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SANDRA BROWN Ein Kuss für die Ewigkeit

Brown Kuss fuer d Ewigkeit - Penguin Random House

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SANDRA BROWN

Ein Kuss für die Ewigkeit

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BuchTief enttäuscht nimmt die junge Shelley Browning ihr Studium wieder auf, nachdem ihre Ehe mit einem aufstrebenden jungen Arzt gescheitert ist.Es ist ihr selbst ein Rätsel, warum sie ausgerechnet ein Seminar bei GrantChapman belegt. Denn er ist der Mann, den sie seit Jahren zu vergessensucht. Damals war Grant Lehrer an einer High School. Schon nach ein paarMonaten verließ er die Schule, um einen fantastischen Job im Kongress an-zunehmen. Vorher jedoch küsste er Shelley – ungeplant, überraschend lei-denschaftlich und nie wiederholt. Ein einziger Kuss, der ihr nie aus demKopf gegangen ist. Ein Kuss, der ein Symbol für sie war, wie die große Liebe

mit dem richtigen Mann hätte sein können.Nicht ungern hat Grant sich vom Capitol Hill verabschiedet, um eine Uni-versitätslaufbahn einzuschlagen. Umso mehr freut er sich, als er plötzlichShelley in seinem Seminar entdeckt. Diesmal steht einer Beziehung nichtsim Wege, und daher bittet er sie, mit ihm auszugehen. Aber auch wenn Shel-leys Herz sich danach sehnt, Grant zu lieben, hält ihr Kopf das für viel zuriskant. Immer wieder wehrt sie ihn ab, bis eines Tages eine schrecklicheAnschuldigung im Raum steht. Shelley muss sich entscheiden, ob sie denMann ihrer Träume für immer verlassen oder auf ewig zu ihm stehen will…

AutorinSandra Brown arbeitete mit großem Erfolg als Schauspielerin und TV-Jour-nalistin, bevor sie mit ihrem Roman »Trügerischer Spiegel« auf Anhiebeinen großen Erfolg landete. Inzwischen ist sie eine der erfolgreichsteninternationalen Autorinnen, die mit jedem ihrer Bücher die Spitzenplätzeder »New-York-Times«-Bestsellerliste erreicht! Ihren großen Durchbruchals Thrillerautorin feierte Sandra Brown mit dem Roman »Die Zeugin«, derauch in Deutschland auf die Bestsellerlisten kletterte – ein Erfolg, den siemit jedem neuen Roman noch einmal übertreffen konnte. Sandra Brown

lebt mit ihrer Familie in Texas und South Carolina.

Zusätzliche Informationen finden Sie unter: www.sandrabrown.com

Von Sandra Brown ist bereits lieferbarCelinas Tochter (35002) · Die Zeugin (35012) · Blindes Vertrauen (35134) ·Trügerischer Spiegel (35192) · Im Haus meines Feindes (35289) · Nachtohne Ende (35447) · Schöne Lügen (35499) · Ein Hauch von Skandal(36273) · Nachtglut (35721) · Kein Alibi (35900) · Betrogen (36189) ·Envy – Neid (36370) · Sündige Seide (36388) · Scharade (36470) · Verliebt

in einen Fremden (36519)

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Sandra Brown

Ein Kuss für die Ewigkeit

Roman

Aus dem Amerikanischenvon Beate Darius

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Die amerikanische Originalausgabe erschien 1983unter dem Titel »A Kiss Remembered«

bei Warner Books, Inc., New York.

Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend.

1. AuflageDeutsche Erstveröffentlichung Januar 2007

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © 1983 by Sandra BrownCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007

by Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagfoto: Getty Images/MuretzTKL/MD · Herstellung: Heidrun Nawrot

Satz: Uhl+Massopust, AalenDruck und Einband: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in GermanyISBN 978-3-442-36620-0

www.blanvalet-verlag.de

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Liebe Leserinnen und Leser,

bevor ich mich der allgemeinen Unterhaltungsliteraturzuwandte, habe ich Liebesromane geschrieben. »EinKuss für die Ewigkeit« erschien ursprünglich vor überzwanzig Jahren.

Die Handlung reflektiert Trends und Lebensart, wiesie seinerzeit aktuell waren – doch bleibt das Themaimmer populär und allgemein gültig. Wie in jedem Lie-besroman stehen die unglücklich Liebenden im Mittel-punkt. Wir erleben Augenblicke der Leidenschaft undZärtlichkeit, zwischenmenschliche Spannungen –kurzum: sämtliche Facetten der Liebe.

