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8/8/2019 brge - Zeugen in ethnologischen Untersuchungenfertig2
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Universitt Zrich, Deutsches Seminar.Seminar Performativitt und Sprache. Sommersemester 2006.Dozentin: Prof. Sybille Krmer
WISSENSCHAFTUNDALTWEIBERGESCHWTZ
Ein Programmentwurf fr ein ethnologischesBezeugen jenseits einer reinenTextualisierung von Darstellung und Kultur
Michael BrgeHaldenstrasse 29CH-8483 Kollbrunn0041 52 383 27 [email protected]: EthnologieNebenfcher: Geschichte der Neuzeit
Deutsche Linguistik Abgabe:
31.8.2006
mailto:[email protected]:[email protected]8/8/2019 brge - Zeugen in ethnologischen Untersuchungenfertig2
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INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG ___________________________________________________________ 2
1. VOM ZEUGEN________________________________________________________
4
2. WISSEN UND UN-WISSEN_______________________________________________8
3. DIE DARSTELLUNGETHNOLOGISCHER ERGEBNISSE ________________________ 11
DISKURSIVIERUNGDES PERFORMATIVEN
FAZIT_______________________________________________________________
15
BIBLIOGRAPHIE________________________________________________________ 18
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EINLEITUNG
Ich habe mich moralisch verpflichtet gesehen, Zeugnisabzulegen: fr diese Gesellschaften, die der Menschheit
jahrtausendelang gestattet haben zu leben, sich zu
entwickeln, und die nun verschwinden, weil wir es sogewollt haben(Lvi-Strauss 1980: 220).
In ethnologischen Untersuchungen der Jetztzeit geht es selbstver-
stndlich keineswegs mehr darum, Zeugnis fr aus-, beziehungs-
weise absterbende Gesellschaften abzulegen, verschwindenden
Gruppen einen ethnographischen Grabstein zu setzen, wie dies Clau-
de Lvi-Strauss zu beabsichtigen vorgab. Und doch sind ethnologisch
arbeitende Wissenschaftler1 nach wie vor in erster Linie Zeugen. Siebezeugen soziokulturelle Phnomene im Alltag, das Zusammenleben
von Menschen, und erschaffen in diesem bezeugenden Akt Realit-
ten. Als teilnehmende Beobachter und damit (vermeintlich) beson-
ders aufmerksame Zeugen von usserungen menschlichen Zu-
sammenlebens stehen sie in der Pflicht, der Welt Zeugnis darber
abzulegen, was in ihr geschieht, wie die Menschen zusammenleben,
sei es weit weg in fremden, sei es gleich vor der Tr in der eigenenKultur.
Doch die Darstellung ethnologischer Forschungsergebnisse in Form
geschriebener Ethnografien war in den letzten Jahrzehnten verstrkt
Kritik ausgesetzt. Die ethnologische Darstellung geriet in eine verita-
ble Krise der Reprsentation. Kritisiert wurde nicht nur die ver-
schriftlichte Reprsentation nicht-schriftlicher Phnomene und nicht-
schriftlicher Kulturen; kritisiert wurde auch die gendered perspectiveauf soziokulturelle Erscheinungen, oder wie es Denzin pointiert aus-
1 Ich verwende hier bewusst den Ausdruck ethnologisch arbeitender Wissenschaftleranstelle von Ethnologe, da ich diese Arbeit nicht in einer einzigen Disziplin verortetsehen will. Ethnologisch arbeiten nicht nur Ethnologen, auch in der Geschichts-schreibung, der Soziologie oder den Kulturwissenschaften haben ethnologische Me-thoden Einzug gehalten. Daher sollen die Ergebnisse dieser Untersuchung auchtransdisziplinre Gltigkeit haben. Aufgrund der Sperrigkeit des Ausdruckes kannich diese Nomenklatur jedoch nicht den ganzen Text hindurch verfolgen. DerEinfachheit halber werde ich die Begriffe Ethnologe (oder gleichwertig bzw. gleich-
bedeutend Ethnograph oder Anthropologe) oder Ethnologie verwenden, damit je-doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jeglicher Couleur meinen, die mitethnologischen Methoden arbeiten.
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drckt: the oedipal logic of the heterosexual, narrative ethnographic
text that reflexively positions the ethnographers genderneutral (or
masculine) self within a realist story about the other (Denzin 1997:
xiv, zitiert in: ONeill 2002: 71), was nichts anderes heisst, als dass die
Position des Ethnologen als Zeuge in Frage gestellt wird, da er sein
dem Untersuchungskontext fremdes Ich aufzwingt.2
Ich will in meiner Arbeit der Frage nachgehen, wie der performative
Akt des ethnografischen Zeugens durch eine empathischere Her-
angehensweise und in alternativen Darstellungsformen dieser di-
palen Logik entkommen kann. Wie lassen sich soziokulturelle Ph-
nomene, Verkrperungsprozesse in den Gesellschaften adquat be-
obachten, analysieren und auch vermitteln, sodass dieser Re-
prsentation mehr Verstndnis durch Einfhlungsvermgen statt
reiner Rationalisierung entspringen kann. Die Prsentation wissen-
schaftlicher Erkenntnisse soll nicht zur reinen Selbstdarstellung
werden, ethnografische Darstellung soll meiner Meinung nach im Akt
ihrer Auffhrung ihren Beitrag zu einer Vernderung der Welt leis-
ten und nicht den status quo zementieren.
Ich beschrnke mich in dieser Arbeit auf eine rein theoretische Dar-
stellung primr aufgrund usserer Zwnge, aber auch aufgrund
2 Man beachte die Bedeutungen von zeugen. Schlgt man in Grimms DeutschemWrterbuchnach, erhlt man folgende Definition: ZEUGEN, verb., geht auf ahd. gi-ziugn zurck und bewahrt sowohl in der vollform gezeugen wie in dem kurzwortzeugendie beiden begriffsbezirke des ahd. grundworts giziuc, m., nmlich gerth,stoff und zeugnisverfahren, zeugnis (Grimm 1961: Spalte 846 847). Es steckt derBegriff Zeug darin, durch den Geschlechtsakt erschafft man ein Zeug, einDing, spezifischer einen Menschen. Durch das (Be-)Zeugen erschafft man ersteine Realitt, wie wir weiter unten noch sehen werden. Es liegt demnach bereits imBegriff des Zeugens eine kreative, produktive Komponente, die jedoch auch starkgenderedist, da gemss Alltagsgebrauch des Begriffes der Mann den Zeugungsaktvollzieht, allenfalls unter einer gewissen Mithilfe der Frau, wovon auch der Wrter-bucheintrag im Duden zeugt: zeu|gen [mhd. (ge)ziugen, ahd. gizi-ugn, zu Zeug u. urspr. = Zeug (Gert) anschaffen, besorgen, dann: herstellen,erzeugen]: (vom Mann, auch von Paaren) [im Geschlechtsakt] durch Befruchtungein Kind entstehen lassen, hervorbringen:er hat [mit ihr], sie haben [zusammen]ein Kind gezeugt; Denn derselbe Vater zeugte sie in derselben Mutter (Th. Mann,Joseph 307); Bevor gezeugt wurde, gab es Hammelschulter zuBohnen und Birnen (Grass, Butt 9); bertragung: vom Nichts, aus dem alles ge-zeugt (erschaffen)sei und in das alles zurckkehren werde (Th. Mann, Krull 313);
das zeugt (geh.; verursacht) nur Unheil; als sie jetzt noch funfzehn Kinderzeugte (gebar;Kleist, Krug 7) (Duden 1999, Hervorhebungen im Original).
