24
BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH 1. Hintergrund 2. Charakterisierung von Bioaerosolen 3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft 4. Arbeitsschutzmaßnahmen an biologischen Abfallbehandlungsanlagen 5. Immissionsbelastung durch biologische Abfallbehandlungsanlagen 6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen 7. Ausblick

BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 1

Bioaerosole und biologische Bioaerosole und biologische

Abfallbehandlungsanlagen - Abfallbehandlungsanlagen -

Ursachen, Risiken, MinderungsmaßnahmenUrsachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen

Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbHDr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

1. Hintergrund2. Charakterisierung von Bioaerosolen3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft4. Arbeitsschutzmaßnahmen an biologischen

Abfallbehandlungsanlagen5. Immissionsbelastung durch biologische

Abfallbehandlungsanlagen6. Immissionsschutz an biologischen

Abfallbehandlungsanlagen7. Ausblick

Page 2: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 2

1. Hintergrund

• Restabfall und andere Abfälle: bestehen aus organischer Matrix und enthalten

Organismen wie Insekten (u.a. Eier, Maden), Amöben, Würmer Mikroorganismen: 106 bis 1010 KBE/g: Pilze (vor allem

Schimmelpilze), Bakterien, Actinomyceten*, Viren• Vermehrung der Mikroorganismen beginnt bereits im Sammelgefäß,

setzt sich beim Transport und (teils gesteuert) bei der (biologischen) Behandlung der Abfälle fort

• während Abfallbehandlung: Freisetzung von Staub, Geruchsstoffen und Mikroorganismen bei offenen Anlagen vor allem Problem des Immissionsschutzes

• moderne Anlagen: Prozesssteuerung und Immissionsschutz erfordern Kapselung, Einhausung der Behandlungsschritte mit intensivem biologischen Umsatz Problem Arbeitsschutz: erhöhte Bioaerosol-Konzentrationen an Arbeitsbereichen

* Actinomyceten gehören zur Gruppe der grampositiven Bakterien, zeigen aber ein pilzähnliches Wachstum, das sie von anderen Bakterien unterscheidet.

Page 3: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 3

2. Charakterisierung von Bioaerosolen

Bioaerosole sind nach VDI 3475 Blatt 2 (Entwurf) alle im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften, in denen diese Bestandteile enthalten sind oder die sich aus diesen Bestandteilen zusammensetzen.

Konidien = bestimmte Form von Sporen schimmelbildender SchlauchpilzeHyphen = fadenförmige Zellen der PilzeEndotoxine = Abbauprodukte gram-negativer BakterienMykotoxine = Pilzgifte

Weitere aerogen verfrachtete Stoffe bei Abfallbehandlung: Proteasen = proteinspaltende Enzyme MVOC = microbial volatile organic compounds, z.B.

Dimethyldisulfid, Isobutanol; bislang sind 30 MVOC bekannt, die von Schimmelpilzen gebildet werden

reaktive Abbauprodukte von organischer Matrix wie Terpene

Page 4: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 4

2. Charakterisierung von BioaerosolenGesundheitliche Risiken einer Bioaerosolexposition (in Abhängigkeit u.a. von Höhe, Dauer, Frequenz, Veranlagung):Infektionen, toxische Wirkungen wie

Schleimhautreizungen der Augen und der oberen Atemwege, Hauterkrankungen, Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS)

Allergien Typ I: allergischer Schnupfen, Asthma bronchiale, allergische

Konjunktivitis (Augenbindehautentzüngung), Urticaria (Nesselsucht) und Neurodermitis,

Typ III-Allergien: exogen-allergischen Alveolitis (EAA) SensibilisierungÜberlastung des Abwehr (overload-Syndrom).

Mykotoxine (z.B. in Pilzsporen nachgewiesen) teils stark toxisch: tremorgen, d.h. Schüttellähmung verursachend: Fumitremorgens,

Tryptoquivaline, Verruculogen, Penitrem A nieren- und lebertoxisch: Patulin neurotoxisch: Roquefortin C antibiotisch: Tetracyclines.

