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ifo Schnelldienst 21/2013 – 66. Jahrgang – 5. November 2013 3 Kinder sind in Deutschland zum Störfak- tor geworden. Sie kosten Geld, schrän- ken die Konsumfreiheit ein und führen zum sozialen Abstieg. Das Single-Dasein wird zum Normalfall, lockere Partnerschaften ersetzen die Ehe, und wenn schon eine Familie gegründet wird, dann müssen die Kinder zunächst einmal warten. Beim ers- ten Kind sind die Mütter im Schnitt 29 Jah- re alt, fünf Jahre älter als vor 40 Jahren, und allzu häufig bleibt es dann dabei. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Mutter liegt zwar seit Jahrzehnten relativ stabil bei etwa zwei Kindern, doch gibt es nicht genug Mütter und Frauen im gebärfähi- gen Alter. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau (Fertilitätsrate) liegt nur bei 1,36 (vgl. Statistisches Bundesamt 2012a). In Westdeutschland war 2008 jede fünfte Frau (22%) im Alter zwischen 40 und 44 Jahren kinderlos, in Ostdeutschland jede zehnte (11%) (vgl. Statistisches Bun- desamt 2012a). Die DINK-Familie ist in Deutschland po- pulär. »Double Income, no kids« ist die De- vise für eine zunehmende Zahl junger Paa- re: Mit zwei Einkommen und keinen Kin- dern lebt es sich besser als mit einem Ein- kommen und drei Kindern. Deutschlands Gesellschaft vergreist. Noch partizipieren die Alten. Heerscharen von Rentnern lassen sich, finanziert vom deutschen Umlagesystem, von Luxusli- nern durch die Weltmeere schaukeln und von Jet-Clippern zu den entlegensten Stränden dieser Erde transportieren. Das wohl großzügigste Rentensystem der ge- samten Welt hat die Deutschen zu Welt- meistern beim Tourismus gemacht und eine atemberaubende Infrastruktur mit Seebädern und Vergnügungsvierteln auf Mallorca, den Kanaren und vielen ande- ren Inseln der Welt geschaffen. Kaum ir- gendwo sonst wird den Aktiven so viel von ihrem Arbeitseinkommen weggenommen, wie es in Deutschland geschieht, um den Alten ein auskömmliches Transfereinkom- men zu sichern. 1 Wenn aber die DINK- Generation selber alt wird, dann wird sie vergebens darauf hoffen, das Rentnerle- ben ihrer Eltern zu kopieren. Dann fehlen die Beitragszahler, die zur Finanzierung der Renten in der Lage wären. Aber es geht mittlerweile nicht nur um per- vertierte Werte, sondern um die Funkti- onsfähigkeit der staatlichen Sozialsyste- me und damit auch um die Funktion des Staatswesens an sich. Die Zahl derer, die in den Genuss des staatlichen Umvertei- lungssystems kommen wollen, wird im- mer größer, und die Gruppe der Beitrags- zahler schrumpft zusehends. Das Ren- tensystem schliddert in die Krise. Die schönen Versprechungen der Politiker und Verbandsvertreter, die auf die Demo- die Ursachen und die Politikimplikationen* Hans-Werner Sinn Das demographische Defizit – die Fakten, die Folgen, Deutschland altert schneller als fast alle Länder dieser Welt und hat weniger Neugeborene in Re- lation zu seiner Bevölkerung als jedes andere entwickelte Land dieser Erde. Dieser Aufsatz be- schreibt die demographischen Fakten und analysiert die Folgen für das Rentensystem und die Dy- namik unseres Landes. Aber er bleibt bei diesen traditionellen Analysefeldern nicht stehen, son- dern untersucht auch die ökonomischen Ursachen der Kinderlosigkeit der Deutschen, zu denen in vorderster Front das Rentensystem selbst zu zählen ist. Die Rentenversicherung hat den Men- schen die Verantwortung für ihr Einkommen im Alter genommen und damit die Kinderlosigkeit der Deutschen maßgeblich mitverursacht. Zur Korrektur der Fehlentwicklung wird empfohlen, von der Kinderzahl abhängige Rentenansprüche einzuführen. Personen, die kein Geld für die Kinder- erziehung ausgeben, weil sie keine haben, sollten das eingesparte Geld anlegen, anstatt es zu verbrauchen. * Bei diesem Beitrag handelt es sich um die aktua- lisierte Fassung eines älteren, gleichnamigen Auf- satzes des Verfassers, vgl. Sinn (2003). Der Ver- fasser dankt Martin Werding und Wolfgang Meis- ter für Kommentare sowie Anita Fichtl und Anja Rohwer für die Mithilfe bei der Aktualisierung. 1 Der Beitragssatz (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- anteil zusammengenommen) zur Rentenversiche- rung lag in Deutschland im Jahr 2012 bei 19,6% des Bruttoarbeitslohns. In vergleichbaren Syste- men gibt die OECD für das Jahr 2012 folgende Beitragssätze an: Belgien 16,36%; Frankreich 19,65%; Japan 16,77% (ab September 2012); Ka- nada 9,9%; Österreich 22,8%; Schweiz 10,3%; USA 11,85% (vgl. OECD 2013a).

Das demographische Defizit – die Fakten, die Folgen, die ... · vise für eine zunehmende Zahl junger Paa-re: Mit zwei Einkommen und keinen Kin- dern lebt es sich besser als mit

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i fo Schne l ld ienst 21/2013 – 66. Jahrgang – 5. November 2013

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Kinder sind in Deutschland zum Störfak-tor geworden. Sie kosten Geld, schrän-ken die Konsumfreiheit ein und führen zumsozialen Abstieg. Das Single-Dasein wirdzum Normalfall, lockere Partnerschaftenersetzen die Ehe, und wenn schon eineFamilie gegründet wird, dann müssen dieKinder zunächst einmal warten. Beim ers-ten Kind sind die Mütter im Schnitt 29 Jah-re alt, fünf Jahre älter als vor 40 Jahren,und allzu häufig bleibt es dann dabei. Diedurchschnittliche Kinderzahl pro Mutterliegt zwar seit Jahrzehnten relativ stabilbei etwa zwei Kindern, doch gibt es nichtgenug Mütter und Frauen im gebärfähi-gen Alter. Die durchschnittliche Kinderzahlpro Frau (Fertilitätsrate) liegt nur bei 1,36(vgl. Statistisches Bundesamt 2012a). InWestdeutschland war 2008 jede fünfteFrau (22%) im Alter zwischen 40 und44 Jahren kinderlos, in Ostdeutschlandjede zehnte (11%) (vgl. Statistisches Bun-desamt 2012a).

Die DINK-Familie ist in Deutschland po-pulär. »Double Income, no kids« ist die De-vise für eine zunehmende Zahl junger Paa-re: Mit zwei Einkommen und keinen Kin-dern lebt es sich besser als mit einem Ein-kommen und drei Kindern. DeutschlandsGesellschaft vergreist.

Noch partizipieren die Alten. Heerscharenvon Rentnern lassen sich, finanziert vomdeutschen Umlagesystem, von Luxusli-

nern durch die Weltmeere schaukeln undvon Jet-Clippern zu den entlegenstenStränden dieser Erde transportieren. Daswohl großzügigste Rentensystem der ge-samten Welt hat die Deutschen zu Welt-meistern beim Tourismus gemacht undeine atemberaubende Infrastruktur mitSeebädern und Vergnügungsvierteln aufMallorca, den Kanaren und vielen ande-ren Inseln der Welt geschaffen. Kaum ir-gendwo sonst wird den Aktiven so viel vonihrem Arbeitseinkommen weggenommen,wie es in Deutschland geschieht, um denAlten ein auskömmliches Transfereinkom-men zu sichern.1 Wenn aber die DINK-Generation selber alt wird, dann wird sievergebens darauf hoffen, das Rentnerle-ben ihrer Eltern zu kopieren. Dann fehlendie Beitragszahler, die zur Finanzierungder Renten in der Lage wären.

Aber es geht mittlerweile nicht nur um per-vertierte Werte, sondern um die Funkti-onsfähigkeit der staatlichen Sozialsyste-me und damit auch um die Funktion desStaatswesens an sich. Die Zahl derer, diein den Genuss des staatlichen Umvertei-lungssystems kommen wollen, wird im-mer größer, und die Gruppe der Beitrags-zahler schrumpft zusehends. Das Ren-tensystem schliddert in die Krise. Dieschönen Versprechungen der Politikerund Verbandsvertreter, die auf die Demo-

die Ursachen und die Politikimplikationen*

Hans-Werner Sinn

Das demographische Defizit – die Fakten, die Folgen,

Deutschland altert schneller als fast alle Länder dieser Welt und hat weniger Neugeborene in Re-

lation zu seiner Bevölkerung als jedes andere entwickelte Land dieser Erde. Dieser Aufsatz be-

schreibt die demographischen Fakten und analysiert die Folgen für das Rentensystem und die Dy-

namik unseres Landes. Aber er bleibt bei diesen traditionellen Analysefeldern nicht stehen, son-

dern untersucht auch die ökonomischen Ursachen der Kinderlosigkeit der Deutschen, zu denen

in vorderster Front das Rentensystem selbst zu zählen ist. Die Rentenversicherung hat den Men-

schen die Verantwortung für ihr Einkommen im Alter genommen und damit die Kinderlosigkeit der

Deutschen maßgeblich mitverursacht. Zur Korrektur der Fehlentwicklung wird empfohlen, von

der Kinderzahl abhängige Rentenansprüche einzuführen. Personen, die kein Geld für die Kinder-

erziehung ausgeben, weil sie keine haben, sollten das eingesparte Geld anlegen, anstatt es zu

verbrauchen.

* Bei diesem Beitrag handelt es sich um die aktua-lisierte Fassung eines älteren, gleichnamigen Auf-satzes des Verfassers, vgl. Sinn (2003). Der Ver-fasser dankt Martin Werding und Wolfgang Meis-ter für Kommentare sowie Anita Fichtl und AnjaRohwer für die Mithilfe bei der Aktualisierung.

1 Der Beitragssatz (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-anteil zusammengenommen) zur Rentenversiche-rung lag in Deutschland im Jahr 2012 bei 19,6%des Bruttoarbeitslohns. In vergleichbaren Syste-men gibt die OECD für das Jahr 2012 folgendeBeitragssätze an: Belgien 16,36%; Frankreich19,65%; Japan 16,77% (ab September 2012); Ka-nada 9,9%; Österreich 22,8%; Schweiz 10,3%;USA 11,85% (vgl. OECD 2013a).

Das demographische Defizit

graphen nicht hören wollten, entpuppensich als Luftblasen. Unlösbare Vertei-lungskämpfe zwischen den Alten und denJungen drohen, das politische Systemder Bundesrepublik Deutschland zu er-schüttern. Unglücklicherweise werdendiese Verteilungskämpfe zu einer Zeit aus-brechen, zu denen die Lasten aus denfaul werdenden Euro-Rettungskreditenebenfalls auf die Staatsbudgets zurück-fallen.

Dieser Beitrag will aufrütteln, mahnen undmithelfen, einen Politikwechsel herbeizu-führen. Er trägt die wichtigsten Fakten zurdemographischen Krise Deutschlandszusammen, zeigt die Folgen dieser Kriseauf und versucht, ihre Ursachen zu er-gründen. Aus der Ursachenanalyse ergeben sich Implika-tionen für gesellschafts- und wirtschaftspolitische Maßnah-men, die das Schlimmste vielleicht noch verhindern kön-nen und langfristig wieder eine ausgeglichenere Bevölke-rungsstruktur herbeiführen werden.

Die Fakten

Die Alterung der deutschen Bevölkerung wird durch Abbil-dung 1 verdeutlicht, in der die Entwicklung des Medianal-ters der Deutschen dargestellt ist, also jenes Alters, dasdie Bevölkerung in zwei gleich große Gruppen von älterenund jüngeren Personen teilt. Man sieht, dass dieses Me-dianalter noch etwa bis zum Jahr 1975 bei 35 Jahren lag,doch inzwischen bei 45 Jahren liegt. In den kommendenJahren bis 2035 wird das Medianalter nach einer UN-Prog-nose noch auf 50 ansteigen und sich dann bei diesem Werteinpendeln.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland, wie Tabel-le 1 verdeutlicht, derzeit hinter Japan an zweiter Stelle, wasdas Medianalter betrifft. Nach den Vorausberechnungen derUN wird Deutschland im Jahr 2035 an fünfter Stelle liegenund wird auch noch im Jahr 2100 zu den 15 ältesten Völ-kern der Erde gehören.

Was ist die Ursache für das hohe und weiter zunehmendeDurchschnittsalter der Deutschen? Leben wir länger als an-dere? Ist es das bessere Gesundheitssystem oder vielleichtdas Rentenversicherungssystem selbst, das die Deutschenso alt werden lässt, und wächst deshalb die Zahl der Deut-schen? Die Antwort ist ein klares Nein.

Einerseits ist nämlich, wie Tabelle 2 verdeutlicht, die Lebens-erwartung, also das durchschnittliche Sterbealter, der Deut-schen im internationalen Vergleich keineswegs auffällig hoch.

Im Gegenteil, die deutsche Lebenserwartung liegt mit80,7 Jahren derzeit hinter den Werten der meisten westeu-ropäischen Länder und gerade einmal leicht über dem Durch-schnitt aller EU-27-Länder, der bei 80,2 Jahren angesiedeltist.

Andererseits schrumpft ja die deutsche Bevölkerung nachallen Projektionen, die verfügbar sind. Abbildung 2 zeigt ei-ne solche Projektion des Bevölkerungsbestandes. Obwohleine jährliche Nettozuwanderung von 200 000 Personen un-terstellt wird, geht die in Deutschland ansässige Bevölke-rung, die im Jahr 2008 bei 82 Millionen lag, nach dieserProjektion bis zum Jahr 2060 um 12 Millionen auf knapp un-ter 70 Millionen Personen zurück. Die Zahl der Deutschenselbst, ohne die Einbürgerungen gerechnet, wird in dieserZeitspanne um schätzungsweise 20 Millionen abnehmen.Nur die Zahl der Rentner wird absolut und relativ steigen.

