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ParkourONE CHARTA

CHARTA - | ParkourONE – Parkour Coaching, ParkourPark ...parkourone.de/hochladen/charta_german.pdf · Charta ParkourONE 1. Die Geschichte von Parkour Für uns gehört das Wissen

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ParkourONE

CHARTA

  Charta ParkourONE

Vorwort

Die folgende Charta richtet sich an alle, die sich für Parkour, ParkourONE, die Gemeinschaft und unsere Arbeit interessieren. Sie soll eine Visitenkarte sein, die Gemeinschaft ParkourONE für Aussenstehende greifbarer machen, Inhalte vermitteln, sowie im Sinne der Transparenz unsere Ansichten, Absichten und Strukturen offenlegen. Wir sehen diese Charta nicht als ein Korsett, in das wir gezwängt werden sollen, wohl aber als einen selbstgewählten Maßstab, an dem wir uns messen lassen wollen.

Die Charta soll folgende Bereiche beschreiben und erhellen:

Für die Gemeinschaft ParkourONE ist die Geschichte von Parkour zentral. Wir wollen erzählen, wie wir die Geschichte der Entstehung unserer Kunst kennen und erlebt haben oder wie wir sie interpretieren. Wir führen unser Verständnis von Parkour und die damit verbundenen Werte unmittelbar auf David Belle zurück und haben großen Respekt vor den Pionieren der ADD-Kultur. Wir sehen uns somit auch als Träger einer konkreten Idee; Parkour ist nicht beliebig umdefinier-bar, sondern hat seine eigene (auch begriffliche) Geschichte. Hier sei deutlich festgestellt: David Belle ist ein lebendiger Mensch und als solcher wird er sich und ebenso seine Sichtweisen ver-ändern. Wir folgen Davids ursprünglicher Idee, nicht jedoch ihm als „Guru“, Anführer oder der-gleichen. Das heisst, selbst wenn David Belle sein Verständnis von Parkour grundlegend ändern würde, bliebe unsere Idee davon prinzipiell unbeeinträchtigt - wir gehen unseren eigenen Weg, wir sehen gerade dies als einen wichtigen Teil der ursprünglichen Idee von Parkour.Im nächsten Kapitel wollen wir die Strukturen der Gemeinschaft ParkourONE, der Firma ParkourONE und unsere eigene Entstehungsgeschichte erzählen. Als ideeller Verbund von Traceuren ins Leben gerufen, hat sich mittlerweile eine komplexe Struktur herausgebildet, mit Com-munities in verschiedenen Städten in Deutschland und der Schweiz, mit unterschiedlichen Graden an Professionalisierung und Institutionalisierung im Bereich der Parkourvermittlung, die von außen nur schwer zu verstehen ist.Auch unsere grundlegende Trennung des Communitybereichs und der Firma, ist nicht unbedingt klar für Aussenstehende – an dieser Stelle wollen wir helfen, uns zu verstehen.ParkourONE versteht sich vor Allem als Wertegemeinschaft. Konkurrenzfreiheit, Vorsicht, Respekt, Vertrauen und Bescheidenheit sind die zentralen Werte, die ein Ideal für jeden von uns darstellen und auch Grundlage in der Vermittlung von Parkour sind. Hinzu kommt die innere Stärke; an die-ser zu arbeiten ist ebenfalls Teil von Parkour. Wir leiten diese Werte/Inhalte unter anderem von den Idealen des „Etre fort pour être utile“1 und „Etre et durer“2 ab. Neben der Geschichte von Parkour sind es diese Werte, die der Kunst der effizienten Fortbewegung Bedeutung und Seele verleihen – weit über das Erlernen von physischen und mentalen Techniken hinaus.Unsere Ziele sind dabei zweierlei: Zum Einen wollen wir genau diese Werte, unsere Ideale, kom-munizieren, um Menschen zu helfen und zu stärken. Unser Ansatz ist demnach vielleicht idealistisch, aber keinesfalls naiv. Wir setzen in unserer Arbeit mit und für Parkour, unsere Botschaft direkt in die Tat um. Zum Anderen wollen wir als „Parkourbotschafter“ unsere Kunst erklären und schützen und zum Beispiel schlichtweg falscher oder gar gefährlicher Medienberichterstattung entgegenwirken.

