10
- Z. anorg. aIlg. Chem. 416, 16-24 (1975) J. A. Barth, Leipzig Darstellung und Eigenrchaften gemischter Fluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(lV) Von ITr. PREETZ und Y. PETROS Kiel, Inst,itnt fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitat Inh a1 t sii ber sic ht. Die Darstellung von [OSF,C~]~-, cis- und tran~-[OsF,C1,]~-, [OsF,C1,12-, tran~-[OsF,Cl,]~- und trans-[OsE",CIBr]*- wird beschrieben. Die neuen Gemischtligandkomplexe werden durch ihre Sehwingungs- und Absorptionsspektren, chemische Reaktionen in Losung und in festem Zustand sowie durch rontgenographische Untersuchungen charakterisimt. Der EinfluO der Symmetrie, des trans-Effekts und der Donorwirkung der verschiedenen Halogenide auf die kinetische Stabilitat der Komplexe wird diskutiert. Prcparat,ion a nd Properties of Mixed Fluoro-Halogeno-Complexes of Osmium(1V) Abstract. The preparation of [OSF,C?I]~-, cis- and trans-[OsF,Cl.J2-, [OsF,ClJa-, trans- [OsF,Cl,Y-, and trans-[OsF,C1Br12- is described. The new mixed-ligand complexes are charaeteri- zed by their vibrational and absorption spectra, chemicaI reactions in solution and solid state, and by X-ray studies. The influence of the symmebry, of the trans-effect and donor strength of the different halides on the kinetic stability of the complexes is discussed. 1. Einleitung In inehreren vorangehenden Mitteilungen [I - 41 wurde iiber die Darstellung und Eigenschaften gemischter Hexahalogenokomplexe des Typs [OSX~Y,-,]~-; X # T = C1, Br, J; n = 1-5, einschliefilich der fur n = 2, 3 und 4 existierenden cis-trans-Isomeren berichtet. Es erscheint interessant, in die praparativen Arbei- ten das Fluor mit einzubeziehen, das als Ieichtestes Halogen und elektronegativ- stes Element eine Sonderstellung einnimmt. Bisher sind die Systeme fluorhaltiger Halogenokomplexe der allgemeinen Formel [MFnXs-n] vorwiegend mit Hilfe der 19F-NMR-Spektroskopie untersucht worden. Beim Sn(1V) liefien sich in Losungen eine ganze Reihe solcher gemischten Komplexionen qualitativ nachweisen, jedoch nicht in Substanz isolieren [5]. Auf dieselbe Weise gelang der Nachweis aller Kom- ponenten der Reihe [WFnCl,-,] einschlieBlich der Stereoisomeren, die aber eben- falls nicht getrennt wurden [6]. Bei den speziell interessierenden Platinmetallen ist bisher nur uber einen fluorhaltigen Hexahalogenokomplex,namlich K,[PtF,Cl,] herichtet worden [7, 81. Im folgenden werden die Darstellung und Eigenschaften von sechs Fluoro-Halogeno-Komplexen des Os(1V) beschrieben.

Darstellung und Eigenschaften gemischter Fluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(IV)

Embed Size (px)

Citation preview

- Z. anorg. aIlg. Chem. 416, 16-24 (1975) J. A. Barth, Leipzig

Darstellung und Eigenrchaften gemischter Fluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(lV)

Von ITr. PREETZ und Y. PETROS

Kiel, Inst,itnt fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitat

I n h a1 t sii ber sic ht. Die Darstellung von [OSF,C~]~-, cis- und tran~-[OsF,C1,]~-, [OsF,C1,12-, tran~-[OsF,Cl,]~- und trans-[OsE",CIBr]*- wird beschrieben. Die neuen Gemischtligandkomplexe werden durch ihre Sehwingungs- und Absorptionsspektren, chemische Reaktionen in Losung und in festem Zustand sowie durch rontgenographische Untersuchungen charakterisimt. Der EinfluO der Symmetrie, des trans-Effekts und der Donorwirkung der verschiedenen Halogenide auf die kinetische Stabilitat der Komplexe wird diskutiert.

Prcpara t , ion a n d Proper t ies of Mixed Fluoro-Halogeno-Complexes of Osmium(1V)

Abst rac t . The preparation of [OSF,C?I]~-, cis- and trans-[OsF,Cl.J2-, [OsF,ClJa-, trans- [OsF,Cl,Y-, and trans-[OsF,C1Br12- is described. The new mixed-ligand complexes are charaeteri- zed by their vibrational and absorption spectra, chemicaI reactions in solution and solid state, and by X-ray studies. The influence of the symmebry, of the trans-effect and donor strength of the different halides on the kinetic stability of the complexes is discussed.

