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Das Ende des Magnortters

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Nr. 282

Das Ende desMagnortöters

Rebellion gegen den Imperator -Freunde werden zu Feinden

von H.G. Francis

Das Große Imperium der Arkoniden kämpft erbittert um seine bloße Existenz, dennes muß sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feindesind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zuschaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, derenHabgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.

Gegen diese inneren Feinde ist der Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbevon Arkon, mit seinen inzwischen rund 14.000 Helfern bereits mehrmals erfolgreichvorgegangen. Seine geheime Zentrale, von der die meisten Aktionen gegen Orbana-schol ihren Anfang nehmen, ist Kraumon. Auch auf diesem abgelegenen Planeten istinzwischen bekannt, daß Orbanaschols Position immer unhaltbarer wird. Daher rech-net sich Atlan längst eine reelle Chance aus, den Usurpator zu stürzen.

Um dieses Zieles willen hatte Atlan ein Spiel mit höchstem Einsatz begonnen –und verloren, ohne allerdings sein Leben einzubüßen, wie es üblicherweise dasSchicksal der Unterlegenen in den Amnestie-KAYMUURTES zu sein pflegt.

Wieder nach Kraumon zurückgekehrt, erwächst dem Kristallprinzen in Klinsanthor,dem Magnortöter, ein unerwarteter Helfer.

In der Person des KAYMUURTES-Siegers, die der Magnortöter übernommen hat,beteiligt Klinsanthor sich an einer Verschwörung gegen Orbanaschol. Doch dieseVerschwörung bewirkt nicht den Tod des Usurpators, sondern DAS ENDE DES MA-GNORTÖTERS …

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Die Hautpersonen des Romans:Lebo Axton - Ein Terraner im alten Arkon.Gentleman Kelly - Axtons Roboter erhält neue Beine.Orbanaschol III. - Der Imperator soll gestürzt werden.Klinsanthor - Der Magnortöter im Körper des KAYMUURTES-Siegers.Avrael Arrkonta - Axtons Freund und Helfer.Ertrapp Quartantat - Chef der Macht der Sonnen.

1.

»Süßer. Huhuuu! Aufstehen!«Lebo Axton schreckte hoch. Verwirrt sah

er sich um. Gentleman Kelly beugte sichüber ihn.

»Was ist los?« fragte der Terraner.»Aufwachen, Schätzchen. Der Dicke

möchte mit dir reden.«Axton ließ sich stöhnend wieder in die

Kissen fallen. Er fühlte sich müde und zer-schlagen. Gähnend rieb er sich die Augen.

»Wer, zum Teufel, ist der Dicke?« fragteer ärgerlich. »Würdest du dich etwas deutli-cher ausdrücken.«

»Ich spreche von Orbanaschol, dem Impe-rator des arkonidischen Imperiums«, ant-wortete der Roboter würdevoll und trat vomLager Axtons zurück. »Er hat mir ausgerich-tet, daß du so schnell wie möglich in denKristallpalast kommen sollst. Er hat etwasmit dir zu besprechen.«

»Und das sagst du erst jetzt!« Der Kos-mokriminalist stieg aus dem Bett und eilte indie Hygienekabine. »Warum kannst du nichtdirekter sein, so wie andere Roboter auch?«

Er schnaufte und prustete unter der Du-sche.

»Ich hatte deine gesundheitlichen Interes-sen mit denen des arkonidischen Imperiumsabzuwägen«, erwiderte Gentleman Kelly.»Und dabei bin ich zu dem Schluß gekom-men, daß das Imperium ruhig noch etwaswarten kann.«

»Manchmal frage ich mich wirklich, obdu noch bei klarem Verstand bist.«

»Du bist sicherlich zu einer für uns beidebeglückenden Antwort gekommen«, sagteKelly, als Axton aus der Kabine zurückkehr-

te und sich ankleidete. Er reichte ihm ein be-scheidenes Frühstück. »Oder nicht?«

»Ich weiß nicht«, entgegnete der Ver-wachsene. »Ich bin mir nur über eines klar.Der Mann, der dich programmiert hat, istbestimmt nicht allzu lange auf freiem Fußgeblieben.«

»Das entzieht sich meiner Kenntnis,Schätzchen. Allerdings kam der Verschrot-tungsbefehl für mich ziemlich überra-schend.« Axton grinste. Er wußte, daß einRoboter nicht in dem Sinne »überrascht«sein konnte wie ein Mensch. Er steckte sicheine Waffe ein, nickte Kelly zu und sagte:»Wir gehen.«

Der Roboter kniete sich hin, doch der Ter-raner verzichtete darauf, sich das kurzeStück bis zur Gleiterparknische tragen zulassen. Er ging voraus. Kelly streckte denArm über ihn hinweg und öffnete die Tür.

»Hat der Imperator Andeutungen ge-macht, worum es geht?« fragte der Ver-wachsene.

»Nein. Überhaupt keine. Der Kristallmei-ster als Oberaufseher für die Privaträumedes Imperators gab nur den Befehl Orbana-schols weiter, ohne diesen näher zu erläu-tern.«

Axton zuckte die Schultern. Er konntesich denken, um welches Thema es dem Im-perator ging. Dieser hatte vor wenigen Stun-den erst ein Attentat überlebt, das seine bis-herigen Freunde auf ihn ausüben wollten.Der adlige Arkonide Prokasta hatte versucht,ihn durch Mana-Konyr, den KAYMUUR-TES-Sieger, in die Schußlinie eines Gift-pfeilgewehrs zu bringen. Axton hatte buch-stäblich in letzter Sekunde eingreifen kön-nen und dafür gesorgt, daß Prokasta selbstseiner eigenen Falle zum Opfer fiel.

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Es war daher damit zu rechnen, daß Orba-naschol in irgendeiner Weise auf das Atten-tat reagierte.

Gentleman Kelly öffnete auch die Tür zurParknische. Axton eilte zum Gleiter undwartete darauf, daß Kelly zu ihm aufschlie-ßen würde. In diesem Moment brach eineFlut von warnenden parapsychischen Impul-sen über ihn herein. Seine Extrasinne brüll-ten den Alarm förmlich heraus. Der Terranerschrie unwillkürlich auf. Er preßte sich dieHände gegen den schmerzenden Schädel.Seine Beine gehorchten seinen Befehlennicht. Wie angewurzelt stand er an der Stel-le. Sein Kopf ruckte herum, und er sah einenklobigen Kampfgleiter, der sich ihm mitHöchstgeschwindigkeit näherte.

Gentleman Kelly gab ihm einen Stoß, derihn über den Boden bis an den Rand der Par-knische schleuderte. Unter ihm gähnte einfast vierhundert Meter tiefer Abgrund.

Vor seinen Augen tanzten feurige Kreise.Er konnte nicht mehr klar sehen. Die Im-pulswellen, die von seinem Extrahirn aus-gingen, wurden unerträglich. Axton gelanges nicht, auf die Beine zu kommen. Stöh-nend wälzte er sich auf dem Boden und ver-fluchte die widersinnig erscheinende Ein-richtung seiner Extrasinne, die ihn auf dereinen Seite vor einer tödlichen Bedrohungrechtzeitig warnten, dann aber zu einer der-artigen Belastung für ihn wurden, daß ernicht mehr auf diesen Alarm reagieren konn-te.

Er sah den Gleiter vor sich aufwachsen.Nur noch eine winzige Überlebenschance

bot sich ihm.»Kelly«, schrie er mit kreischender Stim-

me. »Rette mich!«Danach wälzte er sich über die Kante der

Parknische und stürzte sich bewußt in dieTiefe. Er sah, daß der Blitz eines Energie-schusses über ihn hinwegzuckte. Er erkannteGentleman Kelly, der von dem Schuß amBein getroffen und zurückgeschleudert wur-de. Dann überschlug er sich. Gleiter undParknische gerieten aus seinem Blickfeld.

Sein Extrahirn, das für Sekundenbruchtei-

le geschwiegen hatte, peinigte ihn erneut miteiner Impulswelle von nahezu unerträglicherIntensität. Axton schrie vor Schmerz undEntsetzen, während er immer schnellerstürzte. Er preßte die Hände vor das Gesicht,um die Augen zu schützen, und seine ganzeHoffnung richtete sich auf Gentleman Kelly,obwohl er gesehen hatte, daß dieser von ei-nem Energieschuß getroffen worden war.Immer wieder sagte er sich, daß der Roboterihm nicht mehr helfen konnte, weil er ver-nichtet worden war, und doch war nochHoffnung in ihm.

Mit allerletzter Kraftanstrengung warf ersich herum, so daß er mit dem Rücken zu-erst in die Tiefe raste. An Farbmarkierungenam Gebäude sah er, daß er nur noch hundertMeter bis zum Aufprall hatte. Ein bizarrerSchatten schoß auf ihn zu. Seine Augentränten so stark, daß er ihn nicht identifizie-ren konnte.

Doch dann vernahm er eine Stimme.»Warum beeilst du dich so, Schätzchen?«

fragte Gentleman Kelly. »Ich finde nicht,daß das die Art des feinen Mannes ist.«

Er packte Axton und verzögerte mit Hilfeseines Antigravs. Dennoch war der Sturznoch nicht zu Ende. Der Terraner blicktenach unten. Der Boden kam ungeheuerschnell auf sie zu.

Dann erfolgte der Aufprall. Axton glaub-te, daß ihm sämtliche Knochen im Körperzerschmettert würden.

Ächzend und stöhnend richtete er sichschließlich auf. Jede Stelle seines Körpersschmerzte.

»Kelly, was ist mit dir?« fragte er ver-stört.

Von seinem Roboter sah er nur nochKopf, Arme und Schultern. Der Rest steckteim Grasboden.

»Was sollte mit mir sein?« entgegneteGentleman Kelly und stemmte sich hoch, sodaß sich sein Rumpf aus dem Boden löste.»Ich bin in Ordnung. Allerdings benötigeich jetzt ein neues Bein.«

Er stand auf einem Bein vor Axton undbot einen so komischen Anblick, daß der

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Terraner lachen mußte.»Es wird höchste Zeit, daß ich dir ein paar

neue Beine besorge«, sagte er. »Du siehstaus wie ein einziger Trümmerhaufen.«

Axton blickte nach oben. Dort schwebtenoch immer der Kampfgleiter und feuerteaus Energiestrahlern in die Wohnung hinein.Er lächelte. Dort oben schien man noch im-mer nicht bemerkt zu haben, daß er und Kel-ly entkommen waren.

»Weg hier«, befahl er. »So unauffälligwie möglich.«

Er kroch auf den Rücken des Robotersund klammerte sich an diesen, als er an denGrundmauern des Trichterbaus entlangflüchtete, bis man sie vom Kampfgleiter ausnicht mehr sehen konnte. Dann flog Kelly inentgegengesetzter Richtung davon, bis er imSchutz einer Hügelkette in westliche Rich-tung abbiegen und damit den Trichterbauweiträumig umfliegen konnte.

»Wohin?« fragte Kelly.»Zu Avrael Arrkonta«, befahl der Kosmo-

kriminalist. »Anschließend fliegen wir zuOrbanaschol weiter.«

»Warum nicht gleich zu dem Dicken?«fragte Kelly.

»Ich verbiete dir, den Imperator so zunennen«, schrie Axton wütend.

»Hast du verstanden? Zu diesem Verbotgibt es keine Ausnahme. Niemals und aufgar keinen Fall.«

»Verstanden«, gab Kelly lakonisch zu-rück.

Axton dachte nicht daran, die Scherze mitdem Roboter allzu weit gehen zu lassen. DieGefahr, daß Orbanaschol zufällig hörte, wieer tituliert wurde, war zu groß.

*

Avrael Arrkonta kam Axton erregt entge-gen, als dieser seine Wohnung betrat.

»Sie leben«, rief er glücklich. »Ich habeversucht, Sie zu erreichen. Man sagte mir,daß Ihre Wohnung vollkommen zerstörtworden sei.«

»Ich konnte fliehen«, entgegnete Axton.

Er war froh, daß er die Wohnung des Freun-des erreicht hatte, ohne daß es zu einem wei-teren Zwischenfall gekommen war.

Der Arkonide gab die Anweisung, Axtonmit frischen Kleidern und kräftigenden Ge-tränken zu versorgen. Ängstlich besorgtführte er ihn zu einem Sessel, und er bestanddarauf, daß Lebo Axton es sich bequemmachte.

