehen sein mag, gehe ich mit Menion und suche Shea.

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    Er hat recht, Allanon. Balinor nickte langsam und legte seineschwere Hand auf die Schulter des kleinen Talbewohners. Wasimmer auch mit uns geschehen mag, diese beiden haben einRecht, zu wissen, ob Shea noch eine Chance hat. Ich wei, wases bedeutet, wenn wir entdeckt werden, aber ich sage, wir ms-

    sen dieses Risiko eingehen.Durin und Dayel nickten heftig. Der Druide warf einen Blickauf Hndel, um auch seine Meinung zu erkunden, aber derschweigsame Zwerg regte sich nicht und starrte nur in dieschwarzen Augen des anderen. Allanon sah alle der Reihe nachan und schien ihre wahren Gefhle zu ergrnden, whrend er andas Risiko dachte, whrend er den Wert des Schwertes abwoggegen den Verlust von zwei weiteren Mitgliedern der Gruppe.Er starrte zerstreut in die untergehende Sonne, als die Dmme-rung langsam herabsank und sich mit dem Rot und Purpur desvergehenden Tages vermischte. Es war eine lange, harte Reise ge-

    wesen, und sie hatten dafr nichts vorzuweisen- nur den Verlustdes Mannes, um den das Ganze unternommen worden war. Ernickte sinnend vor sich hin, dann blickte er wieder auf die ande-ren und sah ihre Augen pltzlich aufleuchten, weil sie glaubten,er stimme Flicks Forderung zu. Der hochgewachsene Wanderernickte entschieden mit dem Kopf, ohne auch nur die Spur einesLchelns zu zeigen.Wie ihr wollt. Ich werde tun, was ihr verlangt. Tretet zurckund sprecht mich nicht an, bis ich es euch sage.Die anderen wichen zurck, whrend er regungslos an seinemPlatz stehen blieb, den Kopf gesenkt, die langen Arme ver-

    schrnkt, die groen Hnde im schwarzen Umhang vergraben.Nur die fernen Laute des Abends waren in der zunehmendenDsternis vernehmbar. Dann erstarrte der Druide, und ein weiesLeuchten breitete sich um seinen angespannten Krper aus,eine blendende Aura, vor der die anderen die Augen zusammen-kniffen und sie dann mit den Hnden bedeckten. Fr einen Mo-ment war das Leuchten berall, die dunkle Gestalt Allanons ent-zog sich dem Blick, im nchsten Augenblick blitzte es hell aufund war verschwunden. Allanon stand da wie vorher, regungslosvor der Dunkelheit, dann sank er langsam zu Boden, eine Handauf die Stirn gepret. Die anderen zgerten nur kurz, dann mi-achteten sie seinen Befehl und strzten vor, befrchtend, erknne verletzt sein. Allanon blickte mibilligend auf, erbostdarber, da sie sich nicht an seine Anweisung hielten, aber dannsah er in den vorgebeugten Gesichtern tiefe Sorge. Er ri unglu-big die Augen auf, in pltzlichem Begreifen. Er war tief gerhrt,und eine fremdartige Wrme breitete sich in ihm aus, als ihm klarwurde, welche Loyalitt ihm diese sechs Mnner von verschie-denen Rassen aus verschiedenen Lndern, mit verschiedenen Le-bensweisen immer noch entgegenbrachten. Zum erstenmal, seit-dem sie Shea verloren hatten, sprte Allanon so etwas wie

    Erleichterung. Er raffte sich mhsam auf, ein wenig auf Balinorsstarken Arm gesttzt, noch immer geschwcht von dem Bem-

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    hen, Shea zu finden. Er stand einen Augenblick still da, dann l-chelte er schwach.Unser junger Freund lebt wirklich noch, wenngleich ich die-ses Wunder nicht erklren kann. Ich habe seine Lebenskraft aufder anderen Seite des Gebirges gesprt, wahrscheinlich irgendwo

    in der Nhe des Flusses, der ihn zu den stlichen Ebenen gefhrthat. Es waren andere bei ihm, aber ich konnte ohne grndlicheSondierung nicht erkennen, welche Absichten sie verfolgten.Das htte uns nun endgltig verraten und mich so geschwcht,da ich praktisch nutzlos geworden wre.Aber er lebt, Ihr seid Euch dessen gewi? fragte Flick eifrig.Allanon nickte. Die ganze Gruppe grinste sich an. Menionschlug Flick auf die Schulter und vollfhrte einen kleinen Freu-dentanz.Dann ist die Frage beantwortet, sagte der Prinz von Leahstrahlend. Wir mssen zurck ber die Drachenzhne, um ihn

    zu finden, hierauf ziehen wir nach Paranor, um das Schwert zuholen. Sein Lcheln verschwand, sein Gesicht wurde lang, alsAllanon entschieden den Kopf schttelte. Die anderen starrtenAllanon entgeistert an.Shea ist in den Hnden einer Gnomen-Patrouille, erklrteAllanon. Er wird nach Norden gebracht, hchstwahrscheinlichnach Paranor. Wir knnten nicht zu ihm gelangen, ohne unsdurch die bewachten Psse der Drachenzhne erneut durchzu-schlagen und ihm auf den von Gnomen durchstreiften Ebenennachzuspren. Wir wren Tage aufgehalten, wenn nicht lnger,und man wrde uns schnell auf die Spur kommen.