Es macht mir riesigen Spaß, romantische Liebesge-schichten zu schreiben. Sie bestechen durch ihre opti-mistische Grundhaltung und den unvergleichlichenCharme, der ihnen innewohnt. Und daher freue ichmich sehr, dass diese Geschichten jetzt auch aufDeutsch zu lesen sind. Probieren Sie es einfach aus.Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Vergnügen bei derLektüre.

Ihre Sandra Brown

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Sie hatte sich ganz bewusst für einen Platz im hinte-ren Teil des Seminarraums entschieden, denn sie wollte ihn möglichst unauffällig beobachten. Zu ihrer Ver-blüffung musste sie sich eingestehen, dass er sich inden vergangenen zehn Jahren kaum verändert hatte.Stattdessen schien sich seine maskuline Ausstrahlungseit ihrer letzten Begegnung noch verstärkt zu haben.Wie alt mochte er jetzt sein? Sie schätzte ihn auf Mittedreißig, und dummerweise war die magnetisierendeAnziehungskraft, die er seinerzeit auf sie ausgeübthatte, ungebrochen.

Während seiner Vorlesung schrieb Shelley eifrig mit.Obwohl das Wintersemester erst vor zwei Wochen be-gonnen hatte, ging er seinen Stoff zügig durch, um sieauf die Abschlussprüfungen im Dezember vorzuberei-ten. Und er hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit seinerStudenten.

Die Seminare für politische Wissenschaften fandenin einem der ältesten Bauten auf dem Campus statt.Allerdings hätten die efeuberankten Mauern eher zueiner der Eliteuniversitäten an der Ostküste gepasst alszu einem College im tiefsten Oklahoma. Indes wirktedas ehrwürdige Gebäude mit seinen knarrenden Holz-dielen und den hellen, stuckverzierten Fluren beschau-lich-anheimelnd auf die Studenten.

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Dozent Grant Chapman stand vor seinen Studenten,die Arme locker auf ein Pult gestützt. Aus massiverEiche gefertigt, waren die Zeichen der Zeit scheinbarspurlos an dem Möbel vorübergegangen.

Genau wie an diesem Mann, sinnierte Shelley. Mr.Chapman wirkte sportlich trainiert wie vor zehn Jahren.So manches Mädchenherz hatte damals höher geschla-gen, wenn er mit dem Schulteam der Poshman ValleyHighschool gegen gegnerische Basketball-Mannschaf-ten angetreten war. Nur mit Sportshorts und T-Shirt be-kleidet, hatte Grant Chapman den Schülerinnen glattden Atem genommen. Auch Shelley Browning. ZehnJahre später, und der athletische, junge Lehrer hattesich in einen dynamischen, distinguierten Dozentenverwandelt.

Silberne Fäden durchzogen das dunkle Haar, das er noch genauso leger frisiert trug wie damals. LangeHaare waren an der Poshman Valley High zwar ver-pönt gewesen, aber als junger, fortschrittlicher Päda-goge hatte er sich über diese eherne Regel locker hin-weggesetzt.

Shelley konnte sich noch lebhaft daran erinnern, alssie das erste Mal von Grant Chapman gehört hatte.

»Shelley, Shelley, der neue Geschichtslehrer siehteinfach umwerfend aus!«, hatte ihre Freundin sie auf-geregt begrüßt. Das war einen Tag nach den Sommer-ferien gewesen. »Wir bekommen ihn im zweiten Halb-jahr. Er sieht wirklich spitzenmäßig aus! Und er hatAhnung! Endlich mal ein junger Typ, da geht der Ge-schichtsunterricht bestimmt voll ab!«, hatte das Mäd-chen geschwärmt. Dann war sie zu den anderen gelau-fen, um ihnen von diesem Glückstreffer zu berichten.

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»Oh, und er heißt Chapman, Grant Chapman«, hattesie Shelley noch über die Schulter hinweg zugerufen.

Soeben ging er auf den Einwurf einer Studentinein. Shelley registrierte weder die Frage noch seine tiefschürfende Antwort. Sie konzentrierte sich ganz aufseine sonore, wohlklingende Stimme. Dicht über ihrSchreibpult gebeugt, schloss sie unwillkürlich die Au-gen und erinnerte sich spontan wieder daran, wann sieden sanft akzentuierten Tonfall das erste Mal gehörthatte.