»Jetzt ist es soweit«, sagte er, nachdemder Verwachsene sich gesetzt hatte. »DieGegenseite ist zum Angriff übergegangen.«

»Das hat sie schon früher getan«, erwider-te Kennon. »Der Unterschied ist nur, daßman nun mit brutaler Gewalt gegen michvorgeht, während man es bisher mit Intrigenund Tricks versucht hat.«

»Welche Rolle spielt Mana-Konyr?« frag-te Arrkonta. »Wie ich gehört habe, war eres, der Prokasta hochgehoben und damit indie Schußlinie gehalten hat. Ich verstehenicht, wie es möglich war, daß er sich IhremBefehl beugte. Kennen Sie diesen Mann?«

»Nein. Ich habe ihn nie vorher gesehen.Ich bin ihm zum ersten Mal hier auf Arkonbegegnet. Und dennoch habe ich viel vonihm gehört.«

»Das müssen Sie mir erklären.«»In der Gestalt des KAYMUURTES-Sie-

gers leben zwei Persönlichkeiten. Mana-Konyr ist nicht allein in seinem Körper, eineandere Persönlichkeit hat bei ihm Unter-schlupf gesucht und gefunden.«

Avrael Arrkonta blickte Axton verständ-nislos an. Für Arkoniden waren alle para-psychischen Vorgänge so gut wie unbe-kannt.

»Sie sind mein Freund«, sagte der Indu-strielle. »Ich vertraue Ihnen vollkommen.Deshalb darf ich davon ausgehen, daß Sienicht die Absicht haben, sich einen ge-schmacklosen Scherz mit mir zu erlauben.«

»Sie dürfen, Avrael. Was ich Ihnen gesagthabe, ist die reine Wahrheit.«

»Wer oder was könnte denn in einen an-deren Körper schlüpfen und darin existie-ren?«

»Klinsanthor, der Magnortöter, zum Bei-

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spiel.«Eine Bombe, die plötzlich neben ihnen

explodierte, hätte keine größere Wirkung ha-ben können. Avrael Arrkonta fuhr zurück.Seine Augen weiteten sich. Minutenlang sa-ßen sich die beiden Männer schweigend ge-genüber, während Arrkonta versuchte, mitdem, was er erfahren hatte, fertig zu werden.Er verzichtete auf Fragen, weil er wußte,daß Axton ihm nur wiederholen konnte, waser bisher gesagt hatte. Und er hatte sich dar-an gewöhnt, dem Terraner auch die unge-heuerlichsten Dinge zu glauben. Alles, wasAxton ihm erzählt hatte, hatte sich bewahr-heitet.

»Wieso bleiben Sie so ruhig?« fragte Arr-konta schließlich. »Die Begegnung mit demMagnortöter muß Sie doch aufgewühlt ha-ben. Sie müssen maßlos überrascht gewesensein.«

Lebo Axton berichtete, wie seine Begeg-nungen mit Mana-Konyr und Klinsanthorverlaufen waren. Doch danach war Arrkontanoch verwirrter als vorher.

»Wer hat sich Ihnen schließlich ge-beugt?« fragte er. »War es Mana-Konyroder war es der Magnortöter, der Orbana-schol hochgehoben hat?«

»Ich kann Ihnen darauf keine schlüssigeAntwort geben«, erwiderte der Terraner.»Ich weiß es selbst nicht. Ich kann nur ver-muten, daß es Mana-Konyr gewesen ist,denn er hat ja ein Interesse daran, mit HilfeOrbanaschols soviel Ruhm und Geld wie nurmöglich einzuheimsen. Ich glaube nicht, daßer wußte, was geschehen würde, als erschließlich Prokasta hochhob. Der Magnor-töter aber hat dem Imperator Rache ange-droht. Er hätte ihm nicht das Leben gerettet,sondern ihn umgebracht.«

Axton hob die Arme.»Aber das alles sind Vermutungen. Ich

kann nicht mehr sagen, bevor ich nicht mitMana-Konyr oder dem Magnortöter gespro-chen habe.« Er zeigte auf das Videogerät.»Entschuldigen Sie mich. Ich muß den Im-perator benachrichtigen.«

Axton ging zum Gerät und rief Orbana-

schol an. Der Imperator meldete sich sofort.Überrascht blickte er den Kosmokriminali-sten an.

»Man hat mir gesagt, daß Sie ermordetworden sind«, eröffnete er das Gespräch.

»In diesen Zeiten wird viel behauptet, wasnicht richtig ist«, erwiderte Axton lächelnd.»Ich lebe. Ich bin den Attentätern entkom-men. Jetzt bin ich auf dem Weg zu Ihnen.«

»Beeilen Sie sich. Ich muß mit Ihnen re-den.«

»Ich werde in einigen Minuten bei Ihnensein«, versprach Axton. Er schaltete ab, alser sah, daß der Imperator sich abwandte.

»Was passiert jetzt?« fragte Arrkonta.»Der Endkampf hat begonnen«, antworte-

te der Terraner: »Ein Zurück gibt es nichtmehr.«

Orbanaschol meldete sich erneut.»Warten Sie«, befahl er. »Ich werde Sie

abholen lassen. Ich werde Sie nicht alleinfliegen lassen. Wo sind Sie?«

Axton behagte es nicht, daß er Namenund Adresse von Avrael Arrkonta angebensollte, weil er nicht wußte, ob die Männer,die Orbanaschol schicken wollte, zuverläs-sig waren. Die Gefahr, daß auch sie zur Ver-schwörung gehörten, war groß. Dennochkonnte Axton nicht ablehnen. Er sagte Orba-naschol, wo er war.

»Das gefällt mir nicht«, murmelte er, alsOrbanaschol abgeschaltet hatte.

»Fürchten Sie – eine Verhaftung?« fragteder Arkonide.

Axton schüttelte lächelnd den Kopf.»Nein. Niemandem vertraut Orbanaschol

zur Zeit mehr als mir. Aus dieser Richtungdroht keine Gefahr. Aber bisher ist es unsgelungen, Sie weitgehend im Hintergrund zuhalten. Und es wäre gut, wenn es auch wei-terhin so bliebe. Immerhin kommen die Mit-glieder der Macht der Sonnen aus denreichsten und mächtigsten Kreisen der arko-nidischen Gesellschaft. Nun, Avrael, Sie ge-hören auch zu dem Kreis derer, die im Impe-rium über Macht und Einfluß verfügen. Eswäre also nicht verwunderlich, wenn mansich früher oder später an Sie wenden und

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für die Organisation der Orbanaschol-Geg-ner werben würde.«

»Ich bin ein Gegner dieses Imperators!«»Ich weiß, aber Sie sind kein Freund de-

rer, die zur Macht der Sonnen gehören. Siegehen nicht mit deren politischen Zielenkonform. Sie wollen Atlan auf dem Thronsehen. Gerade das aber wollen die anderenverhindern. Wenn sie nun erfahren, daß wirgute Freunde sind, dann bin nicht nur ich inGefahr. Sie sind es auch.«

Avrael Arrkonta verzog geringschätzigdie Lippen.

»Das läßt sich dann nicht mehr ändern«,erwiderte er. »Ich fürchte mich vor diesenLeuten nicht.«

»Nun gut«, sagte Axton. »Ich bewundereIhren Mut. Darf ich Ihr Video benutzen? Ichmöchte ein paar Informationen einholen, be-vor meine Leibgarde hier ist.«

»Selbstverständlich.«Axton schaltete das Gerät ein und führte

eine Reihe von Gesprächen. Die überwie-gende Zahl seiner Gesprächspartner gehörtezur Organisation Gonozal VII. Arrkonta saßschweigend dabei und hörte zu. Axton hattenichts dagegen einzuwenden, denn vor demFreund hatte er keine Geheimnisse. Nach et-wa einer halben Stunde kam ein Roboterherein und brachte zwei neue Beine fürGentleman Kelly. Dieser nahm sie entgegenund montierte sie sich selbst an.

Inzwischen erfuhr Axton, daß Mana-Konyr verhaftet worden war. Der KAYMU-URTES-Sieger saß im berüchtigten Tekayl-Gefängnis.

»Damit war zu rechnen«, kommentierteAxton diese Nachricht.

»Wie will Orbanaschol das der Öffent-lichkeit klarmachen?« fragte Arrkonta.»Mana-Konyr ist ein ausgesprochener Publi-kumsliebling. Die wahren Zusammenhängedes Attentats sind noch nicht bekannt. Ichfürchte, die Öffentlichkeit wird empört rea-gieren. Die Schwierigkeiten Orbanascholswerden nun doch größer werden.«

»Davon bin ich auch überzeugt.«Ein Bediensteter kam herein und meldete,

daß ein Kampfgleiter mit vier Männern ein-getroffen war, um Axton abzuholen. Arr-konta und der Verwachsene reichten sich dieHände.

»Hoffen wir, daß alles gutgeht«, sagte derArkonide.

»Es wird«, entgegnete der Kosmokrimi-nalist. Er stieg auf den Rücken Kellys undließ sich von ihm aus dem Salon tragen. Arr-konta blieb zurück.

Axton-Kennon horchte aufmerksam insich hinein. Er wartete darauf, daß sein neu-erwachtes Extrahirn warnende Impulse ab-geben würde. Wenn einer der Männer imGleiter ein Verräter war, dann mußten dieSondersinne eigentlich ansprechen, sagte ersich. Doch alles blieb ruhig. Nichts verän-derte sich. Auch als der Verwachsene dieMaschine erreichte und bestieg, sendete seinSonderhirn keine Impulse aus.

Beruhigt ließ Axton sich in die Polstersinken. Er sprach kein Wort mit den Män-nern und begrüßte sie nur, indem er leichtmit dem Kopf nickte. Sie erwarteten es nichtanders.

Mit hoher Geschwindigkeit raste derKampfgleiter zum Kristallpalast.

»Wir führen Sie direkt zum Imperator«,erklärte der ranghöchste der Wächter, alsAxton ausgestiegen und auf den RückenKellys gestiegen war. Axton nickte wieder-um.

Auf bekanntem Wege ging es hin zu denPrivaträumen des Imperators. Überall sahder Kosmokriminalist Wachen stehen, derenZahl nach seinen Schätzungen etwa ver-zehnfacht worden war. Darüber hinausschirmte jedoch auch eine ungewöhnlich ho-he Zahl von Kampfrobotern den Imperatorab. Die Privaträume Orbanaschols glicheneiner Festung, die unter den gegebenen Um-ständen als uneinnehmbar angesehen werdenmußte.

Axton wurde direkt in den großen Salonzu Orbanaschol geführt. Die Wachen blie-ben an der Tür zurück. Und dann war derTerraner mit Orbanaschol allein.

Der Imperator hatte sich erschreckend

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verändert. Sein feistes Gesicht war fahl. Un-ter den Augen hatten sich Tränensäcke ge-bildet. Das schüttere Haar hing ihm wirrüber die Stirn herab. Namenlose Angstzeichnete das Gesicht des Imperators, dernie Skrupel gekannt hatte, wenn es darumgegangen war, Gegner zu vernichten.

Orbanaschol trug einen blauen Umhang,den er mit einem Gürtel zusammenhielt. Sei-ne Füße waren nackt. Zwei Energiestrahlerlagen vor ihm auf dem Tisch, und ein weite-rer war in den Falten seines Sessels verbor-gen.

»Axton«, sagte er mit heiserer Fistelstim-me. »Wem außer Ihnen soll ich noch ver-trauen? Sie alle haben mich verraten undverlassen. Ausgerechnet jene, die ich mitReichtümern überhäuft habe, stellen sichnun gegen mich.«

»Das ist wahr«, entgegnete der Kosmokri-minalist. In seinem Gesicht zuckte keinMuskel. Selbst das sonst so nervöse linkeLid blieb ruhig. Axton wußte, daß er sichselbst dann nicht gehen lassen durfte, wennOrbanaschol ihn nicht ansah. Versteckte Ka-meras beobachteten jeden Besucher, undmanch Heuchler war Orbanaschol schon indie Falle gegangen, weil er geglaubt hatte,hinter dem Rücken des Imperators feixen zukönnen. Jedes noch so kleine Lächeln, jedenoch so sparsame Geste, die im Wider-spruch zu den Worten stand, die über dieLippen der Besucher kamen, konnte verräte-risch sein. Orbanaschol ließ die aufgezeich-neten Filme kontrollieren. Und bei wichti-gen Begegnungen sah er sie sich selbst an.Bewußt führte er seine Besucher in Situatio-nen, in denen sie sich leicht verraten konn-ten. Seine elektronischen Augen waren über-all. Doch das wußte Axton seit langem, unddeshalb verhielt er sich entsprechend.