1. Einleitung In inehreren vorangehenden Mitteilungen [I - 41 wurde iiber die Darstellung

und Eigenschaften gemischter Hexahalogenokomplexe des Typs [OSX~Y,-,]~-; X # T = C1, Br, J; n = 1-5, einschliefilich der fur n = 2, 3 und 4 existierenden cis-trans-Isomeren berichtet. Es erscheint interessant, in die praparativen Arbei- ten das Fluor mit einzubeziehen, das als Ieichtestes Halogen und elektronegativ- stes Element eine Sonderstellung einnimmt. Bisher sind die Systeme fluorhaltiger Halogenokomplexe der allgemeinen Formel [MFnXs-n] vorwiegend mit Hilfe der 19F-NMR-Spektroskopie untersucht worden. Beim Sn(1V) liefien sich in Losungen eine ganze Reihe solcher gemischten Komplexionen qualitativ nachweisen, jedoch nicht in Substanz isolieren [5]. Auf dieselbe Weise gelang der Nachweis aller Kom- ponenten der Reihe [WFnCl,-,] einschlieBlich der Stereoisomeren, die aber eben- falls nicht getrennt wurden [6]. Bei den speziell interessierenden Platinmetallen ist bisher nur uber einen fluorhaltigen Hexahalogenokomplex, namlich K,[PtF,Cl,] herichtet worden [7, 81. Im folgenden werden die Darstellung und Eigenschaften von sechs Fluoro-Halogeno-Komplexen des Os(1V) beschrieben.

W. PREETZ u. Y. PETROS 1 6

2. Darstellung Als Ausgangssubstanz eignet sieh K,[OsCl,], aus den1 sich dirrch Behandeln

niit RrF, durch oxydativen Ligandenersatz gernaB der folgenden Gleichung ge- mischte Fluoro-Chloro-Komplexe bilden :

Bei Einsatz von K,[OsBr,] bzw. K,[OsJ,] erkennt man die entstehenden freien Halogene an den brauiien bzw. violetten Dlimpfen, es bildet sich jedoch aus- schliel3lich der Hexsfluorokoinplex als Endprodukt. Nur bei Verwendung des Hexachlorokomplexes lassen sich einige Gemischtligandkomplexe, die stufen- weise gebildet und durch Folgereaktionen ineinander umgewandelt werden , als Zwischenprodukte abfangen. Die gezielte Herstellung der Kornplexe mit 3, 4 und 5 F-Liganden gelingt durch Wahl der richtigen Reaktionstemperatur und -zeit, sowie durch Zusatz von Frigen 113, wodurch die Reaktivitiit des BrF, moderier- bar ist. Aus den bereits Fluor enthaltenden Verbindungen lassen sich durch Sub- stitutionsreakt,ionen weit,ere gemischte Kornplexe mit trans-Konfiguration her- s tellen.

[ O S F ~ C ~ ~ ] ~ - . 500 mg fein gemorsertes, in 10- 15 ml Frigen 113 suspendiertes K,[OsCI,] werden in einer Pt-Schale mit 10-15 ml einer an BrF, gesattigten Frigen 113-Msung versetzt und solange vorsiehtig uber der Sparflamme eines Bunsenbrenners erhitzt, bis sich die dunk4 er- scheinende feste Phase kaseartig zusammenballt. Das Gemisch wird abgeschreckt und gefrier- getrocknet. Die ionophoretische Auftrennung des mit rZceton gewaschencn Riickstandes parallel mit Vergleichssubstanzen zeigt, daB neben dem entstandenen [OsF,C1,I2- nur noch die Ausgangs- verbindung [OSC~,]~- in betrachtlichen Mengen vorliegt. Ihre vollige Umsetzung wird linter diesen Bedingungen nicht erreicht. D a es nicht gelingt, die beiden Komplexe diirch Fallungsreaktionen quantitativ voneinander zu trennen, wird [OsF,C1,12- mit Hilfc der Ionophorese isoliert, indem aus vielen I'herogrammen die entqmechenden Zonen ausgeschnit'ten nnd elniert werden [9]. A m der waidrigen Losung laBt sich init Cs-Acetat Cs,[OsF',CI,] in Form glanzender gelber Stabchen nusfallen.

2K,[OsCI,] + nBrF, + ~ K , [ O S F ~ C ~ , - ~ ] + nCl, + nBrF.

Cs,[OsF,Cl,], 0 s : 30,5 (ber. 30.71). F: 9,2 (9,20), C1: 16,7 (17,17)y0. Cis-[OsF,Cl,]*-. Zu 250 mg fein gemorsertem, mit 20-25 ml Frigen 113 uberschichtetcm

K,[OsCI,] la& man in1 Abzug unter Umschwenken der Platinschale 5-6 ml BrF, tropfen. Das Gemisch bleibt fur 30 Minuten bei Raumtemperatur und wird mehrfach umgeschiittelt. Das iiach der Gefriertrocknung ausgefallene Rohprodukt wird gut mit Aceton gewaschen und ergibt atis Waaser umkristallisiert reines cis-K,[OsF,CI,]. Die Ausbente ist fast quantitativ, wenn man den zuin Teil im Wasch-Aceton gelosten Komplex durch Zugabe eines Alkohol-Ather-Gemisches (1: 1) als K-Salz oder direkt mit Cs-Acetat als Cs-Salz ausfallt. Aus waoriger Losung 1iif3t sich cis- Cs,[OsF,Cl,] in mm-grollen orangefarbenen Kristallan ziichtcn.