»Browning, Shelley? Sind Sie anwesend?«Ihr Herzschlag hatte für Sekundenbruchteile aus-

gesetzt. Keiner mochte es, wenn er gleich am erstenSchultag nach den Ferien aufgerufen wurde. Schlagar-tig waren zwanzig neugierige Augenpaare auf sie ge-heftet. Mit leicht fahriger Hand hatte sie aufgezeigt.»Ja, Sir.«

»Miss Browning, Sie haben wohl versehentlich IhreGymnastikhose liegen lassen. Sie wurde im Umkleide-raum gefunden. Miss Virgil hat sie an sich genommen.«

Die Klasse war in hämisches Johlen und Pfeifen aus-gebrochen. Mit flammend roten Wangen hatte sie sichstammelnd bei dem neuen Lehrer bedankt. Daraufhinhielt er sie bestimmt für eine dämliche Kuh. Komisch,aber seine Meinung war ihr wichtiger gewesen als dieihrer Mitschülerinnen.

Als sie an jenem Tag aus der Klasse gespurtet war,hatte er sie an der Tür beiseitegenommen. »Das mitvorhin tut mir leid. Es war bestimmt nicht meine Ab-sicht, Sie vor der Klasse bloßzustellen«, hatte er sichentschuldigt. Ihre Freundinnen standen neidisch dabeiund bekamen große Augen.

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»Das macht doch nichts«, hatte Shelley nur matt ge-antwortet.

»Oh doch. Als Wiedergutmachung bekommen Sievon mir fünf Bonuspunkte in der ersten Klassenarbeit,versprochen.«

Sie hatte die fünf Extrapunkte nie bekommen, weilsie bei Klausuren ohnehin fast immer die volle Punkt-zahl erreichte. Und Geschichte war in jenem Halbjahrihr absolutes Lieblingsfach.

»Meinen Sie die Zeit vor dem Vietnamkrieg oderdanach?«, hakte Mr. Chapman eben bei der Studen-tin nach, die sich nach der öffentlichen Einfluss-nahme auf die Entscheidungen der Regierung erkun-digt hatte.

Kurz entschlossen lenkte Shelley ihre Gedankenwieder auf die Gegenwart. Wetten, er erinnerte sichnicht mehr an »Browning, Shelley« und ihre ver-schlampte Gymnastikhose? Inzwischen hatte er ver-mutlich längst verdrängt, dass er knapp vier Monatelang Lehrer an der Poshman Valley Highschool gewe-sen war. Nach allem, was er durchgemacht hatte! Sen-timentalität konnte man sich nämlich nicht leisten,wenn man die Karriereleiter zum Kongressmitgliedund Senatsberater hinaufkletterte. Und einen öffent-lichen Skandal locker wegsteckte. Immerhin hatte manGrant Chapman ein paar unangenehme Dinge vorge-worfen, die vor Jahren in einer ländlichen Kleinstadtpassiert sein sollen und die sein facettenreiches Lebenüberschatteten.

Dass er sich für sie kaum verändert hatte, hing viel-leicht auch damit zusammen, dass sie ihn zigmal imFernsehen erlebt hatte. Von Journalisten und Repor-

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tern belagert, hatte er Stellung zu dem Skandal neh-men müssen, der ganz Washington tief erschütterte.Sein Foto war ihr von den Titelseiten der Zeitungenförmlich ins Auge gesprungen. Die Schnappschüssewaren wenig schmeichelhaft gewesen – trotzdem hattesich sein Gesicht unauslöschlich in ihr Gedächtnis ein-gebrannt.

Shelley war sich fast sicher, dass er sie nicht wieder-erkannte. Mit sechzehn war sie nämlich eine dürre Boh-nenstange gewesen. Inzwischen wirkte ihre schlankeSilhouette femininer, weicher und weiblich proportio-niert. Ihre Gesichtszüge hatten sich verändert. Stattkindlicher Pausbacken betonten hohe Wangenknochenihre rauchblauen Augen.

