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FREIHEIT, GLEICHHEIT, BRÜDERLICHKEIT. STATIONEN DER SOZIALDEMOKRATIE IN PFAFFENHOFEN VON DEN ANFÄNGEN BIS HEUTE.

Chronik SPD Ortsverein Pfaffenhofen

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Stationen der Sozialdemokratie in Pfaffenhofen von den Anfängen bis heute

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Page 1: Chronik SPD Ortsverein Pfaffenhofen

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.Stationen der Sozialdemokratie in Pfaffenhofen von den anfängen biS heute.

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Herausgeber

SPD-Ortsverein Pfaffenhofen | 1. Vorsitzender Markus Käser

Quellengasse 13 | 85276 Pfaffenhofen | E-Mail: [email protected]

TexTe

Andreas Sauer, Markus Käser, Willihard Kolbinger, Klaus Herber, Torsten Sommer

LekToraT

Florian Erdle

grafik, saTz, gesTaLTung

Reinhard Beck

Druck

Humbach & Nemazal

biLDnacHweise

Sigrid Leger, Pfaffenhofener Kurier, Willihard Kolbinger, AdsD der Friedrich-Ebert-Stiftung,

Stadtarchiv Pfaffenhofen a. d. Ilm, Andreas Sauer, Franz Käser, Clemens Fehringer, Henning von Borstell, Josef Findel,

Markus Käser, Reinhard Beck, Michael Leopold, Torsten Sommer, SPD-Ortsverein Pfaffenhofen a. d. Ilm

Dank unseren cHronik-sponsoren:

Sigfried Bußjäger, Humbach & Nemazal, Reinhard Beck

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Vorwort

Liebe pfaffenhofenerinnen und pfaffenhofener, liebe freunde der sozialdemokratie,

seit über 150 Jahren kämpft die SPD erfolgreich für eine solidarische und fortschrittliche Gesellschaft. Auch hier bei uns in Pfaffenhofen sind bereits vor rund 120 Jahren erste Aktivitäten und politische Erfolge nachweisbar. Die SPD war dabei immer mehr als nur eine Partei oder gar ein Wahlverein. Wir waren und sind Teil einer sozialen und kulturellen Bewegung mit gemeinsamen Zielen und Überzeugungen: der Vorrang des Gemein-wohls vor dem Interesse des Einzelnen, die Sicherung der Lebensqualität aller vor der bloßen Anhäufung von Reichtum weniger, die freie Entfaltung des Individuums und die kulturelle Vielfalt vor dem Zwang zur An-passung, die nachhaltige und soziale Entwicklung vor der rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch und Natur.Mitglieder hier in Pfaffenhofen und Millionen Menschen in Deutschland sind für diese Ziele und Überzeu-gungen eingetreten – vielfach trotz persönlicher und beruflicher Nachteile. Wegen ihrer Überzeugung sind Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ausgegrenzt und bestraft worden, ins Gefängnis gesperrt, ins KZ verschleppt und ermordet worden. Vorliegende Chronik hat nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit. Aber sie dokumentiert durch die Zeit die Überzeugungen und den Willen unserer Altvorderen und Mitstreiter, gesellschaftliche Verhältnisse nicht hinzunehmen, sondern zu verändern. Sie dokumentiert, wie sich unsere politische Interessensgemeinschaft auch hier bei uns in Pfaffenhofen immer wieder erneuert und neu erfunden hat, und sie dokumentiert auch, wie sich so manches Thema wie beispielsweise der soziale Wohnungsbau, Bildung oder kulturelle Vielfalt wie ein roter Faden auch durch die politische Geschichte unserer Stadt zieht.

Diese Chronik liefert auch den Ansporn, uns auch weiterhin – ausgerichtet an unseren Grundwerten von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – als starke politische Kraft für sozialen Fortschritt in unserer Heimat, in Deutschland und in Europa einzusetzen. Ich danke unserem Stadt-Historiker Andreas Sauer und allen an-deren Mitwirkenden für die Ausdauer beim Recherchieren und Zusammentragen aller Dokumente und Fotos. Besonderer Dank gilt Sigfried Bußjäger, der mit seiner großzügigen Spende diese Chronik ermöglicht hat. Wir grüßen mit dieser Chronik alle Weggefährten, alle Freunde, aber auch alle verstorbenen Mitglieder im Ortsverein Pfaffenhofen und unsere Genossinnen und Genossen in der Region und aller Welt.

freundschaft!

Markus Käser und die Vorstandschaft 2013 bis 2015:Torsten Sommer, Johannes Gold, Adolf Lohwasser, Sebastian Ortmann, Julia Spitzenberger, Fabian Stahl, Markus Fiederer, Albert Geitl, Andrea Mischke, Christian Wilkendorf, Birgitt Döring und Steffen Kopetzky.

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InhaltsverzeIchnIs

I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofenbayern im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts •DergeschichtlicheHintergrund•KritischesAugenmerkaufdie„TrägerderrotenFahne“•Ablaufder„Sozialistengesetze“underste„sozialdemokratischeUmtriebe“

frühe Hinweise auf sozialdemokratische aktivitäten •ÜberprüfungverdächtigerPersonenseitensdesStaates•AnfängesozialdemokratischerAktivitätenimRaumPfaffenhofen:ErsteFlugblattaktionen•Parteiarbeitimspäten19.JahrhundertaufdemLand•„Wühlerversammlungen“durchjugendlicheHandwerksgesellen:Der„Stegerbräu-Radau“

Änderungen der strukturen im bezirk und beginnende parteiaktivität •DasJahr1907–WahlkampfundpolitischeVersammlungeninPfaffenhofen•DerKreditskandalvon1908:DiesozialeFragewirdaktuell•ErsteArbeitsbeschaffungsmaßnahmendesBezirksamtsim20.Jahrhundert•DerErsteWeltkriegverhindertparteipolitischeAktivitäten

II. DAS enDe DeS erSten WeltkrIegeS unD DIe geurtSStunDe DeS SPD-ortSvereInS In PfAffenhofen: DIe JAhre 1918 bIS 1933

•Kriegsende1918undWiederbeginnpolitischerAktivitäten

anfänge der sozialdemokratie vor ort: Der ortsverein pfaffenhofen wird gegründet •GewinnhochkarätigerRednerdurchdenOrtsverein•1919:DieSPDetabliertsichimStadtrat•EntwicklungenimOrtsvereinundAktivitätenimStadtrat•WirtschaftskriseundpolitischeRadikalisierungimBezirk•DieerstenVorständeimOrtsverein•DerArbeitersportvereinPfaffenhofen–SportundFußballinderSozialdemokratie•VerbotderSPDundVerfolgungihrerAnhänger:DasgewaltsameEndederParteiunddieNS-Zeit•ParteienverboteimBezirkundVerfolgungpolitischAndersdenkender

III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945 •GeschichtlichesUmfeld•DieWiederzulassungderSPDinBayernunddiebesondereRollePfaffenhofens

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InhaltsverzeIchnIs

•DererstefunktionierendeOrtsverbandBayerns1945:ErsteTreffenderSozialdemokrateninPfaffenhofen•DerGründungsaktdesbayerischenLandesverbandesderSPDim„MoosburgerHof“•KommunalpolitikimerstenNachkriegsjahrzehnt•DieersteStadträtininPfaffenhofen

Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt entwicklung der spD vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen •GeschichtlichesUmfeld•Die„jungenWilden“kommen:GenerationswechselbeiderSPDinden1960-erJahren•DieEntwicklungdesOrtsverbandsinden1960-erund1970-erJahren•ImpulseimgewerblichenBereichundaufkulturellemSektor:SPD-PolitikundEinflussmöglichkeiten inderKommunalpolitikinden1970-erund1980-erJahren•NeueThemenaufderAgendaderPartei•Herausforderungender1990-erJahre•DieUmfrageaktion„Tiefgarage“undFußgängerzone

wahlkampf 2008 und die „bunte koalition“•MitSteckerleis,SenftütenundSelbstironiegegeneineÜbermacht•BunteKoalition„StadtimAufbruch“•PAFundDU–NeueWegeder„direktenDemokratie“•WichtigeInvestitionenineinelebendigeStadtentwicklung•BunteBilanz2008bis2014•SPD-OrtsvereinmitneuemSchwung•AktionendesOrtsvereins2008bis2014•HistorischeStadtführungenzum150-jährigenParteijubiläum

kommunalwahl 2014•SPDerreichtwiederalteStärke•P.L.A.N.2020–„DieBUNTE“Pfaffenhofengehtweiter

v. nAmen AuS Der geSchIchte Der SPD In PfAffenhofen•ListederStadträte,VorsitzendendesSPD-OrtsvereinsundBürgermeister

vI. WAhlergebnISSe Der StADtrAtSWAhlen von 1919 bIS 2014

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

baYern im LeTzTen DriTTeL Des 19. JaHrHunDerTs

Der geschichtliche Hintergrund

Vor 150 Jahren, am 23. Mai 1863, wurde in Leipzig der „Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV)“ gegründet. Als Reaktion auf die bereits im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in den deutschen Großstädten einsetzende Industrialisierung mit der Herausbildung einer Arbeiterschaft erkannten Männer wie Ferdinand Lassalle oder August Bebel die Notwendigkeit, für die Belange der Arbeiter einzutreten, die dem Diktat der Unternehmer in den aufkommenden Industriebetrieben ausgesetzt waren.

Die Arbeitsbedingungen gaben die Unternehmer vor und konnten sie frei von jeder gesetzlichen Grundlage festlegen. Der Weg hin zu Arbeitnehmervertretungen und Arbeitsschutz war noch weit. In Bayern bildeten sich die Metropolen München, Augsburg und Nürnberg als erste Industriestandorte heraus. Unter dem bayerischen König Max II., der von 1848 bis 1864 regierte, erfolgten entscheidende Weichenstellungen, die Bayern vom reinen Agrarland langsam zum Standort moderner Fertigungsbetriebe werden ließen. Folglich setzten zunächst in diesen Orten seit den 1860-er Jahren Bestrebungen ein, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. In Bayern intensivierten sich die Aktivitäten der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“, wie der ADAV seit 1869 hieß, bereits in den 1870-er Jahren, insbesondere aber nach 1890. In diesem Jahr wurden die sogenannten „Sozialistengesetze“, die gegen die „Agitation“ der Sozialdemokratie gerichtet waren, nicht mehr verlängert.

kritisches augenmerk auf die „Träger der roten fahne“

Seitens der bayerischen Staatsregierung wurden die ersten sozialdemokratischen Versammlungen höchst kritisch beäugt und streng überwacht. Vom bayerischen Innenministerium befürchtete man Aktionen, die gegen die „Staatsregierung des eigenen Vaterlandes“ und deren Außenpolitik gerichtet waren und die zu Unruhen unter der Bevölkerung führen konnten. Unter anderem wurden am 3. Juli 1874 die Stadtmagistrate Freising und Ingolstadt und die für die sozialdemokratischen Versammlungen eigens abgeordneten Commissäre von der Regierung angehalten, „etwaigen Ausschreitungen“ entgegenzutreten und Übergriff e sofort anzuzeigen.

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

Bereits im Jahr 1872 bereiste der Bildhauer K. „als Agitator des Allgemeinen Deutschen Arbeiter-vereins“ verschiedene Provinzen der Monarchie. Er hielt in mehreren Städten öff entliche Vorträge und verbreitete in deutlichen Worten die Ideen Lasalles: „4 % der Gesamtbevölkerung sind Repräsentanten des Kapitals, Faulenzer, Dickbäuche und Blutsauger. … Die 4 % saufen Champagner und fressen Austern, dazu brauchen sie kein Salz; aber wir Arbeiter müssen uns und unsere Familien mit trockenem Brode und Salz ernähren.“ Der Bildhauer wurde für seine Äußerungen mit einem Jahr Gefängnis bestraft.

ablauf der „sozialistengesetze“ und erste „sozialdemokratische umtriebe“

Der bayerische Innenminister Maximilian von Feilitzsch erließ am 2. April 1891 an das kgl.-bayer. Staatsministerium des Innern eine Anordnung „Die Überwachung der sozialdemokratischen Agitations-Vereine betr.“, worin es hieß: „Von den Vereinen sozialdemokratischen Charakters, welche seit Ablauf des Reichsgesetzes gegen die gemein- gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie im Königreiche entstanden sind, haben einige off en die Verbreitung sozialdemokratischer Grundsätze als den Zweck ihrer Bestrebungen bezeichnet. Es ist zu erwarten, dass diese Vereine sozialdemokratische Propaganda nach einheitlichem Plane betreiben.“ In Oberbayern verstärkte der „sozialdemokratische Agitationsverein für Oberbayern, Niederbayern und Schwaben“ seine Aktivitäten und begann, in den kleineren Städten Bayerns aktiv zu werden. Das „Zurschautragen einer roten Fahne, des Wahr-zeichens der Sozialdemokratie, auf öff entlicher Straße und in demonstrativer Weise“ galt als Straftatbestand der Störung der öffentlichen Ordnung und zog Gefängnisstrafen nach sich.

