Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Ziegler Digitaler Differentialschutz
Digitaler DifferentialschutzGrundlagen und Anwendung
von Gerhard Ziegler
2 uumlberarbeitete und erweiterte Auflage 2013
Publicis Publishing
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar
Autor und Verlag haben alle Texte in diesem Buch mit groszliger Sorgfalt erarbeitet Dennoch koumlnnen Fehler nicht ausgeschlossen werden Eine Haftung des Verlags oder des Autors gleich aus welchem Rechtsgrund ist ausgeschlossen Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen koumlnnen Warenzeichen sein deren Benutzung durch Dritte fuumlr deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann
wwwpublicis-booksde
Print ISBN 978-3-89578-416-3ePDF ISBN 978-3-89578-900-7
2 Auflage 2013
Herausgeber Siemens Aktiengesellschaft Berlin und Muumlnchen Verlag Publicis Publishing Erlangencopy 2013 by Publicis Erlangen Zweigniederlassung der PWW GmbH
Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwendung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulaumlssig und strafbar Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen Bearbeitungen sonstiger Art sowie fuumlr die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Dies gilt auch fuumlr die Entnahme von einzelnen Abbildungen und bei auszugsweiser Verwertung von Texten
Printed in Germany
5
Vorwort zur ersten Auflage
Der Differentialschutz ist ein schneller absolut selektiver Schutz und wird in vie-len Varianten bei elektrischen Maschinen Transformatoren Sammelschienen undLeitungen in allen Spannungsebenen eingesetzt
In digitaler Technik wurden erhebliche Fortschritte erzielt die dieses Messprinzipnoch attraktiver fuumlr den Anwender machen Dazu gehoumlren vor allem die integ-rierte Wandleranpassung und die hohe Toleranz gegen Wandlersaumlttigung Die Nut-zung der digitalen Datenuumlbertragung uumlber beeinflussungsfreie Lichtwellenleitermacht den Schutz von Kabeln und Leitungen in Stadt- und Industrienetzen erheb-lich einfacher und sicherer In den Freileitungsnetzen der Elektrizitaumltsversorgungwerden im zunehmenden Maszlige digitale Kommunikationsnetze fuumlr die Schutzda-tenuumlbertragung genutzt Damit kann der Differentialschutz nun auch fuumlr laumlngereLeitungen bis weit uumlber 100 km und komplexe Netzanordnungen mit mehrerenLeitungsenden eingesetzt werden
Das vorliegende Buch vermittelt zunaumlchst die allgemeinen Grundlagen desDifferentialschutzes in analoger und digitaler Technik Dabei werden die ThemenStromwandler Signaluumlbertragung und digitale Kommunikation ausfuumlhrlichberuumlcksichtigt Darauf aufbauend werden dann die verschiedenen Arten des Diffe-rentialschutzes und die Anwendung in der Praxis behandelt Dies geschiehtanhand der Geraumltereihe SIPROTEC der Firma Siemens Im Grundsatz gelten dieAusfuumlhrungen jedoch auch fuumlr die Geraumlte anderer Hersteller Zum besseren Ver-staumlndnis werden zu jedem Thema praktische Beispiele gerechnet
Das Buch wendet sich an Studenten und Jungingenieure die sich in das Thema Dif-ferentialschutz einarbeiten wollen aber auch an praxiserfahrene Anwender dieden Einstieg in die digitale Technik des Differentialschutzes suchen Es kann auchals Nachschlagewerk fuumlr spezielle Anwendungsfragen benutzt werden
Nuumlrnberg April 2004 Gerhard Ziegler
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
Ziegler Digitaler Differentialschutz
Digitaler DifferentialschutzGrundlagen und Anwendung
von Gerhard Ziegler
2 uumlberarbeitete und erweiterte Auflage 2013
Publicis Publishing
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar
Autor und Verlag haben alle Texte in diesem Buch mit groszliger Sorgfalt erarbeitet Dennoch koumlnnen Fehler nicht ausgeschlossen werden Eine Haftung des Verlags oder des Autors gleich aus welchem Rechtsgrund ist ausgeschlossen Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen koumlnnen Warenzeichen sein deren Benutzung durch Dritte fuumlr deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann
