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54 IEE 5-2010 PRAXIS Luft- und Raumfahrt M ulti-Media-Konferenzsaal in einem Privat-Jet? Für Jet Avia- tion ist das kein Problem. Im Jahre 1967 gegründet, rüstet das interna- tionale Unternehmen seit 1976 Privat- und Geschäftsflugzeuge mit maßgefertig- ten Inneneinrichtungen aus. In die Flugzeuge werden dabei Salons, Ess-, Schlaf- und Badezimmer eingebaut. Da- mit das Unternehmen die aufwändigen Ausrüstungen schneller fertigstellen kann, setzte es auf Concurrent Enginee- ring (auch Simultaneous Engineering, deutsch: verteilte, gleichzeitige Entwick- lung). 2008 machte es sich deshalb auf die Suche nach einer wirkungsvollen Kom- bination aus 3D-Engineering und Pro- duktdaten-Management. Fündig wurde das Unternehmen schließlich bei Dassault Systèmes, deren Anwendungen Catia V5 und Enovia Smarteam der Flugzeug-Aus- rüster seit Anfang 2009 für die Planung der Innenausstattung einsetzt. Mehrwert durch vorkonfigurierte Lösung Zunächst eingesetzt im Sektor 'Large Carrier' – das sind Flugzeuge vom Airbus 319 aufwärts – realisieren ein Jahr später etwa 200 Ingenieure das Mechanical En- gineering bei neuen Projekten ausschließ- lich mit den beiden Softwarelösungen. Dass das Unternehmen mit den Systemen schnell produktiv gehen konnte, ermög- licht die Einführungsmethode, die den Lösungen von Dassault Systèmes zugrun- de liegt. Dagmar Heinrich, Manager CAD und PDM Competence Center bei Jet Aviation: „Wir haben das PLM Enginee- ring Express Template ausgerollt, das von Dassault Systèmes als vorkonfigurierte Lösung angeboten wird. Von Anfang an war Catia mit dem Datenmanagement in Smarteam verknüpft, wodurch wir sofort das Projektmanagement, den sicheren Austausch von Engineering-Daten und einen relativ einfachen Freigabeprozess nutzen konnten.“ Eine CAD- und PDM-Lösung, die parallel zum laufenden Geschäft eingeführt wird, kostet in der Umstellungs- und Lernphase kurzfristig Produktivität. Im Rahmen ih- res Business Case hatte Dagmar Heinrich die möglichen Produktionsausfälle bud- getiert und in die Planung mit einbezogen, um eventuell auf externe Ressourcen zu- rückgreifen zu können. Mit einem zehn- wöchigen Produktivitätsrückgang auf 50 % hatte die PLM-Managerin gerech- net. „Schlussendlich waren es aber nur etwa 15 % von dem, was wir erwartet hatten. Die Anwender konnten mit dem neuen System schnell leistungsfähig ar- beiten“, so Heinrich. Concurrent Engineering Verteilt und gleichzeitig Jet Aviation, internationaler Dienstleistungsanbieter in der Geschäftsluftfahrt, wollte sei- ne komplexen Kundenaufträge schneller und sicherer bearbeiten und dokumentieren. Heute arbeiten 200 Ingenieure mit Catia V5 und Enovia Smarteam im Concurrent Engi- neering. Heimkino der anderen Art: Das Innenausstattungskonzept einer Boing 747-400 787 bietet unter anderem geräumige Sitzgelegen- heiten. Bildquelle: alle Bilder Dassault

Concurrent Engineering Verteilt und gleichzeitig

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54 IEE • 5-2010

PRAXIS Luft- und Raumfahrt

M ulti-Media-Konferenzsaal in einem Privat-Jet? Für Jet Avia-tion ist das kein Problem. Im

Jahre 1967 gegründet, rüstet das interna-tionale Unternehmen seit 1976 Privat- und Geschäftsflugzeuge mit maßgefertig-ten Inneneinrichtungen aus. In die Flugzeuge werden dabei Salons, Ess-, Schlaf- und Badezimmer eingebaut. Da-mit das Unternehmen die aufwändigen Ausrüstungen schneller fertigstellen kann, setzte es auf Concurrent Enginee-ring (auch Simultaneous Engineering, deutsch: verteilte, gleichzeitige Entwick-lung). 2008 machte es sich deshalb auf die Suche nach einer wirkungsvollen Kom-bination aus 3D-Engineering und Pro-duktdaten-Management. Fündig wurde das Unternehmen schließlich bei Dassault Systèmes, deren Anwendungen Catia V5 und Enovia Smarteam der Flugzeug-Aus-

rüster seit Anfang 2009 für die Planung der Innenausstattung einsetzt.

