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Daniel C. Dennett: „Consciousness Explained“ Ein Referat von Oliver Döhrmann www.neurophilosophy.net

Daniel C. Dennett: Consciousness Explained Ein Referat von Oliver Döhrmann

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Daniel C. Dennett: „Consciousness Explained“

Ein Referat von Oliver Döhrmann

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Gliederung

1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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Zu meiner Person: 3. Semester Philosophie (M.A.)1. Semester Psychologie (Diplom)

Kontakt: [email protected] www.leibseele.de

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Präliminarien I

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Präliminarien II

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Zu Daniel C. Dennett: • geb. 1942• B.A. in Harvard 1963, D.Phil. in Oxford 1965 unter Gilbert Ryle• Distinguished Arts and Sciences Professor, Professor of Philosophy, and Director of the Center for Cognitive Studies at Tufts University

Empfehlenswerte Literatur: • The Intentional Stance 1987• Consciousness Explained 1992• Darwin´s Dangerous Idea 1995• Kinds of Minds 1996

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Gliederung

1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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Der Erklärungsanspruch

“I will explain the various phenomena that compose what we call consciousness, showing how they are all physical effects of the brain activities, how these activities evolved, and how they give rise to illusions about their own powers and properties.“ (p.16)

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Ziel

• „Demystifizierung“ des Bewußtseins• Verlust der „kindlichen Unschuld“ • Ersetzung von überkommenen Vorstellungen durch „durchdachte Modelle“• Schönheit der vielen Einzelphänomene von Bewußtsein soll dabei jedoch Raum gelassen werden

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Eine abgeklärtere Haltung zum Phänomen:

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Der Kern des Problems

“The trouble with brain events, we noticed, is no matter howclosely they “match“ the events in the stream of consciousness,they have one apparently fatal drawback: There is nobody matching them.“ (p.29)

Wie können die elektrochemischen Vorgänge im Gehirn zu phänomenalen Erlebnissen werden bzw. diesen zugrunde liegen?

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Der Kern des Problems II

• Bei bewußten Vorgängen ist “per definitionem” ein Zeuge anwesend• kein einzelnes Gehirnareal übernimmt diese Rolle• Vorstellung eines “Selbst” ist tief in unserem Sprechen und Denken verankert (s. Popper und Eccles)

Auf der Suche nach dem „Zeugen“

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Der Ansatz von Dennett

• Funktionalismus: Reproduktion der gesamten funktionellen Architekturdes menschlichen Gehirns (“Verschaltung”) z.B. in einem Computer führt zugleich zu einer Reproduktion aller mentalen Eigenschaften

Funktionalistisch-antidualistisch

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• Antidualistisch: - “Geist” unterliegt physikalischen Gesetzen und ist deshalb erforschbar - Wie ist Geist-/Gehirn-Interaktion möglich?

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Der Ansatz von Dennett II

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Das Cartesianische Theater

Die Antworten, die uns intuitiv die richtigen erscheinen, müssendeshalb noch lange nicht die Lösung zum Rätsel des Bewußtseins bieten.

Dennetts Ansatz erscheint in vielen Punkten kontraintuitiv.

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Gliederung

1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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PhänomenologieEntwickelt vom deutschen Philosophen Edmund Husserl

• Ausschluß der Außenwelt und Konzentration auf die innere Erlebnisweltdurch eine besondere Methode namens „epoché“• Annahme, dabei die puren Erlebnisobjekte, „noemata“, zu erfahren

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Der phänomenologische Garten

1. Erfahrung der Außenwelt2. Erfahrung der Innenwelt3. Erfahrung von Emotionen

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Ein Besuch zur Entwicklung einer neuen Methode

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Erfahrung der Außenwelt

• Kann keine Abbildung der Außenwelt in unserem Kopf sein• Erfahrung ist ein reiner Informationsverarbeitungsprozeß• auch hier zunächst kontraintuitiv: wie soll Information einem phänomenologischen Gegenstand entsprechen?

