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CETA, TISA, TTIP Angriff durch Freihandels-
abkommen auf Löhne, Arbeits-bedingungen und Demokratie
Dr. Norbert Reuter Klausurtagung der Senioren, 14. November 2014, Berlin-Wannsee
Gliederung1. Worum geht es? Hintergründe der Freihandelspolitik
2. Inhalte von CETA, TISA, TTIP
3. Das Märchen von hohen Wachstums- und Beschäftigungsgewinnen
4. Risiken und Probleme
5. Gewerkschaftliche Positionen
1. Worum geht es? Hintergründe der Freihandelspolitik
Sinn von Freihandelebenso alte wie kontroverse Debatte um den
„Wohlstand der Nationen“
Friedrich List (1789 – 1846)
David Ricardo(1772 – 1823)
Kernstück der Außenhandelstheorie (1817):komparative Kostentheorie
grundsätzliche Vorteil-haftigkeit eines liberali-sierten Außenhandels
Notwendigkeit von Schutzzöllen nach außen (Erziehungszoll) (1841)
grundsätzliche Notwendig-keit eines regulierten
Außenhandels
Versprechen des Freihandels
ursprünglich ging es um mehr Wohlstand für
die Nationen
heute geht es um mehr Profite
für die Unternehmen
Grundprobleme des Freihandels• für weniger entwickelte Länder:
übermächtige Konkurrenz aus Ländern mit höherer Produktivität, Technik und ökonomi-scher und politischer Macht Niederkonkurrieren einheimischer Produktion,
abhängige Integration im Interesse transnationaler Konzerne, Druck auf Löhne und Standards
• für weiter entwickelte Länder: Ländern mit niedrigen Löhnen und schlechteren Standards erhöhen auch hier die Konkurrenz Druck auf Löhne und Standards, v.a. auf weniger
qualifizierte Arbeit.
Treiber der Globalisierung
Doppelte Entgrenzung der Märkte
1. technologische Prozesse• sinkende Transportkosten
• Digitalisierung
• globale Produktions- und Logistikketten
2. politische Prozesse (Neoliberalismus)• Deregulierung von Märkten
• Privatisierung öffentlicher Güter
• „Entfesselung“ der Finanzmärkte
• Liberalisierung der Arbeitsmärkte
Unterbietungswettbewerb
Rückgang der LohnquotenAnteil der Arbeitnehmerentgelte am Bruttoinlandsprodukt zu Faktorkosten
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FrankreichDeutschlandSpanienGroßbritannienUSAJapan
Quelle: Europäische Kommission, Februar 2014
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Lohnstückkosten in EuropaEntwicklung der Lohnkosten nach Abzug der Produktivitätssteigerung
Spanien
Griechenland
Frankreich
Deutschland
Italien
Inflationsziel der EZB
ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik
Quelle: Europäische Union (Ameco) und eigene Berechnungen, Mai 2014, Nominale Lohnstückkosten Gesamtwirtschaft, 2000 = 100 gesetzt
Krise 2008
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Mrd
. Eu
ro
Handelsungleichgewichte in EuropaLeistungsbilanzsalden in Milliarden Euro,
Deutschland
Niederlande
Belgien
Österreich
Frankreich
Italien
Spanien
Griechenland
Portugal
Quelle: Europäische Kommission, Ameco-statistische Datenbank [Stand: Februar 2014]
Prognose
ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik
Die bisherige Entwicklung zeigt, dass statt weiterer Deregu-
lierung und mehr Freihandel die Welt mehr Regulierung und mehr Koordination braucht.
Dennoch hoher Druck zur Durchsetzung weiterer
Freihandelsverträge
Inhalte von Freihandelsverträgen
• Abbau von „Handelshemmnissen“ Zölle, nichttarifäre Regulierungen
• Liberalisierung der Märkte Anreize und starker Schutz für Investoren Abbau von regionalen und nationalen Gestaltungsmöglichkeiten umfassende Privatisierung
• Öffnung von Dienstleistungsmärkten kein Vorrecht für öffentliche Leistungserbringung Marktzugang und Inländer(gleich)behandlung
• Schutz geistiger Eigentumsrechte z.B. Patente auf Medikamente
„Ein solches Freihandelsabkommen (TTIP) wäre ein Riesenschritt nach vorne, der auch Wachstum in allen Bereichen fördern und neue Arbeitsplätze schaffen würde", so Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Deshalb haben wir uns vorgenommen, diese Verhandlungen schnell zu beginnen und auch sehr ambitioniert zu führen.“
Der Weg zu einem umfassenden Freihandelsabkom-men wird nicht einfach. Aber: Neben wirtschaftlichen Chancen würde ein solches Abkommen die USA und die EU auch politisch noch enger zusammenbringen und die transatlantische Freundschaft vertiefen.
