Das alles liebe ich an Dir · 2020-03-07 · Die Psychologie nennt das Priming. Die Zeitschrift Psychologie Heute titelte 1998 einen Artikel zum Thema Priming „An einen Professor

Kürnach, März 2019

Das alles liebe ich an Dir

Dr. Thomas Hilsenbeck

Praxis für Psychotherapie – Coaching - Supervision

Handgasse 13 – 9070 Würzburg

Tel. 0931 – 359 022 50

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Fragen, die Wertschätzung in der Partnerschaft nähren – nach einer Idee von John M. Gottman

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Eine kurze Einleitung Lange dachte ich, es wäre besser, Kritik oder auch ein „Nein“ möglichst geschickt und mög-lichst weich zu verpacken, um eine Frau nicht zu kränken oder zu verletzen. Das ergab dann Sätze wie „Das ist an sich eine ganz schöne Idee von Dir, aber…“ oder „Ich hätte eine kleine Bitte an Dich. Grundsätzlich ist alles klasse, aber könntest Du in Zukunft…“ – Darüber hin-aus dachte ich, gut (d.h. „konstruktiv“) miteinander zu streiten, ist eine Frage der Kommu-nikationstechnik. Oft unterdrückte ich Ärger. Wenn es gar nicht mehr anders ging und ich innerlich kochte, so versuchte ich doch „sachlich“ (und möglichst mit „Ich“-Botschaften) zu sprechen. Hat es funktioniert? Nicht die Bohne. Mein Nein kam nie freundlich an. Meine Kritik wurde so gut wie nie bereitwillig und offen aufgenommen. War ich dann beleidigt? Aber unbedingt. Ich hatte mir so viel Mühe gemacht, Ärger ausge-halten, an Formulierungen gefeilt und mit welchem Ergebnis? Die Welt ist undankbar… In einem Buch von John M. Gottmann1 fand ich eine überaus spannende Beschreibung zu den Themen Streit und Kommunikation. John M. Gottmann betrieb lange Jahre ein Forschungslabor zur Analyse von Stabilität und Dynamik von Paar-Beziehung an der University of Washington. Er gab Paaren die Aufgabe, sich A) zu einem (vorgegebenen) neutralen Thema zu unterhalten und B) über ein (vorgege-benes) Thema zu streiten. Sein für ihn völlig unerwartetes Ergebnis: Diejenigen Paare, die auch 3 Jahre später noch zusammen waren, stritten sich (im Labor) leidenschaftlich und zum Teil massiv, aber sie bestärkten sich während des neutralen Themas. Und mit „sich gegen-seitig bestärken“ ist gemeint: sich dem anderen körperlich zuwenden, ihn anlächeln, nicken, Aussagen wiederholen, etc. – lauter meist, nonverbale Botschaften mit dem Inhalt „Du bist gut, wie Du bist und ich bin froh, dass Du da bist. Wir gehören zusammen.“

Diejenigen Paare, die 3 Jahre später nicht mehr zusammen waren, stritten ebenfalls, aber sie verzichteten beim neutralen Thema darauf, sich gegenseitig zu bestärken. Sie waren „spar-sam“ mit Botschaften wie „es ist schön, dass es Dich gibt.“ Meist nicht nur sparsam, sondern nachgerade geizig.

Noch etwas fand Herr Gottman heraus: Es braucht 5 bestärkende Momente, bzw. Botschaf-ten, die dem anderen sagen „Du bist gut genug!“, um einen Moment auszugleichen, der den anderen in Frage stellt, mithin einen Moment der Kritik, des Angriffs, der Verunsicherung. Dies ist als die sogenannten Gottman-Konstante (5:1) in die Literatur eingegangen.

Fassen wir kurz zusammen: § Eine harmonische und konstruktive Streitkultur gibt es nicht. Jeder Streit, jede Dif-

ferenz, selbst die Erfahrung von „da sind wir unterschiedlich!“ schafft erst einmal Unsicherheit und Distanz. Und: Streit, Frust und Ärger sind unvermeidlich!!!