HistorischesWahlplakat

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

früHe Hinweise auf soziaLDemokraTiscHe akTiViTÄTen

überprüfung verdächtiger personen seitens des staates

Der Streik der Buchdruckergesellen in Leipzig 1873 bildete den Anlass für eine Umfrage des bayerischen Innen-ministeriums vom 14. März 1873 über ähnliche Vorkommnisse im Königreich Bayern. Im Amtsbezirk Pfaff enhofen konnte lediglich ermittelt werden, dass bei Buchdrucker Herzog in Pfaffenhofen ein „dem Verband nicht angehörender Geselle tätig“ war, sodass keine Unruhen zu erwarten waren. Die Aktivitäten der Sozial-demokraten im Königreich Bayern nahmen jedoch schon während der Zeit der „Sozialistengesetze“ langsam zu.

anfänge sozialdemokratischer aktivitäten im raum pfaff enhofen: erste flugblattaktionen

Wenige Jahre nach dem Bau der Eisenbahnlinie München –Treuchtlingen in den Jahren 1865 bis 1867 siedelten sich erste Maschinen- und Industriebetriebe in Pfaff enhofen in der Nähe der Bahnlinie an. Erstmals boten sich hier einer größeren Zahl von Arbeitern Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft. Damit einher ging die Notwendigkeit einer Vertretung der Interessen der Arbeiter, die bald sichtbar wurde. In dieser Zeit machten sich erstmals Sozialdemokraten im Bezirk Pfaff enhofen, wie der Landkreis bis 1939 hieß, bemerkbar.

1891 und in den folgenden Jahren kursierten erste Flugblätter der Sozialdemokratischen Partei im Bezirk. Sie hingen an Bäumen und Hauswänden, verbreiteten Ideen zur Stärkung der Arbeiter und warnten vor der Ausbeutung durch die Unterneh-mer. Im März dieses Jahres kündigte sich ein so-zialdemokratischer Redner in Pfaffenhofen an. Das Bezirksamt fragte bei sämtlichen Gastwirtschaften der Stadt an, ob sie der „sozialdemokratischen Agi-tation“ ein Forum bieten wollten. Bis auf den Inhaber des „Pfaffelbräu“, dessen Unter-schrift auf der Mitteilung fehlt, sprachen sich alleBrauerei- und Gastwirtschaftsbetreiber gegen einenAuftritt des Sozialdemokraten in Pfaffenhofen aus. Über die Veranstaltung fehlen jedoch weitere Berichte. WeißbierbrauereiPfaffelbräuumdieJahrhundertwende

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

antwort von bürgermeister Lechner einen Tag später:

AmtenMaerzl.Js.andask.BezirksamtnachstehendeErklärungeingeschickt:

DieUnterzeichneten,dazubenachrichtiget,daßinPfaffenhofeneinesocialdemokratischeVersammlungbeabsichtigetseinsoll,verpflichtensichhiemitfreiwillig,einerderartigen,gemeingefährlichenAgitationdadurchentgegenzutreten,daßsiefüreinesolcheVersammlungdieAbgabeihrerLokaleverweigern.

Pfaffenhofend.28tenMaerz1891.

Unterschriften:AntonMüller,PhilippNiedermayr;MichaelAmberger;JohannGleich;AloisHeilmeier;AntonEinödshofer;Sebast.Urban;JohannAmberger;Sebast.Schweiger;Joh.Niedermayr;MartinGrabmaier;JosephHofmann;LorenzHirschberger;AloisRath;CreszenzTritscheler;MariaBachthaler.benno mayer (pfaffl bräu) fehlt bei den unterzeichnern

Pfaffenhofeneodem

AndasköniglicheBezirksamtPfaffenhofenimVollzugedesAuftragesvomGestrigenzurückgeleitet.

GehorsamDerBürgermeisterL.Lechner

Vertrauliches schreiben von bezirksamtmann ruhwandl an den stadtmagistrat wegen der ankündigung einer Veranstaltung der sozialdemokraten in pfaff enhofen (1891):

KöniglichesBezirksamtPfaffenhofen Vertraulich!

Betreff :DieBestrebungenderSozialdemokratie

DemVernehmennachsollindennächstenTageneinsozialdemokratischerAgitatorinPfaffenhofeneintreffen,umineineröffentlichenVersammlungfürdiesozialdemokratischeSachePropagandazumachen.-Wennauchkaumzuerwartenist,daßdiesozialdemokratischeParteiinPfaffenhofenzahlreicheAnhängerfindenwird,soistesdochmeinesErachtensAufgabeallerGutgesinnten,denzersetzendenBestrebungendieserParteimitErnstentgegenzutretenu.Allesaufzubieten,umihrWeiterschreitenzuverhindern.EsergehtdaherderAuftrag,alsbaldimWegedesvertraulichenCirkularesalleBesitzeröffentlicherLokalezurunterschriftlichenErklärungsabgabeaufzufordern,obsiebereitsind,dieAbhaltungjedervonAnhängerndersozialdemokratischenParteieinberufenenVersammlungdurchVerweigerungihrerLokalezuhintertreiben.DasErgebnisderUmfrageistmirbinnen3Tagenvorzutragen.-

Derk.BezAmtmannRuhwandl

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

parteiarbeit im späten 19. Jahrhundert auf dem Land Ein Artikel im Bezirksamtsblatt aus dem Jahr 1893 berichtet, wenngleich aus kritisch-distanzierter Perspektive, über die Parteiarbeit der Sozialdemokraten auf dem Land. Darin heißt es: „Eine ungemein rührige Wahlagitation entwickeln unsere Sozialdemokraten. Heute zogen dieselben sehr zahlreich nach allen Windrichtungen hinaus, jeder Einzelne schwer bepackt mit Bündeln von Wahlfl ugschriften und Wahlzetteln, um die Landleute für die Wahl zu ködern.“ Das Werbematerial stammte aus München. Von dort empfahl sich ein „sozialdemokratischer Zeitungs- schreiber aus München“ für den Bezirk Pfaff enhofen als Kandidat, dessen Werbung „von jungen Velociped fahrenden Leuten auf dem Lande, so viel wir hören, in der auf- und zudringlichsten Weise betrieben wird.“ Die Sozialdemokraten nutzten vor gut 100 Jahren das schnellste Verkehrsmittel, um ein Netzwerk im Königreich Bayern aufzubauen, das Fahrrad oder damals auch „Veloziped“. Noch gab es kein Netz von Ortsvereinen auf dem Land, die Impulse kamen aus den Großstädten.

„wühlerversammlungen“ durch jugendliche Handwerksgesellen: Der „stegerbräu-radau“

Seit den frühen 1890-er Jahren fanden in Pfaff enhofen erste konkrete Infor-mationsveranstaltungen und Wahlver-sammlungen der Sozialdemokraten statt. Ihre Anhänger hatten jedoch nicht nur gegen die anderen Parteien wie das katholische Zentrum oder die Liberalen, sondern auch gegen die örtliche Presse, das Bezirksamtsblatt, anzukämpfen, wo in deutlichen Worten gegen die neue Bewe-gung berichtet wurde. Anlässlich einer Ver-sammlung im „Stegerbräu“ im Oktober 1893 kam es zu Unruhen, die im Bezirk für einige Zeit Tagesthema blieben und das Establishment schockierten.

DieBrauerei„Stegerbräu“,SchauplatzderWühlerversammlung(um1925)

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

Der Berichterstattung zufolge berief ein junger, kaum 20-jähriger arbeitsloser Schreinergehilfe am Fron- leichnamsfest eine sozialdemokratische Versammlung ein. Er hatte damit noch gar nicht das wahlfähige Alter und wurde, so das Amtsblatt, von einem erst kürzlich aus dem Zuchthaus Entlassenen unterstützt. Auf der Versammlung waren, in damaliger Zeit undenkbar, auch „Weiber mit Kinderwagerln und Jungen von 14–17 Jahren“ anwesend und hörten auf die Ansprachen von arbeitslosen jungen Menschen. Weiter hieß es: „Eine Wühlerversammlung, wie die im Stegerbräukeller zu Pfaff enhofen am Fronleichnams-feste war, bietet keinen Reiz für Leute, die noch eine andere Ehre als die socialdemokratische kennen.“ Der Hauptredner sei ein „Haupt-Agitator der Umsturzpartei …, jener Partei, welche nicht nur die Existenz von Staat und Kirche auf das heftigste bekämpft, sondern gleichzeitig auch die Existenz des Bürgers und Bauers ver-nichtet wissen will.“

Die Szene gibt einen anschaulichen Blick in die politische Landschaft Bayerns um 1900. Nur wenige Jahre nach der Aufhebung der „Sozialistengesetze“ entwickelten die Sozialdemokraten jetzt auch auf dem Land Aktivi-täten und formulierten Ideen, die damals revolutionär und in den Augen der Staatsdiener und Vertreter der Gemeinden geradezu „umstürzlerisch“ wirkten. Zunächst noch mit einzelnen Aktionen operierend, konsoli-dierte sich die SPD und stellte Kandidaten für Landtags- und Reichstagswahlen auf.

Sie war neben den anderen Parteien plaziert, besaß noch kein Netz an Ortsverbänden, baute jedoch auf ein stabiles Gefüge in den Großstädten wie München auf, von denen aus Aktionen gestartet wurden.

Anzeigeimköngl.BezirksamtsblattimVorfeldderStadtratswahlenvom15.Juni1919

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

ÄnDerungen Der sTrukTuren im bezirk unD beginnenDe parTeiakTiViTÄT

Das ausgehende 19. Jahrhundert, in Bayern von der vermeintlich beschaulichen „Prinzregentenzeit“ (1886–1912) geprägt, war in Wirklichkeit eine Zeit der Veränderung, des Umbruchs, der auch die Arbeitswelt und die Existenz des Einzelnen betraf. Im Bezirk begannen sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die traditionellen Strukturen des Arbeitsmarktes langsam zu verändern. Die nahe an den Raum heranrückende Konkurrenz der Großstädte wirkte sich auf das heimische Handwerk und Gewerbe aus. Daraus resultierten erste Bankrotte kleiner und mittelständischer Be-triebe in Pfaffenhofen.