»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, ge-stand Orbanaschol ein. »Wem soll ich ver-trauen? Wem kann ich Befehle geben, undbei wem kann ich sicher sein, daß sie auchausgeführt werden?«

Lebo Axton blickte Orbanaschol for-schend an.

»Ihre Unsicherheit ist leider berechtigt«,sagte er. »Es gibt nun keinen Zweifel mehrdaran, daß eine Revolte unmittelbar bevor-steht.«

»Von wem geht sie aus?« fragte der Im-perator erregt. »Steckt Frantomor dahinter?«

Axton schüttelte lächelnd den Kopf.»Frantomor ist ein nicht sonderlich fähi-

ger Mann, Imperator«, erwiderte er. »Es wi-derstrebt mir, so etwas über meinen Vorge-setzten zu sagen, aber ich fühle mich ver-pflichtet, bei der Wahrheit zu bleiben.«

»Frantomor ist ein Trottel«, erklärte Orba-naschol mühsam grinsend.

»Er gehört aber mit Sicherheit nicht zu je-nen, die sich gegen Sie erheben wollen«,fuhr der Kosmokriminalist fort.

»Sind es denn wirklich meine ehemaligenFreunde?« fragte Orbanaschol mit tonloserStimme. »Sind es wirklich jene, die durchmich reich und mächtig geworden sind? Istes wirklich wahr, daß sie mich absetzen unddurch einen anderen ersetzen wollen?«

»Es ist wahr.«Der Imperator schüttelte hilflos den Kopf.Axton beobachtete ihn scharf. Er wußte,

daß jetzt die Entscheidung fallen mußte.Dies war die wichtigste Attacke, die der Ter-raner je gegen den Imperator geführt hatte.

»Das Attentat war ein überaus deutlichesZeichen«, erklärte er ruhig. Er sprach betontlangsam, um jedes Wort wirken zu lassen.»Wäre es geglückt, dann hätte Arkon jetztschon einen neuen Imperator. Prokasta warihr Freund. Er war ein Mann, der durch Siereich geworden ist. Das Industrieimperium,das er mit Ihrer Hilfe geschaffen hat, stehtan zwanzigster Stelle der größten Unterneh-men des Imperiums. Prokasta war eine derführenden Persönlichkeiten jener Gruppe,die sich Macht der Sonnen nennt.«

»Aber warum?« fragte Orbanaschol, derdie Wahrheit offenbar nicht sehen wollte.

»Weil Ihre Freunde um Macht und Ein-fluß fürchten. Das Unglück hat Sie in letzterZeit verfolgt, Imperator«, antwortete Axton.»Intrigen und das Ungeschick einiger IhrerMitarbeiter haben zu einem fast katastropha-

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len Verlust Ihres Ansehens geführt. Nunfürchten Ihre Freunde, daß Sie abgelöst unddurch einen Mann ersetzt werden, der mitihnen nicht einverstanden ist. Deshalb wol-len sie Sie selbst absetzen und jemanden anIhre Stelle schieben, der das tut, was sie ver-langen.«

Orbanaschol schlug mit beiden Fäustenauf den Tisch. Sein Gesicht rötete sich. DieAugen tränten vor Erregung.

»Ich kann meine Freunde nicht hinwegfe-gen«, brüllte er verzweifelt. »Verstehen Siedenn nicht, Axton? Ich kann mich nicht vonihnen trennen. Meine Freunde sind die Basismeiner Macht. Ohne sie bin ich nichts.«

Das brauchst du mir nicht zu sagen dach-te Axton.

Diese Tatsache war entscheidend dafür,daß er den Kampf gegen die Freunde Orba-naschols überhaupt aufgenommen hatte. Erwollte und mußte das Machtgebilde Orbana-schols zerbrechen. Wenn er die Freunde Or-banaschols entmachtete und aus der Nähedes Imperators entfernte, dann war der Im-perator selbst auch entmachtet, und damitwaren ideale Voraussetzungen für Atlan ge-geben. Das war das Ziel des Terraners. Erwollte Atlan den Weg nach Arkon ebnen.

»Machen Sie bitte nicht den Fehler, anzu-nehmen, daß es alle Ihre Freunde sind, diesich gegen Sie gestellt haben«, sagte Axton.»Es sind nur einige. Und diese gilt es zu be-kämpfen.«

Orbanaschol hob hoffnungsfroh denKopf. Er klammerte sich an den kleinenTrost, den der Kosmokriminalist ihm gebo-ten hatte.

»Nur einige?« Er lächelte zaghaft. »Daswürde bedeuten, daß ein neuer Anfang mög-lich ist?«

»Selbstverständlich«, erwiderte der Ver-wachsene. »Die Schwierigkeit ist nur, her-auszufinden, welche Ihrer Freunde nach wievor treu sind und welche zu Verrätern ge-worden sind.«

Orbanaschol beugte sich vor und krallteseine Hand um den Arm Axtons, so daß die-ser vor Schmerz zusammenzuckte.

»Sie müssen es klären«, sagte er be-schwörend. »Sie müssen eindeutig feststel-len, wer beseitigt werden muß und wernicht. Ich gebe Ihnen jede Vollmacht. Nurtun Sie etwas, um diesen Spuk zu beenden.Schießen Sie meinetwegen jeden, der Ihnenverdächtig vorkommt, über den Haufen. Siehaben meine volle Unterstützung. Selbstwenn Sie sich einmal irren sollten, werde ichIhnen keinen Vorwurf machen.«

Lebo Axton hatte Mühe, sich nicht an-merken zu lassen, wie sehr ihn diese WorteOrbanaschols anwiderten, zeigten sie ihmdoch, wie gewissenlos dieser Mann war.

»Haben Sie schon eine Idee, Axton, wieSie es machen werden? Sagen Sie mir, wieSie die Verräter entlarven wollen.«

Axton zuckte mit den Schultern.»Es tut mir leid. Vorläufig habe ich nicht

die geringste Vorstellung. Ideal wäre es na-türlich, wenn ich bei irgendeinem der Verrä-ter eine Liste ausgraben könnte, in der alleMitglieder der Macht der Sonne enthaltensind. Vielleicht kann ich auch einen IhrerFeinde mit speziellen Mitteln verhören, sodaß er mir berichtet, was ich wissen will.«

»Tun Sie das!« forderte der Imperator.»Tun Sie das.«

»Ich werde mir etwas einfallen lassen«,versprach der Verwachsene. »Wenn ich IhreGegner identifiziere, Imperator, dann mußes zweifelsfrei sein. Dann müssen die Be-weise so erdrückend sein, daß niemandemnoch Ausflüchte bleiben.«

»Ich vertraue Ihnen«, erklärte Orbana-schol, und er versuchte ein wohlwollendesLächeln. Es wurde jedoch eine Grimassedaraus, die Axton abstieß. »Es wird IhrSchaden nicht sein, wenn Sie Erfolg haben.«

»Es geht mir nicht um den Lohn«, entgeg-nete der Verwachsene. »Ich hasse Verrat.Das ist alles.«

Orbanaschol erfaßte den doppelten Sinndieser Worte nicht. Er nickte Axton aner-kennend zu und lehnte sich in seinem Sesselzurück.

»Ich muß etwas essen«, sagt er und zeigtedamit an, daß er dabei war, seine Krise zu

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bewältigen. »Haben Sie auch Hunger?«»Danke, Nein.«»Von nun an werde ich Sie ständig bewa-

chen lassen. Ich will nicht, daß mein fähig-ster und treuester Mitarbeiter – und viel-leicht sogar Freund – hinterrücks ermordetwird.«

»Ich bin einverstanden. Allerdings werdeich mir erlauben, meine Wächter unter be-stimmten Bedingungen wegzuschicken, fallsmeine besonderen Fahndungsmethoden et-was Derartiges verlangen.«

Orbanaschol war auch damit einverstan-den. Er bestellte sich etwas zu essen. SeineDiener schienen nur auf einen solchen Be-fehl gewartet zu haben. Sie schoben Anti-gravplatten herein, die mit erlesenen Speisenhoch bepackt waren.

»Ich habe gehört, daß Sie Mana-Konyrhaben verhaften lassen«, sagte Axton.

»Allerdings. Ich werde diesen Verräterhinrichten lassen. Nicht nur, daß er mich hatlange warten lassen. Er war auch an dem At-tentat beteiligt.«

»Daß er so spät gekommen ist, das sollteer klären. Am Attentat aber hat er sich wis-sentlich bestimmt nicht beteiligt.«

Orbanaschol stopfte sich ein großes StückFleisch in den Mund.

»Wie kommen Sie darauf?« fragte er mitkaum verständlicher Stimme.

»Sie waren von Leibwachen umgeben. Je-der dieser Wächter hätte Mana-Konyr aufder Stelle erschossen, wenn das Attentat ge-glückt wäre. Darüber wäre sich der KAY-MUURTES-Sieger klar gewesen, wenn ergewußt hätte, warum er Sie wirklich hoch-heben sollte. Ich glaube, daß die Macht derSonnen ihn gewählt hat, weil er kein großerVerlust für sie gewesen wäre.«

Orbanaschol wurde nachdenklich, gabseinen Widerstand aber noch nicht auf.

»Nutzen Sie die Popularität Mana-Konyrsfür sich«, empfahl Axton eindringlich.»Noch ist es nicht zu spät. Noch ist in derÖffentlichkeit nicht bekannt, daß er verhaf-tet worden ist. Wenn die Presse die Nach-richt verbreitet, könnten die Massen dadurch

so aufgebracht werden, daß es zu einer offe-nen Rebellion kommt. Diese Gefahr ist ge-geben, und Ihre Gegner wissen das auch. Siekönnten sich zu einem sofortigen Angriffentschließen, und dann ist es vielleicht zuspät für uns.«

Orbanaschol fluchte unflätig. Er packteeine Frucht und schleuderte sie ärgerlich aufden Boden. Heftig nach Atem ringend saß erin seinem Sessel.

»Also gut«, stimmte er endlich hinzu.»Reden Sie mit Mana-Konyr. Er befindetsich im Tekayl-Gefängnis. Berichten Sie mirdann, ob wir mit ihm noch etwas anfangenkönnen. Wenn ich ihn freilasse, dann nurunter der Bedingung, daß er für michkämpft.«

Axton erhob sich.»Ich danke Ihnen, Imperator«, sagte er

und verabschiedete sich.

2.

Gemischte Gefühle beherrschten den Ter-raner, als er den Kristallpalast verließ. Ersah der Begegnung mit dem KAYMUUR-TES-Sieger durchaus nicht mit reiner Freudeentgegen.

Würde er mit Mana-Konyr sprechen?Oder würde Klinsanthor, der Magnortöter,die Oberhand haben? Nur ungern erinnertesich Axton daran, wie es ihm ergangen war,als er Klinsanthor zum ersten Mal begegnetwar. Die parapsychische Ausstrahlung desMagnortöters war so intensiv gewesen, daßsie ihn fast ausgelöscht hätte.

Begleitet von zwei Kampfgleitern, die mitSonderwachen besetzt waren, erreichte derKosmokriminalist das Tekayl-Gefängnis,das als sicherstes Verlies des Imperiumsgalt. Für Axton war diese Festung allerdingsnicht unüberwindlich gewesen. Doch darandachte er nicht, als er im Antigravschachtnach unten sank und von zwei Wächtern zuder Zelle geführt wurde, in der der KAY-MUURTES-Sieger saß.

Je näher er ihr kam, desto deutlicherwarnten ihn die Impulse, die von seinem

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Sonderhirn ausgingen. Die Alarmzeichenwurden jedoch nicht so intensiv, daß sie un-erträglich für ihn wurden. Daher sah er kei-nen Grund, umzukehren.

Er blieb auf dem Rücken Kellys, als sichdie Zellentür öffnete. Mana-Konyr erhobsich von der gepolsterten Bank, auf der ergesessen hatte. Er blickte Axton forschendan.

»Was wollen Sie von mir?« fragte er,nachdem sich die Tür hinter ihm und Kellygeschlossen hatte.

Der Terraner stellte fest, daß das Bewußt-sein von Mana-Konyr überwog. Und er warenttäuscht. Erst jetzt wurde ihm klar, daß ergar nicht die Absicht gehabt hatte, denKAYMUURTES-Sieger zu sprechen. Ersuchte die Begegnung mit dem Magnortöter!

Axton-Kennon gab dem Roboter ein Zei-chen, und dieser hob ihn auf einen Hocker,den er sonst mühsam hätte erklettern müs-sen.