Cis-Cs,[OsF,C~l,], 0 s : 31,5 (ber. 31,55); F: 12,3 (12,60); Cl: 11,6 (11,76)yA. [OsF,CI]'-. ZU 500 mg fein gepulvertem K,[ORCI,] iind 30-25 ml Frigen 113 tropft man

5-6 ml BrF,. Das dunkelbrame Gemisch wird mehrfach bis Zuni Siedebeginn des Frigens (Kp.: 47,7"C) erwlrmt'. Die Reaktion verliiuft tim so schneller, je weniger Frigen zugegeri ist. Ex darf jedoch nicht ganz fehlen uiid muB eventuell erganzt werden. Sobald die untere Schicht des Ge- misches hellbraun erscheint, wird gefriergetrocknet und danach noch anhaftendes BrF, mit Aceton ausgewasehen. Dabei lost sich der groBte Teil des entstandenen K,[OsF,Cl] auf. Es lallt sich ails dem Aceton durch Zugabe von Alkohol und Ather wieder abscheiden. Der Rest wird als schwer losliches Cs-Sale gefallt. Die Niederschlage konnen aus IVasser umkristallisiert werden. Grobkri- stallines Cs,[OsF,Cl) ist etwas heller als cis-Cs,[OsF,CI,] und schimmert schwach rosa.

Cs,[OsF,CI], 0 s : 32,4 (ber. 33,43); F: 16,2 (16,20); C1: 5,Y (6,0F)y0.

Fluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(1V) 17

l’rans-[OsF,CI,]z-. 200 mg I<,[OsF,CI] werden in etwa 20 ml konz. HCl ge16st und 45 Minu- ten lang bei gleichzeitigem Durchleiten eines schwachen HCI-Gasstromes im Wasserbad unter RiickfluD auf 60°C erwiirmt. Der bei der Gefriertrocknung verbleibende R.iickstand mul3 ionopho- retisch aufgearbeitet werden. Abb. 1 zeigt nebeneinander die Pherogramme einer Vergleichsprobe a) und des Reaktionsproduktes b). Die Ausgangssubstanz (2) ist nach 4s5 Minuten bis auf eincn kleinen Rest rerbraucht. 91s Hauptprodukt ist tran~-[OsF,CI,]~- (3) neben wenig trans-[OsF,CI,~- (6) iind [OSCI,]~- (6) entstanden. Die langsamer wandernden Zonen 7, 8 und 9 ruhren von unbe- kannten Hydrolysekomplexen her.

5 4 3 2 7

9 8 7 6 Abb. 1 Pherogramm der Umsetzung [OSF,CI]~- + HCl. a) VergleickfisubstanzerI: 1: [OsF,I2-; 2: [OSF,CI]~-; 3: [OsF4CI,12 -; 4: [OsF3C13]2-; 5: [Os(ll,J-; b) Probe: 6: tran~-[OsF,CI,]~-; 7, 8, 9 : Hydrolysekomplcxe

Da die fluorreichen Komplexe fast farblos sind nnd trans-[OsF,Cl,]”- nnd [OSF,C~]~- auch in1 UV-Bereich nur schlecht absorbieren. ist der Kachweis der Zonen auf dem Trennstreifen schwierip. Sic zeichnen sich erst nach langerem Erhitzen auf l2O’C diirch thermische Zersetzung der Kom- plexe zu schwarzem OsO, . aq auf dem Papier dentlich ab. Fur die ionophoretische Isolierung WIHI dem Reaktionsgcmisch als Orientierungssubstanz etwas K,[OsF3C13] beigemischt. Das interessle- rende etwas schneller wandernde trans-[OsF4C1,J~- erhalt man durch qaa,si blindes Ausschneiden des Bereiches vor der im UV-Licht erkennbaren Zone von [OsF,CI,]Z-. -411s dem Eluat der Zonen l l D t sich das im Vergleich zii dem cis-Isomeren hellere, schwach gelbe trans-Cs,[OsF,Cl,] ausfilllen.

Trans-Cs,[OsE’,CJ,], 0 s : 31,4 (ber. 31,55); F: 13,5 (12,60); CI: 11,7 (11.76)%.

Trans- [ OsF,CI,]a‘. Die Darstellung von trans-[O~F,C1,]~- erfolgt ganz. analog zu der von tran~-[OsF~C1,]~- durch Umsetzung roil [OSF,CI]~- mit rauchender konz. HCI Ibei 50°C. Allerdings muB die Reaktionsdauer verlangert werden. Die beste Susbeute wird nach 3,5 Stnnden mit etwa 20% der Theorie erzielt. Die Isolierung und Aufarbeitung entspricht der von trans-[OsF,CI,J?-.

4 s Susgangssubstanz eignet sich auch cis-K,[OsF,CI,]. 150 mg nwden in 1.5 ml konz. HC1 unter Durchleiten von HC1-Gas fur 1 Stunde am Ruckflu6 auf 70°C e r d r m t . Neben einem Rest, des Ausgangsproduktes liegen dann t rans- [O~F~Cl~]~- und [OSCI,]~- vor. Sach der ionophoretischen Isolierung betragt die Ausbeute etwa 25%.

Aus den auf beiden Wegen erhaltenen waBrigen Losungen la6t sich orangegelbes trans- Cs,[OsF,CI,]- in Form gut ausgebildeter Oktaeder auskristallisieren.

Trans-[OsF4C1BrJa-. 250 mg K,[OsP,CI] werden in 20 - 2 5 ml konz. HBr (D.: l ,6) gelbst und 35 Minuten bei 50°C belassen. Nach der Gefriertrocknung findet man in dern Riickstand bci der ionophoretischen Auftrennung neben versehiedenen Hydrolyseprodukt,en die Zone von t,rans- [OsF,CIBr]~-. Die Beweglichkeit dieses Komplexions liegt zwischen denen von [ O S F ~ C I ~ ] ~ - und [OSF,C~,]~-. Die Ausbeute an dem schwach rosa erscheinenden tra~ns-K,[OsF,CIBr] ist gering untl betriigt maximal 20%. Aus der waDrigen Losung des K-Salzes 1aDt sirh das schwerer losliche Ma- f arbene trans-Cs,[OsF4C1Br] leicht ansfallen.

