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Nachfolgerecht Erbrechtliche Spezialgesetze Zivilrecht | Strafrecht | Verwaltungsrecht | Steuerrecht | Verfahrensrecht | IPR NomosKommentar Nomos Prof. Dr. Ludwig Kroiß | Dr. Claus-Henrik Horn Prof. Dr. Dennis Solomon [Hrsg.] RiLSG Dr. Claus-Peter Bienert, Potsdam | RAin Dr. Isolde Bölting, FAArbR, Remscheid | Dipl.-Rpfl. Roswitha Feldhofer, Traunstein | RiOLG Walter Gierl, München | RAin Christiane Graß, FAAgrarR, Wirtschaftsmediatorin, Bonn | RiAG Dr. Stephanie Greil-Lidl, Eggenfelden | Notar Michael Gutfried, M.Jur. (Oxford), Dingolfing | RAin Sonja Hecker, Dipl.-Rpfl., Mannheim | RA Dr. Jochen Heide, FAVerwR, Düsseldorf | Wiss. Mitarb. Dr. Thomas A. Heiß, Universität Passau | RAin Dr. Stephanie Herzog, Würselen | RA Dr. Guido Holler, FAErbR und FAStR, Düsseldorf | RAin Leonora Holling, Düsseldorf | RA Dr. Claus-Henrik Horn, FAErbR, Düsseldorf | RA Wolfram Hußmann, Dipl.-VerwW, Wesel | Dipl.- Rpfl. Andrea Imre, FHVR Starnberg | Akademischer Rat a.Z. Dr. Andreas Köhler, Universität Passau | RiOLG Holger Krätzschel, München | VizePräsLG Prof. Dr. Ludwig Kroiß, Traunstein | RA Jörg Lässig, FAArbR, Chemnitz | RAin Dr. Sabine Mayer, FAFamR, Neuötting | RA Dr. Sebastian Naber, Hamburg | RA Christoph Peter, LL.M., Würselen | RAin Dr. Katja Plückelmann, FAHuGesR, Düsseldorf | RiAG Dr. Stefan Poller, Laufen | RAin Victoria Riedel, Mediatorin, Düsseldorf | RA Heinz Rulands, FAFamR und FAMedR, Mönchengladbach | Prof. Dr. Dennis Solomon, LL.M. (Berkeley), Universität Passau | RA Kai Roland Spirgath, Heidelberg | RA Jens-Dietrich Sprenger, LL.M., FAVersR, Regensburg | RAuN Wolfgang Schwackenberg, FAFamR, Oldenburg/Bremen | RA Dieter Trimborn v. Landenberg, FAErbR, Köln | Dipl.-Rpfl. Harald Wilsch, München | RAin Prof. Dr. Kerstin Wolf, M.A., München

BUC Kroiss 0369-2 SU - hans-soldan-res.cloudinary.com. Beurkundungsgesetz (BeurkG) Vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513) (FNA 303-13) zuletzt geändert durch Art.1 G zur Stärkung

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NachfolgerechtErbrechtliche SpezialgesetzeZivilrecht | Strafrecht | Verwaltungsrecht | Steuerrecht | Verfahrensrecht | IPR

NomosKommentar

Nomos

Prof. Dr. Ludwig Kroiß | Dr. Claus-Henrik Horn Prof. Dr. Dennis Solomon [Hrsg.]

RiLSG Dr. Claus-Peter Bienert, Potsdam | RAin Dr. Isolde Bölting, FAArbR, Remscheid  | Dipl.-Rpfl. Roswitha Feldhofer, Traunstein  | RiOLG Walter Gierl, München  | RAin Christiane Graß, FAAgrarR, Wirtschaftsmediatorin, Bonn | RiAG Dr. Stephanie Greil-Lidl, Eggenfelden | Notar Michael Gutfried, M.Jur. (Oxford), Dingolfing | RAin Sonja Hecker, Dipl.-Rpfl., Mannheim | RA Dr. Jochen Heide, FAVerwR, Düsseldorf  | Wiss. Mitarb. Dr. Thomas A. Heiß, Universität Passau  | RAin Dr. Stephanie Herzog, Würselen | RA Dr. Guido Holler, FAErbR und FAStR, Düsseldorf  | RAin Leonora Holling, Düsseldorf  | RA Dr. Claus-Henrik Horn, FAErbR, Düsseldorf | RA Wolfram Hußmann, Dipl.-VerwW, Wesel | Dipl.-Rpfl. Andrea Imre, FHVR Starnberg | Akademischer Rat a.Z. Dr. Andreas Köhler, Universität Passau | RiOLG Holger Krätzschel, München | VizePräsLG Prof. Dr. Ludwig Kroiß, Traunstein | RA Jörg Lässig, FAArbR, Chemnitz | RAin Dr. Sabine Mayer, FAFamR, Neuötting | RA Dr. Sebastian Naber, Hamburg | RA Christoph Peter, LL.M., Würselen  | RAin Dr. Katja Plückelmann, FAHuGesR, Düsseldorf  | RiAG Dr. Stefan Poller, Laufen | RAin Victoria Riedel, Mediatorin, Düsseldorf | RA Heinz Rulands, FAFamR und FAMedR, Mönchengladbach  | Prof. Dr. Dennis Solomon, LL.M. (Berkeley), Universität Passau  | RA Kai Roland Spirgath, Heidelberg | RA Jens-Dietrich Sprenger, LL.M., FAVersR, Regensburg | RAuN Wolfgang Schwackenberg, FAFamR, Oldenburg/Bremen | RA Dieter Trimborn v. Landenberg, FAErbR, Köln | Dipl.-Rpfl. Harald Wilsch, München | RAin Prof. Dr. Kerstin Wolf, M.A., München

BUT_Kroiss_0369-2.indd 3 16.10.14 08:01

1. Auflage 2015© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2015. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Überset-zung, vorbehalten.

Zitiervorschlag:NK-NachfolgeR/Bearbeiter, § 1371 BGB Rn 12 – KommentierungenNK-NachfolgeR/Bearbeiter, Kap. 2 Rn 12 – geblockte Beiträge

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7. Beurkundungsgesetz (BeurkG)

Vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513)(FNA 303-13)

zuletzt geändert durch Art. 1 G zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellenBeurkundungsverfahren vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2378)

– Auszug –

Literatur:Armbrüster/Preuß/Renner (Hrsg.), BeurkG/DONot, Kommentar, 6. Aufl. 2012; Blasche, Notarielle Beur-kundung, öffentliche Beglaubigung und Schriftform, JURA 2008, 890; Eylmann/Vaasen, Beurkundungsge-setz, Bundesnotarordnung, 3. Aufl. 2011; Frenz, Verfahrensrechtliche Besonderheiten bei der Beurkundungvon Testamenten mit behinderten Personen, ZAP Fach 12, 87; Grziwotz/Heinemann, Beurkundungsgesetz,2012; Keim, Das notarielle Beurkundungsverfahren, 1990; Lerch, Beurkundungsgesetz, 4. Aufl. 2011; Sä-cker/Rixecker (Hrsg.), Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Band 9, 6. Aufl. 2013; Wink-ler, Beurkundungsgesetz, 17. Aufl. 2013; Zimmermann (Hrsg.), Erbrechtliche Nebengesetze, 2012

Systematische Übersicht

Vorbemerkungen zu §§ 27–35 BeurkGDie §§ 27-35 BeurkG enthalten Sondervorschriften, die für die Beurkundung von Verfügungenvon Todes wegen gelten. Die allgemeinen Bestimmungen des Beurkundungsgesetzes gelten er-gänzend, soweit in den §§ 27-35 BeurkG keine abweichende Regelung getroffen ist. Im Einzel-nen sind folgende spezielle Regelungen für Verfügungen von Todes in den §§ 27-35 BeurkGenthalten und bei den jeweiligen Paragrafen im Detail kommentiert:

n Mitwirkungsverbote bei der Beurkundung für den Notar, Zeugen oder Dolmetscher (§ 27BeurkG),

n Feststellung über die Geschäfts- und Testierfähigkeit des Erblassers in der Niederschrift(§ 28 BeurkG),

n Mitwirkung von Zeugen bei der Beurkundung (§ 29 BeurkG),n Errichtung einer Verfügung von Todes wegen durch Übergabe einer Schrift (§ 30 BeurkG),n Errichtung einer Verfügung von Todes wegen durch Sprachunkundige (§ 32 BeurkG),n Besonderheiten bei der Beurkundung eines Erbvertrags (§ 33 BeurkG),n Verschließung und Verwahrung einer Verfügung von Todes wegen (§ 34 BeurkG),n Registrierung erbfolgerelevanter Urkunden im Zentralen Testamentsregister der Bundesno-

tarkammer und Ablieferung an das Nachlassgericht im Todesfall (§ 34 a BeurkG),n Heilung einer vergessenen Notarunterschrift durch Unterschrift auf dem Testamentsum-

schlag (§ 35 BeurkG).

Praktische Hinweise zum Ablauf des Beurkundungsverfahrens, dessen Kosten und dessen Vor-teile werden nachfolgend unter B) gegeben. Daran schließen sich Darstellungen zum Anwen-dungsbereich der §§ 27-35 BeurkG (C) und zu den Besonderheiten bei der Beteiligung minder-jähriger oder behinderter Erblasser an (D).

BeurkundungsverfahrenVorteile des Beurkundungsverfahrens

Nicht jede Verfügung von Todes wegen muss zwingend beurkundet werden. Lediglich für Erb-verträge (§ 2276 BGB) und Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 BGB) ist die no-tarielle Beurkundung zwingend. Bei (gemeinschaftlichen) Testamenten kennt das Gesetz nebendem öffentlichen Testament auch das eigenhändige Testament, für das eigene Formvorschriftenexistieren (§§ 2231 Nr. 2, 2247, 2267 BGB). Bei der Errichtung eines Testaments besteht daher

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B.I.

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1

2

auch in der anwaltlichen Beratung kein Zwang, eine notarielle Beurkundung für den Mandan-ten zu beauftragen.

Dennoch bietet die notarielle Beurkundung Vorteile:

n Bei von einem Notar beurkundeten Verfügungen spricht eine Vermutung dafür, dass derobjektive Erklärungsinhalt und der Wille des Erblassers übereinstimmen, da der Notar gem.§ 17 Abs. 1 BeurkG verpflichtet ist, den wahren Willen des Erblassers zu erforschen und Irr-tümer und Zweifel bei der Niederschrift tunlichst zu vermeiden.1 Notariell beurkundeteVerfügungen bieten daher weniger Raum für Auslegungsstreitigkeiten nach Tod des Erblas-sers.2

n Notariell beurkundete Verfügungen von Todes erleichtern die Nachlassabwicklung. Beruhtdie Erbfolge auf einem notariellen Testament, so genügt die Vorlage des Testaments nebstEröffnungsprotokoll zur Eintragung der Rechtsnachfolge im Grundbuch, ohne dass es derBeantragung eines Erbscheins bedarf (§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO). Auch Banken dürfen zumin-dest bei Vorlage einer notariellen Verfügung von Todes wegen nicht auf einen Erbscheinzum Nachweis der Rechtsnachfolge bestehen.3

n Notariell beurkundete Verfügungen von Todes wegen sind obligatorisch im Zentralen Tes-tamentsregister der Bundesnotarkammer zu registrieren, so dass das Nachlassgericht im Re-gelfall bereits am Tag der Beurkundung des Sterbefalls von der Existenz der letztwilligenVerfügung von Todes wegen benachrichtigt wird.4

n Der Erblasser muss die Verfügung nicht handschriftlich verfassen, was insbesondere bei um-fangreichen Verfügungen oder bei Erblassern mit körperlichen Behinderungen Erleichterun-gen bietet.