Die langen Ponyfransen, die ihr als Schulmädchenkess in die Stirn wippten, waren längst passé. Mittler-weile kämmte sie die Haare streng zurück, so dass sieihre schön geschwungenen Brauen und den herzförmi-gen Haaransatz betonten. Von Natur aus brünett, um-schmeichelte die dichte, dunkel schimmernde Mähneihre Schultern wie flüssiges Kupfer.

Das fröhliche Cheerleader-Girl war Schnee von ges-tern. Vorbei war die Zeit der Unschuld, des Idealismus.Die Frau, die dort in dem Seminarraum saß, war sichdes Unrechts in der Welt und deren Unzulänglichkei-ten vollkommen bewusst. Genau wie Grant Chapman.Sie hatten sich beide verändert, waren andere als vorzehn Jahren. Und Shelley fragte sich zum vielleichthundertsten Mal, warum sie sich ausgerechnet für seinSeminar eingeschrieben hatte.

»Berücksichtigen Sie bitte die damalige Position Prä-sident Johnsons«, gab er gerade zu bedenken.

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Shelley warf einen verstohlenen Blick auf ihre Arm-banduhr. Das Seminar dauerte nur noch eine Viertel-stunde, und sie hatte sich gerade einmal zwei Zeilennotiert. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie mit Bauschund Bogen durch die Prüfung rasseln und das Grund-studium nicht schaffen. Dabei hatte sie im erstenSemester in Staatsbürgerkunde mit Auszeichnung be-standen.

Sie erinnerte sich an einen kalten, windigen Tag injenem längst vergangenen Herbst.

»Hätten Sie nicht Lust, mir an ein paar Nachmitta-gen pro Woche bei den Unterrichtsvorbereitungen zuassistieren?«, hatte er sie gefragt.

Sie trug den Windblouson ihres damals aktuellenBoyfriends und hatte die Fäuste in den tiefen Jacken-taschen vergraben. Mr. Chapman hatte sie auf demSchulhof zwischen Sporthalle und Unterrichtsgebäudeangesprochen. Seine für die Schulordnung zu langenHaare umwehten wild seinen Kopf. Nur mit einemTrainingsanzug bekleidet, stemmte er sich gegen denbeißenden Nordwind.

»Natürlich, wenn Sie nicht wollen, sagen Sie es mirruhig…«

»Nein, nein«, stammelte sie hastig und befeuchtetesich die spröden Lippen. »Das heißt, ja. Also, ich würdedas gern machen. Wenn Sie meinen, dass ich daspacke.«

»Sie sind meine beste Schülerin. Ihre Klausur überdas Rechtssystem war herausragend.«

»Danke.« Sie errötete. Mist, und wieso hatte sie ausheiterem Himmel rasendes Herzklopfen? Er war dochnur ein Lehrer. Sicher, aber nicht irgendein Lehrer.

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»Wenn Sie die allgemeinen Fragenkomplexe in denTests durchgehen, lese ich die Ausarbeitungen. Dasspart mir abends eine Menge Zeit.«

Schlagartig hatte sich ihr die Frage aufgedrängt, waser abends denn wohl machte. Traf er sich mit einerFrau, hatte er eine feste Freundin? Darüber hatten dieMädchen schon auf etlichen Schlafpartys spekuliert.Allerdings hatte Shelley ihn in der Stadt noch nie mitjemandem zusammen gesehen.

Einmal abends, als sie mit ihrer Familie im Wagon-wheel Steakhouse zum Essen gewesen war, hatte erdort gesessen. Allein. Er hatte ihr höflich zugenickt,und sie wäre am liebsten gestorben. Was blieb ihr an-deres übrig, als ihm mit hochrotem Kopf ihre Elternvorzustellen? Daraufhin war er aufgestanden, um ih-rem Vater freundlich die Hand zu schütteln. Nachdemsie einen Tisch zugewiesen bekommen hatten, mussteihr kleiner Bruder zu allem Überfluss auch noch seinGlas Milch umschütten. Dafür hätte sie ihn umbringenkönnen! Als sie einen verstohlenen Blick zu Mr. Chap-man riskierte, war sein Platz leer.

»Okay. An welchen Tagen?«Er blinzelte in das trotz der Kälte helle Sonnenlicht.

Sie wusste nicht so recht, ob seine Augen nun grauoder grün oder eine Mischung von beidem waren. Aufjeden Fall gefielen ihr die auffallend dichten, langenWimpern, wenn er die Augen zusammenkniff. »Dasentscheiden Sie.« Er lachte.