wwwpublicis-booksde
Print ISBN 978-3-89578-416-3ePDF ISBN 978-3-89578-900-7
2 Auflage 2013
Herausgeber Siemens Aktiengesellschaft Berlin und Muumlnchen Verlag Publicis Publishing Erlangencopy 2013 by Publicis Erlangen Zweigniederlassung der PWW GmbH
Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwendung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulaumlssig und strafbar Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen Bearbeitungen sonstiger Art sowie fuumlr die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Dies gilt auch fuumlr die Entnahme von einzelnen Abbildungen und bei auszugsweiser Verwertung von Texten
Printed in Germany
5
Vorwort zur ersten Auflage
Der Differentialschutz ist ein schneller absolut selektiver Schutz und wird in vie-len Varianten bei elektrischen Maschinen Transformatoren Sammelschienen undLeitungen in allen Spannungsebenen eingesetzt
In digitaler Technik wurden erhebliche Fortschritte erzielt die dieses Messprinzipnoch attraktiver fuumlr den Anwender machen Dazu gehoumlren vor allem die integ-rierte Wandleranpassung und die hohe Toleranz gegen Wandlersaumlttigung Die Nut-zung der digitalen Datenuumlbertragung uumlber beeinflussungsfreie Lichtwellenleitermacht den Schutz von Kabeln und Leitungen in Stadt- und Industrienetzen erheb-lich einfacher und sicherer In den Freileitungsnetzen der Elektrizitaumltsversorgungwerden im zunehmenden Maszlige digitale Kommunikationsnetze fuumlr die Schutzda-tenuumlbertragung genutzt Damit kann der Differentialschutz nun auch fuumlr laumlngereLeitungen bis weit uumlber 100 km und komplexe Netzanordnungen mit mehrerenLeitungsenden eingesetzt werden
Das vorliegende Buch vermittelt zunaumlchst die allgemeinen Grundlagen desDifferentialschutzes in analoger und digitaler Technik Dabei werden die ThemenStromwandler Signaluumlbertragung und digitale Kommunikation ausfuumlhrlichberuumlcksichtigt Darauf aufbauend werden dann die verschiedenen Arten des Diffe-rentialschutzes und die Anwendung in der Praxis behandelt Dies geschiehtanhand der Geraumltereihe SIPROTEC der Firma Siemens Im Grundsatz gelten dieAusfuumlhrungen jedoch auch fuumlr die Geraumlte anderer Hersteller Zum besseren Ver-staumlndnis werden zu jedem Thema praktische Beispiele gerechnet
Das Buch wendet sich an Studenten und Jungingenieure die sich in das Thema Dif-ferentialschutz einarbeiten wollen aber auch an praxiserfahrene Anwender dieden Einstieg in die digitale Technik des Differentialschutzes suchen Es kann auchals Nachschlagewerk fuumlr spezielle Anwendungsfragen benutzt werden
Nuumlrnberg April 2004 Gerhard Ziegler
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
Digitaler DifferentialschutzGrundlagen und Anwendung
von Gerhard Ziegler
2 uumlberarbeitete und erweiterte Auflage 2013
Publicis Publishing
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar
Autor und Verlag haben alle Texte in diesem Buch mit groszliger Sorgfalt erarbeitet Dennoch koumlnnen Fehler nicht ausgeschlossen werden Eine Haftung des Verlags oder des Autors gleich aus welchem Rechtsgrund ist ausgeschlossen Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen koumlnnen Warenzeichen sein deren Benutzung durch Dritte fuumlr deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann
wwwpublicis-booksde
Print ISBN 978-3-89578-416-3ePDF ISBN 978-3-89578-900-7
2 Auflage 2013
Herausgeber Siemens Aktiengesellschaft Berlin und Muumlnchen Verlag Publicis Publishing Erlangencopy 2013 by Publicis Erlangen Zweigniederlassung der PWW GmbH
Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwendung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulaumlssig und strafbar Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen Bearbeitungen sonstiger Art sowie fuumlr die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Dies gilt auch fuumlr die Entnahme von einzelnen Abbildungen und bei auszugsweiser Verwertung von Texten
