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Günter Delling · Daniel Delling · Abteilung Osteopathologie, Pathologisches Institut der Universität Hamburg Computergestützte Spracherkennung Traum oder Wirklichkeit für die Anwendung in der Routine des Pathologen In den Bereich der Utopie gehörte noch vor Jahren die Vorstellung, ein ge- sprochenes Wort bzw. einen gesproche- nen Text direkt in einen geschriebenen Bericht per Computer umzuwandeln. Es hat fast 30 Jahre gedauert, um das wichtigste Kommunikationsmittel, die menschliche Sprache, von Computern soweit analysieren lassen zu können, daß eine Umsetzung in einen geschrie- benen Text möglich wurde [12]. Erste Versuche ergaben zwar hoffnungsvolle Ansätze, in der Routine ließen sich die- se Projekte jedoch aufgrund ungenü- genden Komforts, fehlender Rechner- leistung und einer hohen Fehlerquote nicht verwirklichen [4, 11, 13]. Erst vor etwa 10 Jahren, also Ende der 80er Jahre bot sich die Möglichkeit mit Textverarbeitungssystemen auf ei- nem Computer Texte zu erstellen, zu korrigieren, und in jedem gewünschten Layout zu drucken [17]. Es wurde bald klar, daß damit zwar ein höherer Kom- fort für die Erstellung von Texten er- reicht wurde, aber der noch erforderli- che relativ große zeitliche Aufwand für die Erstellung des Textes nur von einer Schreibkraft auf den direkten Anwen- der, nämlich den Pathologen oder Wis- senschaftler verschoben wurde. Die von wirtschaftlichen Interessen bestimmte Intention, eine Vermarktung computer- gestützter Spracherkennungssysteme In den vergangenen Jahren haben zahlreiche neue Methoden Einzug in die morphologische Routinediagnostik gefunden. Neben lichtmikroskopischen Verfahren, immunhistologischen Un- tersuchungen sind die DNA-Analyse [19] und neue molekular-biologische sowie chemische Verfahren zu nennen [1, 8, 16]. Die Übermittlung dieser Er- gebnisse erfordert nach wie vor das Er- stellen eines Berichtes in Schrift und Bild [6, 9]. Damit hat sich der Aufwand für die Erstellung geschriebener Texte für eine einmalige bioptische Untersu- chung eines Patienten im Einzelfall ver- größert. Parallel dazu ist aufgrund der gestiegenen Personalkosten jedoch der Bestand an Schreibkräften in einem Pa- thologischen Institut in den vergange- nen Jahren eher kleiner geworden oder weitgehend gleich geblieben. Damit werden z.T. hochqualifizierte Mitarbei- ter an Schreibarbeiten gebunden, so daß deren Einsatz in der Dokumentati- on blockiert ist. Das Fach Pathologie läuft damit Ge- fahr sich in ungenügender Weise mit seinem facettenreichen methodischen Spektrum darzustellen. Hinzu kommt, daß auch umfangreich begründete und von Gutachtern anerkannte Forschungs- vorhaben von der DFG oder anderen Drittmittelgebern nicht oder nur in un- genügendem Umfang mit Dokumenta- tions- bzw. Schreibkräften ausgestattet werden. Manches gute Manuskript wä- re für die Veröffentlichung erstellt wor- den, müßte nicht der Text im „Zwei- Finger-System“ mühsam geschrieben werden. Der Pathologe 2·99 | 115 Neue Techniken Pathologe 1999 · 20:115–119 © Springer-Verlag 1999 Zusammenfassung In den letzten 30 Jahren konnte die Analyse der menschlichen Sprache mit Hilfe lei- stungsfähiger Rechner soweit vorangetrie- ben werden, daß derzeit kostengünstige und komfortable Lösungen für den Einsatz im beruflichen Routinebetrieb zur Verfügung stehen. Die Vorteile einer Anwendung liegen in der Schaffung von neuen Dokumentati- ons- bzw.Archivierungsmöglichkeiten, in der Reduktion von Personalkosten und nicht zu- letzt in der Unabhängigkeit im Falle unvor- hersehbarer Krankheitsfälle oder in Urlaubs- zeiten. Die Etablierung derartiger Systeme bis zur mühelosen Anwendung erfordert einen nicht unbeträchtlichen Zeitaufwand in den ersten 3 Monaten. Mit der Einführung des Systems werden vor allem jüngere Mit- arbeiter in verstärktem Maße zum exakten, aber ausführlichen Diktat motiviert. Die Ein- flüsse auf weitere Sektoren der Ausbildung, Befunderstellung, Befundübermittlung und Qualitätskontrolle können ohne die Erfah- rung vieler Institutionen nur erahnt werden. Schlüsselwörter Spracherkennung · Computer · Textverarbeitung · Dokumentation · Archiv Prof. Dr. Günter Delling Direktor der Abteilung Osteopathologie, Pathologisches Institut der Universität Hamburg, Martinistraße 52, D-20246 Hamburg& / f n - b l o c k : & b d y :