Quelle: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Infodienst/2013/06/2013-06-17-freihandelsabkommen/2013-06-17-freihandelsabkommen.html
Merkel für Freihandelsabkommen
2. Inhalte von CETA, TISA, TTIP
Derzeit werden parallel im Geheimen verhandelt:
CETAUmfassendes Wirtschafts- und HandelsabkommenComprehensive Economic and Trade Agreement (EU-Kanada)
TISAAbkommen zum Handel mit DienstleistungenTrade in Services Agreement (bisher 23 Staaten)
TTIPTransatlantisches Handels- und InvestitionsabkommenTransatlantic Trade and Investment Partnership (EU-USA)
CETA• ab 2009 ausverhandelt;
• mehreren Leak-Veröffentlichungen zum Verhand-lungsabschluss am 26.9.2014 veröffentlicht;
• es bedarf nun noch der Legitimation durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat;
• es muss auch von allen EU-Ländern, wie auch dem Kanadischen Parlament und allen Kanadi-schen Provinzen ratifiziert werden.
CETA-Inhalte• Abbau von Handelsbarrieren
laut EU-Kommission entfallen „mehr als 99 %“ der Zölle; Normen und Vorschriften (sog. nichttarifäre Handelshemmnisse) sollen gegenseitig anerkannt oder angeglichen werden
• Schutz geistigen EigentumsSchutz in Bezug auf Patente, Marken und Urheber-
rechte soll verbessert werden; betont wird besonders die Verbesserung des Schutzes von Arzneimittel-rechten in Kanada
• Investorenschutzprivate Investitionen sollen erleichtert und besser
geschützt werden
TISA• Die Verhandlungen des von den USA initierten
Abkommens laufen seit Anfang 2012; • 8. Verhandlungsrunde lief bis September 2014;• Nachfolgeabkommen von GATS (WHO) (1995);• im Juni 2014 wurden Vertragsentwürfe geleakt;
• Vertragsinhalte sollen frühestens 5 Jahre nach Abschluss veröffentlicht werden;
• 50 Länder und damit der Großteil des weltweiten Handels betroffen (u.a. EU, USA, Kanada, Mexiko, Japan, Neuseeland, Norwegen, Schweiz, Türkei)
TISA-Inhalte• Beseitigung von „Handelshemmnisse“ im
Dienstleistungssektorumfassende Deregulierung von öff. Dienstleistungen
starker Privatisierungsdruck öff. Dienstleistungen („Negativliste“)
• Verhinderung von Re-Privatisierung (Ratchet-Klausel)
• Abbau von Markteintrittsbarrieren z.B. vorhandene Regulierungen und Subventionen von
Staatsbetrieben
• Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Dienstleister
u.a. sollen ausländische Leiharbeiter beliebig für temporäre Einsätze entsendet werden können
TTIP• wird seit Juli 2013 von Vertretern der EU-
Kommission und der US-Regierung ausge-handelt (bislang 7 Verhandlungsrunden);
• Ziel: Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnisse;
• auch hier wurden interne Positionspapiere der EU und der deutschen Verhandlungsführer aufgrund von Informationsleaks bekannt;
• Vorläufer ist das Multilaterale Investitionsabkom-men (MAI), das in den 1990er Jahren scheiterte.