1 „Stark sein, um nützlich zu sein“ Georges Hébert2 „Sein und Fortbestehen“ Marcel Bigeard

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Inhalt

• Die Geschichte von Parkour (S. 4 – 6)

• Entstehung und Struktur von ParkourONE (S. 7)

• Inhalte und Werte (S. 8)

• Ziele – Warum wir tun, was wir tun (S. 9)

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1. Die Geschichte von Parkour

Für uns gehört das Wissen um die Geschichte von Parkour unmittelbar zum persönlichen und auch vermittelnden Parkourtraining. Selbstverständlich gibt es hier Raum für Interpretation, nicht nur, weil die Quellen begrenzt sind. Unsere Quellen sind persönliche Kontakte zu Pionieren von Parkour und ADD (art du déplacement), Gespräche, sowie Interviews in Publikationen im Internet, wissenschaftliche Arbeiten und Bücher. Wir verknüpfen den Begriff „Parkour“ direkt mit David Belle und erzählen seine Geschichte somit ausgehend von Raymond Belles Biographie als Ursprung. Ebenso könnte die Geschichte erzählt werden aus einer Perspektive, die die kind-lichen, spielerischen Anfänge des Trainings der ADD-Pioniere in Lisses, Evry und Sarcelles als Ausgangspunkt sieht. Für eine Geschichte der ADD-Kultur und ihrer Anfänge wäre dies sicher die stimmigere Perspektive. Wir möchten hier jedoch die Geschichte von Parkour erzählen und sehen, wie gesagt, David im Zentrum. Wir sehen aber auch, dass die Parkourkultur ohne seine Freunde und ihren Spirit nicht so geworden wäre, wie sie heute ist.Raymond Belle wurde 1939 als Sohn eines französischen Arztes der Kolonialarmee und einer vietnamesischen Mutter in Indochina geboren. 1946 geriet er durch den Indochinakrieg in ein Waisenheim für Kinder gefallener französischer Soldaten in Dalat und hatte zu diesem Zeitpunkt schon schwere Misshandlungen erlebt3. In dem Waisenhaus wurden die Kinder zu Sol-daten ausgebildet, das heißt, sie erlernten Kampftechniken, die Montage und Demontage von Schusswaffen bei Dunkelheit, aber auch extreme Belastungsmärsche in den Bergen gehörten zur „Ausbildung“ der Kinder. Gezeichnet durch die traumatischen Erlebnisse seiner Kindheit schwor sich Raymond Belle, niemals mehr Opfer zu werden; so wurde die Stärkung seines Körpers und Geistes sein eigentliches und wichtigstes Ziel. Er entwickelte eigene Techniken und Trainingsarten, indem er unter anderem den militärischen Hindernislauf „Parcours du Combattant“, worin die Kinder unterrichtet wurden, direkt auf den Dschungel anwendete, um seine Fähigkeiten gezielt zu schulen4. Die Kinder trainierten bereits für den Ernstfall: Sie wussten, ein Fehler konnte unter Umständen ihr Leben kosten. In den Augen heutiger Betrachter mag Parkour eine gewisse Verspieltheit anhaften – in Indochina war das Training, parcours5, überlebenswichtig. David beschreibt das Training seines Vaters und dessen Sinn folgendermaßen: „C`était un entraînement qui pouvait lui permettre de s`endurcir, de survivre à la guerre et de se protéger contre tous ceux qui lui voudrait du mal. [...] Le fait de donner du sang, des larmes et de la sueur, c`était ça le Parkour pour mon père.“6

1955 gelangte Raymond Belle nach Frankreich, wo er bis 1958 seine militärische Ausbildung fortführte. Seine überragenden physischen und mentalen Fähigkeiten ermöglichten es ihm, die Tätigkeit bei der Pariser Feuerwehr aufzunehmen – dies war die entscheidende Wendung in seinem Leben. Er, der gelernt hatte, wie man kämpft und tötet, konnte nun bei der Feuerwehr seine Fähigkeiten einsetzen, um anderen Menschen zu helfen und Leben zu retten7. Raymond Belle wurde zu einem mehrfach ausgezeichneten Helden der Pariser Feuerwehr und seine unkonven-

3 David Belle: Parkour. S. 23 – 27. 4 Ebd.: S. 41 – 42.5 „Parkour“ ist ein Eigenname, der auf Hubert Koundé und David Belle zurück geht und sich vom Französichen „parcours“ ableitet. Geschrieben mit „k“ anstelle eines „c“ und ohne das stille „s“.6 Es war ein Training, das ihm dazu verhalf, sich widerstandsfähig zu machen, den Krieg zu überleben und sich vor denjenigen zu schützen, die ihm Böses wollten. [...] Die Tatsache Blut, Tränen und Schweiß zu geben, das war Parkour für meinen Vater. David Belle: S. 42.7 David Belle: S. 24 – 25.