Printed in Germany
5
Vorwort zur ersten Auflage
Der Differentialschutz ist ein schneller absolut selektiver Schutz und wird in vie-len Varianten bei elektrischen Maschinen Transformatoren Sammelschienen undLeitungen in allen Spannungsebenen eingesetzt
In digitaler Technik wurden erhebliche Fortschritte erzielt die dieses Messprinzipnoch attraktiver fuumlr den Anwender machen Dazu gehoumlren vor allem die integ-rierte Wandleranpassung und die hohe Toleranz gegen Wandlersaumlttigung Die Nut-zung der digitalen Datenuumlbertragung uumlber beeinflussungsfreie Lichtwellenleitermacht den Schutz von Kabeln und Leitungen in Stadt- und Industrienetzen erheb-lich einfacher und sicherer In den Freileitungsnetzen der Elektrizitaumltsversorgungwerden im zunehmenden Maszlige digitale Kommunikationsnetze fuumlr die Schutzda-tenuumlbertragung genutzt Damit kann der Differentialschutz nun auch fuumlr laumlngereLeitungen bis weit uumlber 100 km und komplexe Netzanordnungen mit mehrerenLeitungsenden eingesetzt werden
Das vorliegende Buch vermittelt zunaumlchst die allgemeinen Grundlagen desDifferentialschutzes in analoger und digitaler Technik Dabei werden die ThemenStromwandler Signaluumlbertragung und digitale Kommunikation ausfuumlhrlichberuumlcksichtigt Darauf aufbauend werden dann die verschiedenen Arten des Diffe-rentialschutzes und die Anwendung in der Praxis behandelt Dies geschiehtanhand der Geraumltereihe SIPROTEC der Firma Siemens Im Grundsatz gelten dieAusfuumlhrungen jedoch auch fuumlr die Geraumlte anderer Hersteller Zum besseren Ver-staumlndnis werden zu jedem Thema praktische Beispiele gerechnet
Das Buch wendet sich an Studenten und Jungingenieure die sich in das Thema Dif-ferentialschutz einarbeiten wollen aber auch an praxiserfahrene Anwender dieden Einstieg in die digitale Technik des Differentialschutzes suchen Es kann auchals Nachschlagewerk fuumlr spezielle Anwendungsfragen benutzt werden
Nuumlrnberg April 2004 Gerhard Ziegler
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar
Autor und Verlag haben alle Texte in diesem Buch mit groszliger Sorgfalt erarbeitet Dennoch koumlnnen Fehler nicht ausgeschlossen werden Eine Haftung des Verlags oder des Autors gleich aus welchem Rechtsgrund ist ausgeschlossen Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen koumlnnen Warenzeichen sein deren Benutzung durch Dritte fuumlr deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann
wwwpublicis-booksde
Print ISBN 978-3-89578-416-3ePDF ISBN 978-3-89578-900-7
2 Auflage 2013
Herausgeber Siemens Aktiengesellschaft Berlin und Muumlnchen Verlag Publicis Publishing Erlangencopy 2013 by Publicis Erlangen Zweigniederlassung der PWW GmbH
Das Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt Jede Verwendung auszligerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulaumlssig und strafbar Das gilt insbesondere fuumlr Vervielfaumlltigungen Uumlbersetzungen Mikroverfilmungen Bearbeitungen sonstiger Art sowie fuumlr die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Dies gilt auch fuumlr die Entnahme von einzelnen Abbildungen und bei auszugsweiser Verwertung von Texten
Printed in Germany
5
Vorwort zur ersten Auflage
Der Differentialschutz ist ein schneller absolut selektiver Schutz und wird in vie-len Varianten bei elektrischen Maschinen Transformatoren Sammelschienen undLeitungen in allen Spannungsebenen eingesetzt
In digitaler Technik wurden erhebliche Fortschritte erzielt die dieses Messprinzipnoch attraktiver fuumlr den Anwender machen Dazu gehoumlren vor allem die integ-rierte Wandleranpassung und die hohe Toleranz gegen Wandlersaumlttigung Die Nut-zung der digitalen Datenuumlbertragung uumlber beeinflussungsfreie Lichtwellenleitermacht den Schutz von Kabeln und Leitungen in Stadt- und Industrienetzen erheb-lich einfacher und sicherer In den Freileitungsnetzen der Elektrizitaumltsversorgungwerden im zunehmenden Maszlige digitale Kommunikationsnetze fuumlr die Schutzda-tenuumlbertragung genutzt Damit kann der Differentialschutz nun auch fuumlr laumlngereLeitungen bis weit uumlber 100 km und komplexe Netzanordnungen mit mehrerenLeitungsenden eingesetzt werden
