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310 Kern, Polyoxymethylenfilme und -fasern F Kolloid- 1Zeitschrift von H. Staudinger 11) auf Grund von Unter- suchungen an synthetischen Hochpolymeren entwickelt worden ist. Das Beispiel des Eupoly- oxymethylens lfiBt die Bedingungen, die not- wendig sind, damit eine hochmolekulare Sub- stanz elastische Eigensehaften zeigt, deutlich her- vortreten: 1. Der hochmolekulare Stoff muB aus Fadenmolekfilen aufgebaut sein, und diese Fadenmolekfile mflssen eine Mindestgr6ge ' haben. 2. Die Elastizitfit ist an einen ,,aufgelocker- t e n" Zu st a n d der Makromolekfile gebunden~2), der seinerseits yon Temperaturgrenzen abh~ingt; die Elastizit~it ist eine Intervalleigenscha~t. Unterhalb der unteren Temperaturgrenze sind solche Stoffe feste, starre K0rper ohne elasti- sche Eigenschaften; nur an Filmen und Fasern derselben beobachtet man biegsam und schwach dehnbar elastische Eigenschaften. Der hoch- molekulare Stoff kann im festen, nicht-elastischen Zustand amorph oder kristallisiert seth. Das Eupolyoxymethylen ist bet gew0hnlicher Tem- peratur nach einer Untersuchung yon E. Sau- ter 1~) kristallisiert und zeigt mit geringen Ab- weichungen das normale RUntgenogramm der Polyoxymethylene14). Die Interferenzen sind 11) H. Staudinger, Bet. d. Dtsch. chem. Ges. 63, 929 (1930). Vergleiche ferner im Buch t21ff; ebenso die Diskussion in tier Koll.-Ztschr.: K. H. Meyer, G.v. Susich und E. Valk6, Koll.-Ztschr. 59, 208 (1932) und H. Staudinger, Koll.-Ztschr. 60, 296 0932). 12) H. Staudinger und H. Machemer, Bet. d. Dtsch. chem. Ges. 62, 2922 (1929). 18) E. Sauter, Ztschr. phys. Chem. (B) 18, 431 (1932). . aa) Vergleiche die Aufnahmen in Ztschr. phys. Chem. (B) 18, 430 und 431 (1932) und ebenso Buch, 245 und 263. infolge der Kleinheit der Kristallite stark ver- breitert. Die obere Intervallgrenze ist dadurch ge- kennzeichnet, dal3 entweder der elastische Zu- stand in einen plastischen, zuletzt viskosen Zu- stand fibergeht oder dab Zersetzung eintritt. Die Lage des Elastizit~itsintervalls ist yon Stoff zu Stoff verschieden. Man mug annehmen, dab der Bau der Kette, z. B. Art und Anordnung yon Seitengru, ppen, yon ausschlaggebendem Ein- fluB ist. Beim Kautschuk liegt die untere Elastizit~tsgrenze sehr tiePS); beim Polystyrol bet I00~ beim ,,Polyoxymethylenkautschuk" erst bet 160 o. Bet letzterem ist das Elastizit~its- intervall sehr klein; schon bet wenig h6herer Temperatur fiberwiegen die plastischen Eigen- schaften, auBerdem tritt Zersetzung ein. Sehr interessant ist die Beobachtung, dab ein nicht zu Ende polymerisiertes Eupolyoxy- methylen, das man als ein in monomerem Form- aldehyd gequollenes Eupolyoxymethylen auf- fassen kann, gute elastisehe Eigenschaften besitzt, die aber nach beendigter Polymerisation ver- schwunden sind. Auch Polymerisate, die in Verdfinnung, z.B. in Ather oder Azetaldehyd, hergestellt wurden, zeigten gute elastische Eigen- schaften. VI. Zusammenfassung: Es wird fiber sehr hochmolekulare Polyoxymethylene und deren Eigenschaften berichtet, besonders fiber ihre Elastizit[it und Plastizit~it. Diese Polyoxymethy- lene k0nnen in Form yon Gl~isern, Filmen und Ffiden erhalten werden. 16) L. H o c k , Koll.-Ztschr. 35, 40 (1924) und Ztschr. Elektrochem. 31,404 (1925). 16) H. Staudinger, Ber. d. Dtsch. chem. Ges. 59, 3036 (1926). B fi ch erb esp rech un ge n. Chemische Thermodynamik. Einftihrung in dig Lehre von den chemischen Affinittiten und Gleich- gewichten. Von H. Ulich. XVI u. 353 Seiten mit 30 Abb. (Dresden u. Leipzig 1930, Theodor Steinkopff.) Preis RM 16.50, geb. RM 18.--. Das vorliegende Buch ist aus der Mitarbeit des Verf. am bekannten Werke yon Schottky, Ulich und Wag n e r entstanden. Der Untertitel: Einffihrung usw. kennzeichnet wohl seinen didaktischen Aufbau, yon dem noch zu sprechen ist, will es aber nicht zu einem elementaren Leitfaden, zu einer Proptideutik einer Disziplin stempeln, die erst jenseits solcher Vorschule ernstlich einsetzt. Denn an Sehtirfe der Disposition, an Strenge und Grtindlichkeit tier Dar- stellung steht Ulich's Lehrbuch dem weitaus um- fangreicheren Gemeinschaftswerk, von dessen neu- artiger Systematik und Terminologie es nattlrlich Gebrauch macht, keineswegs nach. Wie der Verf. so von vornherein sein Buch auf ein hohes Niveau er- hoben hat, stellt er keine zu geringen Ansprtlche an seine Leser, Nicht der etwa, der ab und zu drin bl~it- tert, um sich tiber dies oder jenes zu orientieren, son- dern nut ether, der es yon Grund auf durcharbeitet und sich intensiv zu eigen macht, kann ihm den rich- tigen, dann aber auch augerordentichen Wert abge- winnen. Seine Leitgedanken bet der Abfassung hat der Verf. im Vorwort pr~ignant ausgedrtlckt. Das Bueh ist geschrieben far Chemiker (und Naturwissenschaft- le0, die die Thermodynamik nicht als Selbstzweck studieren, sondern um praktischen Nutzen aus ihr zu ziehen. Verstgndlichkeit und Anwendbarkeit