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tionellen Trainingsmethoden fanden Einzug in die Ausbildung der Feuerwehraspiranten. Seine Erfahrungen teilte er mit seinem Sohn David Belle8 (auch mit anderen Kindern der Familie, wie z.B. Châu Belle-Dinh) und hier ging es nicht nur um Fortbewegungstechniken, vielmehr war schon an diesem Punkt, im Ursprung von Parkour, eine moralische Komponente mit dem Training verknüpft: Etre fort pour être utile!David, der 1973 geboren wurde, wuchs eigentlich bei seinem Großvater auf. Auch dieser war Kriegsveteran und altgedienter Feuerwehrmann. Auch er förderte Davids Bewegungsdrang, ermunterte ihn zu körperlichem und geistigen Training und erklärte ihm ebenso, dass es nicht nur darauf ankäme stark zu sein, sondern auch, wofür man diese Stärke einsetze: „Si tu dois te servir de la force de ton corps, fais-le pour de bonnes raisons [...] utiliser cette énergie pour aller aider9.“ Mit 14 Jahren zog David Belle zu seiner Mutter nach Lisses, einem Vorort von Paris. Dort intensivierte sich auch der Kontakt zu seinem Vater, da er mehr über seine Herkunft in Erfahrung bringen wollte. David hatte kein einfaches Leben und war auf der Suche nach Identität, nach etwas Echtem, nach etwas Authentischem10. Durch das physische und mentale Training, in dem er seinem Vater nacheiferte, fand er dies in sich selbst.Einen weiteren Bestandteil des Trainings stellen Elemente aus der Méthode Naturelle dar. Die „natürliche Methode“ war ein Bestandteil der Ausbildung beim Militär und auch der Feuerwehr. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass sein Grossvater und auch sein Vater in der Armee, sowie bei der Feuerwehr, nach dieser Methode unterrichtet wurden. Die Méthode Naturelle wurde zu Be-ginn des 20. Jahrhunderts vom Marineoffizier Georges Hébert entwickelt. Hier geht es um eine ganzheitliche Trainingsmethode, inspiriert vom ursprünglichen Leben indigener Völker, dessen Anstoß die Beobachtung der auffälligen Gesundheit und Kraft dieser naturnahen Menschen und ihren Lebensweisen, die aus den Anforderungen, die das Leben in der Wildnis stellt, hervorgehen11. Der Satz „Etre fort pour être utile“ stammt aus der Lehre der Méthode Naturelle.Dort liegen die Wurzeln von Parkour. Wichtig ist aber die folgende Entwicklung: David begann als Jugendlicher mit dem Training von Körper und Geist in seiner urbanen Umgebung. Gemeinsam mit Châu Belle-Dinh, Williams Belle, Phung Belle, Yann und Fréderick Hnautra, David Maigogne, Sébastien Foucan (später „Begründer“ von „Freerunning“), David Foucan, Guylain N‘ Guba-Boyeke, Malik Diouf, Charles Perriere und Laurent Piemontesi stellt dies die erste Gene-ration von ADD-Betreibenden dar12. Es war hier ausdrücklich nicht nur Davids Input, der etwas Neues schuf. So brachte zum Beispiel auch Yann Hnautra vieles mit, was er in seiner Kindheit in Neukaledonien gelernt hatte. Evry ist eine der jüngsten Städte Frankreichs und der kulturelle Mix der Gruppe von Einwanderern (zum Teil in erster Generation) ermöglichte Zugriff auf verschiede-ne Denk- und Lebensweisen, aus denen die Jugendlichen eine eigene Kultur des harten Trainings, der moralisch guten Stärke und des Zusammenhalts entwickelten13. Die Härte ihres Trainings, nachdem sie erkannten hatten, was sie zu leisten in der Lage waren, war enorm. Physisch und mental überschritten sie immer wieder ihre Grenzen. Sie waren es, die die ersten Techniken entwickelten und den Spirit des Trainings kreierten. Ohne ihre Leistungen, ihre Ideen und ihren Spirit, würde heute niemand von uns Parkour oder ADD trainieren.