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selbst auferlegter , was problematisch scheint. Ein empathischer
Ansatz sollte einerseits seine Strke gerade in seiner brcken-
schlagenden Kraft zwischen bisher im Wissenschaftsbetrieb bi-
narisierten Domnen aufweisen, so auch zwischen denjenigen der
Theorie und der Empirie. Andererseits macht erst eine rumlichzeitli-
che Verortung, eine Kontextualisierung die Analyse der performa-
tiven Konstruktionsprozesse sozialer Realitten sinnvoll. Daher kann
die vorliegende Arbeit nur den Anspruch eines Programmentwurfes
befriedigen, Anstsse fr (meine) knftige empirische Forschung als
Sozialwissenschaftler liefern. Erst auf dem Prfstand empirischer For-
schung wird sich zeigen, ob sich die skizzierten Ideen im Feld be-
haupten knnen, der Ansatz praktikabel ist.
Mit dieser Arbeit will ich mir nicht das eigene Wasser abgraben, in-
dem ich die Position des Ethnologen per se unterminiere. Vielmehr
soll aufgezeigt werden, wie der Ethnologe sein Versprechen, im
Namen Anderer zu Anderen sprechen zu wollen oder gar diese selbst
zu Worte kommen zu lassen, auch wirklich einlsen kann, und nicht
einfach sein exotisiertes Selbst darlegt. Wie er durch einen ange-
messenen und aufrichtigen Umgang mit den Menschen, mit denen er
in Kontakt kommt, seine Position im Gegenteil strken kann, seinem
Tun Sinn und Legitimation geben kann, so dass ethnologische For-
schung fr alle Beteiligten fruchtbar wird.
Im ersten Teil will ich der Frage nachgehen, wie ich den Akt des Be-
zeugens verstehe, was die Voraussetzungen und die Konsequenzen
des Aktes sind. Der zweite Teil befasst sich damit, wie sozialwissen-
schaftliches Bezeugen immer politisch ist, wie es jedoch aufgrund
methodenimmanenter Dynamiken nicht zum Sprachrohr untersuch-
ter Gruppen wird, sondern deren Marginalisierung reproduziert. Im
abschliessenden Teil wage ich den Programmentwurf fr eine
weniger hierarchische Ethnologie, die offen ist fr jegliche Art von
menschlichen usserungen und versucht, die Stimmen von der
Rndern der Gesellschaft im dominanten Diskurs ertnen zu lassen
und sie damit nher ans Zentrum zu bringen.
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1. VOM ZEUGEN
If someone else could have written my stories, I wouldnot have written them. I have written them in order totestify. And this is the origin of the loneliness that canbe glimpsed in each of my sentences(Wiesel 1984, zit-iert in: Felman 1992: 3).
Gemss Elie Wiesel, Friedensnobelpreistrger 1986 und ber-
lebender der Shoah, handelt es sich bei seinem Zeugnis um einen
einmaligen, originren Akt, den er nicht delegieren konnte. Nur eralleine konnte dieses Zeugnis ablegen, da es niemand an seiner
Stelle tun konnte.3 Dadurch, dass er sich der Verantwortung des Be-
zeugens stellt, bernimmt er auch die einsame Verantwortung dafr,
frAndere, oder frdas Andere, und zumAnderen zu sprechen. Im
Idealfall geschieht das Zeugen in dieser Triade; das dem nicht immer
so ist, werden wir weiter unten noch sehen.
Felman zitiert den franzsischen Philosophen Emmanuel Levinas:The witness testifies to what has been said throughhim. Because
the witness has said here I am before the other (Levinas 1982:
115, zitiert in: Felman 1992: 3; Hervorhebung M.B.). Der Zeuge ist
ein Medium, der eine Realitt wiedergibt, die seine eigene Existenz
transzendiert. Doch der Zeuge ist nicht ein Medium, wie es in geis-
teswissenschaftlicher Tradition oftmals rezipiert wurde, ein Medium,
das etwas passiv bertrgt, das ihm nicht eigen ist. Es handelt sichum ein aktives Medium, um eines, durch dessen Gebrauch eine
Transformation, eine Neukonstituierung des bertragenen geschieht.
Felmans berlegungen kreisen um das Thema des Bezeugens der
Geschehnisse whrend der Shoah. Ihre Zeugen sind die berleben-
3 In Celans Aschenglorie heisst es: Niemand / zeugt fr den / Zeugen (Celan 1967:68).
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den des Genozides, die im Namen derjenigen sprechen, die man fr
immer zum Verstummen gebracht hat.4
Im ethnologischen Bezeugungsakt ist die Problematik anders geartet,
die Position des Zeugens ist ungleich komfortabler, die Sprachlosig-
keit derjenigen, fr die der Ethnologe spricht, ist keine unbedingte
Tatsache. Vielmehr ist es der Ethnologe, der sich die Position des
einsamen Zeugen zuschreibt und diejenigen, in deren Namen er
vermeintlich spricht, zum Verstummen bringt. Er beansprucht fr
sich die Autoritt, als einziger darstellen zu knnen, was in der von
ihm beobachteten Gesellschaft geschieht. Die Einsamkeit beim Be-
zeugen, von der Elie Wiesel spricht, wird vom Ethnologen gesucht,
geschaffen, sie besteht nicht per se. Es ist dies das politische Mo-
ment im ethnologischen Bezeugen, es entbrennt ein Kampf um die
Diskursmchtigkeit, um Macht, wobei der Kampf zwischen den Inha-
bern der diskursmchtigen wissenschaftlichen Sprache und den
sprachlosen Marginalen schon von Anfang an entschieden ist; ge-
wonnen mit den Waffen der gngigen Darstellung, der niederge-
schriebenen Ethnographie, der medialen Verkrperung der Machta-
symmetrie zwischen Wissenschaftler und Untersuchungsobjekten.
Doch dazu weiter unten mehr; verweilen wir noch ein wenig beim
Zeugen an sich, da die folgenden grundstzlichen Gedanken auch fr
die spezifischeren Betrachtungen ntzlich sein werden.