§ Streit und/oder die Erfahrung von Unterschiedlichkeit, die keine dauerhaften Ker-ben schlagen, leben davon, dass der andere immer wieder erfährt „Ich bin gut (ge-nug) wie ich bin. Ich werde geliebt und geschätzt. Ich bin gewollt. Wir gehören zu-sammen!“ Man könnte auch sagen: Streit, Unterschiedlichkeit, Frust und Distanz wollen ausgeglichen werden.

1 Gottmann, J. (2014). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Berlin: Ullstein Taschenbuch.



§ Zu spüren, dass man geschätzt wird, schafft Sicherheit. Sicherheit ist wie ein fester Boden, auf dem man auch streiten kann. Sicherheit ist ein fester Boden, der auch Unterschiedlichkeit trägt. Was ist das Gegenteil zu diesem Boden? Wachsende Un-sicherheit, Groll, latente oder offene Drohungen, die Beziehung zu beenden, wach-sende Feindseligkeit und Verachtung, aber auch Abwenden und Auflaufen-Lassen.

§ Den Boden der Sicherheit und Zugehörigkeit muss man nähren wie Pflanzen in ei-nem Garten. Man muss ihn gießen und düngen. John Gottman nennt dies „das Feuer schüren.“

§ Ein bisschen gießen und düngen reicht nicht. Die Formel ist 5:1. Viel düngen, da-mit Streit und Konflikte einen guten Boden haben. Ist das auch mühsam? Aber ja!

§ Man muss sich beim Düngen und Nähren nicht verrenken. Es gibt einen Trick: Wenn ich an positive Eigenschaften des Anderen denke oder an schöne gemein-same Erlebnisse, wenn ich meine Aufmerksamkeit bewusst auf das lenke, was uns verbindet, wird der andere das in meinem Verhalten spüren. Die Psychologie nennt das Priming. Die Zeitschrift Psychologie Heute titelte 1998 einen Artikel zum Thema Priming „An einen Professor denken macht schlau.“2 Wir können in diesem Sinne sagen: „An Dinge denken, die ich an meinem Partner liebe, macht Liebe.“

Eine Anleitung für die folgenden Fragen Der folgende Abschnitt schenkt Ihnen Fragen. Jede Frage ist Dünger, ist Gießen. Eine Frage für jeden Tag. Jede Frage lenkt Ihre Aufmerksamkeit auf einen schönen, auf einen wertvollen Aspekt Ihrer Beziehung oder auf eine schöne Seite Ihres Partners. Die Idee mit den Fragen ist ebenfalls inspiriert von John M. Gottman3.

§ Gönnen Sie sich eine Frage pro Tag. § Lassen Sie die Frage den Tag über wirken. Erzwingen Sie keine Antwort. Oder um

es frei nach Rilke zu sagen: Stellen Sie die Frage und lauschen Sie in die Antwort. § Wer will, kann sich die Antworten aufschreiben. Dazu habe ich unter den Fragen

Platz gelassen. § Wenn Sie wollen, dann machen Sie mit Ihrem Partner ein gemeinsames Projekt da-

raus: Lesen Sie das Dokument gemeinsam. Jeden Tag eine Frage. Sie können sich über Ihre jeweiligen Antworten austauschen. Sie können aber auch schweigen und sich von den „Folgen“ überraschen lassen.

§ Bleiben Sie dabei bis zum Ende des Textes, bis zur letzten Frage. Jede Beziehung braucht langen Atem und Beharrlichkeit. Alles, was gut werden soll, braucht Zeit.

§ Wenn Sie dennoch keine Lust auf die Fragen haben oder Ihnen beim Lesen die Lust vergeht, dann ist dies auch ein Zeichen. Nehmen Sie es ernst.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und schöne Momente des „Wieder“- Entdeckens.

2 Paulus, J. (1998): An einen Professor denken macht schlau. Psychologie Heute, 11/1998, S. 8-9. 3 Weitere Inspirationen habe ich mir aus folgendem Buch geholt „Reinwarth, A. (2016). Was ich an Dir liebe – Eine originelle Liebeser-klärung zum Ausfüllen und Verschenken (7. Auflage). München: Riva Verlag.“



1. Tag – So habe ich Dich kennengelernt Wie haben Sie Ihre/n Partner/in kennengelernt? Unter welchen Umständen?

Was war der Zauber? Worin lag die Besonderheit?