Die wahre Ursache der im internationalen Vergleich beson-ders raschen Alterung des deutschen Volkes ist die Ver-ringerung der Zahl der Geburten. Wie Abbildungen 3 und 4

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Quelle: United Nations (2013), Medium-fertility variant.

in Jahren

Medianalter der Deutschen, 1950–2100

Erläuterung: Das Medianalter teilt die Bevölkerung nach dem Alter in zwei gleich große Gruppen.

Abb. 1

Tab. 1 Wer ist der Älteste? (2010)

Land Medianalter 1. Japan 44,9 2. Deutschland 44,3 3. Italien 43,3 4. Bulgarien 42,4 5. Finnland 42,0 6. Kroatien 41,9 7. Österreich 41,8 8. Griechenland 41,8 9. Schweiz 41,6

10. Slowenien 41,5

Quelle: United Nations (2013).

Das demographische Defizit

zeigen, liegt die Fertilität der Deutschen ziemlich am Endeder internationalen Rangskala. Unter den OECD-Ländernhaben nur Portugal, Polen, Südkorea und Ungarn niedri-gere Fertilitätsziffern. Zwar ist der Trend der Fertilitätsratenin allen Ländern nach unten gerichtet, doch liegt Deutsch-land seit etwa 1970 am unteren Rand des Spektrums derländerspezifischen Kurven. Bemerkenswert ist der Um-

stand, dass Frankreich, ein benachbartes Land, das auf ei-nem ganz ähnlichen Entwicklungsniveau wie Deutschlandangesiedelt ist, eine deutlich höhere Geburtenrate aufweist.Zu den möglichen Ursachen wird weiter unten noch Stel-lung genommen.

Abbildung 4 zeigt neben der Rangordnung der Länder nachder aktuellen Fertilitätsrate auch noch jene nach der Zahl derNeugeborenen in Relation zur Bevölkerung. Man sieht, dassDeutschland nach dieser zweiten Rangordnung ganz amEnde der internationalen Geburtenstatistik steht. Kein ent-wickeltes Land der Erde hat so wenig Neugeborene in Re-lation zu seiner Bevölkerungsgröße wie Deutschland, unddies, obwohl bereits bei 23% der Neugeborenen mindes-tens ein Elternteil aus dem Ausland stammt.2 Der verhee-rende Platz in der Geburtenstatistik kommt dadurch zustan-de, dass Deutschlands Frauen nur noch wenige Kinder ha-ben und dass Deutschland über wenige Frauen im gebär-fähigen Alter verfügt, weil die Fertilitätsrate hierzulande, wieAbbildung 3 zeigt, schon früher zurück ging als in den meis-ten anderen Ländern. Schon in den 1970er Jahren entstanddas Problem, weil schon damals die Geburtenraten einbra-chen. Die Frauen, die damals nicht geboren wurden, kön-nen natürlich heute keine Kinder haben. Zwei problemati-sche Effekte kommen zusammen und machen Deutschlandzum Schlusslicht weltweit.

Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dassDeutschland noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts unterallen Ländern, die heute zu den OECD-Ländern zählen, diedritthöchste Fertilität aufwies. Abbildung 5 zeigt den drama-tischen Rückgang der Fertilität in den letzten 140 Jahren.

Das 19. Jahrhundert war eine Periode, in der die deutscheBevölkerung geradezu explodierte. Deutschland überflügel-te bei der Einwohnerzahl in dieser Periode Frankreich, des-sen Bevölkerungspyramide wegen extrem niedriger Ge-burtenraten zu einer Urnenform degeneriert war. Das führ-te zu Friktionen im Machtgefüge der europäischen Länder,die schließlich im ersten Weltkrieg gipfelten. Zugleich verur-sachte der deutsche Geburtenüberschuss eine Massenaus-wanderung in die USA, so dass die Deutschen dort vor denBriten zur weitaus größten Bevölkerungsgruppe wurden,was sie bis zum heutigen Tage geblieben sind (vgl. U.S. Cen-sus Bureau 2010, Tab. B04006). Das alles ist lange vorbei.Deutschland ist in einer Zeitspanne von 150 Jahren im Hin-blick auf die internationale Rangskala der Fertilitätsziffernvom einen zum anderen Extrem übergegangen.

Wie dramatisch die demographische Trendwende verlief,wird durch einen Vergleich der Alterspyramiden der Jahre1875 und 2010 deutlich, wie er in Abbildung 6 dargestellt

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Tab. 2 Lebenserwartung bei Geburt im Jahr 2011 in Jahren

EU 27 Spanien 82,3 Italien 82,1 Malta 82,0 Schweden 81,8 Frankreich 81,7 Niederlande 81,2 Österreich 81,0 Luxemburg 81,0 Großbritannien 80,8 Griechenland 80,7 Deutschland 80,7 Portugal 80,7 Irland 80,5 Belgien 80,5 Finnland 80,5 Slowenien 80,0 Dänemark 79,8 Zypern 79,6 Tschechien 77,9 Polen 76,7 Estland 76,1 Slowakei 76,0 Ungarn 74,9 Rumänien 74,5 Bulgarien 74,2 Lettland 73,6 Litauen 73,6 EU 27 80,2 Japan 82,6 USA 78,6 China 73,5 Russland 69,0 Afrika Ägypten 73,2 Kenia 57,1 Liberia 56,7 Sierra Leone 47,8 Welt 69,9 Erläuterung: Die Lebenserwartung des Jahres 2011 gibt an, wie viele Jahre eine in diesem Jahr geborene Ko-horte an Neugeborenen durchschnittlich leben würde, wenn die altersspezifischen Todesfallraten des Jahres 2011 für das gesamte Leben dieser Kohorte gelten würden.

Quelle: Weltbank (2013); Bezeichnung des Indikators: Life expectancy at birth, total (years).

2 2011 wurden insgesamt 662 685 Kinder in Deutschland lebend geboren,wovon 154 537 Kinder mindestens ein ausländisches Elternteil hatten(vgl. Statistisches Bundesamt (2013f).

Das demographische Defizit

wird. Man sieht, dass aus der Pyramide eine Art Tannen-baum geworden ist, dessen dicke untere Äste bei einem Le-bensalter knapp unter 50 Jahren liegen. Im Jahr 2010 lagdie am dichtesten besetzte Altersklasse der 1964 Gebore-nen bereits bei 46 Jahren. Im Jahr 2014 wird sie bei 50 Jah-ren liegen. Die Kohorten in diesem Bereich erzeugen der-zeit den Rest an wirtschaftlicher Dynamik, der in Deutsch-land noch anzutreffen ist, und sie zahlen die Renten. In 15 bis20 Jahren werden diese Kohorten in Rente sein, ohne dassihnen andere Kohorten nachfolgen, die dann die Alterslas-ten tragen können. Das ist das Problem.

Abbildung 7 zeigt einen internationalen Vergleich einer wich-tigen Kennziffer der Alterspyramide, nämlich des sogenann-ten Altenquotienten. Der Altenquotient misst hier die Zahl

der über 64-Jährigen je 100 Menschen imAlter von 15 bis 64 Jahren. Die dargestell-ten Kurven bieten einen Ländervergleich von1950 bis 2100. Man sieht, dass der Alten-quotient in allen verglichenen Ländern deut-lich ansteigt, dass aber Japan, Deutschlandund Italien bis 2050 sowohl beim Anstiegs-winkel als auch beim Niveau des Altenquo-tienten Extrempositionen einnehmen. Sievergreisen wegen ihrer Kinderarmut geradein den nächsten 40 Jahren schneller als al-le anderen großen Länder. Japans Gesell-schaft wird dabei unter allen G-7-Ländernam stärksten altern, gefolgt von Italien undDeutschland. Die anderen vier G-7-Staatenwerden auch noch 2050 Altenquotienten-werte deutlich unter 50 aufweisen. Erst ge-gen Ende des Jahrhunderts liegen Frank-reich, Großbritannien und Kanada leicht da-rüber; für die USA wird ein Wert von 47,2 imJahr 2100 prognostiziert.

Die Folgen der demographischenKrise

Unter den Folgen der demographischen Kri-se stehen jene für die umlagefinanzierte Ren-tenversicherung im Zentrum, denn mit demAnstieg des Altenquotienten steigt die Zahlder Rentner, die von den jungen, arbeitsfä-higen Menschen versorgt werden müssen,und das bedeutet entweder einen Anstiegdes Beitragssatzes oder eine Senkung desRentenniveaus. Die in Abbildung 7 darge-stellten Berechnungen zeigen für Deutsch-land, dass der Altenquotient innerhalb von150 Jahren auf das Viereinhalbfache anstei-gen wird. Grob gesprochen heißt dies, dassdie deutsche Arbeitsbevölkerung im Jahr

2100 viereinhalb Mal so viele Alte ernähren muss wie im Jahr1950. Vor allem zwischen 2000 und 2035 steigt der Quo-tient besonders stark an. Er steigt in dieser Zeitspanne aufmehr als das Doppelte, von 24,0 auf 55,2, was bedeutet,dass auf jeden Menschen im erwerbsfähigen Alter mehr alsdoppelt so viele Alte kommen, die er ernähren muss.

Die jüngsten Berechnungen des deutschen StatistischenBundesamtes prognostizieren ähnliche Entwicklungen (von27 im Jahr 2000 auf 58 im Jahr 2035, ähnlich wie bei derUNO-Prognose von 24 im Jahr 2000 auf 55,2 im Jahr 2035)und zeigen ebenfalls eine dramatische, krisenhafte Entwick-lung, die bereits um das Jahr 2035 kulminieren wird. Stan-den im Jahr 2000 etwa 27 ältere Menschen 100 Personenim Erwerbsalter gegenüber, werden es 2035 schon 58 sein,

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2008 2020 2030 2040 2050 2060

Quelle: Statistisches Bundesamt (2009).

Veränderung in Mill.

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Erläuterung: Gezeigt ist die Variante 1-W2: Obergrenze der "mittleren" Bevölkerung.(Annahmen: Gleichbleibende Geburtenrate bei 1,4, ansteigende Lebenserwartung, positiver Wanderungs-saldo von jährlich 200 000 ab 2020).

Gesamtbevölkerung

65 und älter

Abb. 2

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1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

Kinderzahl je Frau

Entwicklung der Fertilitätsraten im internationalen Vergleichausgewählte Länder

Polen

Spanien

Schweden

Deutschland

Japan

Italien

Niederlande

Finnland

USA

Frankreich

EU 27

Abb. 3

Erläuterung: Die Fertilitätsrate (zusammengefasste Geburtenziffer) errechnet sich jeweils für ein Kalenderjahraus der Gesamtheit aller altersspezifischen Geburtenziffern der Altersjahrgänge 15 bis 45 bzw. 49. Die TFRist eine zusammengesetzte, hypothetische Kennziffer und gibt an, wie viele Kinder je Frau geboren würden,wenn für deren ganzes Leben die altersspezifischen Geburtenziffern des jeweils betrachteten Kalenderjah-res beibehalten würden. Quelle: Weltbank (2013), Bezeichnung des Indikators: Fertility rate, total (births per woman).

Das demographische Defizit

und dies, obwohl in der zentralen Variante (Variante 1-W2)eine erhebliche Zuwanderung von 200 000 Personen proJahr unterstellt wird (vgl. Statistisches Bundesamt 2009).

Man muss kein formelles Rentenmodell berechnen, um zuerkennen, dass eine solche Verdoppelung bei einer vollkom-menen Schonung der Rentner eine Verdoppelung des Bei-tragssatzes zur Rentenversicherung von etwa 20 auf 40%oder bei einer vollkommenen Schonung der Beitragszahlereine Halbierung der Renten relativ zu den Bruttolöhnen be-deuten wird. Innerhalb dieses Spektrums kann sich die Po-litik einen Punkt aussuchen, aber die fundamentale Verknap-pung der Beitragszahler, ja die krisenhafte Zuspitzung derRentensituation, kann sie nicht verhindern.

Abbildung 8 zeigt das Ergebnis einer Projek-tion der Entwicklung des Beitragssatzes un-ter alternativen Annahmen, wie sie von Mar-tin Werding (2013a) durchgeführt wurde. Da-bei beziehen sich die durchgezogenen Lini-en auf den Fall, dass die aus Steuermittelnfinanzierten Bundeszuschüsse zur Renten-versicherung auf die versicherungsfremdenLeistungen beschränkt bleiben, und die ge-strichelten Linien auf den Fall darüber hinaussteigender Bundeszuschüsse, wie es gesetz-lich vorgesehen ist. Im zweiten Fall steigendie Beitragssätze weniger als im ersten, weilein Teil der Beitragslasten im Steuersystemversteckt wird. Informativer ist insofern dererste Fall, weil er ohne ein solches Versteck-spiel gerechnet ist und die Summe aus denauf die Löhne bezogenen Steuern und denBeiträgen relativ zu den Bruttolöhnen zeigt,die sich bei den alternativen, durch die Re-formen implizit definierten Entwicklungen desRentenniveaus, also der Renten relativ zu denLöhnen, ergibt.