3. Charakterisierung Wahrend sich aus den Elementaranalysen nur die Bruttozusammensetzurag

der neuen Komplexe ergibt, lassen sich sowohl aus den TR-Spektren als auch aus 2 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 615.

W. PREETZ u. Y. PETROS 38

den Ergebnissen der chemischen Umsetzungen Aussagen iiber den strukturelien Aufbau machen. Zur Abschlitzung der Stabilitat der neuen Koniplexe wird die Hydrolyse in Losungen und das thermische Verhalten der fest,en Komplexsalze untersucht . Die weitere Charakt,erisierung erfolgt durch die Absorptionsspektren uiid rontgenographische Bestimmung der Elementarzellen.

3.1. S c h w i n g u n g s s p e kt r e n Die IR-Spektren werdcn mit, dcm Beckman-Spektrometcr IR-11 im Bereich von 100--600 cm-l

aufgenommen. Dam1 werclen Verreibungen van jeweils 10 - 15 mg der Cs-Komplrxsalxe mit eiiiem Tropfen Nujol anf I'olylt,hylenscheiben gleichmiiI3ig aufgestrichen. Eine deutlich hohere Auf - liisung, die Bandenaufspaltungen besser erkennen ILOt, wird bei der Temperatur der fliissigeri Luft erreicht. Zu dem Zivecke werden innige Slischungen von jeweils 5 mg der Cs-Bomplexsalze init einigen Spatelspitzen Polgltthylenpulver zu klaren Tabletten verprel3t und in einer kuhlbaren Vakuumkuvette zix Xessung gebracht.

In den wenigeii Fiillen, wo ausreichende Substanzmengen (mindestens 50 mg) zur Verfugung etanden, wurden auch Kaman-Spektrcn mit dcm Laser-Spektromet,er Carg 83 an rotierenden festen Proben [lo] anfgenommen. Die Cs-Komplexsalze werden mit KBr verrieben in die ring- formige Vertiefung der Probehalterung eingepreot.

In den IR-Spektren treten intensive und scharfe V~lenzschwingungsbanden auf, die sich wegeii deer deutlich gegeneinaiider abgegrenzten Bereiche ( Y ~ ~ - ~ : 500-600 ern-l, Y ~ ~ ~ ~ : 320-350 cm-l, vOsBr: -220 cm-l) eindeutig den verschie- deneii Osmium-Halogen-Gruppen zuordneri lassen. Das ist bei den wesentlich achwacheren und haufig auch breiten Deformationsschwingungen nicht der Fall, weil Koinzidenzen auftreten. In Tab. 1 sincl daher nur die Valenzschwinffurigeii aus den IR-Spektren und, soweit gemessen, die RAMAN-Daten der neuen Koin- plexe, deren Punktgruppen und die Schwingungsrassen zusarnmengestellt .

Tahdle 1 Osrnium-Halogcn-Valenzsehwinffungen der gemischten Ohioro-HalogPno-EioIii~iese in cn-' Punktgruppen und Schwingungsrassen

IR 564 3% (e) IR 515 s Ra 512 N } (It1)

Ra 591 vs 1 ('I)

Ra 571 vs fb2) IN. 546 vs (b,) 1% 510 vs (a,)

fac-Cs2[OsF1C1,1 C3v IR 550 s (al)

cis-Ls,[OrF,Ci,] C2v IR 602 W

IR 570 m , s h l

trans-Cs,iOsF,Cl,] D4h IR 652 VS (eu)

IR 505 ah IR 495 vs (e)

mer-Cs.[OsF3CI.J C z , IR 550 8 (a,) IR 505 ah (a,) IR 495 vs (b,)

tran~-Cs,~0sE',Cl.] Ddh IN. 655 8 (azU) trans-Cs2[OsF,C'1Er1 C ~ V IR 552 vs (e)

4 a c ) IR 346 vs Ra 335 m,sh IR 325 vs } (b,) fia 325 s

IR 335 vs (a2u) TR 350 m (a,) IR 327 TS, b (e)

IR 360 m (a,) IR 327 vs, h (al, b,)

IR 380 VY (eu) IR 320 s (a,) IR 282 s (a,)

Pluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(1V) 19

Suf Grund der IR-Rpektren kann bei den Komplexen der Zusammensetzung [OsF,C1212- uiid [0sF2C14]2- eindeutig zwischen den Stereoisomeren unterschieden werdeii. n'ahrend bei cis-Cs2[0sF4Cl2] die auf Grund der C,,-Symmetrie erwarte- ten Aufspaltungen, vor allem in1 Tieftemperaturspektrum, deutlich hervortreten, zeigen die trans-Komplexe jeweils nur eine scharfe Bande im 0s-F- bzw. 0s -C1-1-alenzschwingungsbereich. Ein weitgehend ahnliches Spektrum erhalt man fiir den dreifnch verschieden substituierten Komplex Cs2[OsF4C1Br]. Es wird daher nngenommen, da13 die 4 F-Ligenden sich in einer Ebene uiid C1 und Br in trans-Position zueinander befinden. Formal besitzt die Molekel demnach C,,-Sym- metrie. Wegen der Bhnlichkeit von C1 und Br zeigt sie im Schwingungsspektrum des 0 s -F-Rereiches aber pseudo-D,h-Verhalten. Demgegenuber tritt die C4v- Spmmetrie des [OsF,C1I2- durch die dreifache Aufspaltung der 0 s -F-Bande klar hervor.