8 David Belle: S. 43, 56, 69.9 Wenn du dich der Kraft deines Körpers bedienen musst, tu es aus guten/positiven Gründen [...] nutze diese Energie, um anderen zu helfen. David Belle: S. 33.10 David Belle: S. 40 – 43.11 Georges Hébert: La Méthode Naturelle: S. 3. Georges Hébert: L`éducation physique (1912): S. 2.12 Julie Angel: S. 15 – 30. 13 Ebd.

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14 Ebd.: S. 36 – 37.15 Ebd.: S. 296.

Irgendwann wurden die Medien auf die Gruppe aufmerksam. Dies führte letztendlich im Jahre 1998 zu Spaltungen, in dessen Folge David die Gruppe Yamakasi verließ, bevor diese ihren ersten Kinofilm drehten. Er gründete daraufhin die Gruppe „Tracers“; hier entstand der Begriff „Tracer/Traceur“, der heute von sämtlichen Parkourbetreibenden verwendet wird14. Auch der Begriff „Parkour“ wird zu dieser Zeit zum ersten Mal in seiner jetzigen Form von David verwendet. Die ursprünglichen Traceure (Original Tracers) waren: David Belle, Kazuma, Romain Moutault, Jérome Ben Aoues, Rudy Duong, Stéphane Vigroux, Michael Ramdani, Sébastien Goudot und Johann Vigroux15. Spätestens seit der Jahrtausendwende haben die neuen Künste der Fortbewegung, vor allem über das Internet, ihren Weg in die Welt gefunden. Trotz laufender Ausdifferen zierung ist in der Öffentlichkeit die Definition von Parkour und Freerunning schwammig. ParkourONE arbeitet an einer klareren Differenzierung der Begriffe – die Menschen jedoch sollen nicht voneinander abgegrenzt werden; Parkour soll verbinden.

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2. Entstehung und Struktur von ParkourONE

Der Grundgedanke eines Zusammenschlusses von Traceuren, die im Sinne von David Belle Parkour in seinem ursprünglichen Sinne bewahren und nachhaltig weitergeben wollen, entstand 2006, als sich die damaligen Schlüsselpersonen der deutschsprachigen Parkour-Community Steven Kä-ser, Felix Iseli und Roger Widmer in Paris mit David Belle und seinem damaligen Manager Jocelyn “Joss“ Demoniere zusammensetzten. Der konkrete Grundstein für ParkourONE als organisierte Gemeinschaft von Traceuren aus dem deutsprachigen Raum (Deutschland und der Schweiz) wurde dann 2007 in Basel gelegt. Man entschied sich, gemeinsam diesen Weg zu beschreiten und somit war dieses Treffen der Zündfunke für die Vereinigung von Pionieren des Parkour in Deutschland und der Schweiz zu ParkourONE. ParkourONE bedeutet „all for ONE and ONE for all.“ So war damals und auch heute nicht das Level der Parkourfähigkeiten entscheidend, sondern die Freundschaft, die Erfahrung, der Spirit, die gegenseitige Hilfsbereitschaft, das Ver-trauen und der Wille, Zeit und Leidenschaft in die gemeinsame Sache zu investieren. Dies sind damals wie heute die wichtigsten Elemente unserer Community. So hat es vielmehr mit Seele zu tun, als mit Struktur.Durch die Verbreitung von Parkour wurde auch die Nachfrage nach Workshops, Events und Werbeaufträgen grösser. Sie nahm derartige Ausmaße an, dass sich die Initianten von ParkourONE, Steven Käser, Felix Iseli und Roger Widmer, 2008 entschlossen, der Community einen professionellen Rückhalt zu geben und so gründeten sie die ParkourONE GmbH. (Im Jahr 2009 verließ Steven Käser aus persönlichen Gründen die Firma, bleibt ParkourONE aber bis heute freundschaftlich verbunden.) Das Ziel der Firma ist es, Parkour nachhaltig und ehrlich zu vermarkten, ohne dabei die Verbindung zu den Ursprüngen und zu der Parkourcommunity zu verlieren. Auf Grund unserer Werte, sieht sich auch und gerade der professionelle Zweig von ParkourONE in der Verantwortung gegenüber all den anderen leidenschaftlichen Traceuren. Es ist uns ein Anliegen die Balance zu halten zwischen Wertorientierung, Idealismus und unvermeidlichen unternehmerischen d.h. wirtschaftlichen Interessen. Dies ist die einzige Möglich-keit nachhaltig einen Platz für pädagogische und kommerzielle Parkourangebote zu schaffen, die nicht im Widerspruch zu den parkourbezogenen Werten selbst stehen.Was 2007 in Basel begann, ist heute eine Community, die Regionsvertreter in Berlin, Ham-burg, Köln, Stuttgart, Braunschweig, Hannover, Augsburg, der Schweiz und Enschede hat. ParkourONE ist somit eine Gemeinschaft von Freunden, die basierend auf gegenseitigem Ver-trauen die Ursprünge von Parkour bewahren und weitergeben wollen. Die ParkourONE-Traceure setzten sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten lokal für die nachhaltige Verbreitung und das Ver-ständnis von Parkour nach David Belle ein. Vertrauen, Freundschaft, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und aktives, auch unent-geltliches Engagement sind die Bausteine, um die ParkourONE-Regio-nen zu erhalten und neue zu gründen.