Das Jahr 1907 – wahlkampf und politische Versammlungen in pfaffenhofen

Das „Wahljahr 1907“ führte in Pfaffenhofen und den größeren Orten des Bezirks im Vorfeld der Reichstags- und Bezirkswahlen zu einer Vielzahl parteipolitischer Veranstaltungen der Liberalen, der Christlich-Sozialen und des Bauernbundes. Themen der Versammlungen in Pfaffenhofen waren die Reichsgesetzgebung, die Politik im Reichstag sowie die Lage der Arbeiter und des Mittelstandes in der Region. Im Bezirk Pfaffenhofen machten sich Probleme bemerkbar, die man auch aus der Gegenwart kennt: Geschäftesterben, Leerstände und Konkurrenz von Billigprodukten aus der Großstadt. Durch niedrige Preise bei geringerer Qualität erwuchs dem heimischen Handwerk und Gewerbe neue Konkurrenz. Auch die Arbeiterfrage im Bezirk begann sich im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu verschärfen. Erste Industriebetriebe wie die Firma Blaudruck König, die Maschinenfabrik Stocker in Pfaffenhofen, das Quarzwerk bei Reichertshausen oder die Pulverfabrik bei Ebenhausen beschäftigten eine größere Zahl an Arbeitern, die Industrialisierung im Bezirk hatte in kleinem Rahmen begonnen. Das Bezirksamt berichtete am 24. Februar 1907 über die Situation im Amtsbezirk:

„Industrie ist im Amtsbezirke abgesehen von den circa 25 kleineren Brauereien u. Ziegeleien nur in zwei wenig bedeutenden Fabriken, einer Maschinenfabrik und einer Dampffärberei vertreten, welche den ganzen Winter hindurch die gleiche Zahl von Arbeitern beschäftigen. Die landwirtschaftlichen Arbeiter und Taglöhner sind weitaus überwiegend. Diese aber finden den ganzen Winter hindurch guten Verdienst als Holzarbeiter und beim Holztransport in den Staats-, Privat-, Gemeinde- und Stiftungswaldungen.“

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

Der kreditskandal von 1908: Die soziale frage wird aktuell

Im Jahr 1908 sollte jedoch erstmals die Situation der Arbeiter im Bezirk zum sozialen Sprengstoff werden. Ein Streik der Beschäftigten bei den Amperwerken kündigte unruhige Zeiten an. Ein Schreckensszenario war der Skandal der Kreditkasse für den Mittelstand des Bezirks Pfaff enhofen 1908, der als „Holzbauer“-Skandal in die Schlagzeilen geriet. Der Betreiber einer Dampfbäckerei hatte sich fi nanziell übernommen und in überhöhtem Maße Kredite von der Kasse erhalten, die er nicht zurückzahlen konnte. Dies beeinträchtigte massiv die Liquidität anderer Firmen. Holzbauer fl üchtete in die Schweiz, wo er jedoch nach einigen Wochen ausfi ndig gemacht und verhaftet werden konnte. Die Firma Blaudruck König als damals größter Arbeitgeber der Stadt ging bankrott und wurde als Färberei weiter betrieben. Zwei Jahre später gründete Adolf Groß quasi als Nachfolgeunternehmen die Firma „Blaudruck Groß“, über Jahrzehnte größter Arbeitgeber in Pfaff enhofen. Viele der beschäftigten Arbeiter, insgesamt eine Zahl über 100, verloren wegen des Finanzskandals vorübergehend ihre Beschäftigungsmöglich-keiten und mussten sich nach Alternativen umsehen. Erstmals drohten in der Stadt Arbeitslosigkeit und damit verbundene Armut, die leicht zu sozialem Sprengstoff werden konnte.

erste arbeitsbeschaff ungsmaßnahmen des bezirksamts im 20. Jahrhundert

Seitens des Bezirksamtes wurden um 1900 erste Steuerungsmaßnahmen zur Beschäftigung von Arbeitern ergriff en und erste Arbeitsbeschaff ungsprogramme, meist für größere Bauvorhaben, initiiert. Neben dem Straßenausbau zählten dazu Brückenbauten wie bei Weihern, der Bau der Hopfenhalle in Pfaff enhofen oder die Errichtung des Schlachthofes 1909/10. Auch beim „Eisen“ für die Brauereien, dem Losschlagen von Eisblöcken zum Kühlen des Biers in den Brauereikellern, fanden einige Arbeiter Beschäftigung. Die Situation der Fabrikarbeiter wurde von der SPD im Bezirk wiederholt thematisiert. Mehrere Veranstaltungen mit Wahlaufrufen und Vorträge zur Lage der Arbeiter sollten die Bevölkerung für die Problematik mobilisieren. Vertreter im Bezirk und Kandidat für den Landtag seitens der SPD war der Münchner Sozialdemokrat Stölzl.

Straßenausbau zählten dazu Brückenbauten wie bei Weihern, der Bau der Hopfenhalle in Pfaff enhofen oder

EisblöckesägenanderScheyererStraße(um1910)

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I. DIe Anfänge Der SozIAlDemokrAtIe In PfAffenhofen

Der erste weltkrieg verhindert parteipolitische aktivitäten

Die Politisierung im Bezirk setzte sich bis zum Ersten Weltkrieg in den vertrauten parteipolitischen Bahnen fort. Neben dem Zentrum hatten sich die Liberalen, der Bauernbund und die Sozialdemokraten etabliert, die sich immer wieder über die Tagespolitik in die Haare bekamen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 führte zu einer Unterbrechung der parteipolitischen Aktivitäten. Die Kriegsgeschehnisse an den Fronten und ihre Auswirkungen, die durch Mangel an Material, Versorgungsgütern und Nahrungsmitteln im Bezirk spürbar waren, unterbanden die Parteipolitik vor Ort.

Umso mehr sollte sie sich am Ende des Krieges im November 1918 bemerkbar machen, als mit der Nieder-lage Deutschlands und der Abschaff ung des herrschenden Systems eine neue Epoche der Geschichte und der politischen Parteienlandschaft begann.

MobilmachungErsterWeltkrieg–VerabschiedungderSoldatenamBahnhofPfaffenhofen(1914)

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II DAS enDe DeS erSten WeltkrIegeS unD DIe geburtSStunDe DeS SPD-ortSvereInS In PfAffenhofen: DIe JAhre 1918 bIS 1933

kriegsende 1918 und wiederbeginn politischer aktivitäten

Der 1914 ausbrechende Erste Weltkrieg, ausgelöst durch das Attentat auf das österreichische Thronfolgerehepaar in Sarajevo Ende Juni 1914 und seitens der Deutschen Militärführung als Blitz-krieg mit schneller Entscheidung angesehen, mündete bereits 1915 in Stellungskämpfe. Sie forderten Millionen von Todesop-fern unter den Soldaten aller beteiligten Nationen, ohne in den folgenden Jahren irgendwelche Gewinne an Territorium zu erreichen. Anfang November 1918 verhinderte der Streik der Marinearbeiter in Kiel das Auslaufen der deutschen Flotte und damit die Fort-führung des Krieges und führte zum Sturz der Monarchie. Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann (SPD) in Berlin die Republik aus und zwei Tage später kam es in Frankreich bei Compiègne zum Waff enstillstand. Die folgenden Monate brachten eine große politische, wirtschaft-liche und soziale Unsicherheit mit sich. Insbesondere die Revo-lutionszeit der Jahre 1918/19 mit der Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten in zahlreichen Städten Bayerns läutete eine neue politische Ära in Deutschland ein. Neben Parteien wie der Bayerischen Volkspartei (BVP), dem katholischen Zentrum und den Liberalen entwickelte die SPD im Bezirk jetzt rege Aktivitäten und hielt zahlreiche Versammlungen ab. Neben den Sälen der Brauereien und Gastwirtschaften konntenauch Turnhallen wie die der Knabenschule (heute Joseph-Maria-Lutz-Schule) für Großveranstaltungen genutzt werden. Die dortigen Versammlungen verliefen vor dem Hintergrund der instabilen politischen Lage der Nachkriegsjahre sehr intensiv und emotional.

AufrufdesOrtsvereinsausder„Revolutionszeit“1918/19,dieintensivepolitischeDiskussionenauslöste.

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anfÄnge Der soziaLDemokraTie Vor orT: Der orTsVerein pfaffenHofen wirD gegrünDeT

Vermutlich noch 1918 wurde der SPD-Ortsverband Pfaff enhofen gegründet, der auf den monatlichen Treff en im damaligen Vereinslokal, dem „Salverbräu“, aktive Mitgliederwerbung betrieb und die Bevölkerung über seine Aktivitäten informierte. Der Inhaber der Gastwirtschaft, Castulus Schneider, war Sozialdemokrat und Mitglied des Ortsverbandes.

Ende 1918 fand im Brauereigasthof Fuchsbichler in Geisenfeld eine erste große sozialdemokratische Versamm-lung statt, die von der „Gauleitung“ einberufen wurde. Weitere Zusam-menkünfte folgten in den größeren Orten des Bezirks, aber auch in Ge-meinden wie etwa Ilmmünster, wo der SPD-Politiker Gohlke über das politische Tagesgeschehen referierte. Damals entstanden auch in den Märk-ten Wolnzach, Geisenfeld und Vohburg eigenständige Ortsverbände der So-zialdemokraten.

„Moderne“ Themen waren unter an-derem das 1919 eingeführte Frau-enwahlrecht und die sogenannte „Verreichlichung“. Sie bedeutete die Schaff ung eines einheitlichen Reichs-rechts für alle deutschen Länder, sodass Bayern beispielsweise keine eigene Finanzverwaltung oder kein eigenes Militär mehr besaß und – wie man damals sagte – „preußisch wurde“.

Parteilokalwarab1919der„Salverbräu“,dessenInhaberCastulusSchneiderSozialdemokratwar(2012).

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II DAS enDe DeS erSten WeltkrIegeS unD DIe geburtSStunDe DeS SPD-ortSvereInS In PfAffenhofen: DIe JAhre 1918 bIS 1933

gewinn hochkarätiger redner durch den ortsverein

Bereits 1919 organisierte der SPD-Ortsverband, dem L. Braun-Barth, ein in Pfaff enhofen ansässiger Seifen-sieder und Unternehmer, vorstand, erste Veranstaltungen im Müllerkellersaal. Man versuchte, hochrangige Redner wie Antonie „Toni“ Pfülf zu gewinnen, die jedoch ihren Vortrag zum Thema „Stellungnahme der So-zialdemokratie gegen die Friedensverhandlungen“ nicht halten konnte, da sie kurz vorher telegrafi sch zu einer wichtigen Unterredung nach Berlin berufen wurde.

Dagegen trat im September 1919 der Land- tagsabgeordnete Albert Roßhaupter im Müllerkellersaal mit dem Thema „Die So-zialdemokratie im bayerischen Landtag“ auf. Das damals der Sozialdemokratie stets ab-lehnend bis feindlich gegenüberstehende Pfaff enhofener Bezirksamtsblatt berichtete in diesem Fall sehr objektiv und anerkennend über die Redegabe Roßhaupters und die Berechtigung der von ihm angesprochenen Problemkreise.

BerichtüberdenAuftrittvonAlbertRoßhaupterimMüllerkellersaal(1919)

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1919: Die spD etabliert sich im stadtrat

Die Kommunalwahlen des Jahres 1919 brachten kommunalpolitisch den Durchbruch der SPD. Bei der Stimmabgabe in den damaligen zwei Wahlkreisen Pfaff enhofens votierten die Pfaff enhofener so, dass fünf der insgesamt zwölf Stadtratsmandate auf die SPD entfi elen.

Sebastian Wildmoser, Schlosser, Alois Rackl, Werkführer, Michael Speigl, Telegrafenbauaufseher, Friedrich Hauber, Gitterstricker, und Theodor Morvilius, Werkführer, waren die ersten Pfaffenhofener Stadträte der Sozialdemokraten.

entwicklungen im ortsverein und aktivitäten im stadtrat

Die Zeitverhältnisse waren neben der weiterhin bestehenden politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit auch von einer zunehmenden Wohnungsnot in Pfaff enhofen geprägt. Die SPD-Fraktion stellte hierzu unter anderem den Antrag auf Wohnungsrationierungen, um die Not zu lindern. Zwar wurde der Antrag abgelehnt, doch kam eswenige Monate später zur Gründung des „Mietervereins Pfaff enhofen“, der sich dieser Problematik widmete. Wie im ganzen Land spalteten sich 1919 von der SPD zwei Gruppierungen ab, die bis 1922 mit eigenen Aktionen an die Öffentlichkeit traten: Die gemäßigte „Mehrheits-SPD“ (MSPD) und die weiter links angesiedelte „Unabhängige Sozialdemokratie“ (USPD), die beide auch kurzzeitig im Bezirk auftraten. In der SPD-Ortsfraktion kam es 1920 zu einem Wechsel im Vorstand: Auf L. Braun-Barth, der als Führer der Sanitäts-Kolonne in Pfaff enhofen sehr angesehen war, folgte der Telegrafenfacharbeiter Blasius Kneidl nach, der in den kommenden Jahren die Arbeit der SPD in Pfaff enhofen prägte.

wirtschaftskrise und politische radikalisierung im bezirk

Die instabile politische und zunehmend prekäre wirtschaftliche Lage in Deutschland, die 1923 in eine Hyperin-fl ation mündete, sorgte für eine zunehmende Polarisierung des Parteienspektrums auch im Bezirk. National-sozialisten und Kommunisten gründeten Ortsgruppen ihrer Parteien am äußeren Spektrum und sorgten ne-ben den bestehenden Parteien für eine intensive Wahlpropaganda und eine hohe Anzahl von Veranstaltungen in den großen Sälen der Stadt.