Ablauf und Kosten des BeurkundungsverfahrensDas notarielle Beurkundungsverfahren wird durch ein Beurkundungsersuchen eingeleitet. ZurÜbernahme der Beurkundungstätigkeit ist der Notar gem. § 15 Abs. 1 BNotO verpflichtet, so-fern die angesuchte Beurkundungstätigkeit nicht seinen Amtspflichten widerspricht.5 Das Beur-kundungsersuchen kann auch durch einen Rechtsanwalt im Namen der Mandanten gestelltwerden. Mit dem Beurkundungsantrag entsteht – ähnlich wie im gerichtlichen Verfahren – be-reits die Beurkundungsgebühr, die in der Praxis aber meist erst nach Beendigung des Verfah-rens fällig gestellt wird.6 Von der Beurkundungsgebühr inkludiert ist auch die Beratung durchden Notar und die Fertigung des Entwurfs der Urkunde. Aus Anwaltssicht besteht also zumin-dest aus Kostengründen keine Erforderlichkeit, den Entwurf selbst zu fertigen. Soll der Entwurfnicht vom Notar gefertigt werden, so empfiehlt es sich, den Entwurf zumindest vorab zuzulei-ten und abzustimmen, damit es im Beurkundungstermin nicht vor dem Mandanten zu unter-schiedlichen Auffassungen bezüglich der „richtigen“ Gestaltung kommt. Zu den wichtigstenAmtspflichten des Notars gehört es nämlich, den Willen der Beteiligten zu erforschen und derenErklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben (§ 17 Abs. 1 BeurkG),wovon er auch bei Vorlage eines von einem Rechtsanwalt vorgefertigten Entwurfs nicht befreitist.7

Für die Beurkundung eines Einzeltestaments fällt eine 1,0 Gebühr gemäß KV-Nr. 21200GNotKG an, für die Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments oder eines Erbvertragseine 2,0-Gebühr gem. KV-Nr. 21100 GNotKG. Die Aufhebung eines Erbvertrags oder eines ge-

II.

1 BayObLG ZEV 1996, 191; OLG München NJW-RR 2011, 12; OLG Hamm, FamRZ 2002, 201.

2 Hierzu: Horn/Kroiß, NJW 2012, 666.3 BGH WM 2013, 2166.4 Näheres siehe Kommentierung zu den §§ 78 ff

BNotO.5 Hierzu ausführlich: Winkler, MittBayNot 1998,

141.

6 Bei vorzeitiger Beendigung des Verfahrens könnensich die Gebühren ermäßigen; näher hierzu: Fa-ckelmann, Notarkosten nach dem neuen GNotKG,S. 35.

7 Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, § 17 Rn 54;Reithmann/Albrecht, BeurkG, § 17 Rn 9.

7. Beurkundungsgesetz (BeurkG)

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meinschaftlichen Testaments löst eine 1,0 Gebühr aus (KV-Nr. 21102 GNotKG), der Widerrufeines Einzeltestaments oder der einseitig erklärte Rücktritt von einem Erbvertrag eine 0,5-Ge-bühr (KV-Nr. 21201 GNotKG). Für den Widerruf eines Erbvertrags durch Rücknahme aus dernotariellen Verwahrung (§ 2300 Abs. 2 iVm § 2256 BGB) fällt lediglich eine 0,3 Gebühr an(KV-Nr. 23100 GNotKG). Der zugrunde zulegende Geschäftswert bestimmt sich im Regelfallnach dem Wert des Vermögens des oder der Erblasser. Vom Aktivvermögen werden Verbind-lichkeiten grundsätzlich abgezogen, wobei die Hälfte des Wertes des jeweiligen Aktivvermögensnicht unterschritten werden darf (§ 102 GNotKG).8

Anwendungsbereich der §§ 27-35 BeurkGAllgemeines

§§ 27-35 BeurkG sind Sonderbestimmungen bei der Beurkundung von letztwilligen Verfügun-gen, die zusätzlich und vorrangig vor den allgemeinen Vorschriften des Beurkundungsgesetzesgelten. Soweit die §§ 27-35 BeurkG jedoch keine verdrängende Regelung enthalten, gelten dieallgemeinen Vorschriften der §§ 1-26 BeurkG fort. Das Beurkundungsgesetz enthält keine eige-ne Definition des Begriffs „Verfügung von Todes wegen“, so dass es zur Bestimmung allein aufdas allgemeine materielle Recht ankommt. Erfasst sind öffentliche (gemeinschaftliche) Testa-mente und Erbverträge. Ebenfalls gelten die §§ 27-35 BeurkG für den Widerruf eines Testa-ments durch letztwillige Verfügung (§§ 2254, 2258 Abs. 1 BGB).

EinzelfälleUnter den Begriff des öffentlichen Testaments fallen vor allem notarielle Testamente. Diesekönnen entweder durch Beurkundung der Erklärungen des Erblassers oder durch Übergabeeiner offenen oder verschlossenen Schrift durch den Erblasser an den Notar errichtet werden(§ 2232 BGB). Auf sämtliche Errichtungsformen finden die §§ 27-35 BeurkG Anwendung.9

Öffentlich beurkundete Testamente sind jedoch nicht nur notarielle Testamente. Auch Konsu-larbeamte sind gem. §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 KonsularG zur Beurkundung von öffentli-chen Testamenten oder Erbverträgen befugt. Zwar sollen diese nur beurkunden, wenn der Erb-lasser Deutscher iSv Art. 116 Abs. 1 GG ist (§ 27 KonsularG). Ein Verstoß gegen diese Amts-pflicht führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Urkunde. Bei Vornahme der Beurkundung gel-ten auch für Konsularbeamte die §§ 27-35 BeurkG.

Bei Nottestamenten vor dem Bürgermeister (§ 2249 BGB) gelten die §§ 27, 28, 30, 32, 34und 35 BeurkG entsprechend. Der Bürgermeister tritt an die Stelle des Notars. Bei einem Not-testament vor drei Zeugen gelten die §§ 27 und 28 BeurkG entsprechend. Weiterhin werdeneinzelne Vorschriften des allgemeinen Beurkundungsverfahrens für anwendbar erklärt.

Auch auf ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall im Sinne des § 2301 BGB sind §§ 27-35BeurkG anwendbar.10 Ein solches liegt jedoch nur vor, wenn die Schenkung unter der Bedin-gung des Überlebens des Bedachten steht.11 Bei einer unbedingten Leistungsverpflichtung desVersprechenden, die lediglich auf den Todesfall befristet ist, gelten allein die allgemeinen Vor-schriften des Beurkundungsverfahrens.

Für die Aufhebung erbvertraglicher Verfügungen durch Aufhebungsvertrag gelten die §§ 27-35BeurkG ebenfalls, da § 2290 Abs. 4 BGB für den Aufhebungsvertrag die Form des Erbvertrags

C.I.

II.

8 Detailliertere Informationen zur Bestimmung des

Geschäftswertes bei: Diehn/Sikora/Tiedtke, Dasneue Notarkostenrecht, S. 169 ff; Fackelmann, No-tarkosten nach dem neuen GNotKG, S. 229 ff

9 Zimmermann/Diehn, BeurkG, § 27 Rn 2.

10 MüKo-BGB/Musielak, § 2276 Rn 10; Armbrüster/Preuß/Renner/Seger, BeurkG, Vor §§ 27-35, Rn 3.

11 BGHZ 8, 31; NJW 59, 2254; BGHZ 85, 1553; Pa-landt/Weidlich, § 2301 BGB Rn 3 f

Vorbemerkungen zu §§ 27–35 BeurkG

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vorschreibt.12 Hingegen unterliegen der Rücktritt von einem Erbvertrag (§ 2293, 2296 BGB),der einseitige Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testa-ment (§§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB) oder die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung nurden allgemeinen Beurkundungsvorschriften.13 Selbiges gilt für sonstige erbrechtliche Vorgänge,die keine letztwilligen Verfügungen sind, wie Erb- oder Pflichtteilsverzichtsverträge. Anwend-bar ist jedoch stets § 34 a BeurkG, der die Registrierung erbfolgerelevanter Urkunden im Zen-tralen Testamentsregister vorschreibt und deren Ablieferung im Todesfall regelt.

Ausgenommen von den Vorschriften der §§ 27-35 BeurkG sind selbstverständlich diejenigenVerfügungen, die nicht beurkundet werden, also das eigenhändige (gemeinschaftliche) Testa-ment gem. §§ 2231 Nr. 2, 2247, 2267 BGB.

Sonderfälle: minderjährige und behinderte ErblasserMinderjährige Erblasser

Minderjährige können erst mit Vollendung des 16. Lebensjahres testieren (§ 2229 Abs. 1 BGB).Es bedarf dazu nicht der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 2229 Abs. 2 BGB) oder gardes Familiengerichts. Die Errichtung des Testaments ist jedoch nur durch Beurkundung seinerErklärungen durch den Notar oder durch Übergabe einer offenen Schrift an den Notar möglich(§ 2233 Abs. 1 BGB). Die Errichtung eines eigenhändigen Testaments oder eines öffentlichenTestaments durch Übergabe einer verschlossenen Schrift an den Notar ist nicht möglich.

Behinderte ErblasserFür Erblasser mit einer Hör- oder Sprachbehinderung gelten die §§ 22, 23 BeurkG. Gemäß § 22BeurkG soll bei einem Beteiligten, der nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung desNotars nicht hinreichend zu hören oder zu sprechen vermag, zu der Beurkundung ein Zeugeoder ein zweiter Notar zugezogen werden, es sei denn, dass alle Beteiligten darauf verzichten.Auf Verlangen eines hör- oder sprachbehinderten Beteiligten soll der Notar einen Gebärden-sprachdolmetscher hinzuziehen. Diese Tatsachen sollen in der Niederschrift festgestellt werden.Da bei hörbehinderten Erblassern ein Verlesen der Urkunde nicht sinnvoll ist, ist die Urkundestattdessen dem hörbehinderten zur Durchsicht vorzulegen, was in der Niederschrift festgestelltwerden soll (§ 23 BeurkG). Sofern nur einer der an der Urkunde Beteiligten hörbehindert ist,verbleibt es aber insoweit bei der Verlesungspflicht des Notars. Sofern der hör- oder sprachbe-hinderte nach seinen Angaben oder zur Überzeugung des Notars sich auch nicht schriftlich zuverständigen vermag, so soll dies der Notar in der Niederschrift feststellen. Wenn ein solcherVermerk in der Niederschrift erfolgt, so muss der Notar zur Beurkundung eine Person zuzie-hen, die sich mit dem Beteiligten zu verständigen vermag und mit deren Zuziehung der Beteilig-te nach der Überzeugung des Notars einverstanden ist. Auch dies soll in der Niederschrift fest-gestellt werden. (§ 24 Abs. 1 BeurkG). Eine zur Verständigung zugezogene Person darf nicht inder Verfügung von Todes wegen bedacht werden, ansonsten ist die Verfügung insoweit unwirk-sam (§ 24 Abs. 2 BeurkG). Im Übrigen führen Verstöße gegen die vorgenannten Vorschriftennur dann zur Unwirksamkeit der Beurkundung, wenn es sich um „Muss“-Vorschriften handelt.„Soll“-Vorschriften begründen lediglich eine Amtspflichtverletzung des Notars, führen jedochnicht zur Unwirksamkeit der Beurkundung.14

D.I.

II.