TTIP-Inhalte• Öffentliche Aufträge Gleichstellung privater und öffentlicher Anbieter
• Lebensmittelgesetze und GesundheitsstandardsAngleichung der Gesetze und Standards
• UmweltstandardsStärkung von Investorenrechten
• Deregulierung des FinanzsektorsRücknahme von Kontrollen und Regeln
• IndustriestandardsZiel einheitliche Standards (größte interne Konflikte)
• Investorenschutzverstärkter Schutz privater Investitionen
• EU-Rat und EU-Parlament müssen zustimmen; • im EU-Rat ist Einstimmigkeit unter Umständen
notwendig (vgl. Art. 207 Abs.4 AEUV);• der Bundestag muss dem Vertrag zustimmen;
Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundes-regierung und Deutschem Bundestag in Angelegen-heiten der Europäischen Union
• der Bundesrat muss u.U. zustimmen;
Lindauer Abkommen von 1957
• Ratifizierungsverfahren frühestens ab 2015;
TTIP – Verfahren und Zeitplan
USA und Europa stehen für
50 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts
60 Prozent aller Forschungsausgaben
75 Prozent der weltweiten Finanzdienstleistungen und
60 Prozent aller Auslandsinvestitionen
Vorbild für weitere Abkommen
Hohe Bedeutung von TTIP und CETA
3. Das Märchen von hohen
Wachstums- und Beschäftigungsgewinnen
Angebliche Vorteile durch TTIP
Höheres Wirtschaftswachstum und viele neue Arbeitsplätzeerhebliche Unterschiede in den Ergebnissen der Simulationsstudien
Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR), London im Auftrag der EU
Studien des ifo-Instituts für Bertelsmann und für das BMWI
Annahmen: sämtliche Zölle werden beseitigt und nicht-tarifäre Handelshemmnisse in großem Umfang abgebaut
Angebliche Vorteile durch TTIP
Website der EU-Kommission unter Verweis auf die CEPR-Studie:
„Einem unabhängigen Bericht zufolge könnte ein ambitioniertes Abkommen Unternehmen Erspar-nisse in Millionenhöhe bescheren und hundert-tausende neue Arbeitsplätze kreieren.”
Quelle: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/questions-and-answers/index_de.htm; aufgerufen am 4.7.2014.
Angebliche Vorteile durch TTIP
• Tatsächlich werden in der CEPR-Studie keine Aussagen zu gesamtwirtschaftlichen Beschäfti-gungsgewinnen oder -verlusten gemacht.
• Im CEPR-Modell wird ein festes Arbeitsangebot unterstellt, d.h. in diesem Modell kann es konstruktionsbedingt nur zu einer Verschiebung der Beschäftigung zwischen Sektoren kommen.
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
Angebliche Vorteile durch TTIP
und es gibt Verlierer: andere Staaten
Nach Berechnungen des Centre for Economic Policy Research (CEPR), GB
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
Angebliche Vorteile durch TTIP
Nach Berechnungen des Centre for Economic Policy Research (CEPR), GB
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
Angebliche Vorteile durch TTIP
d.h. Vorteile vernachlässigbar
Nach Berechnungen des Centre for Economic Policy Research (CEPR), GB
Angebliche Vorteile durch TTIP
Ganz anders die Studien des ifo-Instituts für Bertelsmann und das BMWIdeutliche Wachstumseffekte
13,38% für die USA 4,68% für Deutschland Beschäftigungszuwächse für Deutschland +25.220 nach der ifo/BMWI-Studie+181.092 nach der ifo/Bertelsmann-Studie
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
Angebliche Vorteile durch TTIP
Wachstumseffekte lediglich Folge einer „unüblichen“ Preisbereinigung
bezieht man sich nicht auf die alten, sondern auf die neuen, infolge des FHA gesunkenen Preise, schrumpft der Wachstumseffekt (nach 15 Jahren ) ganz erheblich
EU-BIP: + 1,7 %US-BIP: + 2,2 %
= ca. 0,1 %-punkte/Jahr
deutlich wird durch diese Studie aber eine erhebliche globale Umverteilung
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
--
Angebliche Vorteile durch TTIP
• Die völlig unterschiedlichen Beschäftigungs-effekte zeigen die Bedeutung der zugrunde-liegender Annahmen – und relativieren damit das Ergebnis.
• Zudem wäre der Beschäftigungseffekt pro Jahr in beiden Fällen extrem klein:
+ 1.700 nach der ifo/BMWI-Studie+ 12.000 nach der ifo/Bertelsmann-Studie= ca. 0,05 %-punkte/Jahr
Stephan, Sabine: TTIP – Das Märchen vom Wachstum- und Beschäftigungsmotor, in: WISO-direkt, Oktober 2014
Krisenbedingte Jobverluste vs. neue Jobs durch TTIP
Arbeitsplätze durch Freihandel?