Page 5: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 5

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft3.1 Sammlung und Transport

Ergebnisse der Untersuchungen durch GUVV WL:• Schimmelpilzbelastung der Lader: 104 bis 105 Kolonie-bildenden

Einheiten (KBE) pro m³, dabei bis zu 104 KBE/m³ A. fumigatus• Schimmelpilzbelastung in Fahrerkabine: 102 bis 104 KBE/m³• Zum Vergleich: unbelastete Außenluft: 102 bis 103 KBE/m³ Gesamtkeime;

Bakterien oder Schimmelpilze darunter

Einfluss auf die Höhe der FreisetzungBakterien Pilze A. fumigatus Endotoxine

Abfallart (Bio,Rest, DSD)

nichtsignifikant

nichtsignifikant

Bio > übrige Rest >übrige

J ahreszeit(Sommer,Winter)

Sommer-werte >Winterwerte

Sommer-werte >Winterwerte

Sommer-werte >Winterwerte

nichtsignifikant

Standzeit (7, 14,28 d)

14 > 7 Tage nichtsignifikant

14 > 7 Tage nichtsignifikant

Behälter(Standard,Biofilterdeckel)

nichtsignifikant

nichtsignifikant

Biofilter-deckel <Standard

nichtsignifikant

Page 6: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 6

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft3.1 Sammlung und Transport - Müllumladestation/Anlieferung

• Auftreten besonders hoher Bioaerosolkonzentrationen in gehausten Anlagen, in denen der Müll bewegt wird, z.B. in Müllumladestationen.

Messung an einer Müllumladestation in Berlin ergab Spitzenwerte von Schimmelpilzen, hier zu über 90 % Penicillium, aber auch Aspergillus und Cladosporium, von 3,6 x 107 KBE/m³.

Gleiche Anlage: Spitzenwerte von 4,6 x 106 KBE /m³ Gesamt-bakterien.

Bei einer anderen Hausmüll-Umladestation wurden bis zu 3 x 106 KBE/m³ an Actinomyceten beim Mülltransport mit Kran und Förderband gemessen.

Entladen von Müll

Page 7: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 7

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft3.2 Mechanisch-biologische Restabfallbehandlung (1)

MBAs vor 30. BImSchV: • offene oder gehauste mechanische Aufbereitung (insbesondere

Zerkleinerung)• offene Rotte, in der Regel ohne Abluftreinigung. • Bioaerosole treten hier auf

bei der mechanischen Aufbereitung, beim Umsetzen der Rotte (sofern praktiziert) beim Einbau des Rottegutes.

Die Bioaerosolkonzentrationen an MBAs vor 30. BImSchV dürften sich vermutlich im Bereich der Belastung von Deponien bis offenen Kompostanlagen bewegen: • 104 bis 107 KBE an Pilzen, Bakterien, • 10 - 100 EU/m³ an Endotoxinen, je nach Vorgang und Messstelle.

Im Falle der Fassung und Reinigung des Abgases über Biofilter können die Bioaerosolkonzentrationen in der Luft sogar noch ansteigen, da Biofilter als Sekundäremissionsquelle wirken können.

Page 8: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 8

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft

MBAs entsprechend 30. BImSchV: Merkmale: Einhausung, segmentierte Hallenabschnitte für

Anlieferung, Sortierung und sonstige Behandlung, zwangsbelüftet,

weitgehende Automatisierung in problematischen Arbeitsbereichen

keine Dauerarbeitsplätze im Kontakt mit Abfällen,

gekapselte Zerkleinerungsaggregate,

3.2 Mechanisch-biologische RestabfallbehandlungOffener Biofilter

(MBA)

Installation von raumlufttechnischen Anlagen (RLT), Schwarz-Weiß-Systeme vorhanden, Abgasfassung und Reinigung der hochbelasteten Abgasströme (Rotte)

über eine thermisch-regenerative Oxidation (RTO), andere Teilströme ggf. über Biofilter. Achtung: Biofilter können als Sekundäremissionsquelle für Bioaerosole fungieren.