»Also, am Donnerstag muss ich zu den Cheerlea-dern, weil wir am Freitag eine Veranstaltung haben.«So ein Schwachsinn! Er weiß doch genau, wann dieAufwärmspiele sind. »Und dienstags habe ich Klavier-

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unterricht.« Das interessiert ihn nicht die Bohne, Shel-ley! »Schätze, Montag und Mittwoch wären am bes-ten.«

»Prima«, lachte er. »Puh, ist das kalt hier draußen.Kommen Sie, gehen wir rein.«

Um ein Haar wäre sie über ihre eigenen Füße ge-stolpert, da er sie unvermittelt am Ellbogen fasste undzur Eingangstür bugsierte. Sobald die schwere Eisen-konstruktion scheppernd hinter ihnen ins Schloss fiel,war sie einer Ohnmacht nahe. Ihr Arm brannte von sei-ner Berührung. Allerdings hatte sie ihren Freundinnennie davon erzählt, sondern den Zwischenfall wie einkostbares Geheimnis gehütet.

Ab da bestimmten die Nachmittage, die sie mit ihmim Klassenzimmer verbrachte, ihr Leben. Sie quältesich durch den Unterricht und fieberte regelrecht denStunden entgegen, in denen sie für ihn tätig war. Sieversuchte sich nichts anmerken zu lassen und ertapptesich dennoch dabei, wie sie durch die leeren Flure zuseinem Klassenraum rannte, wo sie völlig außer Pusteankam. Bisweilen war er gar nicht da, sondern hatte ihreinen Stapel Unterlagen mit seinen Anweisungen be-reitgelegt. Dann ging sie die Arbeiten ihrer Klassenka-meradinnen mit einer Sorgfalt durch, die sie selbst sichnie zugetraut hätte. Wenn er kam, brachte er ihr häu-fig eine Limonade mit.

Einmal, als sie Fragebögen mit dem roten Filzschrei-ber korrigierte, den er ihr gegeben hatte, stand er vonseinem Schreibtisch auf, wo er sich durch eine kaum le-serliche Klausur quälte. Er hob die Arme und zog sichden Pullover mit dem V-Ausschnitt über den Kopf.»Wenn Sie mich fragen, ist es hier drin viel zu heiß.

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Diese Schule sollte ruhig auch einen kleinen Beitragzum Energiesparen leisten.«

Seinerzeit konnte sie ihn in seinem Umweltbewusst-sein nicht einmal bestärken – sie war schlichtwegsprachlos gewesen. Er verschränkte die Finger, drehtedie Handflächen nach außen und dehnte sich mit hoch-gereckten Armen. Fasziniert beobachtete sie das Mus-kelspiel unter seinem weichen Baumwoll-Shirt. Er at-mete tief durch, ließ die Arme wieder sinken und rolltelockernd die Schulterblätter.

Shelley fiel vor Schreck der Stift aus der Hand. Siehatte das Gefühl, dahinzuschmelzen wie Eiskristalle inder Sonne. Ihr war plötzlich glutheiß, und das lag be-stimmt nicht an dem überhitzten Raum.

An diesem Tag hatte sie das Klassenzimmer ziemlichüberstürzt verlassen. Einerseits war sie gern mit ihmzusammen, andererseits signalisierten ihre sämtlichenInstinkte Flucht. Trotzdem konnte sie dem Tumult ih-rer Gefühle, der in ihr tobte, nicht entfliehen. Es waralles so neu und verwirrend und völlig anders als sämt-liche Flirterfahrungen, die sie bis dahin gesammelthatte. Sie konnte es sich selber nicht erklären. ErstJahre später, älter und reifer geworden, begriff sie, wassie an jenem Nachmittag empfunden haben musste:Begehren.

Während jener Zeit im Spätherbst hatte er sich ihrgegenüber immer freundlich und zuvorkommend ver-halten. Wenn ihr Freund sie nach dem Fussballtrainingabholte, um sie mit seinem schrottreifen Cougar nachHause zu fahren, rief Mr. Chapman ihnen aufgeräumtnach: »Viel Spaß noch, ihr beiden!«

»Vor der nächsten Veranstaltung möchte ich Sie bit-

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ten, die ersten drei Kapitel im Lehrbuch durchzulesen.Es ist zwar todlangweilig, ich weiß, aber es liefert Ihnengute Hintergrundinformationen.«

Chapmans Anmerkung riss Shelley aus ihrer Träu-merei. Eine Hüfte lässig an die Pultkante gelehnt, wirkteer verdammt sexy. Shelley war sich darüber im Klaren,dass die anderen Studentinnen seine erotische Ausstrah-lung genauso wahrnahmen wie sie. Eine Frau mussteschon blind sein oder Tomaten auf den Augen haben,wenn sie so etwas nicht mitbekam. Und richtig, als sieheimlich den Blick schweifen ließ, sah sie keine, für diedas auch nur annähernd zugetroffen hätte.

