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La divina in cucinaDie andere Callas 6Einführung von Bruno Tosi,

Präsident der »Associazione Culturale Maria Callas«

22 Ihr Leben in ItalienVenedig – Harry’s Bar · 24

Das Carpaccio der Prominenten-Bar

Venedig – Hotel Danieli, Elsa Maxwells Feste · 32Die legendären Menüs

Verona – Ristorante 12 Apostoli · 39Feine Veroneser Kochkultur

Florenz – Ristorante Oliviero e Sabatini · 46Klassische toskanische Küche

Mailand – Ristorante Savini und Biffi Scala · 52Die luxuriösen »Kantinen« der Scala

Zuhause – Rezepte von Pia Meneghini · 56Typische Gerichte aus dem Veneto

Privat – Von ihrem Butler notiert · 61Fisch, Risotti, Pasta und Gemüse,

Kuchen und Desserts, die sie liebteMaria Callas vor dem Savini, Mailand 1952

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Leben und Reisen weltweit 7880 · Kreuzfahrt – Luxusleben auf der Christina Vom Mittelmeer inspiriert

92 · Onassis – Casanova auf der ChristinaKlassische italienische Küche für Liebhaber

102 · Griechenland – Erinnerungen an die HeimatGriechische Spezialitäten für Gäste und Feste

108 · Südamerika – Das Temperament des SüdensVon Arroz à brasiliera bis Frango com abacate

115 · Nordamerika – Rezepte von Nela RubinsteinFamilienrezepte eines musikalischen Hauses

123 · Frankreich – Die Jahre in ParisFrankreich trifft Italien – europäische Cross-Over-Küche

138 Karriere, Freunde, WegbegleiterDie Stationen ihres Lebens

Berühmte Größen erinnern sich

Register, Lebenslauf, Impressum 158 · 159 · 160

Maria Callas mit Liz Taylor und Aristoteles Onassis,

Paris 1964

Inhalt 5

Inhalt

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Während ihres ganzen Lebens als großePrimadonna sah sie sich auch zur perfektenHausherrin berufen und träumte immerdavon (soweit ihr das möglich war bei ihrenzahlreichen Verpflichtungen, die sie oft weitins Ausland führten), am Herd zu stehen undfür sich selbst oder ihre Gäste exquisiteKöstlichkeiten zuzubereiten.

Die strenge DiätAllerdings war die Diät, die sie sich selbst ver-ordnete, ab ihrem dreißigsten Lebensjahr un-erbittlich streng. Keine Fois gras, keine Leberauf venezianische Art mit Polenta, keinenReis mit Aal, keine Mousse au Chocolat. Dasalles wollte und durfte Maria Callas sich nichterlauben. Sie, der es gelang, nach einem Ge-wicht von 108 Kilogramm einen Taillen-umfang von nur 59 Zentimetern zu erreichen,hatte in einem einzigen Jahr 40 Kilogramm

Maria Callas bei einem Galaabend im Circolo della Stampa in Mailand

Die andere Callas»Gut zu kochen«, hat Maria Callas

einmal gesagt, »ist ein schöpferischer

Akt. Wer die Küche liebt,

der liebt es auch zu erfinden.«

abgenommen. Luchino Visconti hatte dasvon ihr verlangt, um aus ihr eine über-zeugende Vestalin für die gleichnamige Opervon Spontini und eine ätherische, ausgezehr-te Violetta in der Traviata von Verdi machenzu können. Genauso wie Biki, ihre Lieblings-schneiderin, die sie sich schlank wünschte,damit sie ihre Entwürfe mit dem Charme undder Grazie eines Mannequins tragen könne.Und Maria Anna Sophie Cecilia Kalogero-poulos, so der eigentliche Name der Callas,gehorchte. Während sie sich für die Welt zurgroßen Diva, in die »Göttin« verwandelte,wurde sie immer schlanker, immer schöner.