    Es gibt keine Garantie, da sie nicht schon ber uns Bescheidwissen, schrie Menion aufgebracht. Das habt Ihr selbst gesagt.Was ntzt es Shea, wenn er in die Hnde des Dmonen-Lordsfllt? Was ntzt uns das Schwert ohne seinen Trger?Wir knnen ihn nicht im Stich lassen, sagte Flick und tratwieder vor.Die anderen sagten nichts, sondern warteten stumm aufAllanons Erklrung. Die Dunkelheit hatte das Bergland nunganz eingehllt, und die Mnner konnten sich gegenseitig kaumnoch erkennen; der Mond war hinter riesigen Gipfeln verbor-gen.Ihr habt die Prophezeiung vergessen, mahnte Allanon ge-duldig. Der letzte Teil behauptete, einer von uns werde die an-dere Seite der Drachenzhne nicht sehen, aber als erster die Handauf das Schwert von Shannara legen. Wir wissen, da Shea damitgemeint war. Auerdem sagte die Prophezeiung, wir, die wir dieandere Seite des Gebirges erblickten, wrden das Schwert vorAugen haben, bevor zwei Nchte vergingen. Es hat ganz denAnschein, als sollte uns das Schicksal alle zusammenfhren.Das mag fr Euch gengen, aber nicht fr mich, sagte Me-nion kalt, whrend Flick eifrig nickte. Wie knnen wir auf et-

    was vertrauen, was uns ein Geist versprochen hat? Ihr verlangtvon uns, da wir Sheas Leben aufs Spiel setzen.

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    Allanons Zorn schien wieder aufwallen zu wollen, dann be-zhmte er aber sein aufbrausendes Temperament, sah die beidenruhig an und schttelte enttuscht den Kopf.Habt ihr nicht von Anfang an einer Legende geglaubt?fragte er leise. Habt ihr nicht selbst gesehen, welchen Platz die

    Geisterwelt in eurer Welt von Fleisch und Blut, Erde und Ge-stein gefunden hat? Haben wir nicht von Anfang an gegen We-sen, erstanden aus dieser anderen Existenz, gekmpft, Wesen, dieKrfte besitzen, wie sie Sterblichen gewi nicht gegeben sind?Ihr habt die Macht der Elfensteine erlebt. Weshalb wendet ihreuch nun von all dem ab, zugunsten von Dingen, die euch euerbegrenzter Menschenverstand eingibt - ein Denkproze, dersich auf Fakten und Reize dieser Welt sttzt, eurer materiellenWelt, unfhig, sich in eine Existenz zu versetzen, wo selbst eure 'grundlegendsten Erkenntnisse keinen Sinn in sich bergen?Sie starrten ihn stumm an und sahen ein, da er recht hatte,

    zgerten aber immer noch, ihren Plan zur Auffindung Sheas fal-lenzulassen. Die ganze Reise war gegrndet gewesen auf halbenTrumen und alten Legenden, und pltzlich auf das Praktischeumschwenken zu wollen, war im Grunde eine unsinnige Idee.Flick hatte es an dem Tag, als er erstmals voll Furcht aus demShady Vale geflchtet, aufgegeben, praktisch zu denken.Ich wrde mir keine Sorgen machen, meine jungen Freunde,sagte Allanon beruhigend und legte auf die Schulter von jedemeine schmale Hand. Shea hat die Elfensteine bei sich, und ihreMacht wird ihn schtzen. Vielleicht fhren sie ihn auch zumSchwert, da sie darauf eingestimmt sind. Mit etwas Glck finden

    wir ihn in Paranor, zusammen mit dem Schwert. Alle Straenfhren jetzt zur Festung der Druiden, und wir mssen dafr sor-gen, da wir zur Stelle sind, um Shea zu helfen, so gut wir kn-nen.Die anderen hatten ihre Waffen und kleinen Ruckscke aufge-nommen und standen bereit, schattenhafte Silhouetten imschwachen Sternenlicht, feingezeichnete Bleistiftumrisse vor derSchwrze des Gebirges. Flick blickte nach Norden zu demdunklen Wald, der das Tiefland hinter den Drachenzhnen be-deckte. In seiner Mitte, emporragend wie Obeliske, waren dieKlippen von Paranor, und auf ihrem Scheitelpunkt stand dieDruidenfestung mit dem Schwert von Shannara. Das Ende derSuche. Flick blickte kurze Zeit ruhig auf die einsame Zinne, dannwandte er sich Menion zu. Der Hochlnder nickte widerstre-bend.Wir gehen mit dir. Flicks Stimme war ein gedmpftes Fl-stern in der Stille.Die wirbelnden Wasser des reienden Stroms tobten gegen dieeinengenden Mauern ihres Gebirgskanals, wteten und hm-merten ihren Weg gen Osten, rissen Treibholz und Strandgutmit, das ihnen zur Beute geworden war. Sie fegten in groen

    Stromschnellen aus dem Gebirge hinab, glatt geschliffene Stein-blocke und pltzliche Biegungen umbrodelnd, in weiten Schlei-

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    fen dem stillen Zug friedlicher Flsse entgegen, die sich in denhgeligen Landschaften ber den Rabb-Ebenen verzweigten. Ineinem dieser kleinen, ruhigen Nebenflsse wurde der mit demLedergrtel noch immer an den gesplitterten Baumstamm ge-bundene Mann schlielich auf einer Sandbank angeschwemmt,

    bewutlos, fast ertrunken. Seine Kleidungsstcke waren zerfetztund zerrissen, die Lederstiefel weggerissen, das nasse Gesichtaschfahl und blutverschmiert von der Wucht der Stromschnel-len. Er wurde wach und begriff endlich, da er Land erreichthatte. Er lste sich mit kraftlosen Hnden von dem Baumstamm,kroch auf Hnden und Knien ans Ufer und in das hohe Gras ei-nes niedrigen Hgels. Wie im Reflex tasteten die zerschundenenHnde nach dem Lederbeutel an seiner Hfte; zu seiner Erleich-terung war er noch da, mit den Lederschnren fest angebunden.Einen Augenblick spter verfiel er in einen tiefen, willkommenenSchlaf, zu Tode erschpft.