Bezeugen erfolgt vereinfacht gesagt zwischen drei Instanzen, inter-
subjektiv; ein Zeuge spricht im Namen von etwas anderem etwas,
das ber den Zeugen selbst hinausgeht zu einem Adressaten. Es
gibt kein Zeugen vor sich selbst, essenziell dafr ist, dass es an je-
4 Interessante Ausfhrungen zur Bedeutung des Zeugnis der berlebenden derShoah anhand seiner eignen Lebenssituation bietet Primo Levi in seinem Schaffen,wo er in Die Untergegangenen und die Gerettetenschreibt: Nicht wir, die berle-benden, sind die wirklichen Zeugen. Das ist eine unbequeme Einsicht, die mir lang-sam bewusst geworden ist, whrend ich die Erinnerungen anderer las und meine ei-genen nach einem Abstand von Jahren wiedergelesen habe. Wir berlebenden sindnicht nur eine verschwindend kleine, sondern auch eine anomale Minderheit: Wirsind die, die aufgrund von Pflichtverletzung, aufgrund ihrer Geschicklichkeit oder ih-res Glcks den tiefsten Grund des Abgrunds nicht berhrt haben. Wer ihn berhrt,
wer das Haupt der Medusa erblickt hat, konnte nicht mehr zurckkehren, um zu be-richten (Levi 1993: 85).
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manden, den Adressaten, gerichtet ist. Der Zeuge ffnet sich diesem
gegenber, er handelt als Sprechender, da er mit seiner Aussage
nicht allein etwas bereits Bestehendes beschreibt, sondern eine bis
anhin inexistente Realitt, oder vielleicht besser ein Ereignis er-
schafft. Dies geschieht nicht ausschliesslich durch den Akt des Be-
zeugens, vielmehr baut man auf einem Kontext, auf materiellen
Strukturen, fragmentarischen Erinnerungen auf, die jedoch allein
kognitiv nicht erfasst werden und damit auch nicht zu einem konsis-
tenten Ereignis verbunden werden knnen. Das Wissen um ein Ereig-
nis wird erst im Aussagen konstituiert. Dieses Wissen entsteht somit
intersubjektiv oder auch interobjektiv zwischen dem Zeugen und
dem Zuhrer, einem Zuhrer, der nicht einfach ein weisses Blatt Pa-
pier ist, auf dem der Aussagende seine Geschichte einschreiben
kann. Der Zuhrer wird selbst zum Zeugen des Zeugnisses, der mit
seiner Einstellung dem Erstzeugen gegenber auch einer Reflexi-
on seiner eigenen Position den Prozess der Wissenskonstitution mit-
bestimmt. Als Sozial- oder Kulturwissenschaftler sind wir genau an
diesem Moment interessiert; uns interessieren nicht verbriefte Fak-
ten, so genannte Tatsachen. Der Fokus liegt auf dem, was die Men-
schen in ihrem Tun aussagen, beziehungsweise, was sie in ihren Aus-
sagen tun oder besser wiesie dies tun: [B]ecause what is import-
ant is the situation ofdiscoveryof knowledge its evolution, and its
very happening. Knowledge in the testimony is, in other words, not
simply a factual given that is reproduced and replicated by the testifi-
er, but a genuine advent, an event in its own right (Laub 1992:
62; Kursiv im Original; Fettdruck M.B.). Es kann nicht darum gehen,
hinter dem Zeugnis eine verborgene, essenzielle Wahrheit finden zu
wollen die es letztlich nicht gibt. Die Wahrheit liegt einzig und al-
lein im zeugenden Akt, an dem kollaborativ, kooperativ, sowohl der
Erstzeuge als auch der Adressat, als Zeuge des Zeugnisses, teilha-
ben. The absence of an empathic listener, or more radically, the
absence of an adressable other, an other who can hear the anguish
of ones memories and thus affirm and recognize their realness, anni-
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hilates the story (Laub 1992: 68; Fettdruck M.B., Hervorhebung im
Original). Erst im Gegenber, im Anderen, lsst sich die realnessdes
eigenen Zeugnisses vergewissern, letztlich auch diejenige des Zeug-
nisses der eigenen Existenz. Dieses Vergewissern muss jedoch stn-
dig wiederholt werden, das Zeugen ist nur ein punktueller Sieg ber
das Schweigen, es stellt sich keine Dauerhaftigkeit ein, die Gewiss-
heit droht immer wieder zu entgleiten.
Ethnographisches Zeugen
Wie oben dargestellt, findet der Akt des Bezeugens in einer Triadestatt. Ein Zeugespricht fr ein Anderes nicht zwangslufig einer an-
deren Person, sondern von etwas, das mehr ist als nur der Zeuge
selbst zum Anderen.
Auch die Sozialwissenschaften, insbesondere die Ethnologie, beken-
nen sich zu diesem Credo, des Zeugens fr. Der Ethnograph derje-
nige, der die Untersuchungsergebnisse niederschreibt legt Zeugnis
ab davon, was er beobachtet hat, er ist Zeuge, sollte im Namen desUntersuchungssamples sprechen. Doch er ist als Fremder auf die
Datenaufbereitung von so genannten Informanten, Angehrigen
der untersuchten Gruppe, angewiesen. Der Ethnograph wird dadurch
zum Adressaten der zeugenden Informanten, und in seinem Zeugen
dem Leser gegenber somit zum Zeugen zweiten, dritten oder noch
hheren Grades. Denn Erstzeugen sind auch die Informanten des
Ethnologen in ihrer Funktion als ebendiese nicht. Als solche knnteman eher die Angehrigen der untersuchten Gruppe in ihrem Alltags-
leben bezeichnen, denn die den Daten einer ethnologischen Unter-
suchung zugrunde liegenden Erscheinungen sind soziokulturelle, sind
Ereignisse, die erst durch ihre Aktualisierung in Alltagshandlungen
oder auch in weniger alltglichen Handlungen real werden. Die
Menschen sind in ihrem Handeln Zeugen kultureller, aber auch mate-
rieller, beziehungsweise struktureller Fragmente. Fragmente, die erst
im Handeln, im Vollzugsakt eins werden, zu einer Tatsache werden.
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Als Adressaten par excellence des ethnographischen Bezeugungsak-
tes, als Endverbraucher mchte ich sagen, nehmen wir den Leser der
Ethnographie an. Das ethnographische Zeugnis muss in ihm den em-
pathischen Zuhrer Dori Laubs finden, es muss ihn berzeugen. Erst
unter Mithilfe des Lesers findet die finale Realittsvernderung statt.