Maria Callas in ihrer Küche mit der Hausdame Matilde, 1953

Einführung von Bruno Tosi,

Präsident der »Associazione

Culturale Maria Callas«

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Tosca, Norma, Lucia von Lammermoor, dieAndina aus der Nachtwandlerin und Fedoraerwuchsen auf unvergessliche Weise aus dergeschmeidigsten Stimme des letzten Jahr-hunderts. Sie war die Protagonistin dieserGestalten und wird es für immer bleiben.

Triumphale Erfolge noch heuteGegen Ende des Jahres 2005 wurde im italienischen Fernsehen in zwei Folgen eineFiktion der berühmten Liebesgeschichte aus-gestrahlt, die sich zwischen der Callas unddem griechischen Reeder Aristoteles Onassisentwickelt hatte. Zur selben Zeit erlebte dieAusstellung »Divina Callas« in Rom einentriumphalen Erfolg. In 32 Schaufenstern derAntiquariate und Werkstätten der Via Giulia,der Lieblingsstraße der Diva, waren ihre wert-vollen Abendroben und die Bühnenkostümeausgestellt, die sie im Laufe ihrer Karrieregetragen hat. Zusätzliches Interesse entfacht nun aber einganz neues und erstaunliches Mosaikstein-chen, das wir dem Lebenslauf dieser Divahinzufügen können. La Divina hatte nämlich,wie erst jetzt bekannt wurde, eine heimlicheund unbekannte Leidenschaft: Die gute Küche.Maria Callas liebte köstliche Leckerbissen,Delikatessen, die von den großen Küchen-chefs der Welt ihr zu Ehren zubereitet wurden,von denen sie aber stets nur naschte. Mit

souveräner Ergebenheit in ihr (Diät-) Schicksalund großer Konsequenz stibitzte sie immernur winzige Häppchen von den Tellern deranderen, die mit ihr zusammen speisten.

Ein unbekanntes HobbyWenn ihr etwas besonders gut geschmeckthatte, notierte sie die Rezepte selbst oder ließsie aufschreiben. Als genüge dies nicht, hattedie Callas ein weiteres, fast manisch betrie-benes Hobby: Sie sammelte die Rezepte, diein den wöchentlich erscheinenden Frauen-zeitschriften und in den weit verbreitetenBoulevardblättern der 40er und 50er Jahreveröffentlicht wurden, wie beispielsweise derDomenica del Corriere oder Annabella.

Auch wenn sie auf Reisen war, von einemTheater zum nächsten hastete, schnitt siejeden Tag aus den europäischen oder ameri-kanischen Tageszeitungen die darin veröffent-lichten Rezepte aus.Nicht vergessen darf man auch die von ihrgesammelten vielen Kochbücher in allen Spra-chen, die eine veritable Bibliothek ergaben.Die ersten Kochbücher waren ihr von ihrerSchwägerin Giuseppina geschenkt worden,als sie mit Giovanni Battista Meneghini ver-lobt und ab 1949 verheiratet war. »Titta«, soder Kosename der Callas für ihren Ehemann,war ein Feinschmecker, für den Maria eineperfekte Köchin sein wollte. So hatte sie inder Küche des Hauses in der Via San Fermoin Verona, dem ersten Haus, in dem diebeiden nach der Eheschließung wohnten, eingroßes Regal gesteckt voll mit Kochbüchern,

Was nur wenige wissen: Um ihre große Leidenschaft fürdas Essen zu sublimieren, sammelte sie geradezu besessenihre Lieblingsrezepte, um sie an die Köche und Köchinnender Häuser weiterzugeben, in denen sie oft zu Gast war.Oft schrieb sie die Rezepte per Hand auf kleine Zettel, diesie dann den treuen Händen von Elena Pozzan anver-traute, ihrer Haushälterin und Köchin.

Noch dreißig Jahre nach ihrem

tragischen und viel zu frühen Tod übt

diese große Sängerin eine große

Faszination aus.

