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5/20/2018 c2ArbeitsblattKap101n-slidepdf.com http://slidepdf.com/reader/full/c2-arbeitsblatt-kap1-01n 1/2 Frauen im Mittelalter Wenn wir uns den Frauen als Angeklagten oder Beklagten vor Gericht zu- wenden, so ist zunächst hervorzuheben, dass sie trotz ihrer beschränkten gesetzlichen Rechte ebenso wie Männer gerichtlich belangt wurden, und zwar unabhängig von ihrem Familienstand. Welche waren die häufigsten Fälle? Um das herauszufinden, sind wir auf Gerichtsprotokolle angewiesen. In ihnen gibt es eine Vielzahl von Frauen, die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten angeklagt wurden wegen unterlas- sener Schuldenrückzahlungen, Vertragsbruchs oder auch der Herstellung und des Verkaufs von Bier unter Umgehung der Vorschriften. Daneben wurden Spinnerinnen genannt, die eine gute Rohseide ihres Kun- den verpfändet oder verkauft und stattdessen minderwertiges Material  benutzt hatten. Städtische Frauen wurden nicht selten wegen einer auffälligen Kleidung, die städtischen Verordnungen widersprach, gerichtlich belangt. Auch Prozesse wegen Diebstahl, Ketzerei, Hexerei, Brandstiftung, Kindstötung und Mord waren keineswegs Raritäten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der wegen Mordes angeklagten Frauen im Mittelalter erheblich geringer war als die der Männer. Das ist bis heute so geblieben. Erhielten Frauen bei identischem Tatbestand dieselben Strafen wie Män- ner? Normalerweise ist diese Frage zu bejahen und zwar bei Ketzerei oder Hexerei, bei der z.B. männliche oder weibliche Beschuldigte auf dem Schei- terhaufen endeten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Zahl der der Hexerei  beschuldigten Frauen weitaus größer war als die der Männer, nicht nur im 16. und 17. Jahrhundert, sondern auch im Mittelalter. Unterschiedlich wur- de folgendes Vergehen bestraft: Männer, die sich in Gleichgeschlechtliche verliebten, endeten stets auf dem Scheiterhaufen, während wir von keiner Frau wissen, die wegen lesbischer Beziehungen angeklagt wurde. Im Prinzip ist festzustellen, dass Männer und Frauen bei identischen Ver-  brechen vor Gericht gleich behandelt wurden, außer vielleicht noch bei Ehebruch. Da stimmten die Gerichte häufiger einer Scheidung zu, wenn Ehebruch von weiblicher Seite vorlag. Text nach: Shulamith Shahar: Frauen im Mittelalter (Fischer Verlag) Alle Materialien dürfen mit Quellenangabe für Unterrichtszwecke genutzt und vervielfältigt werden. Eine kommerzielle Nutzung unterliegt dem Urheberrecht. © SCHUBERT-Verlag Leipzig Wenn wir uns den Frauen als Angeklagten oder Beklagten vor Gericht zuwenden, so muss zunächst hervorgehoben werden, dass sie, obwohl sie beschränkte gesetzliche Rechte hatten, ebenso wie Männer gerichtlich belangt wurden, und zwar un- abhängig davon, ob sie verheiratet oder ledig waren. Welche Fälle kamen am häufigsten vor? Um das herauszufin- den, sind wir auf Gerichtsprotokolle angewiesen. In ihnen kann man eine Vielzahl von Frauen entdecken, die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten angeklagt wurden, weil sie Schulden nicht zurückzahlten, Verträge nicht einhielten oder auch Bier unter Umgehung der Vorschriften herstellten und verkauften. Daneben wurden Spinnerinnen genannt, die eine gute Rohseide ihres Kunden verpfändet oder zum Kauf angeboten und statt- dessen Material von minderer Qualität benutzt hatten. Städtische Frauen wurden nicht selten wegen einer auffälligen Kleidung, die den städtischen Verordnungen nicht entsprach, vor Gericht gestellt. Auch Prozesse wegen Diebstahl, Ketzerei, Hexerei, Brandstiftung, Kindstötung und Mord gehörten zum Alltag. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der wegen Mordes angeklagten Frauen im Mittelalter Textvariation Formen Sie die Sätze um, indem Sie die auf der rechten Seite angegebenen Wörter unverändert in den Text einarbeiten. muss obwohl verheiratet/ledig kamen vor entdecken weil Kauf angeboten von minderer Qualität nicht entsprach Gericht, gestellt gehörten, Alltag  bestraft in der Regel verbrannten nicht, außer Acht Unterschied Bestrafung Gegensatz weil lässt sich Behandlung Ehe geschieden erheblich geringer war als die der Männer. Das ist bis heute so geblieben. Wurden Frauen bei identischem Tatbestand genauso/ebenso wie Männer bestraft? In der Regel ist diese Frage zu bejahen, und zwar bei Ketzerei oder Hexerei, bei der z. B. männliche oder weibliche Beschuldigte auf dem Scheiterhaufen verbrannten. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Zahl der der Hexerei beschuldigten Frauen weitaus größer war als die der Männer, nicht nur im 16. und 17. Jahrhundert, sondern auch im Mittelalter. Ein Unterschied bestand in der Bestrafung folgenden Vergehens: Männer, die sich in Gleichgeschlechtliche verliebten, endeten stets auf dem Scheiterhaufen, im Gegensatz dazu wissen wir von keiner Frau, die angeklagt wurde, weil sie eine lesbische Beziehung hatte. Im Prinzip lässt sich feststellen, daß Männer und Frauen bei identischen Verbrechen vor Gericht gleiche Behandlung erfuhren, außer vielleicht noch bei Ehebruch. Da wurde eine Ehe häufiger geschieden, wenn Ehebruch von weiblicher Seite vorlag. Lösungstext (Vorschlag): Erkundungen C2 Kapitel 1, Übung 1