    Er schlief fest in der Wrme und Stille des Tages bis zum sptenNachmittag, als das abkhlende Gras, vom zunehmenden Windin sein Gesicht geweht, ihn weckte. Da war noch etwas anderesauch, etwas in seinem nun ausgeruhten Gemt, das ihn pltzlichvor Gefahr warnte. Aber er konnte seinen erschlafften Krperkaum halb aufrichten, als eine Gruppe von zehn oder zwlfGestalten auf dem Hgelkamm ber ihm auftauchte; sie bliebenverwundert stehen, als sie ihn sahen, und rannten dann den Hanghinab. Statt ihn vorsichtig nach Verletzungen zu untersuchen,warfen sie ihn erneut zu Boden, rissen ihm die Arme hinter denRcken und fesselten sie mit Lederschnren, die in die unge-

    schtzte Haut schnitten. Auch seine Fe wurden gefesselt, undendlich drehte man ihn auf den Rcken, so da er seine Gegnersehen konnte. Seine schlimmsten Befrchtungen besttigten sichaugenblicklich. Die knorrigen gelben Gestalten, in Waldbewoh-nerkleidung, bewaffnet mit kurzen Schwertern, waren nachMenions Beschreibung des Zwischenfalls erst Tage zuvor imJade-Pa leicht wiederzuerkennen. Er blickte angstvoll in diescharfen Gnomenaugen, die einigermaen erstaunt seine halbmenschlichen, halb elfenhaften Zge registrierten, seine zerfetzteSdlnder-Kleidung. Der Anfhrer bckte sich und begann ihngrndlich zu durchsuchen. Shea wehrte sich, erntete aber nurSchlge, und rhrte sich endlich nicht mehr, als der Gnom denkleinen Lederbeutel mit den kostbaren Elfensteinen an sichnahm.Die Gnome versammelten sich neugierig, als die drei blauen,in der warmen Sonne hell leuchtenden Steine in die Hand desAnfhrers purzelten. Es gab eine kurze Diskussion, von der Sheakein Wort verstand. Man entschied endlich, den Gefangenen unddie Steine nach Paranor zu bringen und Hhergestellte zu infor-mieren. Die Gnomen zerrten den Gefangenen hoch, durch-schnitten die Fesseln an seinen Fen und trieben ihn nach

    Norden, gelegentlich mit Sten, wenn er vor Erschpfunglangsamer wurde. Bei Sonnenuntergang, als auf der anderen Seite

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    der Drachenzhne der Druiden-Fhrer einer kleinen, entschlos-senen Schar sich bemhte, den Aufenthalt des Vermiten ausfin-dig zu machen, waren sie noch immer unterwegs nach Norden.In den frhen Morgenstunden, in der alles berdeckenden Stille ..der Dunkelheit, verborgen von den Schatten der dichten Wlder,

    die das beruhigende Licht von Mond und Sternen fernhielten,stand die Gruppe endlich vor den Klippen Paranors. Es war einMoment, der fr immer in ihrer Erinnerung eingeprgt seinsollte, als erwartungsvolle Augen hinaufsahen zu den steilenFelswnden, hinauf und vorbei an den hier zwergenhaft erschei-nenden hohen Fichten und Eichen, die schlagartig aufhrten, alsdie Felsklippen begannen, noch weiter hinaufreichend zu demBauwerk von Menschenhand auf dem Scheitelpunkt - der Fe-stung der Druiden. Die Festung war eine Art Burg, mit uraltenMauern aus Steinblcken, aufsteigend zu spitzen Trmen undSpiralzinnen, die stolz in den Himmel hinaufragten. Unverwech-

    selbar eine Festung, erbaut, um dem Ansturm selbst der mchtig-sten Armee zu widerstehen. Das alte Heim und die Zuflucht derfast ausgerotteten Rasse von Menschen, genannt Druiden. ImInnersten dieser Bastion aus Stein und Eisen ruhte das Mahnmalan den Triumph des Menschen ber die Krfte der Geisterwelt,das Symbol fr den Mut und die Hoffnung der Rassen in alterZeit, vergessen im Lauf der Jahre, als Generationen dahingegan-gen und alte Legenden gestorben waren - das wunderhafteSchwert von Shannara.Als die sieben Mnner dastanden und die Druidenfestung be-trachteten, gingen Flicks Gedanken zurck zu den Ereignissen,

    die stattgefunden hatten, seitdem sie bei Sonnenuntergang dasGebirge hinter sich gelassen hatten. Sie waren schnell durch dasfreie Grasland gezogen, das sie vom Wald um Paranor trennte,und hatten nach wenigen Stunden ohne Zwischenfall den dunk-len Waldrand erreicht. Allanon unterrichtete sie dann darber,was nun bevorstnde. Der Wald, sagte er, sei undurchdringlich,wenn man es nicht verstnde, die gefhrlichen Hindernisse zumeiden, die der Dmonen-Lord geschaffen hatte, um jeden Ver-such zu ersticken, die Druidenfestung zu erreichen. Wlfe streif-ten durch das ganze Waldgebiet, riesige, graue Bestien, die alles,was auf zwei oder vier Beinen lief, einholen und binnen Augen-blicken zerreien knnten. Nach den Wlfen, am Fu der Klip-pen unter der Festung, befinde sich eine undurchdringliche Bar-riere von Dornengewchsen, berzogen mit einem Gift, fr dases keine Heilung gebe. Aber der einfallsreiche Druide war vor-bereitet. Sie schritten eilig in den schwarzen Wald, ohne sich dieMhe zu machen, einen anderen als den direkten Weg zu suchen,geradewegs auf die Festung zu. Allanon forderte sie auf, ganz inseiner Nhe zu bleiben, wiewohl diese Warnung unntig war.Nur Menion schien es zu drngen, den anderen vorauszueilen,aber beim ersten Laut der ruberischen Wlfe kam auch er

    schnell zu den anderen zurck. Die groen, grauen Tiere griffenan, Minuten nachdem die Mnner in den Wald eingedrungen

