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564 H. Straub: Das (Aus der I. medizinischen Klinik der Universitht Mfinchen.) Arbeitsdiagramm des S~ugetierherzens. Von Dr. It[. Straub, Privatdozent. (Mit 4 Textfiguren.) Eine zureichende Analyse der mechanischen Bedingungen der Herzarbeit li~sst sich durchfilhren, wenn es gelingt, Spannung und Li~nge des Muskelelements in jedem einzelnen Zeitabschnitt der Herzrevolution richtig darzustellen. Dies geschieht im hnschluss au die Darlegungen von O. Frank durch gleichzeitige Verzeichnung yon Druck umt Volum einer HerzhShle als Funktion der Zeit. Der wahre Verlauf der Druckkurve liess sich durch Verwendung nach F ran k'schen Prinzipien konstruierter optischer Manometer yon zu- reichender Gate ermitteln*). Die Volumkurve ergab sich durch Integration ihres photographisch registrierten Differentialquotienten, des ,Tachogramms der Herzkammerbasis" 2). Die so geWonnenen Kurven gestatte n nunmehr, die Gri)sse der vom Herzen geleisteteu hrbeit und die Umst~inde~ unter denen diese Arbeit geleistet wird, in der Form eines geometrischen Modells darzustellen. Eine voll- stfindige Darstellung der tIerztatigkeit wird gegeben .durch eine ri~umliche I~urve, deren drei Koordinaten tier Druck, das Volum und die Zeit sind. Die bekannte Druckkurve ist dann die Projektion der raumlichen Kurve auf die Druck-Zeitebene, die Volumkurve ihre Projektion auf die Volum-Zeitebene. Eine unmittelbare Darstellung des Wertes der Arbeit und der Art der Arbeitsleistung ergibt aber die Projektion der Raumkurve auf die dritte Ebene~ die Druck- 1) H. Straub~ Der Druckablauf in den HerzhShlen. Der Mechanismus der Herztatigkeit. PflfigerTs Arch. Bd. 143 S. 69. 1911. 2) H. Straub~ Das Tachogramm der Herzkammerbasis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 118 S. 214. 1915.

Das Arbeitsdiagramm des Säugetierherzens

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564 H. S t r aub :

D a s

(Aus der I. medizinischen Klinik der Universitht Mfinchen.)

A r b e i t s d i a g r a m m d e s S ~ u g e t i e r h e r z e n s .

Von

Dr. It[. S t r a u b , Privatdozent.

(Mit 4 Textfiguren.)

Eine zureichende Analyse der mechanischen Bedingungen der Herzarbeit li~sst sich durchfilhren, wenn es gelingt, Spannung und Li~nge des Muskelelements in jedem einzelnen Zeitabschnitt der Herzrevolution richtig darzustellen. Dies geschieht im hnschluss au die Darlegungen von O. F r a n k durch gleichzeitige Verzeichnung yon Druck umt Volum einer HerzhShle als Funktion der Zeit. Der wahre Verlauf der Druckkurve liess sich durch Verwendung nach F r a n k'schen Prinzipien konstruierter optischer Manometer yon zu- reichender Gate ermitteln*). Die Volumkurve ergab sich durch Integration ihres photographisch registrierten Differentialquotienten, des ,Tachogramms der Herzkammerbasis" 2). Die so geWonnenen Kurven gestatte n nunmehr, die Gri)sse der vom Herzen geleisteteu hrbeit und die Umst~inde~ unter denen diese Arbeit geleistet wird, in der Form eines geometrischen Modells darzustellen. Eine voll- stfindige Darstellung der tIerztatigkeit wird gegeben .durch eine ri~umliche I~urve, deren drei Koordinaten tier Druck, das Volum und die Zeit sind. Die bekannte Druckkurve ist dann die Projektion der raumlichen Kurve auf die Druck-Zeitebene, die Volumkurve ihre Projektion auf die Volum-Zeitebene. Eine unmittelbare Darstellung des Wertes der Arbeit und der Art der Arbeitsleistung ergibt aber die Projektion der Raumkurve auf die dritte Ebene~ die Druck-

1) H. Straub~ Der Druckablauf in den HerzhShlen. Der Mechanismus der Herztatigkeit. PflfigerTs Arch. Bd. 143 S. 69. 1911.

2) H. Straub~ Das Tachogramm der Herzkammerbasis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 118 S. 214. 1915.

Das Arbeitsdiagramm des S~ugetierherzens. 565

Volumebene. Die so dargestellte Arbeitsfii~che nennen wir mit F rank 1) in Anlehnung an eine in der Thermodynamik gebrauchte Be- zeichnung das Arbeitsdiagramm des Herzens. Dieses Arbeitsdiagramm, das den Druck als Funktion des Volums darstellt, l~tsst sich mit dem yon F r a n k far das Froschherz konstruierten Herzindikator 2) direkt aufschreiben. Ftir das Si~ugetierherz hat sich diese hnordnung bisher nicht in eine den Anforderungen vbllig geniigende Form bringen lassen, weshalb der etwas umsti~ndlichere Weg der geometrischen Konstruktion des Arbeitsdiagramms aus der Druck- und Volumkurve gewahlt wurd:e. Die Wichtigkeit der Darstelhing des Arbeitsdiagramms ist von F r a n k betont worden, weil bei getrennter Betrachtung des Druckes und Volums sls Funktion der Zeit wichtige Beziehungen der beiden Kurven leicht tibersehea werden.

Bei der Konstruktion des Arbeitsdiagramms des Saugetierherzens macht sich der Umstand stOrend bemerkbar, (lass die Volumkurven der beiden Kammern nicht getrennt verzeichnet werden kbnnen. Da sich die Arbeitsbedingungen der beiden Kammern unabh~ngig voneinander andern kSnnen, veflangt eine erschSpfende Darstellung

die Konstruktion getrennter Diagramme far die rechte und linke Kammer. Solange getrennte VolumkuIven nicht zur Verftigung stehen, sind der Erkenntnis enge Grenzen gesetzt. Manche Tat~ sachen lassen sich trotzdem ermitteln. Sobald stationiire Kreislaufs- verhi~ltnisse herrschen , mtissen die Schlagvolumina beider Kammern einander gleich sein. Das Schlagvolumen einer Kammer ist also die Hi~lfte der verzeichneten Volumamplitude. Aber die feineren Einzel- heiten im Ablauf der Volumkurve des rechten und linken Herzens, namentlich die Neigungswinkel an verschiedenen Stellen, sind sicher nicht durchaus identisch, denn sie werden beeinflusst durch ausserhalb des Herzens gelegene Momente, wie die Anderung der HOhe der Uberlastung, der Beschaffenheit des arteriellen Widerstandes, des 7enSsen Drucks. Dennoch kann aus dem Umstande, dass die Druck- kurven der beiden Kammern, wie auch die arteriellen Pulse rechts und links i n allen wesentlichen Merkmalen vollkommen iiberein-

1) O. F r a n k ; Die Grundform des arteriellen-Pulses. Zeitschr. f. Biol. Bd. 37 S. 483. 1899.

2) O~ F r a n k , Die 2~rbeit des Herzens und ihre Bestimmung durc h dea Herzindikator. Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. in ~iincken H. 3 S. 147. 1898.

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stimmen, und dass alle eharakteristischen Punkte entspreehender Kurven sich zeitlich genau entsprechen, gefolgert werden, dass auch die Unterschiede der beiden Volumkurven nur geringfiigige sind, deren Vernachliissigung keinen sehr erheblichen Fehler einftihrt, um so mehr, als die ZugehSrigkeit einer beobachteten J(nderung zu der Volumkurve der rechten oder linken Kammer hi~ufig aus den Versuchsbedingungen mit grosser Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann. Die Bestimmung des Nullpunktes der Volumachse freilich ist auf dem gew~hlten Wege unmiiglich, weil die Volum- kurven durch Integration erhalten wurden, wobei die Integrations- konstante unbekannt ist.

Da nun die Integrationskonstante fiir jede einzelne der ver- zeichneten Volumkurven verschieden ist, so ist nicht nur der Null- punkt der Volumachse unbekannt, sondern auch die Beziehung der rahmlichen Lage verschied~ne~: verzeichneter Volumkurven. Diirfen wir, wie das bei _~nderungen des Schlagvolumens der Fall ist, an- nehmen, dass die ri~umliche Lage der systolischen Minima der Volum- kurven nut unwesentlichen J(nderungen unterliegt 1), so ist die raum- liche Anoi'dnung mehrerer, unter verschiedenen Bedingungen erhaltener Arbeitsdiagramme annlihernd mSglich. Haben wir, wie zum Beispiel bei J~nderungen des Widerstandes, keine solchen Angabea fiber die Integrationskonstante, so bleiben die ri~umlichen Beziehungen der Arbeitsdiagramme in der Richtung der u unbestimmt. Die verschiedenen Diagramme kSnnen parallel der V-Achse beliebig verschoben werden, hus diesem Grunde ist die fiir das Froschherz mit so grossem Erfolg durchgefiihrte Konstruktion yon Dehnungskurven der Maxima und Minima far das Siiugetierherz zurzeit in exakter Weise undurchft~hrbar. Aber schon yon der Darstellung des Arbeits- diagramms einer einzelnen Herzrevolution ist eine wesentlich~ FSrderung der Erkenntnis zu erwarten.

Fig. 1 gibt in der in der darstellenden Geometrie iiblichen Weise das Arbeitsdiagramm des Saugetierherzens wieder. E~znittelt wurden die der Figur zugrunde liegenden We~te aus derselben Kurve, die in

1) H. S t r a u b, Dynamik des S~iugetierherzens. I. Deutsches Arch. s klin. Died. Bd. 115 S. 531. 1914. -- H. S t r a u b , Uber den kleinen Kreislaus Deutsches Arch. f. kljn. Meal. Bd. 121 S. 394. 1917. -- H. S t r a u b , Zur. Dynamik der Klappenfehler des linken Herzens. Deutsches Arch. s klin. Me& Bd. 121 S. 156/ 1917.

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 567

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Fig. 1. (Erkliirung siehe~ auf umstehender Seite:)

56S H. S t r a u b :

E r k l i i r u n g z a r Fig. 1. Konstruktion des Arbeitsdiagramms. Darstellung in drei Ebenen: I ~ Druek-Zeit-Ebene. Die Projektion der Raumkurve auf diese Ebene ist die Druckkurve. - - II ~ Yolum-Zeit-Ebene. Die Projektion der Raumkurve auf diese Ebene ist die (dutch Integration des ,Tachogramms der Herzkammerbasis" erhaltene) Volumkurve. - - III ~ Druck-Volum-Ebene. Die Projektion der Raumkurve auf diese Ebene ist das Arbeitsdi~gcamm. Die Querstriche der Kurve des Arbeitsdiagramms grenzen Strecken ab, die in gleichen Zeiten (1/ioo Sek.) durehlaufen werden. Die Kurve wird entgegen dem Sinne des Uhrzeigers umkreist. In Ebene I rechts oben Skizze des Druckverlaufs bei stark ausgesprochener Aorten6ffnungszacke.