Computergestützte Spracherkennung

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Günter Delling · Daniel Delling · Abteilung Osteopathologie,

Pathologisches Institut der Universität Hamburg

ComputergestützteSpracherkennungTraum oder Wirklichkeit für dieAnwendung in der Routine des Pathologen

In den Bereich der Utopie gehörtenoch vor Jahren die Vorstellung, ein ge-sprochenes Wort bzw. einen gesproche-nen Text direkt in einen geschriebenenBericht per Computer umzuwandeln.Es hat fast 30 Jahre gedauert, um daswichtigste Kommunikationsmittel, diemenschliche Sprache, von Computernsoweit analysieren lassen zu können,daß eine Umsetzung in einen geschrie-benen Text möglich wurde [12]. ErsteVersuche ergaben zwar hoffnungsvolleAnsätze, in der Routine ließen sich die-se Projekte jedoch aufgrund ungenü-genden Komforts, fehlender Rechner-leistung und einer hohen Fehlerquotenicht verwirklichen [4, 11, 13].

Erst vor etwa 10 Jahren, also Endeder 80er Jahre bot sich die Möglichkeitmit Textverarbeitungssystemen auf ei-nem Computer Texte zu erstellen, zukorrigieren, und in jedem gewünschtenLayout zu drucken [17]. Es wurde baldklar, daß damit zwar ein höherer Kom-fort für die Erstellung von Texten er-reicht wurde, aber der noch erforderli-che relativ große zeitliche Aufwand fürdie Erstellung des Textes nur von einerSchreibkraft auf den direkten Anwen-der, nämlich den Pathologen oder Wis-senschaftler verschoben wurde. Die vonwirtschaftlichen Interessen bestimmteIntention, eine Vermarktung computer-gestützter Spracherkennungssysteme

In den vergangenen Jahren habenzahlreiche neue Methoden Einzug indie morphologische Routinediagnostikgefunden. Neben lichtmikroskopischenVerfahren, immunhistologischen Un-tersuchungen sind die DNA-Analyse[19] und neue molekular-biologischesowie chemische Verfahren zu nennen[1, 8, 16]. Die Übermittlung dieser Er-gebnisse erfordert nach wie vor das Er-stellen eines Berichtes in Schrift undBild [6, 9]. Damit hat sich der Aufwandfür die Erstellung geschriebener Textefür eine einmalige bioptische Untersu-chung eines Patienten im Einzelfall ver-größert. Parallel dazu ist aufgrund dergestiegenen Personalkosten jedoch derBestand an Schreibkräften in einem Pa-thologischen Institut in den vergange-nen Jahren eher kleiner geworden oderweitgehend gleich geblieben. Damitwerden z.T. hochqualifizierte Mitarbei-ter an Schreibarbeiten gebunden, sodaß deren Einsatz in der Dokumentati-on blockiert ist.

Das Fach Pathologie läuft damit Ge-fahr sich in ungenügender Weise mitseinem facettenreichen methodischenSpektrum darzustellen. Hinzu kommt,daß auch umfangreich begründete undvon Gutachtern anerkannte Forschungs-vorhaben von der DFG oder anderenDrittmittelgebern nicht oder nur in un-genügendem Umfang mit Dokumenta-tions- bzw. Schreibkräften ausgestattetwerden. Manches gute Manuskript wä-re für die Veröffentlichung erstellt wor-den, müßte nicht der Text im „Zwei-Finger-System“ mühsam geschriebenwerden.