ZudenerstensozialdemokratischenStadträtenzählteTheodorMorvilius(1910).

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Für die SPD, deren Ortsverein sich fest in der Parteienlandschaft etablierte, sprach 1921 der frühere Justiz- und Innenminister Fritz Endres im Müllerkellersaal zum Thema „Deutsche Politik“. Auch in Wolnzach und Geisenfeld hatten sich nach dem Ersten Weltkrieg örtliche SPD-Vereine gebildet, um die Interessen der So-zialdemokratie zu vertreten. Zentrale Themen blieben die wirtschaftliche und soziale Not sowie der über die gesamten 1920-er Jahre anhaltende Wohnungsmangel.

Er war Resultat der beginnenden Landfl ucht und der Zuwanderung in auch kleinere Städte wie Pfaff enhofen, wo mit Beginn des Ersten Weltkrieges kein Wohnungsbau mehr erfolgt war.

Die ersten Vorstände im ortsverein

1924 fand ein Wechsel in der Vorstandschaft der SPD Pfaffenhofen statt. Auf Blasius Kneidl folgte Heinrich Müller, der bis zum Verbot der Partei am 22. Juni 1933 dem Ortsverband vorstand. Mit Johann Schmid, Valentin Crusius und Josef Sommer saßen ab 1929 drei SPD-Vertreter im Stadtrat, bei den letzten freien Wahlen 1933 gehörte Martin Hackl anstelle von Josef Sommer dem Stadtparlament an.

SchreibendessozialdemokratischenVereinsPfaffenhofenmitderBenennungvonJohannSchmidt,ValentinCrusius,

TheodorMorviliusundJohannHuberalsWahlbeisitzerfürdieReichstagswahlendesJahres1924.

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Der arbeitersportverein pfaffenhofen – sport und fußball in der sozialdemokratie

Gegen Ende der 1920-er Jahre gründeten mehrere Ar- beiter als Gegenpol zu den „bürgerlichen“ Sport- vereinen den „Arbeitersportverein Pfaff enhofen e.V.“(ASV), der zum Sammelbecken der Arbeiter von Pfaff enhofen und Umgebung wurde. Die Ak-tivitäten lagen überwiegend auf dem Fußball-sport und dem Turnen. Daneben fanden bald regelmäßig gesellige Veranstaltungen statt. Die Nähe des Vereins zur örtlichen Sozialdemokratie bildete ein Fundament, die Entwicklung der SPD auf eine neue Ebene zu stellen.

Bis zum Einschnitt des Jahres 1933 war der Verein, dem Josef Sommer vorstand, eine feste Größe im Geschehen der Stadt Pfaff enhofen a. d. Ilm. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Wiedergründung, ehe der ASV Mitte der 1950-er Jahre im MTV Pfaff enhofen aufging.

Verbot der spD und Verfolgung ihrer anhänger: Das gewaltsame ende der partei und die ns-zeit

Im Zuge der seit dem Schwarzen Freitag am 25. Oktober 1929 um sich greifenden Weltwirtschaftskrise setzte in Deutschland eine deutliche politische Radikalisierung ein. Am äußersten Parteienspektrum erhielten vor allem die Nationalsozialisten erheblichen Zulauf. Bereits zu Beginn der 1930-er Jahre wurde die NSDAP stim-menstärkste Partei in Deutschland. Ihre Agitation gegen Andersdenkende nahm an Schärfe stetig zu. Auch im Bezirk Pfaff enhofen waren ihre Anhänger präsent und organisierten zahlreiche Veranstaltungen.

reichstagswahlergebnisse der stimmenstärksten parteien im bezirk pfaff enhofen

Partei 1928 1930 Juli 1932 März 1933

BVP 860 958 978 826

SPD 562 566 522 570

NSDAP 179 336 561 1033

AnzeigendesArbeitersportvereinsPfaffenhofen,derseit1928mitvielfältigenAktivitätenandieÖffentlichkeittrat.

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Mit der Machtübertragung vom 30. Januar 1933 durch Reichspräsident Paul von Hindenburg an Adolf Hitler, der zum Reichskanzler ernannt wurde, begann eine Periode der Veränderung des Staatsgefüges Deutschlands. Mit dem „Ermächtigungsgesetz“, das am 5. März 1933 im Reichstag gegen die Stimmen der SPD verabschiedet wurde, war der Abschaff ung demokratischer Strukturen freier Lauf gegeben. Eine Phase der „Gleichschaltung“ sämtlicher Organisationen, Behörden, Verbände und Vereine begann.

KandidatenlistederSPDzurKommunalwahl1929

LitfaßsäuleanderMünchenerStraßeausderZeit1932/33

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parteienverbote im bezirk und Verfolgung politisch andersdenkender

Schon kurz nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler begann eine verstärkte Verfolgung von Politikern, die nicht der NSDAP angehörten. Be-sonders hart gingen die dabei eingesetzten SA-Männer gegen Kommunisten und Sozialdemokraten vor. Wie in vielen anderen Städten Deutschlands traten sie auch in Pfaff enhofen vor die Häuser von Angehörigen dieser Parteien, ver-hafteten die Männer und brachten sie nach Dachau oder München zum Verhör.Mit Einschüchterungen und Drohungen sollten die Aktivitäten der Parteien schnell beendet werden.

Im Mai 1933 erfolgte die Neubesetzung des Stadtrats. Die Vertreter der bis dahin noch im Stadtrat sitzenden Parteien wurden ihrer Amts- pfl ichten entbunden und durch Parteimitglieder der NSDAP ersetzt. Die Stadträte führten jetzt die Bezeichnung „Ratsherren“. Die Unterdrückung der Sozialdemokraten in Pfaff enhofen setzte sich fort. Heinrich Müller, seit 1919 Parteimitglied der SPD und Ortsvorsitzender bis 1933, wurde mehrmals für mehrere Wochen interniert. Vor einem schlimmeren Schicksal be-wahrte ihn die persönliche Bekanntschaft mit Kaspar Schwarzhuber, der sich für ihn verwendete. Auch die Stadträte Valentin Crusius, Georg Heindl und Martin Hackl wurden wiederholt verhaftet.

DieSozialdemokratiestimmte1933gegendasReichsermächtigungs-gesetz.OttoWelsimReichstagam23.März1933:„FreiheitundLebenkannmanunsnehmen,dieEhrenicht.“

OrtsvorsitzenderHeinrichMüller

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DerPfaffenhofenerHauptplatz1936mitNS-Beflaggung

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

geschichtliches umfeld

Für zwölf Jahre gab es in Deutschland nur mehr eine Partei, die NSDAP. Im Einparteienstaat mit gleichge- schalteten Behörden und Organisationen standen Widerstand und von der Parteilinie abweichende Meinungen unter härtester Bestrafung. Die Politik des NS-Regimes unter Adolf Hitler führte in den Zweiten Weltkrieg, der die Niederlage Deutschlands und die Kapitulation am 8. Mai 1945 nach sich zog. Mehr als 20 Millionen Menschen mussten ihr Leben lassen, neben zahlreichen Soldaten auch Andersdenkende, politisch Diskriminierte oder aus rassischen Gründen verfolgte und internierte Menschen sowie Angehörige der Zivilbevölkerung. Mit dem Einmarsch der Alliierten in Deutschland und der Besetzung des Landes begann ein neuer Abschnitt in der deutschen Geschichte. Der Aufbau demokratischer Strukturen und die Lizenzierung politischer Parteien waren ein Signal für einen politischen Neuanfang.

Die wiederzulassung der spD in bayern und die besondere rolle pfaff enhofens

Nach dem Einmarsch der Amerikaner in Pfaff enhofen am 28. April 1945 und dem Aufbau der Militärregierung galt es zunächst, unbelastete Personen für die politischen Ämter zu fi nden. Der mit demokratisch gesinnten Männern besetzte Stadtrat sollte Garant für einen Neuanfang werden. Als einzige Partei aus der Zeit vor 1933 kehrte die SPD unter ihrem früheren Namen wieder auf die politische Bühne zurück. Einige ihrer Pfaff enhofener Mitglieder, die die Zeit der Verfolgung und Denunziation überlebt hatten, sowie neue Gesichter aus dem Kreis der Heimatvertriebenen, die ebenfalls langjährige politische Er-fahrung mitbrachten, bildeten das Fundament für das Wiedererstehen der Sozialdemokratie in Pfaff enhofen noch im Jahr 1945.

Der erste funktionierende ortsverband bayerns 1945: erste Treffen der sozialdemokraten in pfaffenhofen

Schon wenige Wochen nach Kriegsende kam es zu ersten Aktivitäten der SPD. Insbesondere der kommissarisch eingesetzte Landrat von Pfaff enhofen Ernst Vetter (1906–1990), ebenfalls ein langjähriger Sozialdemokrat, besaß gute Kontakte zu hochrangigen Parteigenossen aus der Weimarer Zeit vor 1933. Er arrangierte noch vor der offi ziellen Zulassung der Partei durch die Amerikaner mehrere „inoffi zielle“ Treff en der örtlichen SPD-Politiker. Dort schufen die An-wesenden die notwendigen Strukturen für parteipolitische Aktivitäten.

SPD-LandratErnstVetter

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

Ein Versammlungslokal für die Sozialdemokraten bot sich mit dem „Moosburger Hof“ in Pfaff enhofen geradezu an. Der „Moosburger-Sepp“ Josef Rath, langjähriger Sozialdemokrat und kurzzeitig auch von den Amerikanern kommissarisch einge-setzter Bürgermeister, besaß die traditionsreiche Pfaff enhofener Gaststätte, die er mit seinen beiden Schwestern betrieb. Dort fanden die ersten Treff en des noch nicht offiziell bestehenden Orts- und Kreisverbandes statt, die im November 1945 zu einem Meilenstein der Nachkriegsgeschichte der SPD führen sollten. Vetter sprach später rückblickend davon, dass es in Pfaff enhofen den ersten wirklich funktionierenden Ortsverein der SPD gegeben habe.

Der„MoosburgerSepp“JosefRath(1898–1958)injungenJahren.

Dergeschichtsträchtige„MoosburgerHof“,indemdieAktivitätenderSPDnachdemZweitenWeltkriegihrenAnfangnahmen(um1950).

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

Der gründungsakt des bayerischen Landesverbandes der spD im „moosburger Hof“

Ernst Vetters aus Zeiten der Weimarer Republik stammende gute Kontakte reichten in höchste politische Kreise. Zu ihnen zählte Wilhelm Hoegner, der ab Juli 1945 wiederholt in Pfaff enhofen präsent war und durch die amerikanische Besatzungsbehörde im September zum Ministerpräsidenten ernannt wurde.

Ernst Vetter gelang es, in mehreren Treff en eine Mischung aus etablierten, langjährigen SPD-Politikern und neuen Kräften in Pfaff enhofen zusammenzuführen.

Nach ersten Zusammenkünften von Vertretern aus sämtlichen bayerischen Regierungsbezirken fand vom 11. auf den 12. November 1945 inoffiziell die erste Landestagung der SPD mit 70 Teil-nehmern aus ganz Bayern statt. Wenige Tage später ließen die Amerikaner die SPD im Raum München zu, ehe am 8. Januar 1946 die Partei auch wieder auf Landesebene genehmigt wurde.

kommunalpolitik im ersten nachkriegsjahrzehnt

Nach den Jahren der politischen Konsolidierung mit allein vier Ratsperioden in den Jahren 1945 und 1946 konnte im Jahr 1948 das erste auf vier Jahre gewählte Stadtparlament seine Arbeit aufnehmen. Die SPD war darin mit fünf Sitzen vertreten, Josef Rath hatte das Amt des zweiten Bürgermeisters hinter Wilhelm Stocker inne. Zentrale Themen, die auch im Ortsverein diskutiert wurden, waren die Schaffung von Wohnraum, die Integration der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge und die Währungsfrage. Mit der Einführung der D-Mark am 20. Juni 1948 kam es zu einem wirtschaftlichen Neuanfang, der den Schwarzmarkt ablöste, je-doch vielen Sparern den Verlust ihres Guthabens brachte.