Das Beispiel EU-Binnenmarkt
Liberalisierung in der Kritik„Nach zwei Jahrzehnten NAFTA* ist deutlich ge-worden, dass das gepriesene Abkommen seine Versprechen nicht einlösen konnte. Es hat weder zu neuen Arbeitsplätzen noch zu besseren Lebensstandards geführt.
Stattdessen kam es zu einem massenhaften Abbau von Arbeitsplätzen, zu steigender Einkommensun-gleichheit, zu Ungleichgewichten auf den Agrar-märkten sowie zu Angriffen von Konzernen auf Schutzmaßnahmen im Gesundheits- und Umwelt-bereich.“*Nordamerikanisches Freihandelsabkommen, Kanada, USA, Mexiko 1994
Quelle: Verbraucherschutzorganisation Public Citizen’s Global Trade Watch
Keine Vorteile durch TTIP
Selbst unter außerordentlich optimistischen An-nahmen sind die erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte minimal.
Eine aktuelle Studie zu TTIP der Tufts-Universi-tät in Boston warnt sogar vor massiven Wachs-tumseinbußen, Jobverlusten und niedrigeren Einkommen. Danach drohen „ernste Konse-quenzen für die EU und ihre Mitgliedsstaaten”.
Insofern lässt sich TTIP mit Wachstums- und Beschäftigungseffekte nicht begründen.
4. Risiken und Probleme
z.B. für die Einhaltung von Arbeitsnormen
Von USA nicht ratifiziert
Von USA nicht ratifiziert
Von USA nicht ratifiziert
Von USA nicht ratifiziert
Von USA nicht ratifiziert
z.B. durch Investor-Staat-Schiedsverfahren
(ISS)
• Wichtigste Schiedsstelle ist das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) – eine Institution der Weltbank;
• derartige Verfahren gibt es seit den 1950er Jahren Investoren aus Industriestaaten wollten damals einen Schutz ihrer Investitionen in Entwicklungsländer haben (Schutz vor „ungerechter Behandlung“)
• Längst werden solche Abkommen nicht mehr nur zwischen Industrie- und Entwicklungslän-dern geschlossen, sondern auch zwischen Industrieländern mit modernen Rechtssystemen.
Investor-Staat-Schiedsverfahren
Zwar wird von „Schiedsgerichten“ gesprochen, doch die Schieds„richter“
sind keine staatlichen Richter, sondern in der Regel drei Anwälte internationaler Kanzleien, die im Geheimen tagen, mal die eine, mal die andere Seite vertreten, mal
„Richter“ sind, veröffentlichen wesentliche Dokumente allenfalls
nach dem „Urteil“ und lassen keine Berufung oder Revision zu.
sie beschränken die nationale Souveränität (Schadensersatz zu Lasten öffentlicher Haushalte, indirekte Wirkung auf Gesetzgebung)
Investor-Staat-Schiedsverfahren
Die auf Investitionsschutz spezialisierte Rechts-branche wird von einer kleinen, eng miteinander verflochtenen Gruppe von Anwaltskanzleien dominiert, die daran sehr gut verdienen. drei Kanzleien – Freshfields (GB), White & Case (US) und King & Spalding (US) – haben nach eigenen Angaben 130 Investitionsstreitigkeiten bearbeitet;
gerade einmal 15 SchiedsrichterInnen, fast alle aus Europa, den USA oder Kanada, haben 55 Prozent aller bekannten Investitionsschutz-Klagen entschieden.
Quelle: Corporate Europe Observatory und Transnational Institute (2012)
ISS als „Organe der Rechtspflege“
Beispiel Argentinien über 40 Klagen vor internationalen Investitions-schiedsgerichten;
Hintergrund war Schuldenbekämpfungspolitik, darunter Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung wie das Einfrieren der Preise für Wasser und Strom;
mehrere Schiedsgerichte sahen darin eine Verlet-zung von Argentiniens Investitionsabkommen und sprachen den Klägern bis Ende 2008 knapp eine Milliarde Euro an Schadenersatz zu (= Jahresgehälter von 150.000 LehrerInnen oder 95.800 ÄrztInnen in Argentinien).