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Erfahrung der Innenwelt

• die Auffassung von „mentalen Bildern“ kann jedoch nicht ganz falsch sein, zwei Beispiele:

- Vorstellungen, z.B. erotische Phantasien, können ähnliche Wirkungen haben wie Originalerlebnisse- ausgebildete Musiker können anhand von Noten einen „inneren Höreindruck“ haben und die Quali-tät eines Stückes beurteilen

• neben der eigentlichen Erfahrung spielen zudem Vorstellungen und Erinnerungen eine große Rolle

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Ein Beispiel

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Eine neue Methode der Phänomenologie

•“First-person-plural presumption“, d.h. daßwir uns auch über den Grad der Gemeinsamkeit unserer Erfahrung bei Introspektion täuschen könnten

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Bisherige Fehler:

• „Dritte-Person-Perspektive“ (z.B. Behaviorismus) akzeptiert dieAussagen von Subjekten über mentale Zustände nicht

Ziel: ”The challenge is to construct a theory of mental events using the data that scientific method permits“ (p.72)

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Heterophänomenologie

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• Externer Beobachter interpretiert Aussagen über Mentales als einSprechakt, deshalb Zuschreibung von Glauben und Wünschen• Wahrheit und Falschheit gilt innerhalb dieses Sprechtextes (Ver-gleich zur Interpretation eines Textes)• Heterophänomenologische „Objekte“ sind wie Gravitätszentren oder der Äquator nur „abstracta“ keine „concreta“• Heterophänomenologie soll einen neutralen Zugang zu den men-talen Vorgängen in den Subjekten bieten

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Gliederung

1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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Cartesianischer Materialismus

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• Für Descartes war die Zirbeldrüse der Ort der Interaktion zwischen Körper und Geist• Cartesianischer Materialismus ist die Aufgabe des Dualismus unterBeibehaltung der Vorstellung eines „Ortes des Bewußtseins“• Dieser Ort ist das bereits erwähnte „Cartesianische Theater“

„There is no single point in the brain where all information funnels in [...]“ (p.102)

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„Multiple Drafts Model“

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Reize(beinhalten „content“)

Verschiedene Gehirnareale verarbeiten diese

Ergibt im Laufe der Zeit eineSequenz

„Inhaltsfixierung“(nicht Bewußtseinder Inhalte!)

WeitergehendeSequenzbear-beitung

Weitere Entwürfe(kein finaler Entwurf)

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Orwell vs. Stalin

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•„Orwellsche Revisionen“: Manchmal scheinen wir uns an Dinge zu erinnern, die nie stattgefunden haben (also nach der eigentlichenErfahrung revidiert wurden)• „Stalineske Illusionen“: Auch eine Veränderung vor der eigent-lichen Erfahrung ist möglich (eine sorgfältige Inszenierung einerIllusion - so wie ein Schauprozeß unter Stalin)

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Ein Beispiel für Orwell

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Ein Beispiel für Stalin

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Die Relevanz der Unterscheidung

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• Aus der Innenperspektive können wir nicht sagen, welcher Art vonTäuschung wir unterlagen, beide erscheinen uns gleich • Auch aus der Außenperspektive ist die Frage nicht zu beantworten, da ja auch Forscher auf einen Hinweis der Versuchsperson angewiesen sind, wann etwas bewußt wird• Theoretiker beider Fraktionen können somit gleicher Meinung sein,was im Gehirn der VP stattfindet

ABER:Wenn der Cartesianische Materialismus wahr wäre, würdees eine Antwort geben, wann genau die Erfahrung bewußt wurde.