Fig. 1 der Arbeit ~lber das Tachogramm der Herzkammerbasis 1) abgebildet ist. Zur genaueren Analyse wurde die Originaikurve mit dem Projektionsapparat st~rk vergrSssert gezeichnet und die Messungen an der so erhaltenen VergrSsserung ausgefiihrt. Die Raumkurve, die der vollstandige Ausdruck der Arbeit ist, ist auf drei zueinander senkrecht gestellte Ebenen projiziert gezeichnet. Auf der Ebene I, der Druek-Zeit-Ebene, ergibt sich als Projektion die registrierte Druckkurve. Die Koordinaten dieser Kurve sind der Druck und die Zeit. Auf die Ebene II, die Volum-Zeit-Ebene, deren Koordinaten das Volum und die Zeit sind, projiziert sich die raum- liche Kurve als Volumkurve, die durch Integration des Tachogramms erhalten wurde. Die Projektion auf die Ebene III, die Druck-Volum- Ebene, deren Koordinaten Druck und Volum siud, ist das Arbeits- diagramm. Es wird konstruktiv ermittelt~ indem die Lage synchroner Punkte der Druck- und Volumkurve nach dem Verfahren der dar- stellenden Geometrie auf die Druck-u projiziert wird.

Fig. 1 gibt nach den Regeln der darstellenden Geometrie eine vollkommene Anschauung der Raumkurve, die der geometrische Aus- druck der der Analyse zugrunde gelegten Herzrevolution ist. Wir haben uns diese Raumkurve so vorzustellen, dass sie in Schrauben- windungen aus der Ebene III aufsteigend, entgegen dem Sinae des Uhrzeigers, einen Zylinder umkreist, der iiber dem Arbeitsdiagramm als Basis errichtet wird. Die Steilheit des hl~_stieges der Schrauben- touren ist aus dem Arbeitsdiagramm nur in Kombination mit einer der beiden anderen Kurven direkt zu ermitteln. Sie ist keine gleich- mfissige, da die einzelnen Strecken des Arbeitsdiagramms mit sehr verschiedener Geschwindigkeit durchlaufen werden. Eine Vorstellung der Steilheit des Anstiegs der Schraube kann jedoch auch das Arbeits- diagramm vermitteln, wenn in demselben die in der gleichen Zeit

1) H. S t r a u b , Das Tachogramm der Herzkammerbasis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 118 S. 220. 1915.

Das Arbeitsdiagramm des S~ugetierherzens. 569

durchlaufenen Strecken abgegrenzt werden. So wurden in Fig. 1 die in je l/loo Sekunde durchlaufenen Kurvenabschnitte durch Querstriche abgegrenzt. Man erkennt nun, class die beiden isometrischen, der P-Achse nahezu parallelen, fast geradlinigen Kurvenabschnitte mit grosser Geschwindigkeit durchlaufen werden. Der Anstieg tier Schraube ist also bier wenig steii. Die beiden verbindenden Kurven- teile werden viel lan~samer'durchmessen, um so ]angsamer, je mehr sie der Richtung der V-Achse parallel verlaufen. Zum Tell h~ngt dies natilrlich mi t dem gewhhlten willkarlichen Maassstab der P-and EAchse zusamme~. Dos geht besonders daraus hervor, dass dem Gipfelteil der Druckkurve, wo die ~nderung des Drucks mit der Zeit ein Minimum aufweist, dos Maximum der ~nderung des Volums mit der Zeit nahe benachbart ist. Doch wt~rde aucl{ durch machtige YergrSsserung des Maassstabes der V-Achse der Unterschied nicht vollst~ndig verschwinden. Ganz besonders kleine Kurven- abschnitte werden aber durchlaufen in dem unteren Kurvenstt~ck des Arbeitsdiagramms, yon F--A. Hier ist also der Anstieg der Schrauben- winduag ganz besonders steil zu denken. An,dieser Stelle sind in der Tat Minimum der Anderung des Druckes (Ebene I) und des Volums (Ebene II) mit der Zeit unmittelbar benachbart, so dass die .Geschwindigkeit, mit der dos Arbeitsdiagramm durchlaufen wird, dutch keine J~nderuug des Maassstabes beeinflusst wird.

Unter station~ren Bedinguagen ist das Arbeitsdiagramm eine g eschlossene Kurve, da nach Ablauf einer Herzrevolution das Herz wieder in den urspranglichen Zustand zurackkehren muss. Die in der Ebene III abgebildete Kurve wird wahrend jeder Herzrevolution einmal entgegen dem Sinne des Uhrzeigers umkreist. Wie man sieht, umkreist die natarliche Zuckung des S~ugetierberzens eine Fl~tche, deren Grenzen an zwei Stellen, wahrend der Anspannungszeit und wahrend der Verschlusszeit, nahezu parallel tier P-Achse, d. h. nahezu isometrisch verlaufen. Die erste dieser isometrischen Strecken, A--B, entspricht der Anspannungs-, die zweite, D - - ~ : der Verschlusszeit. Die Strecke B--D, die tier Austreibungszeit entspricht, verlauft zur AbszisSe konkav, die Strecke_F--A, die Fallungszeit, zu'r Abszisse konvex. Beide enffernen sich gleich erheblich yon is0tonischen und isometrischen Be- dingungen. Namentlich Jst hervorzuhebeli, class die Kurve der Aus- treibungszeit ouch nicht ann~thernd isotonisch verlauft, ~thrend das Ende der Filllun~szeit sich.isotonischem Verlauf, parallel zur V-Achse, wenigstens einigermaassen annShert.

570 H. Straub:

Bei ni~herer Betrachtung ergeben sich bemerkenswerte Einzel- heiten. Beginnen wit die Besprechung mit dem Beginn der An- spannungszeit, bei A. Wit sagten, die Strecke A--B, die der An- spannungszeit entspricht, verlauft nahezu parallel der /)-Achse, das heisst nahezu isometrisch, nahezu o.hne Volumi~nderung. Bei genauerer Betrachtung sehen wir aber, class dies nicht viiliig zutrifft. Es stellen sich namlich, wie schon die Volumkurve gelehrt hatte 1), wi~hrend der Anspannungszeit Volumverschiebungen in der Ebene der htrio, ventrikularklapl~en ein, d i e wir auf den Einwiirtszug der Papillar- muskeln einerseits, auf die ausbauchende ~ Wirkung des steigenden Kammerdrucks andererseits bezogen batten. Vielleicht darf dem noch hinzugeft~gt werden, dass der musktfiiire Klappenring, an dem die Atrioventrikularklappen ansetzen, sich mit Beginn der Kammer- systole verengert, wodurch Verschiebung der zentralen Teile der Atrioventrikularklappen ventrikelw~rts ebenfalls begiinstigt werden muss. Daher rahrt die hi~ufig, so auch im vorliegenden Falle, be- obachtete geringe Volumzunahme ~ Kammern wi~hrend tier An- spannungszeit, die hbweichung des hrbeitsdiagramms yon dem rein isometrischen u

Die r hustreibungszeit reicht yon ~B bis E. Zunhchst steigt der Druck" noch sehr erheblich an, bis der Abfiuss in die Kapillaren erst gleich, dann griisser wird als der Zufiuss aus dem Herzen in die Aortenwurzel. Ein grosser Teil, im vorliegenden Fall etwa drei F~nftel des ganzen Schlagvolumens, werden bei sinkendem Druck ausgeworfen. Die Kurve des Arbeitsdiagramms weist keinen glatten Verlauf auf. Vielmehr sind offenbar besonders deutlich wahrend der Zeit steigenden Drucks, von B bis C, abet unverkenn- bar auch noch yon C bis/), Schwingungen auf die Grundkurve auf- gesetzt. Diese Schwingungen, die zeigen, dass die :4.nderungen des Drucks denen des Volums nicht durchaus gleichsinnig verlaufen, sind typische Eigenschwingungen der in Bewegung gesetzten Massen, die sich also nicht nur in der Aortenwurzel geltend machen, sondera sich auf den Ventrikelinhalt fortpflanzen oder vielmehr schon im Ventrikelinhalt ihren Ausgang nehmen. Aus dem Kurvenverlauf ergibt sich, dass der Ventrikeldruck zuniichst fiber den zur Llber- windung des Aortendrucks nStigen Wert hinausschiesst, bis die

1) H. S t r a u b, The diastolic filling of the mammalian heart, Journ. of

Physiol. vol. 40 p. 378. 1910.

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 571

trage Masse des Blutes in der Kammer in Bewegung gesetzt wird. Wi~hrend dieser Zeit steigt der Druck noch starker an, die Volum- abnahme ist gering. Der ganz genaue Zeitpunkt der Aortenklappen- offnung wird ffir die hier zugrunde gelegten besonders genauen Zeit- messungen unscharf. Er ist zu suchen zwischen dem Punkte .B und dem Maximum der als si bezeichneten Schwingung. Das Hinaus- schiessen des Kammerdrucks fiber die notwendige HShe ffihrt h/~ufig zur Ausbildung der zuerst yon P i p e r 1) beschriebenen Zacke im aufste!genden Schenkel der Druckkurve (siehe Skizze rechts oben, Fig. 1). .Nun erst k~ommt die Blutmasse in Bewegung. VermOge ihrer Tri~gheit schiesst auch die Bewegung etwas fiber das Ziel hinaus, das Volum nimmt sehr rasch ab, die Kurve des Arbeits- diagramms biegt scharf yon der P-Achse weg in die Richtung der V-hchse umpire, hrbeitsdiagramm�9 entsteht e in Wellental. Diese Phase kann in der Druckkurve sogar zu einer Senkung des Druckes ffihren, wenn die besprochene Zacke der Kammerdruckkurve scharf ausgesprochen ist. In solchen Fallen ist dann auch im Arbeits- diagramm an "Stelle der Welle sl ein scharfer Knick vorhanden. Sehr haufig, so aueh im vorliegenden Fall, macht sich jedoch die Tri~gheit nicht so hochgradig bemerkbar, es kommt dann auch in der Druckkm've nut zu" einer leichten Einbieg.ung zur Zeit der Aorten- klappenOffnung. Die Schilderung der Ereignisse wahrend der Aorten- klappenSffnung ffihrt nun auch zu schi~rferer Bestimmung der zeit- liche~i Lage der ()ffnung in Beziehung zu der Druckkurve. Bishei;war nur zu sagen, dass die Klappen5ffnung um die Zeit der ersten Schwihgung der Druckkurve erfolgt. Die kleine Skizze, in Fig. 1 rechts oben, gibt den Verlauf tier Druckkurve wi~hrend der frag- lichen Zeit, wie sie sich bei ausgesprochener Ausbildung der Zacke darstellen wtirde. Man erkennt aus der Skizze, dass die Zacke eine merkliche Zeit in Anspruch nimmt. Die hortenklappenOffnung ist nun nach dem eben Gesagten w/ihrend des Kurvenverlaufs zwischen u und v anzunehmen. Yon v bis w ist dann das erste Maximum de~r Ausstri~mungsgeschwindigkeit zu suchen, wahrend dessert der Druck in der Kammer durch eine Art Wasserstrahl-Pumpenmecha- nismus sogar fallen kann. Diese Stelle entspricht im Arbeitsdiagramm d.em Wellental zwischen Sl und s~. Nun sind Eigenschwingungen der

1) H. Piper, Die Blutdruckschwankungen in den Hohlraumen des Herzens und in den grossen GeFa~sen. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1912 S. 343.