12 Armbrüster/Preuß/Renner/Seger, BeurkG, Vor

§§ 27-35, Rn 2; Grziwotz/Heinemann, BeurkG§ 27 Rn 3; Winkler, BeurkG, Vor §§ 27 ff, Rn 3.

13 Armbrüster/Preuß/Renner/Seger, BeurkG, Vor§§ 27-35, Rn 2; Grziwotz/Heinemann, BeurkG

§ 27 Rn 4; Zimmermann/Diehn, BeurkG, § 27Rn 2.

14 Armbrüster/Preuß/Renner/Seger, BeurkG, § 22Rn 12, § 23 Rn 6 und § 24 Rn 12; Grziwotz/Heine-mann, BeurkG § 22 Rn 43 ff; § 23 Rn 14 ff; § 24Rn 29 ff

7. Beurkundungsgesetz (BeurkG)

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10. Familienrecht (BGB)Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 20021

(BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738)(FNA 400-2)

Zuletzt geändert durch BVerfG, Beschl. – 1 BvL 6/10 – vom 17. 12. 2013 (BGBl. 2014 I S. 110)

Zugewinnausgleich im Todesfall(1) Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zu-gewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten umein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falleeinen Zugewinn erzielt haben.

(2) Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kanner Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; derPflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sichin diesem Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.

(3) Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich desZugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Be-stimmungen nicht zustünde; dies gilt nicht, wenn er durch Vertrag mit seinem Ehegatten aufsein gesetzliches Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat.

(4) Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht aus der durchden Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen, vorhanden, so ist der überlebende Ehegat-te verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen bedürfen, die Mittel zu einerangemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1 zusätzlich gewährten Viertel zu gewähren.

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1I. Praxisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

II. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71. Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

a) Gesetzlicher Güterstand . . . . . . . . . . . . 8b) Wahlgüterstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10c) Zugewinn im Todesfall . . . . . . . . . . . . . 12d) „Kleiner“ und „großer“ Pflichtteil . 13e) Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2. Anwendbarkeit der Norm . . . . . . . . . . . . . . 15a) Persönliche Anwendbarkeit . . . . . . . . . 15

aa) Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15bb) Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . 16

b) Sachliche Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . 17aa) Eheliches Güterrechtsstatut . . . . 18bb) Güterrechtsstatut der Lebens-

partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19cc) Verknüpfung erbrechtlicher

mit güterrechtlichen Regelun-gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

B. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21I. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

1. Erbrechtliche Lösung nach§ 1371 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24b) Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25c) Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26d) Ehescheidung/ Eheaufhebung . . . . . . . 29

2. Güterrechtliche Lösung nach§ 1371 Abs. 2, 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30b) Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35c) Ausschluss von der Erfolge . . . . . . . . . 38

3. Ausschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394. Erbverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425. Pflichtteilsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436. Ausbildungskosten der Stiefabkömm-

linge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46a) Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47b) Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48c) Ausbildungsbedürftigkeit des

Abkömmlings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49d) Umfang der Zahlungsverpflichtung 50e) Mehrere Stiefabkömmlinge . . . . . . . . . 51f) Relevanz und Disponibilität . . . . . . . . 52

C. Weitere praktische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53I. Verfahren und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

1. Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

§ 1371 BGB

1 Neubekanntmachung des BGB v. 18. 8. 1896(RGBl. S. 195) in der ab 1. 1. 2002 geltenden Fas-sung.

272 Schwackenberg

2. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56a) Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56b) Notariatsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

aa) Ehevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59bb) Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60cc) Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61dd) Erbvertrag mit Verzichtsverein-

barung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63II. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

III. Allgemeine Gestaltungshinweise . . . . . . . . . . . . 651. Vermächtnisanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 652. Ausschlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67b) Taktische Ausschlagung . . . . . . . . . . . . 68

3. Relevanz güterrechtlicher Vereinbarun-gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

IV. Wiederverheiratungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 70V. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

VI. Stundungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72VII. Steuerrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

1. Freibetragsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732. Berücksichtigung von Steuererstat-

tungsansprüchen und Steuerschuldenim Zugewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

3. Praxishinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75a) Modifizierte Zugewinngemein-

schaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75b) Güterstandsschaukel . . . . . . . . . . . . . . . . 76

AllgemeinesDie Vorschrift dient als Bindeglied von Ehegüterrecht und Ehegattenerbrecht. Mit dieser Ver-flechtung von Güterrecht und Erbrecht nimmt das deutsche Recht eine Sonderstellung unterden europäischen Erbrechten ein.1 Die Regelung zielt darauf ab, eine bestimmte „Sonderord-nung“ des Vermögens der Eheleute während und aufgrund der Ehe abzuwickeln. Durch die Er-höhung der gesetzlichen Ehegattenerbquote nach § 1371 Abs. 1 BGB um 1/4 wird einerseits dasErbrecht „verstärkt“, andererseits soll hierdurch ein Ausgleich für einen während der Ehezeiterworbenen Zugewinn geschaffen werden, unabhängig davon, ob ein solcher wirklich erzieltwurde. Dieser Formel Kompromiss überzeugt nicht. Verknüpft werden erbrechtliche mit güter-rechtlichen Anliegen; dies aber sind Anliegen, die unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Dasgesetzliche Erbrecht soll dem Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft entsprechen und diewirtschaftliche Existenz des überlebenden Ehegatten absichern. Der Zugewinnausgleichsan-spruch hingegen dient nicht der Absicherung einer wirtschaftlichen Existenz, sondern ist Aus-fluss einer Teilhabegerechtigkeit nach Beendigung des Güterstandes. Beiträge, die die Ehegattenunterschiedlich während des Zusammenlebens erwirtschaftet haben, sollen am Ende des Güter-standes ausgeglichen werden. Eine Verknüpfung beider Gesichtspunkte wird den unterschiedli-chen gesetzlichen Zielsetzungen nicht gerecht.

Bei der Anwendung der Norm ist zu berücksichtigen, dass sie von einem güterrechtlichen war-um man Anliegen geprägt ist. Der Ausgleich des Zugewinns soll pauschal durch eine Erhöhungder Erbquote ausgeglichen werden (§ 1371 Abs. 1 BGB). Nur dann, wenn diese Lösung deshalbversagt, weil der Ehegatte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird, soll ihm der Weg zur Gel-tendmachung eines konkreten Zugewinns offen stehen (§ 1371 Abs. 2 BGB). Sowohl der Erb-lasser als auch der überlebende Ehegatte können von diesem gesetzgeberischen Vorschlag ab-weichen. Der Erblasser kann den überlebenden Ehegatten als Erben ausschließen und ihn nichtauch mit einem Vermächtnis bedenken. Dem überlebenden Ehegatten bleibt in diesem Fall dieMöglichkeit, den konkreten Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil geltend zu machen. Derüberlebende Ehegatte könnte ein ihm zugedachtes Vermächtnis oder die Stellung als gesetzli-cher Erbe ausschlagen und hierdurch wiederum den gleichen Weg öffnen, nämlich den zur Gel-tendmachung eines konkreten Zugewinnausgleichs sowie eines Pflichtteils (§ 1371 Abs. 3 BGB).Hierbei kann das Pflichtteilsrecht jedoch nur anknüpfen an die nicht erhöhte Erbquote des§ 1931 BGB (kleiner Pflichtteil). Der überlebende Ehegatte hat somit ein Wahlrecht zwischeneinem pauschalen Zugewinn durch Akzeptanz der erhöhten Erbquote oder der Geltendma-chung des konkreten Zugewinnausgleichs. Die Zugewinnausgleichverbindlichkeit ist eine reineNachlassverbindlichkeit und reduziert damit die Nachlassmasse und die Höhe des Pflichtteils-anspruchs.

A.

1 Vgl Röthel Gutachten Teil A zum 68. DJT, 2010,Bd. I, A 52 ff.

§ 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall

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Verbleibt es bei dem pauschalen Ausgleich des Zugewinns durch Erhöhung der Erbquote, sobleibt diese um die Ausbildungskosten von Stiefabkömmlingen belastet, die nach dem Erblassererbberechtigt sind (§ 1371 Abs. 4 BGB).

Normzweck der „erbrechtlichen Lösung“ ist die Vermeidung von Streitigkeiten zwischen nahenAngehörigen. Das Bestehen und der Umfang etwaiger tatsächlicher güterrechtlicher Ansprüchebedarf nicht der Prüfung. Hiermit werden Streitigkeiten zwischen dem überlebenden Ehegattenund weiteren Erben vermieden. Dies kann zu Lasten einer gerechten Einzelfalllösung gehen. Istwährend der Ehe tatsächlich ein Zugewinn nicht entstanden, würden konkrete güterrechtlicheAnsprüche den Nachlass und damit den Umfang des Erbrechts anderer Abkömmlinge nicht be-lasten. Durch die pauschale erbrechtliche Lösung des § 1371 Abs. 1 BGB wird aber gleichwohldie Erbquote übriger Abkömmlinge reduziert.

Ist – andererseits – ein hoher Zugewinn entstanden, so reicht die erbrechtliche Lösung nicht,um gerechte Ergebnisse zu erzielen. In diesem Fall steht dem Ausgleichsberechtigten die Mög-lichkeit der konkreten Geltendmachung des Zugewinns offen, die allerdings voraussetzt, dass ersich durch Ausschlagung von allen erbrechtlichen Folgen trennt.

PraxisfragenFür die Praxis stellen sich folgende Fragen:

n Kann/soll durch die erbrechtliche Gestaltung, beispielsweise durch die Einräumung einesVermächtnisses, der güterrechtliche Ausgleich für die Zeit nach dem Tode eines Ehegattenbeeinflusst werden? (Rn 65)

n Welche Auswirkungen hat die Ausübung eines Wahlrechts des überlebenden Ehegatten zwi-schen einem pauschalen und einem konkreten Zugewinnausgleich? (Rn 21 ff)

n Unter welchen Voraussetzungen erscheint es angezeigt, dem überlebenden Ehegatten dieAusschlagung der Erbschaft anzuraten, um damit den Weg für einen konkreten güterrechtli-chen Ausgleich offen zu machen? (Rn 68)

n Findet § 1371 Abs. 1 BGB bei unterschiedlicher Nationalität der Ehegatten bzw Lebenspart-ner Anwendung? (Rn 18 ff)

n Welche Auswirkungen haben ehevertragliche Vereinbarungen zwischen den Ehepartnernauf den Zugewinnausgleich und die Erbquote? (Rn 69 f)

n Wann und in welcher Höhe ist der überlebende Ehegatte verpflichtet, StiefabkömmlingenAusbildungsunterhalt gemäß § 1371 Abs. 4 BGB zu zahlen, und kann er sich durch Gestal-tung einer solchen Pflicht entledigen? (Rn 46 ff)

Grundsätze§ 1371 Abs. 1 BGB bietet für den Ausgleich des Zugewinns eine pauschale erbrechtliche Lö-sung. Einer solchen Lösung bedarf es nicht, wenn Ausgleichsansprüche nach den gesetzlichengüterrechtlichen Bestimmungen nicht bestehen. Wurde eine Gütertrennung vereinbart (§ 1414BGB), bleibt ein etwaiger Zugewinn ohne Ausgleich. Wurde der Güterstand der Gütergemein-schaft vereinbart (§ 1415 BGB), findet § 1371 Abs. 1 BGB ebenso wenig Anwendung, wiedann, wenn die Ehegatten den Güterstand der deutsch-französischen Wahlzugewinngemein-schaft (§ 1519 BGB) vereinbaren.2 In all diesen Fällen bleibt es bei der Erbquote des § 1931Abs. 1 BGB, die hingegen im Falle der vereinbarten Gütertrennung durch die Regelung des§ 1931 Abs. 4 BGB ersetzt wird.