Der Pathologe 2·99 | 115

Neue TechnikenPathologe1999 · 20:115–119 © Springer-Verlag 1999

Zusammenfassung

In den letzten 30 Jahren konnte die Analyse

der menschlichen Sprache mit Hilfe lei-

stungsfähiger Rechner soweit vorangetrie-

ben werden, daß derzeit kostengünstige und

komfortable Lösungen für den Einsatz im

beruflichen Routinebetrieb zur Verfügung

stehen. Die Vorteile einer Anwendung liegen

in der Schaffung von neuen Dokumentati-

ons- bzw. Archivierungsmöglichkeiten, in der

Reduktion von Personalkosten und nicht zu-

letzt in der Unabhängigkeit im Falle unvor-

hersehbarer Krankheitsfälle oder in Urlaubs-

zeiten. Die Etablierung derartiger Systeme

bis zur mühelosen Anwendung erfordert

einen nicht unbeträchtlichen Zeitaufwand in

den ersten 3 Monaten. Mit der Einführung

des Systems werden vor allem jüngere Mit-

arbeiter in verstärktem Maße zum exakten,

aber ausführlichen Diktat motiviert. Die Ein-

flüsse auf weitere Sektoren der Ausbildung,

Befunderstellung, Befundübermittlung und

Qualitätskontrolle können ohne die Erfah-

rung vieler Institutionen nur erahnt werden.

Schlüsselwörter

Spracherkennung · Computer ·

Textverarbeitung · Dokumentation · Archiv

Prof. Dr. Günter DellingDirektor der Abteilung Osteopathologie,

Pathologisches Institut der Universität Hamburg,

Martinistraße 52, D-20246 Hamburg&/fn-block:&bdy:

Günter Delling · Daniel Delling

Computed assisted voice recognition –a dream or reality in the pathologist’sroutine work?

Summary

During the last 30 years the analysis of

human speech with powerful computers has

taken great strides; therefore, cost-effective,

comfortable solutions are now available for

use in professional routine work.The advan-

tages of using voice recognition are the crea-

tion of new documentation or archives, re-

duced personnel costs and, last but not least,

independence in cases of unforeseen noti-

fication of illness or owing to annual leave.

For voice recognition systems to be used ea-

sily, a considerable amount of time must be

invested for the first 3 months.Younger col-

leagues in particular will be more motivated

to dictate more precisely and more detailed

because of the introduction of voice recogni-

tion.The effects on other sectors of medical

training, quality control, histology report

preparation, and transmission can only be

speculated.

Key words

Voice recognition · Computer ·

Word processor · Documentation · Archive

samtbild sowie zu möglichen thera-peutischen Konsequenzen erforderlich.Der Umfang jeden Berichtes beträgt ca.eine DIN-A4-Seite. Da für die Befund-erstellung der Biopsie von Patientenmit einer generalisierten Osteopathieein definiertes Schema eingehaltenwird und sich daraus ein überschauba-rer Wortschatz vermuten ließ, wurdedas Programm gezielt für diese Gruppevon Befundberichten eingesetzt.

Als Hardware wurde ein Pentiummit einer Taktfrequenz von 200 MHzund einem Arbeitsspeicher von 32 MBsowie einer Festplatte mit 2 GB ver-wendet. Der so verwendete Rechnerfür computergestützte Spracherkennungist Teil eines dezentralen Datenbanksy-stems der Abteilung Osteopathologie(gemischtes Netzwerk Macintosh undPC). Entscheidend für die Auswahl ei-nes Spracherkennungs-Systems für dieeigenen Gegebenheiten war die Mög-lichkeit, direkt in das Datenbanksy-stem (FilemakerPro) oder Textverar-beitungssysteme (z.B. Word) diktierenbzw. schreiben zu können. In der ver-wendeten Konfiguration erfolgte dieTexteingabe direkt in die Filemaker-Datei, die derzeit 23.000 schriftliche Be-fundberichte seit 1994 (für eine sichereAblage getrennt in 2 Dateien mit 13.000und 10.000 Fallberichten) und 91.000Patienten seit 1972 enthält. Strukturund Möglichkeiten dieses Datenbank-systems wurden bereits an anderer Stel-le publiziert [7].