Stattdessen bemerkte sie, dass ihre Kommilitoninnenhöchstens Anfang zwanzig waren. Registrierte hohe,spitze Brüste, die aufreizend ungebändigt unter T-Shirtswippten,und schlanke,wohl geformte Schenkel in knall-engen Designer-Jeans. Betont nachlässig frisierte Mäh-nen in allen erdenklichen Braun-, Rot- und Blondtönen.Verglichen damit fühlte sie sich alt und unscheinbar.

Was du ja auch bist, Shelley, rief sie sich ins Ge-dächtnis. Sie trug einen preiselbeerfarbenen Kaschmir-pullover und darunter natürlich einen BH. Dazu einenschmalen, grauen Schurwollrock und eine farblich ab-gestimmte, dezent gemusterte Strumpfhose. Sie standnun mal auf edle Naturmaterialien und hüllte sichnicht in irgendwelche Kunstfaser-Fummel.

Mit sechsundzwanzig war sie die Zweitälteste ihresSemesters. Ganz vorn, in der ersten Reihe, saß nochein seriöser, grauhaariger Herr. Er machte sich fleißigNotizen, während der junge Mann mit dem Cowboy-hut neben Shelley die ganze Stunde hindurch friedlichvor sich hin gedöst hatte.

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Als die Glocke zum Pausenbeginn läutete, verab-schiedete sich Mr. Chapman. »Ach ja, Mrs. Robins,könnten Sie bitte kurz bei mir vorbeikommen?«

Die Geschichte wiederholte sich.Es fehlte nicht viel, und Shelley hätte die Bücher

fallen lassen, die sie im Arm trug. Gottlob waren dieSeminarteilnehmer nicht so neugierig wie ihre Klas-senkameradinnen an der Poshman Valley. Etwa vierzigMitstudenten strömten aus dem Seminarraum, diemeisten von ihnen erpicht auf den ersten Nikotinschubnach über einer Stunde.

Mit gesenktem Kopf schob sie sich an den vie-len Tischen vorbei, die – anders als an ihrer früherenSchule – relativ unorganisiert im Raum verteilt stan-den. Aus dem Augenwinkel gewahrte sie, wie der letzteStudent hinauslief. Abwesend zog er die Tür hintersich zu. Und Shelley bekämpfte den heftigen Impuls,ihm nachzurufen, er möge sie doch bitte offen lassen.

Kurz vor seinem Pult hob sie unbehaglich die voneinem dichten, dunklen Wimpernkranz umrahmtenLider und hatte nach zehn Jahren erstmals wieder di-rekten Blickkontakt mit Grant Chapman.

»Hallo, Shelley.«Sie stöhnte auf. Zumindest fühlte es sich so an, als

ob ein leises Stöhnen in ihrer Kehle aufstieg. Sie konn-te nur hoffen, dass sie es noch rechtzeitig unterdrückthatte. »Hallo, Mr. Chapman.«

Er räusperte sich so geräuschvoll, als hätte er einenFrosch verschluckt. Um seine sinnlich vollen Lippenspielte ein feines Lächeln, seine Augen glitten wie tas-tend über ihr Gesicht. Inspizierten ihr Haar, den selt-sam verletzlichen Blick, die schmale Nase, ihren Mund.

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Eine lange Weile klebte er an ihren Lippen, bis Shelleysie nervös mit der Zunge befeuchtete und sich dafürinsgeheim hätte ohrfeigen mögen.

Es war so unnatürlich still im Raum, dass man eineStecknadel hätte fallen hören können. Er hatte sich vondem Pult abgestoßen und stand jetzt direkt vor ihr.Stattlich, hoch gewachsen, ein Baum von einem Mann.Nicht die Spur einschüchternd, sondern eher wie dergroße Beschützer.