Diese Vereinfachung des zeugenden Aktes in sozialwissenschaftli-
chen Untersuchungen, beziehungsweise in deren Wissenskonstituti-
on, auf einen triadischen muss an dieser Stelle ausreichen, und sollte
fr den weiteren Argumentationsverlauf gengend sein.5
Ich habe es bereits angesprochen, im ethnographischen Bezeugen,
das mich primr interessiert, wird der Idealtypus des Bezeugens im
Namen eines Anderenvor Anderenoft nicht eingehalten, was inso-
fern bedenklich ist, als dass sich die Ethnologie als Sprachrohr der
Schwachen versteht oder darstellt, beziehungsweise vor allem aus-
serhalb der Disziplin als solches angesehen wird.6 Doch anstatt sich
im Machtspiel tatschlich auf die Seite der Marginalisierten zu schla-
gen, sprich, zu versuchen, diesen das Tor zur Welt des dominanten
Diskurses wenigstens einen Spalt weit zu ffnen, reproduziert die
Ethnologie die Machtasymmetrien. Dies geschieht vor allem aufgrund
zu wenig reflektierter, ethnozentrischer Untersuchungs- und Darstel-
lungsweisen, denen ein gewisses paternalistisches Unterdrckungs-
potential inhrent ist. Im Folgenden mchte ich daher aufzeigen, wie
westlich7 geprgte Denktraditionen, beziehungsweise Modi der
Wissenskonstitution in erster Linie in Form des Primates des Seh-
5 Natrlich steht der Leser nicht am Ende des Prozesses das es auch gar nicht gibt,
geben kann. Genauso wenig kann eine scharfe Trennung zwischen Sender undEmpfnger gezogen werden. Das Zusammenspiel, der kooperative Akt an sich, istentscheidend, ein Akt, der jedoch nicht zum Stoppen kommt, der immer wiederwiederholt werden muss, dabei jedes Mal etwas Neues erschafft.6 Ein Bild der Ethnologie, das unter anderem auch mir vorschwebte, beziehungs-weise als Idealtypus, den es zu verwirklichen gilt, weiterhin vorschwebt, auch wennsich die heutige Ethnologie lngst nicht mehr nur mit den Rndern beschftigt, son-dern sich mit ethnographischen Methoden mit Eliten auseinander setzt, wie es YvesDezalay und Brian Garth beispielsweise mit der Weltbank oder Institutionen der in-ternationalen Rechtssprechung tun.7 Westlich ist hier natrlich vllig unzureichend zur Verortung und impliziert da-durch, dass sich die Ethnologie nach wie vor als Wissenschaft der ersten Welt mit
Gesellschaften der dritten Welt beschftigt. Die Ethnologie ist jedoch berall zuHause. Westlichmeint hier eine Abgrenzung zu marginalisiert, umfasst diejenigen,die am herrschenden Diskurs zumindest partiell teilhaben knnen.
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sinnes oder einem damit verbundenen Skriptozentrismus zur Peri-
pherisierung alternativer Modi fhren, was gleichzeitig auch Gesell-
schaften mit alternativen Denktraditionen vom Diskurs fernhlt, sie
stumm macht oder ihrem Sprechen Gewalt antut.
2. WISSENUND UN-WISSEN
Wissen ist Macht, die Formel, auf die Michel Foucault zu kurz grei-
fend immer wieder reduziert wird, hat dieser so nie wirklich gesagt,
da ihn diese Simplifizierung auch gar nicht interessierte. Vielmehrwollte er wissen, wie die Macht, die auf den Krper zielt, sich zu-
gleich mit bestimmten Formen des Wissen verbindet und auf diese
Weise Effekte hat, die mehr sind als allein diskursive, die aber auch
nicht nur krperlich bleiben (Sarasin 2005: 155). Interessant ist so-
mit die Interdependenz von Wissen und Macht. Wer das Wissen inne-
hat, ist dadurch nicht einfach zugleich im Besitze der Macht; wer die
Macht innehat, der entscheidet vor allem auch darber, wie Wissenorganisiert wird.
Seit der Antike wird der Wissenserwerb phnomenologisch primr
dem Sehsinn zugesprochen, herrscht das Primat des Visuellen. Die-
ses wurde in der frhen Neuzeit zwar philosophisch angegriffen, doch
gleichzeitige Entwicklungen wie z.B. die Drucktechnik reproduzierten
die Privilegierung der Schrift und damit des Auges weiter. Was gese-
hen wird, ist per se verlsslicher als Gehrtes, geschweige denn Ge-fhltes. Gefhltes im Sinne von mit dem Tastsinn, Gefhlssinn, hap-
tisch Wahrgenommenes. 8 So wird denn Wissen, das niedergeschrie-
ben vorliegt, demjenigen, das verkrpert wird, oral weitergegeben
wird, vorgezogen.9 Doch eigentlich kann man bei letzterem gar nicht
von Wissen sprechen, wie Dwight Conquergood ironisch festhlt, [i]t
8 Die Rehabilitierung der Gefhle (Emotionen) gegenber dem Denken, Meinen und
Wollen geht nicht unbedingt damit einher.9 Beispielsweise durch Herder, der anticartesianisch meinte: Ich fhle mich! Ichbin! (Bhme et al. 2002).
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is the choice between science and old wives tales (Conquergood
2002: 146) wobei er zugleich auch noch darauf hinweist, wie das
Altweibergeschwtz gendered sei.
Dieses Un-Wissen, das Foucault unterjochtes Wissen (subjuga-
ted knowledges10) nennt (Foucault 1980, zitiert in Conquergood
2002: 146), dieses unserise Wissen (nonserious knowing), wird
gemss Conquergood durch eine epistemische Gewalt unterdrckt,
the whole realm of complex, finely nuanced meaning that is embo-
died, tacit, intoned, gestured, improvised, coexperienced, covert
[gets squeezed out] (Conquergood 2002: 146). Eine Epistemologie,
welche Wissen dominant an den Sehsinn koppelt, verliert die Sensibi-
litt gegenber Erscheinungen, welche andere Sinne ansprechen,
oder vielmehr gegenber Nuancen aller Erscheinungen, da man die
Welt nicht in sehnsinnansprechende Ereignisse und solche, welche
andere Sinne ansprechen, unterteilen kann. Nur Offen-Sichtliches
findet Eingang in den Wissenskanon, Verborgenes, Lautloses, Subti-
les geht verloren,11 wobei dies gerade deshalb gravierend ist, als
dass periphere Bevlkerungsgruppen Untersuchungsobjekte par
excellence der Ethnologie nicht immer die Mglichkeit haben, sich
klar und deutlich auszudrcken, direkt zu kommunizieren, explizit zu
sein.
Eine dominante Betonung von Schrift und Text fhrt somit unweiger-
lich zu einer Unterdrckung derjenigen, die dieser Medien nicht Herr
sind, oder wie de Certeau es ausdrckt: Every power, including the
power of law, is written first of all on the backs of ist subjects (1984:
140, zitiert in: Conquergood 2002: 147). Wer nicht lesen und schrei-
ben kann, dem bleiben die Tren zur Modernitt immer verschlossen,
erhlt keinen Zugang zu deren Errungenschaften und verbleibt somit
auf der untersten Stufe der sozialen Leiter. De Certeau nennt denn
10 In meiner deutschen bersetzung geht der Plural leider verloren, deshalb gilt eshier darauf hinzuweisen, dass das Wissen bei Foucault plural ist, polyphon.11 Es geht hier nicht darum, Tiefenstrukturen gegenber der Oberflche zu rehabili-
tieren. Das Verborgene, von dem ich hier schreibe, ist nicht wirklich verborgen,liegt nicht unterhalb, es ist nur weder lesbarnoch sichtbar, sondern, wie gesagt, aufanderen Wegen erfahrbar, fhlbar, liesse man sich nur darauf ein.