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    waren. Ihre Augen in der Dunkelheit waren blutrot, die mchti-gen Kiefer schnappten haerfllt. Aber bevor die Bestien die er-schrockene Gruppe erreichen konnten, fhrte Allanon einefremdartige kleine Pfeife an die Lippen und blies hinein. Ein Ton,so hoch, da die Mnner ihn nicht hren konnten, stoppte die

    fauchenden Wlfe augenblicklich; sie kehrten um, stieen kla-gende Laute aus und hetzten wimmernd davon, bis sie ver-schwunden waren.Zweimal tauchten die Wlfe whrend der Wanderung nochauf, es war aber nicht zu erkennen, ob es dasselbe Rudel war oderein anderes. Flick neigte zu der Ansicht, es msse sich um andereTiere handeln, nachdem er die Wirkung des Pfeiftons miterlebthatte. Jedesmal stoben die Bestien furchtsam davon und lieendie Wanderer in Frieden. Man erreichte die Dornenbarriere ohneSchwierigkeiten. Die starrende Masse giftiger Stacheln vor ihnenerschien jedoch wahrhaft undurchdringlich, selbst fr den viel-

    seitigen Allanon. Wieder erinnerte er sie daran, da dies das Hei-matland der Druiden, nicht des Dmonen-Lords sei. Er fhrtesie nach rechts an der Barriere entlang bis zu einer Stelle, die ihmdie richtige zu sein schien. Er schritt eine bestimmte Strecke voneiner nahen Eiche ab, die Flick ganz wie jede andere Eiche vor-kam, markierte am Boden vor dem dornigen Hindernis eineStelle und bedeutete den anderen durch ein Nicken, da hier derZugang sei. Zu aller Verblffung ging der schwarze Zaubererdann einfach auf die nadelspitzen Stacheln zu und verschwandin der Vegetation, nur um Augenblicke spter unverletzt wiederaufzutauchen. Mit leiser Stimme erklrte er, da die Barriere an

    dieser Stelle lediglich eine Tuschung und harmlos sei, ein gehei-mer Durchgang zur Festung. Es gebe noch andere, fr menschli-che Augen alle unsichtbar, wenn diese nicht wuten, worauf zuachten sei. Und so zog die Gruppe durch das Hindernis, ent-deckte, da die Stacheln wirklich harmlos waren, und stand end-lich vor den Mauern Paranors.Es erschien Flick noch immer unfabar, da sie wirklich hier-hergelangt waren. Die Reise war endlos erschienen, die Gefahrenhatte man nicht wirklich berwunden, sondern nur umgangen,um letztlich immer wieder auf neue zu stoen. Aber hier standensie nun trotzdem. Alles, was noch brigblieb, war, die Klippenzu erklimmen und das Schwert zu ergreifen, keine einfache Auf-gabe, aber auch nicht schwerer als alle anderen, die sie angepacktund bewltigt hatten. Er blickte hinauf zu den Burgbastionen,betrachtete kurz die in Abstnden angebrachten Fackeln undwute, da der Feind die Mauern und das Schwert in ihrem In-neren bewachte. Er fragte sich, wer und was der Feind war. Nichtdie Gnome oder Trolle, sondern der eigentliche Feind - das We-sen, das in eine andere Welt gehrte, aber auf irgendeine uner-klrliche Weise in die hiesige eingedrungen war, um die Men-schen, die sie bewohnten, zu versklaven. Er fragte sich

    verschwommen, ob er je den Grund fr all das erfahren wrde,was ihnen zugestoen war, den Grund dafr, da sie nun hier

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    standen, auf der Jagd nach dem legendren Schwert von Shan-nara, ber das keiner auer dem Druiden etwas wute. Er sprte,da die ganze Geschichte irgendwo eine Moral hatte, aber imAugenblick entzog sie sich ihm. Er wollte nichts anderes, als dieSache hinter sich bringen und lebendig davonkommen.

    Sein Gedankengang endete abrupt, als Allanon sie an den stei-len Felswnden entlangwinkte. Auch hier schien der Druide et-was zu suchen. Einige Minuten danach blieb er vor einem glattenTeil der Wand stehen, berhrte eine Stelle im Gestein, und eineverborgene Tr ffnete sich zu einem Geheimgang. Allanon tratkurz hinein und kam mit Fackeln zurck, die er verteilte. Sie tra-ten alle in den Gang, und die Steintr schlo sich lautlos hinterihnen. In der Beinahe-Dunkelheit sahen sie undeutlich Steinstu-fen, die nach oben fhrten, kaum erkennbar im trben Licht ei-ner einsamen Fackel. Sie stiegen vorsichtig dort hinauf, und jederentzndete seine Fackel an der Flamme. Allanon legte den Finger

    an die Lippen und stieg als erster die feuchten Stufen hinauf. Seinschwarzer Umhang blhte sich ein wenig, und sein Schattenfllte den ganzen, steil nach oben fhrenden Tunnel aus. Die an-deren folgten ihm wortlos. Der Angriff auf die Druidenfestunghatte begonnen.Die Treppe fhrte in einer endlosen Spirale hinauf, eine Wen-de nach der anderen, bis sie nicht mehr wuten, wie weit sieschon gekommen sein mochten. Die Luft im Gang wurde lang-sam wrmer und lie sich besser atmen, die Feuchtigkeit anWnden und Stufen schwand immer mehr. Ihre schweren Le-derjagdstiefel scharrten leise auf dem Gestein, und die Schritte