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3. Inhalte und Werte

Nur durch die starken Werte und Inhalte, die unserer Ansicht nach untrennbar mit Parkour verbunden sind, lassen sich unser Engagement, unsere Faszination und unsere Motivation Par-kour zu vermitteln, erklären. Basierend auf der Geschichte von Parkour und abgeleitet aus den zentralen Idealen des „Etre fort pour être utile“ ( Stark sein um nützlich zu sein ) und „Etre et durer“ (Sein und Fortbestehen), haben wir Werte formuliert, die uns als Ideal auch im vermeintlich park-ourfernen Alltag gelten und ausnahmslos jedem Teilnehmer unserer Trainings vorgestellt werden. Es sollte bei uns in geleiteten Trainings niemand ein Hindernis überqueren, ohne unsere Werte zu kennen; denn beides gehört zusammen. In einem über Jahre selbstentwickelten Konzept (TRuST) haben wir fünf dieser Werte aufgegriffen und an einer Hand erklärbar gemacht: jedem Finger, vom Daumen zum kleinen Finger, wird ein Wert zugeordnet.Die Werte sind: Konkurrenzfreiheit, Vorsicht, Respekt, Vertrauen und Bescheidenheit. Diese Werte-Finger werden zu Faust der inneren Stärke geballt. Es soll hier noch einmal klargestellt sein, dass es sich um Ideale handelt, zu denen man strebt. Kein Mensch kann von sich sagen, perfekt zu sein und immer und in jeder Lebenslage und jeder Minute frei von ungesunden Wett-bewerbsgedanken, vorsichtig, respektvoll, voller Vertrauen und bescheiden zu sein. Aber, es ist möglich diese Werte als gut und wertvoll anzusehen und sie als Maßstab an die eigenen Handlungen anzulegen.Dass wir unsere Werte so klar definieren und zugegebenermaßen nicht ohne Pathos auskommen, wenn wir über unsere Kunst und Leidenschaft reden und schreiben, ist unseren Zielen geschuldet und dem „Spirit“, den wir spüren und der uns verbindet. Trotzdem macht uns Parkour, Bewegung und das gemeinsame Training auch einfach Spaß. Parkour sollte zwar mit entsprechender Ernst-haftigkeit gesehen und betrieben werden, aber nicht verbissen. Freude am Training und an der Arbeit an sich selbst sind die kraftvollsten Triebfedern, wenn man hinausgeht zum Trainieren! Wir sehen den Begriff „Parkour“ zwar klar definiert, so gehören zum Beispiel Rückwärtssaltos per Definitionen nicht zum Bewegungsrepertoire der Kunst der effizienten Fortbewegung – aber im Training sind wir frei und spielen und machen was wir möchten; jeder ist frei und ParkourONE schreibt seinen Mitgliedern niemals vor, wie sie zu trainieren haben oder welche Bewegungen sie machen „dürfen“. Wir sind immer offen zum Austausch und zum Gespräch und wollen uns zwar klar positionieren, aber keine engen oder starren Grenzen ziehen. Wir wollen offen blei-ben – für uns leitet sich auch das aus unseren parkourbezogenen Werten ab.