Ergebnisse

Bei der anfänglichen Verwendung desSystems ergaben sich scheinbar un-überwindliche Schwierigkeiten. Be-stimmte fachspezifische Worte, wie z.B.„kubische Osteoblasten“ wurden vomSystem auch nach Korrektur nicht an-genommen und als „kurdische“ Osteo-blasten weiterhin geschrieben. Die Listederartiger Worte ließe sich beliebig ver-längern. Nur mit einem zeitaufwendi-gen Trainingsprogramm und mehrfa-cher Wiederholung des gleichen Feh-lers mit entsprechender Korrektur ge-lang es, dem System diese spezielleWortgruppe der Osteopathologie „bei-zubringen“. Nur durch das Diktierenbereits vorhandener Texte mit zahlrei-chen Korrekturen und der Entwicklungeines eigenen Wortschatzes mit ca. 800„Vokabeln“ gelang es ein annehmbares

frühzeitig zu erreichen, führte bei In-teressenten bzw. den damaligen An-wendern zu einer allgemeinen Skepsisgegenüber der Möglichkeit einer direk-ten Umsetzung des gesprochenen Wor-tes in einen geschriebenen Text [14, 20].

In letzter Zeit sind jedoch durchdie Verbesserung der Rechnerleistungim PC-Bereich neue Möglichkeiten dercomputergestützten Spracherkennungentwickelt worden, die eine routinemä-ßige Anwendung nicht nur in privatensondern auch in unterschiedlich berufli-chen Bereichen interessant werden las-sen [2, 10, 18, 21, 22]. Da der finanzielleAufwand für derartige Systeme im Ver-gleich zu früheren Investitionskostenund langfristig im Vergleich zu den Per-sonalkosten extrem gering ist, sollendie eigenen Erfahrungen mit der routi-nemäßigen Anwendung einer compu-tergestützten Spracherkennung im fol-genden berichtet werden.

Material und Methoden

Der Einsatz einer computergestütztenSpracherkennung erfolgte im eigenenArbeitsbereich im Juli 1997 unter derVorstellung mit dieser Technologie Er-fahrungen zu sammeln. Zu diesemZeitpunkt standen drei verschiedenekommerzielle Spracherkennungs-Sy-steme zur Verfügung. Verwendet wurdedas System Voice Office der Firma IBM.Entscheidend für die Auswahl war derPreis von unter 1000 DM und die Mög-lichkeit anhand einer Probeversionzum Preis von 100 DM einen Einblick indie Möglichkeiten des Systems zu er-halten.

Die Analyse, der zu diktierendenTexte in der Abteilung Osteopathologie,ergab mehrere Gruppen mit unter-schiedlichen „Vokabeln“ und Ansprü-chen. Diese Gruppen sind:

1. Befunde zu metabolischen Osteopa-thien,

2. Befunde zu Knochentumoren,3. Befunde zu orthopädischen Operati-

onspräparaten,4. Konsiliarberichte, überwiegend zu

Knochentumoren,5. Wissenschaftliche Publikationen.

Für die Gruppen 1–4 ist eine ausführli-che Beschreibung der zugrundeliegen-den Veränderungen und eine detaillier-te Stellungnahme zum klinischen Ge-

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Neue Techniken

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Pathologe1999 · 20:115–119 © Springer-Verlag 1999

Diktieren zu ermöglichen. In dieser An-fangsphase betrug die Erkennungsrateca. 80%. Der zeitliche Aufwand Korrek-turen durchzuführen war beträchtlich,da die Eigenheiten des Systems demAnwender zu diesem Zeitpunkt nochnicht geläufig waren. EntscheidendeFehler treten nicht bei kompliziertenWorten, sondern vor allem bei einfa-chen Adjektiven wie „einer, eine, eines,keine, kein“ auf. Dagegen steht jedoch,daß das System bei Markierung derfehlerhaften Wörter bis zu 10 Alternati-ven anbietet, die im Falle des Zutreffensper „Klick“ eingesetzt werden und nichtneu geschrieben werden müssen.