Bei einer offenen oder überdachten Nachrotte ist ggf. mit dem Auftreten von Bioaerosolen zu rechnen.

Bislang keine Messungen publiziert. Erwartung: Emissionen und Immissionen vergleichbar der

Kompostierung von Bioabfall, in Abhängigkeit vom Anlagenstandard. Offene Frage: Staub-/Bioaerosolexposition beim EBS-Handling.

Page 9: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 9

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft3.3 Kompostanlagen

• Bioaerosolemission und -immission je nach Verfahren und technischer Ausstattung (Kapselung, Einhausung, Absaugung)

• hohe Konzentrationen (104 bis 107 KBE an Pilzen, Bakterien)

bei Anlieferung bei Mühlen/Shreddern in der Rottehalle beim Umsetzen des Rottematerials bei der Sortierung und Feinaufbereitung

des Kompostes.• Nachweis sehr hoher (>> 105 KBE/m³)

aerogener Pilz- und Actinomyceten-Konzentrationen bei bestimmten Arbeiten im Außenbereich (Störstoffauslese), im Innenbereich bei der Handsortierung und in

Umsetzer in Rottehalle

den Fahrzeugkabinen der Radlader, auch wenn diese mit lüftungstechnischen Einrichtungen ausgestattet waren. Die Ursache war u.a. häufiges Öffnen der Türen und Fenster im belasteten Bereich, Aus- und Einsteigen, Einschleppen über Schuhwerk, schadhafte Dichtgummis an Fenster und Türen.

Page 10: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 10

3. Bioaerosole an Arbeitsbereichen in der Abfallwirtschaft

3.3 Kompostanlagen (2)

• Nachweis von Endotoxinen, Glucanen und Mykotoxinen im Bioaerosol von Kompostanlagen.

• Der auf Kompostanlagen am häufigsten vorkommenden Vertreter der Aspergillen, Aspergillus fumigatus, bildet Mykotoxine, von denen einige stark toxisch sind (u.a. nieren- und lebertoxisch, neurotoxisch).

• Nachweis von Mkyotoxinen in Pilzsporen u.a. von A. fumigatus!• Pilzsporen in Bioaerosolen sind in der Regel 2 bis 8 µm groß, damit

überwiegend alveolengängig:• Ø 4 µm: 50 % alveolengängig • Ø 2 µm: über 91 % alveolengängig.

• Nachweis von MVOC (2-Methylfuran, alpha-Pinen, Camphen und Limonen) zu allen Zeiten an allen Messbereichen in der Rottehalle einer Anlage.

• MVOC-Belastung in anderen Anlagen?

Page 11: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 11

4. Arbeitsschutzmaßnahmen an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Arbeitsschutzmaßnahmen in biologischen Abfallbehandlungsanlagen nach BiostoffV/TRBA 211 Biologische Abfallbehandlungsanlagen: SchutzmaßnahmenArbeitsbereich SchutzmaßnahmenStändigeArbeitsplätze inKabinen undSteuerständen

geschlossene, klimatisierte Kabine mit Schutzbelüftungsanlage oder Fremdbelüftung; Wirksamkeitmuss nachgewiesen werden, s.u. TKW

Sortierkabinen(ManuelleSortierung)

Übergabestellen von Sortier- oder Transportbändern sind auszuschließen oder zu kapseln Ausstattung mit einer technischen Lüftung, Wirksamkeit muss nachgewiesen werden: Einhaltung des

technischen Kontrollwertes (TKW) für mesophile Schimmelpilze von 5x104 KBE/m³ Bei Überschreitung des TKW sind die organisatorischen und vorhandenen technischen

Schutzmaßnahmen zu optimieren.Materialaufgabe Minimierung der manuellen Sortierung bei Störstoffauslese,

Kapselung maschineller Sortiereinrichtungen (Siebe, Eisen- und Nichteisenmetallscheider, Absauger,Windsichter),

an Übergabestellen: Absaugung entstehender Stäube und AerosoleFördertechnik(Transportbänder)