»Dies ist nicht gerade die Umgebung, diesich ein KAYMUURTES-Sieger bei seinemEinzug in Arkon als Residenz vorgestellthat«, sagte er spöttisch.

Das Gesicht Mana-Konyrs wurde starrwie eine geschliffene Maske. Plötzlich wur-de alles anders. Axtons Sonderhirn meldetesich mit schmerzhaft harten Impulswellen.Der Mann vor seinen Augen schien in einendunklen Nebel zurückzuweichen, und dannwar da plötzlich das Bewußtsein vonKlinsanthor. Axton spürte es so deutlich,daß ihm niemand mehr sagen mußte, wasgeschehen war. Der Magnortöter hatte sichan die Oberfläche gearbeitet. Er hatte dasBewußtsein Mana-Konyrs durchbrochenund selbst die Herrschaft über Körper undGeist übernommen.

Axtons Blicke klärten sich wieder. Diewarnenden Impulse ebbten ab, verschwan-den jedoch nicht ganz.

Das Gesicht des Mannes, der Axton ge-genüberstand, hatte sich verändert. Es warnoch klarer, noch straffer geworden. DieAugen ließen den Kosmokriminalisten nichtmehr los.

»Sie haben mich um die Chance gebracht,den Imperator zu töten«, klang es in Axtonauf. Unwillkürlich hob der Verwachsene dieHände, als wolle er Klinsanthor abwehren.»Ich bin nach Arkon gekommen, um denVerräter zu richten. Ich war nahe an meinemZiel. Sie haben verhindert, daß ich es er-reichte.«

»Es mußte sein«, antwortete der Terranerlaut. Er wurde sich dessen zunächst gar nichtbewußt, daß diese Worte über seine Lippenkamen. Erst als er sah, wie sich die Lippenseines Gegenübers zu einem leichten Lä-cheln verzogen, wurde ihm klar, daß es ge-nügt hätte, diese Worte einfach nur konzen-triert zu denken, um sich Klinsanthor mitzu-teilen.

»Jetzt weiß ich es«, erwiderte der Magn-ortöter, nachdem fast drei Minuten verstri-chen waren. »Sie bereiten Atlan den Weg.Sie sympathisieren mit dem Kristallprinzen.Sie arbeiten hier auf Arkon für ihn.«

»Und wenn es so wäre?« Axton paßtesich nun der lautlosen Verständigung an. Siehatte den außerordentlichen Vorteil, daß sienicht abgehört und aufgezeichnet werdenkonnte. Er fügte laut ein paar belangloseSätze hinzu, die für eventuelle Lauscher ge-dacht waren.

»Warum weichen Sie mir aus?« fragte derMagnortöter telepathisch. »Mich brauchenSie nicht zu fürchten. Sie wissen nun, daßich hier bin, weil ich Orbanaschol vernich-ten will. Man nennt mich den Magnortöter.«

»Ich weiß«, erwiderte Axton auf demgleichen Weg. »Ich habe es von Anfang angewußt, als wir den ersten Kontakt mitein-ander hatten, der mich fast umgebracht hät-te.«

»Sie haben Energie«, erklärte Klinsanthorrätselhaft. »Das ist es, was ich benötige. Ichbin am Ende meiner Kräfte. Meine Existenznähert sich ihrem Ende. Nur Sie könnenmich noch für einige Zeit erhalten. Ich weiß,daß Sie ein Freund Atlans sind.«

»Sie haben mit Atlan gesprochen?«»Das habe ich.«»Berichten Sie«, forderte Axton. Klinsan-

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thor zögerte nicht. Er übermittelte Axton te-lepathisch Eindrücke von seiner Begegnungmit Atlan. Dabei spielte er das Spiel, dasAxton begonnen hatte, mit. Hin und wiederstreute er laut einige Worte ein, aus denensich für eventuelle Beobachter ein Dialogzwischen ihm, dem KAYMUURTES-Sie-ger, und Axton entwickelte.

Der Terraner war fasziniert. Jetzt wußteer, daß seine Arbeit nicht umsonst gewesenwar. Atlan war auf dem Weg zum Zentrumdes Imperiums.

Längst hatten sich alle Furchtgefühle vordem Magnortöter verflüchtet. Sein Sonder-hirn schwieg.

»Wird Atlan bald kommen?« fragte Ax-ton lautlos, als er den Bericht gehört hatte.

»Er wird bald hier sein«, antworteteKlinsanthor. »Je mehr Sie Orbanascholschwächen, desto besser für Atlan.«

»Die Zeit wird knapp«, erklärte der Kos-mokriminalist. »Gegenkräfte machen sichbemerkbar. Sie könnten im letzten MomentAtlan daran hindern, die Macht zu überneh-men.«

Der Magnortöter schwieg. Axton konzen-trierte sich auf ihn und versuchte, ihn zu er-reichen, aber lange Minuten verstrichen, indenen kein telepathischer Impuls kam undihm anzeigte, daß Klinsanthors Bewußtseinnoch da war.

»Meine Kräfte lassen nach«, wisperte esschließlich in Axton.

»Ich werde Sie aus dem Gefängnis ho-len«, versprach der Terraner. »Ich braucheSie, denn Sie müssen mir helfen.«

»Mana-Konyr kommt«, sagte Klinsanthorwarnend. »Er wird immer stärker. Er drängtsich nach vorn. Gehen Sie, bevor er zu starkwird. Gehen Sie!«

Axton stieg vom Hocker direkt auf denRücken Kellys.

»Ich komme wieder«, erklärte er laut undverließ die Zelle. Der vorgespielte Dialogzwischen ihm und Mana-Konyr hatte keingreifbares Ergebnis gebracht.

Die Tür fiel hinter ihm zu. Axton wischtesich den Schweiß von der Stirn. Er war mü-

de und erschöpft.»Zurück zum Imperator«, befahl er.

*

Orbanaschol war nicht allein, als Axtonbei ihm eintrat. Kethor Frantomor war beiihm. Er war jedoch erst kurz vorher einge-troffen, so daß er noch keine Gelegenheitgehabt hatte, einen umfassenden Berichtüber seine Arbeit abzugeben. Mehr als ein-leitende Bemerkungen hatte er noch nichtgemacht. Das merkte der Kosmokriminalist,als sich der Imperator ihm zuwandte.

»Frantomor ist der Ansicht, daß der großeSchlag von Seiten der Macht der Sonnen un-mittelbar bevorsteht. Er glaubt, daß meineFeinde sogar noch heute oder morgen zu-schlagen werden.«

Frantomor begrüßte Axton. Der Geheim-dienstchef verhielt sich fast unterwürfig ihmgegenüber. Seine Blicke hingen an den Lip-pen des Verwachsenen, und sobald Axtonetwas sagte, nickte er zustimmend undwandte sich mal beifallheischend an ihn,mal an Orbanaschol.

»Die Lage ist trügerisch ruhig«, gab Ax-ton zu. »Lassen wir uns nicht täuschen. Ichbin überzeugt davon, daß unsere Gegner zurZeit alles andere als ruhig sind, sondern ihreVorbereitungen in fieberhafter Eile treffen.«

»Tun Sie doch etwas«, forderte Orbana-schol mit schriller Stimme. Tränen der Erre-gung quollen ihm aus den Augen. »Warumsitzen Sie hier herum und unternehmennichts?«

»Wir tun ja etwas«, entgegnete Frantomorbeschwörend.

»Das Hauptproblem ist, die Mitglieder derMacht der Sonnen zu identifizieren«, fügteAxton hinzu. Er lächelte kaum merklich,denn plötzlich wurde ihm bewußt, wie sichdie Machtverhältnisse innerhalb des Ge-heimdiensts verschoben hatten. Frantomorwar dem Rang und dem Namen nach nochChef des Geheimdienstes. Die Macht aberwar seinen Händen entglitten. Sie lag nun inAxtons Händen. Frantomor tat, was er woll-

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te.»Was haben Sie unternommen?« fragte

Orbanaschol den Geheimdienstchef.»Ich habe mit meinen Männern die Woh-

nung und die Büros von Prokasta unter-sucht«, antwortete Frantomor. »Die Spezia-listen haben alle Winkel umgekrempelt. Ih-nen ist nichts entgangen.«

Er blickte Axton an.»Wir haben Ihre Spuren gefunden«, er-

klärte er.»Dann sind Sie nun hoffentlich davon

überzeugt, daß ich triftige Gründe hatte, ge-gen Prokasta vorzugehen«, erwiderte Axtonspöttisch.

»Ich wollte keine Kritik üben«, sagteFrantomor hastig. Er preßte die Lippen zu-sammen und wurde unsicher.

»Na und? Was ist dabei herausgekom-men?« fragte Orbanaschol ungeduldig.»Nun reden Sie endlich.«

»Wir sind auf eindeutige Beweise derSchuld Prokastas gestoßen«, berichtete derGeheimdienstchef eilfertig. »Unter anderemhaben wir einen Raum entdeckt, in dem Kar-teiunterlagen der Organisation der Machtder Sonnen vorhanden waren.«

»Was ist passiert?« fragte Axton mitschneidend scharfer Stimme, als Frantomornicht fortfuhr.

»Einer meiner Spezialisten hat einen Feh-ler gemacht«, gestand Frantomor zögerndein.

»Der Raum war abgesichert«, behauptetAxton. »Ihre Männer waren unvorsichtig ge-nug, sich gleich auf die Kartei zu stürzen,anstatt die Sicherungsanlagen auszuschalten.Die gesamten Unterlagen wurden durch einFeuer vernichtet.«

»Durch ein Säurebad«, korrigierte Franto-mor kläglich. Er wagte es nicht, Axton oderOrbanaschol anzusehen.

»Sie Trottel«, sagte der Imperator mitzornbebender Stimme. »Wie konnte ich nureinen derartigen Versager wie Sie in ein der-art wichtiges Amt erheben?«

»Meine Männer waren übereifrig«, vertei-digte Frantomor sich. »Ich selbst war nicht

dabei, sonst wäre dies kaum passiert. Den-noch trage ich natürlich die Verantwortungdafür.«

»Es waren also alle Unterlagen über dieMacht der Sonnen vorhanden? Damit hättenwir sämtliche Mitglieder dieser verräte-rischen Organisation erfassen und identifi-zieren können?«

»So ist es.« Frantomor war am Ende sei-ner Kraft. Er saß wie ein Häuflein Elend ne-ben Axton.

»Ich sollte Sie erschießen lassen«, sagteOrbanaschol. Er sprang auf und stürzte sichauf den Geheimdienstchef, um ihm die Faustins Gesicht zu schlagen. Er ließ danach je-doch sofort wieder von ihm ab und eilte flu-chend im Raum auf und ab. Schließlichblieb er vor Frantomor stehen, schüttelteverzweifelt den Kopf und setzte sich wieder.

»Ich war überzeugt davon, daß ich an-schließend an diese Besprechung mit einergroßen Säuberungsaktion beginnen konnte«,eröffnete er Axton.

»Was hatten Sie vor, Imperator?«»Ich war entschlossen, einige Sonderkom-

mandos zusammenzustellen und die Mitglie-der der Organisation erschießen zu lassen.«

Axtons Gesicht blieb so unbewegt wievorher, obwohl ihm vor Entsetzen und Ab-scheu der Atem stockte. Er wußte, daß Or-banaschols Worte ernst gemeint waren.Wenn er so etwas sagte, dann hatte er tat-sächlich daran gedacht, Killerkommandosabzukommandieren und alle zu ermorden,die er für hinreichend verdächtig hielt.

»Dann ist das Ergebnis dieser von Ihnenso gepriesenen Aktion also gleich null«,stellte Orbanaschol III. sarkastisch fest.

»Ich muß leider zugeben, daß es so ist«,erwiderte Frantomor nach einiger Zeit, nach-dem der Imperator nicht fortgefahren warund auch Axton das Wort nicht ergriffenhatte.

»Unter diesen Umständen habe ich esnicht leicht mit meiner Empfehlung«, sagteder Kosmokriminalist, nachdem Orbana-schol Frantomor wutentbrannt hinausge-schickt hatte.