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in Bewegung gesetzten Massen ausgel(ist, die sich tiber die gauze Austreibungszeit geltend machen. Zuniichst steigt der Kammerdruek wieder starker an, es kolamt zur Anfangsschwingung der Kammer- und Aortendruckkurve. Da gleichzeitig die StrSmungsgeschwindigkeit wieder abnimmt und kurz nach der Anfano;sschwingung der Druck- kurve eia Minimum erreicht, muss im Arbeitsdiagramm ein zweiter Wellenberg [sich ausbilden, s2. Zu dieser Zeit nahert sich die Riehtung der Kurve wieder mehr der der _P-Achse. Der Mecha- nismus wiederholt sich, im Arbeitsdiagramm sehen wir noch eine ganze Anzahl solcher Wellen sich folgen. Eine'm We'llental folgt die dritte Welle s3 in diesem Falle sehr nahe dem Gipfelteil des Dia- gramms. Auch im absteigenden Schenkel lassen sich noch die Wellen s~ and s5 mit grosset W.ahrseheinlfchkeit ausmitteln. Die Ausbildung dieser Wellen ist in verschiedenen K ar~-ea sehr ver- schieden deutlich, doch finden sich Andeutungen derselben wohl immer. Von Wichtigkeit ist, die Schwingungszahl dieser Eigen- schwingungen zu ermitteln. Im aufsteigenden Schenkel, yon s: bis ss~ betr~igt die L~mge einer ganzen Welle~ wie aus den eingetragenea Zeitmar-ken zu ersehen isL fast genau 0,02 Sek. hn absteigenden Schenkel werden die Absti~nde der Wellenberge offensichtlieh griisser. Da die ~Vellenliiuge der Eigenschwingungen yon der Elastizitht und der Masse abhangt, kann sie, wenn die GrSsse eines dieser Faktoren bekannt ist, zur Ermittlung dd~ auderen dieaea. Die Zunahme der Wellenliinge im absteigenden Schenkel des Diagramms k0nnte be- zogen werden auf Verminderung des Etastizitatskoeffizienten. Auch bei Einbeziehung eines grSsseren Bereichs des elastischea Systems der Gefiisse ist kaum wahrscheinlich, dass dieser Faktor zur Er- kl~trung tier starken Ver]iingerung tier Wellendauer ausreicht. An eine Zunahme der Masse wird man aur da:ln denken ki)nnen, wenn man annimmt, dass innerhalb des Herzens zun~chst nicht die gauze Blutmasse in Schwingung geri~t, sondern nur die der AortenSffnung unmittelbar benaehbarte bzw. in der Aortenwurzel enthaltene, und dass nun die schwingende Masse allmgthlich mit steigender Ftillung der Gefi~sse zunehme. Diese Annahme hat sieher etwas Gezwungenes, um so mehr~ wenn man bedenkt, class wachsende Blutmengen in die Kapillaren abfiiessen. Man wird deshalb in Erwagung ziehen miissen, ob nicht die Frequenz tier Eigenschwingungen im ab- steigenden Schenkel des Arbeitsdiagramms gestOrt wird dutch riick- laufige Wellen im Arteriensystem. Die Frage, ob solche W e ] l e a

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 573

existieren, hat bekanntlich noch nicht endgiiltig beantwortet werden kSnnen. Gegen Schluss der Austreibungszeit wird die Blutbewegu~g immer mehr verlangsarnt, wahrend die 1)ruckkurve "steil abfi~llt. Das Arbeitsdiagramm biegt in eiae der P-Achse fast parallele Richtung ein. Wi~hrend des sehr langen Stacks des Diagramms, d~s etwa yon D bis _E reicht, findet eine nennenswerte Blutbewegung nicht mehr start, obgleich der Zeitpunkt des vollzogenen Klappe~- schlusses ~erst bei E anzusetzen ist. Eine geringfilgige Volumzunahme der Yentrikel weist, wie schon bei Besprechung der Volumkm've hervorgehoben, auf den Rfickfiuss der zwischen den Segelklappen liegenden Blntmengen ~in den Ventrikel bin.

Nur ein kurzes Stfick, yon _E bis F , verlauft das Arbeits- diagramm isometrisch. Dann aber, schon hoch oben~ yon der Ab- szisse weir entfernt, beginnt das Volum zuzunehmen, sobald die Kammerstauungswelle des u hShere Werte aufweist als der Kammerdruek. Dies beweist, dass die Ffillung beginnL lange ehe die Kontraktion beendigt ist. Zuni~chst erfolgt das Einstri)men, die Umbiegung des Arbeitsdiagramms, ziemlich langsam, solange der Druek in der Kammer noch hoeh ist; bald aber biegt die Kurve mehr und mehr in die l~ichtung der V-Achse ein. Wahrend der Vorhof- systole, die einen deutlichen Druekzuwachs bringt, verlauft alas Dia- gramm voriibergehend parallel der V-Achse, also isotonisch. Ja, es kann sogar eine Druckzunahme auch in der Kammer auftreten, das Diagramm ansteigen. Wahrend des Restes der Fiillungszeit sind die Drucki~nderungen gering, auch die Volumi~nderungen vermindern sich mehr und mehr. In gleichen Zeiten werdev, nut noch sehr kurze Streeken des Diagramms durchlaufen. Aber bis zum Schluss der Fiillungszeit verli~uft das Arbeitsdiagramm noch gegen die Abszisse absteigend, ein Beweis for die nicht vollst~indige Ersehlaffung des Ventrfkels. W~re dessert Muskulatur in v011ige Ruhe tiber~egangen, so mt~sste bei zunehmender Filllung das Diagramm der Dehnungs- kurve des ruhenden Herzens folgen, das yon tier Abszisse ansteigt.

Die Tatsachen, die sich aus den bisher beschriebenen Eigen- schaften des Arbeitsdiagramms ergeben, hatten sich im wesentlichen schon bei getrennter Betrachtung der Druck- und u er- mittetn lassen. Die Bedeutung der Konstruktion des Arbeits- diagramms liegt in dem Umstand, dass es ein vollkommener Aus- druck der gesamten potentiellen Energie ist, die bei einer Herz-

574 H. Straub:

revolution betAtigt wird. Die von dem Herzen wAhrend eines Schlages geleistete Arbeit ist gleich der F1Ache, die von der ge- schlossenen KUrve der Arbeitsdiagramms umgrenzt wird, wenigstens was den wichtigsten Tell dieser hrbeitsleistung anbetrifft, die Schaf- lung yon potentieller Energie [ F r a n k 1)]. Mathematisch gesprochen ist also das Integral des Arbeitsdiagramms der Ausdruck der Herz- arbeit. Der rechnerische, vollsti~ndige Ausdruck dieser Arbeit ist nach F r a n k 1 ) :

=.fPar, + A ~ r, 2 , ' ~ 2 - - + 1 ~ +__Ai + W

I II III IV V vI vii

In dieser Gleiehung stellt der erste Summand I die potentielle, dem Blut mitgeteilte Energie dar. II ist die potentielle Energie, die bei der einfachen elastischen Zusammenziehung wieder frei wiirde, ohne dass der Ventrikel in tAtigen Zustand versetzt worden ware. III ist die in der Aortenwurzel vorhandene kinetische Energie, IV der Rest kinetischer Energie, den das Blut beim EinstrSmen in den u schon besass, soweit er in dem Kreislauf des Blutes Verwendung finden kann. V ist die Energie zur ~lberwindung der ReibungswiderstAnde im Ventrikel selbst, VI die potentielle" und kinetische Energie, die bei Bewegung der kleinsten Teile der u aufgewendet wird, soweit sie nicht in Form "con Wi~rme primAr auftritt, und VII die Warme.

Der siebente Summand, die W~trme, dessen Kenntnis far eine ,r Darstellung der Thermodynamik des Herzmuskels not- wendig ware, bleibe im folgenden unerSrtert, da wir uns auf die Darstellung der Mechanik beschrAnken. Anhaltspunkte zur Analyse des filnften und sechsten Summanden fehlen bisher fast vollstandig. Ihre VernachlAssigung bedingt keinen erheblichen Fehler.

Die wichtigsten Summanden sind tier erste und zweite. Die geo- metrische ReprAsentation des ersten ist die FIAehe, die einerseits yon den zu V1 und V2 gehSrigen Druckordinaten begrenzt wird, anderer- seits yon der V-Achse und tier Druck-Voluml~urve der Systole yon A bis .E. Der zweite Summand wird dargestellt dutch die Ftache, die dutch ~ dieselben Druckordinaten, die VoAchse und die Dehnungs- kurve (Druck-Volumkurve) des ruhenden Ventrikels begrenzt wird.

1) O. Frank, Die Grundform des arteriellen Pulses. Zeitschr. f. Biol. Bd. 37 S. 483. 1899.

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 575

Diese Debnungskurve, deren u fiir das Siiugetierherz sich bis- her nicht ermitteln li~sst, set in Analogie mit den vgn F r a n k am Froschherzen gefundenen Verhi~ltnissen in durchaus hypothetischer Weise durch die Kurve G--H dargestellt. Der dritte Summand lasst sich aus dem Tachogramm ermitteln.