Das vorliegende Buch vermittelt zunaumlchst die allgemeinen Grundlagen desDifferentialschutzes in analoger und digitaler Technik Dabei werden die ThemenStromwandler Signaluumlbertragung und digitale Kommunikation ausfuumlhrlichberuumlcksichtigt Darauf aufbauend werden dann die verschiedenen Arten des Diffe-rentialschutzes und die Anwendung in der Praxis behandelt Dies geschiehtanhand der Geraumltereihe SIPROTEC der Firma Siemens Im Grundsatz gelten dieAusfuumlhrungen jedoch auch fuumlr die Geraumlte anderer Hersteller Zum besseren Ver-staumlndnis werden zu jedem Thema praktische Beispiele gerechnet
Das Buch wendet sich an Studenten und Jungingenieure die sich in das Thema Dif-ferentialschutz einarbeiten wollen aber auch an praxiserfahrene Anwender dieden Einstieg in die digitale Technik des Differentialschutzes suchen Es kann auchals Nachschlagewerk fuumlr spezielle Anwendungsfragen benutzt werden
Nuumlrnberg April 2004 Gerhard Ziegler
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
5
Vorwort zur ersten Auflage
Der Differentialschutz ist ein schneller absolut selektiver Schutz und wird in vie-len Varianten bei elektrischen Maschinen Transformatoren Sammelschienen undLeitungen in allen Spannungsebenen eingesetzt
In digitaler Technik wurden erhebliche Fortschritte erzielt die dieses Messprinzipnoch attraktiver fuumlr den Anwender machen Dazu gehoumlren vor allem die integ-rierte Wandleranpassung und die hohe Toleranz gegen Wandlersaumlttigung Die Nut-zung der digitalen Datenuumlbertragung uumlber beeinflussungsfreie Lichtwellenleitermacht den Schutz von Kabeln und Leitungen in Stadt- und Industrienetzen erheb-lich einfacher und sicherer In den Freileitungsnetzen der Elektrizitaumltsversorgungwerden im zunehmenden Maszlige digitale Kommunikationsnetze fuumlr die Schutzda-tenuumlbertragung genutzt Damit kann der Differentialschutz nun auch fuumlr laumlngereLeitungen bis weit uumlber 100 km und komplexe Netzanordnungen mit mehrerenLeitungsenden eingesetzt werden
Das vorliegende Buch vermittelt zunaumlchst die allgemeinen Grundlagen desDifferentialschutzes in analoger und digitaler Technik Dabei werden die ThemenStromwandler Signaluumlbertragung und digitale Kommunikation ausfuumlhrlichberuumlcksichtigt Darauf aufbauend werden dann die verschiedenen Arten des Diffe-rentialschutzes und die Anwendung in der Praxis behandelt Dies geschiehtanhand der Geraumltereihe SIPROTEC der Firma Siemens Im Grundsatz gelten dieAusfuumlhrungen jedoch auch fuumlr die Geraumlte anderer Hersteller Zum besseren Ver-staumlndnis werden zu jedem Thema praktische Beispiele gerechnet
Das Buch wendet sich an Studenten und Jungingenieure die sich in das Thema Dif-ferentialschutz einarbeiten wollen aber auch an praxiserfahrene Anwender dieden Einstieg in die digitale Technik des Differentialschutzes suchen Es kann auchals Nachschlagewerk fuumlr spezielle Anwendungsfragen benutzt werden
Nuumlrnberg April 2004 Gerhard Ziegler
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
6
Vorwort zur zweiten Auflage
Die positive Resonanz auf die erste Auflage des Fachbuchs hat Autor und Verlagbewogen diese aktualisierte Auflage zu publizieren
Die Kapitel uumlber Wirkungsweise und Anwendung des Differentialschutzes sindnahezu unveraumlndert da die digitale Schutztechnik bereits beim Erscheinen derersten Auflage (2005) einen weitgehend ausgereiften Stand erreicht hatte undmehr als zehn Jahre Betriebserfahrung vorlagen Die Hersteller konzentrierten dieWeiterentwicklung in den letzten Jahren auf die Steigerung der Performance vonHard- und Software und die Nutzung der modernen KommunikationstechnikenDie Schutzrelais sind inzwischen intelligente multifunktionale Geraumlte (IEDs) miteiner Reihe von seriellen Schnittstellen fuumlr die lokale und ferne KommunikationMit den integrierten Mess- und Steuerfunktionen werden sie als Abzweiggeraumlte fuumlrStationsleitsysteme eingesetzt