Nur durch eine sehr genaue Kon-zentration des Anwenders auf den sach-lichen Inhalt und die zu wählendenWorte gelang es allmählich eine Verbes-serung der Erkennung aller Worte zuerreichen. Durch einen plötzlichenKrankheitsfall im Sekretariat ergab sichdie besondere Situation, daß das bereitsinstallierte System für den Routinebe-trieb verwendet werden mußte. Bestandbis zu diesem Zeitpunkt die Vorstellungsich mit der Technologie vertraut zumachen und bei Fehlern besser auf dasübliche Diktat per Bandsystem zurück-zugreifen, so war plötzlich der absoluteZwang zum computergestützten Diktateingetreten. Es wurde aufgrund der bisdahin doch bereits erarbeiteten gutenErkennungsquote darauf verzichtet, dieBefunderstellung mit Textbausteinenschneller und scheinbar bequemer zugestalten.Auf diese Weise gelang es nach4 bis 8 Wochen, die Geschwindigkeit desnormalen Diktates zu erreichen. Die er-kannten Worte werden vom System je-derzeit fehlerfrei geschrieben, so daßdie üblichen unvermeidbaren Korrektu-ren von Verständnis- oder Schreibfeh-lern im Sekretariat entfallen. Im Gegen-satz zu einer Schreibkraft, deren Kon-zentrationsfähigkeit nach einem vollenArbeitstag abnimmt, bleibt die Lei-stungsfähigkeit des Computers überden ganzen Tag erhalten und die Quotean Schreibfehlern nimmt nicht zu. DieAbnahme der Konzentrationsfähigkeitdes Benutzers wird durch die komforta-ble Korrekturmöglichkeit wesentlichgemindert. Die bei dem damals einge-setzten System noch erforderliche abge-hackte Sprechweise ist zur Gewohnheitgeworden und andererseits durch neueWeiterentwicklungen beseitigt, so daßderzeit ein Text auch wie im üblichen

Diskussion

Computergestützte Spracherkennungkann mit den derzeit zur Verfügung ste-henden Möglichkeiten in der Routineangewendet werden. Als ausgesprochenkomfortabel erscheint die Tatsache, daßder gesprochene Text unmittelbar inder verwendeten Datenbank erscheintund dort automatisch gespeichert wird.Problematisch ist hingegen die Tatsa-che, daß Rechtschreibprüfungen derüblichen Textverarbeitungssysteme beider Fehlersuche in einem Text, der miteiner computergestützten Spracher-kennung erstellt wurde, versagen. Dieerkannten Worte sind zwar richtig ge-schrieben, vom Sinn her jedoch falsch.Dies zu erkennen erfordert besondersin den Anfängen eine erhebliche Kon-zentrationsfähigkeit des Anwenders.Gleiches gilt andererseits auch für dievon einer Schreibkraft in üblicher Weisenach Diktat erstellten Texte. Wer hatsich nicht schon über unkorrigierte,d.h. überlesene Schreibfehler geärgert.Nach den eigenen Erfahrungen wird abeinem eigenen zusätzlichen Wortschatzvon etwa 800 Wörtern die Erkennungs-rate sehr hoch. Die computergestützteSpracherkennung führt dann zu einererheblichen Verlagerung der Diktat-und Korrekturgewohnheiten. Das Se-kretariat wird wesentlich entlastet undist in der Lage neue Aufgaben zu über-nehmen, für die im üblichen Routine-betrieb keine Zeit gewesen ist. Derzeitwerden in der Abteilung mindestens50% aller Befundberichte per compu-tergestützter Spracherkennung erstellt.

Nach dem oben geschilderten Auf-bau aller Voraussetzungen und derErstellung eines eigenen Wortschatzesder Pathologie/Osteopathologie habenauch die übrigen Mitarbeiter der Abtei-lung begonnen, die Befundtexte percomputergestützter Spracherkennungzu erstellen. Im Gegensatz zur Anfangs-phase bedeutete die Übernahme dercomputergestützten Spracherkennungzu diesem Zeitpunkt keinen großenAufwand mehr. Die Vorteile gegenüberdem bisherigen System der Erstellungvon Texten durch Schreibkräfte sinderheblich. Erforderliche Korrekturenwerden vom für die Ausbildung Verant-wortlichen direkt am Bildschirm perSpracherkennung durchgeführt. Damitbietet sich die Möglichkeit einer inten-siven Diskussion und intensiven Aus-

Diktat fließend diktiert werden kann[15]. Nachteilig ist, daß im derzeit nochverwendeten System keine Möglichkeitbesteht per „Sprachkommando“ be-stimmte Worte im Text zu markieren,fett zu unterlegen oder kursiv zu schrei-ben. Allerdings haben Weiterentwick-lungen diese Möglichkeit vorgesehen.