1. Definitionen. a) Gesetzlicher Güterstand. Die Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) ist seitdem 1.7.1958 in den alten Bundesländern und seit dem 3.10.1990 in den neuen Bundesländern

I.

II.

2 Palandt/Brudermüller, § 1519 BGB, Art. 12 Rn 4.

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der gesetzliche Güterstand. Er tritt ein, wenn anderweitige Vereinbarungen nicht getroffen wur-den.3

Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt der Grundsatz der Vermögenstrennung. JederEhegatte behält sein Vermögen in eigener Verwaltung und wird nicht dinglich am Vermögendes anderen beteiligt (§ 1363 BGB). Bereits bestehende Ehen wurden zum 1.7.1958 bzw3.10.1990 von Gesetzes wegen in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft über-geleitet (s. Art. 234 § 4 Abs. 1 EGBGB und Art. 8 Abs. 1 Ziff. 3 GleichberG), so dass diese Tageals maßgebliche Stichtage zur Ermittlung des Anfangsvermögens gelten, sofern keine gegenteili-gen Erklärungen abgegeben wurden. Zuvor galt in den alten Bundesländern vom 1.1.1900bis 31.3.1953 die Nutzverwaltung des Ehemannes. Vom 1.4.1953 bis 30.6.1958 galt die nichtkodifizierte Gütertrennung, wobei diese auch über den 1.7.1958 gelten konnte, wenn Eheleutedies gegenüber einem Amtsgericht erklärt haben. Eines notariellen Ehevertrages bedurfte es da-zu nicht. Bei Unsicherheit, ob eine solche Erklärung abgegeben wurde, kann beim Amtsgerichtdes damaligen Wohnsitzes oder beim jeweiligen Geburtsstandesamt (bei ausländischem Ge-burtsort das Amtsgericht Schöneberg in Berlin) eine diesbezügliche Anfrage erfolgen. In denneuen Bundesländern galt vor dem 3.10.1990 vom 1.1.1900 bis zum 30.9.1949 die Nutzver-waltung des Ehemannes, vom 1.10.1949 bis zum 31.3.1966 die Gütertrennung und vom1.04.1966 bis zum 2.10.1990 die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach FGB-DDR,wobei bis zum 2.10.1992 jeder Ehegatte einseitig notariell gegenüber dem Kreisgericht erklärenkonnte, dass diese Gemeinschaft weiterhin gelten soll (Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB). Hierzukann ebenfalls beim Amtsgericht am Wohnort eine Anfrage getätigt werden.4

b) Wahlgüterstände. Neben dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann alsweiterer Vertragstyp des BGB die Gütertrennung gewählt werden. Die Gütertrennung tritt ein,wenn Ehegatten den gesetzlichen Güterstand ausschließen oder ihn aufheben. Gütertrennungtritt auch ein, wenn eine zuvor vereinbarte Gütergemeinschaft aufgehoben wird sowie dann,wenn der Zugewinnausgleich ausgeschlossen wird. Der Ausschluss des Zugewinns führt abernur dann zum Eintritt der Gütertrennung, wenn er für jeden Fall ausgeschlossen wird. Ein Zu-gewinnausgleich findet sowohl dann statt, wenn die Ehe geschieden wird, als auch dann, wennes zur Aufhebung der Ehe kommt (§ 1318 Abs. 3 BGB), die Voraussetzungen eines vorzeitigenZugewinnausgleichs vorliegen (§ 1385 ff BGB) oder der Güterstand durch Tod eines Ehegattenbeendet wird (§ 1371 BGB). Wird der Zugewinn nur für einen der vorgenannten Fälle ausge-schlossen, so führt dies nicht zum Eintritt der Gütertrennung. Es bedarf vielmehr des Aus-schlusses des Zugewinns in jedem Fall. Den gesetzlichen Güterstand modifizierende Vereinba-rungen führen daher nicht zu einem Güterstandswechsel. Ferner ist am 1.5.2013 der Güter-stand der Wahl-Zugewinngemeinschaft nach dem Abkommen zwischen der BundesrepublikDeutschland und der französischen Republik in Kraft getreten.5 Er steht allen Ehegatten undLebenspartnern zur Verfügung, deren Güterstand dem Sachrecht eines Vertragsstaats unterliegt(Art. 1 WZGA).

Der Güterstand der Gütergemeinschaft (§ 1415 ff BGB) als auch der der Wahl-Zugewinnge-meinschaft (§ 1519 BGB) bedarf der begründenden ehevertraglichen Vereinbarung (§§ 1415,1519 BGB).

c) Zugewinn im Todesfall. Ein während der Ehe erzielter Zugewinn wird bei Beendigung desgesetzlichen Güterstandes durch Tod des Ehegatten nach § 1371 BGB ausgeglichen. Für denTodeszeitpunkt ist auf den Hirntod abzustellen dh den endgültigen und irreversiblen Ausfallder Gesamtfunktion des Gehirns bei noch aufrechterhaltener Kreislauffunktion im übrigen Kör-

3 Palandt/Brudermüller, § 1363 BGB Rn 1.4 Grandel/Stockmann/Schwarz, SWK FamR, 2012,

383, Rn 2.

5 BGBl. II 2012. 178 f.

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per.6 Der Zugewinn ist gemäß § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegat-ten das Anfangsvermögen übersteigt.

d) „Kleiner“ und „großer“ Pflichtteil. Der „große“ Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertesdes gesamten Erbteils. Das güterrechtliche Viertel wird mit einbezogen. Der „kleine“ Pflichtteilrichtet sich nach § 2303 Abs. 1 und Abs. 2 BGB und besteht in der Hälfte des gesetzlichen(nicht erhöhten) Erbteils nach § 1931 BGB. Neben dem „kleinen“ Pflichtteil hat der Ehegatteggf noch einen Zugewinnausgleichsanspruch, der sich nach den Vorschriften der §§ 1373bis 1383, 1390 BGB konkret bemisst (§ 1371 Abs. 2 BGB).

e) Vermächtnis. Will der Erblasser für den Fall seines Todes einem anderen einen Vermögens-vorteil zuwenden, ihn jedoch nicht zum Erben einsetzen, so kann er dies durch Einräumung ei-nes Vermächtnisses erreichen (§ 1939 BGB).7 Setzt der Erblasser den Ehegatten auf den großenPflichtteil, liegt regelmäßig eine Vermächtnisanordnung vor.8

2. Anwendbarkeit der Norm. a) Persönliche Anwendbarkeit. aa) Ehegatten. Direkt anwend-bar ist die Norm auf Ehegatten. Der wirksame Abschluss der Ehe ist Voraussetzung (§ 1303 ffBGB). Bei Eheschließungen im Ausland ist sowohl das Formstatut des Artikels 11 Abs. 1EGBGB als auch der Grundsatz des Art. 13 EGBGB zu beachten.

bb) Lebenspartnerschaft. Gem. § 6 Abs. 2 LPartG gelten die §§ 1371 bis 1390 BGB für Lebens-partner im Sinne des LPartG entsprechend. Dies gilt sowohl für die Verbindung von Erb- undGüterrecht (§ 6 Abs. 1 LPartG) als auch für die Möglichkeit, vom gesetzlichen Güterstand ab-weichend Vereinbarungen zu treffen (§ 7 LPartG).

b) Sachliche Anwendbarkeit. Problematisch ist die Anwendbarkeit allein in Fällen mit Aus-landsbezug.

aa) Eheliches Güterrechtsstatut. Nach Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB unter-liegen die güterrechtlichen Wirkungen bei Ehegatten mit unterschiedlicher Nationalität der Ehedem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehör-ten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört. Lässt sich danach ohne zuvor getroffeneRechtswahl kein Güterrechtsstatut begründen, findet gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB dasRecht des Staates Anwendung, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt habenoder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichenAufenthalt hat. Anderenfalls gilt nach Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 3 EGBGB das Recht desStaates, mit dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung auf andere Weise verbundenwaren. Art. 15 EGBGB in der aktuellen Fassung gilt seit dem 1.9.1986. Für am 1.9.86 beste-hende Ehen ist Art. 220 Abs. 3 EGBGB einschlägig. Soweit eine Ehe vor dem 1.9.1986 aufge-löst wurde, ist dies als abgeschlossener Vorgang im Sinne von Art. 20 Abs. 1 EGBGB zu sehenund das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Kollisionsrecht entscheidend. Für Ehen zwischen dem9.4.1983 und 31.8.1986 ist Art. 15 EGBGB nF nach Art. 20 Abs. 3 S. 5 BGB rückwirkend an-wendbar. Bei Eheschließungen in der Zeit vom 1.4.1953 bis zum 8.4.1983 ist die VorschriftArt. 220 Abs. 3 EGBGB eine eigene Kollisionsnorm. Bei Eheschließungen vor dem 1.4.1953 giltArt. 15 EGBGB aF, eine Rechtswahl ist gemäß Art. 220 Abs. 3 S. 6 EGBGB möglich. Dabei istaber eine verfassungskonforme Auslegung geboten.9

bb) Güterrechtsstatut der Lebenspartnerschaft. Das Güterrechtsstatut für eingetragene Lebens-partner richtet sich gemäß Art. 17 b Abs. 1 S. 1 EGBGB danach, in welchem Staat die Partner-schaft eingetragen ist. Bei einer Eintragung der Lebenspartnerschaft in verschiedenen Staaten,ist die letzte Eintragung normativ (Art. 17 b Abs. 3 EGBGB). Die güterrechtlichen Wirkungen

6 Palandt/Ellenberger, § 1 Rn 3; Schreiber, JZ 1983,

593, 594; MüKo-BGB/Koch, § 1371 Rn 9.7 Zu den Einzelheiten vgl §§ 2147 ff BGB.

8 Palandt/Brudermüller, § 1371 Rn 2.9 BVerfG Beschl. v. 22.2.1983 – 1 BvL 17/81 = NJW

1983, 1968.

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unterliegen dann den Sachvorschriften des Register führenden Staates (§ 17 b Abs. 1 S. 1EGBGB).

cc) Verknüpfung erbrechtlicher mit güterrechtlichen Regelungen. Die Rechtsfolgen erbrechtli-cher Regelungen unterliegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todesangehörte (Art. 15 EGBGB). Die güterrechtlichen Wirkungen folgen dem bei der Eheschließungmaßgebenden Recht der Ehe (§ Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Die güter-rechtliche Anknüpfung stellt auf den Zeitpunkt der Eheschließung ab und lässt Veränderungennach Eheschließung unberücksichtigt. Im Zeitpunkt des Todes kann das Erbrechtsstatut zurAnwendbarkeit anderen Rechts führen als das Güterrechtsstatut.