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310 Kern, Polyoxymethylenfilme und -fasern F Kolloid- 1Zeitschrift

von H. S taud inger 11) auf Grund von Unter- suchungen an synthetischen Hochpolymeren entwickelt worden ist. Das Beispiel des Eupoly- oxymethylens lfiBt die Bedingungen, die not- wendig sind, damit eine hochmolekulare Sub- stanz elastische Eigensehaften zeigt, deutlich her- vortreten:

1. Der hochmolekulare Stoff muB aus Fadenmolekf i len aufgebau t sein, und diese Fadenmolekfile mflssen eine Mindestgr6ge

' haben. 2. Die Elastizitfit ist an einen , ,aufgelocker-

t e n" Zu st a n d der Makromolekfile gebunden~2), der seinerseits yon Temperaturgrenzen abh~ingt; die Elastizit~it ist eine In terva l le igenscha~t .

Unterhalb der unteren Temperaturgrenze sind solche Stoffe feste, starre K0rper ohne elasti- sche Eigenschaften; nur an Filmen und Fasern derselben beobachtet man biegsam und schwach dehnbar elastische Eigenschaften. Der hoch- molekulare Stoff kann im festen, nicht-elastischen Zustand amorph oder kristallisiert seth. Das Eupolyoxymethylen ist bet gew0hnlicher Tem- peratur nach einer Untersuchung yon E. Sau- ter 1~) kristallisiert und zeigt mit geringen Ab- weichungen das normale RUntgenogramm der Polyoxymethylene14). Die Interferenzen sind

11) H. S t a u d i n g e r , Bet. d. Dtsch. chem. Ges. 63, 929 (1930). Vergleiche ferner im Buch t21ff; ebenso die Diskussion in tier Koll.-Ztschr.: K. H. Meyer , G.v. Sus ich und E. Valk6 , Koll.-Ztschr. 59, 208 (1932) und H. S t a u d i n g e r , Koll.-Ztschr. 60, 296 0932).

12) H. S t a u d i n g e r und H. Machemer , Bet. d. Dtsch. chem. Ges. 62, 2922 (1929).