Korrekturen sind nach Ablauf von6monatigem Einsatz mit großer Schnel-ligkeit und bequem durchgeführt. Nichtkorrekt erkannte Wörter werden mar-kiert und in einem Auswahlmenü wer-den ähnlich klingende Wörter zum Aus-tausch vorgeschlagen. Auf diese Weisekönnen mehr als 50% der nicht korrektvom System erkannten Wörter raschund fehlerfrei „im Austauschverfahren“korrigiert werden. Der verbleibendeRest unbekannter Wörter muß aller-dings im Menüfeld neu geschrieben wer-den. Der Zeitaufwand dafür ist nach deneigenen Erfahrungen gering. Die dafürnotwendige Zeit entspricht dem sorgfäl-tigen Korrekturlesen nach Diktat undden damit verbundenen Verbesserungendurch das Sekretariat. Auf besondereWörter, die üblicherweise einer beson-deren Aufmerksamkeit bedürfen – wiezum Beispiel „Vitamin-D-Metaboliten-Therapie“ – können rasch beim Korrek-turlesen übergangen werden, da diesemit Sicherheit richtig erfaßt und damitauch korrekt geschrieben werden.

Bei 8 diktierten Befundberichtenmit häufigen Diagnosen beträgt die Feh-lerquote derzeit 1,1%. Bei 1489 diktiertenWorten mit 12.237 Zeichen (ohne Leerzei-chen) waren 3 Berichte fehlerfrei. 17 Wor-te wurden korrigiert, davon 5mal „einer“in „eine“. 7 weitere Fehler konnten eben-falls „per Austausch“ korrigiert werden.5 Wörter wurden neu geschrieben.Letzte-res geschieht selbst bei gut bekanntenWorten, da Hintergrundsgeräusche, wiez.B. der plötzlich das Klinikum anfliegen-de Rettungshubschrauber, die Erken-nungsrate drastisch reduzieren können.

Der Spracherkennungs-Wortschatzkann von mehreren Nutzern verwendetwerden. Voraussetzung ist eine dialekt-freie Aussprache. Selbst 2–3 Nutzer kön-nen zeitlich nacheinander am gleichenRechner mit nur einem (aber umfassen-den) Wortschatz arbeiten. Die Einarbei-tungszeit für einen neuen ärztlichenMitarbeiter mit mittleren Computer-kenntnissen in die Gegebenheiten derSpracherkennung beträgt im eigenenBereich 14 Tage.

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bildung ohne den bis dahin üblichenDruck der zeitlich begrenzt zur Verfü-gung stehenden Schreibkräfte.

Eine Rückkehr zur üblichen Dik-tatmethode als alleiniges System er-scheint undenkbar [3]. Neben demZeitgewinn und der Entlastung des Se-kretariates ergeben sich jedoch weitereneue Gesichtspunkte, die für eine Fort-setzung des begonnenen Systems spre-chen.

1. Die Entlastung des Sekretariatesführt bei einem Vergleich der geschrie-benen Befundberichte vor Einführungder computergestützten Spracherken-nung mit den jetzt erstellten Berichtenzu der Erkenntnis, daß wesentliche De-tails ausführlicher und damit besser fürden Kliniker erkennbar dargestellt wer-den. Die Diskussion der therapeuti-schen Möglichkeiten, gerade im spezi-ellen Feld metabolischer Osteopathien,ist wesentlich ausführlicher als vorEinführung der computergestütztenSpracherkennung. Nach Überwindungder Anfangsschwierigkeiten kommt eszu einer Verbesserung der Qualität.