Minimierung der Fallhöhen an Übergabestellen, an Übergabestellen: Absaugung entstehender Stäube und Aerosole Kapselung von Transportbändern empfohlen

Rotte/ Nachrotte in geschlossenen Rottebereichen: möglichst automatischer Betriebsauflauf, keine ständigenArbeitsplätze, Atemschutz bei Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten

in offenen Rottebereichen: Grundsätzlich sind auch bei offenen Anlagen im Bereich derKompostierung einschließlich der Nachrotte die Kontaktzeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sogering wie möglich zu halten.

Feinaufbereitungund Lagerung

Kabinen und Steuerstände mit ständigem Arbeitsplatz müssen obige Anforderungen erfüllen.

Die Höhe des TKW wird derzeit in einem Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und dem Labor für Arbeits- und Umwelthygiene, Hannover, überprüft.

Page 12: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 12

MBAs entsprechend 30. BImSchV: • Arbeitsschutzmaßnahmen

senken Bioaerosolexposition: Beispielhaft sei hier verwiesen auf die MBA in Aßlar. Diese MBA war die erste Anlage Hessens, die nach den LASI-Leitlinien für den Arbeitsschutz in biologischen Abfallbehandlungsanlagen (Länderausschuß für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, LV 13, „Vorläufer“ der TRBA 211) vermessen und abgenommen wurde.

• Andere moderne Anlagen werden die dargestellten Anforderungen ebenfalls erfüllen (z.B. RABA Bassum).

Rottehalle MBA Bassum

4. Arbeitsschutzmaßnahmen an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Rotteboxen MBA Asslar

Page 13: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 13

5. Immissionsbelastung durch biologische Abfallbehandlungsanlagen

• „Unbelastete“ Außenluft: wenige Hundert bis wenige Tausend (102 bis 103) KBE/m³ (Gesamtkeime).

• Untersuchungen und Daten in Deutschland vornehmlich zu Kompostanlagen verfügbar (u.a. LfUG, Uni Gießen)

• Hintergrundbelastung auf Kompostwerk: bei offener Hauptrotte am höchsten, aber auch bei teilweise oder vollständig eingehausten Anlagen ist, ähnlich wie bei den Geruchsstoffen, infolge insbesondere der diffusen Emissionen mit gegenüber unbelasteter Außenluft erhöhten Bioaerosolkonzentrationen zu rechnen. Bereiche:

102 bis 106 KBE/m³ Gesamtkeime, für Schimmelpilze, thermophile Actinomyceten oder Bakterien bei 102 bis 104 KBE/m³;

Ursachen: Vorratslager, Biofilter, Wettereinfluss.• Messungen im Umfeld von Kompostanlagen: Einfluss von Anlagen

(offen) im Abstand bis über 500 m nachweisbar, teilweise aber auch nur in deutlich geringerer Entfernung.

• Bei geschlossener Anlage und Ableitung über Kamin: Einfluss zumeist nicht oder kaum feststellbar.

Page 14: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 14

5. Immissionsbelastung durch biologische Abfallbehandlungsanlagen

• Problem Immissionsmessung: bei Standorten in Kessellage, bei Talzügen und Hanglagen können Bioaerosole je nach Klima (Strahlungsnacht) ggf. mit einem Kaltluftstrom dem Geländegefälle folgend (wie Sirup) teilweise über Entfernungen von mehreren Kilometern verfrachtet werden, dabei nur geringe Verdünnung,

Gerüche/Bioaerosole können auch noch in großen Entfernungen zu einer Quelle von Belästigungen oder sonstigen Einwirkungen werden.

• Gesundheitliche Probleme von Anwohnern nicht auszuschließen und erste Fälle im Umfeld von Kompostanlagen berichtet, vgl. Herr et al. (2003) sowie SRU

• SRU (Umweltgutachten 2004): ... Die Belastungs- und Wirkungsforschung zeigt jedoch, dass die Konzentrationen an Biologischen Aerosolen, die in der Umgebung von Abfallbehandlungsanlagen und Anlagen der Intensivtierhaltungen gemessen wurden, durchaus gesundheitliche Risiken bergen können, die unter Vorsorgegesichtspunkten nicht hingenommen werden sollten. ...