Beispiel:

Verstirbt ein dänischer Staatsangehöriger, der in Deutschland mit einer deutschen Staatsange-hörigen die Ehe geschlossen hat, so unterliegt – folgt man dem deutschen internationalen Pri-vatrecht – das Erbrecht dem dänischen Sachrecht, während das Güterrecht dem deutschenSachrecht unterliegt. Sieht das auf den Todesfall anzuwendende Erbrecht eine Erbrechtsverstär-kung, wie in § 1371 Abs. 1 BGB geregelt, nicht vor, so ist fraglich, ob und gegebenenfalls in-wieweit die Grundsätze des § 1371 Abs. 1 BGB die Rechtsfolgen beeinflussen. Vertreten wird,dass die Erhöhung des gesetzlichen Erbrechtes nur dann eintreten soll, wenn deutsches Rechtauch als Erbstatut maßgeblich ist.10 Ist deutsches Güterrecht anzuwenden, hingegen ausländi-sches Erbrecht, so wäre nach dieser Auffassung der Zugewinnausgleich nur konkret nach Maß-gabe des § 1371 Abs. 2 BGB durchzuführen. Nach anderer – vorzugswürdiger – Auffassung fin-det die Vorschrift auch dann Anwendung, wenn deutsches Güterrecht und ausländisches Erb-recht zusammenfallen.11 In Fällen der Normenhäufung ist dann die Beteiligung am Nachlassdurch eine Anpassung zu korrigieren. Hiernach soll der Erbe mindestens bzw höchstens erhal-ten, was ihm nach jedem der beiden Rechte isoliert betrachtet zustünde.12

Beispiel:

Verstirbt ein österreichischer Staatsangehöriger, der mit einer deutschen Staatsangehörigen ver-heiratet war und seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt seit der Eheschließung inDeutschland hatte, während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Dänemark, so richten sichdie erbrechtlichen Folgen aus der Sicht des deutschen Kollisionsrechtes nach österreichischemRecht (Art. 25 EGBGB). Gemäß § 757 Abs. 1 S. 1 AGBGB ist hiernach die Ehegattin neben ehe-lichen Kindern Erbin zu einem Drittel. Das Güterrecht richtet sich aus der Sicht des deutschenKollisionsrechtes nach deutschem Sachrecht. Folgt man dem deutschen Güterrecht, so findetein pauschalierter Ausgleich des Zugewinns durch die Erhöhung der Erbquote um 1/4 statt(§ 1371 Abs. 1 BGB). Folgt man dem österreichischen Recht, so ist zu beachten, dass dort derGrundsatz der Gütertrennung gilt und eine pauschale Erhöhung eine Erbquote aus güterrechtli-chen Erwägungen nicht angezeigt ist. Maßgebend wird nun, wie § 1371 Abs. 1 BGB internatio-nal zu qualifizieren ist. Wie oben dargestellt (Rn 2) ist § 1371 Abs. 1 BGB güterrechtlich zuqualifizieren. Aus der Kombination eines ausländischen Erbrechts mit dem deutschen Güter-recht darf sich hingegen keine Erhöhung der Beteiligungsquote über das nach der nationalenRechtsordnung zu findende Ergebnis ergeben. Österreichisches Erbrecht führt zu einer Beteili-gung mit einer Quote von einem Drittel. Erhöht man diese Quote um die Quote des § 1371Abs. 1 BGB (1/4) ergebe sich eine Gesamtquote von 7/12. Dies ist mehr, als der überlebendeEhegatte bei isolierter Anwendung deutschen oder österreichischen Rechtes erhielte. Es bedarfeiner Angleichung dahingehend, dass der überlebende Ehegatte nur das erhält, was ihm nach

10 Staudinger/Mankowski, Art. 15 EGBGB Rn 343;

OLG Köln ZEV 2012, 205.11 So auch: OLG Schleswig v. 19.8.2013, 3 Wx

60/13; OLG München ZEV 2012, 591.

12 OLG Schleswig v. 19.8.2013, 3 Wx 60/13; Pa-landt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn 26; Staudinger/Mankowski Art. 15 EGBGB Rn 379; speziell fürdas österreichische Erbstatut Dörner ZEV 2005,444 f.

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jeder Rechtsordnung höchstens zustünde. Im Beispielsfall entspricht dies der Erbquote nachdeutschem Recht von 1/2.13

RegelungsgehaltInhalt

Geregelt werden die Folgen des gesetzlichen Güterstandes durch den Tod eines Ehegatten. Beider Zugewinngemeinschaft ist zwischen der sog. erbrechtlichen und der güterrechtlichen Lö-sung zu unterscheiden. Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand, so wird dem überle-benden Ehepartner ein Wahlrecht zwischen einer güterrechtlichen- und erbrechtlichen Lösungeingeräumt.

Nach § 1371 Abs. 1 BGB gilt die erbrechtliche Lösung. Der Ausgleich des Zugewinns erfolgtpauschal durch Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten um 1/4. Die Erhöhung er-folgt unabhängig davon, ob und in welcher Höhe ein Zugewinn entstanden ist. Sie ist ggf durcheine Ausbildungshilfe an erbberechtigte Abkömmlinge des Verstorbenen, die nicht der Ehe mitdem Überlebenden entstammen, belastet (Rn 46 ff).

Für die Fälle des § 1371 Abs. 2 und 3 BGB gilt hinsichtlich des Zugewinnausgleichs die güter-rechtliche Lösung. Es erfolgt ein Ausgleich des Zugewinns wie unter Lebenden, wobei derStichtag für die Berechnung des Endvermögens der Todeszeitpunkt ist. Der Überlebende erhälteinen Ausgleich des tatsächlich entstandenen Zugewinns sowie darüber hinaus den kleinenPflichtteil. Voraussetzung ist, dass der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisneh-mer geworden ist. Nach der Sonderregelung des Abs. 3 kann der Ehegatte diese Folge durchAusschlagung einer Erbschaft oder Vermächtnisanordnung selbst herbeiführen, ohne dass ersein Pflichtteilsrecht verliert.

1. Erbrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 1 BGB. a) Voraussetzungen. Die für die erbrechtli-che Lösung angeordnete Erhöhung des Erbteils um 1/4 setzt voraus, dass der überlebende Ehe-gatte kraft Gesetzes zur Erbschaft berufen ist. Beschränkt sich die testamentarische Anordnungdarauf, den Ehegatten als gesetzlichen Erben einzusetzen (§§ 2066, 2067 BGB) bzw ihn auf dengesetzlichen Erbteil einzusetzen oder beschränkt der Erblasser das Erbrecht dadurch, dass erden Ehegatten zum Vor- oder Nacherben einsetzt, verbleibt es bei dem gesetzlichen Erbrecht imSinne des § 1371 Abs. 1 BGB.14 Entscheidend ist somit immer, ob der Ehegatte ein Erbrecht imUmfang des gesetzlichen Erbrechts erhält. Wird dem Ehegatten lediglich ein Vermächtnis aus-gesetzt, so liegen die Voraussetzungen der Erbrechtserhöhung nicht vor.15 Wird der Ehegattedurch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen oder liegen die gesetzlichen Ausschlussgrün-de des § 1933 BGB vor, so ist die Erbrechtslösung ausgeschlossen.16

b) Wirkung. Unabhängig davon, ob und in welcher Höhe ein Zugewinnausgleich tatsächlichentstanden ist, erhält der überlebende Ehegatte (§ 1931 BGB) einen Ausgleich des Zugewinnsdadurch, dass sein gesetzlicher Erbteil pauschal um 1/4 erhöht wird. Darüber hinaus bleibt demüberlebenden Ehegatten der Anspruch auf den Voraus (§ 1932 BGB) erhalten. Die Erhöhunggilt in jedem Fall, selbst dann, wenn der überlebende Ehegatte der nach den familienrechtlichenNormen zugewinnausgleichspflichtige Ehegatte wäre. Die Erhöhung des gesetzlichen Erbteilsum 1/4 stellt eine pauschale Abgeltung des Zugewinns dar und orientiert sich nicht am tatsäch-lichen Zugewinn. Unerheblich sind die weiteren Lebensumstände, in denen die Ehegatten gelebthaben. Weder kommt es auf den Vermögenserwerb, noch auf die Vermögensverhältnisse, noch

B.I.

13 OLG Schleswig v. 19.8.2013, 3 Wx 60/13 = NJW

2014, 88 ff.14 BGH in NJW 64, 2404; Palandt/Brudermüller

§ 1371 BGB Nr. 2.

15 Zu den Erbfällen „Vertriebene“ vgl Hohloch,FamRZ 2010, 2016; Spätaussiedler: OLG HammRNotZ 2010, 206.

16 MüKo-BGB/Koch, § 1371 BGB Rn 9; Palandt/Bru-dermüller, § 1371 BGB Rn 2.

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die Dauer der Ehe an.17 Die Regelung findet entsprechend Anwendung bei Lebenspartnern imSinnes des Lebenspartnerschaftsgesetzes (§ 10 LPartG). Dabei bleibt der Erbteil ein einheitlicherErbteil. Folglich werden die Anteile anderer gesetzlicher Miterben als auch etwaige Pflichtteils-ansprüche nach § 2303 BGB gemindert.

c) Berechnung. Die Erbquote des überlebenden Ehegatten wird um 1/4 erhöht. Neben Ab-kömmlingen des Verstorbenen erbt der überlebende Ehegatte somit gemäß § 1931 Abs. 1 BGBiVm § 1371 Abs. 1 BGB die Hälfte, unabhängig davon wie viele Abkömmlinge (§ 1924 BGB)vorhanden sind. Neben Verwandten der zweiten und neben den Großeltern als Erben der drit-ten Ordnung erhöht sich die Quote auf ¾, neben Erben weiterer Ordnungen erhält der Ehegat-te den gesamten Nachlass (Vgl zur Berechnung des gesetzlichen Erbteils im Übrigen § 1931BGB).

Überleben neben dem Ehegatten lediglich alle Großeltern des Verstorbenen sowie deren Ab-kömmlinge, so erhält der überlebende Ehegatte zunächst die Hälfte der Erbschaft. Diese Erb-quote würde sich um 1/4 Zugewinn erhöhen. Ist ein Großelternteil vorverstorben, so wächstdieser Anteil dem Ehegatten zu. Seine gesetzliche Erbquote erhöht sich dann, wenn man nichtzuvor die Erhöhung des § 1371 Abs. 1 BGB rechnerisch vornimmt, um 1/8. Dies würde beieinem Vorversterben von zwei Großeltern zu einer Erbquote von 3/4 führen und dazu, dassnach weiterer Erhöhung um 1/4 gemäß § 1371 Abs. 1 BGB die beiden noch lebenden Großel-tern keine Erbquote mehr erhalten. Da durch die Erhöhung der Erbquote die übrigen Verwand-ten nicht völlig von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollen, wird empfohlen, von dem er-höhten Erbteil auszugehen und danach erst die Quote des Erbteils zu bilden, der dem Ehegattenbeim Vorversterben eines Großelternteils zuwächst. Hiernach erhält der überlebende Ehegattezunächst ½ als gesetzliche Erbquote. Diese Erbquote wird um 1/4 gemäß § 1371 Abs. 1 BGBerhöht, so dass auf die vier Großeltern je 1/16 Erbquote verbleibt. Beim Vorversterben einesGroßelternteils wachsen dem Ehegatten jeweils 1/16 an. Überlebt nur noch ein Großelternteil,so verbliebe bei ihm eine Erbquote von 1/16. 18

Die Berechnungsgröße wird durch den gesamten im Zeitpunkt des Todes vorhandenen Nach-lass gebildet. Hat der verstorbene Ehegatte dem Überlebenden zuvor Zuwendungen gemacht,die nicht ausgleichspflichtig sind, bleibt die hierdurch bewirkte Vermögensminderung erhal-ten.19 Der Pflichtteilsanspruch der Pflichtteilsberechtigten errechnet sich nach dem um die Aus-gleichsforderung gekürzten Nachlass (vgl § 2311 BGB).

d) Ehescheidung/ Eheaufhebung. Hat der Erblasser bei Vorliegen der Voraussetzungen derScheidung der Ehe (s. §§ 1564 ff BGB) den Scheidungsantrag gestellt bzw dem Antrag des Geg-ners zugestimmt, ist gemäß § 1933 Abs. 1 BGB das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen. Die An-tragstellung entfaltet eine erbrechtliche Wirkung erst mit Rechtshängigkeit durch Zustellungdes Schriftsatzes (§ 124 FamFG iVm §§ 253, 261 Abs. 1 ZPO).20 Dies gilt ebenso für den An-trag auf Aufhebung der Ehe (§§ 1313 ff BGB). Der überlebende Ehegatte ist dann nicht erb-und pflichtteilsberechtigt, wenn der verstorbene Ehegatte zum Todeszeitpunkt und unter derVoraussetzung, dass ein Aufhebungsgrund besteht, einen Antrag auf Eheaufhebung gestellt hat-te (§ 1933 S. 2 BGB). Bei vor dem Tod erfolgter Zustellung entfallen sämtliche erbrechtlichenAnsprüche. Der Zugewinn kann nur noch güterrechtlich (§ 1371 Abs. 2, 3 BGB) gefordert wer-den.21 Zeitpunkt der Berechnung ist dann der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungs-antrages (§ 1384 BGB) bzw des Aufhebungsantrages (§ 1384 BGB analog). Für eingetrageneLebenspartner gilt dies nach § 10 Abs. 3 LPartG entsprechend. Dabei muss der Scheidungsan-trag keine hinreichenden Erklärungen im Sinne von § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG enthalten, da

17 Bonefeld/Wachter/Roth, § 5 Rn 29.18 So auch: MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 29.19 Henke/Keßler, NZFam 2014, 307 ff; Wellenhofer

= NZFam 2014, 314 ff.