2. Für Assistenten in der Weiterbil-dung stellt die Möglichkeit der compu-tergestützten Spracherkennung eineHilfe dar.Alle Details der histologischenVeränderungen können beschriebenund damit nachvollziehbar im Befund-bericht dargestellt werden. Es entfälltdie Sorge, daß das Sekretariat mit dereher umfangreichen Beschreibung desAnfängers überlastet wird. Die Sorgfaltin der Befunderstellung nimmt zu. DerAssistent ist in stärkerem Maße gefor-dert, seine Kenntnisse auch darzustellenund diese damit auch der Kritik desAusbildenden auszusetzen.

3. Mit der Anwendung der compu-tergestützten Spracherkennung in einerInstitution wächst die Bereitschaft wei-tere neue Technologien, wie die Anwen-dung einer Bilddatenbank mit digitalerBilderfassung und Bildverarbeitung, desBildtransfers (Tele-Pathologie, Tele-Ra-diologie) per Internet oder aufwendigeonkologische Datenbanken anzuwen-den und für das Fach zu nutzen.Auf die-se Weise wird eine Modernisierung desArbeitsplatzes des Pathologen erreicht,der bei Nutzung aller derzeit bereitsvorhandenen Technologien zu einemkreativen Betätigungsfeld werden kann.

Die Entscheidung für eines der aufdem Markt vorhandenen computer-gestützten Spracherkennungs-Systeme

re Mitarbeiter eines Institutes zusam-mengefaßt.

Computergestützte Spracherken-nung ist keine Utopie mehr [5, 10]. Werüber eine ausreichende Ausstattung imSekretariat verfügt, wird das bequemereDiktat auf Band noch einen längerenZeitraum bevorzugen. Anscheinend istdie Entwicklung der computergestütz-ten Spracherkennung soweit vorange-kommen, daß eine Anwendung in vie-len Bereichen möglich werden könnte.Die Konsequenzen für den Arbeits-markt, aber auch neue Chancen für dieBewältigung anderer Aufgaben sindderzeit noch nicht absehbar. Es solltedaher darüber nachgedacht werdenfrühzeitig den verantwortlichen Stellenklar zu machen, daß auch für die Patho-logie die computergestützte Spracher-kennung nicht zu einem Abbau vonStellen verwendet werden kann, son-dern eine Möglichkeit darstellt, neueoder bisher nicht zu bewältigende Auf-gaben mit den frei werdenden Kapazi-täten zu übernehmen.

wird mehr von den lokalen Gegeben-heiten – wie angebotener Service, Preis,individuelle Handhabung – als vongrundsätzlichen Unterschieden in derGenauigkeit der Erkennung bzw.grundsätzlichen Systemunterschiedenabhängen [15]. Die Einrichtung des Ar-beitsplatzes am Mikroskop erfordertebenfalls ein Umdenken, da die Tasta-tur des Computers direkt neben demMikroskop liegen muß und somit dieZugänglichkeit bzw. Handhabung derhistologischen Schnitte nicht mehr ingewohnter Weise vorgenommen wer-den kann. Nach den eigenen Erfahrun-gen könnte die neu entwickelte Techno-logie bereits heute in der Pathologie ge-nutzt werden, um Anschluß mit neuenEntwicklungen zu halten, und das Fachso effektiv wie möglich auch in der Zu-kunft zu gestalten.

In Tabelle 1 und 2 sind die notwen-digen Voraussetzungen sowie die zeitli-chen Abläufe für die Etablierung com-putergestützter Spracherkennung inder Routine mit Nutzung durch mehre-

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Neue Techniken

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Tabelle 1

Voraussetzungen für die Etablierung computergestützter Spracherkennung

1. Hardware

PC ausreichender Leistung – Pentium mit einer Taktfrequenz von 200 MHz, 32 MB Arbeitsspeicher,1–2 GB Hauptspeicher, SoundkarteDatenbank für mehrere AnwenderDiktatplätze ohne stärkere Hintergrundgeräusche (Einzelzimmer, Abschirmung von telefonischenAnrufen, Straßenlärm)Netzwerkfähiger Drucker

2. Software

Hohe Erkennungsrate, fließendes (halb-fließendes) DiktatKann das System direkt mit vorhandenen Datenbanksystemen und Textverarbeitungssystemenkommunizieren?Gibt es spezifische Wortschätze? – (derzeit für moderne Systeme nicht verfügbar)(nach letzten Entwicklungen ist mit einer rapiden Weiterentwicklung zu rechnen)