Die verschiedenen Varianten, die gerechnetwurden, zeigen die Implikationen der Refor-men der Jahre 1992, 2001, 2004 und 2007.Mit diesen Reformen wird das Rentenniveausukzessive abgesenkt, um den Anstieg derBeitragssätze abzuschwächen. Alle Refor-men zielen auf die Abfederung der Auswir-kungen des demographischen Wandels.Konkret wurde 1992 von der am Bruttolohnorientierten Rentenanpassung auf eine amNettolohn der Aktiven orientierte Anpassungumgestellt. Dies verhindert, dass die Ren-ten schneller als die Nettolöhne steigen, waswegen der steigenden Sozialversicherungs-beiträge bei der alten Rentenformel der Fallwar. Mit der Rentenreform 2001 wurde einelangfristig angelegte Senkung des Niveausgesetzlicher Renten beschlossen, die durch

die gleichzeitig eingeführte Förderung ergänzender privaterAltersvorsorge (sog. Riester-Rente) außerhalb des gesetzli-chen Rentensystems kompensiert werden sollte. Damit wur-de der Einstieg in eine Teilkapitaldeckung der Alterssiche-rung vollzogen – allerdings leider nur auf freiwilliger Basis.Durch den mit der Rentenreform 2004 in die Rentenformeleingeführten Nachhaltigkeitsfaktor werden die jährlichen Ren-tenanpassungen stärker an dem Verhältnis von Rentenbe-zieher pro Beitragszahler orientiert. Dies führt dazu, dassjährliche Rentenanpassungen künftig tendenziell geringerausfallen. Außerdem wurde die nachgelagerte Besteuerungvon Renten beschlossen. Beitragszahlungen zur gesetzli-chen Rentenversicherung werden mit einer Übergangszeitbis 2025 von der Einkommenssteuer befreit, dafür werden

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1.231.241.301.351.361.361.391.411.421.431.431.451.521.521.561.571.63

1.751.761.831.841.871.881.891.90

1.982.022.032.052.062.10

2.28

19.117.5

16.314.314.1

13.312.912.712.7

12.211.911.8

11.311.111.010.910.810.710.610.410.410.210.210.1

9.59.49.39.29.08.8

8.38.1

UngarnSüdkorea

PolenPortugal

DeutschlandSpanien

JapanItalien

ÖsterreichTschechien

GriechenlandSlowakei

LuxemburgSchweiz

SlowenienEU 27

KanadaDänemark

NiederlandeFinnlandBelgien

AustralienNorwegen

USASchweden

IslandFrankreich

IrlandTürkei

NeuseelandMexiko

MexikoTürkeiIrlandNeuseelandIslandAustralienGroßbritannienFrankreichUSANorwegenBelgienSchwedenSlowakeiFinnlandKanadaLuxemburgNiederlandeSlowenienDänemarkEU 27TschechienSpanienSchweizPolenSüdkoreaGriechenlandÖsterreichPortugalItalienUngarnJapanDeutschland

Fertilitätsrate und Geburten in den OECD-Ländern im Jahr 2011Fertilitätsrate in %Geburten pro Frau

Geburtenpro 1 000 Einwohner

Großbritannien

Abb. 4

Erläuterung: Die Fertilitätsrate errechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus der Gesamtheit aller altersspe-zifischen Geburtenziffern der Altersjahrgänge 15 bis 45 bzw. 49. Die Fertilitätsrate ist eine zusammenge-setzte, hypothetische Kennziffer und gibt an, wie viele Kinder je Frau geboren würden, wenn für deren gan-zes Leben die altersspezifischen Geburtenziffern des jeweils betrachteten Kalenderjahres beibehalten würden. Quelle: Weltbank (2013), Bezeichnung der Indikatoren, links: Fertility rate, total (births per woman), rechts:Birth rate, crude (per 1,000 people).

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5

Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2013), Nachdruck auf Anfrage vom 5. Juni 2013; Darstellung des Autors.

Kinderzahl je Frau

Fertilitätsrate in Deutschland, 1871 bis 2010

1870 1885 1900 1915 1930 1945 1960 1975 1990 2005

Abb. 5

Das demographische Defizit

die gesetzlichen Renten schrittweise bis 2040 in voller Hö-he der Einkommensteuer unterworfen. 2007 schließlich istdie Rente mit 67 beschlossen worden, die eine schrittwei-se Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 im Jahr 2029vorsieht. Eine längere Lebensarbeitszeit soll ebenfalls zu ei-nem besseren Verhältnis zwischen Einzahlern in und Emp-fängern aus der Rentenkasse beitragen (vgl. Bundesminis-terium für Arbeit und Soziales 2013a).

Vor der ersten Rentenreform des Jahres 1992 lag der Bei-tragssatz der Rentenversicherung, wenn man die Arbeitge-ber- und Arbeitnehmerbelastung zusammenrechnet, bei17,7%. Fünf Jahre später war er bereits auf über 20% ge-stiegen. Die durchgezogene rote Kurve zeigt, dass die in-zwischen schon wieder revidierte Reform von 1992 für das

kritische Jahr 2035 eine Beitrags- und Steu-erbelastung von etwa 38% impliziert hätte.Die neuesten Reformen einschließlich der so-genannten Riester-Reform des Jahres 2001und des Rentenversicherungsnachhaltig-keitsgesetzes des Jahres 2004 führen da-zu, dass der kombinierte Beitrags- und Steu-ersatz bis zur Mitte der 2030er Jahre auf 31%steigen wird. Die Rentenreform von 2007,mit der das Renteneintrittsalter von 2012 bis2029 von 65 sukzessive auf 67 angehobenwird, bringt demgegenüber nur noch gering-fügige Änderungen und lässt einen Beitrags-satz von 29% im Jahr 2035 erwarten. Be-rücksichtigt man den steigenden Bundeszu-schuss, so kommt es zwar beim Beitrags-satz zu einem scheinbar nur mäßigen An-stieg der Belastung auf etwa 23% im Jahr2035 (grüne gestrichelte Linie), aber der Bun-deszuschuss muss ja selbst von der Arbeits-bevölkerung finanziert werden. Aus Gründender Vergleichbarkeit, ist hier der äquivalente

Beitragssatz ausgewiesen, der nach Umrechnung der Las-ten des Bundeszuschusses in Lohnanteile entsteht. Knapp30% Gesamtbelastung ist mehr, als der Arbeitsmarkt ver-kraften kann, zumal ja zunehmende Lasten aus der Pflege-versicherung und der Krankenversicherung hinzukommen.Trotzdem sinkt nach dem aktuell geltenden Recht das Ren-tenniveau (netto, vor Steuern), das ohne die Reformen seit1992 bei rund 52% der Löhne (abzüglich Sozialversiche-rungsbeiträge) gelegen hätte, bis 2035 auf knapp 44%.Ohne die Erhöhung des Rentenalters würde es sogar auf42% fallen.3 Für die Rentner wird es eng, und dennoch tra-gen die Arbeitenden eine extrem hohe Belastung.

Die Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversiche-rung ist ein optischer Trick zur Geringrech-nung der Belastung, aber keine Lösung, weilauch ein solcher Zuschuss durch Steuern fi-nanziert werden muss, die von den Arbeiten-den zu entrichten sind. Versuche, neben denLohneinkommen die Kapitaleinkommen zurFinanzierung der Renten (Stichwort: Wert-schöpfungsabgabe) heranzuziehen, werdenscheitern, weil die internationale Kapitalmo-

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Deutsche Alterspyramide zur Zeit Bismarcks und heute

Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2013); Statistisches Bundesamt (2013a).

Deutsches Reich, 1875

Männer

42,7 Millionen

1 000 Personen pro Altersgruppe 1 000 Personen pro Altersgruppe

Deutschland, 2010

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81,8 Millionen

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Abb. 6

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Altenquotient in den G-7-Ländern

Kanada

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USA

Frankreich

Großbritannien

Erläuterung: Der Altenquotient bildet hier das Verhältnis der Personen im Rentenalter von 65 Jahren und älter zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis unter 65 Jahren ab.

Quelle: United Nations (2013), Medium-fertility variant.

Abb. 7

3 Vgl. Werding (2013b). Da die steuerliche Belastung vonRenten (und Löhnen) von der sonstigen Einkommens-situation der jeweiligen Haushalte sowie vom Zeitpunktdes Renteneintritts abhängt, weist die Deutsche Ren-tenversicherung das Nettorentenniveau nur noch »vorSteuern« aus, d.h. allein unter Berücksichtigung vonSozialbeiträgen, die die Rentner und aktiven Versicher-ten entrichten müssen. Nach Steuern fällt das Netto-rentenniveau in der Regel höher aus (1992 lag es bei70%), weil Renten im Durchschnitt niedriger ausfallenund daher effektiv weniger stark besteuert werden alsLöhne.

Das demographische Defizit

bilität die wirksame Besteuerung des Kapitals verhindert.Letztlich wird die Last immer bei den Arbeitenden liegen.

Auch führen Ansätze, die darauf hinauslaufen, die Beam-ten beitragspflichtig zu machen, nicht weiter. Einerseits istder Anteil der Beamten mit nur 6% an der Gesamtzahl derErwerbstätigen viel zu gering, als dass die Einbeziehungder Beamten eine nennenswerte Linderung bringen könn-te, andererseits entsteht insofern ein Gerechtigkeits- undAnreizproblem für die Funktionsfähigkeit des staatlichen Sek-tors, als die Beamtengehälter ja wegen des Umstands, dasskeine Pensionsbeiträge abgezogen wurden, von vornher -ein entsprechend niedriger taxiert sind. Der Wettbewerbauf dem Arbeitsmarkt, an dem sich auch der Staat beteiligthat, hat eine gleichgewichtige Nettolohnstruktur zwischenBeamten und privat Beschäftigten hervorgebracht, die mannicht durcheinander bringen sollte, zumal der öffentliche Sek-tor wegen der in den letzten Jahren gegenüber dem priva-ten Sektor zurückgebliebenen Lohnsteigerung ohnehinschon Schwierigkeiten hat, fähiges Personal zu akquirie-ren. Auf die fehlenden Rentenbeiträge zu verweisen, ist vor-dergründig.

Die wirklichen Lösungsansätze für Deutschlands demogra-phische Krise liegen nicht in immer neuen Einfällen zur Um-verteilung von Einkommen innerhalb einer Generation, son-dern bei der Kapitaldeckung und bei Maßnahmen zur An-hebung der Geburtenraten, doch dazu später mehr.

Die problematischen Folgen der demographischen Krise be-schränken sich nicht auf das Rentensystem. Auch die geis-tige und wirtschaftliche Dynamik Deutschlands wird erlah-

men. Nach einer Untersuchung von Guilfordaus dem Jahr 1967 erreichen Wissenschaft-ler im Durchschnitt aller Disziplinen im Altervon circa 35 Jahren ein Maximum ihrer Leis-tungskraft.4 Schon heute liegen die gebur-tenstärksten Jahrgänge in Deutschland miteinem Lebensalter von etwa 45–50 Jahrendeutlich über diesen Werten. Diese Jahrgän-ge werden Deutschland noch ein paar Jah-re Dynamik bringen, doch nach einem wei-teren Jahrzehnt sind die heute 50-Jährigen60 Jahre alt. Mit 60 reißt man keine Bäumemehr aus, sondern beginnt, sich auf das Aus-scheiden aus dem Erwerbsleben vorzube -reiten.

Manchmal wird vermutet, die altersbedingteVerringerung der Erwerbstätigkeit sei ein Vor-teil für den Arbeitsmarkt, weil so die Arbeits-losenquote gesenkt werden könne. DieseVermutung ist freilich irrig. Sie entspringt auseiner allzu primitiven mechanischen Sicht-weise des Wirtschaftsgeschehens und über-sieht, dass die Alterung nicht nur Arbeitneh-

mer, sondern auch Arbeitgeber aus dem Arbeitsmarkt eli-miniert. Zu beachten ist nämlich, dass neue Unternehmen,die neue Arbeitsplätze schaffen, von jungen Leuten gegrün-det werden. So liegt das Durchschnittsalter der Unterneh-mensgründer in Deutschland bei etwa 38 Jahren.5 Da dieam dichtesten besetzten Altersklassen schon heute älter als45 Jahre sind, ist als Ergebnis einer weiteren Alterung derdeutschen Bevölkerung nicht eine Verminderung der Arbeits-losigkeit, sondern ganz im Gegenteil eine Verschärfung desohnehin schon bestehenden Mangels an Unternehmern undArbeitsplätzen zu erwarten. Dass ein Land von Greisen ei-ne geringere Arbeitslosigkeit als ein Land von jungen, ar-beitsfähigen Menschen aufweisen würde, ist eine absurdeund naive Vorstellung.

Die Alterung der deutschen Bevölkerung wird die Innovati-onskraft des Landes, von der seine internationale Wettbe-werbsfähigkeit maßgeblich abhängt, weiter verringern.Deutschland hat im internationalen Vergleich immer noch ei-ne sehr gute Position bei den Patentanmeldungen, dochist das Wachstum der Zahl der Patentanmeldungen, wie Ab-bildung 9 zeigt, schon seit den 1980er Jahren weit hinterden USA zurückgeblieben, die in dieser Hinsicht eine be-sonders bemerkenswerte Entwicklung hatten. WährendAmerikaner 1980 doppelt so viele Patente in ihrem Heimat-

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in % des Bruttolohns

Beitragssatz in der deutschen Rentenversicherung 1957–2060

Ist-Daten

Senkung des Nettorentenniveaus(Reformen 2001/2004)

Erhöhung des Rentenalters(Reform 2007)

konstantes Nettorentenniveau(Reform 1992)

Abb. 8

Erläuterung: Die Graphik zeigt die rechnerische Entwicklung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenver-sicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) unter verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen (ak-tueller Rechtsstand: »Reform 2007«). Mit durchgezogenen Linien wird gezeigt, wie sich der Beitragssatz je-weils entwickeln würde, wenn die Mittel, die der Rentenversicherung jährlich aus dem Bundeshaushalt zu-fließen, allein der Deckung versicherungsfremder Ausgaben dienen würden. Die gestrichelten Linien zeigendie Entwicklung des Beitragssatzes unter Berücksichtigung der deutlich höheren Bundesmittel nach demaktuell geltenden Rentenrecht; sie entsprechen somit den tatsächlich zu erwartenden Beitragssätzen, wäh-rend die Bundesmittel aus Steuern, anderen öffentlichen Einnahmen oder Kreditaufnahme finanziert werden.

Quelle: Deutsche Rentenversicherung (Ist-Daten), Simulation: Werding (2013a).

4 Guilford (1967, S. 424): »In general, quality of production comes to a ma-ximum during the decade from thirty to forty and then declines. Quantityof production, however, remains at a rather uniform level from thirty to se-venty ….« Vgl. auch Weinert (1997, S. 98); Lehmann (1953).

5 Vgl. Metzger und Ulrich (2013), Altersstruktur der Gründer 2012 (Anteile inProzent): 18–24 Jahre (13,9%), 25–34 Jahre (29,3%), 35–44 Jahre (26,0%),45–54 Jahre (20,1%), 55–64 Jahre (10,6%).

Das demographische Defizit

land anmeldeten wie die Deutschen in dem ihren, sind esheute fünf Mal so viele. Allerdings ist die Zahl der deutschenPatente angesichts der vergleichsweise geringen GrößeDeutschlands immer noch hoch.

Die Investoren nehmen die demographischen Probleme vor-weg und halten sich schon heute zurück. So hatte Deutsch-land, wie Abbildung 10 zeigt, in den letzten zehn Jahren ei-

ne der niedrigsten Nettoinvestitionsquotenunter allen OECD-Ländern.