Wie man sieht, wird dutch die bisher umgrenzten Fl~ichen die geometrische Figur unseres /~rbeitsdiagramms nicht vollstandig um- ~ehrieben, vielmehr bleibt noch eine Fli~che unberiicksichtigt, die durch die Druckordinaten yon V1 und ~ , die Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels, yon G his H, und durch die Kurve des Arbeitsdiagramms wi~hrend der Diastole begrenzt wird. Auch dar-- auf hat F r a n k 1 ) sehon hingewiesen, dass die Z[isti~nde bet der Wiederausdehnung nieht immer oder selten der Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels fo]gen. Fig. 1 zeigt aufs deutlichste die Hochgradigkeit dieses Unterschiedes, dessert Vernaehl~ssigung bet der Berechnung der Herzarbeit einen sehr erheblichen Fehler bedingt. Gerade die so begrenzte Flache ist von grosser theoretischer Bedeutung.

Das Minimum an ~tusserer Arbeit, das notwendig ist, um den Ventrikel vom Zustand am Ende der Systole his zu dem Volumen wieder zu fallen, ftihrt isometrisch entlang der zu ~ geh6rigen Druckordinate bis G (hypothetischer Punkt!) und yon da auf der Dehnungskurve der Minima des ruhenden Herzmuskels. Dieser Weg

f ist nut dann gangbar, wenn die Filllung beginnt, nachdem der Herz- muskel in v611igen Ruhezustand ilbergegangen ist. Die Arbeit, die auf diesem Wege an dem Ventrikel wi~hrend der Diastole geleistet wird, ist repriisentiert durch die Fliiche, deren Begrenzung die V-Achse, die Druckordinaten von V~ und V~ und die Dehnungskurve G - - t t darstellen. Diese Arbeit ist also identisch mit dem zweiten Summanden unserer Gleichung, der die durch die Elastiziti~t des ruhen~len Muskels wieder zu gewinnende Arbeit ausdrtickt. Wtlrde .also der Weg E - - 2 ' - - G - - H in unendlich langsamer Zeit durch- . laufen, so wiirde es sich um einen reversiblen Prozess in dem strengen Sinne handeln, in dem dieser Begriff in der Thermodynamik gebri~uehlich ist. Die potentielle, dem Ventrikel so erteilte Energie ist reversibel, das heisst in ihrem ganzen Betrag unter Ausniitzung tier elastischen Eigensehaften des Ventrikels wiederzugewinnen.

1) O. Frank, Die Grundform des arteriellen Palses. :Bd. 37 S. 518. 1899.

P f l f i g e r ' s Arehiv fill' Physiologie. Bd. 169.

Zeitschr. f. Biol.

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576 H. Straub:

Das Albeitsdiagramm zeigt unmittelbar, dass diese in reversibler Form geleistete Arbeit nur einen kleinen Teil der gesamten w'~hrend der Diastole am Ventrikel geleistelen "Arbeit ausmacht. Der Grund hierffir !iegt einmal in dem Umstand, dass die ffir .reversible Prozesse notwendigen unendlich langen Zeiten fiir die Verhfiltnisse des natfir- lichen Kreislaufs nicht zu Gebote stehen, dass vielmehr die Ffillung in verh~tltnismi~ssig kurzer Zeit vollendet sein muss. Aber auch in irreversibler Weise, wi~hrend verhi~ltnismiissig kurzer Zeiten, ware die Energietransformation auf demselben Wege .E-- .F--G--H anni~hernd denkbar, wenn der Prozess mit einer Wi~rmetSnung verlauft. Immer noch ware dabei Voraussetzung, dass die hrbeit gegen den ruhenden Herzmuskel geleistet wird.

Die Tatsache, dass das Arbeitsdiagramm nicht der Dehnungs- kurve des ruhenden Herzmuskels, sondern der Kurve F - - A folgt, belehrt uns also darfiber, dass w~hrend der Diastole die Kontraktion noch nicht beendet ist, dass ein KontraktionsKlckstand besteht, gegen den Mehrarbeit geleistet werden muss, wenn tier Ventrikel geffillt werden soll. Wie gross die Mehrarbeit ist, ergibt sich aus den In tegralen tier beiden Wege yon V1 bis 172, das heisst aus (lea FlY, hen , die yon der Abszisse, den Druckordinaten und den beiden Kurven begrenzt werden. Da die l)ehnungskurve des ruhenden Herzmuskels G - - H hypothetisch ist, lassen sich genaue Zahlen- angaben fiber die gegenfiber dem Minimum erforderliche Mehrarbeit

'nicht geben. Docb ergibt sich aus Fig. 1, class im vorliegenden Falle die wahrend der Fiillungszeit am Ventrikel zu leistende Arbeit dadurch nahezu verdoppelt wird, dass sie ~,%en- o einen Kontraktions- riickstand und nicht gegen den ruhenden Herzmuskel geleistet wird.,

Die Energie, die w~thrend der Diastole dem Ventrikel yon aussen zugeft~hrt wird, stammt zum Teil yon frfiheren Systolen der anderen Kammer her, soweit, sie nicht durch die Reibungswidersti~nde tier Gefiissbahn wi~hrend des Kreislaufs in Wi~rme umgesetzt, zum

k le inen Tell auch zur Leistung anderweitiger Arbeit in Anspruch genommen wurde. De~" messbare Ausdruck dieser vom Venensystem her zugef0hrten Energie ist der Venendruck. Zum zweiten stammt Energie, die dem Ventrikel zugeffihrt wird, aus der Vorhofsystole. Durch die Krafte, die so w~thrend der Diastole eine irreversible Energietransformation bewirken, wird eine Blutbewegung gewi~hr- leistet. Durch die Teilung tier Herzrevolution in zwei Phasen, Systole und Diastole, ~nuss die kinetische Energie des wahrend der

Das Arbeitsdiagramm des Shugetierherzens. 577

Diastole ~ einstrSmenden Blutes, die im Blutkreislauf Verwendung finden soll , die also durch den vierten Summanden der Arbeits- gleichflng ausgedrt~ckt wird, in potentie!le Energie umgesetzt werdem Das Arbeitsdiagramm, das die bei der Herzrevolution auftretenden J~nderungen der potentiel,len Energie vollstindig enth~lt, gibt also auch den vierten Summanden der Arbeitsgleiehung wieder, nicbt, ge-

' trennt, sondern enthalten in der Arbeitsfliche, die w~tbrend der Diastole am Ventrikel geleistet wird.

Wir kSnnen uns die Betrachtungsweise deshalb erleiehtern, wenn wir die Trennung der verschiedenen Summanden, die mit negativem u versehen in der Arbeitsgleicbung enthalten sind, mit Ausnahme des sechsten, unterlassen un4 alle diese Sum- manden in einem zusammenfassen, wenn wir also an Stelle des zweiten und vierten Summanden einen neuen setzen, dessen matbe.

matischer Ausdruek dana" ist: - - f f ~ (V) d V. Wenn ~p (V) der ur-

sprfinglichen F r an k' schen Gleichung die Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels darstellt, so ist ep (V) die Kurve .F--A des Arbeits- diagramms wi~hrend der Ftillungszeit. Der geometrische Ausdruck der

samtlichen negativen Summanden, die wir in dem einen --Jq~ (V) d V vl

zusammengefasst haben, ist dana die yon der hbszisse, den Druck- ordinaten you V~ und V~ and der Kurve T'--A begrenzte Flache.

hus dem Umstande, dass das hl:beitsdiagramm am Ende der Diastole noch immer einen gegen die Abszissel absteigenden Verlauf besitzt, schliessen wit, dass auch zu diesem Zeitpunkt der Kon- traktionsriiekstand noch nicht vollstitndig beseitigt ist. Denn ware die Muskulatur in vollkommene Ruhe aber,~egangen, so mt~sste der Verlauf des Arbeitsdiagramms fast vollkommen mit tier Dehnungs- kurve des ruhenden Ventrikels zusammenfallen, um so mehr, weil die Blutbewegung, also die kinetische Energie, die das Arbeits- diagramm yon dieser Kurve entfernen kSnnte~ um diese Zeit ziem- lich gering geworden ist. Dieser Tatsache haben wir in Fig. 1 dadurch Rechnung getragen, dass wir den Punkt / t nicht mit dem Punkte A zusammenfallen liessen. Die Erkenntnis, class die Minima der natiirlichen Zuckung des Si~ugetierherzens in tier Regel nicht auf der Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels liegen, hat ihr Analogon in der Feststellung F r a n k ' s , dass die Debnungskurve der iso- tonischen Minima des Froschherzventrikels bei niedrigen Fallungs~

38 *

578 H. Straub:

drucken mit den Dehnungskurven des ruhenden Herzens nicht zu- sammenfallen. F r a n k hat darauf hingewiesen, welch grosse Be- deutung diese Tatsache hat ffir die Analyse der diastolischen Wir- kung zahlreicher Eingriffe, besonders der Vagusreizung und der Wirkung yon Digitalis. F r a n k hat gezeigt, in welch irrttimlicher Weise meist der Begriff des Tonus verwendet wurde in Nicht- beaehtung dieses bedeutungsvollen Unterschiedes der Dehnungs- kurven der Minima unter verschiedenen Arbeitsbedingungen.

Unsere Beobachtung hat aber auch eine Bedeutung filr die Analyse der Dynamik der Systole. Wissen wir doch, dass der Ver- lauf der Systole in ihrer ursprtlngliehen Anlage eindeutig bestimmt wird yon tier Beschaffenheit des Herzmuskels und yon den Anfangs- bedingungen, unter denen der Muskel steht. Es ist also keineswegs gleichgaltig, ob die Systole vom Punkte A oder H des Arbeits- diagramms beginnt. u inotropen Wirkungen eines Eiagriffs zu sprechen, geht so lange nicht an, als die Analyse tier Anfangs- bedingungen unter dem Einfluss des Eingriffs nicht durchgeftihrt ist. Ft~r das S~tugetierberz ist eine solche Analyse bisher nicht einmal. versucht worden. Alles~ was fiber inotrope Wirkungen gesagt wurde, muss deshalb als unbewiesen betrachtet werden und bedarf der ~achprafung.

bToch ein weiterer Punkt ist zu beracksichtigen. Nicht nut Anfangsspannung und Anfangsfiillung, deren Beziehungen das hrbeits- diagramm ausdrt~ckt, bestimmen die Zuckung, sondern auch der Zustand des Muskels. Dieser ist nun mit Sicherheit ein verschiedener, je nachdem der Kontraktionsrfickstand der vorhergehenden Kontraktion ein grosser oder geringer ist. Soiange die Kontraktion auf ihrer HShe ist, verh~lt sich der Ventrikel deshalb neuen Reizen gegen- ilber refraktar. Trifft der Reiz w~ihrend des absteigenden Schenkels tier Kontraktionskurve, ,so wird die Zuckung um so kleiner, je hSher oben der Reiz eintrifft. Daher stammt zum guten Teil der geringe

Arbeitseffekt der vorzeitig einsetzenden Extrasystole. Man vergegen- wiirtige sich, dass ein Kontraktionsrlickstand wi~hrend der ganzen oder doch wi~hrend des grSssten Teils der Diastole besteht, und man wlrd die Bedeutung dieser Tatsache auch ft~r den Yerlauf der rechtzeitig einsetzenden Systole wfirdigen, bTehmen wir an, eine Substanz wirke auf den Kontraktionsriiekstand wi~hrend der Diastole ein, indem sie die Dauer seiner Wirkung verlangert oder verki]rzt, so werden wir verstehen, dass diese Substanz eine ,,positiv oder negativ

Das Arbeitsdiagramm des Siiugetierherzens. 579

inotrope" Wirkung auf die ni~chste Systole austiben muss, rein durch Beeinflussung der Erschlaffung. Da wir yon den Digitalissubstanzen, um nur ein Beispiel zu nennen, wissem dass sie die Kontraktions- kurve in ihrer Dauer verli~ngern 1) so werden wir im vorliegenden Zusammenhang mit einem Male verstehen, weshalb es unter der Wirkung der Digitalis zum Auftreten von Alternans und schliess- lich yon Halbl;hythmus kommen muss. Das sollte bei pharma- kologischen hnalysen nicht vergessen werden. In solchen Fallen yon Hypodynamie o ~ r Adynamie zu sprechen, wiire unberechtigt. Die Darstellung des diastolischen Verlaufs des hrbeitsdiagramms halten wir deshalb ftir solche hnalysen flit unerli~sslich, huf die klinische Bedeutung dieser Feststellungen werde ich in einer spi~teren Arbeit zurt~ckkommen.