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»Sie wollen, daß ich Mana-Konyr freilas-se?«

»Sie müssen. Es bleibt Ihnen keine andereWahl. Aber nicht nur das. Sie müssen sogarnoch einmal mit ihm zusammen auf einerFestveranstaltung erscheinen.«

»Auf gar keinen Fall«, lehnte der Impera-tor kategorisch ab. »Das eine Attentat ge-nügt mir. Glauben Sie, ich würde ein solchesRisiko noch einmal eingehen?«

»Jede Blöße, die Sie sich jetzt geben, wirdvon der Öffentlichkeit als Schwäche ausge-legt werden. Die Tatsache, daß man versuchthat, Sie zu ermorden, dürfte mittlerweile imganzen Imperium bekannt sein. So etwasspricht sich schnell herum. Deshalb wartetman jetzt darauf, daß Sie eine Schwäche zei-gen. Sie stehen im Mittelpunkt des Gesche-hens. Man blickt auf Sie, und Sie könntenIhren Gegnern keinen besseren Gefallen tun,als die Öffentlichkeit zu scheuen.«

»Warum zusammen mit Mana-Konyr?«Axton lächelte. Er antwortete verschmitzt:

»Um aller Welt zu zeigen, daß an diesemdummen Gerücht, der KAYMUURTES-Sie-ger sei verhaftet worden, überhaupt nichtsdran ist.«

3.

Die Vorbereitungen liefen auf Hochtou-ren. Mana-Konyr wurde aus dem Tekayl-Gefängnis entlassen. Damit hatte Axtonnicht direkt etwas zu tun. Ihn gingen auchdie Sicherheitsmaßnahmen für den Impera-tor nichts an. Orbanaschol III. war weitsich-tig genug gewesen, den Kosmokriminalistendamit nicht zu belasten. Axton war froh dar-über, denn er verspürte keine Lust, für dieSicherheit ausgerechnet des Mannes zu sor-gen, den er am meisten haßte. Außerdemhatte er mehr als genug zu tun, da der Impe-rator ihm den Befehl erteilt hatte, denKampf gegen die Macht der Sonnen mit al-ler Energie aufzunehmen. Er wollte dieseOrganisation so schnell wie möglich zer-schlagen. Genau die gleiche Absicht hatteauch Axton-Kennon, wenngleich aus ganz

anderen Motiven.Axton arbeitete wie ein Besessener in den

Archiven des Geheimdiensts. Er hoffte, hierirgendwo Hinweise auf die Männer findenzu können, gegen die er kämpfen mußte. Ersuchte sich die Namen derer heraus, diedurch Orbanaschol reich und mächtig ge-worden waren, wobei er die besonders auf-fälligen Karrieren bevorzugte. Dabei stellteer eine Liste auf, die vorläufig neunzig Na-men enthielt, aber noch nicht alle Persön-lichkeiten erfaßte, die in Frage kamen. Ax-ton wurde sich während der Arbeit darüberklar, daß er Tage und Wochen benötigte, biser auf diesem Weg zu einem greifbaren Er-gebnis kommen würde. Bis dahin aber konn-te es schon viel zu spät sein.

Die Macht der Sonnen hatte sich hervor-ragend getarnt. Die Organisation schienstraff aufgebaut worden zu sein und wurdeoffenbar scharf kontrolliert, so daß sich kei-ne Blößen ergaben.

Axton erkannte schließlich, daß ihm nurder Zufall helfen konnte. Das aber behagteihm überhaupt nicht. Vergeblich grübelte erdarüber nach, wie er vorgehen konnte. Allseine Erfahrung half ihm in diesem Fallüberhaupt nichts. Wo keine Ansatzpunktewaren, konnte es keine Fortschritte geben.

Endlich beschloß er, noch einmal bei Pro-kasta anzufangen. Wieder arbeitete er dasArchiv durch und sammelte Informationenvon überall her. Er hoffte, dabei mehr überdie Freunde des Getöteten zu erfahren, als erbisher wußte. Doch nun zeigte sich, daß Pro-kasta vorsichtig gewesen war. Er hatte dieKontakte zu seinen Freunden und Bekanntenweitgehend einschlafen lassen. Seit fast ei-nem Jahr hatte dieser sonst so gesellige Ar-konide kaum noch jemanden aus seinem frü-heren Bekanntenkreis gesehen. Für Axtonwar das der Beweis dafür, daß der Wider-stand der Emporkömmlinge gegen Orbana-schol seit dieser Zeit ständig gewachsenwar. Vielleicht war die Macht der Sonnenschon vor einem Jahr gegründet worden.

Axton war froh, als sich Avrael Arrkontaüber Video meldete und ihn um ein Ge-

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spräch in seiner Wohnung bat. Der Terranerstimmte augenblicklich zu. Er informierteseine Wache und ließ sich von ihr zu demIndustriellen begleiten. Er blickte auf seinChronometer und stellte überrascht fest, daßOrbanaschol III. schon in etwa einer Stundeseinen großen Auftritt in der Öffentlichkeithaben sollte.

»Sie sind nicht dabei, wenn der Imperatorzusammen mit Mana-Konyr feiert?« fragteArrkonta, als Axton seine Wohnung betrat.

»Dieses Mal nicht«, erwiderte der Kos-mokriminalist. »Und irgendwie bin ich da-mit auch sehr einverstanden. Die Versu-chung, Orbanaschol in der Öffentlichkeiteins auszuwischen, ist sehr groß.«

Axton grinste breit.»Da ich dieses Mal nicht dabei bin, kann

dem Imperator nichts passieren. Er wird sei-ne große Show abziehen und wieder Sympa-thien gewinnen. Das wird es unserem Geg-ner ein wenig schwerer machen, gegen ihnvorzugehen.«

Er setzte sich und blickte Arrkonta fra-gend an: »Was gibt es?«

»In meinen Unternehmen wird es unru-hig«, antwortete der Arkonide. »Ich spüre,daß da Politik mit im Spiel ist. Einer meinerleitenden Mitarbeiter hat einige Bemerkun-gen fallenlassen, die mich nachdenklich ge-macht haben.«

»Worum geht es?«»Opposition zu Orbanaschol«, erklärte

der Freund offen. »Nichts Bestimmtes, nurvage Andeutungen.«

»Was stört Sie dabei?«»Ich denke dabei an unsere Organisation

Gonozal VII. Versucht hier jemand, An-schluß an sie zu finden? Sind uns eventuellLeute vom Geheimdienst auf die Spur ge-kommen, ohne daß Sie es gemerkt haben?Bitte, unterschätzen Sie Frantomor nicht. Ermacht viele Fehler, aber er hat Spezialistenunter sich, die etwas von ihrem Fach verste-hen.«

»Das ist mir klar«, erwiderte Axton. »Siefürchten also, daß irgendeine Abteilung unsauf die Spur gekommen ist?«

»Ich bin unsicher. Das ist alles. Ich habedas Gefühl, daß jemand mit mir Kontakt ha-ben will, aber ich weiß nicht, ob dieser Un-bekannte tatsächlich gegen Orbanaschol op-poniert oder ob er nur vorgibt, es zu tun, ummich auf diese Weise in eine Falle zulocken.«

»Machen Sie sich keine Sorgen«, entgeg-nete Axton. »Es ist gut, daß Sie mich infor-miert haben. Sollten Frantomors Leute da-hinterstehen, dann sind Sie durch mich hun-dertprozentig gedeckt. Gehen Sie auf dieBemühungen des Unbekannten ein. SeienSie vorsichtig und zurückhaltend, wie es je-der wäre, der viel zu verlieren hat. Vielleichthaben wir Glück. Vielleicht steht jemand da-hinter, den ich händeringend suche.«

Die beiden Freunde diskutierten noch eineWeile weiter miteinander. Dann stellte derArkonide den 3-D-Video ein. Das großeFest hatte bereits begonnen. Es unterschiedsich nicht wesentlich von dem, das Orbana-schol beinah zur Katastrophe geworden wä-re. Der Imperator war bereits eingetroffen.Die Kamera erfaßte ihn immer wieder, wieer offensichtlich vergnügt mit Mana-Konyrplauderte.

»Er hat sich gefangen«, sagte Axton.»Passen Sie auf, Avrael. Sobald Orbana-schol merkt, daß alles gut läuft, wird er diesich ihm bietende Chance beim Schopfpacken und für sich nutzen. Er wird einegroße Propagandashow für sich daraus ma-chen.«

Wenig später war es soweit. OrbanascholIII. hielt eine Rede an das Volk der Arkoni-den. Sie wurde bis in die äußersten Bereichedes Imperiums ausgestrahlt.

»Er hat sich glänzend vorbereitet«, sagteArrkonta, nachdem sie einige Minuten langzugehört hatten.

»Erstaunlich, wie er das in der kurzen Zeitgeschafft hat«, bemerkte Axton. »Er istkaum wiederzuerkennen.«

Tatsächlich war der Imperator wie umge-wandelt. Er wirkte frisch und konzentriert.In einer psychologisch geschickt aufgebau-ten Rede stellte er sich selbst und seine Poli-

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tik dar. Er gab zu, daß Fehler gemacht wor-den waren und daß seine Politik nicht immerglücklich gewesen war. Er behauptete, daßeinige seiner Mitarbeiter krasse Fehlent-scheidungen getroffen hätten, für die sie be-straft worden seien. Damit wollte er vertu-schen, daß er für Terrormaßnahmen verant-wortlich war.

»Viele werden es ihm abnehmen«, sagteAxton-Kennon. »Sie werden ihm glauben,daß er eigentlich ein ganz guter Mensch ist,der lediglich von einigen Politikern und Be-amten betrogen worden ist.«

»Ich kann nur staunen«, bemerkte der Ar-konide. »So habe ich ihn noch nie erlebt.«

»Er ist äußerst intelligent«, erklärte derKosmokriminalist. »Deshalb wäre es ein ge-fährlicher Fehler, ihn zu unterschätzen.«

Orbanaschol ging zu den politischen Plä-nen über, die er in den kommenden Monatenund Jahren verwirklichen wollte. Er machteVersprechungen, stellte soziale Verbesse-rungen in Aussicht und kündigte wirtschaft-liche Blütezeiten an.

»Wie ein Blumenstrauß«, kommentierteAxton. »Für jeden etwas.«

»Aber wiederum so raffiniert, daß dieMehrheit ihm glauben wird«, sagte Arrkontavoller Unbehagen.

Der Terraner lächelte.»Das gefällt Ihnen nicht, wie?« fragte er.

»Was stört Sie daran?«»Mir mißfällt, daß es Orbanaschol ge-

lingt, sein Ansehen mit dieser einen Redewesentlich zu verbessern. Dies ist ein ganzanderer Orbanaschol, als wir bisher erlebthaben. Der Mann scheint sich völlig gewan-delt zu haben.«

»Fallen Sie auch darauf herein?«»Natürlich nicht. Ich stelle nur fest, daß

dieser Eindruck entsteht. Viele, die bishererklärte Feinde Orbanaschols waren, werdennun Hoffnung schöpfen und sagen: Soschlecht ist er gar nicht. Lassen wir ihn lie-ber schalten und walten. Wer weiß, wernach ihm kommt?«

»Beruhigen Sie sich, Avrael«, bat Axtonlächelnd. »Orbanaschols Zeiten gehen zu

Ende. Nichts kann den Zusammenbruchmehr verhindern.«

»Sind Sie davon so überzeugt, Lebo, oderwissen Sie es aus dem Verlauf der altarkoni-dischen Geschichte?«

Axton schüttelte den Kopf.»Leider nicht. Über das Ende Orbana-

schols war zu meiner Zeit nichts bekannt.Die Geschichte berichtet zwar, daß es ziem-lich abrupt mit ihm vorbei war, aber wie esgeschehen ist, ist mir ebenso unbekannt wieIhnen.«

»Schade.«Axton blickte auf den Bildschirm und

stutzte.»Was ist denn das?« fragte er verblüfft.

»Hat Orbanaschol eben mühsam ein Gähnenunterdrückt, oder irre ich mich?«

Avrael Arrkonta lachte.»Lieber Freund«, rief er, stand auf und

holte Getränke. »Sie glauben doch wohlnicht, daß Orbanaschol mitten in seinerflammenden Rede einschläft.«

»Das wäre zu schön«, entgegnete Axton.Der Imperator steigerte seine Stimme. Er

sprach über den Krieg gegen die Methanat-mer. Auch hier machte er dem Volk weitereVersprechungen. Er sagte, man werde sichnun mit aller Kraft auf diese Auseinander-setzung konzentrieren, damit kein Arkonidemehr um das Leben seiner Söhne fürchtenmüsse.

Danach aber schien sich die Kraft Orba-naschols erschöpft zu haben. Er gähnte hin-ter der vorgehaltenen Hand und fuhr sichdann über die Augen. Einige Sekunden langschien er den Faden verloren zu haben, dannfing er sich jedoch wieder und setzte seineRede fort. Und wieder gelang es ihm, seineHörer zu beeindrucken. Er verhielt sich sogeschickt, daß Arrkonta verärgert abschaltenwollte. Axton hinderte ihn daran.