18) E. S a u t e r , Ztschr. phys. Chem. (B) 18, 431 (1932). . aa) Vergleiche die Aufnahmen in Ztschr. phys.

Chem. (B) 18, 430 und 431 (1932) und ebenso Buch, 245 und 263.

infolge der Kleinheit der Kristallite stark ver- breitert.

Die obere Intervallgrenze ist dadurch ge- kennzeichnet, dal3 entweder der elastische Zu- stand in einen plastischen, zuletzt viskosen Zu- stand fibergeht oder dab Zersetzung eintritt.

Die Lage des Elastizit~itsintervalls ist yon Stoff zu Stoff verschieden. Man mug annehmen, dab der Bau der Kette, z. B. Art und Anordnung yon Seitengru, ppen, yon ausschlaggebendem Ein- fluB ist. Beim Kautschuk liegt die untere Elastizit~tsgrenze sehr tiePS); beim Polystyrol bet I00~ beim ,,Polyoxymethylenkautschuk" erst bet 160 o. Bet letzterem ist das Elastizit~its- intervall sehr klein; schon bet wenig h6herer Temperatur fiberwiegen die plastischen Eigen- schaften, auBerdem tritt Zersetzung ein.

Sehr interessant ist die Beobachtung, dab ein nicht zu Ende polymerisiertes Eupolyoxy- methylen, das man als ein in monomerem Form- aldehyd gequollenes Eupolyoxymethylen auf- fassen kann, gute elastisehe Eigenschaften besitzt, die aber nach beendigter Polymerisation ver- schwunden sind. Auch Polymerisate, die in Verdfinnung, z.B. in Ather oder Azetaldehyd, hergestellt wurden, zeigten gute elastische Eigen- schaften.

VI. Zusammenfassung : Es wird fiber sehr hochmolekulare Polyoxymethylene und deren Eigenschaften berichtet, besonders fiber ihre Elastizit[it und Plastizit~it. Diese Polyoxymethy- lene k0nnen in Form yon Gl~isern, Filmen und Ffiden erhalten werden.

16) L. Hock, Koll.-Ztschr. 35, 40 (1924) und Ztschr. Elektrochem. 31,404 (1925).

16) H. S t a u d i n g e r , Ber. d. Dtsch. chem. Ges. 59, 3036 (1926).

B fi c h erb e s p r e c h u n ge n. Chemische Thermodynamik. Einftihrung in dig

Lehre von den chemischen Affinittiten und Gleich- gewichten. Von H. Ulich. XVI u. 353 Seiten mit 30 Abb. (Dresden u. Leipzig 1930, Theodor Steinkopff.) Preis RM 16.50, geb. RM 18.--.

Das vorliegende Buch ist aus der Mitarbeit des Verf. am bekannten Werke yon S c h o t t k y , Ul ich und Wag n e r entstanden. Der Untertitel: Einffihrung usw. kennzeichnet wohl seinen didaktischen Aufbau, yon dem noch zu sprechen ist, will es aber nicht zu einem elementaren Leitfaden, zu einer Proptideutik einer Disziplin stempeln, die erst jenseits solcher Vorschule ernstlich einsetzt. Denn an Sehtirfe der Disposition, an Strenge und Grtindlichkeit tier Dar- stellung steht U l i ch ' s Lehrbuch dem weitaus um- fangreicheren Gemeinschaftswerk, von dessen neu-

artiger Systematik und Terminologie es nattlrlich Gebrauch macht, keineswegs nach. Wie der Verf. so von vornherein sein Buch auf ein hohes Niveau er- hoben hat, stellt er keine zu geringen Ansprtlche an seine Leser, Nicht der etwa, der ab und zu drin bl~it- tert, um sich tiber dies oder jenes zu orientieren, son- dern nut ether, der es yon Grund auf durcharbeitet und sich intensiv zu eigen macht, kann ihm den rich- tigen, dann aber auch augerordentichen Wert abge- winnen.