I m FaIle von Cs,[OsF,CI,] ist auf Grund des IR-Spektrums keine klare Ent- scheidung zwischen den beiden Isomeren moglich, da fur die fac-Form (C2,) im 0s-F- bzw. 0s-C1-Bereich jeweils 2, fur die mer-Form (C2\,) jeweils 3 Banden erwartet werden. Im 0 s -F-Bereich ist zwar eine schwache Schulter erkennbar, dagegeii ist die intensive Bande bei 327 cm-l nur etwas verbreitert.

3.2. Chemische U m s e t z u n g e n

Bereits bei der Darstellung der Verbindungen mit trans-Konfiguration hat sich gezeigt, daB an fluorhaltigen Halogenokomplexen Substitutionsreaktionen moglich sind. Sie sollten ahnlich wie bei anderen gemischten Halogenokomplexen stereospezifisch verlaufen, da fiir den trans-Effekt der beteiligten Halogenide die Reihe F- < C1- < Br- gilt. In den Reaktionsschemata der Abb. 2 und 3 sind die Bindungsstriche zu durch trans-Effekt gelockerten Liganden gestrichelt, zu trans-gefestigten fett gezeichnet. Die Identifizierung der im Verlauf solcher Aus- tauschreaktionen gebildeten Chloro-Bromo-Komplexe ist sehr einfach, weil deren Absorptionsspektrei bekannt sind [ 11.

[OsF,C1l8- + HBr. Wie in der Darstellungsvorschrift fur tran~-[OsF,ClBr]~- angegeben, 1aI3t sich dieses als Zwischenprodukt bei der Umsetzung von [OsF,C1]2- mit konz. HBr bei 50°C nach 35 Miiiuten abfangen. Verliingert man die Reak- tionsdauer auf 3 Std., so sind, wie die ionophoretische Auftrennung parallel mit bekaniiteii Vergleichssubstanzen zeigt, vor allem [OsC1BrJ2- und etwas [OsBr6l2- nebeii verschiedenen nicht nalier untersuchten Hydrolyseprodukten entstanden. Daraus ergibt sich der in Abb. 2 schematisch dargestellte Reaktionsablauf.

Im L4usgangskomplex wird das trans-gelockerte F schnell durch Br- substi- tuiert. Die in dem entstandenen trans-[OsF4C1Brl2- vorliegende OsF,-Ebene scheint eine Erhohung der kinetischen Stabilitiit zu bewirken, wie sie auch bei dem noch hoher symmetrischen tran~-[OsF,Cl,]~- gefunden wird. Obwohl das C1 wegen der groI3eren trans-Wirkung von Br etwas gelockert ist, wird es bei 50°C, wenn uberhaupt, nur langsain substituiert, denn das uber den Reaktionsweg I1 erwar- 2*

20 W. PREETZ u. Y. PETROS

tete tran~-[0sF,Er,]~- ist nicht isolierbar. Palls es entsteht, ist seine Stabilitat im Vergleich mit tran~-[OsF,Cl,]~- wesentlich verringert, und es reagiert uber die sehr labilen gemischten Fluoro-Bromo-Komplexe sehr schnell zum Endprodukt [OsRr,I2- ab.

c1 CI ci CI

Br Br ar Abb. 2 Reaktionsablauf der Umsetzung [OSF~CI]~- + HBr

Die Entstehung des in hoher Konzentration vorhandenen [OsC1Br512- laBt sich nur uber FTeg I erklaren. Derrinach ubertrifft die Stabilitiit der C1-0s-Rr- Achse die der OsF,-Ebene, in der, nachdem einmal ein Angriff stattgefunden hat, alle F-Liganden durch selw schnello Folgereaktionen ersetzt werden.

Die Umsetzungen von cis-K,[OsF,Cl,] bei 50°C urid von trans-K,[OsF',Cl,] bei 65°C init konz. HBr fur mehrere Stunden orgeben bis auf eine bei tler cis-Form zusatzlich auftretende Hydrolysezorie vollig identische Yherogramme. Die drei Hauptzonen ruhren, wie der ionophoretische Vergleich zeigt, von [Os Br,I2-, [0sC1Br5lZ- und [OsC1,Br,12- her. Die spektro- photometrische Vntersuchung ergibt daruber hinaus, daB im Falle des cis-Fluoro- chlorokoniplexes reines ei~[OsCl,Br,]~-, im Falle des trans-Tsomeren reincs trans- [OsCl2Br4l2- entstanden ist. Daher werden die in Abb. 3 a und b aufgezeigten Iteak- tionsablaufe angenommen. Alle noch fluorhaltigen Zwischenprodukte sind sehr labil und daher nicht nachweisbar.

[OSF,C~,]~- + HBr. Bei 66°C wird K,[0sF3Cl3] mit konz. HRr innerhalb von 15 M in. vollstandig unigesetzt. Dabei Filden sich wiederum niehrere Chloro- Rromo-Komplexe. Das erste faljbare Zwischenprodukt wird aufgrund des Ab- sorptionsspektrums als fast reines tran~-[OsCl,Br,]~- erkannt. Es muG daher ange-

Cis- bzw. trans- [OSF,C~,]~- + HBr.