»Ich möchte ihn bis zum Ende seiner Re-de hören«, sagte er. »Bitte, schalten Sienicht ab.«

»Es fällt mir schwer, diesem Verbrecherzuzuhören und ihn Dinge sagen zu lassen,von denen wir allzu gut wissen, daß es Lü-

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gen sind. Woher nimmt dieser Mann denMut, derartige Unwahrheiten zu verbrei-ten?«

»Er kämpft«, bemerkte Axton. »Er stehtmit dem Rücken an der Wand und kämpftum den Thron und um sein Leben. Er weißgenau, daß sich sein Schicksal in diesen Ta-gen entscheiden wird. Entweder gelingt esihm, sich zu retten, oder er geht unter. Mirgefällt, daß sich die Gegner Atlans auf dieseWeise gegenseitig auseinandernehmen. FürAtlan hätte es nicht besser kommen kön-nen.«

Axton wollte noch mehr sagen, doch Or-banaschol stockte plötzlich mitten im Satz.Er fuhr sich mit der Hand über die Augenund gähnte dieses Mal ganz offen. Dann er-schrak er sichtlich über sich selbst. Er richte-te sich auf. Sein Gesicht verzerrte sich beiseinem Bemühen, nicht erneut zu gähnen.

Dann legte er sich ganz langsam zurück.Seine Augen schlossen sich und sein Kopfsank nach vorn. Kein Laut war zunächst zuhören, doch dann vernahmen Axton undArrkonta, wie Orbanaschol tief durch dieNase einatmete und die Luft zwischen denschlaffen Lippen entweichen ließ.

Die Kamera blieb auf den schlafendenImperator gerichtet!

Etwa eine ganze Minute verstrich. Orba-naschol gab leise Schnarchtöne von sich.

Avrael Arrkonta schlug sich die Händeklatschend auf die Knie. Er lachte so heftig,daß sich sein ganzer Körper schüttelte. Errutschte aus dem Sessel heraus, blieb aufdem Boden hocken und blickte mit tränen-den Augen auf den Bildschirm.

Auch Lebo Axton-Kennon schüttelte sichvor Lachen. Auch er konnte seine Blickenicht vom Bildschirm lösen, auf dem derfriedlich schlafende Orbanaschol III. zu se-hen war.

Selbst als das Bild verschwand, beruhig-ten sich die beiden Männer nicht. Im Gegen-teil. Ihr Gelächter steigerte sich noch, als einstammelnder Reporter im Bild erschien undmitteilte, daß die Sendung aus technischenGründen unterbrochen werden müßte.

Die beiden Frauen des Arkoniden eilten inden Salon und fragten verwirrt, was gesche-hen sei. Avrael Arrkonta versuchte, es ihnenzu erklären, wurde jedoch immer wieder vonLachanfällen behindert. Auch Axton bemüh-te sich vergeblich, ihnen das Ereignis zuschildern. Er brachte es jedoch fertig, Gent-leman Kelly den Befehl zu geben, dieseAufgabe zu übernehmen.

Die Frauen hörten sich an, was der Robo-ter ihnen mitteilte, lachten jedoch nicht, son-dern blickten Arrkonta und Axton sprachlosstaunend an. Sie ließen die beiden Männerallein.

Die beiden Freunde beruhigten sich bald.»Das war Ihr Werk«, rief der Arkonide.

»Und Sie haben sich mit keinem Wort verra-ten.«

Axton schüttelte den Kopf.»Nein«, antwortete er. »Dieses Mal habe

ich nichts damit zu tun. Ich gehe jede Wetteein, daß die Macht der Sonnen hinter diesemAttentat steht. Sie wollte den Imperator voraller Öffentlichkeit lächerlich machen, undes ist ihr mit einfachsten Mitteln hundertpro-zentig gelungen.«

»Wahrhaftig«, stimmte Arrkonta er-schöpft zu. »Das hätte ich nicht für möglichgehalten. Orbanaschol hat sich bis auf dieKnochen blamiert.«

»Das ist Macht«, sagte Axton versonnen.»Unsere Gegenspieler haben vermutlichspontan gehandelt. Sie hatten zu wenig Zeit,sorgfältige Vorbereitungen zu treffen. Nochwährend der Sendung muß ihnen die Ideegekommen sein, die sie sofort realisiert ha-ben.«

»Was glauben Sie, wie sie es gemacht ha-ben?«

»Mit Gas.« Axton krauste die Stirn.»Orbanaschols Rache wird schlimm werden.Man kann dem Regisseur der Sendung nurempfehlen, so schnell wie möglich zu ver-schwinden. Alles wäre nicht so schlimm ge-wesen, wenn er sofort ausgeblendet hätte.Aber so …?«

Avrael Arrkonta hob sein Glas dem Terra-ner entgegen.

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»Trinken wir auf Atlan«, sagte er. »DieseSendung ist in das gesamte Imperium ausge-strahlt worden. Auf sämtlichen Planeten desImperiums und auf allen Raumschiffen hatman sich vermutlich gebogen vor Lachen.«

»Falls man es wagen konnte, offen zu zei-gen, was man denkt!«

*

»Er ist erst vor zwei Stunden wieder auf-gewacht«, berichtete der Kristallmeister, alsLebo Axton am folgenden Morgen in denPrivaträumen Orbanaschols erschien. »Erstwußte er überhaupt nicht, was passiert war.

Aber dann erinnerte er sich.«»Was hat er getan?« fragte der Verwach-

sene.»Er hat so getobt, daß die Ärzte ihm Be-

ruhigungsmittel injizieren mußten. Es warfurchtbar. So habe ich ihn noch nie erlebt.«

Axton nickte dem Arkoniden zu. Er hattesich die Reaktion Orbanaschols genau sovorgestellt.

»Hat er sich die entscheidenden Szenennoch einmal vorführen lassen.«

»Er ist gerade dabei, sie sich anzusehen«,antwortete der Kristallmeister. »Er hat denBefehl gegeben, die verantwortlichen Män-ner und Frauen der Sendeanstalt zu verhaf-ten und wegen Hochverrats anzuklagen. Wieich erfahren habe, sind sie jedoch alle ver-schwunden.«

»Das habe ich mir gedacht.« Axton zeigteauf die Tür, die zu Orbanaschols Salon führ-te. »Kann ich hineingehen?«

»Er hat Anweisung gegeben, Sie sofort zuihm zu lassen.«

Axton dankte dem Arkoniden und betratden Salon. Orbanaschol war nicht da. Axtonstieg vom Rücken Kellys herab und wartete.Nach einigen Minuten kam der Imperatorherein.

Er hatte sich in erschreckender Weise ver-ändert. Durch nichts erinnerte er jetzt nochan den Mann, den Axton am Abend zuvorim 3-D-Vision gesehen hatte. Sein Gesichtwar grau. Der Mund bildete nur noch einen

schmalen Strich, und die Augen schienenhinter den Fettwülsten verschwunden zusein.

Doch das äußere Bild war gar nicht ein-mal so entscheidend. Für einen Psychologenwie Axton-Kennon war klar erkennbar, wassich im Inneren dieses Mannes abgespielthatte und wie es jetzt darin aussah.

Orbanaschol war nun gefährlicher als je-mals zuvor in seiner Regierungszeit. Axtonstand einer Bestie in menschlicher Gestaltgegenüber, die entschlossen war, die Machtzu behaupten, ganz gleich, mit welchen Mit-teln. Orbanaschol war von unbändigem Haßgegen seine früheren Freunde erfüllt.

Darüber hinaus aber bot er das Bild einesMannes, der nicht mehr wußte, was er tunsollte.

»Sie haben es gesehen?« fragte er knappund setzte sich an einen Tisch. Axton fielauf, daß Orbanaschol in dieser schärfstenKrise seines Lebens sogar darauf verzichte-te, sich mit Speisen vollzustopfen.

»Ich habe davon gehört und mir eine Auf-zeichnung vorführen lassen«, erwiderte Ax-ton.

»Haben Sie etwas unternommen?«»Ich konnte noch nichts tun, was uns wei-

terbringt, weil ich Ihre Zustimmung benöti-ge.«

Orbanaschol fixierte ihn mit seinen Au-gen.

»Meine Zustimmung? Ich habe Ihnen aus-drücklich gesagt, daß Sie tun und lassenkönnen, was Sie für richtig halten. MeineUnterstützung haben Sie in jedem Fall.«

»Ich brauche mehr. Ich bin auf Ihre Mitar-beit angewiesen.«

»Was soll das heißen?«»Die Macht der Sonnen hat sich so ge-

schickt getarnt, daß sich mir keine Ansatz-punkte bieten. Ich komme nicht weiter. Des-halb habe ich einen Vorschlag.«

»Nun gut. Lassen Sie hören.« Orbana-schol war beherrscht und eiskalt. Die beruhi-genden Mittel wirkten noch.

»Wir müssen die Macht der Sonnen zumZug kommen lassen. Sie soll einen Schei-

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nerfolg erzielen. Das ist die einzige Mög-lichkeit, ihre Mitglieder zu identifizierenund gleichzeitig zu überführen. Nur dannkönnen wir sie unschädlich machen.«

»Was habe ich damit zu tun?«»Ich möchte, daß Sie im entscheidenden

Moment auf meine Pläne eingehen. Selbst-verständlich werde ich Sie vorher informie-ren und Sie so absichern, daß nichts passie-ren kann. Ich will die Macht der Sonnen ver-nichten.«

»Sagen Sie mir, welchen Plan Sie ent-wickelt haben.«

»Ich bin noch nicht soweit, daß ich Ihneneinen exakten Plan vorlegen kann. Ich muß-te mich nur noch einmal vergewissern, daßSie mir wirklich den Rücken freihalten wer-den.«

»Darauf können Sie sich verlassen«, be-teuerte Orbanaschol. Sein Gesicht verzerrtesich plötzlich vor Haß. »Glauben Sie mir,ich brenne darauf, diese Verräter zu vernich-ten. Je schneller es geht, desto besser.«

»Ich will sie alle. Nicht ein einziger sollmir entgehen. Deshalb werde ich nichtsüberstürzen, aber auch keine unnötige Zeitverstreichen lassen.«

Orbanaschol war einverstanden, und da-mit waren die Weichen gestellt. Axton ver-abschiedete sich. Er plante, blind bei einigender mächtigsten Persönlichkeiten des Impe-riums vorzustoßen. Eine andere Möglichkeitsah er nicht. Er konnte nur hoffen, auf dieseWeise einen Volltreffer zu erzielen.

Doch der Zufall kam Axton zu Hilfe, einZufall allerdings, der eigentlich keiner war.

*

Avrael Arrkonta meldete sich, als Axtonmit seinem Gleiter und seinen Wächtern denKristallpalast verließ. Er bat den Terraner zusich.

Als Axton die Wohnung des Industriellenbetrat, kam dieser ihm erregt entgegen.

»Sie haben sich gemeldet«, sagte er. »Unddieses Mal haben sie die Maske fallen las-sen. Sie wollen mich aufnehmen.«

»Die Macht der Sonnen?«»Allerdings«, erwiderte Arrkonta.

»Äußerst vorsichtig und zurückhaltend ha-ben sie sich an mich herangepirscht. Ich ha-be das getan, was Sie mir geraten haben, undjetzt ist es soweit. Ich habe den Namen einesMitglieds. Dieser Mann ist mir bekannt, aberich bin kein Freund von ihm. Es ist ein Em-porkömmling, der allerdings weiß, daß ichkeine großen Sympathien für Orbanascholempfinde. Sein Name ist Ertrapp Quartantat.Er ist Bauunternehmer. Er hat Firmen aufwenigstens hundert Planeten des Imperi-ums.«

»Der Name ist mir bekannt«, sagte Axton.»Auf diesen Mann bin ich bei meinen Nach-forschungen auch schon gestoßen. Man sagt,daß er außerordentlich gute Beziehungen zurSENTENZA hat.«

»Das gibt er sogar offen zu«, bemerkteArrkonta. Verständnislos über soviel Drei-stigkeit schüttelte er den Kopf. »Quartantatfühlt sich offenbar völlig sicher.«

»Wir hatten vereinbart, daß Sie Fragenstellen sollten«, sagte der Kosmokriminalist.»Haben Sie sich beispielsweise erkundigt,ob man Ihnen gewisse Garantien gebenkann, wenn Sie mitmachen?«

Arrkonta nickte.»Es gibt keine Kartei und überhaupt keine

Unterlagen mehr über die Organisation. DerVerbindungsmann hat mich wissen lassen,daß ich mir in dieser Hinsicht keine Sorgenzu machen brauche. Man will Ihnen keiner-lei Ansatzpunkte bieten.«

Axton hatte es nicht anders erwartet. Erwar sich darüber klar, daß die Machtgruppe,gegen die er arbeitete, in ihm ihren gefähr-lichsten Feind sah, und daß sie sich nun mitallen Mitteln gegen ihn absicherte.