Deutschland verwandelt sich unter dem Ein-fluss der demographischen Probleme all-mählich in eine Gerontokratie, in der die Al-ten das Sagen haben. Schon heute kann eskeine Partei wagen, gegen die Interessen derRentner zu agieren. Abbildung 11 zeigt, wiesich die strategischen Mehrheiten in derwahlberechtigten deutschen Bevölkerung inden nächsten Jahrzehnten entwickeln wer-den. Die Kurve des Medianalters der Wäh-ler gibt jenes Lebensalter an, das die Grup-pe der nach dem Alter aufgelisteten Wahl-berechtigten in zwei gleich große Gruppenaufspaltet. In der Demokratie kann keine Ent-scheidung gegen die Interessen des Median-

wählers durchgeführt werden, weil sie keine Mehrheiten fän-de, und die Parteien werden ungeachtet ihrer ideologischenVorprägung stets bestrebt sein, Programme zu entwickeln,die den Präferenzen des Medianwählers möglichst nahekommen. Heute ist der deutsche Medianwähler 49 Jahrealt, doch Mitte der 2020er Jahre wird er bereits 53 Jahre altsein. Dies wird eine signifikante Veränderung der Politik er-zwingen.

Die als »Indifferenzalter« bezeichnete Kurve in Abbildung11 bezieht sich auf eine parallele Renten- und Beitragskür-zung, etwa von der Art, wie sie mit der Riester-Reform ver-sucht und auch partiell vorgenommen wurde. Versicherungs-mathematisch gesehen benachteiligt eine solche Reform dieRentner und die älteren Erwerbstätigen, die dem Rentenal-ter bereits nahe sind. Sie entlastet jedoch jüngere Versicher-te, weil die Senkung der Beitragssätze für sie barwertmä-ßig einen größeren Vorteil bedeutet, als die Kürzung ihrereigenen Renten an Nachteilen hervorruft. Das Indifferenzal-ter ist jenes Lebensalter, in dem sich Vor- und Nachteile be-züglich der erwarteten Barwerte rechnerisch gerade aufhe-ben. Liegt das Indifferenzalter über dem Medianalter, dannprofitiert die Mehrheit der Wahlberechtigten von einer Re-form à la Riester. Liegt es darunter, dann profitiert eine Mehr-heit von einer weiteren Ausdehnung des umlagefinanziertenRentensystems, also vom Gegenteil der Riester-Reform.Nach dem in der Abbildung dargestellten Ergebnis ist einestrategische Mehrheit für Rentenreformen vom Riester-Typnur noch bis etwa 2015 gesichert. Danach sind solche Re-formen kaum noch durchsetzbar. Dann kippt das politischeSystem Deutschlands um.

Eine gangbare Gegenmaßnahme wäre, Eltern ein Wahlrechtfür ihre noch unmündigen Kinder einzuräumen. Eltern wür-den ökonomisch betrachtet eine längerfristige Perspektivein ihre Wahlentscheidungen miteinbeziehen. Sie haben inder Regel andere Präferenzen als Nicht-Eltern und denken

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Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt (2010; 2012); U.S. Patent and Trademark Office (2013).

in 1 000

Patentanmeldungen inländischer Herkunft:Ein Vergleich zwischen USA und Deutschland

Deutschland

USA

Abb. 9

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JapanSchweiz

DeutschlandIsrael

DänemarkNiederlande

FinnlandItalien

GroßbritannienBelgien

USAPortugal

SchwedenEurozone

ÖsterreichUngarn

FrankreichSlowakei

IslandNeuseeland

KanadaTschech. Rep.Griechenland

LuxemburgPolen

NorwegenChileIrland

SlowenienAustralien

SpanienMexikoKorea

Estland

Nettoinvestitionsquoten, 2002–2011

Quelle: OECD (2013b); Berechnungen des ifo Instituts.

Erläuterung: Die Nettoinvestitionsquote ist als prozentualer Anteil der gesamtwirtschaftlichen Nettoinvestitionen am Nettoinlandsprodukt definiert.

in % des Nettoinlandsproduktes

Abb. 10

Das demographische Defizit

über ihre eigenen kurzfristigen Zeithorizonte hinaus an dieZukunft ihrer Kinder, Enkel und Urenkel. Dieses Vorgehenwürde die politischen Entscheidungsträger dazu zwingen,die längerfristigen Folgen ihrer Politikmaßnahmen stärkerzu berücksichtigen. Nur so können die Entscheidungen bes-ser werden und belasten uns selbst und unsere Kinderund Kindeskinder nicht in dem Maße, wie es sich derzeitabzeichnet.

Die ökonomischen Ursachen der demographischen Krise

Die demographische Krise Deutschlands ist das Ergebniseines allgemeinen Wandels in den Einstellungen der Men-schen zur Ehe, zu Kindern, zur Rolle der Frau und zu ande-ren Aspekten des Lebens, die ebenfalls Rückwirkungen aufdie Kinderzahl haben. Der Wandel dieser Einstellungen istfreilich nicht gottgegeben und auch nicht nur auf die Zufäl-ligkeiten kulturgeschichtlicher Entwicklungen zurückzufüh-ren, sondern hat großenteils handfeste öko-nomische Ursachen. Der Marxsche Leit-spruch, dass das Sein das Bewusstsein be-stimme, gilt sicherlich auch für den Wandelder Einstellungen zu Kindern und Familie.

Ökonomische Fertilitätsanreize: Der Beitritt des Saarlandes und der neuenBundesländer

Wie stark die Fertilitätsentscheidung von öko-nomischen Anreizen bestimmt wird, zeigt einBlick auf die Geburtenentwicklung in der DDRnach der Einführung eines umfangreichenProgramms zur Erhöhung der Fertilitätsan-reize im Jahr 1972, das von einer Stärkungder Rechte der Mütter am Arbeitsplatz überein breites Angebot an Betreuungseinrich-

tungen für Kinder ab dem Krippenalter undeiner Erhöhung der finanziellen Beihilfen fürjunge Familien bis zur besseren Wohnraum-versorgung für Familien mit Kindern reichte(vgl. Lampert 1976, S. 200–206). Wie Ab-bildung 12 darlegt, hatte dieses Programmeine durchschlagende Wirkung. Während dieFertilitätsentwicklung in West- und Ost-deutschland bis etwa 1972 sehr ähnlich ver-lief, zeigt sich für die DDR nach dem Beginndes Programms ein sehr deutlicher Anstiegder Geburtenrate.

Ein ähnliches Indiz liefert der Beitritt des Saar-lands zur Bundesrepublik Deutschland imJahr 1957, das nach dem Krieg zunächst un-ter französischer Verwaltung stand. Währenddie Geburtenrate des Saarlandes bis zu die-

sem Zeitpunkt auf dem vergleichsweise hohen französischenNiveau lag, fiel sie nach dem Beitritt zur Bundesrepublik deut-lich ab und näherte sich dem bundesrepublikanischen Durch-schnitt in den Folgejahren mehr und mehr an. Abbildung13 zeigt diesen Sachverhalt.6

Die Ursache für diese Entwicklung kann darin gesehen wer-den, dass das umfangreiche französische Förderprogrammfür Familien mit Kindern mit dem Beitritt durch die ver-gleichsweise mageren fiskalischen Anreize ersetzt wor-den war, die der westdeutsche Staat anbot. Auch heuteliegt die Fertilitätsrate französischer Frauen mit 2,03 immernoch weit über der der deutschen Frauen von 1,36 (vgl.Weltbank 2013).

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Wann kippt Deutschland um?

Indifferenzalter

Medianalter

Quelle: Sinn und Übelmesser (2002).

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Quelle: Statistisches Bundesamt (2012c).

%

Fertilitätsraten in Deutschland seit 1950

Beginn der pronatalistischen Familienpolitikin der Ex-DDR v.a. seit 1972

Ex-DDR (einschl. Berlin-Ost)

BRD

Gesamtdeutschland

Abb. 12

6 Angeregt durch die frühere Version dieses Beitrages nutzen Egger undRadulescu (2009) den Beitritt des Saarlands zur BRD 1957, um den Ein-fluss des französischen Systems des Familiensplittings (quotient familial)auf die Fertilität zu quantifizieren. Sie finden, dass der Übergang vom fran-zösischen zum deutschen System zu einem Rückgang der Geburten umein Fünftel führte.

Das demographische Defizit

Es ist übrigens bemerkenswert, dass sowohl die Gebur-tenrate des Saarlands als auch die der neuen Bundeslän-der nach dem Beitritt zur Bundesrepublik zunächst sehrdeutlich unter das bundesrepublikanische Niveau fielen. Dasmag daran gelegen haben, dass der Regimewechsel beiden Betroffenen ein stärkeres Problembewusstsein geschaf-fen und insofern eine besonders starke Änderung des Re-produktionsverhaltens hervorgerufen hat.

Das Beispiel Frankreich

Es ist nicht einfach, die Unterschiede zwischen den För-dersystemen Frankreichs und Deutschlands zu objekti-vieren. Hervorzuheben ist jedoch neben der sehr viel bes-seren Versorgung mit Kindergärten und Kinderkrippen so-wie der Ganztagsschule ganz allgemein der Umstand, dassin Frankreich ein anderes Grundverständnis bezüglich derLeistungsfähigkeit der Familien mit Kindern vorzuliegenscheint. Dieses Grundverständnis hat z.B. dazu geführt,dass die Kinder einer Familie in das Splitting-System derEinkommensteuer (quotient familial7) einbezogen werden,ähnlich wie es in Deutschland bei Ehepartnern der Fall ist.Die in der deutschen Politik vorherrschende Vorstellung ist,dass die steuerliche Leistungsfähigkeit von der Kinder-zahl unabhängig sei und dass der Staat die Kindererzie-hung mit festen, für alle gleichen Geldbeträgen bezuschus-sen solle. In Frankreich herrscht stattdessen die Meinungvor, dass Kinder die steuerliche Leistungsfähigkeit einerFamilie reduzieren und deshalb durch einen Abzug vonFreibeträgen und eine Absenkung der Progression des Ein-kommensteuertarifs Berücksichtigung finden sollten. Dortargumentiert man, das deutsche System sei ungerecht,weil es Familien mit gleicher Leistungsfähigkeit, konkret:gleichem Pro-Kopf-Einkommen, pro Kopf unterschiedlich

stark besteuere, und zwar umso mehr jehöher die Zahl der Kinder sei. Die Unter-schiede hätten zur Folge, dass sich inDeutschland die fiskalischen Anreize, Kin-der in die Welt zu setzen, bei den ärmerenFamilien bis hin in den Bereich der Asozia-lität konzentrierten, während sie in Frank-reich auch bei mittleren und höheren Ein-kommensschichten erheblich seien. Derfranzösische Weg sei insofern vorzuziehen,als er dazu führe, dass Kinder insbeson-dere auch in den sozial intakten Familiender Mittelschicht auf die Welt kommen undgroß gezogen werden. Das führe zu einerbesseren Ausbildung der Kinder und sor-ge beim Erbgang sozusagen automatisch,ohne staatliche Eingriffe, für eine gleich-mäßigere Vermögensverteilung.

Das französische Anreizsystem hilft ein wenig beim erstenKind, dafür aber umso stärker beim zweiten und vor allembeim dritten Kind. Dies könnte einer der Gründe für denmessbaren Erfolg der französischen Familienpolitik sein,denn nach einer Untersuchung von Birg (2003) reagiert dieEntscheidung für das erste Kind viel weniger auf ökonomi-sche Anreize als die Entscheidung für das zweite oder drit-te Kind. Auch ist die Förderung des zweiten und drittenKindes implizit ein Anreiz für die Geburt des ersten Kindes,aber umgekehrt ist natürlich eine Förderung des ersten Kin-des kein Anreiz, das zweite oder dritte Kind zu bekommen.

Berechnungen des ifo Instituts zeigen, dass das erste Kindin Deutschland stärker als in Frankreich gefördert wird, dassaber in Frankreich das zweite und dritte Kind stärker geför-dert werden. Die staatliche Entlastung durch das Kindergeldund durch Steuerersparnisse beim zweiten und dritten Kindist prozentual gesehen deutlich größer als in Deutschland(vgl. Meister und Ochel 2003). Ein französisches Ehepaarmit drei Kindern und einem Einkommensbezieher, der denDurchschnittslohn eines Industriearbeiters bekommt, hat einum 9,1% höheres Familieneinkommen als ein Ehepaar mitzwei Kindern und dem gleichen Bruttoeinkommen. FürDeutschland beträgt der entsprechende Einkommenszu-wachs nur 6,5%. Erzielt auch der zweite Ehepartner ein Ar-beitseinkommen in Höhe von einem Drittel des Durch-schnitts, so beträgt der Zuwachs an Nettoeinkommen fürdas dritte Kind in Frankreich 7,5% und in Deutschland 5,9%.Die Wirkung des Kindersplittings zeigt sich insbesondereauch daran, dass, falls das Arbeitseinkommen des zweitenEhepartners zwei Drittel des Durchschnitts beträgt, die zu-sätzliche Entlastung in Frankreich 7,7%, in Deutschlanddagegen nur noch 4,8% ausmacht. Gerade auch dann,wenn die Ehefrauen berufstätig sind, werden die Familienin Frankreich viel stärker entlastet, wenn sie sich für das drit-te Kind entscheiden, als das in Deutschland der Fall ist. Noch

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Lebendgeborene je 1 000 Einwohner

Geburtenentwicklung im Saarland, in Frankreich und in Deutschland

Deutschland

Frankreich

Saarland

Quelle: Statistisches Bundesamt (2013b); Statistisches Landesamt Saarland (2013); Human Fertility Database (2013).

Abb. 13

7 Bei Verheirateten werden das erste und zweite Kind jeweils mit dem Fak-tor ½, das dritte Kind und alle weiteren Kinder mit dem Faktor 1 bei derSplitting-Formel berücksichtigt.

Das demographische Defizit

deutlich größer sind die Förderunterschiedebei Familien, die über überdurchschnittlicheEinkommen verfügen.