Die Tatsache, dass die Kontraktion wi~hrend des grSssten Tells oder wi~hrend der ganzen Dauer der Diastole noch anhi~lt, ist abet nicht nur fiir die Dynamik der folgenden Systole von Wichtigkeit, sondern auch fiir den Vorgang der Fiillung selbst. Je li~nger die Diastole .dauert, desto mehr wird sich das Arbeitsdiagramm der Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels niihern. Verliiuft das Diagramm auf dieser Dehnungskurve, so ist zwischen Vorhof- und Kammerinhalt ein Gleichgewichtszustand erreicht, der nut dadurch gestSrt wird, dass yon den Venen her neues Blut zufliesst. Solange aber das Arbeitsdiagramm noch nicht die Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels erreicht, wird bei Verlangerung der Diastole ein Mehr- zufiuss ~icht nur durch DruckerhShung im Vorhofgebiet herbeigeft~hrt, sondern auch durch Drucksenkung in der Kammer infolge der zu- nehmenden Erschlaffung. Der Blutzufluss zurKammer wird also mit Verliingerung der Diastole desto li~nger ein erheblicher sein, je gr6sser der Kontraktionsrilckstand ist und je langsamer er schwindet. Von dem Ablauf der Kontraktionskurve wahrend der Diastole wird es also abhiingen, ob eine Frequenziinderung das Zeitvolumen giinstig oder ungtinstig beeinflusst.

In der Klinik hat man sich vielfach angew0hnt, die Zeitdauer der Kontraktion mit derjenigen der Systole gleich zu setzen, sehr mit Unrecht, wie die angestellten Uberlegungen zeigen. In pharma- kologischen Betrachtungen andererseits wird wenigstens far das

1) W. S t r a u b, Uber die Wirkung des Antiarins am ausgeschnittenen sus- pendierten Froschherzen. Arch. L exper. Pathol. u. Pharm. Bd. 45 S. 346.

5S0 It. Straub:

Frosehherz die Systole bi~ufig nur bis zum Zuckungsgipfel gerechnet, yon da ab die Diastole gez~ihlt. Eine klarere Definition. der ge- brauchten Begriffe erscheint hier notwendig. Das hat nieht imr theoretisehe Bedeutung. A. H o f f m a n n ~) hat bekanntlich aus der yon ibm als gesetzmi~ssig angesehenen Beobaehtung, dass die T-Zacke des Elektrokardiogramms mit der Systole endige, den Schluss ziehen wollen, dass diese Zacke das elektrische Aqui- x'alent der Kohtraktion sei. Erinnern wit uns, dass die Kon- t~aktion stets die Systole iiberdauert und meist auch die ganze l)i.t~tole einnimmt, so' werden wir Ho ffm a n n ' s Erkliirung nicht Zustimmen kSnnen, die auf einer Verwechslung yon Systole und Kontraktion beruht.

Der Einfluss des Sehlagvolumens auf das Arbeitsdiagramm.

Die in Fig. 3 der Tachogrammarbeit ~~ abgebildeten Druck-und Volumkurven gestatten d ie Konstruktion der zugehi)rigen Arbeits- diagramme. Der Nullpunkt der Volumordinate ist, wie besprochen, ffir jedes dieser Diagramme unbekannt~ ihre gegenseitige Lage jedoeh mit grosser Wahrseheinliehkeit dureh den Umstand bestimmt, dass sieh der Ventrikel trotz wechselnden Sehlagvolumens bei gleichem arteriellen Widerstand immer auf ziemlieh genau dasselbe Maass ent- leertS). Der Irrtum in den Lagebeziehungen der verschiedenen Arbeitsfiachen ist deshalb nur ein geringer. Der Verlauf der Arbeits- diagramme entspricht im wesentlichen durchaus dem geschilderten. Die Kurven (Fig. 2) steigen (rechts) nahezu isemetrisch w~hrend der Anspannungszeit an. Wahrend der Austreibungszeit sind besonders sch0n und deutlich die dem Kurvenverlauf aufgesetzten Eigen- schwingungen des in Beweg~ng gesetzten Systems zu erkennen, am deutlichsten in den Kurven 2--4, etwas weniger ausgesprochen bei I un(t 5. Von dem Momente der AortenklappeI~Sffnung bis zum Druekmaximum sind in der~ einzelnen Kurven ziemlich genau gleich viele Schwingungen erkennbar. Da die Zeit, die diese Phase der

1) A. Hoffmann, Zur Deutuag des Elektrokardiogramms. Pftiiger's Arch; Bd. 133 S. 552. 1910 . . . . .

2) H. Straub~ Das Tachogramm der Herzkammerbasis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 118 S. 214. 1915.

3) HI Straul), Dynamik des Si~ugetierherzens. I. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 1i5 S. 531. 1914.

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 581

Herzrevolution in Anspruch nimmt, dur5h VergrSsserung des Schlag- ~Tolumens nur unbedeutend oder nicht beeinflusst wirdl), werden also in gleichen Zeiten gleich viele Schwingungen ausgefiihrt (bis zur Grenze der Messfehler). Abgrenzung gleicher zeitlicher Intervalle in den Diagrammen best~ttigt dies. Zwei Faktoren beeinflussen die Schwingungszahl, einmal die in Bewegung gesetzte Masse. Da sie durch VergrOsserung des Schlagvolumens offensichtlich wachst, muss dutch , ibre Wirkung die Schwingxmgszahl herabgesetzt werden. Andererseits wird aber der zweite Faktor, die Elastizitgt, dutch Vergr0sserung des Schlagvolumens zunehmen, da die Arterien starker gefallt und gespannt werden. Die Schwingungszahl wird dadurch erhSht werden. Die zwei antagonistischeu Faktoren kompensieren sich offenbar in ihrer Wirkung ziemlicb weitgehend. Dass in Kurve 1 die Ei~'enschwinaungen weniger deutlich hervortreten, er- kliirt sich wohl aus der sehr geringen in Bewegung gesetzten Masse. In Kurve 5 andererseits tri~gt wohl die starke Beanspruchung der Elastizitat des Gefassgebietes durch die starke Fallung dazu bei, die Ausbildung tier Schwingungen zu mildern.

Im zweiten Teile der Austreibuugszeit, der bei sinkendem Drucke verli~uft, verlaufen die Arbeitsdiagramme mit waehsendem Schlagvolumen immer mehr kreisbogenfOrmig, indem sie immer weniger steil in die der Druckachse paraltele Richtung abbiegen. So kommt es, dass der tier Austreibungszeit entsprechende Kurven- anteil bei wachsendem Schlagvolum jeweils den aller bei kleinerem Schlagvolumen gezeichneten Diagramme umschliesst. Nur die bei grSsstem Schlagvolumen gezeichnete Kurve 5 macht eine Ausnahme. Sie biegt steiler nach der Abszisse ab und durchschneidet die anderen Diagramme. Dies ist offenbar kein Zufall, denn auch eine Schar yon Arbeitsdiagrammen, die auf Grund der weniger genauen Volumkurven der Fig. 10 der Arbeit fiber die Dynamik des Saugetierherzens ~) konstruiert wurde, zeigt bei grOsstem Schlagvolumen dieselbe Eigen- tfimlichkeit. Dass sich in dieser Erscheinung eine beginnende mus- kulare Ins'uffizienz dokumentiere, ist wohl kaum anzunehmen.: Viei- mehr sind offenbar, da ~ (lurch die kfinstlichen Kapillaren in tier Zeiteinheit nur beschri~nkte Blutmengen abfliessen k0nnen, die kfinst- lichen Arterien an der Grenze ihres FassungsvermSgens angelangt, wodurch', gerade im spateren verlauf der<Systole, bei maximaler

1 ) ~ . S traub, Dynamlk des Saugetieloherzeng ~ I~l. ' C.

582 H. Straub:

Fallung der Arterien~ der Entleerung grosse Widerstande erwachsea massen.

Vor Schluss der Semilunarklappen zeigen samtliche Diagramme deutlich die geringe Volumzunahme durch Rtickfiuss der zwischen den Klappen liegenden kleinen Blutmassen. Immerhin scheint die zuriickfiiessende Menge mit wachsendem Schlagvolum merkbar zu- zunehmen, vielleicht, weil die Klappen durch den grossen Blutstrom vollstandiger an die Wand ~er Aortenwurzel angelegt und deshalb weniger rasch geschlossen werden.