20 BGH 111, 329; OLG Köln Beschl. v. 11.3.2013 –2 Wx 64/13.

21 MüKo-BGB/Koch, § 1371 Rn 9.

§ 1371 BGB Zugewinnausgleich im Todesfall

Schwackenberg 279

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[Vollmachtsvermutung des Notars](1) 1Für die Eintragungsbewilligung und die sonstigen Erklärungen, die zu der Eintragung er-forderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, kön-nen sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die nicht nach § 10 Abs. 2 desGesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit vertretungsbefugt sind. 2Dies gilt auch für die Entgegennahme von Eintragungs-mitteilungen und Verfügungen des Grundbuchamtes nach § 18.

(2) Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder be-glaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zubeantragen.1

AllgemeinesDie Vorschrift enthält in Abs. 1 eine klarstellende Änderung zum FamFG. Sie bestimmt, dass imGrundbuchverfahren für bestimmte Rechtshandlungen auch andere als die in § 10 Abs. 2FamFG genannten Personen Vertreter sein können. § 10 Abs. 2 FamFG beschränkt den Perso-nenkreis, der in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Vertreter auftreten kann, auf Be-schäftigte und Familienangehörige des Vertretenen, Bedienstete von Behörden uä sowie Rechts-anwälte, Notare und Personen mit Befähigung zum Richteramt. § 15 Abs. 1 schafft für dasGrundbuchverfahren in bestimmten Fällen eine Ausnahme, die dadurch begründet ist, dass diedurch § 10 Abs. 2 FamFG gewollte „Qualitätssicherung“ der Vertretererklärungen durch dasvorgeschaltete Beurkundungs- oder Beglaubigungsverfahren erreicht wird.

Nach Abs. 2 wird unter bestimmten Voraussetzungen vermutet, dass der Urkundsnotar zur An-tragstellung im Grundbuchverfahren bevollmächtigt ist. Der sonst erforderliche Nachweis derBevollmächtigung entfällt damit. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Notarnicht ohne Auftrag tätig wird und dass die Beteiligten regelmäßig die Besorgung der gesamtenGrundbuchangelegenheit durch den Notar wünschen.2

RegelungsgehaltVertretung im Grundbuchverfahren

Die Regelung des § 15 Abs. 1 gilt nur für Vertretung bei Erklärungen, die in öffentlicher oderöffentlich beglaubigter Form abgegeben werden und unmittelbar zur Eintragung erforderlichsind, damit also insbesondere für die Eintragungsbewilligung. Außerdem können Entscheidun-gen des Grundbuchamts (Zwischenverfügung, Zurückweisung) und Eintragungsmitteilungenvon nicht in § 10 Abs. 2 FamFG genannten Vertreter entgegengenommen werden. Rechtsmittel-erklärungen gegen Entscheidungen können aber nur von den Beteiligten selbst und von in § 10Abs. 2 FamFG genannten Vertretern abgegeben werden.3

Vollmachtsvermutung§ 15 Abs. 2 begründet eine Vollmachtsvermutung für den Notar, die grundsätzlich unabhängigvom Auftrag der Antragsberechtigten besteht,4 durch deren entgegenstehende Willensäußerungaber widerlegt werden kann.5 Die Vermutung gilt nur für deutsche Notare im Rahmen ihrer

§ 15 GBO

A.

B.I.

II.

1 Vgl hierzu auch § 24 Abs. 3 BNotO.2 KGJ 44, 172; BayObLG Rpfleger 1985, 356;

Demharter, § 15 Rn 1.3 Meyer/Bormann, RNotZ 2009, 470; Demharter,

§ 15 Rn 2.

4 Demharter, § 15 Rn 3; BeckOK GBO Hügel/Reetz,§ 15 Rn 12.

5 KGJ 44, 172; OLG Köln Rpfleger 1982, 98;BayObLG Rpfleger 1984, 96.

§ 15 GBO Vollmachtsvermutung des Notars

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Amtsbefugnis, die eine zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt ha-ben.

Der Notar kann aufgrund der Vorschrift keinen eigenen Eintragungsantrag stellen, sondern le-diglich die Antragsberechtigten vertreten. Er hat bei Antragstellung anzugeben, für welche An-tragsberechtigten der Antrag gestellt wird.6 Tut er das nicht, so gilt der Antrag mangels entge-genstehender Hinweise als für alle Antragsberechtigten gestellt.7

Weitere praktische HinweiseStellt ein Notar in Ausübung der vermuteten Vollmacht einen Eintragungsantrag für alle An-tragsberechtigten, so haften nach § 22 Abs. 1 GNotKG auch alle Antragsberechtigten für dieKosten der Eintragung.8 Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vollmachtsvermutung widerlegtist.9

[Antrag unter Vorbehalt](1) Einem Eintragungsantrag, dessen Erledigung an einen Vorbehalt geknüpft wird, soll nichtstattgegeben werden.

(2) Werden mehrere Eintragungen beantragt, so kann von dem Antragsteller bestimmt werden,daß die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll.

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1B. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3II. Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

III. Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101. Mehrere Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2. Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11a) Ausdrückliche Bestimmung . . . . . . . . . 11b) Stillschweigende Bestimmung . . . . . . 13

3. Behandlung durch das Grundbuchamt . 14

AllgemeinesDie Vorschrift erklärt Eintragungsanträge unter Vorbehalt grundsätzlich für unzulässig. DieVorschrift bezweckt, dass das Grundbuchamt keine eigenen Prüfungen oder Beweiserhebungendurchführen muss, die über die Frage, ob die beantragte Eintragung aufgrund der vorgelegtenEintragungsunterlagen vorgenommen werden kann, hinausgehen.1

Nach Abs. 2 kann aber der Antragsteller zwei oder mehrere Eintragungen in der Weise beantra-gen, dass die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll. Dies erleichtert die Abwick-lung von Rechtsgeschäften, die Zug um Zug zu erfüllen sind.2

C.

§ 16 GBO

A.

6 BayObLG 1952, 272; Demharter, § 15 Rn 11.7 BGH NJW 1958, 3070; BayObLG NJW-RR 1993,

530; OLG Köln Rpfleger 1986, 411; OLG BremenRpfleger 1987, 494; Demharter, § 15 Rn 11; aALappe, Rpfleger 1984, 386.

8 BayObLG Rpfleger 1985, 356; OLG DüsseldorfRpfleger 1986, 368; OLG Köln Rpfleger 1986,411; OLG Schleswig DNotZ 1988, 787; OLG

Zweibrücken Rpfleger 1989, 17; Demharter, § 15Rn 22.

9 OLG Köln Rpfleger 1982, 98.1 OLG Hamm, Rpfleger 1992, 474; Demharter,

§ 16 Rn 1; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 1.2 Demharter, § 16 Rn 7; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16

Rn 2; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 1; BeckOK GBOHügel/Reetz, § 16 Rn 2.

24. Grundbuchordnung (GBO)

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RegelungsgehaltAnwendungsbereich

Grundsätzlich gilt § 16 nur für den Eintragungsantrag nach § 13.3 Zum Antrag gehören hierauch solche Tätigkeiten des Grundbuchamts, die zwingend der Eintragung nachfolgen, wiebspw Eintragungsbekanntmachungen oder die Aushändigung von Grundschuldbriefen.4

Entsprechend angewandt wird § 16 für Anträge zu sonstigen Grundbuchtätigkeiten wie bspwdem eigenständigen Brieferteilungsverfahren nach §§ 66, 67, nicht aber für Amtseintragungen.5

Die Vorschrift ist auch auf die Eintragungsbewilligung anwendbar.6 Diese darf grundsätzlichauch keinen Vorbehalt enthalten.7 Zulässig ist allerdings nach § 16 Abs. 2 die Bestimmung,dass eine Eintragung nur bewilligt sein soll, wenn eine andere Eintragung auch erfolgen kann.8

§ 16 GBO behandelt nicht die Frage, ob ein einzutragendes Recht selbst bedingt oder befristetsein kann. Dies ist nach materiellem Recht zu beurteilen.9 Bedingungs- und befristungsfeindlichsind hier die Auflassung, § 925 Abs. 2 BGB, die Bestellung und Übertragung von Erbbaurech-ten, § 1 Abs. 4, § 11 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG und die Einräumung und Aufhebung von Sonderei-gentum, § 4 Abs. 2 S. 2 WEG. Die Bestellung eines Dauerwohnrechts ist jedenfalls bedingungs-feindlich, § 33 Abs. 1 WEG.

VorbehaltEin Vorbehalt im Sinne der Vorschrift liegt vor, wenn der Antragsteller die Erledigung es Ein-tragungsantrages durch das Grundbuchamt von Umständen, die nicht zu den gesetzlichen Vor-aussetzungen der Eintragung gehören, abhängig machen will oder wenn unklar ist, ob eine Ein-tragung überhaupt gewollt ist.10 Dazu gehören insbesondere Bedingungen und Befristungen.Ein Vorbehalt liegt auch vor, wenn die Erledigung des Antrags von einem bestimmten gegen-wärtigen Tatbestand abhängig sein soll, nicht jedoch dann, wenn das Grundbuchamt das Vor-liegen dieses Tatbestands ohne weitere Mühe und mit Sicherheit, bspw anhand des Grundbuchsoder der Grundakten, feststellen kann.11

Zulässig ist es, einen Antrag hilfsweise für den Fall zu stellen, dass dem Hauptantrag nicht ent-sprochen wird.12 Auch Rechtsbedingungen verstoßen nicht gegen § 16 Abs. 1.13 So ist es bspwunschädlich, wenn ein Antrag auf Eintragung einer Erbfolge unter die Bedingung gestellt wird,dass der Antragsteller tatsächlich Erbe geworden ist, da dies von Grundbuchamt ohnehin ge-prüft werden muss. Von Formulierungen wie „soweit eintragungsfähig“ ist aber abzuraten, dadies bedeuten könnte, dass das Grundbuchamt nur die aus seiner Sicht eintragungsfähigen Be-stimmungen eintragen soll, was dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht entspricht.14

B.I.

II.

3 Demharter, § 16 Rn 2; BeckOK GBO Hügel/Reetz,§ 16 Rn 3; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 3.

4 Demharter, § 16 Rn 4; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 3;BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 3.