Seine Leitgedanken bet der Abfassung hat der Verf. im Vorwort pr~ignant ausgedrtlckt. Das Bueh ist geschrieben far Chemiker (und Naturwissenschaft- le0, die die Thermodynamik nicht als Selbstzweck studieren, sondern um praktischen Nutzen aus ihr zu ziehen. Verstgndlichkeit und Anwendbarkeit

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Band LXI ] Bticherbesprechungen 311 Heft 2 (1932)_I

waren daher Zielpunkte der Darstellung, die der Verf. am besten durch l:Jbernahme der S c h o t t k y ' s c h e n Systematik einzuhalten glaubte.

Mit meisterlichem p~idagogischem Geschick baut Ul ich auf wohlbekannten physikalischen Grund- erfahrungen im 1. Nap. die beiden ersten Haupts~itze der Thermodynamik auf. Der zweite Hauptabschnitt (Grundgesetze der Reaktionsthermodynamik) leitet auf die ehemischen Vorg~inge fiber, das 3. Kapitel behandelt die Anwendung tier Reaktionsthermo- dynamik, w~ihrend die ,,Stoffthermodynamik" die den Chemiker vor allem angehende Lehre yon den homogenen Gleichgewichten im wesentlichen einem sp~teren (5.) Kapitel (Spezielle Thermodynamik der Mischphasen) vorbehalten bleibt. Kapitel 4 ftihrt den Nerns t ' schen W~irmesatz, entsprechend dessen ein- geschr~inkterer Bedeutung gegenfiber den beiden ersten Haupts~itzen, sp~iter und gesondert-ein. Auf das bereits genannte 5. t(apitel folgt abschliegend noch ein kfirzerer Abschnitt fiber Oberfl~icheneffekte und Adsorption.

Dieser Verlauf tier Darstellung weicht bewugt yon der sonst gebrtiuchlichen Einteilung des Stoffes ab; er trennt Gegenst~nde, die im Zusammenhang besprochen werden k6nnten, ja unterbricht bisweilen Entwick- lungen, um sie erst an spttterer Stelle fortzuftihren. All dies entspricht abet wohlerwogenen didaktischen Grfinden, auf die ]eweils ausdrticklich hingewiesen wird, und fiberdies weig der Verf., durch Rfickblicke und Vorbetrachtungen in unvergleichlicher Weise, Zusammenhtinge vorzuzeiehnen und, wenn die fort- laufende Linie durchbrochen werden muf~te, sie wieder fest zu kntipfen.

Vom mathematischen Apparat des Thermo- dynamikers wird absichtlich sparsam und in den Grenzen des unbedingt Erforderliehen und dabei so klar und anschaulich Gebrauch gemacht, so dag niemand aus Scheu vor zuviel Mathematik dem Buche fernzubleiben braueht.

Besonderen Wert hat Ul i ch auf die Einftihrung und Benutzung tier ,Non den Chemikern bisher tingstlich gemiedenen Funktion der Entropie" gelegt, die sich unter seiner Darsteliung ,,als einer der ein- faehsten und am leichtesten zu handhabenden thermodynamischen Begriffe und eine tier charak- teristischsten Stoffeigenschaften entpuppt". Wenn durch solche dominierende Betonung und Verwertung der Entropiefunktion schon das Buch gegentiber verwandten Werken ein besonderes Gesicht erhtilt, so stellen die in diesem Zusammenhang ausgearbeitete Tabelle tier Entropiestandardwerte der wichtigsten Elemente und Verbindungen (mit volIst~indigem Quellennachweis!) sowie neue, an die Nerns t ' sche N~iherungsformel ankntipfende N~iherungsrechnungen auf Grund dieser Enfropietabelle bedeutsame Original- ver6ffentlichungen der thermodynamischen Literatur dar. Uberdies sei noch auf andere wertvolle tabella- rische Zusammenstellungen hingewiesen.

Ganz besonders sind die zahlreichen, ausgezeich- net gew~ihlten und verwerteten Zahlenbeispiele zu begrtigen; grogenteils betreffen sie technische Pro- bleme und ftihren dadurch auf das eindringlichste vor Augen, wie sehr viele Fabrikationsprozesse zweck- m~igig ausgefibt oder gar fiberhaupt erst ins Leben gerufen werden konnten auf Grund ihrer theoretischen Beherrschung. In seinen Beispielen bekundet der Verfasser ein starkes lnteresse ffir die verschieden- artigsten technischen Fragen; das mug sein Buch

auch ffir den in der Industrie schaffenden Chemiker besonders wertvoll und anziehend machen.

