Chiemgau-Impakt: Schock-Spallation - ein typischer Impaktprozess im Meteoritenkrater-Streufeld

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  • 8/2/2019 Chiemgau-Impakt: Schock-Spallation - ein typischer Impaktprozess im Meteoritenkrater-Streufeld

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    Ernstson, K.* (2011): Schock-Spal lat ion - ein typischerImpaktprozess im Chiemgauer Meteoritenkrater-Streufeld* Philosophische Fakultt I, Universitt Wrzburg, D-97074 Wrzburg, [email protected]

    Spallation leitet sich aus dem Englischen to spall = abplatzen, absplittern her und ist in

    verschiedenen Bereichen, z.B. in der Kernphysik, gebruchlich. Bei Impakt-Prozessenspielt die Spallation eine wichtige Rolle (was allerdings selten richtig gewrdigt wird) und ist

    eng mit der Ausbreitung von Schockwellen verbunden. Vereinfacht sieht der Prozess

    folgendermaen aus: Trifft die das Gestein durcheilende Druckwelle des Schocks auf eine

    freie Oberflche, so wird sie dort als eine Zugwelle praktisch derselben Energie reflektiert.

    Und whrend eine Druckwelle das Gestein komprimiert, zieht eine Zugwelle das Material

    auseinander, wobei es zu Zugrissen und im Extremfall zu einem Abplatzen und einem

    Auseinandersplittern kommen kann. Dem kommt entgegen, dass die Zugfestigkeit aller

    Materialien, also auch der Gesteine, deutlich geringer ist als die Druckfestigkeit. Deshalb

    wird vielfach bersehen, dass die gewaltigen Zerstrungen beim Impakt weniger durch den

    Druck der Schockwellen als vor allem durch den Zug reflektierter Entlastungswellen

    hervorgerufen werden. Dabei muss es nicht immer zur Reflexion an freien Oberflchenkommen; auch an Grenzflchen im Gestein, an denen die sogenannte Impedanz (das ist

    das Produkt aus Dichte und Schallgeschwindigkeit des Materials) stark abnimmt, wird ein

    merklicher Teil des Drucks in Form von Zug zurckgeworfen. Bemerkenswert, aber mit der

    Schockphysik vertrglich ist, dass dieser Prozess der Spallation in beliebigen Mastben

    zu beobachten ist: von mikroskopisch kleinen Verformungen bis hin zur Bewegung riesiger

    Gesteinskomplexe.

    Abb. 1. Ein Kalkstein-Gerll (14 cm lang) mit den typischen offenen Spallationsrissen. Besonders

    schn wird der Vorgang dadurch dokumentiert, dass die laufenden Risse mitten im Gerll stecken

    geblieben sind. Wren sie weiter gelaufen, wre das Gerll in Teile zerbrochen, und nichts

    Besonderes wre mehr zu erkennen gewesen. Zum Verstndnis sei ergnzend angemerkt, dass

    Risse immer an einer bestimmten Stelle im Material beginnen und sich von dort mit einer

    bestimmten Bruchgeschwindigkeit bewegen, die sich whrend des Bruches verndern und auch

    Null werden kann. Dann bleibt der Riss stehen, es sei denn, ihm wird wieder Energie zugefhrt, so

    dass er weiterluft.

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    Beim Chiemgau-Impakt liegen ganz besondere Gegebenheiten fr Schock-Spallation vor,

    und zwar vor allem in Form der festen alpinen Gesteinsgerlle. Abgesehen vom Auftreten in

    den stark zementierten Nagelfluh-Platten finden sich die Gerlle meist in lockerer

    Schttung und damit prdestiniert fr eine Reaktion auf den Durchgang von Schockwellen

    mit resultierender Spallation. Nicht nur dass wir den extremen Impedanzkontrast an der

    Oberflche der harten Gerlle haben, auch die hufig kugelige Form frdert den Effekt

    dadurch, dass die Schock- und Zugwellen im Inneren lupen- oder hohlspiegelartig

    fokussiert werden und enorme Energiedichten erreichen knnen. Schon frher haben wir

    ber solche Deformationen berichtet und typische Bilder von Spallationsbrchen bis in den

    mikroskopischen Bereich hinein gezeigt (http://www.chiemgau-

    impakt.de/pdfs/Chiemgau_impact.pdf; http://www.chiemgau-impakt.de/wp-

    content/uploads/2011/07/Petrographie-und-Geochemie.pdf(Abb. 17,18).