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4. Ziele – Warum wir tun, was wir tun

Wie oben beschrieben, arbeiten wir in grundsätzlich zwei verschiedenen Bereichen. Auf der pro-fessionellen Ebene (Coaching, Präsentationen/Shows und Medienauftritte im weitesten Sinne) ar-beiten wir konkret an der Vermittlung unserer Werte und Inhalte, sowie am Bild von Parkour in der Öffentlickeit. Auf der Community -Ebene wollen wir den Dialog fördern, Netzwerke unterstützen und Brücken bauen. Insgesamt sehen wir uns als Parkour-Botschafter und fühlen uns verantwort-lich. So wollen wir zum Beispiel in verschiedenen Städten mit Public Meetings (öffentliche, kosten-freie, nicht-angeleitete Trainings) den Zugang zu Parkour erleichtern. Mit ebenenfalls kostenfreien Hellnights (nach einer Idee des britischen Traceurs Chris „Blane“ Rowat) bieten wir Möglichkeiten zu parkourbezogenem Kraft- und Ausdauertraining, unter anderem auch, um ein Bewusstsein zu schaffen, wie wichtig gezieltes (Kraft-/Konditions-) Training ist, um seine Gesundheit zu schüt-zen und zu stärken. In unserer von Wettbewerb geprägten Gesellschaft ist das konkurrenzfreie miteinander Trainieren im Parkour geradezu eine Befreiung; die Konzentration auf sich selbst und die Notwendigkeit der Selbstreflektion, gerade auch im Bezug auf den Umgang mit der Umwelt/Umgebung und den Mitmenschen, sind direkt übertragbar auf das alltägliche Leben. Wir nutzen Parkour als „Werkzeug“, um diese und andere damit verbundene Werte, Fähigkeiten und Eigenschaften zu vermitteln. Ein bewusster Umgang mit dem eigenen Körper gehört ebenso dazu. Wir halten Parkour für eine Kunst, die es zu schützen gilt. Die Medien mit ihrem Hang zu starken Bildern, fördern gerne ein Bild von Parkour als Fun- oder Extremsport, als sinnlose urbane Mutprobenkultur für junge Männer und vermischen die Begriffe Parkour und Freerunning (Parcouring, etc.) zu einem Brei von Straßenakrobatik und Nonsense. Gefährlich wird es, wenn durch diese Medien und Videoportale im Internet, Kinder und Jugendliche zu riskanten Handlungen animiert werden. Teilweise werden dann schlicht gefährliche Aktionen mit der Kunst Parkour verwechselt. Gegen derartige Entwicklungen arbeiten wir aktiv. So ist die Berichter- stattung in den letzten Jahren prinzipiell besser geworden – wir sehen dies als Ergebnis unseres Engagements, sowie das anderer verantwortungsbewusster Traceure. Auch in der unmittelbaren Öffentlichkeit erfahren wir zunehmend positive Reaktionen und werden zumeist wohlwollend beobachtet und im öffentlichen Raum akzeptiert. Hierfür sind wir dankbar und sehen auch dies als Folge verantwortungsbewussten Handelns einer Mehrheit von Traceuren. Parkour ist unser Leben und wir wollen, dass Parkour eines Tages seinen Platz unter den (über-) lebensbezogenen, erns-ten und sinnvollen Künsten wie Kampfkünsten, Klettern oder Schwimmen einnimmt. Wir wollen für Parkour den Respekt, den wir der Gesellschaft entgegenbringen.

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Quellen:

Angel, Julie: Ciné Parkour. A cinematic and theoretical contribution to the understanding of the practice of parkour. First Edition 2011.

Belle, David: Parkour. Paris 2009.

Hébert, Georges: L`éducation physique ou l`entraînement complet par la Méthode Naturelle. Paris 1912.

Hébert, Georges: La Méthode Naturelle en éducation physique. Numéro spécial de l`éducation physique, revue d`enseignement et de critique. Paris [ca. 1935].

3 David Belle: Parkour. S. 23-27. 4 Ebd.: S. 41 -42.5 Das „K“ anstelle des „C“ bei „Parkour“ symbolisiert die Härte der Kunst und des Trainings; das stumme „S“ am Ende verschwand, da es nicht dem Effizienzgedanken entspricht.6 Es war ein Training, das ihm dazu verhalf, sich widerstandsfähig zu machen, den Krieg zu überleben und sich vor denjenigen zu schützen, die ihm Böses wollten. [...] Die Tatsache Blut, Tränen und Schweiß zu geben, das war Parkour für meinen Vater. Belle. S. 427 Belle. S. 24-258 Belle. S. 43, 56, 699 Wenn du dich der Kraft deines Körpers bedienen musst, tu es aus guten/positiven Gründen [...] nutze diese Energie, um anderen zu helfen. Belle. S. 3310 Belle. S. 40-4311 Georges Hébert: La Méthode Naturelle: S. 3. Georges Hébert: L`éducation physique (1912): S. 2.12 Julie Angel: S. 15 - 30. 13 Ebd.14 Ebd.: S. 36 - 37.15 Ebd.: S. 296.

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