Nachdem die Kurven eine mehr oder minder lunge Zeit iso- metrisch, parallell der Druckachse, verlaufen sind, 5ffnen sich die Atrioventrikularklappen, die Ftillung beginnt. Die Druckhiihe, bei der die KlappenSffnung erfolgt, hi~ngt yon dem Vorhofdrucke zur Zeit der Kammerstauungswelle ab; sie ist deshalb niedrig bei kleinem, hoch bei grossem Schlagvolumen, entsprechend d~n ver- schiedenen wi~hrend der Kammersystole im u gestauten Blut- massen. Auch der Grad der durch d.as hbfiiessen der Kammer- stauungswelle des Vorhofs bedingten Volumzunahme der Kammer ist bei wechselndem Schlagvolumen entsprechend verschieden, wodurch der Neigungswinkel der Arbeitsdiagramme an dieser Stelle wechselt. Bei den Kurven 2--4 macht sich der Abfiuss der gestauten Blut- massen in einer ziemlich scharfen Eindeliun~ des Diagramms be- merkbar, wahrend des Abfiusses ist die Volumveranderung erheblich, die Druckanderung bescheiden, der Kurvenverlauf ni~hert sich der Abszissenrichtung. Nach Abfiuss der gestauten Welle fallt das Dia- gramm zunachst wieder steiler nach der Abszisse zu ab. In Kurve 1 ist die Delle der Kammerstauungswelle wenig deutlich wegen der ~ sehr geringen aSerhaupt in Frage kommenden Blutmengen. In Kurve 5 sind die zufiiessenden Blutmassen so gross, class der Ein- fluss der Stauungswelle sich weir in die spateren Zeiten der Diastole hineinerstreckt, dass die Welle spat und sehr allmahlich verebbt. Sehr anschaulich lehren die Arbeitsdiagramme, wieviel grSsser die gegea, den erschlaffenden Ventrikel geleistete Fallungsarbeit bei grossem als bei kleinem Schlagvolumen ist, indem die Diagramme immer hi~her oben die Druckordinate, die ~dem kleinsten Volumen zugehSrt, verlassen und sich immer ~weiter yon dieser Ordinate entfernen. An dieser Stelle verlaufen also die Arbeitsdiagramme im Gegensatz zu dem bei der Austreibungszeit Beobachteten so, dass ~]ie hrbeits- flachen der kleineren Schlagvolumina die der griSsseren umschliessen-

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 583

Die Druckkurven des der Fig. 2 zugrunde liegenden Versuchs biegen whhrend des Endes der Diastole u mehr in die horizontale Richtung ab als bei Fig. 1. Daher kommt es, dass die hrbeits- diagramme schliesslich fast vollkommen isotonisch verlaufen. Often- bar ni~hern sich also diese Diagramme mehr der Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels. Dass diese Dehnungskurve die Ten- denz hat, langsam you der Abszisse aufzustelgen, geht vor allem daraus hervor, dass der diastolische Minimaldruck mit wachsendem Schlagvolu- men merkbar, wenn auch nur um geringe Betri~ge ansteigt~). ,.,

Von Interesse ist es, zu erfahren, in welchem Ver- hi~ltnis die vom Ventrikel mit wachsendem Schlagvolum zu bewaltigende Arbeit wi~chst. Da die Kurven im selben Maassstab gezeichnet sind, sind die Werte unter sich ver- gleichbar, wenn auch nicht in absolutem Maass ausdriick- bar. Die Schlagvolumina der Kurven 1--5 wachsen im . . . . . . . . . .

u von 1 : 2,22 : 2,88 : 3,28:4,00. Die yon den Kur- yen umschlossenen Flachen, die das Maass der geleisteten potentiellen Energie dar- stellen, wachsen gleichzeitig im Verhi~ltnis 1 : 2,64 : 3,60 : 4,14 : 5,06, also viel rascher. Das ~ierfache Schlagvolumen verlangt die mehr als tt~nffache potentielle Energie. Auch die kinetische Energie des aus- striimenden Blutes wi~chst rascher als die ausgeworfenen Blutmengen.

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Fig. 2. Kurvenschar yon Arbeitsdiagrammen bei gleichem Widerstand und wechselnd~m

Schlagvolumen.

1) H. S t r a u b , Dynamik des Shugetierherzens. I. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 115 S. 531. 1894. - - H. S t r a u b , Uber den kleinen Kreislauf. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 121 S. 394. 1917.

.~84 H. Straub:

Ihr Ausdruck ist ~'d~nvl2 In dieser Summation w~chst die Masse m 2 ",~

proportional dem 8chlagvolumen. Gleichzeitig w~chst aber, wie das Tachogramm tehrt, auch die Geschwindigkeit v sehr betr~chtlich, da ja der Querschnitt der Ausfluss6ffnung derselbe bleibt. Dass die er- forderte potentielle Energie schneller wiichst als die 8chlagvolumina, riihrt davon her, dass die Austreibungszeit nicht isotonisch verl~tuft. Je mehr sie sich yon isotonischen Arbeitsbedingungen entfernt, desto

CY" raseher w~chst die erforderliche potentielle Ener61e. Die Abweichung yon der isotonischen Ad)eitsleistung h~ingt im wesentlichen yon der Kapazit~t, das heisst derDehnungskurve der Oef~sse ab. Je weniger nachgiebig diese sind, desto rascher muss die Arbeit bei zunehmendem Sehlagvolumen wachsen. Diese Feststellung ist yon Interesse ft~r die Dynamik des linken Ventrikels bei Arteriosklerose.

Der Einfluss des Widerstandes auf alas Arbeitsdiagramm.

Arbeitsdiagramme bei versehiedenen Widerstfinden liessen sich konstruieren auf Grund der Druek- und Volumkurven der Fig. r der Tachogrammarbeitl). Die Unkenntnis bezt~giich der Integrations- konstanten maeht sich bei dieser Konstruktion insofern stSrend be- merkbar, als die verschiedenen Arbeitsdiagramme parallel der Volum- achse beliebig verschoben werden kOnnen. Die so sehr wi;mschens- werte Konstruktion yon Dehnungskurven der Maxima und Minima gelingt auf diesem Wege deshalb nicht. Doeh ist auch der Vergleieh tier Arbeitsfliiehen an sich yon Interesse. In Fig. 3 sind die Arbeits- fl~tehen angegeben, die den Kurven 1, 3, 4 und 5 der genannten Fig. 4 der friiheren Arbeit entspreehen. Die Kurve 2 blieb wegen tier bestehenden Mitralinsuffizienz unberileksichtigt.

Der auf der reehten Seite tier Diagramme ansteigende Anteil tier Anspannungszeit weist besonders bei der bi)ehsten Kurve sehr deut]ich eine doppelte Seh~wingung auf, (lie das Wi~lerspiel der an glen Atrioventrikularklappen wiihrend der Anspannungszeit wirksamen Kr~ifte besonders hiibsch illustriert. Die Eigensehwingungen der Austreibungszeit sind nut bei der kleinsten Kurve 1 undeutlich, bei allen anderen ausgesprochen. D e r Beginn tier F~llung zeichnet sich bei Kurve I durch eine sehr allmahliehe Entfernung yon der iso-

::I).H. S t r a u b , Das Tachogramm tier Herzkammerb~sis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 118 S. 214. 1915.

Das Arbeitsdiagramm des Shugetierherzens. 585

�9 metrischen Verlaufsrichtung aus. Wissen wir doch, dass bei geringem arteriellem Widerstand der Vorhofdruck sehr niedrig ist. Desto mehr inacht sich in dieser Kurve die Wir, kung der Vorhofsystole geltend, die sogar zu einem deutlichen Ansteigen des Kammerdruckes in sp~ten Phasen der F~llungszeit filhrt. In den Kurven 3, 4 und 5

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Fig. 3. ~ Kurvensch~r yon Arbeitsdi~tgrammen bei steigendem Widerstand.

Vritt die ..Wirkung der Ka,,mnerstauungswelle hervor in einer miner aasgesprocheneren Knickun~ des Diagramms aus der isometdschen u heraus. I~ Kurve 4 und 5 entstehen dadurch fast Wihl~lige>,~Eihbiegungen am Anfang und Ende der Kammerstauungs-

e l l : Die '.u macht sich in allen Kurven .d~rch eine 2we~~e--.Eindellung mehr odor weniger deutlich' erkennbar. En t -

586 H. Straub:

sprechend der Verbreiterung der Druckkurven mit wachsendem Wider- stand ist der Kontraktionsrtickstand bei den Kui:ven 3--5 am Ende

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tier Diastole noch ein sehr erheblicher, die Arbeitsdiagramme sind noch weit entfernt yon einem isotonischen, geschweige denn yon einem~ der Dehnungskurve des ruhenden Muskels entsprechenden langsam ansteigenden Verlauf. Die Minima liegen also hoch tiber der Dehnungskurve'des ruhenden Herzmuskels.

Der Einfluss des Widerstandes auf die zu leistende Arbeit ist im vorliegenden Yersuch nicht ganz eindeutig bestimmbar, well" mit wachsendem Widerstand die Koronarzirkulation und damit alas ge- samte Schlagvolumen ~emlich stark gewachsen ist. Die kinetische Energie (III. Summand der Arbeitsgleichung) darfals einigermaassen un- veri~ndert angesprochen werden, da trotzdem weder die Masse, noch, nach Ausweis des Tachogramms, die Geschwindigkeit in der Aortenwurzel erheblich gei~ndert wird. Die maximalen systolischen Druckwerte der vier Kurven sind 89, 158, 175 und 205 mm Hg., die Arbeitsfliichen verhalten sich wie 1:2,51:3~22:4,27. Zieht man aber in Betracht, dass die Sehlagvolumina sich verhalten wie 1 : 1,37 : 1~57 : 1,77, so wird man einen grossen Teil der Mehrarbeit dutch die Vergrfsserung der Schlagvolumina erklaren miissen. Man kommt dann zu der An- schauung, dass die zu leistende Arbeit annlihernd proportional den maximalen systolischen Druekwerten gewachsen ist, eher etwas langsamer als die Druckwerte. Den Grund lehrt uns Fig. 3. Die Integrale der Systole, das heisst die yon dem systolischen Anteil des Arbeitsdiagramms, den dem maximalen und minimalen Volum zu- gehi~rigen Druckordinaten und der Abszisse begrenzten Flachen, wachsen ziemlich genau proportional den Druckmaxima. Von diesem Integral sind jedoch die mit negativem Vorzeichen versehenen Sum- manden der Arbeitsgleichung abzuziehen, welche die wi~hrend tier Diastole gegen den Ventrikel geleistete Arbeit repri~sentieren. Die durch diese Arbeit dem Ventrikel zugeftihrte Energie wachst mit wachsendem Widerstand wegen der Erhi~hung der Anfangsspannung. Ihr geometrischer Ausdruck ist die Fli~che, die yon dem diastolischen Anteil des Arbeitsdiagramms einerseits, den dem maximalen und mini- malen Volum zugehOrigen Druckordinaten und der Abszisse anderer- seits begrenzt wird. Wenn also die Arbeit eher langsamer Wgtchst als die Druckmaxima 9 so liegt dies daran~ dass der Subtrahent eher etwas rascher wachst als die Druckwerte. Ob dies eintrifft~ hangt offenbar yore Verlauf der Dehnun~skurven und yore Grade des Kon-

Das Arbeitsdiagramm des Si~ugetierherzens. 587

~traktionsrt~ckstandes ab. Vermehrter Kontraktionsriickstand dureh Verbteiterung der Druckkurve~ die wir bei wachsendem Widerstand ~festgestellt haben; wird offenbar die GrSsse des Subtrahenten in dem besprochenen Sinne beeinfiussen.