Kinderbetreuung und Ganztagsschulen

Im Vergleich zu Frankreich und anderen Län-dern steht Deutschland auch bei den Sach-leistungen zurück – vor allem bei der Klein-kindbetreuung. Während mittlerweile 89%der dreijährigen Kinder und 96% der vier- undfünfjährigen Kinder in Deutschland einen Kin-dergarten besuchen und damit ähnliche Be-treuungsquoten wie vergleichbare westlicheLänder aufweisen, hinkt Deutschland bei derBetreuung von Kindern unter drei Jahren iminternationalen Vergleich hinterher. Abbildung14 veranschaulicht, dass Deutschland 2010bei der Betreuung unter-dreijähriger Kinderfast 10 Prozentpunkte unter dem OECD-Durchschnitt undauch unter dem EU-Durchschnitt liegt. Neuere Zahlen desStatistischen Bundesamts (Stand: 1. März 2013) in Abbil-dung 15 zeigen zwar einen Anstieg der Betreuungsquotenin den letzten Jahren durch den politisch gewollten Ausbauvon Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen und bei Ta-gesmüttern – von einem bedarfsgerechten Ausbaustandist man allerdings noch ein gutes Stück entfernt.

Ähnlich ist die Situation bei den Ganztagsschulen. Es gibtkaum noch Länder mit Halbtagsschulen, wie sie in Deutsch-land üblich sind. Die Ganztagsschule ist in den meistenOECD-Ländern die Regel. Seit 2003 wird die Ganztagesbe-treuung für Schulkinder8 zwar systematisch ausgebaut, den-noch stand 2009 nur jedem vierten Schulkind ein Ganztags-betreuungsplatz zur Verfügung – deutlich weniger als vonden Eltern gewünscht. Vor allem das bestehende deutscheGrundschulsystem, das Unterrichtszeiten von 8 Uhr mor-gens bis 11:30 Uhr vormittags in den ersten Klassen und14 Wochen Schulferien im Jahr kennt, stellt die Eltern vornahezu unlösbare Herausforderungen.

Wegen der fehlenden Betreuungsangebote für Kleinkinderund Schulkinder werden in Deutschland Frauen vor dieschwierige Entscheidung gestellt, entweder ihren Beruf aus-zuüben oder Kinder groß zu ziehen. Sie müssen sich ent-scheiden. In Frankreich wird die Vereinbarkeit von Familieund Beruf dagegen mustergültig gelöst: Ausreichende Be-treuungsangebote für Kleinkinder, die École maternelle füralle Kinder ab zweieinhalb Jahren und Ganztagsschulenerlauben den französischen Müttern eine Berufstätigkeit, oh-ne dass den Kindern daraus messbare Nachteile erwach-sen. Der weitere Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtun-gen und der Übergang zu Ganztagsschulen würde diesenKonflikt in Deutschland deutlich entschärfen, den Einkom-mensverzicht, der mit der Kindererziehung verbunden ist,verringern und die Geburtenraten erhöhen. Jüngste Berech-nungen des ifo Instituts finden signifikante positive Effekteder öffentlich geförderten Kinderbetreuung für unter-dreijäh-rige Kinder auf die Realisierung von Kinderwünschen. Soführt ein Ausbau der Betreuungsquoten für unter-dreijähri-ge Kinder um 10 Prozentpunkte zu einem Anstieg der Fer-tilitätsrate (Anzahl der Geburten pro Frau im gebärfähigenAlter) von etwa 2,4% im Folgejahr und von etwa 3,5% zwei

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Portugal

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Deutschland

Dänemark

Italien

Belgien

Spanien

Frankreich

3–5 Jahren

unter 3 Jahren

Betreuung von Kindern unter sechs Jahren im internationelen Vergleich, 2010

Quelle: OECD (2013c).

(a) Wert für drei- bis fünfjährige Kinder von 2009.

%

Abb. 14

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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Quelle: Statistisches Bundesamt (2012d; 2013d), Stichtag: 1. März 2013.

Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren in Deutschland

Anteil der Kinder in Kindertagesbetreuung an allen Kindern dieser Altersgruppe in %

Deutschland

alte Länder

neue Länder (einschließlich Berlin)

Abb. 15

8 Ausbau der Ganztagesbetreuung durch offene, teilgebundene oder voll-gebundene Ganztagsschulen.

Das demographische Defizit

Jahre später. Bei der Entscheidung junger Paare, Kinder-wünsche zu realisieren, spielen Kinderbetreuung und die da-durch geschaffene Möglichkeit der besseren Vereinbarkeitvon Familie und Beruf eine nicht zu vernachlässigende Rol-le (vgl. Rainer et al. 2013).

Die Wirkung der Kinderbetreuungseinrichtungen, Kindergär-ten und Ganztagsschulen auf die Kinderhäufigkeit resultiertaus dem Umstand, dass die Frauen ohne diese Einrichtun-gen gezwungen sind, ihre Berufstätigkeit stark zurückzu-nehmen und vor die Alternative Karriere oder Kinder ge-stellt werden, wobei die Entscheidung zunehmend zuguns-ten der Karriere ausfällt. Das Fehlen von entsprechendenBetreuungseinrichtungen für unter-dreijährige Kinder und fürSchulkinder bedeutet einen erheblichen Einkommensver-zicht der Frauen, wenn sie sich für Kinder entscheiden. Die-ser Einkommensverzicht stellt vermutlich den größten Teilder Kosten der Kindererziehung dar und erklärt die interna-tionalen Unterschiede in den Fertilitätsraten vermutlich in ho-hem Umfang.

Die Löhne der Frauen

Dies gilt umso mehr, als die Lohneinkommen der Frauenrelativ zu den Lohneinkommen der Männer in der Nach-kriegszeit erheblich gestiegen sind. Abbildung 16 gibt ei-nen Überblick über die Entwicklung in Deutschland. Mansieht z.B., dass die Gehälter vollzeitbeschäftigter weibli-cher Angestellter, die noch im Jahr 1950 bei 55% der Ge-hälter ihrer männlichen Kollegen lagen, inzwischen auf 80%angestiegen sind. Höhere Löhne für die Frauen bedeutenhöhere Opportunitätskosten für die Kindererziehung, und in-sofern kann in ihnen ein Grund für die im Zeitverlauf sinken-den Geburtenraten gesehen werden. Wie wichtig dieserEffekt für sich genommen ist, ist aber umstritten. Immerhinist es bemerkenswert, dass die Geburtenraten in Frankreichhöher als in Deutschland sind, obwohl dort die Relation von

Frauen- und Männerlöhnen höher als in Deutschland zu seinscheint. Eher ist zu vermuten, dass die gestiegenen Einkom-men der Frauen indirekt wirken, indem sie den Effekt feh-lender Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschu-len verstärken. Je höher die Lohneinkommen der Frauensind, desto größer ist der Anreiz, beim Fehlen solcher Ein-richtungen auf Kinder zu verzichten.

Auch die Rentenversicherung gehört zu den Ursachen

Unter den ökonomischen Ursachen der Kinderlosigkeit derDeutschen ist die Rentenversicherung besonders hervorzu-heben. Die Rentenversicherung leidet nicht nur unter denFolgen der demographischen Krise, sondern hat diese Fol-gen selbst mit hervorgebracht.

Die Rentenversicherung nach dem Umlageverfahren ist ei-ne Versicherung gegen Kinderlosigkeit und die daraus ent-stehende Altersarmut. Auch wenn man selbst keine Kinderhaben kann, muss man im Alter nicht darben, weil man vonden Kindern anderer Leute ernährt wird. Der gegenseitigeVersicherungsschutz ist ein großer Vorteil für alle Beteiligten.Problematisch ist aber, dass diese Versicherung gegen Kin-derlosigkeit die ökonomischen Gründe für den Kinderwunschaus der Familienplanung ausblendet, indem sie die Leis-tungen der Kinder an die vorangehende Generation fast voll-ständig sozialisiert (vgl. Sinn 2004).

Nicht nur in den Entwicklungsländern haben Menschen Kin-der, um sich vor Altersarmut zu schützen. Vor der Einfüh-rung der Rentenversicherung durch Bismarck war es auchin Deutschland üblich, Kinder zu bekommen, um den eige-nen Alterskonsum sicherzustellen. Dieses Motiv entfällt heu-te in Deutschland. Auf eigene Kinder kommt es bei der Ver-sorgung im Alter nicht mehr an. Es reicht, wenn andere Leu-te Kinder in die Welt setzen, die später die Rente zahlen.Ob man selbst Kinder hat oder nicht, die eigene materielle

Versorgung im Alter wird davon kaum be-rührt, und deshalb ist eines der wichtigstenMotive für den Kinderwunsch erloschen.Kaum ein junges Paar verbindet den Kinder-wunsch heute mehr mit der Frage, wie dereigene Lebensabend zu sichern ist. Der feh-lende Zusammenhang zwischen Kinder-wunsch und Rententhema in den Köpfen derMenschen zeigt in aller Deutlichkeit, aufwelch dramatische Weise das staatlicheRentensystem auf die gesellschaftlichen Nor-men Einfluss genommen hat.

Es ist kein Zufall, dass Deutschland, welchesals erstes Land eine umfassende staatlicheRentenversicherung eingeführt hat, heute zuden Ländern mit der niedrigsten Geburten-rate gehört (vgl. Scheubel 2013). Genera-tionen von Deutschen haben seit 1889 die

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Quelle: Statistisches Bundesamt (2013c).

durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst in % des Verdienstes männlicher Beschäftigter

Lohnentwicklunga) vollbeschäftigter Frauen in Westdeutschlandb)

a) Im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich ohne Sonderzahlungen.b) Jeweiliger Gebietsstand: 1950–1959 ohne Saarland und Berlin, 1960–1963 ohne Berlin, 1964–2006 ein-schließlich Berlin-West (bis zum 3. Oktober 1990), ab 2007 einschließlich Berlin.

Abb. 16

Das demographische Defizit

Erfahrung gemacht, dass man auch ohne eigene Kinder imAlter zurechtkommt, und so haben sich auf dem Wege derNachahmung von Generation zu Generation neue Lebens-muster verbreitet, die an die neuen institutionellen Verhält-nisse angepasst sind. Das Single-Dasein ist zu einem at-traktiven Lebensmuster geworden, und die Zahl der jungenPaare, die zumindest vorläufig keine Kinder haben wollenund auch die Heirat noch nicht einplanen, hat dramatischzugenommen.

Früher erwuchs aus der Kinderlosigkeit eine Bedrohungfür das eigene Leben, die es unter allen Umständen zuvermeiden galt. Heute entsteht aus der Kinderlosigkeit einmassiver materieller Vorteil, den immer mehr Menschenfür sich reklamieren. Der neue Golf und der Urlaub auf denMalediven können mit dem Geld finanziert werden, dasbei der Kindererziehung eingespart wurde oder das die Frauhinzuverdienen konnte, weil sie sich statt für Kinder für ei-ne Berufstätigkeit entschied. Gerade auch die untere Mit-telschicht der Gesellschaft, die früher hohe Geburtenratenaufwies, hat in der Kinderlosigkeit einen Weg entdeckt, denmateriellen Aufstieg zu schaffen. Die Bedrohung, die ausder Kinderlosigkeit erwächst, ist zwar auch heute nochgenauso vorhanden wie ehedem, aber sie verlagert sich dif-fus auf das gesamte Gemeinwesen. Deutschland vergreist,die Dynamik des Landes lässt nach, der Sozialstaat gerätin die Krise, und dennoch hat der Einzelne kaum etwasdavon, wenn er seinen Beitrag zur Verhinderung dieser Ent-wicklung leistet.

Der Zusammenhang zwischen Kinderlosigkeit und Renten-versicherung ist unter dem Stichwort »Social Security Hy-pothesis« in der Literatur ausgiebig diskutiert und dokumen-tiert worden. So haben Ehrlich und Chong (1998) sowie Ehr-lich und Kim (2007) in Studien, die 57 Länder umfassten,nachweisen können, dass die Einführung und der Ausbauumlagefinanzierter Rentensysteme im Zeitraum von 1960bis 1992 einen signifikanten negativen Einfluss auf Familien-bildung und Geburtenziffer haben. Ähnliche Resultate fin-den Cigno und Rosati (1996; 1997)9, wobei sie in einer neue-ren Studie aus dem Jahr 2000 speziell auch für Deutsch-land zu eindeutigen, die Hypothese bestätigenden Resul-taten kommen (vgl. Cigno et al. 2000).

Wie groß die fiskalischen Fehlanreize, die über das Ren-tenversicherungssystem laufen, wirklich sind, lässt sich sehrdeutlich ermessen, wenn man einmal fragt, welchen fiska-lischen Beitrag ein neu geborenes Kind, das eine durch-schnittliche Erwerbsbiographie aufweist und selbst wiederfür eigene Nachkommen sorgt, für andere Mitglieder des

Rentensystems leistet. Das Kind wird erwachsen, zahlt dannbis zum eigenen Rentenalter Beiträge und bezieht anschlie-ßend eine Rente, die freilich auf dem Wege der Beitrags-zahlung von den eigenen Nachkommen aufgebracht wird.Nach ifo-Berechnungen10 lag der Barwert des fiskalischenBeitrags eines neu geborenen Kindes für das Rentensys-tem im Jahr 2000 bei 77 600 Euro. Dieser Wert ist der ku-mulierte Saldo, der sich ergibt, wenn man die über dengesamten Lebenszyklus des betrachteten Kindes gezahl-ten Beiträge und die von ihm empfangenen Leistungenberücksichtigt.

Werden zudem die später anfallenden abdiskontierten Ef-fekte aller Kindeskinder mitberücksichtigt, deren Existenzder Geburt des betrachteten Kindes zu verdanken ist, steigtder Barwert sogar auf 139 300 Euro. Dies ist der Beitrag,den allein das gesetzliche Rentensystem zur gesamten fis-kalischen Bilanz des Kindes leistet. Dabei handelt es sichum eine äußerst vorsichtige Schätzung, die die wahren Ver-hältnisse insofern untertreibt, als von einer Konstanz desBeitragssatzes zur Rentenversicherung ausgegangen wird.

Der fiskalische Barwert der Nettobeiträge eines Kindes isteine positive fiskalische Externalität, die Eltern, die sich fürein Kind entscheiden, für andere Gruppen der Gesellschaftaußerhalb ihrer eigenen Nachkommenschaft ausüben. Er isteiner Kindersteuer gleichzusetzen, die der Staat den Elternbei der Geburt ihres Kindes auferlegt, jedoch verbundenmit dem Verlangen einer marktüblichen Verzinsung stun-det, bis das Kind erwachsen ist. Würde der Staat die Wir-kung dieser Steuer durch eine entsprechende Transferleis-tung von 139 300 Euro zum Zeitpunkt der Geburt einesKindes kompensieren, so würden, das wird jedermann auchohne die entsprechenden ökonometrischen Untersuchun-gen einleuchten, sicherlich sehr viel mehr Kinder geboren.