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auch den Skriptozentrismus das schreiende Kennzeichen westlichen
Imperialismus.
Ethnologische Untersuchungen knnen diesem Imperialismus auf
verschiedene Art und Weise Vorschub leisten. Durch die textuelle
Darstellung auch nicht-linguistischer Phnomene reproduzieren sie
dessen Logik immer wieder aufs Neue. Doch die Textualisierung be-
schrnkt sich nicht nur auf die ethnologische Darstellung, Text wurde
in der Ethnologie auch zur dominanten Metapher fr Kultur an sich.
Bevor ich ausfhrlicher auf die mgliche Problematik der Textualisie-
rung von soziokulturellen Phnomenen eingehe, mchte ich den Im-
perialismusvorwurf an den Wissenschaftsbetrieb, wie er nun im Raum
steht, sogleich wieder leicht relativieren mehr oder weniger im Sin-
ne Conquergoods (2002). Auch wenn Lesen und Schreiben zweifellos
eine gebildete, westliche (weisse) oder auch eine westlich (aus)ge-
bildete Schicht privilegiert, heisst das nicht, dass sozial periphere
Gruppen, berhaupt nicht schreiben und lesen. Das Problem ist nicht
die Textmetapher an sich, das Problem liegt darin, dass andere Medi-
en als die textlichen von der Wissenskonstitution ausgeschlossen
werden; dass man neben dem Sehsinn keinen anderen duldet, oder
gemss Conquergood: textocentrism not texts is the problem
(2002: 151; Hervorhebung M.B.)
Im folgenden Abschnitt mchte ich deswegen die Problematik der
Text-Metapher beziehungsweise ihrer Verabsolutierung und ihrer
Operationalisierung im ethnologischen Erkenntnisprozess und Wis-
senskonstitution thematisieren, bevor ein Programmentwurf zur
berwindung des Textozentrismus und damit einer (allzu) hierarchi-
sierenden Ethnologie versucht werden kann.
Text-Metapher und ihre Problematik in der Ethnologie
Ethnographie zu betreiben gleicht dem Versuch, ein Ma-nuskript zu lesen [], das [] aber nicht in konventio-
nellen Lautzeichen, sondern in vergnglichen Beispielengeformten Verhaltens geschrieben ist(Geertz 1987: 15).
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Der Ethnograph schreibt den sozialen Diskursnieder, er hlt ihn fest. Indem er dies tut, macht eraus einem flchtigen Ereignis, das nur im Moment sei-nes Stattfindens existiert, einen Bericht, der in der Nie-derschrift des Geschehens existiert und wieder herange-zogen werden kann(Geertz 1987: 28, Hervorhebung imOriginal).
Geertz ist sich durchaus bewusst, dass das Niederschreiben des so-
zialen Diskurses nicht ohne Probleme ist, dass wir uns nicht einbil-
den [knnen], dass uns die Welt ein lesbares Gesicht zuwendet, wel-
ches wir nur zu entziffern haben und dass man den Diskurs als eine
Gewalt begreifen [muss], die wir den Dingen antun (Foucault 1991:
34).
Es ist meiner Meinung nach falsch, sich in der Kritik an einer im-perialistischen Ethnologie, einer Ethnologie, welche nicht den Dialog
mit den beobachteten Menschen suche, sondern zum Monolog des
Ethnologen der sich als mit dem Deutungsprivileg ausgestatteter In-
terpret autorisiere verkomme, auf die Person Geertz zu versteifen.
Geertz Ansatz ist in meiner Lesart viel nher bei den Untersuchten
als oftmals von seinen Kritikern wiedergegeben; mit seinem semio-
tischen Begriff von Kultur, seiner interpretativen Anthropologie, ist erzwar primr auf der Suche nach Bedeutungen, doch eine gute Inter-
pretation definiert er als eine, die uns mitten hinein [versetzt] in das,
was interpretiert wird (Geertz 1987: 26), und unterstellt die Qualitt
ethnografischer Erklrungen dem Kriterium inwieweit ihre wissen-
schaftliche Imagination uns mit dem Leben von Fremden in Berh-
rung zu bringen vermag (Geertz 1987: 24).12 Der Ethnologe ist nicht
nurBe
zeuger, sondern vor allember
zeuger, es interessiert wenigerwas gesagt wird, sondern was der Ethnologe tut, und vor allem wieer
es tut, wieer arrangiert, inszeniert (Valjavec 1992). Geertz sieht die
Ethnographie als eine literarische Gattung, in der auch Platz ist fr
Fiktion nicht im Sinne eines Erfindens von Dingen, sondern im Sinne
einer unterhaltsamen Schreibe, unter Verwendung dramaturgischer
Kniffe, Tropen und dergleichem.
12
Geertz (1987) kritisiert auch die mangelnde Reflexion der Ethnologie ber dieMglichkeiten der Darstellung.
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Zum Problem wird Geertz Ansatz wie gesagt, wenn die Textmetapher
verabsolutiert wird, wenn man sich alleine aufs Lesen von Kulturen
beschrnkt; wenn der Ethnologe berseinem Text brtet, auf das Ge-
schehen als allwissender Erzhler blickt, der dem unwissenden
Treiben der Gruppe erst Sinn verleiht, da diese dazu unfhig, unmn-
dig ist. Ethnograph und Beobachtete stehen unter dieser Prmisse
nicht auf derselben Stufe, es entsteht kein Dialog zwischen den
beiden, da die Machtasymmetrie zu gross ist und durch die Art, wie
Wissenschaft betrieben wird, weiterhin reproduziert wird.
3. DIE DARSTELLUNGETHNOLOGISCHER ERKENNTNISSE
DISKURSIVIERUNGDES PERFORMATIVEN
Ich habe bis hierhin aufgezeigt, wie reine Vertextlichung sowohl der
Kultur an sich, als auch der Darstellung kultureller Phnomene zu ei-
nem von der Ethnologie hoffentlich nicht gewollten, disziplininh-
renten Paternalismus fhrt. Die Lsung des Problemes kann jedochnicht einfach eine Nicht-Diskursivierung soziokultureller Phnomene
sein, denn Diskursivierung heisst nicht einfach, Erfahrungen in einer
inadquaten Form festzuhalten, zu verstmmeln gar. Man muss von
der Idee abkommen, Erfahrung vereinfacht ausgedrckt als au-
thentisches subjektives Original und Diskursivierung als deren unzu-
reichende objektivierte Kopie anzusehen. Erfahrungen oder Beobach-
tungen entgleiten sich selbst, sie werden erst im bezeugenden Akt,dem Akt der Darstellung oder Diskursivierung, intersubjektiv konstitu-
iert, wie ich im Kapitel zum Zeugen dargestellt habe. Die Diskursivie-
rung ist damit nicht einfach eine Transkription von Erfahrungen, ihr
entspringt etwas Neues, ein Mehr, eine neue Erfahrung. Auch die Dis-
kursivierung kommt nicht zur Ruhe, verweist ihrerseits auf etwas Fol-
gendes. Es kann bei der Diskursivierung des Performativen nicht dar-
um gehen, das Flchtige einzuholen, sondern ihm mit den Mitteln der
15
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Sprache in gehrigem Abstand auf der Spur zu bleiben (Hempfer et
al. 2004: 120).