Die Kochbuch-Bibliothek 7Einführung

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nach blutigem Fleisch: Filetti und Bistecchealla fiorentina zum Beispiel. Die aß sie aus derHand und riss mit den Zähnen das Fleisch vomKnochen wie eine Raubkatze. Nur für aufdem Holzkohlenfeuer gegrillte Steaks ließ siemanchmal zu, dass der Appetit sie über-mannte. Wenn sie an der Scala sang, gingenwir um 7 Uhr am Abend in das Biffi-Scalazum Essen. Dort verzehrte sie ein 800-Gramm-Steak, und wer das sah, der fragtesich verwundert, wie sie mit so viel Fleisch imMagen noch singen konnte.

Kulinarische ExperimenteIhre eigenen, auf das Essen bezogenenBedürfnisse waren also elementar und erfor-derten keinerlei Kochkünste. Doch Mariadachte an mich. Sie stand leidenschaftlichgern am Herd und liebte es, mit Pfannen undTöpfen zu hantieren. Die Kochkunst war fürsie ein faszinierendes Hobby, und sie hielt sich gerne in der Küche auf. Sie kaufte denmerkwürdigsten Plunder: Messer aller Art,Bestecke, Töpfe, Kochlöffel, Quirle in jederForm. Eine andere ihrer Manien war dasSammeln der Rezepte, die in Zeitungen undZeitschriften zu finden waren. Nahezu jede

Woche kaufte sie ein ganzes Bündel Frauen-zeitschriften und riss die Seiten mit den Re-zepten heraus. Die schnitt sie dann säuber-lich aus und klebte sie in Alben. Sie hatteeinen ganzen Berg davon. Sie verbrachteganze Tage mit kulinarischen Experimenten,vor allem mit der Zubereitung von Süß-speisen. Dabei kombinierte sie die unmög-lichsten Sachen, und oft genug ging ihr wasschief, weil sie die Mengen verwechselteoder die Angaben in den Rezepten vielleichtfalsch waren. Manchmal waren die Ergebnisse wirklichungenießbar. Ich versuchte, sie zu würdigen,aber das war nicht immer möglich. Sie waraber nie beleidigt; sie lachte nur und starteteam nächsten Tag einen neuen Versuch. ImLaufe der Zeit machte sie aber echte Fort-

Der Millionär Battista Meneghini verkaufte seinen ganzenBesitz, um sich ausschließlich der Karriere seiner Frau wid-men zu können. Er wurde ihr Manager, und mit seinerHilfe begann ihre große Karriere in Italien und im Ausland.

Maria Callas in ihrer Küche, 1956

darunter Klassiker wie den Artusi, Il Talis-mano della felicità von Alda Boni sowie ihreRezeptsammlungen aus Petronilla und ausDomenica del Corriere.Fundamental ist das Zeugnis, das G. B. Mene-ghini in seinem Erinnerungsbuch »MariaCallas, mia moglie« (Meine Frau Maria Callas)

ablegt, indem er schreibt: »Ihr Gewicht machteMaria sehr zu schaffen, und ihr Wunsch, ab-zunehmen (seit 1953), war außerordentlichgroß. Ich selbst war immer ein Feinschme-cker, aber niemals ein Vielfraß. Zu Hauseliebte ich wohlschmeckende, bodenständigeGerichte, Maria hingegen hielt sich immerpflichttreu an ihre strenge Diät. Niemalshätte sie eine mit Mehl zubereitete Speise ge-gessen. Sie nahm nur gegrilltes Fleisch zusich und rohes Gemüse ohne Zugaben,weder Öl noch Salz, wie eine Ziege. Niemalstrank sie Alkohol, höchstens ab und zu einSchlückchen Wein. Sie war geradezu verrückt

Jedesmal, wenn sie in ein Geschäft für

Küchenbedarf ging und da irgendetwas

Neues sah, kaufte sie es. Sie nannte

diese Sachen ihre »Flausen«, und die

Küche war voll davon.