»Was werden Sie tun?« fragte der Arkoni-de.

»Ich werde Quartantat besuchen«, erklärteAxton. »Allerdings zu einer Zeit, da er nichtdamit rechnet. Dann werden wir weiterse-hen.«

»Könnte das nicht eine Falle sein, Lebo?Ich meine, könnte die Macht der Sonnen mir

Das Ende des Magnortöters 19

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dieses Angebot nicht gemacht haben, damitSie bei Quartantat einbrechen? Vielleicht er-wartet man Sie dort, um Sie zu töten?«

4.

Gentleman Kelly steuerte den Gleiter überden Trichterbau, der sich wie ein giganti-scher Pilz von einer Insel in tropischen Ge-wässern erhob. Axton blickte nach unten. Erbefand sich in einer Höhe von etwa fünftau-send Metern. Die Luft war klar, und in derDunkelheit konnte er die verschiedenen be-leuchteten Einrichtungen auf dem Dach desGebäudes gut erkennen.

»Du wirst hier auf mich warten«, sagte er.»Quartantat hat seine Wohnung gegen Ro-boter abgesichert. Du würdest einen Alarmauslösen, wenn du sie betrittst.«

Er breitete den Bauplan, den er von einemArchitektenbüro erhalten hatte, auf seinenKnien aus. Abermals überprüfte er seineÜberlegungen. Stundenlang hatte er schonan diesem Plan gesessen und nach einemWeg gesucht, der in die Wohnung führte.Dieses Mal kam es darauf an, keine Spurenzu hinterlassen. Ertrapp Quartantat durftenicht merken, daß er ihm einen Besuch ab-gestattet hatte.

»Es muß möglich sein«, sagte Axton. Eröffnete ein Seitenfenster. Sofort fiel derDruck in der Kabine ab. Laut keuchend rangder Verwachsene nach Luft. Er stieß die Türauf, rutschte ein wenig weiter auf der Sitz-bank zur Seite und ließ sich aus dem Gleiterfallen.

Er stürzte in die Tiefe. Heftig zerrte derWind an seiner Kleidung. Axton schloß dieAugen und schützte sie, indem er eine Handdavor hielt. Die andere Hand legte sich umden breiten Kunststoffgürtel, der sich umseine Hüften schlang.

Leise zählte er, bis er etwa tausend Metertief gefallen war. Dann schaltete er das Anti-gravgerät ein, das er an den Hüften trug.Sein Sturz verlangsamte sich. Er öffnete dieAugen und blickte nach unten. Jetzt näherteer sich dem Dach zu langsam. Er regulierte

den Antigrav neu ein, so daß sich sein Fallwieder beschleunigte.

Auf dem Dach des Gebäudes, in demQuartantat wohnte, herrschte ein lebhaftesTreiben. In den zahlreichen Restaurants undVergnügungsstätten hielten sich zahlreicheBesucher auf. Ein beleuchtetes Schwimm-bad in der Mitte der kreisrunden Dachflächeleuchtete wie ein großes, blaues Auge in dieNacht hinein. Axton fühlte sich durch diesesLicht irritiert, da es so hell war, daß es vieledunkle Stellen in der Nähe überstrahlte. Inihnen, so fürchtete Axton, konnten sich Be-obachter befinden, die den Luftraum überdem Gebäude überwachten.

Er horchte in sich hinein. Von seinemSonderhirn gingen warnende Impulse aus,die jedoch nicht übermäßig stark waren.Hatte Quartantat also gar keine Falle aufge-stellt?

Axton ließ sich zügiger fallen. Rasendschnell kam das Dach auf ihn zu. Er korri-gierte die Richtung einige Male, und dannjagte er auch schon in einen dunklen Garten-bereich hinein. In letzter Sekunde riß er denHebel am Antigrav herum, und sanft berühr-ten seine Füße ein Blumenbeet. Direkt ne-ben ihm schrie jemand auf. Axton fuhr her-um. Seine Hände zuckten zu den Waffen anden Hüften. Doch zu spät. Jemand rannteihn um und hastete davon.

Axton stürzte zu Boden. Als er sich wie-der aufrichtete, erhielt er einen Tritt, der ihnerneut zwischen die Blumen schleuderte.

Und dann hastete ein Mann fluchend anihm vorbei und verschwand in der Dunkel-heit. Axtons infrarotempfindliche Augen er-faßten ihn noch, ohne Einzelheiten auszuma-chen.

Ärgerlich erhob sich der Terraner. Schwe-bend flüchtete er etwa fünfzig Meter weiterund verharrte unter einem Baum. Von hieraus konnte er sehen, daß das Pärchen, das ergestört hatte, etwa hundert Meter von ihmentfernt heftig miteinander diskutierend aneinem künstlichen Brunnen stand und immerwieder dorthin blickte, wo er gelandet war.Axton ärgerte sich über das Pech, das er ge-

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habt hatte. Mit allem hatte er gerechnet, nurnicht damit, daß er ausgerechnet einem ver-liebten Pärchen fast auf den Kopf fallenwürde.

Er beobachtete, daß die beiden ängstlichund verschreckt zu der Stelle zurückkehrten,von der er sie vertrieben hatte. Sie suchtendort zwischen den Blumen und Büschennach etwas, was sie verloren hatten. Und siestritten miteinander. Axton glitt lautlos ansie heran, bis er so nahe war, daß er sie ver-stehen konnte.

Das Pärchen konnte sich nicht darüber ei-nigen, was sie gestört hatte. Die Arkonidinmeinte, ihr Freund, von dem sie sich ge-trennt hatte, habe ihr einen bösen Streichspielen wollen, während er die Ansicht ver-trat, irgend etwas müsse aus einem über siehinwegfliegenden Gleiter herausgefallensein.

Axton grinste.Du ahnst ja gar nicht, wie Recht du hast,

Junge, dachte er, wandte sich ab und nähertesich nun einem Reparaturschacht. In ihm be-fand sich ein Kombinationsroboter, der aus-schließlich Reparaturaufgaben zu erfüllenhatte. Mühelos öffnete Axton die Tür, diezum Schacht führte. Dazu brauchte er nurein einfaches Schloß zu überwinden, dasselbst einem Ungeübten kaum großen Wi-derstand geleistet hätte. Die Reparaturkabinebefand sich gleich dahinter am oberen Ein-gang des Schachtes, der bis in die Kellerge-schosse hinabreichte. Sie war verschlossen.Aber auch diese Tür brachte keine Problemefür den Terraner mit sich. Schon nach weni-gen Sekunden glitt sie zur Seite. Axton standvor dem Kombinationsroboter, auf den erseine ganzen Hoffnungen setzte. Dieses Ge-rät bot ihm, wie er meinte, die einzige Mög-lichkeit, an die Wohnung Quartantats heran-zukommen, ohne Spuren zu hinterlassenoder einen Alarm auszulösen. Dies wargleichzeitig auch der einzige Roboter, dervon der Sicherungspositronik des Hausesakzeptiert wurde.

Der Automat füllte die Kabine fast voll-kommen aus. Er setzte sich aus einer Reihe

von Automaten zusammen, die verschiedeneReparaturfunktionen hatten. Keiner von ih-nen konnte sich unabhängig von den ande-ren bewegen. Wenn irgendwo im GebäudeSchäden zu beheben waren, dann setzte diePositronik der Kabine die Roboter nach denAufgaben, die sie zu erfüllen hatten, zusam-men und versah sie mit den Geräten, die be-nötigt wurden. Das hatte den Vorteil, daßvon einer zentralen Stelle aus alle Arbeitengesteuert und erledigt werden konnten, ohnedaß dazu eine Armee von Robotern aufgebo-ten werden mußte, die viel Platz in An-spruch genommen hätte.

Zugleich galt das System als einbruchsi-cher, denn ein Erwachsener hatte zwischenden zahllosen Geräten und Roboterteilennicht genügend Platz, da der Raum optimalgenutzt worden war. Axton stand zunächstein wenig ratlos vor dem Gewirr von Werk-zeugen, Ersatzteilen und Robotgliedern, bises ihm gelang, das Schema zu erkennen,nach dem alles aufgebaut war. Vorsichtiglöste er einige Teile aus den Halterungenund lagerte sie ein wenig anders, bis nachmühseliger und zeitraubender Arbeit eineLücke entstand, die gerade groß genug fürihn war. Er kroch hinein und zog die Beinehinterher, dann schloß er die Tür mit einemFunkimpuls. Sie schob sich zu, und nun warer so eingeklemmt, daß er sich nicht mehrbewegen konnte.

Mit einem weiteren Funkbefehl setzte erdie Kabine in Bewegung. Jetzt zeigte sich,daß die sorgfältigen Vorbereitungen, die ergetroffen hatte, sich auszahlten. Der Auto-mat gehorchte seinen Befehlen. Ungeduldigwartete der Verwachsene darauf, daß derRoboter sein Ziel erreichte. Seine Beineschmerzten schon bald, da sie in der Positi-on, die er zwangsläufig hatte einnehmenmüssen, nicht ausreichend durchblutet wur-den. Die Luft wurde knapp. Keuchend ranger nach Atem. Er spürte, daß er es nichtmehr lange in der qualvollen Enge aushaltenwürde. Die Sinne drohten ihm zu schwin-den.

Eine endlose Zeit schien vergangen zu

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sein, als der Roboter endlich hielt. Er ließsich einfach aus dem Versteck kippen. SeineBeine krümmten sich, als sich die Muskelnder Oberschenkel unter Krämpfen verhärte-ten.

Minutenlang wälzte Axton sich auf demBoden hin und her, streckte und drehte dieBeine, bis die Krämpfe nachließen. Danachblieb er erschöpft auf dem Boden liegen. Erbefand sich in einem kleinen Vorraum zumReparaturschacht, in dem irgend jemand ei-nige Kisten mit Ausrüstungsmaterial abge-stellt hatte. Eine Zahl neben der Tür zeigteihm an, daß er sich im richtigen Stockwerkund dazu direkt neben der Wohnung Quar-tantats befand. Er blickte auf sein Chrono-meter. Befriedigt stellte er fest, daß er sichnoch innerhalb der Zeit bewegte, die er sichgesetzt hatte.

Er vergegenwärtigte sich, wie die Woh-nung des Industriellen aussah. Sie glich vonoben betrachtet, einem stumpfen Torten-stück. Der größte Raum war der Salon, dersich an der gläsernen Peripherie entlangzog.Er war etwa hundert Meter lang und zwan-zig Meter tief. Dahinter lagen die verschie-denen anderen Räume, die weit wenigergroß waren.

Die Wohnung hatte drei Eingänge, die je-doch alle auf der Axton entgegengesetztenSeite lagen. Die Versorgungsschächte führ-ten an dem stumpfen Innenteil vorbei, lagenalso näher an der senkrechten Mittelachsedes Gebäudes. Von ihnen ausgehend, hatteder Kosmokriminalist in den meisten Fällenseine Angriffe gegen sorgsam abgesicherteWohnungen vorgetragen. In diesem Gebäu-de war das so gut wie unmöglich, da überauszahlreiche Sicherheitssysteme vorhandenwaren. Zudem rechnete Axton damit, daßsich in diesen kritischen Bereichen Wächteraufhielten. Er war überzeugt davon, daß dasAngebot an Avrael Arrkonta nicht seriöswar, sondern eine Falle für ihn darstellte.

Die Wohnung Quartantats glich einer Fe-stung, in die er eindringen und dabei einenAlarm auslösen sollte.

Er richtete sich auf und brachte einige po-

sitronische Sonden an der Tür an. Sorgfältigprüfte er, ob Sicherungsanlagen vorhandenwaren. Gleichzeitig horchte er in sich hinein,um augenblicklich reagieren zu können,wenn sich die warnenden Signale seinesSonderhirns intensivierten.

Die Tür glitt lautlos zur Seite. Dahinterlag ein unbeleuchteter Raum, in dem mehre-re Maschinen standen. Es waren die Versor-gungsanlagen für das Schwimmbad und dietechnischen Einrichtungen der Wohnung.