Ul ich hat die im Werke yon S c h o t t k y - U l i c h - W a g n e r eingeffihrte fiberaus vielseitige Symbolik mit ihren erstaunlichen Varianten und Nuanzierungen dutch wechselnde lndizes und Schriftarten wieder verwandt. DaB dieses System von Symbolen enorm konsequent und pr~izis durchdacht ist, steht auger Frage. Ffir den Leser freilich, der sich schon die vielfach abweichenden Symbole der ~ilteren Literatur angeeignet hat, wird die Umgew6hnung nicht ganz leicht sein; und die voile Gel~iufigkeit in dieser weit ausgesponnenen Zeichensprache wird jeden Benutzer viel Mtihe kosten. Ob s ie sich allgemein einbfirgern kann und womSglich berufen ist, die bisherige, viel gerfigte Uneinheitlichkeit der thermodynamischen Bezeichnungen abzulSsen, kann nut die Erfahrung lehren.

Im Ganzen jedenfalls ist unsere Lehrbuch- iiteratur dutch U l i c h ' s yon starker pers6nlicher Eigenart erffilltes Werk nicht blo5 vermehrt, sondern hervorragend bereichert worden. Auch die ~iuBere Ausstattung des Buches und vor allem die Druck- wiedergabe der differenzierten Symbolik verdienen grol~e Anerkennung. Heinrich Menzel.

Qualitative Analyse mit Hilfe yon T/ipfelreaktionen. Theoretische Orundlagen und praktische Ausffihrung. Von Priv.-Doz. Dr. F r i t z Fe ig l . 387 Seiten mit 12 Abb. im Text und 2 Farbentafeln. (Leipzig 1931, Akadem. Verlagsgesellschaft.) Preis geh. RM 23.75; geb. RM 25.20.

Seitdem reich die ,,Theoretischen Orundlagen" fast Zeile far Zeile in Spannung gehalten haben, kann ich die aul3erordentlichen Schwierigkeiten ermessen, die dem Analytiker dutch Komplexbildung, induzierte Ftillungen, induziertes LOsen usw. bei Gegenwart yon scheinbar inaktiven Begleitstoffen entstehen. Und ich weig davon, wie der moderne Analytiker sich anderseits Vorteile gerade von diesen St6ren- frieden beschafft. Denn Fe ig l hat nicht nur sehr viele verbltiffende Beispiele hierffir zusammengefagt, sondern er sueht auch das klarzustellen, was jene Phtinomene veranlagt.

Daraus gewahrt man ein riesiges Anwachsen der Domtine der Komplexehemie: Das NaC1 des Kristalls ist ein Komplexsalz. L6st man den Kristall in Wasser, so entstehen neue Komplexverbindungen mit dem Wasser. Ein welter Ausbau des Satzes yon L e n a r d (1915): t(eine L6sung ohne Solvatation (beim Wasser: Hydratation). Jeder L6sungsvorgang also ein chemischer Vorgang. Bildung der L/Ssung ftihrt zu stabilen Solvaten, die Komplexverbindungen sind.

Nicht immer sind letztere st6chiometrisch deft- nierbar. Far solche Ftille schltigt Feigl die allgemeine Anwendung des yon N e u b e r g (1916) geprtigten Ausdrucks ,,Hydrotropie" vor. ,,Die Ursache solcher anomaler L6sungserscheinungen in Wasser dfirfte wohl vornehmlieh in der Anlagerung yon ihrerseits zu einer Hydratat ion unvermSgenden Verbindungen an schon bestehende Hydrate zu suchen sein, wobei wir vielfaeh noeh nicht angeben kSnnen, welche konstitutionellen Besonderheiten der Liganden ffir die Additionsffihigkeit verantwortlich zu machen sind." Als hydrotropische L6sungen werden mit A. Chwala (1930) auch die kolloiden LSsungen auf- gefal3t.