Politikimplikationen

Was sind die Politikimplikationen aus diesen Erkenntnissen?Man kann die staatlichen Politikmaßnahmen, die als Reak-tion auf die demographische Krise diskutiert werden, in pas-sive und aktive Politikmaßnahmen unterteilen. Passive Maß-nahmen versuchen, die Konsequenzen der Krise für diestaatliche Rentenversicherung und den Arbeitsmarkt aufzu-fangen. Aktive Maßnahmen zielen auf die Erhöhung der Ge-burtenraten ab.

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9 Hinsichtlich der Effekte umlagefinanzierter Renten für die private Erspar-nis kommen die Studien allerdings zu unterschiedlichen Resultaten: Wäh-rend Ehrlich und Chong sowie Ehrlich und Kim (1998; 2007) einen nega-tiven Zusammenhang finden, ergibt sich bei Cigno und Rosati (1996; 1997)– bei etwas anderer Spezifikation der relevanten Variablen – ein positiverZusammenhang.

10 Vgl. Sinn (2001) sowie Hofmann und Werding (2005). Die Berechnungenzur fiskalischen Bilanz eines Kindes beziehen sich auf den stilisierten Le-benszyklus eines Kindes, das im Jahr 2000 geboren wurde und in jederrelevanten Hinsicht wie etwa Lebenserwartung, Bildungsbeteiligung, Ein-kommensverlauf als durchschnittlich eingestuft wird. Bei der Berechnungwerden die fiskalischen Konsequenzen aller vom betrachteten Kind zuerwartenden Kindeskinder miteinbezogen. Die Barwerte werden für dasJahr 2000 angegeben und zusammengefasst, als Diskontsatz zur Um-rechnung laufender Werte wird über den gesamten Projektionszeitraumein konstanter Realzins in Hohe von 3,5% p.a. angesetzt.

Das demographische Defizit

Die Erhöhung des Rentenalters

Zu den passiven Maßnahmen zählt die Erhöhung der Alters-grenze für das Rentenalter. Durch die mit der Rentenreform2007 beschlossene sukzessive Erhöhung des Rentenein-trittsalters von 65 auf 67 Jahre bis 2029 müssen die Deut-schen länger arbeiten, um den fehlenden Nachwuchs anjungen Menschen zu kompensieren. So war es schon im-mer in der Geschichte der Menschheit. Wer keine Kinderhatte, die ihn im Alter ernähren, musste weiterarbeiten, solange es ging, und trotz der Kollektivierung der Rentenver-sicherung hat sich an diesem Zusammenhang nichts ge-ändert.

Freilich müsste das Rentenalter noch weiter ausgedehntwerden, um die demographischen Verwerfungen, dieDeutschland bevorstehen, zu kompensieren. Nach Berech-nungen der Vereinten Nationen müsste das formelle deut-sche Rentenalter von 65 auf 77 Jahre ansteigen, wollte mandie Renten in Relation zu den Bruttolöhnen im Jahr 2050konstant auf dem Niveau von 1995 halten, was wohl jen-seits des auf absehbare Zeit gültigen Akzeptanzbereichsfür die Politik liegen dürfte und von den Verfassern der Stu-die auch nicht als politischer Vorschlag verstanden wird (vgl.United Nations 2001, S. 42). An einer weiteren moderatenAnhebung des Renteneintrittsalters über das Jahr 2029 undüber die angepeilten 67 Jahre hinaus dürfte allerdings kei-ne deutsche Bundesregierung vorbeikommen.

Einwanderung

Deutschland erlebt derzeit einen Immigrationssturm, deran die Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung erinnert.11

2012 kamen netto, also nach Abzug der Auswanderer,369 000 Menschen nach Deutschland. Dies war der höchs-te Wert seit 1995 und rund 32% mehr als 2011. Noch vorkurzem war Deutschland ein Auswandererland. Nun kom-men die Menschen in Scharen. Die meisten Menschen ka-men aus Polen (176 000). An zweiter Stelle der Herkunfts-länder stand Rumänien (116 000), an dritter Bulgarien(59 000). Besonders starke Zuwächse gab es aus den süd-europäischen Krisenstaaten Spanien (plus 45%), Griechen-land, Portugal (je 43% mehr) und Italien (40%).

Das hat verschiedene Ursachen. Die wichtigste ist die Um-lenkung der Kapitalströme im Zuge der Wirtschaftskrise. Dasdeutsche Sparkapital drängt nicht mehr ins europäische Aus-land, sondern sucht den sicheren Heimathafen, während inSüdeuropa weiter Krisenstimmung herrscht. Die Menschenfolgen nun dem Kapital. Auch aus Spanien, Griechenland,Portugal und Italien kommen heute die Immigranten.

Eine andere Ursache ist die Herstellung der Freizügigkeitfür Arbeitnehmer aus den meisten östlichen EU-Ländern

im Jahr 2011. Nach Öffnung der Tore entlud sich der auf-gestaute Migrationsdruck. Im Jahr 2014 gehen die Torenun auch für die Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulga-rien auf, was die Zahl der Zuwanderer weiter steigen las-sen dürfte.

In der Einwanderung scheint eine bequeme Alternative vonneuen Beitragszahlern zu liegen. In der Tat leisten Ein-wanderer wie Kinder einen positiven fiskalischen Beitragfür den Rest der Gesellschaft. Zudem versorgt die Migra-tion die deutsche Wirtschaft mit dringend benötigten Ar-beitskräften. Viele Immigranten, gerade aus Polen, Tsche-chien, der Slowakei oder Slowenien, sind gut ausgebildetund integrationswillig. Die Migration ist ein Gewinn für al-le Beteiligten: Für die Migranten, weil sie höhere Löhneals zu Hause verdienen. Und für die Deutschen, weil dieneuen ausländischen Arbeitnehmer die Produktion mehrsteigern, als sie kosten.

Eine permanente Zuwanderung, bei der auch die Kinderund Kindeskinder der Einwanderer bleiben, hilft der Ren-tenversicherung am meisten. Bei einer solchen Einwan-derung kann man davon ausgehen, dass die gesamtenBruttobeiträge während des Arbeitslebens der Einwan de-rer als Nettobeitrag für das Fiskalsystem zu rechnen sind,weil ja die Rentenansprüche der Einwanderer von dereneigenen Kindern bedient werden. Nach einer überschlägi-gen Rechnung war Ende der 1990er Jahre bei einem 20-jährigen Einwanderer ein barwertmäßiger Vorteil in derGrößenordnung von bis zu 175 000 Euro zu verzeichnen.12

Freilich ist die Einwanderung meistens nicht permanent.Schon nach zehn Jahren vom Zeitpunkt der Einwanderunggerechnet sind mehr als die Hälfte der Einwanderer wie-der in ihr Heimatland zurückgekehrt, und nach 25 Jahrensind es bis zu 75% (vgl. Sinn und Werding 2001). Einesolche temporäre Einwanderung führt zu wesentlich klei-neren Vorteilen für das Rentensystem, weil die Rentenan-sprüche der Migranten trotz der Rückkehr in ihr Heimat-land erhalten bleiben und nicht durch deren eigene Kin-der, sondern durch das Kollektiv der deutschen Beitrags-zahler abgedeckt werden. Man kann bei einem Einwan-derer, der mit 20 Jahren kommt, dann bis zum 65. Lebens-jahr arbeitet und keine Kinder im deutschen Rentensystembelässt, mit schätzungsweise nur etwa 40% des genann-ten Betrages, also mit bis zu 70 000 Euro rechnen.

Ohne Zweifel ist die Einwanderung eine Stütze für das deut-sche Rentensystem. Allerdings darf man nicht übersehen,

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11 Leicht abgewandelter Text aus Sinn (2013).

12 Unterstellt wurde: Die Erwerbsphase beginnt direkt nach der Einwande-rung; Entwicklung des jährlichen Arbeitseinkommens über die Erwerbs-phase hinweg nach einem durchschnittlichen Lohnprofil, das auf Mikro-datenbasis hergeleitet wurde; Berücksichtigung der durchschnittlichenWahrscheinlichkeit vorzeitiger Invalidität ab dem 54. Lebensjahr, definiti-ves Ausscheiden aus dem Berufsleben mit 65 Jahren; das durchschnitt-liche Lohneinkommen aller Versicherten wächst real um 1,5% pro Jahr,es wird ein Kapitalmarktzins von real 4% und ein Beitragssatz zur Sozial-versicherung von 20% unterstellt (vgl. Sinn 2001).

Das demographische Defizit

dass die Einwanderer nicht nur das Rentensystem entlas-ten, sondern dem Staat an anderer Stelle zur Last fallen.Einwanderer profitieren von der Umverteilung zugunsten är-merer Beitragszahler in der Krankenversicherung und vonstaatlichen Leistungen wie dem Arbeitslosengeld I und II,die sie überdurchschnittlich in Anspruch nehmen. Außer-dem steht ihnen, und das ist ein ganz erheblicher Effekt,die breite Palette unentgeltlich angebotener, aber kosten-trächtiger staatlicher Leistungen zur Verfügung, die von derBenutzung von Straßen, Brücken, Parks und anderen Be-standteilen der öffentlichen Infrastruktur bis hin zum Schutzdes Rechtsstaates durch seine Richter und Polizisten rei-chen. Dafür zahlen sie zwar Steuern, doch reichen dieseSteuern nicht aus, die verursachten fiskalischen Kosten zutragen. Zuwanderer haben ein unterdurchschnittliches Ein-kommen und gehören deshalb zu denjenigen Bevölkerungs-gruppen, die im Sozialstaat deutscher Prägung mehr Res-sourcen vom Staat erhalten, als sie an ihn in Form von Steu-ern und Beiträgen abgeben müssen. Nach Berechnun-gen, die das ifo Institut im Jahr 2001 auf der Basis des So-zio-oekonomischen Panel für die bisher nach DeutschlandZugewanderten angestellt hat, lag die fiskalische Nettolast,die Zuwanderer für den Staat verursachen, pro Kopf undJahr im Durchschnitt der ersten zehn Jahre bei 2 300 Euro(vgl. Sinn und Werding 2001, S. 226 f.). Dabei sind auchdie Vorteile für die Rentenversicherung barwertmäßig be-reits berücksichtigt worden. So gesehen verändert sich dasBild, das ein alleiniger Blick auf die Rentenversicherungliefert, erheblich.

Die Möglichkeit der Immigration in den deutschen Sozial-staat wurde schon 2004 mit der Freizügigkeitsrichtlinie derEU geschaffen. Wer kein Arbeitnehmer sein will, kann seit-dem unbeschränkt einreisen, nur muss er sich die erstenfünf Jahre selbst versorgen und für seine Krankenversiche-rung allein aufkommen. Nach Ablauf der fünf Jahre erhälter dann automatisch ein Daueraufenthaltsrecht und ist zumBezug aller steuerfinanzierten sozialen Leistungen, die auchDeutschen offenstehen, berechtigt.

Ein Rumäne zum Beispiel, der im Alter von 60 Jahren ein-wandert, gilt ab dem 65. Lebensjahr als nicht mehr arbeits-fähig und hat dann bis zum Lebensende einen Anspruch aufLeistungen zur Sicherung des Existenzminimums, wenn erden Wohnsitz in Deutschland behält. Im Durchschnitt er-hält er heute pro Monat 382 Euro Sozialhilfe, 360 Euro Wohn-und Heizungsgeld sowie eine freie Krankenversicherung imWert von etwa 300 Euro, zusammen also 1 050 Euro. Dar -in sind Sachleistungen wie der Kühlschrank und die Wasch-maschine noch nicht eingerechnet. Das durchschnittlicheEinkommen als Quasi-Rentner in Deutschland liegt bei et-wa dem Zwei- bis Dreifachen des Durchschnittlohns in Ru-mänien oder Bulgarien – ohne dass vorher irgendwelcheBeiträge oder Steuern in Deutschland hätten gezahlt wer-den müssen.

Eine solche Form der Migration wird unweigerlich zur Ero-sion des deutschen Sozialstaates führen, denn zum einenfehlt das Geld dafür, zum anderen werden die Länder ver-suchen, ihre Attraktivität für Armutswanderer zu verringern.Die EU-Idee einer Inklusion der Bedürftigen nach den Re-geln des Wohnsitzlandprinzips ist mit der Fortexistenz desSozialstaates alter Prägung nicht vereinbar.

Damit die Zuwandernden den alternden Sozialstaat tatsäch-lich entlasten oder zumindest nicht weiter belasten, müss-te man für die steuerfinanzierten Sozialleistungen zum so-genannten Heimatlandprinzip übergehen. Danach ist einjeder EU-Staat für die Existenzsicherung seiner Bürger zu-ständig und gewährt ihnen, wenn sie bedürftig sind, eineentsprechende Sozialhilfe. Diese Sozialhilfe entfällt nicht wieheute, wenn die Bürger in ein anderes EU-Land auswan-dern, sondern bleibt voll und ganz erhalten. Es steht jedemfrei, seine Sozialhilfe auf Teneriffa oder Mallorca zu konsu-mieren, nur kann er sich nicht dort niederlassen und dieHilfe vom spanischen Staat statt von seinem Heimatstaatbeanspruchen. Der Charme dieser Lösung ist, dass sie einMaximum an Freizügigkeit sicherstellt und doch eine Erosi-on der Sozialstaaten vermeidet, denn der Anreiz für eineArmutswanderung, die die besseren Sozialsysteme erodie-ren würde, wird verhindert.

Dass die Zuwanderung unter den heutigen Verhältnissenkeine Lösung des Rentenproblems bietet, wird auch klar,wenn man sich vor Augen führt, wie viele Menschen zuwan-dern müssten, wollte man das Rentensystem durch eine Zu-wanderung in dem Sinne stabilisieren, dass der Altersquo-tient der Bevölkerung, also das Verhältnis von Alten (ab65 Jahren) und Jungen (20 bis 64 Jahre) konstant bleibt.Unterstellt man einmal fiktiv, dass alle Zuwandernden jungbleiben und dem Rentensystem dauerhaft als Beitragszah-ler zur Verfügung stehen, wäre eine Nettoeinwanderung vonüber 40 Millionen Menschen notwendig, um den Rentenbei-tragssatz und das Rentenniveau von heute zu halten.