Fluoro-Halogeno-Komplexe von Osmium(1V) 21

nommen werden, darJ auch der gemischte Fluoro-Chloro-Komplex in der trans- Konfiguration vorgelegen hat.

Trans- [ O S F ~ C ~ , ] ~ - + HBr. Aus trans-K,[OsF,Cl,] bildet sich beim Behandeln mit konz. HBr bei 50°C innerhalb einiger Stunden in hoher Ausbeute reines trans-[OsC14Rr,]2-, das nur langsam im Sinne der ublichen trans-Substitution weiterreagiert .

3.3. S t a b i l i t a t d e r F l u o r o - H a l o g e n o k o m p l e x e i n L o s u n g

Wahrend die f luorhaltigen Halogenokomplexe in neutralen und sauren Lo- sungen so stabil sind, dalj sie aus Wasser umkristallisiert werden konnen und die Tage dauernde Zuchtung gro5erer Einkristalle bei Raumtemperatur iiberstehen, zersetzen sie sich in verdunnten Alkalien, insbesondere beim Erwtlrmen, unter Abscheidung von Oxydhydrat innerhalb einiger hlinuten. Die Hydrolysegeschwin- digkeit nimmt in der folgenden Reihe zu : tran~-[OsF,Cl,]~- < trans-[O~F,Cl,]~- < [OSF,C~]~- - [OsF,Cl,]~- < ci~-[OsF,C1~]~-.

Die vollstandige Abspaltung aller F-Liganden gelingt bei tran~-[OsF,Cl,]~- nur durch liingeres Einwirken starkerer Alkalilosungen, wahrend [OSF,C~]~- bereits durch verdunnte Losungen quantitativ zersetzt wird. Generell sind die gemischten Fluorohalogenokomplexe gegen alkalische Hydrolyse bestsndiger als die reinen Hexachloro- bzw. Hexabromoosmate. Sie erreichen jedoch liingst nicht die Stabilitiit des reinen [OSF,]~-.

3.4. E l e m e n t a r a n a l y s e Wegen der betriichtlichen Stabilitat der fluorhaltigen Komplexe bereitet die Elementaranalyse

Schwierigkeiten. Insbesondere fur F-- und 0s werden hiiufig Unterbefunde festgestellt. Bei der OsO,-Dest~illation 1111 mu5 unter mehrmaliger Zugabe von frischem Oxydations-

mittel (CrO, in H,SO,) mindestens eine halbe Stunde lang behandelt werden. Zur quantitativen hydrolytischen Abspaltung der F-Liganden werden die Proben (1 -3 mg

der Cs-Salze) mit 0,01 n NaOH 2 Stunden am RuckfluB gekocht. Das Oxydhydrat fallt dabei nur teilweise aus, und die Losungen schimmern violett. Beim Neutralisieren mit HCI und erneutem Sieden flockt das gesamte 0 5 0 , . aq am. In der verbleibenden klaren Losung lLBt sich die F--Kon- zentration mit Hilfe einer fluoridspezifischen Elektrode der Firma Metrohm-Herisau, Schweiz, sehr genau bestimmen.

Chlorid und Bromid werden in Form der fluchtigen Ammonium-Halogenide absublimiert und potentiometrisch titriert [12].

3.5. A b s o r p t i o n s s p e k t r e n Die Salze der gemischten Fluoro-Chloro-Komplexe sind nur schwach farbig iind ergeben daher

in verdiinnten wiiBrigen Losungen im sichtbaren Bereich keine Absorptioncn. [OsF,C1I3- und die trans-Isomeren yon [OSF,CI,]~- und [OsF,C1,]2- zeigen auch im UV-Bereich bis 200 nm keine Banden. Lediglich bei den mit KBr glasartig rerpreBten Tetrabutylammoniumsalzen von cis- [OSF,C~,]~- und [OsF3CI3IZ- beobachtet man zu kiirzeren Wellenlangen hin einen starken Ansticg. Wird bei tier Temperatur der fliissigen Luft gemessen [13], so findet man fur cis-(TBA),[OsF,CIJ Schultern bei 306 und 270 nm, fur (TBA),[OsF,CI,] zwei Maxima bei 309 und 257 nm.

3.6. T h e r m i s c h e S t a b i l i t L t Nachdem sich kiirzlich an festen Chloro-Jodo-Komplexsalzen im Temperaturbsreich von

100- 200°C sowohl intra- als auch intermolekulare Platzwechselvorgange der Liganden nachwsisen

W. PREETZ u. P. PETROS 22

lieBen [14], interessiert auch das thermische Verhalten der fluorhaltigen Verbindungen. Beim Tempern in Schutzgasatmosphare sind sie bis 100°C absolut stabil. Bei langem Erhitzen auf hohere Temperaturen beginnen sich die Proben zu schwiirzen. BelaBt man cis-K,[OsF,Cl,] fur 2 Wochen bei 120"C, so findet man bei der ionophoretischen Auftrennung der gelosten Proben neben der Ausgangssubstanz etwa gleich groDe Mengen ron [OsF,C1J2- und [OsF,Cl]z-, dic nur durch intermolekularen Ligandenaustausch entstanden sein konnen. Auch beim Erhitzen yon K,[OsF,Cl,] auf l50'C fur eine Woche beobachtet man Zonen von [OSF,CI,]~- und [OsF,C1]2-. Die zu ermartenden fluorarmeren Komplexionen sind nicht nachweisbar. Eventuell hydrolpsieren sie wiihrend des Trennprozesses.