    hallten dumpf durch das Gewlbe. Hunderte von Stufen undviele Minuten spter erreichten sie das Ende des Tunnels, vor sicheine massive Holztr mit Eisenbeschlgen, eingelassen in denFels. Allanon bewies erneut, da er den Weg kannte. Eine einzigeBerhrung, und die Tr ging lautlos auf, so da die Mnner ineine groe Kammer treten konnten, aus der viele Gnge hinaus-fhrten, alle von lodernden Fackeln gut erleuchtet. Ein schnellerBlick in die Runde zeigte, da niemand in der Nhe war, undAllanon versammelte die Mnner um sich.Wir befinden uns direkt unter der eigentlichen Burg, fl-sterte er, whrend die anderen sich herandrngten. Wenn wirden Raum, in dem das Schwert von Shannara ruht, ungesehen zuerreichen vermgen, knnen wir vielleicht ohne Kampf entkommen.Irgend etwas stimmt nicht, warnte Balinor kurz. Wo sinddie Wachen?Allanon schttelte den Kopf, aber die anderen sahen die Be-sorgnis in Balinors Augen. Hier stimmte wahrhaftig etwas nicht.Den Gang, den wir nehmen, fhrt zu den Heizungsschchtenund einer Hintertreppe zur Haupthalle. Sagt nichts mehr, bis wirdort sind, haltet die Augen offen! Ohne eine Antwort abzuwarten,drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten zu einem

    der offenen Tunnels, eilig gefolgt von den anderen. Das flak-kernde Licht der Fackeln in eisernen Haltern warf .ihre Schatten

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    an die steinernen Wnde. Balinor zog sein Breitschwert, und dieanderen folgten seinem Beispiel. Sie schlichen wachsam durchdie uralten Tunnels - der Druide, die beiden Prinzen, der Talbe-wohner, die Elfenbrder und der Zwerg -, alle angespannt vonhchster Wachsamkeit, erfat von der Erregung am Ende einer

    langen Jagd. Grere Abstnde zwischen sich, an den Wndendes Ganges dahinschleichend, die Waffen in Bereitschaft, Augenund Ohren offen fr jede Andeutung von Gefahr, huschten sieweiter, hher hinauf, tiefer in das Innere der Druidenfestung.Dann trat die Stille langsam in den Hintergrund, und man hrteein gedmpftes Gerusch wie schweres Atmen, whrend esmerklich heier wurde. Der Gang endete, und eine Steintr mitEisenklinke tauchte auf, die Umrisse durch grelles Licht aus derKammer dahinter scharf gezeichnet. Das geheimnisvolle Ge-rusch wurde lauter und wurde erklrbar. Es war das pulsierendeSummen von Maschinen, die in gleichmigem Rhythmus

    stampften. Die Mnner nherten sich auf Allanons stummenWink vorsichtig der geschlossenen Tr.Als der riesige Druide die schwere Tr ffnete, drang den Ah-nungslosen ein Schwall heier Luft entgegen, die sengend in dieLungen drang und in der Magengrube hngenzubleiben schien.Nach Atem ringend, zgerten sie kurz und traten dann wider-willig in den Raum. Der Raum war im Grunde nicht viel mehrals eine Art kreisfrmiger Lauf gang ber einer tiefen Grube, dieweit ber dreiig Meter ins Gestein hinabfhrte. Am Grund lo-derte ein gigantisches Feuer, das von einer unbekannten Quellegespeist wurde und dessen orange- und dunkelrote Flammen

    den Schacht hinauf zngelten. Oben am Innenrand verlief nur derkleine Laufgang, etwa einen Meter breit, mit einem niedrigenEisengelnder. Von Decke und Wnden leiteten Heizungs-schchte die Wrme in andere Teile des Gebudes. Ein unsicht-bares Pumpensystem steuerte die vom offenen Schmelzofen er-zeugte Wrmemenge. Jetzt, in der Nacht, war das Pumpensy-stem stillgelegt und die Hitze auf dem Laufgang noch ertrglich.Wenn die Blaseblge voll in Betrieb waren, htte der Aufenthaltin der Kammer fr jeden. Menschen den sicheren Tod bedeutet.Menion, Flick und die Elfenbrder blieben am Gelnder ste-hen, um das System genauer zu betrachten. Hndel hielt sich imHintergrund; ihm war unbehaglich in dem Felsbauwerk, und ervermite die freien Wlder, mit denen er vertraut war. Allanontrat zu Belinor und sprach kurz mit ihm, blickte auf mehrere ge-schlossene Tren, die zu den Kammern fhrten, und deutete aufdie offene Wendeltreppe, die zu den oberen Hallen der Burgfhrte. Schlielich schienen die beiden Mnner sich zu einigen,sie nickten einander zu und winkten den anderen, nachzukom-men. Hndel war nur allzu froh darber. Menion und die Elfen-brder traten vom Gelnder zurck, um sich ihm anzuschlieen.Nur Flick zgerte noch, auf seltsame Weise von dem Lodern in

    der Grube fasziniert. Als er den Kopf hob, um zur anderen Seiteder Kammer hinberzublicken, sah er die dunklen Umrisse eines

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    Schdeltrgers aus dem Nichts auftauchen.Flick erstarrte. Das Wesen verharrte halb geduckt auf der an-deren Seite, sein Leib war eine schwarze Masse selbst im Lichtdes Grubenfeuers, whrend die capeartigen Schwingen sich hin-ter ihm ein wenig wlbten. Die Beine waren krumm, und die