PräsentationderGedenktafelamMoosburgerHofmitSPD-BundesgeschäftsführerGüntherVerheugen(1995)

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

SPD-WahlinformationfürdieStadtratswahlen1946

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

Eine besondere Konstellation ergab sich bei der Wahl Franz Edler von Kochs (CSU) zum Landrat im Jahr 1948. Nachdem damals dem Kreistag die Wahl des Landrats zustand und die CSU lediglich 17 Sitze innehatte, die Bayernpartei, der BHE und die SPD zusammen jedoch auf 28 kamen, benötigte die CSU einen „Partner“. Diesen fand sie in der SPD, wofür diese mit Franz Schütz den Stellvertreter-posten des Landrats bekam.

Die 1950-er Jahre waren von den alles überlagernden Themen Wohnungsbau und Integration der Heimat-vertriebenen und Flüchtlinge bestimmt. Auch in Pfaff enhofen waren diese Felder von zentraler Bedeutung. Zu einem Politikum wurden die Amtsführung durch Bürgermeister Willy Stocker und Ungereimtheiten in der Stadtverwaltung, die ab Mitte der 1950-er Jahre in einen handfesten Skandal ausarteten und zum Rücktritt des Bürgermeisters führten. Die Stadträte der SPD hatten bereits 1953 die ausbleibende Vorlage des Haushalts moniert und drängten auf feste Amtsstunden des Bürgermeisters, der oft außerhalb des Rathauses unterwegs und zu selten vor Ort greifbar war.

Die erste stadträtin in pfaff enhofen

In der folgenden Wahlperiode 1952 bis 1956 gelang erstmals Frauen der Sprung in das Stadtparlament. Die SPD stand traditionell schon seit Jahrzehnten Frauen zur politischen Mitarbeit offen. Mit der Rechtsanwältin Dr. Karin Schmidt, zugleich Frauenbeauftragte in der Partei, besaß die SPD in Pfaffenhofen seit 1948 eine anerkannte und respektierte Persönlichkeit, die im Jahr 1952 erstmals in den Stadtrat einzog und dem Gremium bis zu ihrem Wegzug aus Pfaff enhofen 1959 angehörte.

FranzSchütz(links)mitBürgermeisterJakobSanwald(um1960)

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III. krIegSenDe unD neuAnfAng 1945

PortraitvonDr.KarinSchmidtzurLandtagswahl1958

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

enTwickLung Der spD Vor Dem HinTergrunD geseLLscHafTLicHer VerÄnDerungen

geschichtliches umfeld

Die 1960-er und 1970-er Jahre waren eine Zeit des Aufbruchs. Auf Bundesebene ging die Ära Adenauer im Jahr 1963 zu Ende. Nach dem Intermezzo der Kanzlerschaft Ludwig Erhards leitete die „Große Koalition“ der Jahre 1966 bis 1969 eine neue Epoche ein, die von 1969 bis 1982 unter der Kanzlerschaft der Sozialdemokratie stand.

Die bayerische Landespolitik wurde von der CSU unter Ministerpräsident Alfons Goppel (1962–1978) bestimmt, die seinerzeit die absolute Mehrheit im Freistaat innehatte.

Die „jungen wilden“ kommen: generations- wechsel bei der spD in den 1960-er Jahren

Tiefgreifende Veränderungen in der SPD Pfaff en-hofen begannen in den ausgehenden 1950-er Jahren. Mit dem Ausscheiden der couragierten Dr. Karin Schmidt, die nach Rosenheim verzog, und dem Tod der langjährigen Sozialdemokraten Johann Rettmann, Mathias Thaler und Max Zoll-ner binnen vier Jahren verlor die Partei wichtige Zugpferde. Der große Aderlass für den Ortsver-band zwischen 1959 und 1964 war nicht einfach zu kompensieren.

KampagnegegendieWiederbewaffnunginderBundesrepublikDeutsch-land1958.DieWiederbewaffnungDeutschlandsunddieSorgevoreinemAtomkriegwarengegenEndeder1950-erJahreheißepolitischeEisen.

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Angesichts dieser personellen Verluste war es notwendig, neue Namen zu präsentieren. Zudem war in einer Zeit, die in den Bereichen Gesellschaft und Bildung sowie auf kommunalem Sektor Veränderungen brachte und Weichen-stellungen erforderte, frischer Wind in der Partei notwendig. Junge Politiker wie Josef Huber, Bruno Nemazal, Anton Schmid oder Willihard Kolbinger wurden im Ortsverband und bald auch im Stadt-rat aktiv. Vor allem Bruno Nemazal und Willihard Kolbinger sollten die Kommunal- politik in Pfaff enhofen und das kulturelle Geschehen nachhaltig mitgestalten.

Auf dem Bildungssektor war eines der zentralen, bereits seit 1959 diskutierten Themen die Einrichtung einer höheren Schule in Pfaffenhofen. Im Jahr 1964 erfolgten die Weichenstellungen zum Aufbau eines Gymnasiums in der Kreisstadt, für das sich die Vertreter der örtlichen SPD schon seit Jahren eingesetzt hatten.

Die entwicklung des ortsverbands in den 1960-er und 1970-er Jahren

Umfassende gesellschaftliche und wirt- schaftliche Veränderungen in Deutschland wie im Agrarstaat Bayern, der sich zunehmend der Industrialisierung öffnete, brachten neue Herausforderungen und Themen in die Kommunalpolitik.

KurzinformationderSPDzudenLandtagswahlen1960

GewerkschafterBrunoNemazalinjungenJahren

AufnahmeantragvonRudolfGraßlindieSPD(1960)

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Im Jahr 1962, zum Ende der Ära Adenauer, gab die SPD-Landeszentrale das Motto „Mehr Gerechtigkeit“ vor. Vollbeschäftigung und einsetzender „Wohlstand für alle“ ließen die Bevölkerung am Wirtschaftswunder teilhaben, jedoch nicht in gleichmäßigem Umfang. Die SPD befand sich in dieser Zeit im Aufwind. Das Leitmotiv „Auch auf dem Land Boden gewinnen“ zielte auf stärkere Initiativen der Ortsgruppen auf dem fl achen Land ab, nachdem in größeren Städten und Märkten die Partei gut vertreten war. Der Ortsverband in Pfaff enhofen, nach 1960 von mehreren raschen Wechseln an der Spitze geprägt, zählte im Jahr 1966 123 Mit-glieder, worunter 16 Frauen waren.

Auf den Versammlungen in dieser Zeit, die beim „Franzbräu“ im Gasthaus Rauscher stattfanden, standen unter anderem die Forderung einer Berufsaufbauschule (1982 realisiert). Eine Unterschriftenaktion der SPD 1966/67 bringt eine Absicherung der Bahnunterführung an der Moosburger Straße.

Öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Flugblattaktionen und Informationsstände nahmen ihren Anfang. Doch auch die tradi-tionellen Feiern und Bälle des Ortsvereins waren werbewirksam und kamen bei der Bevölkerung gut an. Dazu zählte der le-gendäre Dschungel-Ball der „Jusos“ im Jahr 1966 im Bortenschlager-Saal, bei dem die „Occam-Street-Footwarmers“ auf-spielten. Der Saal war zum Bersten voll und die Veranstaltung ist lange in Erinnerung geblieben.

KandidatenlistefürdieKommunalwahlen1966

EinladungzumtraditionellenSPD-Fasching1959

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Auf den Ortsverein kamen wenige Jahre später turbulente Zeiten zu. Im Zuge der „68-er“-Unruhen drängten zahlreiche junge Menschen – Studenten, Männer und Frauen – in die politischen Parteien. Auch die SPD in Pfaff enhofen erhielt Zulauf von zahlreichen neuen Kräften. Jedoch brachten die Neuzugänge eine Menge Un-ruhe in den Ortsverein, da mancher von ihnen „schnell nach oben“ und die etablierten Kräfte beiseite schieben wollte. Dies führte in der Folgezeit zu einem Mitgliederrückgang sowohl unter den Jungen, deren Hoff nungen auf ein schnelles Hochkommen sich nicht erfüllten, als auch unter bewährten Kräften, deren Verständnis von sinnvoller Parteiarbeit dieses Verhalten nicht entsprach.

impulse im gewerblichen bereich und auf kulturellem sektor: spD-politik und einfl ussmöglichkeiten in der kommunalpolitik in den 1970-er und 1980-er Jahren

Obwohl die SPD in Pfaff enhofen weiterhin fünf Sitze im Stadtrat besaß, war es nicht immer in gleichem Maß möglich, wichtige Referate im Stadtrat oder Funktionen wie die des Zweiten Bürgermeisters oder des Kultur-referenten zu besetzen. Die Sozialdemokraten konnten bis zu den Wahlen des Jahres 1972 gegen die Koalition von FWG und CSU keine wichtigen Referate im Stadtrat mehr erobern.Intern erfolgten jedoch einige Weichenstellungen, die die künftige Parteiarbeit erleichtern sollten. So konnte im Januar 1972 das erste Parteibüro in der Ingolstädter Straße 32 eröff net werden.

Die Wahlen nach der für den Freistaat Bayern so be-deutenden Gebietsreform der Jahre 1971/72, in der die Vertreter der SPD eine andere räumliche Lösung als die schließlich für den Landkreis Pfaff enhofen gefundene favorisierten, ermöglichten der SPD wieder mehr Ge-staltungsspielraum in der Lokalpolitik. Der Bürgermeis-terwechsel von Jakob Sanwald auf Anton Schranz, eben-falls FWG, brachte der SPD im von 17 auf 25 Mitglieder angewachsenen Stadtrat Pfaff enhofens einige wichtige Ämter und Referate.

VereidigungderneuenStadträteJosefFindel,MaxHeckmeier,LudwigKrammer,JosefSchererundWillihardKolbingerdurchBür-germeisterJakobSanwald(FreieWähler)imJahr1966.HintenlinkssinddieSPD-StadträteJosefHuberundOttoKaeppelzusehen.

PeterFeßlundHans„Muck“StelzeramJuso-Infostand

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Willihard Kolbinger als Zweiter Bürgermeister und Kulturreferent gelang es, wichtige Weichenstellungen auf kulturellem Gebiet durchzusetzen. Dazu zählten der Aufbau und die Förderung der Musikschule, die Einrichtung des Museums im Mesnerhaus 1978, die Umwandlung der Mädchenschule in das „Haus der Begegnung“, das im Oktober 1979 eingeweiht wurde, oder die Rathauskonzerte. Auch der Bau der Umgehungsstraße und der Brücke zum Schleiferwald konnten auf Drängen der SPD-Fraktion realisiert werden. Auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung sollten, etwa durch die Ausweisung von Gewerbegebieten wie in der Joseph-Fraunhofer-Straße, der Stadt neue Ent- wicklungsmöglichkeiten eröff net werden. Die Zeit war aber auch geprägt von „Mauscheleien“ um die Erschließungskosten der Trabrennbahn, der Rat wird ‚Büttel der Bauwirtschaft‘ genannt. Von kulturell weittragender Bedeutung war die Durchsetzung eines Theaters im Haus der Begegnung.

neue Themen auf der agenda der partei

Insbesondere seit den 1980-er Jahren gewannen neue Themen an Gewicht. Natur und Umwelt, Lösungen im Nahverkehr oder auch Kinderbetreuung waren Bereiche, die bereits damals auf der Prioritätenliste der Kommunalpolitiker ganz oben standen. Entsprechend richtete die SPD ihre Wahlkampfstrategien auf die neuen Herausforderungen aus. Zur Kommunalwahl 1990 trat man mit dem Leitmotiv „Mensch und Natur haben Vorrang“ an, sechs Jahre später lautete der Slogan „Mehr Sozialdemokraten ins Rathaus“.