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Die Relevanz der Unterscheidung II

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• Viele Theoretiker gehen für Dennett also nur den halben Weg:Sie lehnen den Cartesianischen Materialismus zwar ab, wollen aber dennoch nicht die Vorstellung einer Ziellinie ablehnen

• in der Literatur finden sich somit diverse Erklärungsmodelle auf Basis der „Orwellschen Revision“ oder der „Stalinesken Illusion“

• die meisten Mißverständnisse treten auf, wenn das Repräsentierte mit dem Repräsentierenden verwechselt wird:

- die wenigsten glauben, daß Raum im Gehirn räumlich dargestellt werden muß- in vielen Erklärungen zu bestimmten Phänomenen wird jedoch von einer zeitlichen Repräsentierung von Zeit aus- gegangen

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1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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Evolution

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• die ersten Lebewesen mit Nervensystem waren „festverdrahtet“ (hard-wired) und waren somit nicht lernfähig• das Nervensystem mußte folgendes gewährleisten:

Fight Feed Flee or MateThe Famous Four F´s:

• auf der Basis vorhandener Nervensysteme entwickelte sich imLaufe der Evolution eine Gehirnarchitektur, die einen „Strom desBewußtseins“ hervorbringen konnte

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Repräsentationen

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• Die Fähigkeit zur Repräsentation der Umwelt, des Innenlebens und abstrakter Entitäten wie Paris sind beim Menschen besondersausgeprägt

• Mit Hilfe von Autostimulation z.B. durch lautes Sprechen bzw. durch das Zeichnen von Piktogrammen können Menschen die Kommunikation zwischen einzelnen Hirnarealen verstärken

• Wie kann das Gehirn das repräsentieren, was es repräsentiert und was ist bei Hunger anders im Gehirn als bei Durst?

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Kulturelle Evolution und Meme

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• sprachliche Kommunikation ermöglicht den Austausch von Informationen => Verminderung des Selektionsdrucks• Meme als kleinste sich selbst reproduzierende Kultureinheiten benötigen eine physische Realisierung für ihre „Weiterexistenz“=> Am besten realisiert im menschlichen Geist• die „Einnistung“ von Memen hat eine Veränderung des Gehirnszur Folge

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Die Architektur des Geistes

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Virtuelle Maschine

Serielle Sequenz=

Parallel verarbei-tende Struktur

Gehirn =

Simuliert durch „Multiple Drafts“

MenschlichesBewußtsein

Komplex von Memen=

erschafft

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Die Architektur des Geistes II

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• Das menschliche Bewußtsein wird somit mit Hilfe einer virtuellenMaschine auf einer Struktur realisiert, die von der Evolution nicht so dafür „konzipiert“ wurde.• Da die virtuelle Maschine zwischen Bewußtsein und Gehirn geschal-tet ist, haben wir keinen direkten Zugang zu den neuronalen Aktivitäten• Die virtuelle Maschine erschafft so etwas wie einen „central meaner“,allerdings nicht dauerhaft, sondern durch die Koordination der Aktivi-tät verschiedener Hirnzentren, die wechselnde Koalitionen miteinandereingehen

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Gliederung

1. Präliminarien

2. Problemstellungen

3. Von der Phänomenologie zur Heterophänomenologie

4. Cartesianisches Theater vs. „Multiple Drafts“

5. Die Architektur des menschlichen Geistes

6. Qualia disqualifiziert

7. Schlußbemerkungen

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Das Lieblingsthema

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Qualia

„der phänomenal-qualitative Charakter“ (Beckermann)„das pure Erleben“

(Metzinger)

“the hard problem“ (Chalmers)

“what-it-is-like“ (Nagel) „sekundäre Qualitäten“

(Locke)

Viele Namen für die gleiche Sache:

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Mary

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Dennetts Antwort

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• wenn Mary alles neurowissenschaftlich und funktionell weiß, dann weiß sie auch, daß die Tomate rot ist• Qualia existieren nicht: Menschen haben Empfindungen, die dis-kriminatorische Zustände sind• die Zustände haben auch dispositionelle Eigenschaften, wir sindbeispielsweise bei bestimmten Empfindungen disponiert von einerentsprechenden Wahrnehmung zu sprechen• viele weitere Gedankenexperimente lassen sich ebenfalls auf dieirrige Annahme zurückführen, daß es ein zentrales Gehirnareal fürFarbverarbeitung gibt• mit dem „Multiple Drafts“- Modell werden diese Gedankenexperi-mente jedoch hinfällig

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Dennetts Theorie in Aktion

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Van Tuijl 1975

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Dennetts Theorie in Aktion II

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