Quelle: INKOTA Südlink 163 - März 2013
Kritik an ISS
Klagen gegen Gesundheits- und Umweltauflagen Philip Morris (US) gegen Australien und Uruguay wegen Auflagen bei Tabakwerbung (daraufhin stoppt Neuseeland Gesetzesvorhaben mit Auflagen zur Tabakwerbung)
Vattenfall gegen Deutschland wegen Umwelt-auflagen für Kohlekraftwerk Moorburg und Ausstieg aus der Atomenergie
Der Bergbaukonzern Lone Pine (CD) klagt gegen Kanada wegen des Fracking-Moratoriums in Quebec auf Schadensersatz in Höhe von 250 Mill. Dollar. Da Lone Pine ein kanad. Unternehmen ist, wurde die Klage über seine US-Niederlassung eingereicht.
Kritik an ISS
Klagen gegen Arbeits- und Sozialstandards Umweltdienstleister Veolia (FR) gegen Ägypten wegen Einführung des Mindestlohns;
Noble Ventures (US) gegen Rumänien wegen Streiks und Betriebsbesetzungen;
Bergbauunternehmen Centerra (CD) gegen Kirgisien wegen Lohnzuschlag für Minenarbeit unter schweren Bedingungen;
Paushok (RUS) gegen Mongolei wegen Gesetz zur Förderung einheimischer Arbeitskräfte.
Kritik an ISS
Klagen gegen politische Maßnahmen in der Krise: Postova Bank (SLO) gegen Griechenland wegen Schuldenschnitt
Marfin Investment (GR) gegen Zypern wegen Verstaatlichung der Laika Bank
diverse Aktienfonds gegen Spanien wegen Streichung von Subventionen für erneuerbare Energien
Hedgefonds gegen Argentinien wegen Schuldenschnitt
Bolivien, Ecuador, Venezuela verlassen ICSID
..\Investor-Staat-Klagen und Finanzkrisen - weed.mp4
Kritik an ISS
BMWI-geförderter Ratgeber für Investoren
„Hilfe, ich werde enteignet“
Quelle: http://www.gtai.de/GTAI/Content/DE/Trade/Fachdaten/PUB/2011/08/pub201108268001_16060.pdf
Gesamtzahl bekannter Investorklagen
Quelle: UNCTAD: Issues Note, Nr. 1, April 2014
z.B. für öffentliche Dienstleistungen
• öD haben eine herausragende Bedeutung für die Gesellschaft
breiter Konsens, dass sie nicht den gleichen Wett-bewerbs- und Marktregeln unterliegen, wie andere Dienstleistungen;
• ursprünglich wurde (etwa durch die WTO bei ihren GATS-Verhandlungen) eine sogenannte „Positivliste“ erstellt
d.h. öD sind vom Anwendungsbereich des Handels-abkommens nicht erfasst, sofern sie nicht ausdrück-lich aufgeführt werden;
dadurch verbleibt ein Spielraum die öD zu definie-ren, zu entwickeln und zu erbringen;
Ursprünglich „Positivliste“…
• Bis vor kurzem präferierte die EU-Kommission den Ansatz der „Positivliste“;
• da die europäischen Märkte in den letzten beiden Jahrzehnten aber bereits weitestgehend liberali-siert wurden, will die EU-Kommission nun eine „Negativliste“ im TTIP-Abkommen.
der Ansatz der „Negativliste“ bedeutet, dass alle Dienstleistungen, die nicht ausdrücklich vom An-wendungsbereich eines Abkommens ausgeschlos-sen sind, für die Liberalisierung freigegeben werden;
öD sind dann für private Anbieter zu öffnen.
… nun „Negativliste“ in CETA/TTIP
Risiken für gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen
Es droht Liberalisierung / Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung öffentlichen Abfallwirtschaft öffentlichen Bildungswesens öffentliche Krankenhäuser und Rettungswesen Kulturwesen und Kulturwirtschaft öffentlicher Personennahverkehr
Einschränkung von Rekommunalisierungen und sozial-ökologischer Standards bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.