    Fe endeten in gefhrlich aussehenden Krallen, die fhig schie-nen, das Gestein selbst zu zerfetzen. Tief eingezogen zwischenmchtigen Schultern, hatten Kopf und Gesicht entfernte hn-lichkeit mit zerschrundeter Kohle. Die heimtckischen Augenrichteten sich auf den sprachlosen Talbewohner, und ihre Tiefenlockten ihn nher an das rtliche Glhen, das in ihnen funkelte,eine offene Einladung zum Tod. Mit langsamen, schleppendenSchritten ging es um die Kammer herum, und sein Atem rasselte,als es dem angewurzelten Flick immer nherkam. Er wollte auf-schreien, davonstrzen, alles, nur nicht bleiben, wo er war, aberdie unheimlichen Augen hielten ihn fest. Er wute, da sein letz-

    tes Stndlein geschlagen hatte.Aber den anderen war seine Regungslosigkeit aufgefallen; siefolgten seinem entsetzten Blick und entdeckten den schwarzenSchdeltrger, der lautlos um den Rand der Grube herumschlich.Allanon sprang blitzschnell vor Flick und ri ihn herum, um denBann der furchtbaren Augen des Wesens zu brechen. Betubtstolperte Flick nach rckwrts in die Arme Menions, der ihmebenfalls zu Hilfe geeilt war. Die anderen standen hinter demDruiden, die Waffen gezckt. Das Wesen kam einige Meter vorAllanon zum Stehen, immer noch geduckt, das grliche Gesichtmit einem erhobenen Flgel und seiner Krallenhand vor dem

    Feuerschein schtzend. Der Atem ging in langsamen, rasselndenSten, whrend die grausamen Augen auf der hochgewachse-nen Gestalt zwischen ihm und dem kleinen Talbewohner hafteten.Druide, du bist ein Narr, dich gegen mich zu stellen. DieStimme tnte irgendwo aus der Tiefe des formlosen Gesichts.Ihr seid alle dem Untergang geweiht. Ihr seid das gewesen, seit-dem ihr euch entschlossen habt, nach dem Schwert zu suchen.Der Meister wute, da ihr kommt, Druide! Er hat es gewut!Such das Weite, solange du noch kannst, Verhater! befahlAllanon, so drohend, wie die anderen Mnner ihn noch nie hat-ten sprechen hren. Du erschreckst hier keinen. Wir holen unsdas Schwert, und du wirst uns nicht im Weg stehen. Tritt beiseite,Lakai, und la deinen Herrn vortreten! Die Worte zischtendurch die Luft und trafen den Schdeltrger wie Messer. DasWesen fauchte vor Wut, und die Atemzge keuchten schneller,als es einen Schritt vortrat, sich tiefer duckte und haerfllt indie Augen Allanons blickte.Ich werde dich vernichten, Allanon! Dann ist niemand mehrbrig, der gegen den Meister auftreten kann! Du bist von Anfangan unsere Marionette gewesen, obwohl du nichts davon geahnthast. Jetzt haben wir dich in Reichweite, zusammen mit deinen

    wichtigsten Verbndeten. Und sieh, wen du uns gebracht hast,Druide - den letzten Erben von Shannara!

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    Zu jedermanns Schrecken wies die Klauenhand auf den ver-blff ten Flick. Das Wesen schien nicht zu ahnen, da Flick nichtder Erbe war oder da Shea ihnen bei den Drachenzhnen ent-rissen worden war. Einen Augenblick lang schwiegen alle. DasFeuer brllte unten in der Grube, und die Flammen fegten pltz-

    lich hoch, so da glutheie Luft ber die Gesichter der Sterbli-chen fuhr. Die Krallen des schwarzen Geisterwesens schienennach ihnen zu greifen.Nun, ihr Narren, krchzte die haerfllte Stimme, werdetihr den Tod erleiden, den eure Gattung verdient!

    Kapitel 3

    Als die letzten Worte des schwarzen Wesens in der von Flammendurchzuckten Luft verklangen, schien alles gleichzeitig zu ge-

    schehen. Mit einer heftigen Armbewegung und einem so schar-fen Befehl, da sie alle auf der Stelle reagierten, schickte der rie-sige Druide seine Leute zur Wendeltreppe, die zur Haupthalleder Druidenfestung fhrte. Als die sechs Mnner auf die Treppezuhetzten, strzte sich der Schdeltrger auf Allanon. Der ge-waltige Zusammenprall war hrbar sogar fr die flchtendenMnner, die schon die Treppe hinaufliefen - bis auf einen. Flickzgerte, einerseits von dem Wunsch getrieben, zu entkommen,andererseits aber gebannt von dem titanischen Kampf zwischenden beiden mchtigen Wesen, die nur Zentimeter von den hoch-fauchenden Flammen des Riesenofens entfernt ineinander ver-

    krallt waren. Er stand unten an der Treppe und hrte die verklin-genden Schritte seiner Begleiter, als sie nach oben rasten.Augenblicke spter erstarben die Schritte, und er war der einzigeZeuge des unfabaren Kampfes zwischen dem Druiden und demSchdeltrger.Die schwarzen Gestalten standen regungslos am Rand desFeuerofens, Statuen, im Kampf erstarrt, die dunklen Gesichternur Zentimeter voneinander entfernt. Die Arme des Druidenrie-sen hielten die Krallenglieder des tdlichen Geisterwesens fest.Der Schdeltrger versuchte, seine rasiermesserscharfen Klauennahe genug an die ungeschtzte Kehle des Zauberers heranzu-bringen, um sie zij zerfetzen und dem Kampf ein schnelles Endezu bereiten. Die schwarzen Schwingen spannten sich vor An-strengung, flatterten heftig, um dem Angriff Schwung zu verlei-hen, whrend der rasselnde Atem die heie Luft mit verzweifel-ten Sten durchschnitt. Dann scho pltzlich ein Bein desNordland-Wesens nach vorn und brachte den Druiden zu Fall,so da er rckwrts auf den Steinboden strzte. Der Angreiferwarf sich sofort auf ihn, und eine Krallenhand zuckte hinab, umzu tten. Aber das Opfer war zu schnell, rollte sich geschickt vonden'tdlichen Klauen weg und befreite sich. Flick sah jedoch, da

    der Hieb die Schulter traf; Stoff zerri, und Blut rann aus einerWunde. Flick chzte erschrocken, aber einen Augenblick danach