Die bier verwendete geometrische Betrachtungsweise zeigt, wie gross tier Fehler bei der fiblichen Arbeitsberechnung des I-Ierzens 4st, bei der der mittlere Druck der Austreibungszeit mit dem Volum multipliziert wird. Diese Berechnung entspricht dem ersten Sum- manden der hrbeitsgleichung und li~sst den Subtrahenten unberfick- sichtigt. Die so berechneten Arbeitswerte fallen far Kurve 1 um etwa 15%, far Kurve 3--5 um 17--18% zu hoch aus.

{~ber die Dehnungskurven der ~Iaxima and .Minima der Zuekung des Herzens im'KreislauL

In den vorangehenden Kapiteln wurde ausgeftihrt, dass die Lage- beziehungen unserer, unter Verwendung der durch Integration des Tachogramms ermittelten u konstruierten Arbeitsdia- gramme wegen Unkenntnis der Integrationskonstante unbekannt sei, ~eil bei der Darstellung der Volumkurven durch Integration der Tachogramme die Integrationskonstante sich um unbekannte Betri~ge andere. Darum war es unmSglich, die Gesetze dieser Lagebeziehun- gen durch Darstellung der Dehnungskurven der Maxima und Minima uu erkennen. Die Schwierigkeit kann fiberwunden werden durch direkte Verzeichnung yon Volumkurven. Leider steht uns bisher keine Methode zu Gebote, die die grossen und raschen Volum- ~chwankungen eines Si~ugetierherzens zugleich mit den Druck- schwankungen in technisch mSglicher Weise zureichend genau ver- :zeichnet. Die Seifenblasenmethode 1) li~sst sich se, hr schwer bei gMchzeitiger Druckregistrierung anwenden, auch stSrt die Ver- gi~nglichkeit des Materials. Uber die Lage ausgezeichneter Punkte ~erschiedener Arbeitsdiagramme im Druck-Volum-Koordinatensystem kOnnen wir uns jedoch eine anni~hernd richtige Vorstellung machen .auf Grund yon Kurven, die mit primitiverer Technik am Russ- kymographion verzeichnet "wurden, wenn diese Kurven Angaben enthalten i~ber den Druckablauf in der Aorta, fiber den Vorhofdruek u n d fiber die Volumschwankungen der Kammern. Da wir den Vor-

1) H. Straub, The diastolic filling of the mammalian heart. Journ. of Physiol. vol. 40 p. 378. 1910.

588 H. S t r a u b :

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Fig. 4. Kurvenschar yon Arbeitsdiagrammen bei steigendem Widerstand, 1--3 bei kraf- tigem Muskel 7 4--7 nach Sch~digung dutch Extrasystolen. - - Konstruktion yon Dehnungs- kurven der Minima (oben, in zehnfach ver- grSssertem Maassstab der Druckordinaten) und tier Maxima. - - Beachte~ dass durch Sch•di- gung des Muskels die Dehnungskurve tier Minima nicht beeinflusst, die der Maxima

gesenkt witS.

bofdruck als einen ann~herm- den Ausdruek des diasto- lischen Minimaldrucks der Kammer ansehen darfen~ kenuen wit die Koordinaten. t'olgender Punkte: des Be- ginns der Anspannungszeit (Koordinaten : diastolisehes. Volum und Vorhofdruck), des Beginns tier Austreibungs- zeit (Koordinaten: diasto. lisches Volum und Aorten- iSffnungsdruek), des Druck- maximums unter der An- nahme, dass um diese Zeit knapp clie H~lfte des Schlag- volums ausgeworfeu ist (Ko- ordinaten: Mittellage dos Volums.zwischen Systole und Diastole, Aortendruckmaxi- mum); schliesslieh gibt das systolische Volum den Ver- lauf des isometrischen Stacks der Versehlusszeit.

Fig. 4 enthNt eine Schar solcher in etwas roher Weise

konstruierter Arbeitsdia- gramme der linken Kammer

bei konstantem Schlagvolu- men und weehselnden Wider- standen. DieDiagramme sind dargestellt auf Grund yon Kurve 3 der Arbeit tiber den kleinen Kreislauf 1). Bei tier Konstruktion ist die Voraus-

. f 1) H. S t r a u b , Uber den

kleiaen Kreislauf. Deutsch. Arch._ f. klin. Med. Bd. 121 S. 394. 1917.

Das Arbeitsdiagramm des Shugetierherzens. 58~

setzung gemacht0 class die verzeichneten Vohtmkurven, da sie das Volum beider Kammern enthalten, jedesmal der Ausdruck des doppelten $chlagvolums sind. Die Schlagvolumiua einer Kammer wurden deshalb als die Halfte der verzeichneten Volum- schwankungen,berechnet, da es sich ja jeweils um stationgtre Kreislaufs* verhhttnisse handelt. Die VergrSsserung des systolischen Rlickstandesl die sich in Verhnderungen des systolischen Volums ausdriickt, wurde da, gegen ausschliesslich auf den linken Ventrikel bezogen, da wir Wissen~ dass durch Widerstandserhi~hung in der Aorta die Dynamik des rechten Herzens nicht erkennbar'beeinflusst wird. Diese Volumveri~nderungen wurden also in ihrem ganzen Betrag far den linken Ventrikel ia Rechnung gesetzt. ,Die auf diesem Wege erhaltenen sieben Arbeits- diagramme entsprechen sieben Abschnitten tier Kurve 3 der frilheren

"Arbeit. Diagramm 1 entspricht dem Abschnitt vor 1, Diagramm 2 - - dem Abschnitt vor 2, Diagramm 3 ~- dem Abschnitt vor 3 usw., Diagramm 7 ~ dem Abschnitt nach 6. Es hatte sich gezeigt, dass die Kurvenabschnitte bis 3 bei tadellos arbeitendem, muskelkri~ftigem Herzen aufg:eschrieben waren, dass aber bei 3 infolge yon Auftreten mehrerer Extrasystolen die Muskelkraft dauernd beeintriichtigt wurde. Dementsprechend sind in Fig. 4 die mit durchgehenden Linien ge- zeichnetea Diagramme i - - 3 yon muskelkrhftigem, die punktiertea Kurven-4--7 yon einem in seiner Muskalatur geschi~digten Herzen' gewonnen.

Man erkennt aus ~ler Ku,rvenschar der Fig. 4, dass der Einfluss der Schi~digung tier Muskulatur im wesentlichen in einer Verschiebung d~s Arbeitsdiagramms parallel der Volumachse sich ausdri~ckt, das,~ also vom Ventrikel fast absotut identische Arbeit geleistet wird, ~ nahezu ausschliesslich unter Verschiebung der Volumeinstellung~ Man vergleiche zu diesem Zweck die Diagramme 1 und 7. Betrachten wit nun den Verlauf der Dehnungskurvea der Maxima und Minima,!:

Die Dehnungskurve der Minima ist eine Kurve, die durch die dem Beginn der Anspannungszeit entspreehenden Punkte der Kurven- schar gelegt wird. Im Vorangehenden wurde ausgefilhrt, class diese Dehnungskurve der Minima der Zuckung des Herzens im Kreislauf mit der Dehnu~gskurve des ruhenden Herzmuskels nicht zusammen:

'fhllt, wenn am Ende der Diastole noch ein Kontraktionsrtickstahd ~ bestehL Da die Druckangaben der in die VorhSfe eingebundenen Wassermanometer zur Konstruktion der.Fig. 4: in Millimeter Queck- silber umgerechnet werden mussten, kommt der Verlauf der Dehnungs-

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kurve bei dem gewi~blten Maassstab nicht sehr deutlich zum Ausdruck. Am oberen Rande der Fig. 4 ist deshalb die Dehnungskurve der Minima bei zehnfach grSsserem Maassstab der Druckordinaten wiedergegeben, wodurch die Beziehungen eindeutiger sichtbar werden. �9 Man erkennt, dass die Dehnungskurve der Minima der Zuckung des Saugetier- herzens im Kreislauf denselben Verlauf hat, den F r a n k als eharakteristisch ft~r die Dehnungskurve der Minima der Zuckung des Froschherzens festgestellt hat1). Die Dehnun~kurve nimmt einen yon der hbszisse zuerst sehr langsam, allm~hlich immer steiler ansteigenden Verlauf. Ftir die Beurteilung der Dynamik des in seiner Muskelkraft gesehi~digten ' Herzens ist es nun yon grOsster Bedeutung, dass die Punkte der Minima nach eingetretener Schi~- digung (Punkt 4 " 7 ) vollkommen genau auf derselben Dehnungskurve liegen ~wie die bei guter Muskelkraft bestimmten Punkte 1--3. Die Ermildung ist also jedenfalls in dem vorliegenden Versuch ohne jeden Einfiuss auf den Grad der Dehnbarkeit wi~hrend der Diastole. Die Dilatation des muskelschwachen Herzens ist also nicht zu beziehen auf vermehrte Dehnbarkeit des diastolischen Herzens. Die geometrisch fassbare Definition des so vielfach missbrauchten Wortes Tonus ist die Dehnungskurve des ruhenden Herzmuskels [F rank : ) ] . Zwar darf aus J(nderungen der Dehnungskurve der Minima des tatigen Herzens wegen der Veriinderlichkeit des Kontraktionsri~ckstandes nicht auf entsprechende J~nderung der Dehnungskurve des ruhenden Herzens geschlossen werden. Konstanz der Minima des tatigen Herzens weist aber mit grosser Wahrscheinlichkeit auf Gleichbleiben der Dehnungs- kurve des ruhenden Herzens bin. Muskelschwiiche des Situgetier- herzens lasst nach dem Gesagten den Tonus des Herzens in dem eben definierten Sinne unbeeinfiusst. Socin a) war auf Grund seiner Versuche zu der Ansicht gekommen, dass bei Schadigung des Herz- muskels durch Chloroform eine vermehrte Dehnbarkeit des Herzens nieht auftrete; doch bemerkt e5 dass bei der gewi~hlten Versuchs-

1) O. F r a n k , Die Wirkung yon Digitalis (Helleborein) auf das Herz. Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. in Mtinchen H. 2 S. 14. 1897. O. F r a n k ~ Die Grundform des arteriellen Pulses. Zeitschr. f. Biol. Bd. 37 8. 483. 1899.

2) O. F r a n k~ Die Wirkung yon Digitalis (Itelleborein) auf alas Herz. Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol. in Mfinchen H. 2 S. 14. 1897.