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Vorbild Hepburn 9

schritte. Sonntags fuhren wir nach Zevio (einVorort von Verona) zu meiner Mutter, dieebenfalls eine leidenschaftliche Köchin war.Die beiden verschwanden dann in der Küche,und es war ein Vergnügen zu sehen, wie siesich der Kocherei hingaben. Meine Mutter,die hervorragend kochte, brachte Maria einpaar typisch veronesische Gerichte bei, zumBeispiel Lesso con la pearà (Gekochtes Fleischmit Pearàsauce), anatra fredda con polentacalda (Kalte Ente mit heißer Polenta) oderbaccalà alla veronese (Stockfisch auf Vero-neser Art). Und sie lernte schnell und gut:Das Merkwürdige war nur, dass sie, nachdemsie Stunden in der Küche zugebracht hatte,um ein Gericht oder eine Süßspeise zuzube-reiten, nicht einmal davon probieren wollte,so sehr hielt sie sich an ihre Diät. Sie warwirklich standhaft.«

Die RezeptsammlungDie Spezialitäten der veronesischen undvenezianischen, dann der mailändischen undschließlich der klassischen italienischen Küche,aber auch der französischen, der griechi-schen und amerikanischen Küche sind alle indiesem Buch zu finden. Eine bisher unver-öffentlichte, reiche und interessante Samm-lung. Die Rezepte wurden zwar den heutigenEss- und Zubereitungsgewohnheiten ange-passt, dennoch darf nicht vergessen werden,aus welcher Zeit sie stammen – nämlich denfünfziger Nachkriegsjahren, in denen die Ess-kultur noch nicht den kultivierten Fein-schmeckerstandard hatte, den wir heute alsselbstverständlich betrachten.Aber kommen wir zu der Diät und der un-glaublichen Verwandlung zurück, die dieCallas durchmachte. Bis 1953 war Maria sehrdick. In Büchern und Zeitschriften kann manlesen, dass sie sich auf große Portionen Pastamit Saucen stürzte, dass sie massenweiseKäse und Süßigkeiten verschlang. MancheLeute versuchten auch, eine psychologischeErklärung für diesen Heißhunger zu finden,

indem sie sagten, Maria habe so viel ge-gessen, um den Mangel an Zuneigung zukompensieren; für den Ehemann war dasnatürlich pure Phantasie.Meneghini zufolge war Maria nicht dick, weilsie so hemmungslos aß, sondern weil sie un-ter einer Dysfunktion der Drüsen litt. Sie selbstpräzisierte die Geschichte mit ihrem Gewichtin einigen Punkten, als sie sich gegen das

wehrte, was in der Times in den 50er Jahrendarüber behauptet worden war. Als sie 1937Amerika verließ, um mit ihrer Mutter nachGriechenland zu gehen, war sie noch sehrdünn. Erst in Athen nahm sie zu, nachdem siewegen einer nicht hinreichend behandeltenDrüsenerkrankung eine Kur mit geschlagenenEiern gemacht hatte. Sie nahm selbst dannzu, wenn sie nur sehr wenig zu sich nahm.Maria selbst schrieb: »Ich erinnere mich, dassmir meine Mutter auf der Treppe nachlief,weil ich morgens oft das Haus verließ, ohneauch nur einen Tee getrunken zu haben.«

Abzunehmen, bestätigt Meneghini, sei für die Callasimmer ein quälendes Problem gewesen, die als eineintelligente, stolze Frau Schönheit und Eleganz über allesliebte. Mit einer derart plumpen Figur bestraft zu sein, dieihr verbot, schöne Kleider zu tragen und die Jugend undden Ruf, den sie sich als Sängerin erworben hatte, voll aus-zukosten, war ungeheuer schmerzlich für sie. Trotz allerVersuche abzunehmen, hatte sie nie einen sichtbarenErfolg erzielt.