Herausforderungen der 1990-er Jahre

Die schwierige finanzielle Situation der Stadt Pfaffenhofen zu Beginn der 1990-er Jahre brachte eine Kooperation zwischen CSU und SPD mit Franz Kaindl als Zweitem Bürgermeister, um die drängenden Probleme bewältigen zu können. Diskutierte Themen dieser Zeit waren der SPD-Antrag auf eine Fußgängerzone am Unteren Hauptplatz, deren Schaffung damals zum Teil als „skandalös“ be-zeichnet wurde, oder die Vorgänge um die Firma MAROX, die als Betreiber des Pfaffenhofener Schlachthofes fungierte. Ein wichtiger Impuls seitens der SPD betraf den Pfaffenhofener Nahverkehr. Auf Anregung des Ortsvereinsvorsitzenden Volker Hoppe führte Stadtrat Prof. Ulrich Wieczorek 1995 eine Stadtbusumfrage durch, die zum Ergebnis hatte, dass die Bevölkerung eine derartige Einrichtung mehrheitlich wünschte. ZweiterBürgermeisterFranzKaindl

ZweiterBürgermeisterWillihardKolbinger

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Im Folgejahr startete diese bis heute bestehende und inzwischen erweiterte Einrichtung. Auch die Standortfrage für das 2001 in Be-trieb genommene Biomasse-Heizkraftwerk erhitzte bereits in den 1990-er Jahren die Gemüter. 1996 ging die CSU mit Bürgermeis-ter Prechter eine neue Rathaus-Koalition mit den Freien Wählern ein. Franz Kaindl wurde nicht mehr zum Zweiten Bürgermeister gewählt. Klaus Herber (Fraktionssprecher 1991–2009) wurde zur zentralen Figur der SPD Pfaff enhofen.

In der für Franz Kaindl letzten Periode in der SPD-Fraktion (1996 - 2002) kam es zu immer stärker werdenden Meinungsverschieden-heiten zwischen Franz Kaindl und einigen Fraktionsmitgliedern. Höhepunkt war im Vorwahlkampf für 2002 eine von Franz Kaindl aufgestellte und veröff entlichte Statistik über die Anwesenheit der Stadträte bei den Sitzungen. In dieser Aufstellung belegten auch zwei SPD-Stadträtinnen die hinteren Plätze, ohne Hinweis darauf, dass beispielsweise eine der Frauen wegen schwerer Er-krankung wochenlang stationär im Krankenhaus verbringen musste.

ganztagesbetreuung, einheimischenmodell und Ökologisches zentrum

Die Zeit von Klaus Herber als Fraktionssprecher war geprägt von Themen und Engagement wie dem Ausbau der Kinderkrippen oder der Ganztagesbetreu-ung an der Grundschule, sowie dem steigende Bedarf von günstigem Bau-land für Pfaff enhofener. Das 1991 ins Leben gerufene Einheimischenmodellwurde so unter maßgeblicher Mitwirkung von Klaus Herber und der SPD-Fraktion entwickelt.Die SPD setzte sich darüber hinaus stets für die besondere ökologische Ver- antwortung der Stadtverwaltung ein. Dazu gehörten beispielsweise die ener- getische Optimierung aller städtischen Gebäude, der Ausbau einer zukunfts- sicheren Wasserversorgung und ein eindeutiges Bekenntnis zur aktiven Unterstützung und Förderung des „Ökologischen Zentrums Pfaff enhofen“,heute bekannt unter dem Flurnamen ECO-Quartier Pfaff enhofen. SPD-FraktionssprecherKlausHerber

SPD-WahlinformationfürdieStadtratswahlen1990

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Die umfrageaktion „Tiefgarage“ und fussgängerzone

Ein Thema sollte die Pfaff enhofener Lokalpolitik ab 1986 jahrelang, sogar jahrzehntelang verfolgen: Der Bau einer Tiefgarage unter dem Hauptplatz. Hintergrund der Diskussionen war die Frage der Verkehrsberuhigung der Innenstadt, die Ableitung des Verkehrs vom Hauptplatz, die Umwandlung des Hauptplatzes in eine reine Fußgängerzone und die Schaff ung von neuen Parkplätzen unter dem Hauptplatz.

Unter den Stadträten heiß diskutiert, stellte sich auch die prekäre Frage der Zufahrt. Im Jahr 1998 wurde zur Frage der Tiefgarage mit Unterstützung der SPD-Fraktion, insbesondere von Fraktions-sprecher und Tiefgaragen-Befürworter Klaus Herber, ein Ratsbegehren durchgeführt. Das Ergebnis war eine knappe Mehrheit für den Bau. In den darauff olgenden Jahren kam es zur „Ab-spaltung“ einiger SPD-Fraktions-Mitglieder auf-grund von Meinungsverschiedenheiten in puncto Hauptplatzumgestaltung.

Die Tiefgaragen-Gegner der SPD-Fraktion starteten nun eine auch in der eigenen Partei umstrittene neue Umfrage unter der Bevölkerung. Die Aktion hatte jedoch keinen Einfl uss mehr. Denn nach weiteren Überlegungen im Stadtrat wurde das Thema zurückgestellt und die Tiefgarage letztlich nicht realisiert.

StimmzettelzumRatsbegehren„Tiefgarage“(1998)

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bausteine für eine stadthalle

Unterstützer alle politischen Farben fand außerdem der „Bau einer Stadthalle“. Im Flächennutzungsplan der Stadt wurden in den 1990-ern dafür sogar mehrere Stand- orte ausgewiesen. Eine überparteiliche Bürgerinitiative, darunter führend auch Stadträte aus CSU, SPD und FDP, gründeten den Freundeskreis Stadthalle, erarbeitete ein Raumprogramm und informierte die Bürger mit Info- ständen. Bei der Aktion „Stadthallenbausteine“ konnten Bürger „Anteile“ erwerben und damit zur Finanzierung der Stadthalle beitragen. Danach war die Stadthalle immer wieder Thema in Wahlkämpfen, wurde aber bis heute nicht weiter verfolgt.

Danke willy

Am 8. 10. 1992 starb Willy Brandt. Viele Pfaff enhofener, darunter auch der damals 13-jährige Thomas Herker, schrie-ben Abschiedsworte wie „Danke Willy, für Dein politisches Werk“, „Adieu Willy“ oder „Du warst ein großer Staats-mann“ in das Kondolenzbuch, welches der SPD-Ortsverein ausgelegt hatte.

partei-rochaden

Meist nach persönlichen partei- und fraktionsinternen Querelen und nicht zuletzt aufgrund der Meinungsver-schiedenheiten in puncto Tiefgarage kehrten seit den 1990-er Jahren immer wieder SPD-Stadträte der Partei den Rücken. Darunter Sepp Reiter (+2008), bekannt als „Kreisl-Sepp“, der 1984 die Gruppierung Freie Unabhängige Wähler (FUW) gründete. Zur FUW wechselte zuletzt 2001 auch Franz Kaindl (+2014) und blieb parteilos bis 2011 im Stadtrat. Andererseits ist Umweltaktivist Ulrich Radons (+2011) im Juni 1993 von den Grünen zur SPD hinübergewechselt.

StadthallenbausteinNr.511ausTon

WillyBrandtmitMandolinebeieinerWanderung(1976)(Foto:HenningvonBorstell)

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Wahlplakat„LebendigesPfaffenhofen”(2008)

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waHLkampf 2008 unD Die „bunTe koaLiTion“

mit steckerleis, senftüten und selbstironie gegen eine übermacht

Die Ausgangslage für den SPD-Ortsverein hätte kaum schlechter sein können. Gegen den 18 Jahre lang am-tierenden und eingesessenen Amtsinhaber Hans Prechter (CSU) trat mit Thomas Herker ein vollkommen unbekannter und mit 29 Jahren auch sehr junger Kandidat ohne jegliche kommunalpolitische Erfahrung an. Darüber hinaus reichte das Budget des Ortsvereins kaum für die Umsetzung von Mindeststandards wie Wahl-broschüre, Plakaten und Internet. Selbst der junge Kandidat sprach anfangs persönlich von einem „Opferwahl-gang“ mit wenig Chance auf Erfolg. Eine wesentliche Grundlage des Erfolges war das Zusammentreff en des späteren Ortsvereinsvorsitzenden Markus Käser am Anfang seiner Selbstständigkeit als Marketingberater mit Thomas Herker, welcher vom Ortsvereinsvorstand als BGM-Kandidat vorgeschlagen wurde. Die Formel für den kommenden Wahlkampf ließ sich so auf den Punkt bringen: fähiger Kandidat, leidenschaftlicher Einsatz mit neuen, frischen Ideen, die feinfühlige Erfassung der Gefühls- und Problemlage vor Ort, sowie die pointierte Präsentation der eigenen Vorstellungen.

Die jungen Wahlkämpfer warfen dafür bereits im Jahr vor den Kommunalwahlen Faltblätter mit aufgeklebten Senftüten und der Botschaft „Gib Deinen Senf dazu!” in alle Briefkästen der Pfaff enhofener und starteten eine Dialogtour durch die Stadt- und Ortsteile.

Die „Dein Senf-Tour“, man könnte auch sagen der Vorläufer des späteren Aktionsprogrammes „PAFund-DU“, mit Dialogstationen im ganzen Stadtgebiet war letztlich die Grundlage für das spätere Wahlprogramm. Die Tour wurde außerdem ergänzt von einer Onlin-eplattform www.wohin-paf.de, auf der zusätzliche Vorschläge eingebracht und bewertet werden konnten.

BGM-KandidatThomasHerker,WahlkampfleiterMarkusKäserundJuso-ChefJohannesGoldmitDialogstationzur„Dein-Senf-Tour“

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Im Rahmen der Aufstellungsversammlung präsentierte Herker das Motto und den Auftrag seiner Kandidatur, das die Gefühlslage der Bevölkerung nach jahrelangem Stillstand am besten wider-spiegelte: „Für ein lebendiges Pfaff enhofen“. Nun galt es neben den konkreten Ansätzen aus dem in der Zwischenzeit verfassten Wahlprogramm „18 Impulse für ein lebendiges Pfaff enhofen“ das Thema „Lebendigkeit“ frisch zu präsentieren.

Für die nötige Furore zum off ziellen Wahlkampfauftakt im Januar 2008 sorgte der „Friedhof der Versäumnisse“ am Haupt-platz mitten in der Stadt. Aufgereihte Gräber zeigten auf, welche guten Ideen und verpassten Chancen von der achtzehn Jahre langen Unentschlossenheit und Uneinigkeit der Mehr-heitsfraktionen im Stadtrat beerdigt worden waren. Eine gelungene Provokation. Die ersten „Blasphemie-Schreie“ bewie- sen die Wirkung der Aktion.

Doch ein Grabspruch am Eingang des „Friedhofes“ gab auch Hoff ung, dass nicht alle Projekte für immer und ewig „gestorben“ sein müssen: „Wir liegen hier im Totengarten und müssen auf bessere Zeiten warten“.

ThomasHerkeralsfrischgekürterBGM-Kandidat

„FriedhofderVersäumnisse“amHauptplatzPfaffenhofenzumWahlkampfauftaktam5.Januar2008

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In diesem Rahmen hielt auch Thomas Herker seine erste öff entliche Rede. Käsers kleines Agenturbüro in der Quellengasse wurde in dieser Zeit zur Wahlkampf-zentrale umfunktioniert. Fast täglich und oft bis in die Morgenstunden produzierte und plante das Wahlkampfteam, das übrigens vornehmlich aus Nicht-mitgliedern bestand, die nächsten Aktionen.

Selbstverständlich gehörte auch der Infostand am Wo-chenmarkt jeden Samstag-Vormittag dazu. Wöchent-lich sollte ein kleines Event für die Marktbesucher stattfi nden. In der Folge wurden Stelzengeher, Whirl-pools, lebende Genmonster und heiße Maroni-Öfen organisiert.

Das lebendige Pfaff enhofen erwachte auch für die Bevölkerung. Hier am Wochemarkt kam auch die mittler-weile in ganz Bayern verwendete legendäre „CSU-Wahlschlappe“ zum Einsatz: der erste Pfaff enhofener SPD-Exportartikel.