2. Tag – Die ersten Monate unserer Beziehung Denken Sie an die ersten Monate Ihrer Beziehung zurück.

Welche Eigenschaften, welche Merkmale, welche Verhaltensweisen des Anderen haben Sie angezogen?

Was hat Sie (positiv) verrückt gemacht?



3. Tag – Das haben wir durchgestanden Was haben Sie zusammen durchgestanden? Was war das tiefste Tal, das Sie gut zusammen durchgestanden haben, der größte Sturm? …Schicksalsschläge, Krisen, Niederlagen… Was hat Ihnen Beiden dabei geholfen? Inwiefern sind Sie zusammen stärker geworden?

4. Tag – Wir sind auch ein Team Sie sind als Paar auch ein Team. Als Team haben Sie Aufgaben gemeistert. Sie sind Königin und König eines gemeinsamen Landes.

Was haben Sie zusammen erreicht? Welche „Projekte“ haben Sie zusammen „geschafft“? Welche Berge haben Sie zusammen bestiegen?



5. Tag – Was ich an Dir erotisch finde Denken Sie an die ersten Monate Ihrer Beziehung zurück. Was fanden Sie am Anderen un-fassbar erotisch und anziehend?

Was finden Sie heute noch anziehend und erotisch? Nehmen Sie sich einen Moment Zeit. Nennen Sie 3 Dinge. Das können körperliche Merkmale sein oder ein bestimmtes Verhalten, das Sie (vielleicht insgeheim) erotisch finden.

6. Tag – Das verbindet uns Was teilen Sie miteinander und was verbindet Sie? Ideen, Ansichten, Hobbys, Werte…

Was lieben Sie gemeinsam? Was unternehmen Sie zusammen? Wo sind Sie sich ähnlich?



7. Tag – Dafür bin ich Dir dankbar Wofür werden Sie dem Anderen immer dankbar sein? Gibt es einen speziellen Moment?

Ein besonderes Ereignis? Eine Phase in Ihrem Leben?

8. Tag – Da wusste ich, ich will mit Dir leben In welchem Moment haben Sie beschlossen, zu heiraten? (oder: fest zusammen zu bleiben). In welchem Moment haben Sie den Entschluss gefasst?

Mit welchen Gefühlen, mit welchen Gedanken? Was hat die Entscheidung verändert?



9. Tag – Das mag ich an Dir Welche Eigenschaften am Anderen mögen Sie? Vielleicht haben Sie es dem anderen lange nicht gesagt, aber was finden Sie nach wie vor wunderbar? Das können Eigenschaften sein, Verhaltensweisen, körperliche Merkmale, was auch immer.

10. Tag – Darüber kann ich mit Dir lachen Worüber können Sie gemeinsam lachen? …Filme, Geschichten, Komiker, bestimmte Ereig-nisse…

Es dürfen auch Menschen sein, über die Sie gemeinsam lachen können, Nachbarn oder Ver-wandte…



11. Tag – Unsere Lieblingsgegner Jedes Paar hat gemeinsame Gegner. Gegner schweißen zusammen, Gegner stärken die Zusammengehörigkeit.

…wir sprechen nicht von Tod-Feinden, es genügen die Feinde im Wahnsinn des Alltags. Welches sind Ihre gemeinsamen Gegner?

Gegen wen halten Sie zusammen? Wer sorgt dafür, dass Sie näher zusammenrücken?

12. Tag – Wir sind auch miteinander befreundet In welchen Momenten erleben Sie Freundschaft mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin?

Wie und in welcher Form drückt sich aus, dass Sie auch miteinander befreundet sind? Freundschaft, das meint „vertraut sein miteinander“ und verbunden…



13. Tag – In diesen Momenten fühle ich mich geliebt Auf welche Art und in welchen Momenten zeigt der Andere Ihnen, dass er Sie liebt? Wie drückt der Andere das aus?