In dieser 2 Auflage des Buchs wird der derzeitige Stand der Geraumlte- und System-technik am Beispiel der neuen Siemens Geraumltereihe SIPROTEC 5 beschriebenEbenfalls wurden alle technischen Daten Kennlinien und Abbildungen aktuali-siert Die digitale Kommunikation wird ausfuumlhrlich behandelt insbesondere dieNutzung moderner Datenuumlbertragungsnetze fuumlr den Leitungsdifferentialschutz
Die Neuauflage bot auch Gelegenheit kleinere Korrekturen vorzunehmen und dieumfangreichen Referenzen zu aktualisieren Fuumlr die dazu eingegangenen Hin-weise und Anregungen der Leser bedanken wir uns herzlich
Autor und Herausgeber hoffen dass dieses Arbeitsbuch und Nachschlagewerkauch weiterhin mit Interesse aufgenommen und genutzt wird
Nuumlrnberg November 2012 Gerhard Ziegler
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
7
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 10
11 Schutzprinzip 10
12 Digitaler Differentialschutz 11
2 Definitionen 12
3 Wirkungsweise 16
31 Einfuumlhrung 16
32 Grundprinzipien 18
321 Strom-Differentialschutz 18
322 Stabilisierter Differentialschutz 21
323 Differentialschutz mit zwei Hilfsadern 25
324 Ansprechkennlinien 28
33 Messschaltungen fuumlr Drehstromsysteme 33
331 Messung pro Phase 34
332 Mischstrom-Ausfuumlhrung 35
34 Hochimpedanzdifferentialschutz 41
35 Partieller Differentialschutz 48
4 Messtechnik 50
41 Klassische (analoge) Verfahren 50
42 Digitale Messverfahren 53
421 Messwerterfassung 53
422 Differentialschutz mit Momentanwertvergleich 55
423 Differentialschutz mit Zeigergroumlszligen 58
424 Zusatzstabilisierung bei Wandlersaumlttigung 65
5 Stromwandler 68
51 Ersatzschaltung des Stromwandlers 68
52 Normen fuumlr stationaumlres Verhalten der Stromwandler 71
53 Transientes Verhalten der Stromwandler 76
54 TP Stromwandlerklassen 80
55 Polaritaumlt der Stromwandler 83
56 Fehler der Stromwandler 84
57 Auslegung der Stromwandler 87
58 Stromzwischenwandler 98
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
Inhaltsverzeichnis
8
6 Signaluumlbertragung 117
61 Uumlbertragungskanaumlle 117
611 Hilfsadern 117
612 Lichtwellenleiter 127
613 Richtfunk 133
62 Digitale Schutzkommunikation 134
63 Digitale Kommunikationsnetze 143
7 Maschinen-Differentialschutz 151
71 Generator-Differentialschutz 152
72 Motor-Differentialschutz 168
8 Transformator-Differentialschutz 170
81 Physikalische Grundlagen 170
82 Digitale Messwertverarbeitung 177
83 Hoch-Impedanz-Differentialschutz 189
84 Geraumlte fuumlr Transformator-Differentialschutz 192
85 Anwendungsbeispiele fuumlr der Transformatorschutz 193
9 Leitungsdifferentialschutz 205
91 Dreiadern-Differentialschutz 205
92 Zweiadern-Differentialschutz 207
93 Leitungs-Differentialschutz mit digitaler Kommunikation 217
931 Geraumlte und Systemkonfiguration 218
932 Messtechnik 219
933 Signalkonverter fuumlr die Kommunikation 224
934 Zusatzfunktionen und Anwendungshinweise 226
94 Phasenvergleichschutz mit digitaler Kommunikation 229
95 Differentialschutz von Leitungen mit Transformatoren 234
951 Schutz von Transformatorleitungen 234
952 Differentialschutz fuumlr angezapfte Leitungen 235
10 Sammelschienen-Differentialschutz 239
101 Sammelschienen-Differentialschutz mit niederohmigem Messsystem 241
1011 Teil-digitaler Sammelschienendifferentialschutz 7SS600 243
1012 Voll-digitaler Sammelschienenschutz 7SS52 247
102 Verhalten des digitalen Sammelschienenschutzes bei Wandlersaumlttigung und Anforderungen an die Stromwandler 255
103 Hochimpedanz-Sammelschienenschutz 263
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
Inhaltsverzeichnis
9
11 Geraumlteausfuumlhrung 266
12 Inbetriebsetzung und Wartung 273
121 Inbetriebsetzung 273