ThomasHerkersersteöffentlicheRedeamHauptplatzPfaffenhofen

„CSU-Wahlschlappe“alsWahlkampf-Give-AwayWhirlpoolamInfostand Protestaktion„Genmonster“

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Iv. Aufbruch In eIne neue zeIt

Multimedial wurde die Kampagne vor allem im Rahmen der damals in der Re-gion einzigen Online-Community (www.pafnet.de) und auf den SPD-Webseiten begleitet. Hier schrieb Thomas Herker sein Wahlkampftagebuch und in einem lus-tigen Vorstellungsvideo verglich er sich und seine Gegenkandidaten mit einem Menü aus der Dose. Die schwarze Dose hatte das Verfallsdatum bereits über-schritten. Das Video wurde am Sonntag der Veröff entlichung innerhalb von zwei Stunden mehr als 3.800 mal angesehen.

Pünktlich zum Endspurt des Wahlkampfes präsentierte die SPD einen Wahlspot mit dem Titel „Die Zeiten än-dern sich…“, der vor allem im Kino für viele Lacher sorgte. Der Clip begann mit dem bekannten Zitat von Franz Josef Strauß: „Wer heute an Bayern denkt, wer die Farbe weiß-blau vor Augen hat, den weißblauen Himmel, der denkt doch nicht an die SPD“. Dazu erklang die Bayern-Hymne, und am Ende grinste Thomas Herker von der Leinwand. Selbstironie, die sympathisch machte.

Das eis ist gebrochen

Bis zu diesem Tag war von den anderen Parteien bereits kaum mehr etwas zu sehen. Die fast schon scheue Zurückhaltung während der gesamten Wahlkampfzeit der CSU war wohl eine „Stillhalte-Taktik“. Man hoffte noch einmal mit einem blauen Auge davon zu kommen. Im März 2008 kam es dann zum ersten Urnengang. Der amtierende Bürgermeister Hans Prechter landete unter 40 %. Thomas Herker hatte nur 350 Stimmen weniger. Es kam zur Stichwahl. Nun hieß es: „Das Eis ist gebrochen. Und jetzt alle Herker!“ Ein buntes „Flutschfinger-Steckerleis“ und ein grün-orange-roter „Mehrheits-balken“ symbolisierten die offensichtliche farbenreiche Mehrheit gegen den CSU-Kandidaten. Diesen Flutschfinger ließ sich auch der Münchner OB Ude schmecken, als er zur Wahlkampfhilfe in Pfaffenhofen vorbeischaute. Es be-gann die letzte Stichwahlwoche. Die Botschaft des CSU-Mannes „Pfaffen-hofen in erfahrene Hände“ hing an jeder Ecke.

HerkersDosenmenü-Vergleichineinempafnet-Video

ChristianUdealsStichwahlhelfer

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Die SPD konterte mit Spruchbändern „Weil Pfaff en-hofen nicht bis 2014 warten kann“ oder dem legendären Allstars-Plakat „500 Jahre Erfahrung empfehlen Thomas Herker“. Der SPD-Kandidat gewann die Stichwahl mit 60,72 % und zog als erster SPD-Bürgermeister seit 1948 ins Pfaff enhofener Rathaus ein. Markus Käser übernahm 2009 das Amt des Ortsvereinsvorsitzenden und nach dem Aus-scheiden von Klaus Herber aus dem Stadtrat auch die Rolle des Fraktionssprechers.

bunte koalition „stadt im aufbruch“

Resultat des Wahlkampfes 2008 war nicht nur der Einzug von Bürgermeisterkandidat Thomas Herker an die Rathausspitze. Mit den weiteren Stadträten Peter Feßl, Klaus Herber, Markus Käser, Steff en Kopetzky, Adolf Lohwasser und Ulrich Wieczorek trat eine Mischung junger und erfahrener SPD-Politiker an, um die künftige Stadtpolitik zu gestalten.

Damit gegen die CSU, die weiterhin die meisten Sitze im Stadtrat innehatte, regiert werden kann, liefen 2008 zahlreiche Koalitionsgespräche, um die nötige Mehrheit im Stadtparlament zu erhalten. Die Parteien FW, SPD, GRÜNE und ÖDP unterzeichneten nach dem Motto „Stadt im Aufbruch“ die erste „Ko-alitionsvereinbarung der Stadtgeschichte“. Die „Bunte Koalition“ war geboren. Übrigens die einzige in einem bayerischen Mittelzentrum. In den folgenden sechs Jahren wurden maßgebliche Weichen für die zukünftige Stadtent-wicklung gestellt.

ZoltanKiss,MichaelKettner,ErikaThalmeier,WillihardKolbinger,ThomasHerker,KlausThalmeier,JosefHuber,BrunoNemazal

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paf und Du – neue wege der direkten Demokratie

„Keine Angst vor Transparenz“ – so lautet eines der zentralen Themen der Bunten Koalition. Eine der wesent- lichen Neuerungen der SPD und ihrer Koalitionspartner im Stadtparlament war dabei die Einführung neuer Formen der Bürgerbeteiligung an Entscheidungsprozessen. Im Rahmen des Aktionsprogrammes „PAF und DU“ wurden nach dem Leitgedanken „Mehr mitwissen, mitreden und mitgestalten“ viele Möglichkeiten geschaff en sich einzubringen. Zudem wurden Liveübertraguungen der Stadtratssitzungen via Internet und ein Bürger-magazin eingeführt, in welchem Vereine, Organisationen und öff entliche Einrichtungen selbst ihre Berichte veröff entlichen können. Alle Inhalte sind ebenfalls auf einem „Mitmachportal“ pafunddu.de online verfügbar.Seit 2008 sind alle Protokolle der Sitzungen öff entlich zugänglich und mit der Einführung des Bürgerinfo-systems sind jetzt auch alle öff entlichen Sitzungsunterlagen schon vor den Sitzungen für alle Bürger online verfügbar. Mit Bürgerkonferenzen wie „Das große Mitmischen“ wird die aktive Mitwirkung der Bürgeran wichtigen Projekten, wie beispielsweise Stadtentwicklung, Klimaschutz und Natur in der Stadt 2017 ermöglicht.

Willy Brandts Leitsatz „Mehr Demokratie wagen“ fand in Pfaffenhofen im Internetzeitalter eine moderne Ausgestaltung.

PAFundDU-Sandwich-DamemitBürgerdialogreferentdesStadtratesMarkusKäser(2010)AnkündigungsplakatderLiveübertragungausdemStadtrat

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wichtige investitionen in eine lebendige stadtentwicklung

In die Ära der „Bunten Koalition“ fi elen nicht nur der 1. Platz beim LivCom-Award „Lebenswerteste Stadt der Welt“ 2011 in Korea, die erfolgreiche Bewerbung um die kleine Gartenschau 2017 sowie der „Deutsche Nach-haltigkeitspreis 2013“. Neue Initiativen zur Wirtschaftsförderung und zur Stärkung der Innenstadt zählen ebenso zu den Herausforderungen der Gegenwart wie die Bereiche Kinder und Senioren unter dem Aspekt der demographischen Entwicklung oder die Umsetzung moderner Energiekonzepte. Seit 2008 wurden mit rund 100 Mio. € mehr als doppelt so viel wie in den Jahren von 2002 bis 2007 in die Infrastruktur und die Zukunft der Stadt investiert. Im Stadthaushalt standen damals 13,7 Mio € Rücklagen Verbindlichkeiten in Höhe von 6 Mio. € gegenüber. Für die Planungen der kommenden Jahre wurde allerdings bereits mit einer Neuver-schuldung von rund 20 Millionen gerechnet. Selbstverständlich sahen die Verantwortlichen die Verpfl ichtung, den nachkommenden Generationen keine zusätzlichen Lasten aufzubürden. Aber man war auch der Ansicht, dass das Nötige nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfe! Dieser Anspruch wurde 2008 mit der For-mel „Sanieren, Renovieren und Neues schaff en“ ausgedrückt.

bunte bilanz 2008 bis 2014

Die Stadt erreichte in kurzer Zeit eine fl ächendeckende Kinderbetreu-ung, schuf mehr sozialen Wohnraum und eine Obdachlosenunterkunft, gründete eine Wirtschafts- und Servicegesellschaft, verringerte nachweislich die Auspendlerquote, sicherte den Fortbestand des Alten- und Pfl egeheims, die Hauptplatzneugestaltung mit autofreier Zone wurde abgeschlossen und ein vierwöchiger Christkindlmarkt mit überregionaler Ausstrahlung initiiert. Verkehrs-Nadelöhre am Altstadtring wurden durch Kreisverkehre beseitigt, insgesamt 17 km Straßen sowie die Wasserinfrastruktur saniert, gemeinsam mit Bürgern die Planung der Umgehungsstraße erwirkt, Stellplätze für Pendler geschaff en, der historische Flaschl-turm wurde saniert und als Pension zugänglich gemacht, aus der Industrie-Herion-Halle eine Kultur- und Aus-stellungshalle geschaff en, eine neue Skate- und Funsporthalle realisiert, gemeinsam mit Bürgern ein ambi-tioniertes Klimaschutzkonzept erarbeitet und verabschiedet. Außerdem wurden Sozialrabatte für öff entlicheLeistungen eingeführt, die Rekommunalisierung der Energienetze angestoßen, Stadtwerke für eine neue Ära der Daseinsvorsorge gegründet, der Bau einer Tierherberge ermöglicht, Ortsteil-Rufbusse eingeführt, eine Breitband-versorgung von 6 bis 16 Mbit in den Ortsteilen verwirklicht, das PAFundDu-Bürgermagazin eingeführt, Joseph Maria Lutz mit Festspielen, einer Dichterstube, einem Denkmal und einem Literatur-Stipendium gewürdigt, neue Fußballplätze realisiert, die notwendige Eisstadionsanierung und ein neues Fussballstadion beschlossen.

Bürgern die Planung der Umgehungsstraße erwirkt, Stellplätze für Pendler geschaff en, der historische Flaschl-

KampagnenmotivKlimschutzPfaffenhofen(2013)

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spD-ortsverein mit neuem schwung

Mit unterschiedlichsten Aktionen sorgte nach der Wahl 2008 ein wesentlich verjüngter Vorstand des SPD-Ortsvereins Pfaff enhofen mit neuen Aktionen auch selbst für die Einhaltung seines Mottos „Lebendiges Pfaff enhofen“.

Als besonderer Höhepunkt ist dabei sicherlich das jährliche Starkbierfest zu erwähnen. Nach dem Motto „Starke Biere, starke Worte – sauber eingeschenkt“ organisierte der SPD-Ortsverein seit 2007 jährlich zur Stark-bierzeit das SPD-Starkbierfest „DEMOKRATOR“. Auf dem Programm standen neben dem speziell abgefüllten, naturtrüben Demokrator-Doppelbock von Müllerbräu, Bio-Schweinebraten der Metzgerei Galster und Blas-musik vor allem bayerisch-kabarettistischer Musikgenuss. Mit Hanse Schoirer, Göttler & Raith, dem Schichtl- Kabinett, Gstanzlkönig „Bäff “, Klaus-Peter Schreiner, Zither Mane und H. A. Binser, Da Rocka, Da Waitler und Joe Heinrich standen namhafte Shooting- und Oldstars des bayerischen Kabaretts auf der Demokratorbühne im historischen Müllerbräusaal. Manchmal griff dabei der Pfaff enhofener Stadtrat und SPD-Chef Markus Käser selbst zur Gitarre, um mit seinem Song-Repertoire von Fredl Fesl, Biermösl Blosn über Hans Söllner bis Ringsgwandl die Gäste im Müllerbräusaal zum Mitsingen zu animieren.