Aber natürlich ist die Annahme, dass die Ausländer nichtaltern, nicht realistisch. Die aus dem Ausland hereinströmen-den Populationen sind nicht frei von den demographischenProblemen, unter denen Deutschland leidet. Auch die Zu-wanderer werden älter und gehen irgendwann in die Ren-te, ohne dass sie durch eigene Nachkommen für den vol-len Ersatz sorgen könnten. Wenn die zuwandernden Po-pulationen die gleiche Altersstruktur wie die bereits vorhan-dene Population aufweisen, ist nichts gewonnen; sie müss-ten schon deutlich jünger sein. Berechnungen der Verein-ten Nationen zum Umfang der zur Stabilisierung des Ren-tensystems notwendigen Ersatz-Einwanderung (replace-ment migration), bei denen diese Effekte berücksichtigt wer-den, zeigen ein extrem problematischeres Bild. Danach wä-ren bis zum Jahr 2050 nicht weniger als 190 Mill. Zuwan-derer oder 3,4 Mill. Personen pro Jahr erforderlich, um das

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Das demographische Defizit

Verhältnis von Alten und Jungen in Deutschland, also denAltersquotienten, auf dem Niveau des Jahres 1995 zu sta-bilisieren (vgl. United Nations 2001, S. 42). Die in Deutsch-land lebende Bevölkerung müsste dementsprechend auf299 Millionen Personen ansteigen. 80% dieser Bevölkerungwären dann seit dem Jahr 1995 nach Deutschland Einge-wanderte und deren Nachfahren. Das sind astronomischhohe Zahlen, die so natürlich niemals realisiert werden undauch keinesfalls als Empfehlungen interpretierbar sind. Ge-rade die Größe der Zahlen zeigt in aller Deutlichkeit, wie ge-ring der Beitrag zur Lösung der demographischen Proble-me Deutschlands ist, den man von der Zuwanderung er-warten kann. Das Thema wird in der öffentlichen Diskussi-on überschätzt, und es wird missbraucht, um heute schonaus ganz anderen Gründen billige Arbeitskräfte ins Land zuholen.

Die begrenzte Wirkung hoher Nettozuwanderung auf dieStabilisierung des Erwerbspersonenpotenzials in Deutsch-land belegen auch neue Zahlen des IAB Nürnberg. Selbstein positiver Wanderungssaldo von mehr als 200 000 Per-sonen pro Jahr – dies entspricht der mittleren Variante der12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – kannspätestens ab 2015 den demographisch bedingten Rück-gang des Erwerbspersonenpotenzials in Deutschland nichtmehr kompensieren. Während die Zahl der Rentner laufendansteigt, geht dieses Potenzial bis 2025 um 2 Millionen undbis 2050 um 8,5 Mill. Menschen zurück. Erst mit einer höchstunrealistischen jährlichen Nettozuwanderung von einer hal-ben Million Personen könnte das Erwerbspersonenpoten-zial bis in den Bereich der demographischen Krise Mitteder 2030er Jahre konstant gehalten werden. Man beachtedabei, dass die Konstanz des Erwerbspersonenpotenzialskeineswegs ausreicht, das Rentenproblem zu lösen, denndie Zahl der Rentner wird gleichzeitig dramatisch anstei-gen, wenn die Babyboomer, die jetzt knapp unter 50 sind,in die Rente wollen (vgl. Abb. 17).

Teilkapitaldeckung der Rentenversicherung

Zu den sinnvollen passiven Reformen zur Milderung der Kon-sequenzen der demographischen Krise gehört die Teilum-stellung der Rentenversicherung vom Umlagesystem auf einKapitaldeckungssystem. Jede Generation wird einmal alt,und dann kann sie nur leben, wenn sie in ihrer Jugend selbstvorgesorgt hat. Entweder muss sie Humankapital gebildethaben, indem sie Kinder in die Welt gesetzt und gut ausge-bildet hat.13 Oder sie muss gespart und somit direkt oder in-direkt Realkapital gebildet haben, um vom Verzehr diesesKapitals zu leben. Eine Generation, die weder Human- nochRealkapital gebildet hat, muss hungern.

Die Deutschen bilden derzeit aus den genannten Gründenviel weniger Humankapital, als es ihre Vorfahren taten. Derrelative Einkommensverzicht, den junge Menschen heute fürdie Kindererziehung in Kauf nehmen, ist wesentlich gerin-ger, als er es früher war. Wenn sie gleichwohl im Alter nichtdarben wollen, so bleibt nur die Möglichkeit, heute schonerhebliche Teile des Einkommens zu sparen, um sich aufdem Wege der Kapitalbildung eine Rente zu sichern, derenZahlung man den wenigen zukünftigen Beitragszahlern nichtmehr zumuten kann. Realkapital muss in dem Maße gebil-det werden, wie es an Humankapital fehlt. Dies ist der rich-tige Gedanke, der der Rentenreform des Jahres 2000 zu-grunde liegt, die mit dem Namen Riester verbunden ist undvom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium fürWirtschaft vorbereitet wurde (vgl. Wissenschaftlicher Beiratbeim Bundesministerium für Wirtschaft 1998).

Nach Berechnungen des CES reicht bereits eine 4%-igeErsparnis aus, um bis zum Jahr 2036, dem Maximum derdemographischen Krise, so viel Kapital zu bilden, dass dar -aus ein Viertel der Altersrenten finanziert werden kann (vgl.Sinn 1999; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministe-rium für Wirtschaft 1998). Und bis zum Jahr 2075, wenn al-

le Rentner während ihres gesamten Lebensin die kapitalgedeckte Zusatzversorgung ein-gezahlt haben, kann die Hälfte der Altersren-te gedeckt werden. Die Teilkapitaldeckung,die der Beirat vorgeschlagen hatte und dieinzwischen Gesetz geworden ist, bietet tat-sächlich einen gangbaren Weg zur Überwin-dung der Probleme des deutschen Renten-versicherungssystems.

Allerdings darf die Entscheidung über dasRiester-Sparen nicht in das eigene Beliebender Beitragszahler gestellt werden. Freiwillig

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Quelle: Fuchs et al. (2011).

in Mill.

Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials in Deutschland

Hinweis: Mit aktualisierten Daten des IAB, neues Basisjahr 2011, ab 2012: Berechnung mit prognostizierter Erwerbsquote, mit Rente 67. Der jährliche Wanderungssaldo schließt die gesamte Bevölkerung mit ein, nicht nur die Arbeitskräfte.

Zuwanderungp.a. 500 000

Zuwanderungp.a. 200 000

Zuwanderungp.a. 100 000

Abb. 17

13 Mit dem Begriff Humankapital bezeichnet man in derÖkonomie das Wissen, das in den Köpfen der Men-schen akkumuliert wurde. Nach verschiedenen Theo-rien ist es wichtiger für die wirtschaftliche Entwicklungals das durch Ersparnis gebildete Kapital in Form derMaschinen, Gebäude und Infrastruktur.

Das demographische Defizit

kommt die notwendige Ersparnis nicht zustande. Der Grundliegt nicht in der Unmündigkeit der Bürger, sondern in Wech-selwirkungen mit dem restlichen Sozialsystem. Wenn einGeringverdiener freiwillig spart, wird ihm das nicht viel nüt-zen, weil er dadurch nur den Anspruch auf Leistungen derGrundsicherung verringert, den er ohnehin im Alter hat. Al-le eigenen Einkünfte – auch die aus der Riester-Rente – wer-den nach derzeitiger Rechtslage mit der Grundsicherungim Alter verrechnet. Außerdem muss der Sparer immer be-fürchten, dass ihm bei weiteren Rentenreformen im Alter dieUmlagerente mit der Begründung versagt wird, dass er jaüber eigene Mittel verfüge. Deswegen muss das Riester-Sparen auch im Falle einer kindergerechten Ausgestaltungzur Pflicht gemacht werden, und so war es von Seiten derWissenschaft ja auch empfohlen worden.

Richtig ist, dass die Gesamtzahl der Riester-Verträge dankstaatlicher Subventionen14 mittlerweile auf knapp 16 Millio-nen gestiegen ist. Damit haben sich erst 36% der Erwerbs-personen an dieser Sparform beteiligt.15 Vermutlich wird essich dabei gerade nicht um die Personengruppen handeln,die aufgrund ihres geringen Einkommens darauf hoffen kön-nen, später von der Sozialhilfe geschützt zu werden.

Leider hat die Finanzkrise insofern einen schweren Schat-ten auf die Riester-Verträge geworfen, als sich sowohl dieFinanzinvestitionen der Versicherer in US-amerikanischestrukturierte Wertpapiere als auch in südeuropäische undirische Staatspapiere als Flop erwiesen. Weil die EZB unddie Staatengemeinschaft riesige Rettungskredite zu nied-rigen Zinsen boten, mit denen der Kapitalmarkt nicht mehrmithalten konnte, konnten die Lebensversicherer ihre Ga-rantieverzinsung nicht halten. Davon waren die Riester-Spa-rer insofern betroffen, als die Verzinsung des Kapitals in vie-len Fällen nicht die Inflation ausgleicht, also das Anlageka-pital real weniger wert wird. Letztlich ist es sinnlos, wenndie deutschen Sparer angehalten werden, ihr Geld den Ver-sicherungen zu geben, damit die es in griechische Staats-papiere investieren in der Hoffnung, dass die ebenfallsschnell alternden Griechen später die deutschen Greise un-terstützen.

Der Bundestag sollte sich in Zukunft Gedanken über bes-sere Sparformen machen, die gegenüber dem Risiko desStaatskonkurses besser geschützt sind, denn wenn man

das Geld an andere Staaten verleiht, dann hat man gar kei-ne echte Kapitaldeckung, sondern eigentlich nur eine be-sonders unsichere Form der Umlagefinanzierung. Diese al-ternativen Sparformen sollten insbesondere Realvermögens-titel umfassen. Dazu sollte neben der schon bezuschuss-ten Wohnimmobilie vor allem Aktien gehören, die ja Realver-mögensansprüche sind. Beide Ansprüche sind inflationsge-schützt und frei vom Konkursrisiko der Staaten und den hals-brecherischen rechtlichen Konstruktionen, die im Falle derstrukturierten US-Papiere dazu führten, dass die verspro-chene Rückzahlung der Schulden vielfach unterblieb. Ak-tien erscheinen vielen als unsicher, weil die Kurse starkschwanken. Über lange Zeiträume gesehen gehören sie abereher zu den sicheren Anlageformen. Mit dieser Verbesse-rung der Anlagestruktur spricht immer noch viel für die Ries-ter-Rente.

Riester-Rente für Kinderlose

Statt nur passiv auf die abnehmenden Geburtenraten zureagieren und die Konsequenzen für die Sozialsysteme an-derweitig abzufedern, sollte man zusätzlich versuchen, denUrsachen des Bevölkerungsschwunds entgegenzuwirken,also eine aktive Bevölkerungspolitik betreiben. Dies istseit dem Missbrauch der Bevölkerungspolitik in der Nazi-Zeit ein heikles Thema. Aber ein Land, das – relativ gese-hen – die geringste Geburtenzahl in der ganzen Welt auf-weist, jedenfalls was die 34 entwickelten Länder betrifft,die zur OECD gehören, kann es nicht weiter tabuisierenund die zu erwartenden Probleme sehenden Auges aufsich zukommen lassen. Es ist Zeit, dass Deutschland seinTabu überwindet.

Das heißt nicht, dass einer staatlichen Bevölkerungspolitikdas Wort geredet werden soll, deren Ziel es ist, in die freienEntscheidungen der Menschen einzugreifen und sie bei derKinderwahl zu bevormunden. Es kann nicht Aufgabe desStaates sein, lenkend in die Familienplanung einzugreifen,wie es ja noch nicht einmal zu seinen Aufgaben gehört, dieBürger bei normalen ökonomischen Entscheidungen zu be-vormunden. Aber das genau ist der Punkt. Heute greift derStaat auf dem Wege über das Rentensystem ganz massivin die Familienplanung ein, indem er die Beiträge der Kin-der zur Rentenversicherung sozialisiert und so die natürli-chen ökonomischen Motive für den Kinderwunsch aus denKöpfen der Menschen vertreibt. Diese massive Staatsinter-vention erfolgte aus anderen Gründen, sicherlich nicht mitder Absicht, die Kinderzahl zu reduzieren. Faktum ist aber,dass sie diese Wirkung hat und die Fertilitätsentscheidungverzerrt. Insofern kommt die Politik heute nicht mehr an derFrage vorbei, wie sie die ungewollten Verzerrungen vermin-dern kann. Nicht mehr, sondern weniger Staatseinfluss aufdie Familienplanung ist zu fordern, und das verlangt die Än-derung des Rentensystems durch die Berücksichtigung ei-ner Kinderkomponente.

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14 Jährliche maximale staatliche Grundzulage bei einem Anlagebetrag (Ei-genbeitrag plus staatliche Zulage) von insgesamt 4% des maßgeblichenVorjahreseinkommens (max. 2 100 Euro): 154 Euro pro Riester-Vertrag,185 Euro pro kindergeldberechtigtes Kind bzw. 300 Euro für Kinder, dieab dem 1. Januar 2008 geboren sind. Anlagebetrag kann im Rahmender Einkommensteuererklärung als zusätzliche Sonderausgaben bis zumax. 2 100 Euro pro Jahr steuermindernd geltend gemacht werden, Ge-genrechnung mit Zulagenanspruch.

15 Laut Bundesarbeitsministerium gab es im ersten Vierteljahr 201315,652 Mill. Riester-Verträge, vgl. Bundesministerium für Arbeit und So-ziales (2013b). Im ersten Vierteljahr gab es 43,879 Mill. Erwerbspersonen,vgl. Statistisches Bundesamt (2013e, Tab. 1.10).

Das demographische Defizit

Auf den ersten Blick spricht vieles dafür, den Kinderwunschdadurch zu stärken, dass den jungen Familien in Zukunftmehr geholfen wird, als es in der Vergangenheit der Fallwar. So ist daran zu denken, die Betreuungsplätze für Klein-kinder und vor allem die Ganztagsschulen auszubauen unddamit auf das internationale Niveau zu erhöhen. Dadurchkönnte Müttern auch nach einer längeren Kinderpause derbevorzugte Wiedereinstieg in das Berufsleben ermöglichtwerden. Des Weiteren ist daran zu denken, das Ehegatten-splitting um ein Kindersplitting nach französischem Musterzu erweitern. Das alles sind sinnvolle und erwägenswerteMaßnahmen, die bei der Nachwuchsplanung die gewünsch-ten Wirkungen entfalten werden.