3.7. R o n t ge n o gr a p h i s c he U n t e r s u c h u n g e ri

Die fluorhaltigen Komplexe lassen sich aus waBrigen Losungen ohne Schwie- rigkeiten in Form gut ausgebildeter Einkristalle abscheiden, an denen die Elemen- tarzellen mit Hilfe eines automatischen \7ierkreisdiffraktometers bestimmt wer- den. Die so ermittelten Daten sind fiir vier Cs-Komplexsalze in Tab. 2 zusammen- gestellt. Die Anzahl der Fornieleinheiten pro Elementarzelle Z ist aus der Summe der Rauminkremente der die Komplexe bildenden Ionen berechriet worden.

Tabelle 2 Elementarzellen einiger gemischter Fluoro-Halogeno-Komplexe

Komplex Gitterkonstanten [A] a b C B Z

trans-Cs,[OsF,ClBr] tetragonal 7,175 7,175 8,606 90" 2 Cs,[ OsF,CI] monoklin 13,554 11,486 10,553 95,5" 8 cis-Cs,[OsF,C1,] monoklin 13,967 11,672 10,733 92,7" 8 Cs,[ OsF,CI,] orthorhombisch 6,904 12,360 10,950 90" 4

4. Diskussion Das ahnliche Koordinationsverhalten der schwereren Halogenide C1-, Br-, J-

druckt sich in der leichten Bildung von oktaedrischen Gemischtligandkomplexen mit den Ylatinmetallen in allen nur denkbaren Kombinationen aus [9]. Dabei sind diese drei Liganden ohne Schwierigkeiten gegeneinander austauschbar. Gewisse graduelle Unterschiede 5uiuRern sich in der abgestuften trans-VC'irkung, die stereospezifische Substitutionsreaktionen ermoglicht. Demgegenuber zeigt sich die Sonderstellung des Fluors darin, daB diese Austauschbarkeit nur noch in einer Richtung gegeben ist ; es kann zwar, die beschriebenen Umsetzungen be- weisen das, komplexgebundenes F durch die schwereren Halogenide ersetzt wer- den, im umgekehrten Sinne ist es aber bisher in wBISrigen Losungen nicht gelungen, F--1onen in Halogenokomplexe einzufuhren.

So sind alle Versuche, durch Umsetzung der Hexachloro-, Hexabromo- oder Hexajodoosniate(1V) niit konz. HIE' (40Xig) in einer Teflonapparatur fluorhaltige Halogenokomplexe darzustellen, gescheitert. Selbst nach wochenlangem Behandeln bei Raum- und hoheren Teniperaturen liegen groStenteils noch die Ausgangsver- bindungen vor. Dabei fallt in zunehmendeni MaBe Oxidhydrat aus, d. h. in dem w5Brigem System tritt lediglich Hydrolyse ein. An dem Ergebnis Bndert sich

Fluoro-Halogeno-Iiomplexe von Osniium( TV) 23

nichts, wenn zusatzlich vie1 KF gelost wird, um die Konzentration der F--1onen in der Losung zu erhiihen, die in der konz. FluBsaure wegen der im Vergleich init den ubrigen Halogenwasserst,offsauren um viele GroBenordnungen kleineren Xaurestarke nur gering ist. F--Ionen Rind in wailSriger Losung offensichtlich kauiii zur Substitution befahigt. Sie vermogen aus intermediar auftretenden Halogeno- dciuo-Komplexen das koordinierte Wasser nicht zu eliminieren. Dieser Vorgang verlauft dagegen rnit den schwereren Halogeniden besonders schnell. Vermutlich halten die Bleinen stark polarisierend wirkenden F--1onen mehrere Wassermole- keln so fest, daB sic praktisch afs reaktionstrage Aquokomplexe vorliegen.

Die in KHF,-Sclimelzen vorhandenen freien F--1onen besitzen tlagegen eine ausgepraigte Tendenz zur Koordination, wie die Bildung der Hesafluorokomplexe aus den Koinplexen mit den schwereren Halogeniden von 0 8 , I r und Pt zeigt [15]. So sind weitere praparative Fortschrittc vor allem von Uinsetzungen in wasser- freien Systemen zu erwarten. Gut geeignet durfte starker mit HF solvatisiertes K F sein. Die gegeniiber KHF, erniedrigten Schmelzpunkte lasseii mildere Reak- tionsbedingungeii zu, so da13 eventuell die schwereren Halogenide nur teilweise gegen F ersetzt werden.

Vergleichbar niit solchen Schmelzen sind die durch Frigen inoderierten Reak- tionen mit BrF,. Nur handelt es sich dabei nicht um einen rein substitutiven Aus- tausch, sondern zuerst wird durch Oxydation eines Liganden eine freie Koordina- tionsstelle geschaffen, die dann von dem einzig vorhandenen Donorion F- nukleo- phi1 besetzt wird. Bei Versuchen Zuni oxydativen Ligandenaustausch unter den schwereren Halogeniden hat sich ergeben, daB stets die cis-Formen gebildet werden [ 161. Die beobachtete Bildung von reinem ci~-[OsF,Cl,]~- beatatigt das auch fur fluorhaltige gemischte Komplexe. Die Frage der sterischen Verhaltnisse bei [OSF,C~,]~- l&Bt sich jetzt noch nicht klar beantworten.