In diesem Kapitel soll der Fokus auf einer Darstellung, auf den Mit-
teln der Sprache, jenseits alleiniger Verschriftlichung liegen, was
aber nicht bedeutet, dass dieser jegliche Existenzberechtigung entzo-
gen werden soll. Wie bereits zu Beginn gesagt, soll allein die Vorherr-
schaft der Vertextlichung gebrochen werden, und an deren Stelle ein
Zusammenspiel verschiedenster Medien treten. Um dieses Miteinan-
der der Modi der Wissenskonstitution und der Darstellungsformen wis-
senschaftlich legitimieren zu knnen, bedarf es einer Enthierarchisie-
rung der Sinne innerhalb der Wissenskonstitution, sprich einer Gleich-
stellung aller Sinne an der Seite des Sehsinnes. Dies gilt insbesondere
fr den niedersten aller Sinne, den Gefhlssinn, sowie auch einer
Rehabilitierung der Gefhle, die nicht private Zustnde seelischer In-
nenwelten, sondern rumlich ausgedehnte Atmosphren sind, was
mit sich bringt, dass das Fhlen im Sinne affektiven Betroffenseins
von Gefhlen in leiblich sprbarem Hineingeraten in den Bann solcher
Atmosphren besteht (Schmitz 1993: 33, zitiert in: Bhme et al
2002: 143-144). Diese ffnen nach aussen hin, dieser Brckenschlag
vom Selbst zum Andern, zum anderen Menschen, das Aufweichen ei-
ner harten Subjekt-Objekt-Trennung wird im sozialen Leben durch mi-
metische Prozesse13 ermglicht, welche von Anbeginn eine wichtige
Rolle im Leben des Menschen spielen. Mimesis ist eng verbunden mit
Erziehung und Sozialisation.14 Mimetische Prozesse meinen zum einen
zwar die Anpassung an Vorgegebenes durch Imitation, doch mimeti-
sche Prozesse gehen darber hinaus, schaffen durch die lebendige Er-
fahrungder Aussenwelt, des Anderen, und darin auch seiner selbst,
Neues. Die Exteriorisierung der Innenwelt mit gleichzeitiger Interiori-
sierung der Aussenwelt fhrt zu einer aktiven Annherung an das An-
dere, mimetische Prozesse initiieren Bewegungen mit gebrochenen
Intentionen, bieten Raum fr das Nicht-Identische, schaffen Mglich-13 Ich kann hier keine Begriffsdefinition oder gar geschichte von Mimesis vor-
nehmen, weswegen ich auf die Werke Adornos, Benjamins oder auch Derridas ver-weisen mchte.14 s. z.B. Wulf 2001.
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keiten zu einem nicht-instrumentellen Umgang mit der Welt, in dem
das Partikulre gegenber dem Universellen geschtzt und Dingen
und Menschen Schonung gewhrt wird (Wulf 2002: 1109).15
Das Mimesis-Konzept eignet sich zur Erklrung bestimmter soziokultu-
reller Phnomene und Handlungen, insbesondere solcher, die sich mit
Fremdheit, Inkompatibilitt mit der eigenen Welt befassen. So
schreibt Taussig (1993, zitiert in: Wulf 2002: 1111-1112) von den
Cuna, welche ihre Kolonisatoren in einem magischen Akt in verklei-
nerten Figurinen darstellen knnen. Durch diesen mimetischen Akt
gelingt es ihnen ihre Ohnmacht den Kolonisatoren gegenber in ber-
macht umzuwandeln; gleichzeitig machen sie ihre zuvor unter-
schwelligen Gefhle und Einstellungen den Kolonisatoren gegenber
greifbar. Fragmente der vorhandenen Welt werden benutzt, um durch
einen konstitutiven Akt etwas Neues, eine eigene Handlung, Laubs
event in its own right, zu kreieren.
So wie alltglichen Phnomenen mimetische Prozesse innewohnen,
kann auch die Ethnologie die ja alltgliche Phnomene untersucht
mimetische Prozesse nicht nur untersuchen, sondern auch auf diese
zur Darstellung und gleichzeitigen Reflexion ihrer Ergebnisse aufbau-
en, kann zur ethno-mimesis (ONeill 2002) werden. Sie kann ihre
methodologische Innenwelt, aber auch die Innenwelt ihrer Erkenntnis-
se ffnen, und sich der Aussenwelt, der Welt der Untersuchten, aber
auch der Empfnger, dem Alltag stellen. Wissenschaft und Alltag, Wis-
senschaftler und Untersuchte knnen in einen wirklichen Dialog tre-
ten, an dem alle auf gleicher Ebene stehend teilnehmen knnen, sich
nher kommen ohne jedoch je eins zu werden.
Schne Worte, doch wie soll diese ffnung vonstatten gehen, was
heisst es, ethno-mimesis zu betreiben? Ich habe in meinen Betrach-
tungen zur traditionellen Ethnologie bis hierhin immer explizit zwei
verschiedene Bereiche unterschieden: zum einen den bezeugenden
Akt in den Alltagspraktiken der untersuchten Gruppen, zum anderen
den bezeugenden Akt des Ethnologen, wobei dieser seinerseits klas-
15 Verspieltheit, Gefhl, Sensibilitt, Dinge jenseits einer rational-instrumentalenWelt kommen darin zum Tragen.
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sisch in Beobachten und Wiedergeben der Alltagspraktiken unterteilt
ist. Der Ethnologe beobachtet die Alltagspraktiken und gibt sie spter
transformiert wieder, darin liegt eine implizite Chronologie, alles luft
Schritt fr Schritt, linear geordnet ab. Mimetisches Vorgehen in der
ethnologischen Forschung soll Mauern einreissen, rumlich-zeitliche
Distanzierungen berwinden, Grenzziehungen rckgngig machen
oder sie zumindest in Frage stellen. Alltagshandlungen, Beobachten,
Analysieren und Darstellen sollen in einer neuen Nhe zueinander
geschehen.
Fr ethnologische Untersuchungen bedeutet das konkret, dass die un-
tersuchte Bevlkerungsgruppe strker am Erkenntnisprozess teil-
nimmt, nicht mehr nur Objekt ist, sondern strker subjektive Zge
erhlt. Damit dies geschehen kann, muss der Forscher der Sprache
der Untersuchten mchtig sein. Damit meine ich weniger das gespro-
chene Idiom rudimentre Kenntnisse des lokalen Idiomes ist in der
Ethnologie als Voraussetzung sine qua non akzeptiert als vielmehr
eine Sensibilitt fr andere Modi der usserung, des Wissens und vor
allem auch eine der jeweiligen Kultur angepassten Darstellungsform.