»Ich… ich hätte nie gedacht, dass Sie mich wieder-erkennen.«

»Ich wusste gleich zu Beginn des Semesters, wer Siesind.« Seine Stimme klang sonderbar rau in ShelleysOhren. In den Vorlesungen fehlte der vertrauliche Un-terton, der sie jetzt völlig aus dem Konzept brachte.»Ich hab mich schon gefragt, ob Sie mich das ganzeSemester mit Verachtung strafen wollen.«

Ein spöttischer kleiner Seitenhieb, und zehn JahreFrausein waren mit einem Mal verpufft. Unvermitteltfand sie sich wieder naiv und unbedarft wie an derHighschool.

»Ich… ich war mir nicht sicher, ob Sie sich noch anmich erinnern würden. Deshalb bin ich nicht auf Siezugegangen. Sonst hätte ich Sie womöglich noch ineine blöde Situation gebracht.«

»Deswegen hätten Sie sich wirklich keine Sorgenmachen müssen. Ich wusste nämlich sofort, wer Siesind.« Er nahm den Blick nicht von ihrem Gesicht. Obsie sich wohl sehr verändert hatte? Verhärmter odervom Leben gezeichnet war, überlegte sie spontan. Sieselber hatte nicht das Gefühl, weniger attraktiv zu seinals früher. Allerdings hatte sie nichts mehr von dem

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Mädchen, das ihm damals eifrig zur Hand gegangenwar.

Hatte er ihre Schwärmerei für ihn geahnt? Hatte erseiner Freundin davon erzählt? »Du müsstest sie se-hen, mit ihren Schwitzefingerchen, wie sie mich heim-lich anhimmelt. Sobald ich einen Mucks von mir gebe,schreckt sie hoch wie ein aufgescheuchtes Kaninchen.«Sie konnte sich bildhaft vorstellen, wie er daraufhinamüsiert den Kopf schüttelte und lachte.

»Shelley?«, bohrte er.Er riss sie aus ihren brütenden Gedanken.»Ja?«, fragte sie atemlos. Wieso war es plötzlich so

stickig im Raum?»Wie lange waren Sie eigentlich verheiratet?«»Öh, ähm, sieben Jahre. Genau genommen bin ich

seit zwei Jahren nicht mehr Mrs. Robins.«Seine dichten Brauen hoben sich wie zu einer stum-

men Frage.»Na ja, das ist eine lange, dumme Geschichte.« Sie

spähte auf die Spitzen ihrer flachen Mokassins. »Dr.Robins und ich wurden vor zwei Jahren geschieden.Danach beschloss ich, wieder zur Schule zu gehen.«

»Aber doch nicht als Studentin, oder?«Die meisten Männer hätten in Jeans, Cowboystiefeln

und Sportsakko vermutlich eine mickrige Figur abge-geben, Grant Chapman dagegen sah absolut umwer-fend aus. Die oberen Knöpfe des schlichten Baumwoll-hemds standen offen und enthüllten dunkles Brusthaar.

Sie riss den Blick von seinem Hemdkragen los undkonzentrierte sich auf ihre Antwort. »Was haben Siedenn gedacht, hm? Ich meine… ich bin Studentin.« Siehatte keine Ahnung, wie verführerisch sie bei diesem

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Bekenntnis lächelte. In den letzten Jahren hatte sieauch wenig zum Lachen gehabt. Aber wenn sie lachte,verschwand der wehmütige Zug um ihren Mund, undin ihren Wangen bildeten sich tiefe Grübchen.

Grant Chapman hing fasziniert an ihren Lippen. Erbrauchte eine lange Weile, bis er antwortete: »Da Sieeine überdurchschnittlich gute Schülerin waren, ver-mutete ich, Sie hätten gleich nach dem Abschluss ander Poshman Valley Highschool irgendwo ein Studiumaufgenommen.«

»Hab ich auch. An der Universität von Oklahoma,aber…«

Sie sah weg, überlegte peinlich berührt, wie sie imersten Semester Daryl Robins kennen gelernt und wieer ihr Leben verändert hatte. »Manchmal kommt ebenetwas dazwischen«, fuhr sie matt fort.