5 BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 5.6 BayObLG Rpfleger 1986, 48, 50; OLG Hamm

Rpfleger 1992, 474; OLG Frankfurt NJW-RR1996, 529.

7 KGF 44, 197.8 BGH NJW 2010, 3367; KGJ 44, 199; KG HRR

1937 Nr. 466; Demharter, § 16 Rn 15; BeckOKGBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 5.

9 Demharter, § 16 Rn 2; BeckOK GBO Hügel/Reetz,§ 16 Rn 6; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16 Rn 4; Mei-kel/Böttcher, § 16 Rn 4.

10 OLG Stuttgart FGPrax 2011, 117; OLG HammRpfleger 1992, 474; KG JW 1938, 2227; BeckOKGBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 7; Demharter, § 16Rn 3.

11 BayObLGZ 12, 372; BayObLG MittBayNot 1972,228; Demharter, § 16 Rn 3; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 13.

12 BayObLG MittBayNot 1992, 228; BeckOK GBOHügel/Reetz, § 16 Rn 16; Meikel/Böttcher, § 16Rn 8.

13 Demharter, § 16 Rn 3; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 5,7; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16 Rn 7; BeckOK GBOHügel/Reetz, § 16 Rn 9.

14 BayObLG DNotZ 1969, 492; OLG FrankfurtRpfleger 1977; 101; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16Rn 7; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 6; BeckOK GBOHügel/Reetz, § 16 Rn 10.

§ 16 GBO Antrag unter Vorbehalt

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Folge eines unzulässigen Vorbehalts ist, dass das Grundbuchamt dem Antrag nicht stattgebensoll. Es kann je nach Lage des Einzelfalls eine Zwischenverfügung erlassen, um auf die Beseiti-gung des Vorbehalts hinzuwirken, oder den Antrag zurückweisen.15 Da § 16 reine Ordnungs-vorschrift ist, hat aber die Nichtbeachtung durch das Grundbuchamt keine materiellrechtlichenAuswirkungen. Eintragungen, die trotz eines unzulässigen Vorbehalts im Antrag vorgenommenwurden, sind also trotzdem wirksam.16

Ausnahme1. Mehrere Eintragungen. Voraussetzung für die Ausnahmeregelung des Abs. 2 ist zunächst,dass mehrere Eintragungsanträge bei demselben Grundbuchamt gestellt worden sind.17 Dabeikommt es nicht darauf an, ob rechtsändernde Eintragungen oder Grundbuchberichtigungen be-antragt werden. Ebenso ist unerheblich, ob die Anträge von derselben oder von verschiedenenPersonen gestellt werden.18 Es muss sich um verschiedene Eintragungsanträge handeln. Dies istbspw nicht der Fall, wenn ein Gesamtgrundpfandrecht eingetragen werden soll oder wenn eindingliches Recht mit mehreren Einzelbestimmungen beantragt wird. Wenn einem solchen An-trag ein Hindernis entgegensteht, muss das Grundbuchamt den Antrag einheitlich zurückweisenoder eine Zwischenverfügung erlassen.19 Mehrere Anträge liegen aber bspw dann vor, wenn sieauf Eintragung eines Grundpfandrechts und auf Eintragung der Unterwerfung unter die soforti-ge Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO bei diesem Recht gerichtet sind.20

2. Bestimmung. a) Ausdrückliche Bestimmung. Nur der Antragsteller kann bestimmen, dasseine Eintragung nicht ohne eine andere erfolgen soll. Ist ein Antrag von mehreren Personen ge-stellt worden, so kann jeder von ihnen unabhängig von den anderen eine Bestimmung treffen.21

Antragsberechtigung genügt nicht, wenn das Antragsrecht nicht ausgeübt wird.22 Ist ein Vorbe-halt in der Bewilligung enthalten (s. Rn 5), so muss dieser im Eintragungsantrag ebenfalls ent-halten sein.23 Die Bestimmung kann auch nachträglich getroffen werden und bedarf keinerForm.24 Auch der Notar kann im Rahmen der nach § 15 Abs. 2 vermuteten Vollmacht die Be-stimmung treffen, soweit sich dadurch kein Widerspruch zu den Erklärungen der Beteiligten inder Eintragungsbewilligung ergibt.25

Solange die verbundenen Anträge noch nicht vollzogen sind, kann der Vorbehalt jederzeitformlos widerrufen werden.26 Ist der Vorbehalt aber von mehreren Antragstellern erklärt wor-den, kann er auch nur von allen wirksam widerrufen werden.27

b) Stillschweigende Bestimmung. Das Grundbuchamt nimmt eine stillschweigende Bestimmungnach § 16 Abs. 2 an, wenn die Anträge in einem solchen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zu-

III.

15 JFG 19, 137; OLG Hamm MittRhNotK 1992,

149; Demharter, § 16 Rn 5; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 48 ff.

16 Demharter, § 16 Rn 6; Meikel/Böttcher, § 16Rn 10; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 51.

17 BayObLGE 10, 329; KG KGJ 44, 201; Demharter,§ 16 Rn 8; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 11; BeckOKGBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 19.

18 Demharter, § 16 Rn 8; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16Rn 12; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 11; BeckOKGBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 18.

19 KGJ 39, 257; BayObLG Rpfleger 1986, 220;Demharter, § 16 Rn 9; BeckOK GBO Hügel/Reetz,§ 16 Rn 21.

20 BayObLG 2, 576; Demharter § 19 Rn 9; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 11; BeckOK GBO Hügel/Reetz,§ 16 Rn 21.

21 OLG Frankfurt Rpfleger 1976, 401; Demharter,§ 16 Rn 10; Meikel/Böttcher, § 16 Rn 12; Bauer/v.

Oefele/Wilke, § 16 Rn 19; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 36.

22 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 12; Demharter, § 16Rn 10; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 36.

23 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 12; Demharter, § 16Rn 15.

24 OLG Hamm Rpfleger 1973, 305; BayObLGRpfleger 1975, 94; OLG Frankfurt Rpfleger 1980,107; Demharter, § 16 Rn 10; Meikel/Böttcher,§ 16 Rn 14; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16Rn 37.

25 Demharter, § 16 Rn 10; Meikel/Böttcher, § 16Rn 12; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16 Rn 19; BeckOKGBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 36.

26 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 12; Bauer/v. Oefele/Wil-ke, § 16 Rn 22; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16Rn 40.

27 OLG Hamm Rpfleger 1973, 305; Meikel/Böttcher,§ 16 Rn 12; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16Rn 40.

24. Grundbuchordnung (GBO)

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sammenhang stehen, dass anzunehmen ist, dass die Parteien nur eine einheitliche Erledigungwollen.28 Dies kann bspw bei Auflassung und Löschung eines Nacherbenvermerks der Fallsein.29 Die Verknüpfung ist auch anzunehmen, wenn bei einer Auflassung Sicherungsrechte fürden Veräußerer bestellt werden oder wenn mehrere Auflassungen aufgrund eines einheitlichenVertrages eingetragen werden sollen.30

3. Behandlung durch das Grundbuchamt. Das Grundbuchamt hat, soweit Anträge nach § 16Abs. 2 verknüpft sind, diese bei Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen nur gemeinsam zuvollziehen.31 Liegen Vollzugshindernisse vor, müssen alle Anträge zurückgewiesen oder eineZwischenverfügung erlassen werden. Verletzt das Grundbuchamt § 16 Abs. 2, indem es einenvon mehreren verbundenen Anträgen vollzieht, ist eine Beschwerde dagegen nicht gegeben.32

Die Verletzung der Vorschrift berührt außerdem nicht die materiellrechtliche Wirksamkeit derEintragungen, das Grundbuch wird nicht unrichtig.33 Allerdings kommt ein Schadenersatzan-spruch wegen Amtspflichtverletzung in Betracht.34

[Behandlung mehrerer Anträge]Werden mehrere Eintragungen beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so darf diespäter beantragte Eintragung nicht vor der Erledigung des früher gestellten Antrags erfolgen.

AllgemeinesDie Vorschrift regelt die Reihenfolge der Erledigung mehrerer Eintragungsanträge durch dasGrundbuchamt, wenn von den beantragten Eintragungen dasselbe Recht betroffen wird. Sie istBestandteil des Rangsystems dinglicher Rechte.1 Der Antragsteller erhält dadurch einen verfah-rensrechtlichen Anspruch, dass sein zuerst gestellter Antrag vor später gestellten Anträgen voll-zogen wird.

RegelungsgehaltMehrere Anträge

Damit die Vorschrift Anwendung findet, müssen mehrere Anträge verschiedenen Inhalts zu ver-schiedenen Zeiten gestellt worden sind. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Eingang der An-träge beim Grundbuchamt. Ob die Anträge von einer oder von mehreren Personen gestellt wur-den, ist unerheblich.2 Eintragungsersuchen von Behörden stehen einem Antrag gleich.

Betroffenheit desselben Rechts§ 17 legt eine Erledigungsreihenfolge nur für die Fälle fest, in denen von den verschiedenen An-trägen dasselbe Recht betroffen ist. Dies ist der Fall, wenn zwischen den Eintragungen einRangverhältnis besteht, bspw wenn mehrere Grundpfandrechte am selben Grundstück zur Ein-tragung beantragt werden, wenn Eintragungen beantragt sind, von denen die eine die Zulässig-

§ 17 GBO

A.

B.I.

II.

28 OLG Schleswig FGPrax 2009, 290; OLG HammRpfleger 1988, 404; BayObLG Rpfleger 1988,244; OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1174,1175; Demharter, § 16 Rn 11; Meikel/Böttcher,§ 16 Rn 15, 16; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16Rn 24.

29 BayObLG MittBayNot 1991, 122; BeckOK GBOHügel/Reetz, § 16 Rn 24.

30 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 15; Demharter, § 16Rn 11; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16 Rn 24 ff;Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16 Rn 15 jeweils mit wei-teren Beispielen.

31 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 18; Bauer/v. Oefele/Wil-ke, § 16 Rn 25; BeckOK GBO Hügel/Reetz, § 16Rn 43.

32 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 17.33 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 20; Demharter, § 16

Rn 14; Bauer/v. Oefele/Wilke, § 16 Rn 30.34 Meikel/Böttcher, § 16 Rn 20; BeckOK GBO Hü-

gel/Reetz, § 16 Rn 52.1 Bauer/v. Oefele/Wilke, § 17 Rn 1.2 Demharter, § 17 Rn 2.

§ 17 GBO Behandlung mehrerer Anträge

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Zuständigkeit in Erbsachen innerhalb der MitgliedstaatenDiese Verordnung berührt nicht die innerstaatlichen Zuständigkeiten der Behörden der Mit-gliedstaaten in Erbsachen.

Art. 2 EuErbVO stellt fest, dass die zuständigkeitsrechtlichen Bestimmungen der EuErbVO(Art. 4 ff EuErbVO) ausschließlich (mit Ausnahme von Art. 5 EuErbVO, vgl dort) die interna-tionale Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte regeln; die innerstaatliche Zuständigkeitbleibt von der EuErbVO unberührt, so dass die Bestimmung der funktionellen, sachlichen undörtlichen Zuständigkeit weiterhin dem nationalen Recht unterliegt.