Die Bezeichnung ,,indiZierte Reaktionen" ist vorlttufig noch ,,ein Sammelname ffir verschieden-

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312 Biicherbesprechungen [- Kolloid- [ Zeitschrift

artige Vorg~nge wie Okklusion, Adsorption, Bildung yon ehemisehenVerbindungen, isomorphen Gemischen, festen L6sungen, Mischkristallen und kolloiden L6- sungen." Wenn Feigl bei der lnduktion der Nickel- benzimidazol-F~llung durch Kobaltspuren an eine Wirksamkeit des Kobaltbenzimidaz01s als Kristalli- sationskeim denkt, so ist der Hinweis berechtigt, dab hier wahrscheinlich fiberhaupt Ubers~.ttigungen und ihre Aufhebung dureh Fremdkeime eine grol~e Rolle spieien.

lm Abschnitt ,,Kapillarerscheinungen bei Trip- felreaktionen", um dessen besonders kritische Be- handlu.ng reich Feigl selbst bat, m6chte ich das Wort ,,Diffusion" ersetzt wissen dutch. ,,kapillare Ausbreitung". Damit soil nicht gesagt sein, dab wirkliche Diffusionserscheinungen bei diesen che- mischen Umsetzungen in Filtrierpapier fehlen. Sie treten auf, sobald das Papier einmal mit Flfissigkeit durchtr~inkt ist, also als (langsam verlaufender) Vorgang erst nach der sehr viel schnelleren kapillaren Ausbreitung. - - Die wichtigen Befunde von F .R. Runge , die in dem kaum noch aufzutreibenden ,,Bildungstrieb der Organismen" (1855) in (figfirlich entzfickenden) Originalkapillarbildern niedergelegt sind, hatte Feigl selbst schon ffir eine Berficksich- tigung in einer Neuauflage vorgesehen.

lm speziellen Teil herrscht die Gr6genordnung des y, d.h. des Tausendstel Milligramms. Eine Nickelreaktion l~tBt sich im Reagenzglas bei einer Verdfinnung 1:700000 zeigen, beim Tfipfeln auf Filtrierpapier aber bei 1:3300000. In einem mit Rubeanwasserstoff getr~inkten Filtrierpapier l~tBt sich dutch fraktionierte Ffillung 0,05y Cu neben der 20000fachen Menge Co nachweisen. Sind das nicht phantastische Zahlen ? - - lch denke, dab diese aul3er- ordentliehen Verfeinerungen der Analyse auch jenen grogen Nutzen bringen wird, die sieh mit der neu aufblfihenden Veraschung yon Mikrotomschnitten besehMtigen. R.E. Liesegang.

Transparenffolien, ZeUophan,Transparit, Heliozell, Ultraphan usw. Von Dr. Mar t a Ha lama . 292 S. (Berlin-Steglitz 1932, Chemisch-technischer Verlag Dr. Bodenbender.) Preis in kaschierter Goldfolie geb. RM 18.--.

Die Entwieklung der Transparentfolien- Industrie, die vor dem Kriege, an den Namen B r a n d e n b e r g e r geknfipft, ausschlieBlich in Thaon les Vosges gepflegt und gef0rdert wurde, hat sich in der Nachkriegszeit auch in anderen L~ndern, besonders auch in Deutsch- land ausgebreitet, wo die Kalle (-Biebrich)-G. m. b. H. die Brandenbe rge r ' s chen Patente in Deutschland erwarb und sp~iter die Kom.-Ges. Wollf & Co., Wals- rode, eigene, die genannten Patente unberfihrt las- sende Verfahren, ebenso wie auch die Feldmfihle (Stettin), ausbildete. Auch eine Reihe anderer deut- scher Firmen und eine groBe Anzahl ausl~ndischer Firmen sind im Nap. H, S. 230 280 in tier aus dem internationalen Handbuch der Kunstseidenindustrie bekannt gewordenen Form im wirtschaftlichen Tell zusammengestellt. Das Buch zerf~illt in acht Kapitel. Nach einer geschichtlichen Ubersicht (transparente Viskose- und Azetatfolien) folgen die Verfahren der Herstellung, mit einem Anhang fiber Gelatinefolien, die Einrichtung der Fabriken, eine Patentfibersicht, meist unter Angabe der Patentansprflche, Veredelungs- verfahren, Eigenschaften und Verwendungen. Ein

Patentregister, ein kurzes Namen- und Sachverzeichnis sowie Musterbeilagen der verschiedenen Fabriken vervollst~indigen das Buch, das nach .dem Willen der Verfasserin den Bedfirfnissen der Praxis sich anpassen soil, wobei auf weitgehende theoretische ErOrterungen bewuBt verzichtet ist. Neben den Folien sind auch die bekannten Kapseln, Schl~iuche und Transparent- wolle kurz behandeK worden.

