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Darstellung von Sterngeschwindigkeiten bei unvollstandig gegebenen Bestimmungsstucken nebst einer Anwendung auf die Untersuchung von Geschwindigkeitsverteilungen Voii J. HAAS in Bonn hIit I Abbilclung. (Eingegangen 1g49 Juni I) Bei unbekannter Entfernung oder Itadialgeschwindigkeit werden die Sterngeschwindiglceiten durch Stralileii bzw. Geraden dargestellt, deren Lage in tler Projektion auf die galaktische Ebene naher angegeben wird. Das Vcrfah- ren wird zur IJntersuchung der Geschwindigl~eitsverteilung bei den Sternen innerhalb I j parsec verwendet; die friiher gefundenen systematischen Unterschiede zwischen einzelnen Arealen treten dabei klar hervor. Die raumlichen Geschwindigkeiten der Sterne werden iibersichtlich und vergleichbar durch die Endpunkte ihrer von einem gemeinsamen Anfangspunkt aus aufgetragenen Vektoren dargestellt ; diese Endpunkte seien auch schlechthin Geschwindigkeiten genannt. Bei unvollstandig gegebenen Bestim- mungsstiicken (Entfernung, Eigenbewegung, Radialgeschwindigkeit) gelangt man zu einer entsprechen- den Darstellung, indeni man statt der Geschwindigkeiten deren geometrische Orter benutzt, welche die vorhandenen Daten erschijpfend verwerten. - Naher betrachtet seien die Faille, daB die Entfernung oder die Kadialgeschwindigkeit eines Sterns unbekannt ist oder als Veranderliche behandelt werden soll. Im folgenden bedeuten: Y die Entferriung; I und b die galaktische Lange und Breite; [,?I, 5 die rechtwinkligen Komponenten der heliozentrischen Geschwindigkeit in einem festen galaktischerl Be- zugssystem, dessen &Achse der Richtung 1 = b =; o entspricht ; @ und T die Radial- und die Tangential- Geschwindigkeit ; y den galaktischen Positionswinkel der Eigenbewegung; y den durcli tg y = - tgy/sin b, sin y sin y 2 o eingefiihrten Hilfswinkel. Das galaktische Koordinaten- und Bezugs- system ist in Astron. Naclir. 267.111-114. (1.938) genauer festgelegt. haben als Funktionen von Y und p die Gestalt const * Y + const - Q; bei veriinderlichem Y oder Q konnen sie also durch je ein Zalilenpaar (absolutes Glied und Iioeffizienten) nebst der Veranderliclien dargestellt werden. Als geradlinige Koordinaten aufgefaflt definieren die 5, 91, 5 einen ,, Geschwindigkeits-Punkt", der die Lage der Geschwindigkeit im Bezugssystem veranschaulicht ; dementsprechend definieren sie bei veranderlichem Y oder e einen ,,Geschwindigkeits-Stralil" bzw. eine ,, Geschwindigkeits-Gerade" als Bild der Geschwindigkeit. (Bei Verwendung von andern als geradlinigen Geschwindigkeits-Koordi- naten verliert man die Vorteile, daB die Anderungen der Koordinaten proportional zu denen von 1' bzw. e erfolgen und daB der cbergang auf einen andern Anfangspunkt durch bloBe Addition von Kon- stanten erreicht wird.) - Geometriscli ergibt sich die Lage dieses Strahls bzw. dieser Geraden, wenn man den Geschwindigkeitsvektor in seine radiale und seine tangentiale Koniponente zerlegt. Wenn auBer Y auch noch dieEigenbewegung oder e veranderlich ist, erhalt man offenbar eine zum Ortsvektor senkrechte Ebene bzw. eine von ihni begrenzte Halbebene als Bild der Geschwindigkeit. Von allgemeineni Interesse sind hier niir die Fiille b == o und b = & n/z. Fur die zeichnerische Darstellung projizieren wir die Geschwindigkeits-Punkte, -Strahlen, -Ge- raden auf zwei zueinander senkrechte Ebenen. M'iihlen wir als deren eine die t,q-Ebene, so kijnnen wir uber die Lage der dai-in entstandenen Strahlen und Geraden folgendes aussagen. Wenn Y veriinder- lich ist, dann beginnt der entsprechende Stralil in dem Punkt mit den Polarkoordiriaten e - cos b, 1 bei positivem e bzw. - e * cos b, I + n bei negativem e und bildet mit der &,4chse den Winkel I + y; 1aBt man auI3erdem noch um 3 d p variabel, so liegt die Geschwindiglieit in einem Streifen von der Breite 2 -d e-cos h hngs des Strahls. \?:enn andrerseits Q veriinderlich ist, dann geht die entsprechende Ge- rade durch den Punkt mit den Polarkoordinaten z sin y/sin y, l + 7 und bildet niit der [-Achse den Winkel 1. - Zwei Geschwindigkeiteii sind identisch, wenn der Schnittpunkt der entsprechenden Strah- len oder Geraden in beiden Projektionsebenen fur eine der drei Komponenten ubereinstimmende Werte liefert. Ein naheliegendes Anwendungsgebiet sind die bewegten Sternhaufen, die Geschwindigkeits- Familien und die Haufungspunkte von Geschwindigkciten. Eine andere Verwcildung findet das Ver- fahren in dem folgenden Beispiel. Wir wollen die Geschwindigkeitsverteilung der Sterne innerhalb 15 parsec fur die AR-Stunden 0'1 bis II~ darstellen, ohne dabei die Eiitfernungen zu benutzen. Wir unterscheiden: eine die Dekli- nationsgrade -24' bis +3go umfassende Aquatorzone ,,A" einerseits und den (aus zwei getrennten Die Komponenten 6, 11,