ONeill (2002) bricht beispielsweise eine Lanze fr die visuelle, sprich
fotografische Darstellung, was ich jedoch in Frage stellen mchte, da
die Fotografie den Objekten genauso Gewalt antun kann durch die
Wahl des Ausschnittes, die Perspektive, oder die Blendenseinstel-
lung;16 die Fotografie kann dadurch letztlich genauso zur Waffe
einer Weltanschauung werden. Des Weiteren ist die Fotografie ebenso
eine westlich verankerte Darstellungsform, eine Sprache, derer nicht
jedermann mchtig ist.17 Mndliche Erzhlungen, Auffhrungen,
Theater kommen hingegen in (praktisch) jeder Kultur vor, sind in ihrer
jeweiligen kulturellen Ausprgung performances, die von praktisch je-
dermann verstanden werden. Ein Rekurs auf lokale Darstellungsme-
16 So kmpfen denn auch Film und Fotografie damit, dass die technische Beschaffen-heit des Filmes (das zu belichtende Medium) die weisse Hautfarbe privilegiert, unddie Konturen von Menschen schwarzer Hautfarbe nur mit hohem Beleuchtungs-
aufwand einfangen kann.17 Es gibt jedoch auch kritische Literatur, welche die gngige fotografische Perspek-tive in Frage stellt, und eine neue fotografische Sprache entwickelt.
18
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thoden bietet unmittelbar eine grssere Nhe zur jeweiligen Kultur,
da der Alltag in die Darstellung geholt wird, beziehungsweise die Dar-
stellung in den Alltag. Victor Turner propagiert gemss Wirth eine
ethnologische Re-Inszenierung rituellerHandlungen (Hervorhebung
M.B.), um sich in die Lebenswelten fremder Kulturen einfhlen zu
knnen, rituelle Performatives [werden] in theatrale Performances
transformiert (Wirth 2002b: 37; Hervorhebung im Original). Mir geht
es jedoch weniger darum, rituelle Handlungen theatral aufzufhren,
als vielmehr darum, Alltagshandlung zu re-inszenieren.18 Die mime-
tische Auffhrung der Alltagsbezeugungen verlangt und ermglicht
gleichzeitig ein integrales krperliches Erfahren der Handlungen und
ihrer Nuancen,19 die theatrale Aneignung des Darzustellenden er-
fordert eine Reflexion des Ursprungs- sowie des Zielkontextes, was zu
erhhtem Bewusstsein fr die Phnomene fhrt. Man wird zu dem,
was man darstellt, ohne dass man sich selbst wirklich auslschen
kann in der Erfahrung. In der Auffhrung, in der Inszenierung und
Wahrnehmung gleichzeitig ber die Bhne gehen, verschmelzen eth-
nologische Beobachtung und Darstellung menschlichen Handelns
oder sie kommen sich zumindest nahe, es entsteht ein reger, zeitlich
wie rumlich wenig distanzierter Austausch.20 Die Zwischenergebnisse
ethnologischer Forschung werden in situ einer kritischen Betrach-
tung unterzogen und zwar von den Untersuchten selbst, die Schau-
spieler, Regisseure, Zuschauer der Auffhrung sind, und damit zu
untersuchenden Untersuchten, beziehungsweise zu kollabo-
rierenden Mitforschern, und damit Mitzeugen, werden. Eine mime-
tische Darstellung ist performativ im Sinne Tambiahs performativer
Theorie des Rituals, da die Teilnehmer verschiedene Medien
benutzen und das Ereignis intensiv erfahren und im Sinne eines in-
18 Die Frage, die sich hier zugleich stellt, wre, ob es sich dabei nicht um eine neueRitualisierung handelt, beziehungsweise zumindest Zge einer solchen aufweist.19 Der Krper, als Leib begriffen, ist nicht mehr nur Durchgangsmedium von Wahr-nehmungen, die dann der Geist erst interpretiert, er wird zum Ort der Wahrneh-mung, wie Maurice Merleau-Ponty es bereits formulierte.20
Und doch geht es nicht nur darum, Distanzen zu verringern. Man geht gleichzeitigauf Distanz, insbesondere zu sich selbst, wird selbstreflexiv. Der Prozess oszilliertzwischen Nhe und Distanz.
19
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dexikalischen Wertes(der Begriff stammt von Peirce), den die Akteu-
re whrend der Performance dieser zuschreiben und aus ihr ableiten
(Tambiah 2002: 214; Hervorhebung M.B.). Eine so betriebene For-
schung bietet allen Beteiligten ein Mehr an Erfahrung, Verstndnis, an
Feedback, an Partizipationsmglichkeiten und damit auch eine Art
von empowerment21. Es ist nicht der Ethnologe, der dem Tun der
Menschen erst Sinn verleiht. In einem kollaborativen Akt erfahren die
Teilnehmer einen Sinnzuwachs, verstehen den Anderen, aber auch
sich selbst besser. Es ist eine Forschung, die bewegt, und zwar im
doppelten Sinne. Sie spricht die Sinne an, insbesondere die Gefhle,
ffnet nicht nur die Augen, sondern auch die Herzen, was zur Ver-
nderungen der Wahrnehmung, des Verstndnisses der Situation fh-
ren, beziehungsweise eben bewegen kann. Dieses Bewegen
beschrnkt sich jedoch nicht nur auf die Wissenskonstitution. Neues,
anders organisiertes Wissen kann zu sozialen Bewegungen, im Sinne
von sozialem Wandel, aber auch in jenem einer organisierten Zivilge-
sellschaft, fhren. Diese Form der Wissenschaft ist ebenfalls politisch,
doch ein performativer Ansatz birgt in sich immer ein subversives,
Macht unterminierendes Moment. Im ethnologischen Zeugen reprodu-
ziert er nicht die diskursive Marginalisierung, sondern integriert ge-
rade die Stimmen der Marginalisierten, lsst sie zu Worte kommen,
lsst sie ihr Zeugnis abgeben.
FAZIT
Es ging mir in dem hier prsentierten Text darum, aufzuzeigen, wie
sozialwissenschaftliches Zeugen durch eine berbetonung von
Textualitt, sei es als Metapher fr Kultur an sich, sei es zur Darstel-
lung sozio-kultureller Erscheinungen, seiner Verantwortung des
21 Der Begriff ist momentan in den Sozialwissenschaften, vor allem aber auch in derEntwicklungszusammenarbeit ussert en vogue, Programme zugunsten margi-
nalisierter Gruppen, haben oftmals deren empowermentzum Ziel. Ich verstehe andieser Stelle den Begriff als eine Entwicklung hin zu einem Mehr an Mitsprache-recht, Selbstbestimmung, Eigenverantwortung.