Zwischen der kinetischen Stabilitat und den Symmetrieverhaltnissen der ge- inischten Halogenokomplexionen besteht ein enger Zusammenhang. Wie friiher bereits an gemischten Komplexen rnit ausschliefllich schwereren Halogeniden heobachtet, so findet man noch ausgepragter bei den fluorhaltigen Verbindungen eine mit der Symmetrieerniedrigung einhergehende Labilisierung . Alle gemischten Komplexe init einem Symmetriezentrum sind deutlich stabiler als solche, die unsymnietrisch besetzte Oktaederachsen, etwa C1- 0 s -I?-Gruppicrungen apf- weisen. Die leichte Substituierbarkeit von zu C1 trans-standigem F beweist, daCS F-, wie das auch zu erwarten ist, den klcineren trans-Effekt besitzt.

AuBer durch den trans-Effekt, der die Rindungsverhaltnisse gegeniiber- stehender Gruppen betrifft, laat sich noch eine das gesamte Komplexion erfas- sende Destabilisierung bei der Einfiihrung grijBerer und Ieichter polarisierbarer Liganden feststellen. Je mehr und je starkere Donorgruppen beteiligt sind, uin so geringer ist die kinetische StabilitSit, z. B. wird das C1 im [OSC~J,]~- etwa mit der hundertfachen Geschwindigkeit wie das zu J trans-standige C1 im [OSC~,J]~- ausgetauscht 131.

W. PREETZ u. Y. PETROS 2 1

Durch die starke Donorwirkung des Jodids, die nicht durch ein gleich hohes Ruckbindungsvermogen kompensiert wird, ergibt sich am Zentralion eine Ab- nahme der effektiven Ladung, wodurch die elektrostatische Wechselwirkung mit allen Liganden absinkt . cbertragen auf die fluorhaltigen Komplexionen gilt wegen der grol3eren Elektronegativitatsdifferenzen zu den schwereren Halogeiien und des uherwiegend heteropolaren Bindungscharakters diese fiberlegung verstarkt. Be- reits wenn nur ein C1 in den Hexafluorokomplex eingefuhrt wird, ergibt sich ein gravierender Stabilitgtsverlust . Wiihrend aber die symmetrische OsF,-Ebene sich im trans-[OsF,C1,1f2- und auch noch im trans-[TOsF,ClEr] ziemlich inert verhalt, scheinen zwei Br die 0s-F-Bindungen in trans-[OsF,Br,12- schon so stark zu lorkern, daB dieses Komplexion sich bisher nicht fassen lieB. Es ist jedoch damit zu rechnen, daB sich bei Einhaltung Festimmter Reaktionsbedingungen einige symmetrische F- und Br-haltige gemischte Komplexe werden isolieren lassen, wahrend die Chancen zur Darstellung von Fluoro-Jodo-Komplexen aufierst ge- ring sind.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir fur die Unterstutzung unserer Arbeit.

Literatur [l] W. PREETZ, Z. anorg. allg. Chem. 348. 151 (1966). [2] W. PREETZ u. H. HOMBORG, J. inorg. nuclear Chem. 32, 1979 (1970). [3] W. PREETZ u. H. J. WALTER, Z. anorg. allg. Chem. 402, 169 (1973). €41 W. PREETZ, H. J. WALTER u. E. W. FRIES, Z. anorg. allg. Chem. 402, 180 (1973). [S] P. A. W. DEAN u. D. F. EVANS, J. chem. SOC. [London], Sect. A 1968,1154. [6] G. W. FRASER, C. J. W. GIBBS u. R. D. PEACOCK, J. chem. Soc. [London], Sect. A 1970,1708. [7] D. H. BROWN, K. R. DIXON u. D. W. A. SHARP, J. chem. Soc. [London], Sect. A 1966, 1244. 181 K. R. Drxow, D. W. A. SHARP u. A. G. SHARPE, Inorg. Synth. 12, 232 (1970). [9] W. PREETZ u. H. HOYBORG, Z. anorg. allg. Chem. 407, 1 (1974).

[lo] W. KIEFER u. H. J. BERNSTEIN, appl. Spectroscopy 26, 609 (1971). E l l ] W. PREETZ u. H. L. PFEIFER, Z. analyt. Chem. 247, 37 (1969). I121 W. PREETZ u. H. HOMBOEG, Z. analyt. Chem. 281, 98 (1970). [13] W. PREETZ 11. H. HOnlBORG, Z. anorg. allg. Chem. 416, 8 (19i6). [L4] W. PREETZ u. J. P. NADLEE, Z. anorg. allg. Chem. 410, 121 (1974). [15] W. PREETZ u. Y. PETROS, Angew. Chem. 83, 1019 (1971); Angew. Chem.; int. Edit. 10, 936

[If;! W. PREETZ. A. HCHEFFLER u. H. HONBORG, Z. anorg. allg. Chem. 406, 92 (1974). (1971).

Bei der Redaktion eingegangen am 18. Oktober 1974.

Anschr. d. Perf. : Prof. Dr. W. PREETZ und Dr. Y. PETICOY, Inst. f . Anorg. Chemie d. Univ. Kiel, BRD-23 Kiel, Olshausenstr. 40- 60