Das Problem ist aber, dass sie alle auf eine doppelte Inter-vention des Staates hinauslaufen. Durch die staatliche Ren-tenversicherung wird der Kinderwunsch vertrieben, unddurch andere, kompensierende staatliche Ausgaben wird ervon neuem geweckt. Eine solche doppelte Intervention istfür sich genommen nicht sinnvoll, denn bei beiden Inter-ventionen gibt es noch andere Verzerrungen im Verhalten,die sich nicht kompensieren, sondern addieren und per sal-do zu Nachteilen für die Staatsbürger führen. So ruft z.B. dieVerbesserung der monetären Familienleistungen einen An-stieg der Schwarzarbeit und eine Leistungsverweigerung beidenjenigen hervor, die diese zusätzlichen Geldleistungendurch ihre Steuern finanzieren sollen. Angesichts der ohne-hin schon exorbitant hohen Steuerbelastung der deutschenArbeitnehmer sollte man über die Alternativen zumindestnachdenken.

Besser ist es, die primäre Intervention in die Familienpla-nung zurückzufahren, die im Rentensystem angelegt ist, in-dem das Ausmaß der fiskalischen Umverteilung von denFamilien mit Kindern zu den Personen ohne Kinder redu-ziert wird. Die Riester-Rente kann dafür einen Ansatzpunktliefern. Wie erläutert, ist die richtige Erwägung hinter derRiester-Reform, dass die Deutschen heute weniger Hu -mankapital bilden, als es frühere Generationen taten, undzum Ausgleich zusätzliches Realkapital ansparen müssen.Die Riesterrente ist aber noch nicht zu Ende gedacht. Siekuriert die Symptome der deutschen Krankheit, doch nichtihre Ursachen. Sie verringert die Fehlanreize für die Famili-enplanung nicht und führt zu kaum erträglichen Lasten beiFamilien mit Kindern, also denjenigen, die durch die Erzie-hung von Kindern bereits den vollen Beitrag zur Finanzie-rung der Umlagerenten leisten.

Die Familien finanzieren mit ihren Rentenbeiträgen die Ge-neration ihrer Eltern. Sie bezahlen durch die Erziehungihrer Kinder die Renten der Zukunft. Und zusätzlich sol-len sie auf dem Wege des Riester-Sparens ihre eigenenRenten noch einmal finanzieren. Zwei Lasten sind im Ge-nerationenzusammenhang normal. Die dritte ist eine zuviel.

Statt eine ganze Generation kollektiv in die Verantwortungzu nehmen, sollten die notwendigen Rentenkürzungen unddas kompensierende Riester-Sparen auf die Kinderlosen fo-kussiert werden. Wer keine Kinder bekommen will oder kann,dem kann zugemutet werden, dass er das Geld, das ande-re für die Kindererziehung ausgeben, am Kapitalmarkt an-legt, um sich so eine Zusatzrente zu verschaffen.

Konkret könnte man so verfahren: Die gesetzliche Rentewird beibehalten, aber sie wird auch nicht immer wiedervon neuem mit Steuergeldern aufgeplustert. Beitragssatzund prozentualer Bundeszuschuss werden eingefroren. Dannfällt das Rentenniveau in 30 Jahren auf knapp die Hälfte, weiljeder Erwerbstätige bald doppelt so viele Alte zu ernährenhat. Das reicht hinten und vorne nicht. Also bedarf es auf-stockender Rentensäulen.

Die eine Säule ist die Kinderrente, Mütterrente, Elternrenteoder wie auch immer man sie bezeichnen möchte. WerKinder großgezogen hat, bekommt eine umlagefinanzierteRente, die die Gesamtrente zusammen mit der siechendenAltrente wieder auf das heutige Niveau hebt. Bezahlt wirddiese Rente von allen dann erwerbstätigen Personen ein-schließlich der Selbständigen und Beamten. Diese Renteführt nicht zu zusätzlichen Lasten im Vergleich zu den be-reits beschlossenen Rentenreformen, denn diese Reformenimplizieren wie oben gezeigt, stark wachsende Beitrags-sätze und einen wachsenden relativen Bundeszuschuss.Vielmehr wird das Aufkommen aus der Mehrbelastung fürdie Familien reserviert und auch auf einer etwas breiterenBasis erhoben.

Die andere Säule besteht in einem erweiterten Riester-Spa-ren zu etwa 6 bis 8% des Lohneinkommens, die die Ge-samtrente ebenfalls auf das heutige Niveau hebt. Das Spa-ren ist Pflicht. Jeder, der in das Erwerbsleben eintritt, mussmitmachen, bis er Kinder bekommt. Wird das erste Kind ge-boren, wird ein Drittel der angesammelten Ersparnis aus-geschüttet, und ein Drittel des weiteren Pflichtsparens wirderlassen, denn Humankapital mit einem entsprechendenRentenanspruch steht nun als Ersatz des Realkapitals zurVerfügung. Und so wird bei jedem weiteren Kind bis zu dreiKindern verfahren. In dem Maße, wie Kinder geboren undgroßgezogen werden, wird die Riester-Ersparnis erlassenund sogar zurückgezahlt, während zugleich in Proportionzur Kinderzahl ein Rentenanspruch aufgebaut wird.16 Wer

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16 Überlegungen, die Rentenansprüche an der »Qualität« der Humankapi-talinvestition, also beispielsweise am Einkommen und den Beiträgen dereigenen Kinder auszurichten, drängen sich auf, um auf diese Weise ent-sprechende Anreize für eine gute Ausbildung der eigenen Kinder zu set-zen. Indes würde eine solche Differenzierung des Vorschlages politischwahrscheinlich eine Überfrachtung bedeuten. Ihr könnte auch mit dem Ar-gument entgegengetreten werden, dass die durch eigene Anstrengungender Eltern begründeten Unterschiede im Einkommensniveau der Kinderminimal sind. Zum größten Teil resultieren solche Unterschiede vermut-lich aus angeborenen Unterschieden in der Intelligenz oder Leistungsfä-higkeit. Eine weitgehende Versicherung der Eltern gegenüber solchen Un-terschieden erscheint als angebracht.

Das demographische Defizit

drei und mehr Kinder hat, ist vom Riester-Sparen befreit undkommt in den vollen Genuss der umlagefinanzierten Kinder-rente.

Die Staffelung von Umlagerente und Riester-Rente nach derKinderzahl wird zu der wünschenswerten Änderung der Fa-milienplanung führen. Wenn Kinderlose 6 bis 8% ihres Brut-toeinkommens für ein bloß kompensierendes Riester-Spa-ren verwenden müssen, ohne dass sie später einen höhe-ren Lebensstandard haben als Familien, erhalten Kinder inder Lebensplanung wieder ein stärkeres Gewicht. Manchein bislang noch unschlüssiges junges Paar wird sich unterdiesen Umständen vielleicht doch für Kinder entscheiden.Und wie gesagt: Es geht nicht darum, den Staat bei derFamilienplanung mitreden zu lassen, sondern ganz im Ge-genteil, ihn wieder ein Stück weit aus der Familienplanungherauszunehmen, indem das Ausmaß der Sozialisierung derSchaffenskraft der Kinder zurückgefahren wird.

Bei der Begrenzung des Rentenanstiegs der Kinderlosendürfen allerdings die bereits aufgebauten Anwartschaftennicht angetastet werden. Es geht nur um die heute noch jün-geren Menschen. Sie haben Zeit genug, sich auf dem We-ge des Riester-Sparens eine auskömmliche Rente zu si-chern, falls sie keine Kinder haben können oder wollen. Jeälter man ist, desto mehr Anwartschaften hat man im altenSystem erworben, und desto geringer sind die Möglichkei-ten, die Riester-Rente anzusparen. Ältere Menschen wer-den deshalb von der notwendigen Reform kaum erfasst,und wer schon Rente bezieht, den betrifft sie gar nicht.

Die Einführung einer von der Kinderzahl abhängigen Renteist nicht nur geeignet, die Staatsintervention in die Famili-enplanung zurückzunehmen und die natürlichen Motive fürden Kinderwunsch wieder stärker zur Geltung kommen zulassen. Sie ist zudem auch gerecht, denn sie folgt dem Ver-ursacherprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Werkeine Kinder hat und insofern zu wenig tut, um seine eige-ne Rente im Umlagesystem zu sichern, muss die Konse-quenzen tragen und selbst auf dem Wege der Ersparnis fürErsatz sorgen.

Und wer keine Kinder hat, auch derjenige, der gerne wel-che hätte, aber keine bekommt, kann sparen, weil er keineAusgaben für die Kindererziehung leisten muss. Er ist ver-gleichsweise liquide und kann die bei der Kindererziehungeingesparten Geldmittel am Kapitalmarkt anlegen, um aufdiese Weise seine gekürzte Umlagerente zu ergänzen.

Man mag gegen den Vorschlag einwenden, mit der Zahlungdes Rentenbeitrages erbrächten junge, kinderlose Bürgerbereits eine Leistung für die eigene Rente, und insofern seies ungerecht, sie auf dem Wege des Riester-Sparens zueiner zweiten Leistung zu zwingen. Dieses Argument ver-kennt, dass es im Generationenzusammenhang zu den nor-

malen Pflichten einer jeden Generation gehört, zwei Leistun-gen zu erbringen: In der leistungsfähigen Lebensphase mussman seine Eltern und seine Kinder ernähren. Die erste die-ser beiden Leistungen wird in Form der Rentenbeiträge er-bracht, die ja in vollem Umfang an die heutigen Rentnerfließen. Doch die zweite Leistung wird von vielen Menschennicht erbracht, weil sie sich gegen Kinder entscheiden oder,obwohl sie es wollen, keine Kinder haben können. So ge-sehen ist es sehr wohl gerecht, nun auch diesen Menscheneine zweite Leistung in Form des Riester-Sparens abzuver-langen. Dadurch sichern sie sich die Rente, deren Vollfi-nanzierung man den wenigen zukünftigen Beitragszahlernnicht mehr zumuten kann, und es wird möglich, den Elterneinen größeren Teil der von ihren eigenen Kindern gezahl-ten Rentenbeiträge zu belassen. Menschen, die mehrereKinder großziehen, an der Riester-Rente zu beteiligen, hie-ße indes, ihnen eine dreifache Last aufzuerlegen. Als Bei-tragszahler ernähren sie die jetzt Alten, als Eltern finanzie-ren sie über die Kosten der Kindererziehung die Renten al-ler zukünftigen Rentenbezieher, und als Riester-Sparer müss-ten sie zusätzlich ihre eigenen Renten finanzieren.

Schlussbemerkung

Dieser Artikel kommt zu spät, denn die am stärksten besetz-ten Alterskohorten der Deutschen sind gerade dabei, in ihrsechstes Lebensjahrzehnt einzutreten. Diese Kohorten wer-den die Kinder nicht mehr zur Welt bringen, die Deutsch-land braucht, wenn es sich als dynamisches Volk und Wirt-schaftsnation nicht von der Weltbühne verabschieden möch-te. Politisch korrekt ist es nicht, dies in einem Land zu be-klagen, das negative Erfahrungen mit einer staatlichen Be-völkerungspolitik hat machen müssen. Aber es ist notwen-dig, denn eine politische Korrektheit, die von den Wellen blo-ßer Illusionen und gesellschaftlicher Ideologien getragen wird,wird ohnehin eines Tages an den Klippen der ökonomischenWirklichkeit zerschellen.

Ein pragmatischer Umgang mit dem Thema Familienpla-nung und Fertilität ist dringend geboten, um den Schaden,der aus einer Vergreisung des Landes zu entstehen droht,zu begrenzen. Dazu muss auch der Staat umsteuern, denner ist es, der durch seine sozialen Sicherungssysteme, diedas Schicksal des Einzelnen von den Konsequenzen sei-ner Fertilitätsentscheidungen abgetrennt haben, ganz maß-geblich zur Änderung des gesellschaftlichen Wertes derFamilie und zur Kinderlosigkeit der Deutschen beigetragenhat. Richtig ist es, wenn der Staat sich stärker an den Kos-ten der Kindererziehung beteiligt und die Kinder auch steu-erlich stärker berücksichtigt. Die verstärkte Bereitstellungvon Kindergärten, der Übergang zu Ganztagsschulen unddas Kindersplitting nach französischem Muster sind Maß-nahmen, die sich aufdrängen und den gewünschten Erfolghaben werden.

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Man darf aber nicht verkennen, dass es sich dabei teilwei-se um Maßnahmen handelt, die durch die Idee der dop-pelten Intervention des Staates begründet werden und des-halb auch unerwünschte Nebeneffekte zur Folge habenkönnten. Vieles spricht dafür, dass sich der Staat zurück-nimmt, indem er das Ausmaß der Sozialisierung der Ren-tenbeiträge, die Kinder an die Generation ihrer Eltern zah-len, reduziert. Auch das Bundesverfassungsgericht hat diesin seinem Mütterrentenurteil von 1992 ausdrücklich gefor-dert, wenngleich bei ihm die Rückwirkungen auf die Fami-lienplanung nicht im Vordergrund standen. Wer keine Kin-der hat, kann das bei der Kindererziehung eingesparte Geldam Kapitalmarkt anlegen, um sich so die Rente zu sichern,deren Zahlung er den Kindern anderer Leute in voller Hö-he nicht mehr zumuten kann. Das muss die Devise für ei-ne neue Rentenreform sein.

Die Reformen verlangen mehr Mut von den Politikern undden Vertretern der Rentenversicherungssysteme, als heuteerkennbar ist. Der Erkenntnisprozess der Wähler ist in die-ser Hinsicht noch nicht weit genug gediehen. Viel Wasserwird den Rhein herunterfließen, bis energische Politikmaß-nahmen ergriffen werden können. Aber die Politiker und Ver-bandsvertreter, die sich sperren, das Thema weiter tabuisie-ren oder es mit kleinmütigen juristischen Argumenten bei-seiteschieben, machen sich schuldig an der Zukunft derDeutschen.

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