Page 15: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 15

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Anforderungen an MBAs: 30. BImSchV • § 3: Mindestabstand von 300 m zur nächsten vorhandenen oder in

einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung (SOLL).

• § 5: Die Einrichtungen zur biologischen Behandlung (Verrottung, Vergärung) sind zu kapseln oder in geschlossenen Räumen mit Schleusen zu errichten, in denen der Luftdruck durch Absaugung im Schleusenbereich oder im Bereich der biologischen Behandlung kleiner als der Atmosphärendruck zu halten ist. Soweit eine abgasdichte Ausführung an den Aufgabe-, Austrags- oder Übergabestellen und beim Umsetzen des Rottegutes nicht oder nur teilweise möglich ist, sind die Abgasströme zu erfassen und einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen. Außerdem ist das beim Rottevorgang in den Rottesystemen entstehende Abgas vollständig einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen.

• § 7 Die gereinigte Abgase sind über Schornstein abzuführen.

Page 16: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 16

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Anforderungen an MBAs: 30. BImSchV

• Allerdings kann (nicht: muss) die zuständige Behörde auf Antrag des Betreibers bei einer mehrstufigen biologischen Behandlung eine Nachbehandlung unter aeroben Bedingungen (Nachrotte) in nicht gekapselten Einrichtungen oder in nicht geschlossenen Räumen ohne Abgaserfassung und Abgasreinigung zulassen, wenn der zur Nachrotte vorgesehene Abfall eine Atmungsaktivität von 20 mg O2/g Trockenmasse unterschreitet und durch sonstige betriebliche Maßnahmen sichergestellt wird, dass der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen auf andere Weise Genüge getan ist.

• Anforderungen hinsichtlich der Minimierung der Freisetzung von Bioaerosolen sind nicht enthalten.

Page 17: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 17

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Anforderungen an Kompostierungsanlagen: TA Luft, Abschnitt 5.4.8.5 Anlagen der Nummer 8.5 • Mindestabstand: 3.000 t/a: 300 m bei geschlossenen Anlagen

(Bunker, Haupt– und Nachrotte) und 500 m bei offenen Anlagen (Mietenkompostierung) zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung.

• Der Mindestabstand kann unterschritten werden, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt wird. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes ist mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitungsrechnung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen ist.

• Staubgrenzwert: 10 mg/m³ • Geruchsemissionsgrenzwert 10.000 t/a: 500 GE/m³ • Ferner sind die Möglichkeiten, die Emissionen an Keimen und

Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern, zu prüfen. Anwendung in der Praxis ?

Page 18: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 18

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Stand der Technik der Abgasreinigung an biologischen Abfallbehandlungsanlagen ?

Stand der Technik nach VDI 3475 - Emissionsminderung - Biologische Abfallbehandlungsanlagen - Kompostierung und Vergärung, Blatt 1: Zum Stand der Technik nach § 3 (6) BImSchG [Lit] gehören die biologischen Abluftreinigungsanlagen, das heißt meist Biofilter nach Richtlinie VDI 3477 [Lit.], aber gegebenenfalls auch Biowäscher und Rieselbettreaktoren nach Richtlinie VDI 3478 [Lit.] oder eine Kombination aus beiden Systemen (siehe auch [Lit.]). ...