122 Wartung 275
Literaturverzeichnis 276
Anhang 284
Stichwortverzeichnis 285
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
10
1 Einleitung
Der Differentialschutz wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts angewendet alseine der ersten Schutzeinrichtungen uumlberhaupt
Die Fehlererkennung erfolgt durch Vergleich der Stroumlme die in das Schutzobjekthinein- und herausflieszligen Auf Grund der kurzen Ausloumlsezeit bei absoluter Selekti-vitaumlt eignet er sich als Hauptschutz fuumlr alle wichtigen elektrischen Betriebsmittelndas heiszligt Generatoren Transformatoren Sammelschienen sowie Kabel und Lei-tungen
Der Schutzbereich ist durch die Einbauorte der Stromwandler eindeutig begrenzt
Als Reserveschutz fuumlr externe Fehler muss deshalb immer ein zusaumltzlicherZeitstaffelschutz (Uumlberstromzeitschutz oder Distanzschutz) vorgesehen werden1
11 Schutzprinzip
Der Differentialschutz bildet die Summe aller zu- und abflieszligenden Stroumlme einesSchutzbereiches Abgesehen von Magnetisierungsstroumlmen oder kapazitivenLadestroumlmen muss diese Stromsumme im fehlerfreien Zustand des SchutzobjektsNull sein (Kirchhoffrsquosches Gesetz) Ein innerer Fehler kann damit durch Auftreteneines Differenzstromes erkannt werden Zur Sicherheit gegen Fehlansprechen beiWandlerfehlern wird der Ansprechwert des Schutzes mit zunehmendemGesamtstrom proportional angehoben (Stabilisierter Differentialschutz) Damitpasst sich die Fehlerempfindlichkeit des Schutzes automatisch an die gegebenenKurzschlussverhaumlltnisse an
Der Differentialschutz laumlsst sich besonders einfach realisieren bei raumlumlichbegrenzten Schutzobjekten (Generatoren Transformatoren Sammelschienen)wo die Wandler fuumlr die Stromerfassung nahe beieinander liegen Das Schutzgeraumltkann in diesem Fall direkt uumlber Steuerkabel an die Wandler angeschlossen werden
Bei Kabeln und Freileitungen muumlssen die Strommesswerte fuumlr den Vergleich uumlbergroumlszligere Entfernungen zum jeweiligen Gegenende uumlbertragen werden Mit Hilfsa-dernverbindungen (speziellen Schutzkabeln) koumlnnen dabei Entfernungen bis etwa25 km uumlberbruumlckt werden Bei modernen Relais mit digitaler Infomationsuumlbertra-
1 Bei digitalen Geraumlten ist der Reserveschutz meist in einfacher Form integriert so dass im Verteilungsnetz auf ein getrenntes Geraumlt verzichtet werden kann Ein Zweitschutz fuumlr Fehler auf der eigenen Leitung muss aus Gruumlnden der Hardware-Redundanz jedoch immer in einem getrennten Geraumlt aufgebaut sein Dies ist vor allem im Uumlbertragungsnetz der Fall
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
12 Digitaler Differentialschutz
11
gung uumlber Lichtwellenleiter oder Datennetze kann der Differentialschutz nun auchfuumlr lange Freileitungsstrecken uumlber 100 km eingesetzt werden
Eine besondere Variante des Differentialschutzes ist der Hochimpedanz-Differenti-alschutz (englisch high impedance differential protection) Er ist an das nichtline-are Uumlbertragungsverhalten der Stromwandler angepasst und erreicht die Stabilitaumltgegen Wandlersaumlttigung durch einen hohen Vorwiderstand am Differentialrelais
Der Hochimpedanz-Differentialschutz ist im angelsaumlchsischen Raum weit verbrei-tet auf Grund seines einfachen Aufbaus Er ist geeignet zum Schutz von galvanischdurch verbundenen Einheiten wie Sammelschienen Generatoren Motoren Kom-pensationsspulen und Spartransformatoren nicht jedoch fuumlr normale Volltrans-formatoren mit getrennten Wicklungen Ein Nachteil ist dass die Stromwandleralle gleich ausgefuumlhrt sein muumlssen
12 Digitaler Differentialschutz
Ende der 80er Jahre wurde die digitale Technik beim Schutz eingefuumlhrt [1-1]
Sie bietet eine Reihe von allgemeinen Vorteilen
ndash Die modernen Relais sind multifunktional und koumlnnen damit neben den Schutzfunktionen auch andere Aufgaben uumlbernehmen wie Betriebsmessung und Stoumlrschreibung