Und noch einmal ganz anders gefragt: Wann haben Sie sich in den letzten 6 Monaten von Ihrem Partner, von Ihrer Partnerin geliebt und gesehen gefühlt?

In welchen ganz konkreten Momenten? Schauen Sie genau hin…die Momente dürfen auch klein und (im ersten Moment) unscheinbar sein… Nennen Sie mind. 3 ganz konkrete Mo-mente.

14. Tag – Mein schönster Sex mit Dir Erinnern Sie sich an den schönsten Sex mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin.

Wann und wo war das? Und aus welchem Grund haben Sie den Sex so schön erlebt? Was hat den Sex so schön gemacht?



15. Tag – Ich bin stolz auf Dich Welche Eigenschaft am Anderen macht Sie stolz? Das kann auch ein Ereignis sein, etwas Erreichtes…

Was würden Sie einer dritten Person erzählen, wenn Sie mit Stolz von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin sprechen?

16. Tag – Ich fühle mich unterstützt von Dir In welchen Momenten erfahren Sie Unterstützung durch Ihren Partner oder Ihre Partnerin? Was ganz konkret tut der Andere, wenn Sie sich unterstützt fühlen…

Und mit Unterstützung meine ich „Ich bin nicht alleine. Du hilfst mir.“



17. Tag – Ein ganz besonderes Geschenk von Dir Erinnern Sie sich an ein ganz besonderes Geschenk, das der Andere Ihnen geschenkt hat? Vielleicht war es „nur“ ein Satz, oder eine Geste, ein Brief, eine Mail, ein Gegenstand, ein kleiner Mensch…

18. Tag – Das finde ich interessant an Dir Was finden Sie interessant an Ihrer Frau oder Ihrem Mann?

Worüber wüssten Sie gerne mehr? Was würden Sie gerne vertiefen?

Wenn Sie einen Moment nachdenken: Was macht Sie am Anderen neugierig?



19. Tag – Unsere schönste Lebensphase Was war die schönste Phase Ihres gemeinsamen Lebens? Wann hatte Ihr gemeinsames Leben Flügel? Wann sind Sie gemeinsam „geflogen“?

Gibt es etwas, was Sie aus dieser Zeit mitgenommen und gelernt haben? …für Phasen, in denen es schwerer und dunkler ist?

20. Tag – Das würde mir ohne Dich fehlen Was würde Ihnen fehlen, wenn es den Anderen nicht mehr gäbe? Was wäre weg? Wo genau wäre Ihr Leben ärmer?



21. Tag – Unsere beste(n) Absprache(n) Was war die bisher beste Absprache, die Sie mit Ihrem Partner /Ihrer Partnerin gemeinsam getroffen haben?

Oder eine Abmachung, eine Vereinbarung, eine Regel…

22. Tag – Diese Menschen haben uns gut getan Welcher Mensch, welche Menschen haben Ihnen als Paar gutgetan? Von welchem außenstehenden Menschen haben Sie zusammen gelernt, …oder Unterstüt-zung erfahren, …oder einen Rat bekommen?



23. Tag – Ein besonderer Urlaub Erinnern Sie sich an einen ganz besonderen Urlaub zusammen? Oder: Was war der schönste gemeinsame Urlaub?

Wo sind Sie gewesen und welche besonderen Erinnerungen haben Sie? Was werden Sie nie vergessen?

24. Tag – Darum bist Du unvergleichlich Was hat Ihnen bisher nur dieser eine Mensch in Ihrem Leben geschenkt? Was ist unvergleichlich an dem Menschen, mit dem Sie leben?



Und in der Zukunft?

Tag 25 - Das will ich mit Dir noch erleben Welche Ziele wollen Sie mit Ihrem Partner zusammen noch erleben? Gibt es Schritte, die Sie noch gemeinsam gehen wollen?

Tag 26 – Das möchte ich mehr mit Dir leben Welche Seiten von sich wollen Sie Ihrem Partner noch zeigen?“ Was hätten Sie gerne intensiver? Was weniger? Gibt es eine Sehnsucht? Gibt es einen Schmerz? Was ist bisher zu kurz gekommen? Können Sie Ihre Sehnsucht ohne Bitterkeit zeigen?

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