c2 Arbeitsblatt Kap1 01n

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  • Frauen im Mittelalter

    Wenn wir uns den Frauen als Angeklagten oder Beklagten vor Gericht zu-wenden, so ist zunchst hervorzuheben, dass sie trotz ihrer beschrnkten gesetzlichen Rechte ebenso wie Mnner gerichtlich belangt wurden, und zwar unabhngig von ihrem Familienstand.Welche waren die hufigsten Flle? Um das herauszufinden, sind wir auf Gerichtsprotokolle angewiesen. In ihnen gibt es eine Vielzahl von Frauen, die in brgerlichen Rechtsstreitigkeiten angeklagt wurden wegen unterlas-sener Schuldenrckzahlungen, Vertragsbruchs oder auch der Herstellung und des Verkaufs von Bier unter Umgehung der Vorschriften. Daneben wurden Spinnerinnen genannt, die eine gute Rohseide ihres Kun-den verpfndet oder verkauft und stattdessen minderwertiges Material benutzt hatten. Stdtische Frauen wurden nicht selten wegen einer aufflligen Kleidung, die stdtischen Verordnungen widersprach, gerichtlich belangt. Auch Prozesse wegen Diebstahl, Ketzerei, Hexerei, Brandstiftung, Kindsttung und Mord waren keineswegs Raritten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der wegen Mordes angeklagten Frauen im Mittelalter erheblich geringer war als die der Mnner. Das ist bis heute so geblieben.Erhielten Frauen bei identischem Tatbestand dieselben Strafen wie Mn-ner? Normalerweise ist diese Frage zu bejahen und zwar bei Ketzerei oder Hexerei, bei der z.B. mnnliche oder weibliche Beschuldigte auf dem Schei-terhaufen endeten. Dabei muss allerdings bercksichtigt werden, dass die Zahl der der Hexerei beschuldigten Frauen weitaus grer war als die der Mnner, nicht nur im 16. und 17. Jahrhundert, sondern auch im Mittelalter. Unterschiedlich wur-de folgendes Vergehen bestraft: Mnner, die sich in Gleichgeschlechtliche verliebten, endeten stets auf dem Scheiterhaufen, whrend wir von keiner Frau wissen, die wegen lesbischer Beziehungen angeklagt wurde. Im Prinzip ist festzustellen, dass Mnner und Frauen bei identischen Ver-brechen vor Gericht gleich behandelt wurden, auer vielleicht noch bei Ehebruch. Da stimmten die Gerichte hufiger einer Scheidung zu, wenn Ehebruch von weiblicher Seite vorlag.