Darstellung von Sterngeschwindigkeiten bei unvollständig gegebenen Bestimmungsstücken nebst einer Anwendung auf die Untersuchung von Geschwindigkeitsverteilungen

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Page 1: Darstellung von Sterngeschwindigkeiten bei unvollständig gegebenen Bestimmungsstücken nebst einer Anwendung auf die Untersuchung von Geschwindigkeitsverteilungen

Darstellung von Sterngeschwindigkeiten bei unvollstandig gegebenen Bestimmungsstucken nebst einer Anwendung auf die Untersuchung von Geschwindigkeitsverteilungen

Voii J. HAAS in Bonn hIit I Abbilclung. (Eingegangen 1g49 Juni I)

Bei unbekannter Entfernung oder Itadialgeschwindigkeit werden die Sterngeschwindiglceiten durch Stralileii bzw. Geraden dargestellt, deren Lage in tler Projektion auf die galaktische Ebene naher angegeben wird. Das Vcrfah- ren wird zur IJntersuchung der Geschwindigl~eitsverteilung bei den Sternen innerhalb I j parsec verwendet; die friiher gefundenen systematischen Unterschiede zwischen einzelnen Arealen treten dabei klar hervor.

Die raumlichen Geschwindigkeiten der Sterne werden iibersichtlich und vergleichbar durch die Endpunkte ihrer von einem gemeinsamen Anfangspunkt aus aufgetragenen Vektoren dargestellt ; diese Endpunkte seien auch schlechthin Geschwindigkeiten genannt. Bei unvollstandig gegebenen Bestim- mungsstiicken (Entfernung, Eigenbewegung, Radialgeschwindigkeit) gelangt man zu einer entsprechen- den Darstellung, indeni man statt der Geschwindigkeiten deren geometrische Orter benutzt, welche die vorhandenen Daten erschijpfend verwerten. - Naher betrachtet seien die Faille, daB die Entfernung oder die Kadialgeschwindigkeit eines Sterns unbekannt ist oder als Veranderliche behandelt werden soll.

Im folgenden bedeuten: Y die Entferriung; I und b die galaktische Lange und Breite; [ , ? I , 5 die rechtwinkligen Komponenten der heliozentrischen Geschwindigkeit in einem festen galaktischerl Be- zugssystem, dessen &Achse der Richtung 1 = b =; o entspricht ; @ und T die Radial- und die Tangential- Geschwindigkeit ; y den galaktischen Positionswinkel der Eigenbewegung; y den durcli tg y = - tgy/sin b, sin y sin y 2 o eingefiihrten Hilfswinkel. Das galaktische Koordinaten- und Bezugs- system ist in Astron. Naclir. 267.111-114. (1.938) genauer festgelegt.

haben als Funktionen von Y und p die Gestalt const * Y + const - Q ; bei veriinderlichem Y oder Q konnen sie also durch je ein Zalilenpaar (absolutes Glied und Iioeffizienten) nebst der Veranderliclien dargestellt werden.

Als geradlinige Koordinaten aufgefaflt definieren die 5 , 9 1 , 5 einen ,, Geschwindigkeits-Punkt", der die Lage der Geschwindigkeit im Bezugssystem veranschaulicht ; dementsprechend definieren sie bei veranderlichem Y oder e einen ,,Geschwindigkeits-Stralil" bzw. eine ,, Geschwindigkeits-Gerade" als Bild der Geschwindigkeit. (Bei Verwendung von andern als geradlinigen Geschwindigkeits-Koordi- naten verliert man die Vorteile, daB die Anderungen der Koordinaten proportional zu denen von 1'

bzw. e erfolgen und daB der cbergang auf einen andern Anfangspunkt durch bloBe Addition von Kon- stanten erreicht wird.) - Geometriscli ergibt sich die Lage dieses Strahls bzw. dieser Geraden, wenn man den Geschwindigkeitsvektor in seine radiale und seine tangentiale Koniponente zerlegt.

Wenn auBer Y auch noch dieEigenbewegung oder e veranderlich ist, erhalt man offenbar eine zum Ortsvektor senkrechte Ebene bzw. eine von ihni begrenzte Halbebene als Bild der Geschwindigkeit. Von allgemeineni Interesse sind hier niir die Fiille b == o und b = & n / z .