Definierte Emissionsströme treten in biologischen Abfallbehandlungsanlagen in der Regel nur als Biofilterabluftstrom auf. Es gibt bisher nur wenige Untersuchungen zum Abscheideverhalten von Biofiltern hinsichtlich Mikroorganismen [Lit.]. Sie wurden außerdem mit unterschiedlichen Methoden der Probenahme und Analytik gewonnen und sind damit in ihren Ergebnissen nicht vergleichbar (...). Aus diesem Untersuchungen lässt sich daher auch kein eindeutiges Bild der Abscheidung von Mikroorganismen aus Biofilterabluft gewinnen. ... Die bei Immissionsmessungen gewonnenen Erkenntnisse lassen jedoch den Schluss zu, dass Anlagen mit Ablufterfassung und -reinigung in Biofiltern geringere Emissionsströme an anlagenspezifischen, thermotoleranten Mikroorganismen verursachen.

Page 19: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 19

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Abgasreinigung mit Biofiltern• Biofilter einfacher Bauart: betriebliche Problemen wie Austrocknung oder

Vernässung ...• Verbesserung: gekapselte oder eingehauste Biofilter,

Strömungsmanagement, ggf. Ableitung über Kamin, regelmäßige Wartung

• Messungen hinsichtlich Bioearosolemissionen/-emissionsminderung:• Schilling (LUA NRW): große Schwankungsbreiten (bis zu 3

Zehnerpotenzen!) bei Bioaerosolmessung an Biofiltern.• Kummer (HLUG): MO-Abscheidung durch Biofilter unterschiedlich (Abb.

)• Rabe und Becker: Biofilter scheiden Mikroorganismen nur teilweise ab,

teilweise setzen sie vermehrt MO frei, dabei verändertes Artenspektrum (hygienisch relevant), z.B. Reduzierung von A. fumigatus-Gehalten in der Abluft von Kompostanlagen durch Biofilter, dafür aber Freisetzung von Paecilomyces variotii. Dieser kann allergische Alveolitis auslösen und ist eine Ursache des Befeuchterfiebers.

• Martens: 5 Filtermaterialien untersucht, Biofilter, die am besten für die Geruchsminderung geeignet waren, wiesen höhere Emissionen an Bakterien (gesamt und kultivierbar) auf als die anderen Filter.

• Senkpiel et al.: MVOC und VOC-Gehalte auf Flachbettbiofilter sehr hoch - bei direkter Begehung des Filters sollte eine Kombinationsmaske (Partikel- und Adsorptionsfilter) getragen werden.

Page 20: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 20

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

PilzeAcmyceten

Bakterien

PilzeAcmyceten

Bakterien

PilzeAcmyceten

Bakterien

PilzeAcmyceten

Bakterien

Reingas

1,0E+03

1,0E+04

1,0E+05

1,0E+06

1,0E+07

1,0E+08

Reingas

Rohgas

Anlage 1: Bioabfallkompostierungsanlage 20.000 Mg/a,Biofilter 2 Segmente max. 115m³/h*m²Anlage 2: Bioabfallvergärungs- und Kompostierungsanlage 30.000 Mg/a,Biofilter 2 Segmente max. 100m³/h*m²

EmissionsmessungKompostierung - Vergärung

Bioaerosol-emissionen – Biofilter Anlage A: Probenahme mittels Haube über offenem BiofilterAnlage B: geschlossener Biofilter; dahinter eine ergänzende Reinluftfassung mit Abluftführung über einen KaminKummer, V.: Bioaerosolemissionen bei der biologischen Abfallbehandlung und mögliche Minderungs-maßnahmen. - SchrR WAR 150, 67. Darmstädter Seminar, 2003, sowie Folien des Autors zum Vortrag und Mail vom 25.02.2003

Anlage 2

Anlage 1

Page 21: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 21

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Reduktion von Bioaerosol-emissionen mit einer Biowäscher/ Biofilter-Kombination in einer kombinierten Vergärungs- und Kompo-stierungs-anlage Kummer, V., R. Haumacher, W. Philipp, Böhm R.: Untersuchungen zum Abscheideverhalten von Abluftreinigungsanlagen im Hinblick auf Bioaerosole. - Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 9, 368 ff., 2003

1,00E+00

1,00E+01

1,00E+02

1,00E+03

1,00E+04

1,00E+05KBE/m³

Ges

amtb

akte

rien

Ges

amtp

ilze

Pilz

e th

erm

.