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    war der Druide auf den Beinen. Zwei Blitze, blau geflammt,zuckten aus den ausgestreckten Fingern seiner Hand und trafenden sich aufrichtenden Schdeltrger mit gewaltiger Kraft, so dadas erboste Wesen an das Gelnder geworfen wurde. Whrenddie Zauberblitze jedoch den Drachen beim Kampf im Inneren

    des Gebirges sichtbar verwundet hatten, gelang es ihnen hier nur,das Wesen aus dem Nordland fr einige Sekunden aufzuhalten.Aufbrllend vor Wut, griff es erneut an. Gleiende rote Blitzeschssen aus seinen glhenden Augen. Allanon ri seinen Um-hang hoch, und die Blitze schienen abgelenkt zu werden an dieSteinwnde der Kammer. Das Wesen zgerte fr einen Augen-blick, und die beiden Gegner umkreisten einander wachsam wiezwei Waldbestien in einem Kampf auf Leben und Tod, den nureiner berstehen konnte.Zum erstenmal bemerkte Flick, da die Temperatur anstieg.Mit dem Beginn der Dmmerung waren die Heizer an die Arbeit

    gegangen, um den Wrmebedarf der Burg zu decken. Ohne vondem Kampf etwas zu ahnen, der auf dem Lauf gang tobte, hattensie die Blasebalgmaschinen unten an der Grube eingeschaltet undschrten das Feuer, um Warmluft in alle Rume der Druidenfe-stung zu leiten. Aus diesem Grund wurden die Flammen nunber dem Grubenrand sichtbar, und es wurde immer heier.Flick sprte, wie ihm der Schwei ber das Gesicht lief und seinewarme Jagdkleidung trnkte. Aber trotzdem ging er nicht. Ersprte, da sie alle verloren waren, wenn Allanon besiegt wurde,und er mute deshalb den Ausgang des Kampfes unbedingt er-fahren. Das Schwert von Shannara wrde jeden Sinn fr sie ver-

    lieren, wenn der Mann, der sie hierhergefhrt hatte, gettetwurde. Atemlos verfolgte Flick Ohmsford, was die Entschei-dung ber das Schicksal der Rassen und Lnder sein mochte,ausgefochten von den beiden scheinbar unzerstrbaren Wider-sachern.Allanon hatte erneut mit den zuckenden blauen Blitzen ange-griffen, den Schdeltrger mit kurzen, raschen Schlgen bom-bardiert, bemht, ihn zu einer unberlegten Handlung zu verlei-ten, damit er irgendeinen Fehler beging, der tdlich sein mochte.Das Geisterwesen war kein Narr, sondern die Verkrperung desBsen, gesthlt in Hunderten von Kmpfen, in denen es Siegergeblieben war. Es duckte und drehte sich mit erschreckenderGewandtheit, duckte sich immer wieder und wartete auf denAugenblick, in dem es zuschlagen konnte. Dann breiteten sichunerwartet die schwarzen Schwingen aus, und es schwebte em-por ber die Flammen des Feuerofens, um sich mit heftigemSchwung auf die hochgewachsene Gestalt Allanons herabzu-strzen. Die Krallen schlugen zu, und Flick glaubte bereits allesverloren. Wie durch ein Wunder entkam der zu Boden gestoeneDruide aber den tdlichen Klauen und schleuderte mit einermchtigen Bewegung den Schdeltrger ber sich hinweg. Das

    Wesen flog wild durch die Luft und prallte heftig an die Stein-wand. Es raffte sich sofort wieder auf, aber die Wucht des An-

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    pralls hatte es erschttert, es war nicht schnell genug, und bevores zu entkommen vermochte, strzte sich der riesige Druide aufes.Die beiden schwarzen Gestalten rangen an der Felswand mit-einander wie zusammengeschweit, die Glieder ineinander ver-

    schlungen wie verkrmmte ste. Als sie sich beide aufbumten,konnte Flick sehen, da Allanon hinter dem sich wehrendenSchdeltrger stand, die kraftvollen Arme wie einen Schraub-stock um den Schdel des Wesens gepret, whrend die ange-spannten Muskeln langsam das Leben herausdrckten. DieSchwingen peitschten wild die Luft, die gebogenen Arme desWesens griffen vergeblich nach einer Stelle des Gegners, die esihm erlaubt htte, sich zu befreien. Die feuerroten Augen glhtenmit der Wut des Feuers in der Grube selbst und schleudertenFlammenblitze hinaus, die in die Steinwnde fauchten und klaf-fende, verkohlte Lcher hinterlieen. Die Kmpf enden wankten

    von der Felswand davon und auf den gleienden Feuerofen zu,bis sie an dem niedrigen Gelnder standen. Einen Augenblicklang erschien es Flick, als mten beide das Gleichgewicht ver-lieren und in die Flammenglut strzen, aber Allanon richtete sichpltzlich mit einer ungeheuren Anstrengung auf und zerrte denGegner fort vom Gelnder. Es war diese pltzliche Bewegung,die das Wesen herumri, so da die haerfllten Augen sich un-mittelbar auf den halb verborgenen Talbewohner richteten. JedeGelegenheit ergreifend, den Druiden fr den Bruchteil einer Se-kunde abzulenken, um sich aus dem erstickenden Griff zu be-freien, wandte sich der Schdeltrger pltzlich gegen den unvor-