    Text nach: Shulamith Shahar: Frauen im Mittelalter (Fischer Verlag)

    Alle Materialien drfen mit Quellenangabe fr Unterrichtszwecke genutzt und vervielfltigt werden. Eine kommerzielle Nutzung unterliegt dem Urheberrecht. SCHUBERT-Verlag Leipzig

    Wenn wir uns den Frauen als Angeklagten oder Beklagten vor Gericht zuwenden, so muss zunchst hervorgehoben werden, dass sie, obwohl sie beschrnkte gesetzliche Rechte hatten, ebenso wie Mnner gerichtlich belangt wurden, und zwar un-abhngig davon, ob sie verheiratet oder ledig waren. Welche Flle kamen am hufigsten vor? Um das herauszufin-den, sind wir auf Gerichtsprotokolle angewiesen. In ihnen kann man eine Vielzahl von Frauen entdecken, die in brgerlichen Rechtsstreitigkeiten angeklagt wurden, weil sie Schulden nicht zurckzahlten, Vertrge nicht einhielten oder auch Bier unter Umgehung der Vorschriften herstellten und verkauften. Daneben wurden Spinnerinnen genannt, die eine gute Rohseide ihres Kunden verpfndet oder zum Kauf angeboten und statt-dessen Material von minderer Qualitt benutzt hatten. Stdtische Frauen wurden nicht selten wegen einer aufflligen Kleidung, die den stdtischen Verordnungen nicht entsprach, vor Gericht gestellt. Auch Prozesse wegen Diebstahl, Ketzerei, Hexerei, Brandstiftung, Kindsttung und Mord gehrten zum Alltag. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der wegen Mordes angeklagten Frauen im Mittelalter

    TextvariationFormen Sie die Stze um, indem Sie die auf der rechten Seite angegebenen Wrter unverndert in den Text einarbeiten.

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    erheblich geringer war als die der Mnner. Das ist bis heute so geblieben.Wurden Frauen bei identischem Tatbestand genauso/ebenso wie Mnner bestraft? In der Regel ist diese Frage zu bejahen, und zwar bei Ketzerei oder Hexerei, bei der z. B. mnnliche oder weibliche Beschuldigte auf dem Scheiterhaufen verbrannten. Dabei darf nicht auer Acht gelassen werden, dass die Zahl der der Hexerei beschuldigten Frauen weitaus grer war als die der Mnner, nicht nur im 16. und 17. Jahrhundert, sondern auch im Mittelalter. Ein Unterschied bestand in der Bestrafung folgenden Vergehens: Mnner, die sich in Gleichgeschlechtliche verliebten, endeten stets auf dem Scheiterhaufen, im Gegensatz dazu wissen wir von keiner Frau, die angeklagt wurde, weil sie eine lesbische Beziehung hatte. Im Prinzip lsst sich feststellen, da Mnner und Frauen bei identischen Verbrechen vor Gericht gleiche Behandlung erfuhren, auer vielleicht noch bei Ehebruch. Da wurde eine Ehe hufiger geschieden, wenn Ehebruch von weiblicher Seite vorlag.

    Lsungstext (Vorschlag):

    Erkundungen C2 Kapitel 1, bung 1