ndash Die integrierte Selbstuumlberwachung ermoumlglicht eine ereignisorientierte Feh-lerbehebung anstelle der aufwendigen vorbeugenden Wartung
ndash Die Geraumlte koumlnnen mit dem PC uumlber serielle Schnittstellen nah- und fernbe-dient werden
ndash Die integrierten Messfunktionen zeigen alle wichtigen Groumlszligen an Externe Messgeraumlte sind deshalb bei der Inbetriebnahme und Pruumlfung nur noch in Ausnahmefaumlllen erforderlich
Fuumlr den Differentialschutz ergeben sich noch besonderen Vorteile
ndash Die digitale Messtechnik ermoumlglicht erheblich verbesserte Filter fuumlr die Ein-schalt-(Rush)-Stabilisierung und intelligente Messalgorithmen fuumlr die Zusatz-stabilisierung bei Wandlersaumlttigung
ndash Zur Anpassung an unterschiedliche Wandleruumlbersetzungen oder die Schalt-gruppen von Transformatoren waren in konventioneller Technik Stromzwi-schenwandler erforderlich Bei digitalen Relais erfolgt die Anpassung intern rechnerisch
ndash Die phasengetrennte Messung kann mit vertretbarem Aufwand realisiert wer-den und ermoumlglicht so gleiche Ansprechempfindlichkeit bei allen Fehlerarten und Ansprechsicherheit bei Mehrfachfehlern
ndash Signalverbindungen sind in die laufende Selbstuumlberwachung eingeschlossen
ndash Beim Sammelschienenschutz konnte der Aufwand erheblich reduziert wer-den durch dezentralen Aufbau Kommunikation uumlber LWL und PC basierte Konfiguration
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
12
2 Definitionen
In diesem Dokument werden die nachstehenden Begriffe verwendet
Sofern sie mit den Definitionen des Internationalen Elektrotechnischen Woumlrter-buchs IEV Kapitel 448 bdquoEnergienetz - Selektivschutzldquo uumlbereinstimmen ist jeweilsdie entsprechende Referenznummer angegeben
Selektivschutz
Gesamtheit der Maszlignahmen zum Erfassen von Netzfehlern oder anormalenBetriebszustaumlnden in einem Energienetz die die Fehlerbeseitigung die Beendi-gung der anormalen Zustaumlnde und die Signalisierung oder Anzeige bewirken[448-11-01]
Schutzrelais
Messrelais das entweder einzeln oder in Verbindung mit anderen Relais Bestand-teil einer Schutzeinrichtung ist [448-11-02]
Schutzeinrichtung
Einrichtung die ein oder mehrere Schutzrelais sowie sofern erforderlich Logik-bausteine enthaumllt um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zu erfuumll-len [448-11-03]
Schutzsystem
Anordnung aus einer oder mehreren Schutzeinrichtungen sowie weiteren Gerauml-ten die vorgesehen sind um eine oder mehrere vorgegebene Schutzfunktionen zuerfuumlllen [448-11-04]
Anmerkung Zum Schutzsystem gehoumlren auch Messwandler Verdrahtung Aus-schaltstromkreise sowie falls vorgesehen Informationssysteme Nicht enthaltensind Leistungsschalter
Digitaler Schutz
Schutz in Mikroprozessortechnik mit analog zu digitaler Umsetzung der Mess-werte (Stroumlme und Spannungen) und rechnerischer (numerischer) Verarbeitung
Teilweise ist dafuumlr auch der Begriff bdquoNumerischer Schutzldquo in Gebrauch1
1 Im Englischen wurde der Begriff bdquonumerical relayldquo haumlufig fuumlr ein voll digitales (fully digital) Relais verwendet Der Begriff bdquodigital relayldquo bezeichnete dann den Vorlaumlufertyp mit analog statischer Mess-wertanpassung und digitaler Auswertung auf Basis von Mikroprozessoren Inzwischen wird jedoch allgemein der Begriff digitaler Schutz (bdquodigital relayldquo) verwendet
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
2 Definitionen
13
Vergleichsschutz (Selektivschutz mit absoluter Selektivitaumlt)
Selektivschutz dessen Funktionsweise und Abschnittsselektivitaumlt vom Vergleichder elektrischen Groumlszligen von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist
Im Englischen wird dafuumlr der Ausdruck bdquoUnit Protectionldquo verwendet
Differentialschutz
Vergleichsschutz dessen Funktion auf dem Vergleich von Stroumlmen nach Groumlszligeund Phasenlage (Momentanwerte oder Zeiger) beruht wobei die Stromdifferenzdas Ansprechkriterium darstellt
Laumlngsdifferentialschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich des Betrages oderdem Betrag und dem Phasenwinkel der Stroumlme an den Enden des geschuumltztenAbschnitts abhaumlngig ist [448-14-16]
Querdifferentialschutz
Selektivschutz mit relativer Selektivitaumlt der bei parallel geschalteten Stromkreisenangewandt wird und dessen Funktion von der unsymmetrischen Stromverteilungzwischen diesen Stromkreisen abhaumlngig ist [448-14-17]
Stabilisierter Differentialschutz (alt Prozentdifferentialschutz)
Differentialschutz bei dem der Ansprechwert mit steigendem Durchgangsstrom(Summe der Strombetraumlge aller Enden des Schutzbereichs) angehoben wird
Hochohmiger Differentialschutz (englisch high impedance differential protection)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreises eines gesaumlttigtenStromwandlers hoch ist [448-14-22]
Niederohmiger Differentialschutz (allgemein als bdquoDifferentialschutzldquo bezeichnet)
Strom-Differentialschutz bei dem ein Differentialrelais verwendet wird dessenImpedanz niederohmig ist im Vergleich zur Impedanz des Sekundaumlrstromkreiseseines gesaumlttigten Stromwandlers [448-14-23]
Phasenvergleichsschutz
Selektivschutz dessen Funktion und Selektivitaumlt vom Vergleich der Phasenlage derStroumlme von jedem Ende des geschuumltzten Abschnitts abhaumlngig ist [448-14-18]
Abschnittsbezogene Zone
Der selektive Teil eines Sammelschienenschutzes fuumlr Mehrfachsammelschienender den Stromfluss eines einzelnen Abschnitts der Sammelschiene uumlberwacht
Check-Zone
Anlagenuumlbergreifende nicht abschnittsselektive Zone eines Sammelschienen-schutzes die den Stromfluss an den Auszligenklemmen der Schaltanlage uumlberwacht
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=
2 Definitionen
14
Nullstromdifferentialschutz
Selektivschutz bei dem der Summenstrom eines dreiphasigen Stromwandlersat-zes mit dem Summenstrom eines gleichartigen Stromwandlersatzes oder haumlufigermit dem Strom eines Sternpunktstromwandlers1 verglichen wird [448-14-29]
Partieller Differentialschutz (englisch partial differential protection)
Diese Schaltung wird in der angelsaumlchsischen Schutztechnik haumlufig eingesetzt beiparalleler Einspeisung uumlber eine laumlngsgeteilte Sammelschiene mit KuppelschalterDabei werden die Stromrelais in den Einspeisungen an den Differenzstrom zwi-schen Einspeise- und Kupplungsstrom angeschlossen In der Staffelung derStromrelais kann damit eine Zeitstufe eingespart werden (siehe Abschnitt 35)
Kurzschlussschleife (Fehlerschleife)
Der vom Kurzschlussstrom von der Einspeisequelle zum Fehlerort durchflosseneHin- und Ruumlckweg im Energienetz
Kurzschlussimpedanz
Impedanz im Kurzschluss zwischen der fehlerhaften Phase (Auszligenleiter) und Erdeoder zwischen den fehlerbehafteten Phasen (Auszligenleitern)2 [448-14-11]
Quellenimpedanz (Vorimpedanz)
Fuumlr einen bestimmten Fehlerort ist die Vorimpedanz der Impedanzanteil der Kurz-schlussschleife zwischen dem Anschlusspunkt der Spannung des Messrelais undder Quellenspannung die den Kurzschlussstrom liefert [448-14-13]
Fehlerwiderstand
Widerstand an der Fehlerstelle zwischen den Phasenleitern oder zwischen Phasen-leiter und Erde
Zeiger (englisch bdquophasorldquo)
In diesem Buch wird die Zeigerdarstellung fuumlr die elektrischen Groumlszligen verwendet
Dabei bezeichnet A jeweils den Effektivwert von Strom Spannung oder Leistungund ϕ deren Phasenlage im Bezug auf den Zeitpunkt t = 0
Die Darstellung wird im erweiterten Sinn auch fuumlr Impedanzen benutzt die nichtzeitabhaumlngig sind
1 Es wird die in der Praxis noch uumlbliche Bezeichnung bdquoSternpunktldquo verwendet Die genormte Bezeichnung ist jetzt bdquoNeutralpunktldquo
2 Nach DIN VDE 1304 gilt als genormte Bezeichnung Auszligenleiter Im Sprachbebrauch der Schutztechnik hat sich jedoch der Begriff Phase erhalten wie er auch im Englischen uumlblich ist
A A e jϕsdot A ϕcos j ϕsin+( )sdot B jC+= = =
A B2 C2+=