Tabelle 2

Zeitplan für Etablierung computergestützter Spracherkennung in der Routine

1. Aufbau eines spezifischen Wortschatzes (Diktat von typischen Berichten,automatisches Einlesen von Befundtexten und sprachliche Ergänzung nichtvom System erkannter Worte) 14 Tage

2. Diktat einfacher Befundberichte eines erfahrenen Pathologen (ohne Zeitdruck)mit allmählicher Steigerung der Erkennungsrate auf mindestens 95% 4 Wochen

3. Diktat mehrerer Anwender einfacher Befundberichte 14 Tage

4. Übernahme der meisten Befundberichte in die computergestützteSpracherkennung 4 Wochen

5. Fehlerfreie Erkennungsrate bei mehr als 95%

&p.2:An dieser Stelle wird den wissenschaftli-chen Mitarbeitern der Abteilung Osteopa-thologie, Dr. Matthias Werner, Dr. MatthiasPriemel, Dr. C. Engels und Dr. Gerd Möller,für ihre Geduld, Unterstützung beim Auf-bau des Spracherkennungs-Systems undschließlich für die aktive Mitarbeit beson-ders gedankt.

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Der Pathologe 2·99 | 119

Hrsg.: V. Hingst, H.-G. Sonntag Hygienemaßnahmen in Krankenhaus und Praxis

Stuttgart: WVG, 1997. 342 S., 6 Abb., 19 Tab.,(ISBN 3-8047-1460-9), kart., DM 38,–

Das kleine Taschenbuch ist als Ratgeber für Ärzte

und Pflegepersonal gedacht und soll auch dem

Hygienebeauftragten und Hygienefachkräften als

Nachschlagewerk für die tägliche Arbeit dienen.

Ein Nachschlagewerk braucht immer eine gewis-

se Vollständigkeit. Sieht man das Inhaltsverzeich-

nis in dieser Hinsicht durch, so kann man feststel-

len, daß nahezu alles, was den Krankenhausarzt in

schwierigen Hygieneproblemen beschäftigt, ab-

gehandelt wird.

Da geht es zuerst um die Klärung epidemio-

logischer Fragen von Krankenhausinfektionen.

Der Typ von Erregern und die Häufigkeit seines

Auftretens bei solchen Infektionen werden be-

sprochen. Dazu gehört natürlich eine Übersicht

über die mikrobiologische Diagnostik bei ver-

schiedenen Erkrankungen; eine Übersicht über

die Prävention von Krankenhausinfektionen, ins-

besondere mit Hinweisen für das Verhalten am

Krankenbett, Isolierung ja oder nein, die Dauer

von Isolierung, das praktische Vorgehen bei Isolie-

rung und die Organisation der pflegerischen Ver-

sorgung, alles das wird ausführlich besprochen.

Nicht nur das Verhalten bei einmal eingetre-

tener Infektion, sondern vor allem auch die allge-

meine und die spezielle Prophylaxe von Kranken-

hausinfektionen stellen einen Schwerpunkt des

kleinen Taschenbuches dar: Desinfektions- und

Sterilisationsverfahren,Verfahren der Entwesung,

Fragen der Hygiene im Ver- und Entsorgungsbe-

reich des Krankenhauses und auch die gesetzli-

chen Grundlagen werden besprochen. Arzt und

Schwester finden Rat, wenn es darum geht, hygie-

nisch einwandfrei im Krankenhaus in besonderen

Situationen zu arbeiten. Das geht vom Händewa-

schen bis hin zur Aufbereitung von Apparaturen

mit speziellen Methoden. Es ist auch berücksich-

tigt, wie man sich in besonderen Funktionsberei-

chen, z.B. in der Endoskopie oder in der Intensiv-

station, unter Berücksichtigung krankenhaus-

hygienischer Verfahren zu verhalten hat.

Es würde zu weit führen, alles zitieren zu

wollen, was von Interesse ist. Das Büchlein ist sehr

ausführlich und im praktischen Gebrauch täglich

für jeden Arzt im Krankenhaus immer wieder

nützlich.

P. Lemburg (Düsseldorf)

Buchbesprechung