HistorischerMüllerbräusaalbeimDemokratorStarkbierfest MarkusKäserlivemitJoeHeinrich

JuliaSpitzenbergerbeimAnzapfen

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aktionen des ortsvereines 2008 bis 2014abb. 01UnterschriftenaktiongegendieEinführungdesBetreuungsgeldes;abb. 02 JusosaufderDemo„Pfaffenhofenistbunt“;abb. 03 SPD-Schafkopfturnier;abb. 04 OffenerStammtischimPfaffelbräu;abb. 05 KäptnBavariaalsWahlkampfhelferzurLandtagswahl2014;abb. 06 VolksbegehrengegenStudiengebühren;abb. 07 PfaffemhofenerKleiderkammer;abb. 08 ElternratgeberfürFreizeitangebote;abb. 09 BunterBayernGipfelmitpolitischenSpitzendesLandtages;abb. 10 OstereiersucheamTrimmdichpfad;abb. 11 AlbertGeitl,ChristianWilkendorf,FlorianundStefanieSimbeckundMarianneKummerer-BeckmitFranzMagetbeimVolksfestauszug;abb. 12 FlorianPronoldaufFirmenbesuchbeiHipp

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Historische stadtführungen zum 150-jährigen parteijubiläum

Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der deutschen Sozialdemokratie 2013 hat der SPD-Ortsverein mit szenischen Stadtführungen die Geschichte und Schauplätze der Sozialdemokratie in und um Pfaff enhofen wieder lebendig gemacht. Schauspieler und Freunde der Pfaff enhofener Sozialdemokraten schlüpften dafür in verschiedene Rollen und brachten so Ereignisse aus 150 Jahren Sozialdemokratie in der Kreisstadt in Erinnerung.

Die Teilnehmer begegneten unterwegs zum Beispiel dem Bezirksamtmann Ruhwandl (damals Landrat und gespielt von Franz Rothmeier), der das Tragen der roten Fahne unter Strafe stellt und eine Wirte-Intrige anzettelt, nahmen teil an einer geheimen „Wühlerversammlung“ im Stegerbräu mit einem sozialdemokratischen Agitator, gespielt von Markus Käser, erlebten die Ausrufung der Republik vom Rathausbalkon, gespielt von Steff en Kopetzky, wurden Zeuge einer Sozi-Deportation, sahen die Geburtsstätte der Bayern-SPD, wurden vom amerikanischen Ortskommandanten Lt. Edwin A. Durham, gespielt von Schauspieler und damaligem Bundestagskandidat Florian Simbeck, persönlich entnazifi ziert, wurden Teilnehmer einer „Stoppt Strauß“-Demonstration und wandelten durch den Friedhof der Versäumnisse aus dem legendären Herker-Wahlkampf 2008. An den insgesamt vier Stadtführungen nahmen rund 400 Personen teil. Die Führungen übernahm der Stadtarchivar und Historiker Andreas Sauer.

abb. 01AndreasSauer;abb. 02 BesuchergruppevorStegerbräu;abb. 03AdolfLohwasseralsillegalerPlakatanschläger;abb. 04SteffenKopetzkyalsAusruferderRepublikvomPfaffenhofenerRathausbalkon;abb. 05FranzRothmeieralsBezirksamtsmannRuhwandl;abb. 06MarkusKäseralsGastgebereinerWühlerversammlungimStegerbräu;abb. 07FlorianSimbeck,JörgBucherunddieGreißlBrothersalsUS-BesatzerumOrtskommandantLt.Durham;abb. 08 NS-DeportationmitMatthiasScholz,PeterFeßlundFlorianSchaipp;abb. 09AlleSPD-SchauspielervordemRathaus

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kommunaLwaHL 2014

fleiß wird belohnt

Die Kommualwahl 2014 stellte das Team der SPD vor neue Herausforderungen. Zum einen wollte man die er-folgreiche Bilanz der vergangenen sechs Jahre präsentieren, zum anderen aber auch ein neues innovatives Programm gemeinsam mit Bürgern, Kandidaten und Partei entwickeln.

Und das, ohne dabei die Planungen zu konterkarieren, die bereits mit einem integrierten Stadtentwicklungs-konzept, der Landesgartenschau sowie dem Klimaschutzkonzept für die Stadtentwicklung im Stadtrat fi xiert waren. Zum Einsatz kam dieses Mal neben Herker-Großplakaten und den bereits bekannten Standards eine breit angelegte Haushaltsumfrage für alle Pfaff enhofener sowie eine selbst programmierte Online-Ideenplatt-form www.pafdialog.de, auf der Bürger nach dem Motto „WENN ICH KÖNIG(IN) VON PFAFFENHOFEN WÄR ...“ Ideen einbringen und veröff entlichen konnten.

SPDDialogplattformwww.pafdialog.de

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Nach dem Wahlmotto „PFAFFENHOFEN GEMEINSAM BEWEGEN“ waren alle Bürger zum Mitmachen einge-laden. Mit Fragen „Wo drückt der Schuh? Was kann nicht so weitergehen? Was muss geschützt werden? Seien Sie dabei!“ animierte die SPD die Pfaff enhofener zum Mitmachen.Besonders großen Wert legte der SPD-Ortsverein aber auch auf die Einbindung der Kandidatinnen und Kan-didaten für den Stadtrat und aller Parteimitglieder zur Programmarbeit. Und so entstand unter Anleitung des BGM-Kandidaten Herker, des OV-Vorsitzenden Käser und Verena Schlegel das wahrscheinlich umfassendste Wahlprogramm der Pfaff enhofener SPD aller Zeiten.

Die Ideen und Anstöße wurden als „Impulse für Pfaff enhofen 2020“ zusammengefasst und dazu über 130 konkrete Aktionen und Maßnahmen beschrieben. Einige der Projekte wurden sogar noch während der Wahlkampf-phase sofort im Stadtrat behandelt und mehrheitlich beschlossen, wie beispielsweise der Antrag der SPD für mehr Bauland für Pfaff enhofener.

In den letzten Tagen vor der Urnenwahl startete die SPD noch eine Kampagne für 18- bis 35-Jährige, die persönlich per Brief angeschrie-ben wurden. Nicht zuletzt aufgrund der vorhergegangenen Landtags-, Bezirks- und Bundestagswahlen 2013 verkürzte sich der öff entliche Teil des „Straßenwahlkampfes“ auf wenige Wochen im Frühjahr 2014. Nach nur acht Wochen und einer Podiumsdiskussion kam es am 16. März zum ersten Urnengang. Eine Stichwahl der Bürgermeister-Kandidaten war nicht mehr notwendig. Das Resultat für die SPD und Thomas Herker war in dieser Höhe auch von den optimistischen SPD-Wahlkämpfern unerwartet. 31,35 % für die SPD und 63,42 % für Thomas Herker im ersten Wahlgang. Das hieß für die SPD drei Stadträte mehr (damit insgesamt neun), der Bürgermeister blieb Thomas Herker und die BUNTE Koalition im Rathaus konnte fortgesetzt werden! Kurios: Erstmals bekam die SPD Pfaff enhofenmehr Listenkreuze als die CSU.

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EindrückezumWahlkampf2014mitderGardeNarrhallaIlmmünster(unten),Faschings-RothautMarkusKäser,FabianStahl,MarianneKummerer-Beck,JuliaSpitzenbergerundTorstenSommer(oben)

„Super-Women“mitThomasHerker,JuliaSpitzenberger,VerenaKiss-Lohwasser,AnnemarieBirkner,MarianneKummerer-Beck,TanjaKreitmair,SandraLobundJuliaBerger(v.l.n.r.)

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p.L.a.n. 2020 – „Die bunTe“ pfaff enhofen geht weiter

Die Kommunalwahlen 2014 hatten das Vertrauen der Pfaff enhofener nicht nur in den eingeschlagenen Kurs der SPD, sondern auch in die Bunte Koalition bekräftigt. Nach dem Motto „WEITER MUTIG IN EIN LEBENDIGES PFAFFENHOFEN INVESTIEREN“ hatten sich deshalb bereits kurz nach den Kommunalwahlen die Parteien FW, SPD, GRÜNE und ÖDP dazu bekannt, die kommenden sechs Jahre gemeinsam weiter zu gestalten und eine gemeinsame Agenda zu entwickeln.

Am 1. Mai 2014 wurde nach fünfwöchiger gemeinsamer Konzeptionsarbeit von allen Fraktionsmitgliedern der FW, SPD, GRÜNE und ÖDP im Pfaff enhofener Stadtrat die neue Koalitionsvereinbarung 2014 bis 2020 „P.L.A.N. 2020“ unterschrieben. P.L.A.N. ist eine Abkürzung und steht für Pfaff enhofen. Lebendig. Attraktiv. Nachhaltig. Die Vereinbarung ist auf der SPD-Webseite www.spd-pfaff enhofen.de nachzulesen.

Koalitionsvereinbarung2014bis2020

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V. NameN aus der Geschichte der sPd iN PfaffeNhofeN

VorsiTzenDe Des spD-orTsVereins

L. Braun-Barth1919-1920

Gustav John sen.1958

Dr. Willi Neumayer1979-1988

Klaus Herber 1997-2005

Blasius Kneidl1920-1924

Otto Kaeppel1961-1962

Gerhard Ludwig1989-1991

Oliver Walz2006- 2007

Heinrich Müller1924-1933

Josef Huber1962-1968

Eva Hell1991-1992

Thomas Herker2008-2009

Johann Rettmann1945-1951, 1954

Willihard Kolbinger1968-1972

Klaus Herber/Guido Fleischmann 1992-1993 kommissarisch

Birgitt Döring/Markus Käser 2009 kommissarisch

Markus Käserseit 2009

Franz Schütz1952-53, 1955-57 & 1959-60

Gustav John jun.1973-1978

Volker Hoppe1993-1997

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V. NameN aus der Geschichte der sPd iN PfaffeNhofeN

1. bürgermeisTer

2. bürgermeisTer

sTaDTrÄTe seiT 1919 – 2014

Josef Rath 1948-1952

Felix Gary 1956-1960

Franz Schütz 1960-1966

Willihard Kolbinger 1972-1978 und 1984-1990

Franz Kaindl1990-1996

Franz Schütz 1946, kommissarisch

Josef Rath 1946, kommissarisch

Thomas Herkerseit 2008

Friedrich Hauber1919-1920

Johann Schmid1925 - 1933

Theodor Morvilius1919-1924

Valentin Crusius1925 - 1933

Alois Rackl1919-1922

Josef Sommer1929 - 1933

Michael Speigl1919-1921

Josef Rath 1945-1956

Sebastian Wildmoser1919-1924

Georg Haindl 1945

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V. NameN aus der Geschichte der sPd iN PfaffeNhofeN

Johann Rettmann 1945-1960

Mathias Thaler 1956-1964

Willihard Kolbinger 1966-1990

Alois Geißler 1948-1952

Zoltan Kiss1972-1996

Franz Schütz 1945-1948, 1953-1972

Wilhelm Ostermayr 1959-1960

Felix Gary 1950-1966

Franz Mooser1972-1990

Josef Wittmann 1945-1948

Josef Huber1960, 1964-1972

Georg Elfinger 1952-1960

Josef Reiter1972-1984

Xaver Käser 1945-1950

Otto Kaeppel1960-1978

Hans Reichel1952-1953

Erika Thalmeier1972-2008

Max Zollner 1946-1952 und 1956-1965

Bruno Nemazal1965-2008

Dr. Karin Schmidt1952-1959

sTaDTrÄTe seiT 1919 - 2014

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V. NameN aus der Geschichte der sPd iN PfaffeNhofeN

Klaus Herber1984, 1990-2009

Thomas Herker seit 2008

Verena Kiss-Lohwasser seit 2011

Eva Hell1990-2008

Adolf Lohwasser seit 2008

Julia Spitzenberger seit 2014

Peter Feßl1996-2002, seit 2008

Steffen Kopetzky seit 2008

Marianne Kummerer-Beck seit 2014

Sieglinde Wiegand1996-2002

Markus Käser seit 2008

Sandra Lob seit 2014

Prof. Ulrich Wieczorek2002-2010

Franz Kaindl1978-2002

Birgitt Döring 2009-2014

Andreas Herschmann seit 2014

sTaDTrÄTe seiT 1919 - 2014

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vI. WAhlergebnISSe Der StADtrAtSWAhlen von 1919 – 2014

40,15%

16,09%

24,55%

22,04%

45,12%

28,76%

36,69%

39,03%

29,43%

0,00% 0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

45,00%

50,00%

1919 1924 1929 1933 1946 1948 1952 1956 1960

übersicHT Der waHLergebnisse Der spD pfaffenHofen bei DensTaDTraTswaHLen Von 1919 - 2014

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vI. WAhlergebnISSe Der StADtrAtSWAhlen von 1919 – 2014

0,00%

27,44% 27,10%

29,10%

24,41%

22,74% 21,72%

16,66%

20,78%

31,35%

1966 1972 1978 1984 1990 1996 2002 2008 2014

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