20
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Zeugens fr die Sprachschwachen auf unserer Welt nicht gerecht
wird, sondern durch aktives Ausschliessen dieser Gruppen aus dem
dominanten Diskurs deren Marginalisierung weiter vorantreibt. Als
Ausweg aus diesem Paternalismus habe ich eine empathischere
Ethnologie vorgeschlagen, die auf alle Sinne vertraut und nicht nur
auf den Sehsinn. Ich habe im letzten Kapitel dargelegt, wie beispiels-
weise eine Re-Inszenierung von Alltagsusserungen zu einem erhh-
ten Verstndnis, beziehungsweise Einfhlvermgen bei allen Beteilig-
ten fhren kann, da die Darstellungsmethode bekannt ist, die Sinne
integral angesprochen werden und damit die usserungen nuan-
cierter erfahren werden knnen. Aus meiner persnlichen Erfahrung
scheint mir ein solcher Ansatz beispielsweise in der Arbeit mit margi-
nalisierten Jugendlichen in Sierra Leone, welche in den Neunzigerjah-
ren treibende Kraft im dortigen Brgerkrieg waren, praktikabel. Thea-
trale Auffhrungen bedienen dort lokale Traditionen, knnen das Be-
wusstsein der Jugendlichen fr ihre Situation schrfen, fr ihre Proble-
me und Mglichkeiten in der Gesellschaft und knnen deren Lebens-
bilder dem Endverbraucher der ethnologischen Arbeit, der Gesell-
schaft, welche mit der Jugend zugange kommen und diese
reintegrieren muss, vermitteln. Eine solche Forschung konstituiert in
ihrem Vollzug vor Ort die Realitt, und wird nicht betreiben, um einen
Bericht mit Tatsachen zu verfassen, der an anderer Stelle gelesen
wird. Geht es jedoch darum, Ergebnisse ber grssere geografische,
zeitliche und auch kulturelle Distanzen zu vermitteln, so sind auch
andere Medialisierungsformen vonnten. Das heisst aber nicht, dass
ein oben beschriebener Ansatz berhaupt nicht zur Anwendung kom-
men kann. Insbesondere in einer ersten Phase, in der Informations-
gewinnung vor Ort, gelten die beschriebenen Vorteile ebenfalls.
Mssen die Ergebnisse jedoch in Form eines Berichtes einem Panel
der Weltbank vorgelegt werden, so scheint mit nach wie vor der Rck-
griff auf andere Darstellungsformen angebracht. Daher auch mein
Pldoyer fr ein Nebeneinander der Medien, und nicht fr ein Ersetzen
des Textozentrismus durch einen anderen Zentrismus. Zudem ist ein
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Ansatz, wie ich ihn oben vertreten habe, keineswegs Garant fr eine
weniger diskriminierende ethnologische Arbeit; unreflektiert damit
arbeitend, kann man den Dingen mehr Gewalt antun als eine empa-
thisch geschriebene Ethnographie.
Ich habe in meiner Arbeit Positionen vertreten, als ob es keine
anderen gbe, bin von Annahmen ausgegangen, ohne diese zu be-
grnden oder weiterverfolgen zu knnen. Dies kann meine Arbeit
angreifbar machen. So habe ich beispielsweise den Ethnologen auf-
grund eines kurzen Zitates von Lvi-Strauss als den Frsprecher sub-
alterner Gruppen in unserer Gesellschaft gemeint ist die Weltgesell-
schaft dargestellt, dazu knnte es auch andere Meinungen geben.
Doch mein Verstndnis von Ethnologie ist dieses, dass Wissenschaft
und Aktivismus Hand in Hand gehen mssen, dass Ethnologen in ihrer
Arbeit Handlungen vollziehen, und nicht nur reprsentieren. Wissen-
schaft muss scheinbar Gegebenes in Frage stellen, nicht nur theore-
tisch sondern insbesondere praktisch. Wer in seinen theoretischen
berlegungen die Existenz von unhintergehbaren Tatsachen oder
Wahrheiten anzweifelt, beziehungsweise stringent de-konstruieren zu
knnen glaubt, darf diesen in seinem praktischen Handeln im Alltag,
als Mitglied der Gesellschaft, nicht das Wort sprechen. Der Wissen-
schaftler hat die Verantwortung, von der Elie Wiesel schon sprach, er
muss fr diejenigen sprechen, denen die Mglichkeit dazu nicht gege-
ben ist, oder noch besser, er muss versuchen, diesen ihre Stimme
(wieder) zu geben.
Es geht primr darum, Schranken zu ffnen, materiell, ideologisch,
theoretisch vorgenommene Trennungen aufzuweichen. Wissenschaft
und Alltag, Subjekt und Objekt, Aussen und Innen, Bekanntes und
Fremdes, Ich und das Andere, Muster und Realisierung, Original und
Medialisierung sind nur einige der binr konzipierten Kategorien, die
man auch anders denken knnte.
Wie ich zu Beginn bemerkt habe, kann diese Arbeit als Denkanstoss
gelesen werden, der nur wenige Fragen beantwortet, viele unbeant-
wortet lsst und vor allem neue Fragen aufwirft. Angesprochen habe
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ich bereits die Tatsache, dass die Praktikabilitt der hier vertretenen
Ideen nicht erwiesen ist. Ich habe mich fr eine alternative Darstel-
lungsform stark gemacht, die jedoch sehr schnell an ihre Grenzen
stossen kann, nicht universell einsetzbar ist. Es sollte jedoch Anknp-
fungspunkte geben fr weitere berlegungen, wie der Wissenschafts-
betrieb durch eine polyphone Diskursivierung enthierarchisiert
werden kann, wie letztlich eine Dichotomisierung in Diskursmchtige
und vom Diskurs Ausgeschlossene, in Zeugende und Stumme, in
Zentrum und Peripherie berwunden werden kann. Ich habe zu Be-
ginn den Anspruch gestellt, dass die Ergebnisse meiner Darstellung
transdisziplinre Wirkung erzielen sollen. Aus diesem Anspruch lsst
sich auch jener ableiten, dass die Ergebnisse durch eine transdiszipli-
nre Forschung erzielt werden sollen. Auch wenn meine Arbeit bereits
auf Grundlagen aus verschiedenen Disziplinen aufbaut, ist der Fokus
doch sehr stark sozialwissenschaftlich und liessen sich angespro-
chene Teilaspekte noch detaillierter disziplinenspezifisch und ausser-
akademisch ausleuchten. Was kann uns die Psychologie oder Psycho-
therapie zu den Vorgngen im Sprecher und Zuhrer im Zeugnisakt
sagen, was bedeutet es aus medientheoretischer oder linguistischer
Sicht, jemandem die Stimme zu geben, was halten Theaterwissen-
schaften, Schauspieler, Regisseure davon, Sozialwissenschaft als Re-
Inszenierung von Alltagshandlungen zu betreiben? Zu guter Letzt
ich fhre diesen Gedanken zuletzt an, nicht aufgrund der minderen
Bedeutung, sondern gerade im Gegenteil, aufgrund der Aufmerksam-
keit, die dem letzten Satz blicherweise zuteil wird drfen insbeson-
dere die Menschen nicht vergessen werden. Was mir empathisch er-
scheint, kann von diesen vllig anders aufgenommen werden. Doch
hier sollte der von mir vertretene Ansatz seine Strken ebenfalls aus-
spielen knnen, bietet er doch jedermann die Mglichkeit, zu Worte
zu kommen.
23
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