3) C h. S o cin~ Experimentelle Un~ersnchungen fiber akute Herzschwache. P f l i i g e r ' s Arch. Bd. 160 S. 132. 1914.

Das Arbeitsdiagramm des Shugetierherzens. 591

anordnung der direkte Nachweis einer primiiren Veranderung der Diastole nicht gefi~hrt werden kann. Der direkte Beweis der Richtig- keit far S o c i n ' s hnnahme ist in Fig. 4 zum ersten Male erbracht. Far das Froschherz kam B r u n s 0 zu entgegengesetzten Ergebnissen, da er nach langdauernder isometrischer Arbeit betri~chtliche Ver- mehrung der diastolischen Dehnbarkeit feststellte. Die yon B r u n s an das Herz gestelrten Anforderungen gehen freilich weit aber das hinaus, was im vorliegenden Versuch dem Siiugetierherz zugemutet wurde, wohl auch ~;lber die in der mensehlichen Pathologie in Be- tracht kommenden Anforderungen. Man wird deshalb gut da~an tun, sieh auch iii der mensehlichen Pathologie an die hier flit das Siiugetier- herz gemachten Feststellungen zu halten.

hls Dehnungskurve der Maxima ist in Fig. 4 eine Kurve ein- gezeichnet, welche die dem Druckmaximum entsprechenden Punkte verbindet. Man sieht, dass die Arbeitsdiagramme diese. Kurve tiber- schneiden und sich dem vermutlichen Verlauf der Dehnungskur~e der Maxima der isometrischen Zuekung niihern, welche nahe benachbart der Mantelkurve der Arbeitsr zu denken ist~). Die Dehnungs- kurve d~r Maxima der Zuckung im Kreislauf verliiuft nach der Ab- szisse konkav. Die der Abszisse benachbarten Punkte sind bei unserer u nicht zu bestimmen, weil bei starker Senkung des arteriellen Drucks tier Blutumlauf durch die Kranzgefasse ungent~gend und dadureh der Herzmuskel geschadigt wird. Der Nullpunkt dei Volumachse, d. h. der Punkt vollstiindiger Entleerung wiihrend der Systole, ist zwar unbekannt, doch kann er nicht weiter rechts liegen, als i n Fig. 4 angenommen. Die Richtung de r Dehnungskurven der Maxima scheint die Abszisse rechts yon dem angenommenen Nullpunkt zu sehneiden. Das ist an sich selbstverstiindlich, da mit dem Druck- maximum die Entleerung noch nicht vollendet ist.

Die konstante Wirkung der Schiidigung des Muskels ist nun eine Versehiebung der Dehnungskurve der Maxima nach unten, d. h. eine Sch~digung der Kontraktionskraft. Man vergleiche zum Beispiel die Maxima der Diagramme 2 und 6, die yon fast identischen Anfangs- bedingungen ausgehen. Obgleich die Anfangsbedingungen nech etwas

1) O. B r u n s , Experimentelle Untersachungen fiber die Phiinomene der Herzschwache infolge yon Uberanstrengung. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 113 S. 179. i913.

2) H. S t r aub , Zur Dynamik tier Klappenfehler des linken Herzens. Deutsches Arch. f. klin. Meal. Bd. 121. 1917.

Pflfiger's Archly ffi.r Physiologie. Bd. 169. 39

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zugunsten des Diagramms 6 gestaltet sind (etwas grSssere Anfangs- ft~llung und -spannung)~ liegt doeh das Maximum yon 6 um 18 mm Queeksilber tiefer als das yon 2. Als einzig rationellen objektiven Maassstab der Seh~idigung der Kontraktionskraft mi3chte ich deshalb zwei MSgliehkeiten vorsehlagen: entweder die Senkung des Druek- maximums bei gleichen Anfangsbedingungen oder, wegen leiehterer Bestimmbarkeit, die )[nderung der Anfa~agsbedingungen bei gleichem systolisehen Maximum. Nach dem ersten Maassstab wt~rde man, um ein Beispiel zu w~hlen, die Lagebeziehungen der Punkte 2 und 6 der l)el~aungskurven der Maxima bestimmen, nach dem zweiten Maassstab die der Punkte 1 und 7 der Dehnungskurven tier Minima.

Zusalnmeafassung.

Eine vollstandige Darstellung der Arbeitsbedingungen des S~uge- tierherzens gibt das Arbeitsdiagramm, alas den Druck als Funktioa d e s Volums darstellt. Das Arbeitsdiagramm kann auf Grund der mit zureichenden Mitteln verzeichneten Druckkurve und der durch Integration des ,,Tachogramms der Herzk~tmmerbasis" gewonnenen Volumkurve nach dem Verfahren der deskriptiven Geometrie kon- struiert werden.

Da die u tier beiden Kammern nicbt getrennt ver- zeichnet werden k~nnen, ist die Konstruktion eines Arbeitsdiagramms nur zul~ssig unter station~tren KreislaufsverhMtnissen, unter der an- n~hernd zutreffenden Voraussetzung, dass dann die Volumkurven der beiden Kammern identisch sind.

])as Arbeitsdiagramm weist nahezu isometrisehe Strecken auL die der Anspannungs- und der Verschlusszeit entsprechen. Beide werden mit grosser Geschwindigkeit durchlaufen. Die Austreibungszeit ver- lauft zur Abszisse konkav, gleich weit entfernt yon isometrischen und isot0nischen Arbeitsbedingungen. Die F~llungszeit verlhuft zur Abszisse konvex, nur gegen Schluss sich" isotonischen Bedingungen ann~hernd.

Die Anspannuugszeit w~eicht yon streng isometrischen Arbeits- bedingungen etwas ab dureh das Spiel der Atrioventrikularklappen unter Wirkung des Kammerdrucks~ des Zugs der Papillarmuskeln und der Verengerung des Ansatzrings an der Vorh0fkammergrenze.

Auf die Kurve der Austreibungszeit sind Eigenschwingungen der tragen~ in Bewegung gesetzten Blutmassen aufgesetzt.

Dauer der Systole und Daher der Kontraktion fallen nicht zu-

Das Arbeitsdiagramm des Shugetierherzens. 593

sammen. Vielmehr fiberdauert die Kontraktion regelmi~ssig die Systole. Selbst am Ende der Diastole ist hi~ufig noch ein Kontraktionsriickstand

vorhanden. Wi~hrend der Fiillungszeit wird das Arbeitsdiagramm mit geringer

und immer mehr sinkender Geschwindigkeit durchlaufen. Das Arbeitsdiagramm ist ein vollkommener Ausdruck der

Anderungen der potentiellen Energie des Ventrikels wahrend einer Herzrevolution. Die yore Herzen geleistete Arbeit, soweit durch die- selbe potentielle Energie geschaffen wird, ist dargestellt durch (las Integral des Arbeitsdiagramms, d. h. die vom Arbeitsdiagramm um- grenzte Fliiche.

Wiihrend der Diastole wird entgegen dem nur allmi~hlich e r - . schlaffenden Ventrikel hrbeit geleistet. Der erhebliche Mehraufwarid an Arbeit, die auf diesem Wege geleistet werden muss gegeniiber der Arbeit gegen den vbllig erschlafften Ventrikel (ungefahr Verdoppelung des erforderlichen Arbeitsminimums), dient dazu, die Fi~llung in kurzer Zeit zu ermi)glichen.

Wegen des am Ende der Diastole haufig noch bestehenden Kontraktionsriickstandes fMlt die Dehnungskurve der Minima der Zuckung des Siiugetierherzens in] Kreislauf nicht mit der Dehnungs- kurve des ruhenden Herzens zusammeu. Auf die Bedeutung dieser Tatsache ffir die Bestimmang des Tonus der Herzmuskulatur wird hingewiesen.

Das Bestehen eines Kontraktionsriiekstandes beeinfiusst auch den Verlauf der ni~chsten Systole. Von inotropen Wirkungen eines Ein- griffs zu sprechen, ist erst zuli~ssig, wenn der Einfiuss desselben auf den Kontraktionsrtiekstand untersucht ist.

Die Erkli~rung der T-Zacke des Elektrokardiogramms als Aus- druck der Kontraktion kann nicht zutreffen. Sie griindet sich auf das angebliche zeitliche Zusammenfallen des Endes der T-Zacke mit dem Ende der Systole und beruht auf einer Verwechslung yon Systole und Kontraktion.

Das beschri~nkte FassungsvermSgen des art~riellen Teiles der Blutbahn setzt bei sehr grossem Schlagvolumen dem Ausfiuss des Blutes einen im Verlauf der Systole zunehmenden Widerstand entgegen.

Wegen des vom isotonischen welt entfernten Verlaufs der Aus- treibungszeit des Arbeitsdiagramms wiichst mit zunehmendem Schlag- volumen die hrbeit rascher als die zu fSrdernde Blutmenge. Das Verhiiltnis wird um so ungiinstiger, je starrwandiger die Getiisse sind.

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594 H. S t r a u b: Das Arbeitsdiagramm des Saugetierherzens.

Bei wachsendem Widerstand wi~chst die Arbeit anniihernd pro- portional dem Widerstand, eher sogar etwas langsamer als dieser.

Die Berechnung der Ventrikelarbeit als Produkt des Schlag- volums mit dem mittleren Druck der hustreibungszeit gibt wesentlich, zu hohe Werte, weft die wahrend der Diastole dem Ventrikel er- haltene und zugefahrte Energie abzuziehen ist.

�9 Die Dehnungskurve der Minima des Herzens im Kreislauf stellt eine bogenfSrmig yon der hbszisse erst langsam, dann immer steiler ansteigende Kurve dar.

Die Dehnungskurve der Minima des (durch Extrasyst~

schlidigten Herzmuskels fhllt mit der, des kri~ftigen zusammen. Schfidigung in dieser Form fahrt also nicht zu einem Nachlass des

, W o n u s ".

Die konstante Wirkung der Schadigung des Herzmukeis ist eine

Senkung der Dehnungskurve der Maxima. Einen objektiven Maassstab der Schiidigung der Kontraktionskraft

des Herzmuskels gibt entweder die Senkung des Druckmaximums bei gleichen Anfangsbedingungen oder die :4nderung der Anfangsbe- dingungen bei gleichem systolischem Maximum.

Herr Professor 0 t t o C o h n h e i m aus Hamburg hat uns um Auf- nahme folgender Mitteilung gebeten:

,,Professor Otto Cohnheim~ Vorsteher des physiologischen Institutes am Krankenhaus ~ Hamburg-Eppendorf, wird ktinftig den Familiennamen Kestner fiihren."

Bonn~ 30. I~ovember 1917. D i e R e d a k t i o n .