• auch ein US-Unternehmen könnte sich auf eine Ausschreibung einer dt. Kleinstadt bewerben;
• ökologische wie soziale Kriterien könnten bei öffentlichen Ausschreibungen kaum mehr berücksichtigt werden;
• auch kommunale Versorger (Wasser, Strom) müssten sich privaten Anbietern öffnen;
• es droht eine Privatisierungswelle, die auch vor elementaren Dingen wie Infrastruktur und Trink-wasser nicht Halt macht;
steigende Preise bei sinkender Qualität
Risiken für gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen
z.B. für Qualitäts- und Sicherheitsstandards
Eine gegenseitige Anerkennung von Regeln würde das Herkunftslandprinzip einführen und damit zu niedrigeren Standards z.B. bei Lebensmitteln führen:
in den USA ist z.B. der Verzehr von Klon- und Hormon-fleisch sowie von Milch von mit gentechnisch erzeug-ten Wachstumshormonen gedopten „Turbo“-Kühen erlaubt;
Geflügelfleisch wird mit Chlor behandelt;
für gentechnisch veränderte Pflanzen gibt es weder ein durchgängiges Zulassungsverfahren noch eine Kennzeichnungspflicht;
gentechnisch veränderter Lachs vor der Zulassung.
Absenkung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards drohen
z.B. für die Kultur
• Bisher achtete die EU die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen
Kulturförderung u.a. von Film, Theater, Orchestern sowie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit seinen Landesprogrammen war möglich und rechtens.
• Dieser Gestaltungsspielraum wird durch die laufenden Freihandels-Verhandlungen (u.a. TTIP) zur Disposition gestellt.
http://www.kulturrat.de/pdf/2520.pdf
Verlust an kultureller Vielfalt droht
z.B. für die Regulierung der Finanzwirtschaft
FinanzdienstleistungenMit TTIP sollen Finanzdienstleistungen weiter liberalisiert werden, obwohl deren Liberalisierung eine wesentliche Ursache der Wirtschaftskrise war; damit würde die politische Macht der Finanz-industrie weiter gestärkt,
die Umsetzung notwendiger Kapitalverkehrs-kontrollen, eine angemessene Besteuerung des Finanzsektors und die vollständige Umsetzung von Antigeldwäschevorschriften könnten gefährdet sein.
eine Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in das Abkommen könnte alles gefährden, was in den letzten Jahren im Bereich der Finanzmarkt-regulierung erreicht worden ist.
z.B. für die Umwelt
Investoren und ihre Lobbygruppen sehen ihre Gewinnmöglichkeiten eingeschränkt u.a. durchumfassende Zulassungsfahren, die Kennzeichnung von Gen-Lebensmitteln, den Ausbau der EU-Chemikalienrichtlinie REACH und der EURO-Norm für Auto-Emissionswerte, ein Fracking-Verbot,die EU-Strategie zur Begrenzung der von Kunststoffen.
eine notwendige Vorsorge- und Vermeidungs-politik für eine klima- und ressourcenschonen-dere Wirtschaftsweise droht Investorenan-sprüchen geopfert zu werden.
Absenkung von Standards beim Klima- und Umweltschutz
…und schließlich für die Demokratie insgesamt
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen
„Demokratie ist überbewertet“Freihandelsabkommen setzen in der Tat der Demokratie Grenzen. Mehr noch: Der Rechtsstaat garantiert über Grenzen hinweg Vertragsfreiheit und den Schutz des privaten Eigentums.
Deshalb gehört es zur Idee des Freihandels, dass ein ausländischer Investor davor geschützt wird, diskriminiert oder gar enteignet zu werden - selbst wenn ein Gesetz zur Diskriminierung oder Enteig-nung demokratisch erlassen würde.
Quelle: FAZ, 8. Juni 2014
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen
• „Alle Dokumente in Bezug auf die Verhandlun-gen und die Entwicklung des TTIP-Abkommens, darunter Verhandlungstexte, Vorschläge beider Seiten, begleitendes Material, Diskussionsvor-lagen, Emails, die sich auf die Substanz der Ver-handlungen beziehen und andere Informationen, die im Kontext der Verhandlungen ausgetauscht werden […] werden vertraulich behandelt.
• [...] Die Kommission kann entscheiden, bestimm-te Dokumente öffentlich zu machen, die allein die Position der EU betreffen.”