Einführung

Maria Callas und ihr Mann, 1959

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Das GewichtsproblemAls sie 1945 nach Amerika zurückkehrte,machte sie eine Abmagerungskur. »Ichhatte«, so liest man in ihren Notizen, »meinGewicht von 218 Pfund auf 179 Pfund re-duziert, also von etwa 100 Kilo auf etwa 80.Kaum in Italien angekommen, ging meinGewicht auf 75 Kilo zurück. Dieses Gewichthatte ich, als ich die Turandot und im Tristanin Venedig und die Norma in Florenz sang.Nach einer Blinddarmoperation, Ende 1948,

habe ich wieder 10 Kilo zugenommen. Inden Jahren 1950 und 1951 habe ich dannständig weiter sehr stark zugenommen.«Maria war dreißig Jahre alt, als ihr dieMetamorphose doch noch gelang.

Das Vorbild HepburnAußer dem Diktat von Visconti und der For-derung von Biki (ihrer Couturière und Bera-terin), deren Wünsche einen großen Einflussauf sie hatten, bestärkte ein weiterer Punktihr großes Bedürfnis, wie ein Fotomodell aus-zusehen; das war, als sie die bezauberndeAudrey Hepburn in den Filmen Sabrina undEin Herz und eine Krone bewunderte.»Ihr möchte ich ähnlich werden«, sagte siesich selbst mit aller Bestimmtheit. Vergleichtman die Bilder von der unverwechselbaren

Schauspielerin mit denen der Callas nachihrer Abmagerungskur, so ist das Resultatverblüffend: Dank eines perfekten Augen-Make-ups und einer Ponyfrisur à la Hepburngab es in der Tat eine große Ähnlichkeitzwischen den beiden.Die Geschichte, dass ein berühmter Arzt ausder Schweiz ihr geraten habe, sich einenBandwurm zuzulegen und Maria zugestimmthabe, sich den zu Gewichtsverlust führendenParasiten mit einem Glas Champagner einzu-verleiben, ist reine Legende, die aber dennochin vielen Zeitschriften kolportiert wird und dieMaria selbst nie ganz dementierte.

Verhängnisvolle LeidenschaftTatsächlich war in den frühen 50er Jahren eineinzelnes Wurmexemplar in ihren Körpergeraten, aber allein wegen ihrer Leidenschaftfür rohes Fleisch, das sie in großen Mengenaß, vielleicht aber auch durch eine ScheibeSalami, die sie gegessen hatte, denn vondieser Wurst gestattete sie sich gern das eineoder andere Scheibchen.Während dieser Parasit bei den meisten Men-schen zu Gewichtsverlust führt, bewirkte erbei der Callas genau das Gegenteil. Ein langesSegment des Bandwurms wurde sie einesschönen Morgens auf natürlichem Weg los,um den Rest kümmerte sich ihr LeibarztGerardo De Marco, der mit einer energischenKur dafür sorgte, dass der unerwünschteGast eliminiert wurde. Erst danach ver-wandelte Maria sich in eine andere Frau, siewurde lebhafter und ungezwungener, aberdas Zuviel an Kilos war immer noch unüber-sehbar.

Eine gefährliche KurAn diesem Punkt kam nun tatsächlich einSchweizer Arzt ins Spiel, der eine ziemlichgefährliche Kur vorschlug, die Maria offenbargegen die Einwände des Ehemanns und ihrerÄrzte in Mailand in Angriff nahm und dieschließlich zum gewünschten Resultat führte.Verraten hat mir das »Geheimnis«, das ichbereits 1997 in meinem Buch »GiovaneCallas« veröffentlichte, Pia Meneghini, dieSchwägerin der Callas und viele Jahre lang(1947–1954) ihre gute Freundin und zu-gleich eine treue Beraterin.