Fur die zeichnerische Darstellung projizieren wir die Geschwindigkeits-Punkte, -Strahlen, -Ge- raden auf zwei zueinander senkrechte Ebenen. M'iihlen wir als deren eine die t,q-Ebene, so kijnnen wir uber die Lage der dai-in entstandenen Strahlen und Geraden folgendes aussagen. Wenn Y veriinder- lich ist, dann beginnt der entsprechende Stralil in dem Punkt mit den Polarkoordiriaten e - cos b, 1 bei positivem e bzw. - e * cos b, I + n bei negativem e und bildet mit der &,4chse den Winkel I + y ; 1aBt man auI3erdem noch um 3 d p variabel, so liegt die Geschwindiglieit in einem Streifen von der Breite 2 -d e-cos h hngs des Strahls. \?:enn andrerseits Q veriinderlich ist, dann geht die entsprechende Ge- rade durch den Punkt mit den Polarkoordinaten z sin y/sin y , l + 7 und bildet niit der [-Achse den Winkel 1. - Zwei Geschwindigkeiteii sind identisch, wenn der Schnittpunkt der entsprechenden Strah- len oder Geraden in beiden Projektionsebenen fur eine der drei Komponenten ubereinstimmende Werte liefert.

Ein naheliegendes Anwendungsgebiet sind die bewegten Sternhaufen, die Geschwindigkeits- Familien und die Haufungspunkte von Geschwindigkciten. Eine andere Verwcildung findet das Ver- fahren in dem folgenden Beispiel.

Wir wollen die Geschwindigkeitsverteilung der Sterne innerhalb 15 parsec fur die AR-Stunden 0'1 bis I I ~ darstellen, ohne dabei die Eiitfernungen zu benutzen. Wir unterscheiden: eine die Dekli- nationsgrade -24' bis +3go umfassende Aquatorzone ,,A" einerseits und den (aus zwei getrennten

Die Komponenten 6, 11,

Page 2: Darstellung von Sterngeschwindigkeiten bei unvollständig gegebenen Bestimmungsstücken nebst einer Anwendung auf die Untersuchung von Geschwindigkeitsverteilungen

70 J . HAAS : Darstellung voii Sterngeschwindigkeiten iiebst Anwcndung

Stucken bestelienden) Rest ,,P" andererseits; die Grenzen gelten fur 1900.0. Die Flacheninhalte von ,,P" und ,,A" verhalten sich wie 47:53; die Anzahlen der Geschwindigkeiten sind 50 und 60. Bei Sternsystemen bis zu 1/2 parsec taiigentialer Distanz ist nur die Hauptkomponente vertreten. Die Figur zeigt in ihren beiden Halften die Geschwindigkeits-Strahlen in Projektion auf die [, q-Ebene, das'eine Ma1 fur den von ,,P" und das andere Ma1 fur den von ,,A" nach auBen begrenzten Raumteil. Aul3erhalb des Rahmens liegen: fur 3 Sterne aus ,,P" und I Stern aus ,,A" die ganzen Strahlen, fur einen andern Stern aus , ,A" der Anfang des Strahls. Die ubrigen Strahlen beginnen im Innern der Fi- gurenhalften bei dem zu Y = o gehorigen Punkt und brechen am Rande ab. Die Geschwindigkeit der Sonne entspricht dem Yunkt 5 = 0, '7 = 0.

b

.4bb. I. Projektion der ,, Geschwindigkeits-Strahlen" auf die galaktische Ebene fur zwei Raumteile mit verschiedenartiger Geschwindigkeitsverteilung

Obwohl die Grenzen zwischen ,,A" und ,,Pi( absichtlicli ganz scheniatisch gezogen wurden, uin jede Voreingenommenheit zu vernieiden, tritt doch der systematische Unterschied in der Geschwindig- keitsverteilung der beiden Raumteile unverkennbar hervor. Im wesentlichen handelt es sich um die in Astron. Nachr. 251,193-200 (1934) naher betrachtete Erscheinung, die sich also auch unabhangig von den verwendeten Parallaxen nachweisen laI3t. - ubrigens zeigt sich dieselbe Erscheinung, und zwar ganz in dem fruher fur die Sterne innerhalb 15 parsec gefundenen Sinne, bei den von MICZAIKA~) bearbeiteten Sternen groBer Geschwindigkeit, von denen mindestens 90% auoerhalb 15 parsec stehen. Auch die in Greenwich?) untersuchten Eigenbewegungen aus der Zone von +64O bis +72O Deklination verhalten sich dementsprechend. Da die Raume mit einseitiger Geschwindigkeitsverteilung eine so groBe Ausdehnung zu haben scheinen, so konnen diese Unterschiede kaum noch lokal-zufallige sein.

Abb. G und Tabelle 10.

' l) Astron. Nachr. 270.249--275 (1940) = Mitteil. des Coppernicus-Inst. Berlin-Dahlrm 5.10 ; insbesondere

2, Astrographic Catalogue rgoo.0, Greenwich 5 ( 1 9 2 9 ) ; insbesondere Table 2 uiid Table 7.