Die gesamte Literatur fiber transparente Folien ist neueren Datums und ein Buch fiber diesen Gegen- stand hat bisher ganz gefehlt. Die Darstellung des Walsroder Fachmannes W e i n g a n d im ,,Ullmann" auf zweieinhalb Seiten ist /iuBerst knapp, und wenn auch in dem vorliegenden Buch die eigentliche tech- nische Herstellung der Folien nur auf weuigen Seiten behandelt ist, so ist das immerhin als ein weiterer 8chritt anzusehen, w~ihrend vor allem auch die ge- samte Zusammenstellung sicherlich f/ir die interessier- ten Kreise durchaus zu begrfil~en ist. Bei einer Neu- auflage w~ire es wohl wtinschenswert, den eigentlichen technischen Teil des Filmherstellungsprozesses in chemischer, besonders aber auch in maschineller Hinsicht zu erweitern und auszubauen. Faust.

Die philosophischen Grundlagen der Biologie. Von Prof. Dr. J. s. H a l d a n e , Oxford. Ins Deutsche fibersetzt und mit Anmerkungen und einer Einleitung versehen yon Prof. Dr. Adolf Meyer , Hamburg. 72 S. (Berlin 1932, Prismen-Verlag.)

Ich kenne die Abneigung sehr vieler Natur- wissenschaftler gegen alles Philosophische. Aber Philosophie im Sinne yon H a l d a n e : solches Forschen in den Tiefen und Feststellen tiefgrfindiger Zusammen- hange ist doch von Zeit zu Zeit Notwendigkeit. Der ihm geistesverwandte Ubersetzer zeigt in seinen Vor- bemerkungen den Platz, woman H a l d a n e zu suchen hat. Er ist weder bei den Vitalisten noch bei den Mechanisten der alten Schule. Es ist eine Abwande- rungvon Ga l i l e i und ein AnschlieBen an Berke ley . Ffir H a l d a n e ,,gibt es in Wahrheit keine Trennung von Morphologie und Physiologie". Deshaib betont er, ,,dab sich in jedem lebenden Strukturelement auch der EinfluB der Umgebung auspr~igt, so dab wir die Strukturforschung nicht yon der physiologischen Um- weltforschung trennen kOnnen".

Einer der Abschnitte behandelt die Beziehungen der Atmung zu anderen Lebenst~itigkeiten, zu den Strukturen und zu der Umwelt bei der Selbsterhal- tung des Lebens. Auch der, welcher ganz im Geheimen noch ein Zutrauen birgt, dab schlieBlich doch einmal eine physikalisch-chemische Deutung einfacherer Lebensvorg~nge gelingen wird, auch der wird mit groBem Nutzen das aufnehmen, was H a l d a n e yon all den Mysterien der Atmung erz~ihlt.

R. E. Liesegang.

Berichfigung. In der Arbeit Br. J i r g e n s o n s , Uber die Ko-

agulation der Kasein- und Albuminsole durch Alko- hole bei verschiedenen p~ (Koll.-Ztschr. 61,41, 1932) ist die Fig. 5 mit Fig. 9 verwechselt. Start der Un- terschrift der auf Seite 43 (links) sichtbaren Figur ,,Fig. 5 Kasein" muB es heiBen: ,,Fig. 9 Albumin", und statt der Unterschrift der auf S. 44 (rechts) sichtbaren Figur ,,Fig. 9 Albumin', muB es heiI~en: ,,Fig. 5 Kasein".

Verantwort l icher Redak teur : Prof. Dr. Wo. Ostwald in Leipzig. Ve r | ag yon Theodor Stelnkopff, Dresden nnd Le ipz ig . Buchdruckerei Albert Hille, Dresden-N.