Mehrwert durch vorkonfigurierte Lösung Zunächst eingesetzt im Sektor 'Large Carrier' – das sind Flugzeuge vom Airbus 319 aufwärts – realisieren ein Jahr später etwa 200 Ingenieure das Mechanical En-gineering bei neuen Projekten ausschließ-lich mit den beiden Softwarelösungen. Dass das Unternehmen mit den Systemen schnell produktiv gehen konnte, ermög-licht die Einführungsmethode, die den Lösungen von Dassault Systèmes zugrun-de liegt. Dagmar Heinrich, Manager CAD und PDM Competence Center bei Jet Aviation: „Wir haben das PLM Enginee-ring Express Template ausgerollt, das von Dassault Systèmes als vorkonfigurierte Lösung angeboten wird. Von Anfang an war Catia mit dem Datenmanagement in

Smarteam verknüpft, wodurch wir sofort das Projektmanagement, den sicheren Austausch von Engineering-Daten und einen relativ einfachen Freigabeprozess nutzen konnten.“ Eine CAD- und PDM-Lösung, die parallel zum laufenden Geschäft eingeführt wird, kostet in der Umstellungs- und Lernphase kurzfristig Produktivität. Im Rahmen ih-res Business Case hatte Dagmar Heinrich die möglichen Produktionsausfälle bud-getiert und in die Planung mit einbezogen, um eventuell auf externe Ressourcen zu-rückgreifen zu können. Mit einem zehn-wöchigen Produktivitätsrückgang auf 50 % hatte die PLM-Managerin gerech-net. „Schlussendlich waren es aber nur etwa 15 % von dem, was wir erwartet hatten. Die Anwender konnten mit dem neuen System schnell leistungsfähig ar-beiten“, so Heinrich.

Concurrent Engineering

Verteilt und gleichzeitig Jet Aviation, internationaler Dienstleistungsanbieter in der Geschäftsluftfahrt, wollte sei-ne komplexen Kundenaufträge schneller und sicherer bearbeiten und dokumentieren. Heute arbeiten 200 Ingenieure mit Catia V5 und Enovia Smarteam im Concurrent Engi-neering.

Heimkino der anderen Art: Das Innenausstattungskonzept einer Boing 747-400 787 bietet unter anderem geräumige Sitzgelegen-heiten.

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Heinrich: „Wir stellen heute dem Unter-nehmen Engineering-Daten von hoher Qualität zur Verfügung, die vollständig über die Datenbank definiert sind. So kann das Unternehmen lernen, sukzessive das Beste aus diesen Daten herauszuholen und parallel dazu die zugehörigen Prozes-se zu optimieren. Jet Aviation hat ein 2D-Zeichenwerkzeug durch eine moder-ne Business Solution abgelöst.“

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Einsparungen durch Mehrfachnutzung von 3D-Daten Diese Investition konnte das Unterneh-men in den ersten Projekten wettmachen, in dem die 3D-CAD-Daten in der Prozess-kette wiederverwertet wurden: So sind Bauraumuntersuchungen in 3D für die Entwickler eine große Hilfe, weil sich mit ihnen die Kollisionsfreiheit frühzeitig im Prozess nachweisen lässt. Auch bei der Stressanalyse sowie der Dokumentation der Ergebnisse in 3D und bei der tech-nischen Dokumentation kann das vor-handene Catia-Modell nun direkt genutzt werden, wodurch sich Kosten einsparen lassen. Das selbe gilt bei der NC-Pro-grammierung für die interne und externe Produktion. Außerdem realisierte die Ent-wicklungsabteilung durch die Anbindung von Katalogen für Standardteile und für Materialien zusätzliche Einsparmöglich-

keiten. Weitere Produktivitätsvorteile er-zielt das Unternehmen außerdem, wenn Zulieferer und Konstruktionsdienstleister Daten übertragen, die sich nahtlos in die eigenen Prozesse einfügen. Hier galt es, ei-nige Herausforderungen zu meistern. „Wenn man mit einem PDM-System ar-beitet, dann müssen die von außen kom-menden Daten genau so geliefert werden, wie sie benötigt werden“, erklärt Dagmar Heinrich. Um dies zu garantieren, nimmt Jet Aviation die CAD-Methodik und die Datenaustausch-Systematik von nun an in die Verträge mit den Engineering-Dienstleistern auf. Teure Fehler, die auf ei-ner unzureichenden CAD-Datenqualität oder fehlenden Standards bezüglich des Aufbaus und des Austauschs von CAD-Daten beruhen, lassen sich so ausschlie-ßen. Gefragt nach den wichtigsten Vortei-len der neuen Lösung antwortet Dagmar

Autor Thomas Otto ist freier Journalist in München. infoDIRECT 790iee0510 www.iee-online.de Link zur virtuellen Entwicklungslösung Link zur PLM-Software Link zum Dienstleister für die Geschäftsluftfahrt

[1] Wenn man lieber vom Bett aus fernsieht, ist dieses Innenausstattungskonzept das passende-re. [2] Ein digitaler Prototyp für individuelle Kabinen-anbauten.

[1] [2]