    bereiteten Flick. Zwei Flammenblitze schssen aus denglhenden Augen und zerschmetterten die Steinblcke derTreppe zu tdlichen Splittern, die wie Messer in alle Richtungenflogen. Flick handelte instinktiv. Er sprang von der Treppe hin-aus auf den Laufgang. Hnde und Gesicht waren von den Splitternzerschnitten, das Leben aber hatte er durch seine Schnellig-keit gerettet. Als er davonsprang, wankte der ganze Eingangpltzlich und brach in einer Lawine geborstener Steinblcke, dieden Weg nach oben versperrte, in sich zusammen. Der Staubquoll in dicken Wolken aus dem Schutt.Im selben Augenblick, whrend Flick angstvoll und bis insMark erschttert, doch bei Bewutsein am Steinboden lag, wh-rend die Flammen aus der brausenden Grube emporstiegen zuden Staubwolken aus dem blockierten Durchgang, lockerte sichAllanons Griff eine Spur, und das Wesen konnte sich befreien.Es wirbelte mit einem Wutschrei herum und versetzte dem abge-lenkten Druiden einen mchtigen Schlag an den Kopf, so da derhochgewachsene Wanderer auf die Knie sank. Das Wesen setztezum Todessto an, aber der schwarze Zauberer war pltzlichwieder auf den Beinen, und die blauen Blitze aus seinen Fingerntrafen den ungeschtzten Kopf des Angreifers. Mchtige Fuste

    regneten Hiebe auf beide Seiten des Schdels herab und rissen dasWesen wieder herum, die Arme Allanons schlssen sich um seine

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    Brust und preten Schwingen und Klauenhnde an den sich win-denden Krper. Der Druide hielt das Wesen fest und bi dieZhne zusammen, whrend er wutentbrannt den Leib des Geg-ners zusammenprete. Flick, der immer noch am Boden lag,whrend die Kmpfenden wenige Meter von ihm entfernt hoch-

    ragten, hrte ein entsetzliches Krachen und Knirschen, als imSchdeltrger etwas brach. Dann wankten die beiden Gestaltenwieder an das Gelnder, die verzerrten Zge von den Flammenbeleuchtet, und das Donnern der Flammengrube wurde vomqualvollen Geheul des zerquetschten Opfers bertnt, als derschwarze, gekrmmte Krper heftig aufzuckte. Aus einer tiefenQuelle von Kraft und Ha in sich holte der Schdeltrger eineletzte, verzweifelte Anstrengung. Er warf sich ber das Geln-der, die Klauen in den schwarzgekleideten Angreifer gekrallt,zerrte den verhaten Feind mit, beide Gestalten verloren sich imGlast der hungrigen Flammen.

    Flick raffte sich betubt auf, sein Gesicht verzerrte sich vorEntsetzen. Er wankte unsicher zum Rand der Grube, aber dieHitze war so stark, da er zurckgetrieben wurde. Er versuchtees noch einmal, ohne Erfolg, whrend der Schwei in Strmenvon der Stirn in die Augen und den Mund lief und sich mit Tr-nen hilflosen Zorns vermischte. Die Flammen aus der Grubeschlugen ber das Gelnder, zngelten gierig ber das Gesteinund knisterten, erfllt von neuem Leben, wie um die Zufuhrneuen Brennstoffs in Gestalt der beiden Wesen zu besttigen.Hinter dem roten Glhen der Flammen und der unertrglichenHitze war nichts mehr. Hoffnungslos schrie Flick immer wieder

    den Namen des Druiden hinaus, und seine Rufe hallten widervon den Steinwnden, um im Feuerofen zu ersterben. Der Tal-bewohner sah sich allein mit dem Brllen der Flammen undwute endlich, da der Druide dahin war.Er geriet in Panik. Verzweifelt hetzte er von der Grube davonund stand vor den berresten der Treppe, bevor ihm einfiel, dasie zerstrt war. Er brach auf dem Gerll zusammen. Er scht-telte den Kopf, um klarer denken zu knnen, sprte die aufstei-gende Hitze. Er wute, da er nur noch wenige Minuten zu lebenhatte, wenn er sich nicht auf irgendeine Weise aus der Kammerbefreien konnte. Er sprang hoch, lief zur nchsten Steintr undrttelte daran, aber die Tr bewegte sich nicht, und er gab es auf,die Hnde blutig. Er starrte auf die Wand und entdeckte einezweite Tr, taumelte hin, fand auch sie verschlossen. Er sprte,wie seine Hoffnung schwand, verdrngt von der Gewiheit, daer in der Falle sa. Er zwang sich mhsam, zur nchsten Tr zugehen. Mit dem letzten Rest seiner nachlassenden Kraft berhrteer, whrend er verzweifelt an der strrischen Barrikade rttelte,irgend etwas Verborgenes im Gestein und lste den Mechanis-mus aus, der die Tr ffnete. Mit einem Aufschrei der Erleichte-rung strzte Flick in den Tunnel dahinter und stie mit dem Fu

    die Steintr zu, blieb im Halbdunkel liegen, geschtzt vor demHitzetod, der hinter der Mauer wartete.

  • 7/29/2019 Brooks Terry - Shannara 02 - Der Sohn Von Shannara

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    Er blieb lange Minuten erschpft im dunklen Korridor liegen,whrend sein Krper die Khle des Steinbodens aufsaugte, wh-rend er die gute Luft in sich hineinpumpte. Er versuchte nichtzu denken, wollte sich nicht erinnern, wnschte nur, sich imFrieden und in der Stille des Felsentunnels zu verlieren. Nach

    langer Zeit endlich zwang er sich auf die Knie und schlielich aufdie Beine. Er lehnte betubt am kalten Gestein der Tunnelwand,whrend er darauf wartete, da seine Kraft wiederkehrte. Erstjetzt sah er, da seine Kleidung zerfetzt und verkohlt war, dadie Hitze Hnd