A. f

um

igat

us

ther

mo

phile

Act

.

Biowäscher-Biofilter

Rohgas

nach Biowäscher

nach Biofilter

Wiederanstieg nach Biofilter

Page 22: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 22

6. Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Weitere Abluftreinigungstechnologien:

• Regernative thermische Oxidation (RTO) RTO ohne Brennkammer: Messungen mit VocsiBox® an MBA

Bassum durch Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universität Hannover (ISAH) und die Firma Haase Energietechnik AG

RTO mit Brennkammern: Messungen an LARA durch das Institut für Umwelt- und Tierhygiene der Universität Hohenheim, im Auftrag der HLUG

• Ergebnis: hohe Wirksamkeit der RTO gegenüber Mikroorganismen und Endotoxinen

• ggf. erhöhte Staubkonzentrationen im Reingas• Lachgas- und Geruchsgrenzwert der 30. BImSchV kann durch

vorgeschalteten sauren Wäscher unterschritten werden.

• Kombinationsverfahren Biofilter/nicht-thermische Plasmatechnologie (NTP)

derzeit in Erprobung an einem Kompostwerk, gute Ergebnisse bei VOC, Ergebnisse für MO stehen aus.

Page 23: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 23

7. Ausblick

Arbeitsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen: • Verzicht auf dauerhaften Kontakt mit Abfall ist Stand der Technik,

dadurch Reduzierung der Bioaerosolexposition • wo nicht realisierbar: bauliche, technische und organisatorische

Maßnahmen zur Minimierung der Exposition gegenüber Bioaerosolen• An MBA und Kompostierungsanlagen beachten: Schimmelpilzhaltiger

Staub ist im Verzeichnis sensibilisierender Stoffe (TRGS 907) aufgeführt. Der ABAS*-Beschluss 606 vom Frühjahr 2003 (Biologische Arbeitsstoffe mit sensibilisierenden Wirkungen) verweist auf TRGS 907 und verlangt: Bei Transport- und Umschlagarbeiten von staubendem

organischem Material größeren Umfangs ist eine Kabinenschutzbelüftung der eingesetzten Hub- und Transportfahrzeuge erforderlich (BGI 581).

Bei deutlich wahrnehmbarem Pilzbefall und Gefahr der Exposition sind Schutzkleidung und Atemschutz (mindestens FFP2) zu tragen.

Hinweis: Die Bioaerosolexposition beim EBS-Handling in MBAs sollte weiter untersucht werden.

* ABAS = Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe, berät den BMWA

Page 24: BZL: Bioaerosole # 1 Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL GmbH

BZL: Bioaerosole # 24

7. Ausblick

Immissionsschutz an biologischen Abfallbehandlungsanlagen: • Wichtigste Maßnahme: bessere Erfassung der bioaerosolbeladenen Luft

und Vermeidung oder Reduzierung der diffusen Emissionen!• Gefasste Emissionen: Für die Emissionsminderung aller Bioaerosole –

Pilze, Bakterien, Endotoxine usw. –, aerosolgetragener oder gasförmig freigesetzter Schadstoffe (VOC, MVOC usw.) sowie zudem klimarelevanter Gase wie Methan und Lachgas (N2O) sind thermische, hier insbesondere thermisch-regenerative Verfahren mit vorgeschaltetem sauren Wäscher zur Vermeidung der Lachgasbildung als Stand der Technik anzusehen. Der Biofilter allein reicht nicht aus.

• MBA: offene Nachrotte als Emissionsproblem - Behörde kann (nicht: muss) diese im Einzelfall zulassen

• Kompostierungsanlagen: Dynamisierungsklausel in der TA Luft Nr. 5.4.8.5. : Die Möglichkeiten, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern, sind zu prüfen. Genehmigungsbehörde kann im Einzelfall strengere Anforderungen an den Immissionsschutz festlegen. Anwendung in Praxis?

• Verschärfungen der Immissionsschutzanforderungen wie vom SRU gefordert (siehe Vortrag Prof. Eikmann) sinnvoll.