»Wie ist es denn so in Poshman Valley? Ich war niewieder dort. Grundgütiger, wie lange ist das jetzt her?«

»Zehn Jahre«, sagte sie wie aus der Pistole geschos-sen und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen.Sie klang ja wie ein braves, kleines Schulmädchen, dasseinem Lehrer die richtigen Antworten aufsagte.»Oder so«, setzte sie beiläufig hinzu.

»Das kommt hin. Von dort bin ich direkt nachWashington gezogen. Das war mitten im Schuljahr.«

Betreten senkte sie den Blick. Die nächste Vorlesunghatte bestimmt schon begonnen. In den weitläufigenGängen hielten sich nur noch wenige Studenten auf.

Sie mochte das Thema Highschool nicht vertiefen.Er erinnerte sich bestimmt nicht mehr daran, und siehatte zehn Jahre lang erfolglos versucht, diese Zeit zuvergessen. »In Poshman Valley hat sich wenig verän-

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dert. Ich fahr öfter hin, um meine Familie zu besuchen.Mein Bruder unterrichtet dort Mathematik und trai-niert den Football-Nachwuchs.«

»Was Sie nicht sagen!« Er lachte.»Ja. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.« Sie

drückte den Arm mit den schweren Büchern fester anihre Brust. Als er das sah, nahm er ihr den Stapel wegund legte ihn auf sein Pult. Da sie nicht mehr wusste,was sie mit ihren Händen anfangen sollte, verschränktesie sie vor der Brust. Und hoffte inständig, dass er nichtmerkte, wie hilflos entblößt sie sich vorkam.

»Wohnen Sie hier in Cedarwood?«»Ja. Mit dem Beginn meines Studiums hab ich ein

kleines Haus gemietet.«»Eins von den älteren?«»Wie kommen Sie darauf?«»Weil es davon so viele gibt. Cedarwood ist wirklich

eine angenehme Kleinstadt. Erinnert mich an George-town. Während meiner Zeit in Washington hab ichdort gewohnt.«

»Oh.« Unvermittelt quälten sie Minderwertigkeits-komplexe. Immerhin hatte er Tür an Tür mit der gesell-schaftlichen Elite, den Schönen, Reichen und Mächtigengelebt. Da musste er sie doch für ein grässliches Provinz-ei halten!

Sie machte Anstalten, sich ihre Bücher wieder in denArm zu klemmen. »Ich möchte Sie nicht länger aufhal-ten…«

»Tun Sie auch nicht. Ich hab heute sowieso keineVorlesung mehr. Eigentlich wollte ich noch irgendwoeinen Kaffee trinken gehen. Wie wär’s, haben Sie Lustmitzukommen?«

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Ihr Herz trommelte in einem wilden Wirbel. »Danke,nein, Mr. Chapman, ich…«

Lachend fiel er ihr ins Wort. »Also wirklich, Shelley.Nennen Sie mich einfach Grant, ja? Wir sind schließ-lich erwachsen und nicht mehr an der Highschool.«

»Sicher, aber Sie sind immer noch mein Dozent«,gab sie zu bedenken, leicht pikiert, da er sich augen-scheinlich über sie lustig machte.

»Ein Glück für mich. Sie sind ein Gewinn für meineVorlesungen. Heute noch mehr als früher.« Er wurdeernst und sah sie eindringlich an. Das war fast nochschlimmer als sein unbekümmertes Lachen. »Also bitte,vergessen Sie die Kategorie Universitätsprofessor, ab-gemacht? Darunter stelle ich mir nämlich immer einenangestaubten, älteren Herrn mit wirrer, schlohweißerMähne vor. Und wie er verzweifelt in den ausgebeultenTaschen seines abgetragenen Tweedsakkos nach derBrille sucht, die er sich irgendwie abwesend auf sein er-grautes Haupt geschoben hat.«

Shelley kicherte. »Vielleicht sollten Sie kreativesSchreiben unterrichten. Das war sehr bildhaft um-schrieben.«

»Der Punkt geht an Sie. Nennen Sie mich Grant,okay?«

»Ich werd’s versuchen«, versprach sie lahm.»Ich bitte darum.«Sie kam sich vor wie eine Dreijährige, die zum ers-

ten Mal auswendig »Backe, backe Kuchen« vorträgt.»Tja… ähm… ich…«

»Na los, fassen Sie sich ein Herz«, ermunterte er sie.»Also gut.« Sie seufzte. »Grant.« Es klappte besser,

als sie vermutet hätte. Hatte sie ihn in ihren heimlichen

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