Begriffsbestimmungen(1) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a) „Rechtsnachfolge von Todes wegen” jede Form des Übergangs von Vermögenswerten,Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durcheine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge;

b) „Erbvertrag” eine Vereinbarung, einschließlich einer Vereinbarung aufgrund gegenseitigerTestamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigenNachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, än-dert oder entzieht;

c) „gemeinschaftliches Testament” ein von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkun-de errichtetes Testament;

d) „Verfügung von Todes wegen” ein Testament, ein gemeinschaftliches Testament oder einenErbvertrag;

e) „Ursprungsmitgliedstaat” den Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung ergangen, der ge-richtliche Vergleich gebilligt oder geschlossen, die öffentliche Urkunde errichtet oder dasEuropäische Nachlasszeugnis ausgestellt worden ist;

f) „Vollstreckungsmitgliedstaat” den Mitgliedstaat, in dem die Vollstreckbarerklärung oderVollstreckung der Entscheidung, des gerichtlichen Vergleichs oder der öffentlichen Urkundebetrieben wird;

g) „Entscheidung” jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats in einer Erbsache erlasseneEntscheidung ungeachtet ihrer Bezeichnung einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlus-ses eines Gerichtsbediensteten;

h) „gerichtlicher Vergleich” einen von einem Gericht gebilligten oder vor einem Gericht imLaufe eines Verfahrens geschlossenen Vergleich in einer Erbsache;

i) „öffentliche Urkunde” ein Schriftstück in Erbsachen, das als öffentliche Urkunde in einemMitgliedstaat förmlich errichtet oder eingetragen worden ist und dessen Beweiskraft

i) sich auf die Unterschrift und den Inhalt der öffentlichen Urkunde bezieht undii) durch eine Behörde oder eine andere vom Ursprungsmitgliedstaat hierzu ermächtigte

Stelle festgestellt worden ist.

(2) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff „Gericht” jedes Gericht und alle sonsti-gen Behörden und Angehörigen von Rechtsberufen mit Zuständigkeiten in Erbsachen, die ge-richtliche Funktionen ausüben oder in Ausübung einer Befugnisübertragung durch ein Gerichtoder unter der Aufsicht eines Gerichts handeln, sofern diese anderen Behörden und Angehöri-gen von Rechtsberufen ihre Unparteilichkeit und das Recht der Parteien auf rechtliches Gehörgewährleisten und ihre Entscheidungen nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie tätigsind,

a) vor einem Gericht angefochten oder von einem Gericht nachgeprüft werden können und

Artikel 2 EuErbVO

Artikel 3 EuErbVO

Artikel 3 EuErbVO Begriffsbestimmungen

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b) vergleichbare Rechtskraft und Rechtswirkung haben wie eine Entscheidung eines Gerichtsin der gleichen Sache.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission nach Artikel 79 die in Unterabsatz 1 genanntensonstigen Behörden und Angehörigen von Rechtsberufen mit.

AllgemeinesArt. 3 EuErbVO enthält eine Reihe von Legaldefinitionen wesentlicher Rechtsbegriffe der Ver-ordnung. Zweck dieser Bestimmung ist es, deren gebotene europarechtlich-autonome Ausle-gung (vgl hierzu Einleitung EuErbVO Rn 6) sicherzustellen. Soweit den einzelnen Legaldefini-tionen eine kollisionsrechtliche Bedeutung zukommt (so Art. 3 Abs. 1 lit.a-c EuErbVO, welchedie Anknüpfungsmomente einzelner Kollisionsnormen zum Gegenstand haben), sind diese spe-zifisch kollisionsrechtlich zu verstehen und ggf mittels einer teleologischen kollisionsrechtlichenInteressenanalyse zu konkretisieren (vgl hierzu Vor Art. 20-38 EuErbVO Rn 6-9).

Bemerkenswert ist vorab zweierlei. Entgegen den bislang erlassenen europäischen Rechtsaktenauf dem Gebiet des internationalen Privat- und Verfahrensrechts lässt sich Art. 3 EuErbVO kei-nerlei Aussagegehalt dahin gehend entnehmen, welche europäischen Staaten als MitgliedstaateniSd EuErbVO anzusehen sind. Soweit die Bestimmungen der EuErbVO diesen Rechtsbegriffverwenden (relevant insbesondere im Rahmen von Art. 34 Abs. 1 EuErbVO oder der Anerken-nung mitgliedstaatlicher Entscheidungen und Urkunden), stellt sich daher die Frage, ob dieserauf alle Mitgliedstaaten der EU (also auch auf Dänemark, Irland und das Vereinigten König-reich) bezogen oder nur auf die an der EuErbVO partizipierenden Mitgliedstaaten beschränktist. Alleine letztere Annahme kann indes überzeugen: Abgesehen davon, dass im Rahmen alleranderen kollisions- und verfahrensrechtlichen Schwesterverordnungen der EuErbVO der Begriffdes Mitgliedstaates stets auf die jeweils teilnehmenden Mitgliedstaaten beschränkt ist1 und da-her bereits aufgrund einer systematischen, rechtsaktübergreifenden Auslegung ein entsprechen-des Verständnis geboten ist, enthält die EuErbVO ein geschlossenes System von verfahrens- undkollisionsrechtlichen Bestimmungen, deren Anwendung alleine dann ohne Wertungsbrüche2 er-folgen kann, wenn unter dem Begriff eines Mitgliedstaates ausschließlich die an der EuErbVOteilnehmenden Staaten verstanden werden. Mitgliedstaaten iSd EuErbVO stellen daher alleMitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und des Vereinigten Königreichs dar.

Als zweite Besonderheit ist hervorzuheben, dass der sowohl für die Zuständigkeit (Art. 4 Eu-ErbVO) als auch für die Bestimmung des anwendbaren Rechts (Art. 21 EuErbVO) zentraleRechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts auch im Rahmen der EuErbVO nicht legaldefiniertwurde. Dieser Umstand verdeutlicht zugleich, dass dessen (europarechtlich-autonome) Konkre-tisierung weiterhin Rechtsprechung und Lehre überlassen bleiben soll; vgl zum Begriff des ge-wöhnlichen Aufenthalts ausführlich Art. 21 EuErbVO Rn 4-11.

RegelungsgehaltDie vorgesehenen Legaldefinitionen werden in ihrem jeweiligen Rechtskontext behandelt. ImEinzelnen ist anzumerken:

Die Rechtsnachfolge von Todes wegen (Art. 3 Abs. 1 lit. a EuErbVO) beschreibt den Anknüp-fungsgegenstand von Art. 22, 23 EuErbVO; der spezifisch kollisionsrechtliche Rechtsbegriffwird in Art. 23 EuErbVO weiter konkretisiert; vgl dort.

A.

B.

1 Vgl etwa Art. 1 Abs. 3 EuGVVO, Art. 2 Nr. 3

EuEheVO, Art. 1 Abs. 2 EuUnthVO, Art. 1 Abs. 4Rom I-VO, Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO, zudem auchArt. 3 Nr. 1 Rom III-VO, der jedoch erstmalig die

Terminologie „teilnehmender Mitgliedstaat ver-wendet.

2 Vgl hierzu Lehmann, Zerb 2013, 25.

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Zum Begriff des Erbvertrags (Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO) vgl Art. 25 EuErbVO Rn 4.

Ein gemeinschaftliches Testament (Art. 3 Abs. 1 lit. c EuErbVO) stellt ein von zwei oder mehrPersonen in einer einzigen Urkunde errichtetes Testament dar. Die Begriffsbestimmung folgtdamit ausschließlich anhand formaler Kriterien, nämlich dem äußeren Zusammenschluss ineiner Urkunde. Art. 3 Abs. 1 lit. c EuErbVO inkorporiert Art. 4 HTestformÜ und hat damit al-leine Bedeutung für Art. 27 EuErbVO; nach vorzugswürdiger Ansicht steht sie in keinem Aus-schließlichkeitsverhältnis zu Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO, so dass bspw ein gemeinschaftlichesEhegattentestament iSd deutschen Rechts (§§ 2265 ff BGB) zwar ein gemeinschaftliches Testa-ment iSv Art. 3 Abs. 1 lit. c darstellt, soweit es in einer einzigen Urkunde errichtet wurde, zu-sätzlich aber auch ein – Art. 25 EuErbVO unterfallender – Erbvertrag, soweit dieses wechselbe-zügliche Verfügungen mit Bindungswirkungen enthält; vgl hierzu im Einzelnen Art. 25 EuErb-VO Rn 5.

Der Begriff der Verfügung von Todes wegen (Art. 3 Abs. 1 lit. d EuErbVO) ist im Rahmen derEuErbVO weit zu verstehen; er erfasst sowohl herkömmliche Testamente, gemeinschaftlicheTestamente als auch Erbverträge; ihre Zulässigkeit, materielle Wirksamkeit und ggf Bindungs-wirkung unterliegen dem von Art. 24, 25 EuErbVO bestimmten Recht, ihre Formwirksamkeitunterliegt dem gem. Art. 27 EuErbVO (bzw den maßgeblichen Bestimmungen des HTestformÜ)bestimmten Formstatut.

Die spezifisch verfahrensrechtlichen Termini Ursprungsmitgliedstaat (Art. 3 Abs. 1 lit. e EuErb-VO), Vollstreckungsmitgliedstaat (Art. 3 Abs. 1 lit. f EuErbVO), Entscheidung (Art. 3 Abs. 1lit. g EuErbVO), gerichtlicher Vergleich (Art. 3 Abs. 1 lit. h EuErbVO) und öffentliche Urkunde(Art. 3 Abs. 1 lit. i EuErbVO) sind im Rahmen des Kapitel IV und V der EuErbVO von Bedeu-tung (vgl dort).

Eine umfassende Begriffsklärung sieht Art. 3 Abs. 2 EuErbVO hinsichtlich des Terminus „Ge-richt“ vor. Eine solche ist erforderlich, da die funktionelle Zuständigkeit in Erbsachen in deneinzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich ausgestaltet ist (vgl auch Erwägungsgrund 20)und somit den vielfältigen Erscheinungsformen Rechnung getragen werden muss. Der Begriffdes Gerichts ist vor diesem Hintergrund weit zu verstehen: Er erfasst nicht nur Gerichte im ei-gentlichen Sinne, sondern auch Behörden und Angehörige von Rechtsberufen (etwa Notare undRegisterbehörden, vgl Erwägungsgrund 20), denen nach dem jeweiligen nationalen Recht derMitgliedstaaten Zuständigkeiten in Erbsachen zugewiesen sind und die insoweit Gerichtstätig-keit im materiellen Sinne ausüben. Soweit die zuständigen Stellen eine übertragene Gerichtstä-tigkeit ausüben, stellen diese ein Gericht iSd EuErbVO dar, wenn ihre Unparteilichkeit sowiedas Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewährleistet ist; darüber hinaus müssen ihre Ent-scheidungen von einem Gericht (im eigentlichen Sinne) nachgeprüft bzw aufgehoben werdenkönnen sowie mit vergleichbarer Rechtskraft und Rechtswirkungen ausgestattet sein, die einerherkömmlichen gerichtlichen Entscheidung in der gleichen Sache zukommen würde. Zur Vorla-geberechtigung von Gerichten iSv Art. 3 Abs. 2 EuErbVO an den EuGH vgl Einleitung EuErb-VO Rn 9.

Die neben herkömmlichen Gerichten in Erbsachen zuständigen sonstigen Behörden und Ange-hörigen von Rechtsberufen haben die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Kommissionnach Art. 79 EuErbVO mitzuteilen; diese Informationen sollen der Öffentlichkeit – voraussicht-lich auf der Website des europäischen Justizportals3 (vgl hierzu Art. 79 EuErbVO Rn 1) – zurVerfügung gestellt werden.

3 https://e-justice.europa.eu/home.do?action=ho-me&plang=de.

Artikel 3 EuErbVO Begriffsbestimmungen

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