EU TTIP Chef-Verhandler, Ignacio Garcia Bercero, in einem Brief an Daniel Mullaney, US TTIP Chef-Verhändler, 5. Juli 2013
• Verhandlungsgegenstand beim TTIP ist auch die Einrichtung eines „Regulierungsrates“ mit der Verpflichtung zur gegenseitigen Abstim-mung in Expertengruppen vor Einbringung in Parlamente. Die Risiken sind
Entmachtung der Parlamente, Entdemokratisie-rung, Einschränkung des Initiativrechts;
Absenkung der Standards zwischen USA und EU
Stärkung der Wirtschaftslobby;
Sinkender Einfluss für Gewerkschaften und Zivilgesellschaft.
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen
Standstill- bzw. Ratchet-Klauseln• Mit sogenannten Standstill- und Ratchet-Klauseln soll
stets das jeweils höchste erreichte Liberalisierungs-Niveau verankert werden
• Damit würde jede Re-Regulierung verhindert und eine einseitige Entwicklung in Richtung immer weitgehender Liberalisierung durchgesetzt
Handelsabkommen müssen Spielraum lassen, um auf negative Ergebnisse von Liberalisierungen reagieren und demokratischen Forderungen zur (Re-)Regulierung nachkommen zu können.
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen
Verlust an demokratischen Gestaltungsräumen
Bisher sperrt sich die EU-Kommission gegen Transparenz;
gegen umfassende öffentliche Beteiligung;
gegen den Positivlistenansatz;
gegen den Ausschluss der kulturellen Dienste;
gegen den Verzicht auf Investor-Staats-Schiedsver-fahren;
gegen durchsetzbare Arbeits- und Sozialstandards;
gegen Beschwerdeverfahren für die Zivilgesellschaft und die Gewerkschaften.
..\Freihandelsabkommen TTIP stoppen -attac.flv
Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETAUnterstützer in Deutschland z.B.Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, attac, Wassertische, Brot für die Welt, Umweltstiftung, Kulturrat, GEW, Grüne Jugend, KAB, Lobbycontrol, NABU, Naturfreunde, Umweltinstitut München
nicht zugelassen
• Die Europäische Kommission hatte den am 15. Juli gestellten Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative am 11. September abgelehnt. Sie beruft sich auf zwei Hauptargumente:
• Das Verhandlungsmandat zu TTIP sei ein interner Vorbereitungsakt und kein Rechtsakt mit Wirkung auf die Bürgerinnen und Bürger.
• Außerdem könne eine EBI nur positiv formuliert werden, also darauf hinwirken, einen Rechtsakt zu erlassen, nicht aber einen solchen zu unterlassen.
• Beide Begründungen sind nach Ansicht der Initiatoren nicht stichhaltig.
Verbot der EBI zu TTIP
Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETAUnterstützer in Deutschland z.B.Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, attac, Wassertische, Brot für die Welt, Umweltstiftung, Kulturrat, GEW, Grüne Jugend, KAB, Lobbycontrol, NABU, Naturfreunde, Umweltinstitut MünchenDeshalb nun „selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA“http://www.ttip-unfairhandelbar.de/
nicht zugelassen
5. Gewerkschaftliche Positionen
Beschluss des DGB- Bundeskongresses, Mai 2014:
„Freihandelsverhandlungen mit den USA aussetzen – Kein Abkommen zu Lasten von Beschäftigten, Verbrauchern oder der Umwelt“
• Vollständige Transparenz und Beteiligung der Zivilgesellschaft;
• keine Absenkung von sozialen, Umwelt- und anderen Standards und des Datenschutzes, Annäherung an höchstes Niveaus;
• Ziellandprinzip;• ILO-Kernarbeitsnormen müssen ratifiziert und
beachtet werden;• keine Einschränkung demokratischer Gestaltung
und Regulierung;• kein paralleles Rechtssystem durch ISS;• öffentliche Dienstleistungen komplett ausnehmen;
ver.di fordert
• Kultur und audiovisuelle Medien ausnehmen; • Re-Regulierung statt weitere Liberalisierung im
Finanzsektor;• Prinzip sozial-ökologischer Vergabekriterien
stärken;• keine weitere Liberalisierung des öffentlichen
Beschaffungswesen;• Revisionsklausel einfügen.
ver.di fordert
Wenn diese Mindestanforderungen nicht erfüllt werden, müssen die jeweiligen Abkommen abgelehnt werden.
Vielen Dank!