Elvira de Hidalgo, als sie Maria Callas

erstmals sah: »Einfach lächerlich, dass so

ein Mädchen Sängerin werden will.«

Maria Callas und der italienische Schauspieler Walter Chiari, 1955

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Erinnernungen 11

Der von Pia Meneghini selbst nie veröffent-lichten Aussage zufolge, der man aber zwei-fellos vertrauen darf, nahm die Callas Ende1953 sehr hohe Dosen eines getrocknetenSchilddrüsenextrakts sowie Hormone ein, die den gesamten Stoffwechsel stark be-schleunigten, wodurch sie in sehr kurzer Zeitgroße Mengen überschüssiges Fett ver-brannte. Voller Ungeduld, so rasch wiemöglich ihr Traumgewicht zu erreichen, ließsich Maria kleine Mengen Jod direkt in dieSchilddrüse injizieren, obgleich ihr Schwager(Professor Cazzarolli, zugleich auch ihr Trau-zeuge) sie eindringlich davor warnte.Es war eine gefährliche Stoßtherapie, die ihrzwar die erhoffte Traumfigur verschaffte,aber auch ihren gesamten Stoffwechsel ver-änderte, in das Nervensystem eingriff und die sich höchstwahrscheinlich auch schädlichauf ihre Stimme auswirkte. Eine solche Kur ist obendrein sehr gefährlich für das Herz-Kreislauf-System und darf nur unter strengs-ter Aufsicht durchgeführt werden: DerPatient, der sich ihr unterzieht, bringt seinLeben in ernste Gefahr.

Mailand – neues DomizilMaria ließ Verona für immer hinter sich undzog wegen ihrer vielen Verpflichtungen ander Scala mit ihrem Mann nach Mailand. DerSchweizer Arzt und zwei Krankenschwesternaus Mailand waren ständig bei ihr undbeobachteten sie während der gefährlichenTherapie, um das Schlimmste verhindern zukönnen und um die Nebenwirkungen sogering wie möglich zu halten. Inzwischenhatte die Callas bereits eine Figur wie einMannequin, auch weil sie sich zusätzlichMassagen geben ließ, was sie den Rest ihresLebens hindurch beibehielt.Menschen, die ihr sehr nahe standen, be-stätigen die Leidenschaft der Callas fürKochrezepte. Giulietta Simionato, vielleichtihre engste Vertraute, die zugleich viele Jahrelang auf den wichtigsten Opernbühnen der

Welt auch ihre sensibel auf sie eingehendeund belastbare Kollegin war, verdanken wirein bisher unveröffentlichtes, sehr weiblichesBild der Callas.

Wie eine Kollegin sie sah»Wir kannten uns seit 1948«, so erinnert sichdie große Mezzosopranistin, »und waren unssofort sympathisch; wir passten gut zu-sammen und lachten viel miteinander. DieMaria, die ich gekannt habe, war von einerbestürzenden Naivität und Arglosigkeit undeine verletzliche und zerbrechliche Frau. Umsich vor sich selbst zu schützen, hat sich bei

ihr ein nicht unkomplizierter Charakter ent-wickelt. Das Bild, das sich deshalb die Weltvon ihr gemacht hat, war das einer rigorosenund harten Person, doch wer weiß, ob nichtgerade das tödlich war für ihr Herz, das sohart geprüft wurde.«»1950« (hier wird noch einmal GiuliettaSimionato zitiert) »waren wir in Mexiko-Stadt, und ich erinnere mich an ihre Manie,Kochrezepte aus den amerikanischen Zeit-schriften auszuschneiden, weil sie für ihrenTitta (ihren Ehemann) unbedingt eine gute

Maria Callas machte sich auch lustig über

ihren Ruhm: »Ich würde keine 200 Lire

dafür geben, um mich singen zu hören« sagte

sie einmal zu Giulietta Simionato.

Einführung

Giulietta Simionato, Allejo Villegas und Maria Callas, Messico 1950

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Bruno Tosi

Maria Callas - Die Lieblingsrezepte der GöttlichenInklusive CD mit 17 ihrer schönsten Arien

Gebundenes Buch, Pappband, 160 Seiten, 23,5 x 28,0 cmISBN: 978-3-8094-3329-3

Bassermann

Erscheinungstermin: September 2014