    Hier bringen wir wieder einige neue Beispiele von jngsten Untersuchungen in der Gegend

    von Obing. Der Leser mge es uns verzeihen, dass wir auch hier keine genauen Angaben

    zu den Fundstellen machen. Die Erfahrungen von Tttensee-Krater, wo heute praktisch alle

    Gesteine mit impakt-typischen Deformationen und anderen besonderen Vernderungenverschwunden sind, und von anderen, kleineren Kratern, die sich zum Teil ausgesprochen

    ausgeplndert darstellen, zwingen uns dazu, damit der Wissenschaft diese besonderen

    Impakt-Konstellationen erhalten bleiben.

    Abb. 2. Ein Quarzitgerll mit einem krftigen Spallationsriss, der wie beim Stein der Abb. 1 das

    Gerll nicht vllig gespaltet hat. In Abb. 3 wird auf etwas sehr Charakteristisches von

    Spallationsrissen hingewiesen.

  • 8/2/2019 Chiemgau-Impakt: Schock-Spallation - ein typischer Impaktprozess im Meteoritenkrater-Streufeld

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    Abb. 3. Die Vergrerung des Spallationsrisses von Abb. 2 zeigt etwas sehr Typisches: In vielen

    Fllen ist der Verlauf des Spallationsrisses ein Spiegelbild von der Krmmung der

    Gerlloberfche, und im vorliegenden Fall ist die Achse der Spiegelsymmetrie als blaue

    gestrichelte Linie eingezeichnet. Das kann man als eine Folge der Reflexion der Schock-(Druck-)welle an der freien Oberflche verstehen, die sich aus geometrischen Grnden in der reflektierten

    Front der Zugwelle wiederfindet.

    Abb. 4. Spallationsrisse in einem Gneisgerll. Auch hier durchtrennen die offenen Risse das Gerll

    nicht vollstndig, und die Geometrie der grob rechtwinklig verlaufenden Risse spiegelt auch hier

    die Geometrie des kantigen Gerlls wider.

  • 8/2/2019 Chiemgau-Impakt: Schock-Spallation - ein typischer Impaktprozess im Meteoritenkrater-Streufeld

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    Abb. 5. Offene Spallationsrisse in einem Granatamphibolit-Gerll.

    Die Beispiele mit Spallationsbrchen in Quarzit-, Kalkstein-, Gneis- und Amphibolitgerllen

    zeigen, dass der Prozess gesteinsunabhngig ist und immer wiederkehrende Merkmale

    vermittelt.

    Um Einwnden vorzubeugen, dass diese Deformationen bereits tektonisch in den Alpen

    angelegt wurden um dann in Form von Gerllen im reienden Flusstransport den Weg

    nach Obing nrdlich des Chiemsees zu finden, verweisen wir auf den teilweise sehr fragilen

    Charakter der angerissenen Gerlle. Auch jegliche starke Druckwirkung auf die Gerlle

    kann ausgeschlossen werden, da sie ganz einfach durchtrennt und zerschert worden

    wren.

  • 8/2/2019 Chiemgau-Impakt: Schock-Spallation - ein typischer Impaktprozess im Meteoritenkrater-Streufeld

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    Spallation, wie wir sie hier in Gerllen des Chiemgau-Kraterstreufeldes finden, zeigen wir in

    den nchsten Bildern mit Beispielen vom Rieskrater und von den spanischen Azuara-

    /Rubielos de la Crida-Impaktstrukturen. Letztere Vorkommen wurden intensiver mit

    begleitenden Experimenten untersucht, was hier

    http://www.impaktstrukturen.de/spain/schock-deformationen-in-trias-konglomeraten-

    buntsandstein-in-spanien/nachzulesen ist und in der renommierten Zeitschrift GEOLOGY

    (http://pubs.giss.nasa.gov/abs/er01000b.html; PDF des kompletten Artikels kann hier

    angeklickt werden.) publiziert wurde.

    Fig. 6. Kalkstein-Gerll aus den Auswurfmassen (Bunte Brekzie) des Nrdlinger Ries-Kraters mit

    Spallationsrissen, die das Gerll nicht durchtrennt haben. Nach der Schockspallation wurde das

    Gerll noch deformiert - vermutlich im Zuge des Auswurfvorganges - ohne dabei zu zerbrechen.

    Abb. 7. Quarzitgerlle von den groen spanischen Impaktstrukturen Azuara und Rubielos de la

    Crida mit sehr typischen schockinduzierten offenen Spallationsbrchen. Auch bei einigen dieser

    Brche wird die grobe Spiegelsymmetrie von Oberflche und Rissgeometrie deutlich.