Wiederum heftete der Terraner einigeSonden an die Wand und nahm Prüfungenvor. Sie bestätigten ihm, daß sich im Neben-raum niemand aufhielt, und sie ergaben, daßdie dort vorhandene elektronische Kameranicht eingeschaltet war. Auch brannte keinLicht im Schwimmbad.

Axton legte seine Kleider bis auf eine Un-terhose ab. Einige technische Geräte und ei-ne Energiestrahlwaffe deponierte er in ei-nem Plastikbeutel. Dann rollte er eine Pla-stikfolie auseinander und breitete sie direktan der Wand auf dem Boden aus. Er knietesich darauf und klebte die Folie dicht überdem Boden an der Wand fest. Er zog denPlastikbeutel zu sich heran und heftete diedurchsichtige Folie nun auch an den Seitenan die Wand, indem er sie erst links, dannrechts von sich hochzog. Schließlich ver-schweißte er sie mit einem Spezialkleberauch über seinem Kopf, so daß er nun selbstin einem Plastiksack steckte, der luftdichtabgeschlossen war. Er schob sich eine Sau-erstoffkapsel in den Mund, zerbiß sie jedochnoch nicht, da noch genügend Luft innerhalbder Folie vorhanden war.

Nun setzte er ein Desintegratormesser andie Wand und senkte den materieauflösen-den Strahl vorsichtig hinein, nachdem er miteinem Meßinstrument genau die Stelle aus-gemacht hatte, an der er beginnen mußte.Die Wand war etwa acht Zentimeter dick.Als er das Messer nun höher führte, quollaus dem entstandenen Schlitz das Wasserhervor.

Axton beschleunigte seine Arbeit. Erführte das Messer schneller und schnitt ein

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Quadrat aus der Wand, das eine Seitenlängevon etwa vierzig Zentimetern hatte. Als erfast damit fertig war, war bereits sovielWasser aus der Wand gekommen, daß sichder Plastikbeutel bis zu seinen Schultern hingefüllt hatte. Er wartete nun ab, bis der Was-serspiegel ihm über den Kopf stieg, machteeinen letzten, tiefen Atemzug und tauchteunter. Das quadratische Stück kam ihm ent-gegen. Obwohl der Wasserdruck nun inner-halb des Plastikbeutels fast so hoch war wiejenseits der Wand, hatte er doch Mühe, dasAusschnittstück mit seinen schwächlichenArmen zu halten.

Er schaffte es mit größter Anstrengungund nachdem er die Sauerstoffkapsel zerbis-sen hatte. Vorsichtig setzte er das Wand-stück ab und lehnte es zu seinen Füßen ge-gen die Wand. Dann nahm er den Beutel mitden Spezialwerkzeugen und der Waffe aufund schob sich langsam durch die Öffnung.

Die Luft wurde ihm knapp. Seine Lungenbegannen zu schmerzen, und er schlucktemit geschlossenem Mund, um damit denAtemreiz noch etwas zu unterdrücken.Langsam stieg er im Wasser auf. Mit ganzerKraft kämpfte er gegen das Verlangen an,sich mit einem energischen Armzug an dieWasseroberfläche zu bringen. Obwohl erfürchtete, ersticken zu müssen, beschleunig-te er sein Tempo nicht. Seine Augen weite-ten sich. Er blickte nach oben. Unendlichlangsam kam die Wasseroberfläche entge-gen. Er durchbrach sie lautlos, und es gelangihm, den ersten Atemzug so diszipliniertdurchzuführen, daß er sich nicht verriet. Vorseinen Augen flimmerte es, doch mit jedemAtemzug besserte sich sein Befinden, da dasSauerstoffdefizit wieder ausgeglichen wur-de.

Er drehte sich langsam um sich selbst.Seine infrarotempfindlichen Augen konntenausreichend sehen. In der Schwimmhallehielt sich niemand auf. Er hatte es geschafft.Er war in der Wohnung von Ertrapp Quar-tantat, ohne einen Alarm ausgelöst zu haben.

Leise schwamm er zu einer Leiter undkletterte daran hoch. Dann setzte er sich auf

den Beckenrand, um sich von den Anstren-gungen zu erholen. Wie groß sie gewesenwaren, das merkte er erst jetzt. Die Händezitterten ihm vor Schwäche.

Axton öffnete den mitgeführten Beutelund nahm eine kleine Schachtel mit Medika-menten daraus hervor. Dann stopfte er sichein paar Tabletten in den Mund und ließ sichauf den Rücken sinken. Nur wenige Sekun-den vergingen, bis die Wirkung einsetzte,und er sich von den Anstrengungen erholte.Er wußte, er würde später mit einer starkenSchwächeperiode dafür bezahlen müssen,daß er seine Kräfte nun mit pharmazeuti-schen Mitteln mobilisierte, aber er hatte kei-ne andere Möglichkeit.

Er ging zu einem Handtuchspender undtrocknete sich ab. Das Papierhandtuch warfer in den Abfallschacht. Dann nahm er seineAusrüstung auf und ging zu einer der dreiTüren des Raumes. Er horchte sie mit seinenSonden nacheinander ab, bis er ganz sicherwar, durch welche er gehen mußte. Auchhier stellte er fest, daß keine Wachen aufge-stellt waren.

Wenn die Zeichnung des Architektennoch stimmte, dann lag hinter der mittlerenTür eine Hygienekabine durch die man indas Schlafzimmer des Industriellen kam.Quartantat hatte vier Frauen, die jedochnicht regelmäßig mit ihm das Schlafzimmerteilten. Daher hing nun alles weitere vomGlück ab. Wenn der Arkonide sich in sei-nem Schlafzimmer aufhielt, hatte Axtonschon fast gewonnen.

Er öffnete die Tür und schlich sich durchdie Hygienekabine zur nächsten. Wiedersetzte er die Sonden an, und plötzlich schlugsein Herz schneller. Er hörte die unregelmä-ßigen Schnarchtöne eines schlafenden Man-nes.

Lautlos glitt die Tür zur Seite. Axton be-trat das fensterlose und unbeleuchteteSchlafzimmer eines der mächtigsten Männerdes Imperiums.

Ertrapp Quartantat lag in seinem Bett undschlief. Er war allein. Lebo Axton lächeltetriumphierend. Er eilte weiter bis zur näch-

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sten Tür, um auch hier die Sonden anzuset-zen, die ihn über die Situation jenseits derTür ins Bild setzten.

Während von seinem Sonderhirn plötzlichintensive Impulswellen ausgingen, hörte erdie Stimmen von zwei Männern in seinenKopfhörern. Sie diskutierten leise miteinan-der über ein Spiel, das sie anscheinend so-eben beendet hatten. Sie waren sich nichtganz einig darüber, ob der Spielausgang kor-rekt war.

Einer nannte den anderen beim Namen.Axton hielt den Atem an, während die Im-

pulswellen so hart wurden, daß er die Handunwillkürlich gegen den Kopf preßte. Einerder beiden Spieler war einer der gefährlich-sten Männer der berüchtigten Verbrecheror-ganisation SENTENZA. Diesem Mann sagteman phänomenale Fähigkeiten und eine ab-solute Skrupellosigkeit nach. Es hieß, daß erder Henker der Organisation war, jenerMann, der ohne Gefühle jedes Todesurteilder Organisation vollstreckte. Dabei ging erso geschickt vor, daß man ihm nichts bewei-sen konnte.

Axton zog sich erschreckt von der Tür zu-rück. Ein kalter Schauer lief ihm über denRücken, und ihm wurde bewußt, daß er vordiesem Mann eine fast animalische Furchtempfand.

Er wandte sich dem Schlafenden zu. Sei-ne Aufgabe war erheblich schwieriger durchdie Anwesenheit der beiden Verbrecher ge-worden, so schwierig, daß er gar seinenRückzug erwog. Doch dann setzte sich seinErfolgswille durch. Er wollte nicht nachge-ben. Er wollte der brutalen Gewalt nichtweichen, sondern ihr – wie bisher – die In-telligenz entgegensetzen.

Er trat an das Bett heran und blickte aufQuartantat hinab. Er hatte ihn schon oft aufgesellschaftlichen Veranstaltungen des Im-perators gesehen. Und doch sah er jetzt ganzanders aus als sonst. Quartantat war wegenseines wirtschaftlichen Genies und wegenseiner Brutalität bekannt, mit der er seinePläne verwirklichte und Konkurrenten ausdem Feld schlug. Jetzt aber bot er nur das

Bild eines friedlich schlafenden, fetten Man-nes. Er war nicht viel größer als Orbana-schol und erheblich übergewichtiger als die-ser. Sein Schädel war fast kahl.

Axton packte seine Spezialgeräte aus undsetzte aus mehreren Einzelheiten ein Strah-lengerät zusammen. Dieses legte er vorsich-tig so neben den Kopf des Arkoniden, daßzwei Strahlenarme sich auf seine Schläfenrichteten. Er schaltete das Gerät ein, und imLicht der Strahlen verfärbte sich das GesichtQuartantats grün. Axton strich mit einemPinsel eine Flüssigkeit auf die Schläfe desSchlafenden und verabreichte ihm auf dieseWeise ein Medikament, das direkt durch dieHaut zum Gehirn gelangte. Er wartete einigeSekunden ab, bis er an einer Verfärbung derLippen feststellen konnte, daß die Wirkungeingetreten war.

»Sprich leise, Fettsack«, befahl er. »Ganzleise, so daß ich dich gerade noch verstehenkann. Verstanden?«

»Ich habe verstanden«, antwortete Quar-tantat, ohne die Augen zu öffnen. Er wisper-te.

»Ich habe einige Fragen, und ich befehledir, sie wahrheitsgemäß zu beantworten. Dumußt die Wahrheit sagen. Du kannst garnicht anders. Hast du verstanden?«

»Ich werde die Wahrheit sagen.«»Gehörst du zur Macht der Sonnen?«»Ich gehöre dazu.«»Gibt es einen Chef dieser Gruppe, und

wer ist es?«»Es gibt einen. Ich bin es.«Axton setzte sich vorsichtig auf die Bett-

kante.»Du hast versucht, Avrael Arrkonta für

die Gruppe zu gewinnen. Warum?«»Weil wir damit rechnen, daß der Freund

des Verräters, Lebo Axton, hier bei mir inder Wohnung erscheinen wird. Wenn erkommt, werden wir ihn töten.«

Er hatte sich also nicht getäuscht. DieMacht der Sonnen hatte eine Falle errichtet.Man wartete auf ihn.

»Wer gehört zur Macht der Sonnen? Nen-ne mir die Namen.«

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Ertrapp Quartantat zählte die Mitgliederder Organisation mit monotoner Stimme auf.Er brauchte nicht zu überlegen. Flüssig undin schneller Folge kamen die Namen. Axtonschrieb sie sich auf einen kleinen Zettel. Alsder Arkonide vierzig Mitglieder aufgeführthatte, wobei er sich an die Rangfolge gehal-ten hatte, befahl er ihm, zu schweigen. DieListe war bereits umfangreich genug für ihn.

»Das reicht«, sagte er. »Und nun will ichwissen, was mit Orbanaschol geschehensoll.«

»Er wird am Tage der Entscheidung ver-haftet und vor ein Schnellgericht gestelltwerden. Das Gericht wird ihn zum Tode ver-urteilen, und Orbanaschol wird noch in dergleichen Stunde von einem Hinrichtungsro-boter öffentlich erwürgt werden.«

Auch damit hatte Axton-Kennon gerech-net.

»Wer wird sein Nachfolger werden?«fragte er weiter.

»Affraom Schekrey.«Axton lächelte. Eine weitere Vermutung

bestätigte sich. Schekrey war ihm bekannt.Schekrey war ein reicher, aber nicht sonder-lich einflußreicher Mann. Er galt als labilund wenig entschlußfreudig. Er sollte offen-sichtlich nicht mehr als eine Marionette derMachtgruppe sein, die man nach Beliebenlenken konnte.

»Wie dumm«, sagte Axton und beugtesich über Quartantat. »Wie unglaublichdumm, einen solchen Mann zu wählen. Wa-rum nicht Mana-Konyr? Warum nicht einenMann als Nachfolger einsetzen, der wirklichpopulär ist, und den man dennoch lenkenkann? Mana-Konyr ist beliebt. Selbst jene,die Orbanaschol vielleicht noch retten wol-len, werden sich auf die Seite des KAYMU-URTES-Siegers stellen. Sie werden ihn alsneuen Imperator feiern. Und sollte die Re-volte wider Erwarten scheitern, so kann manalle Schuld Mana-Konyr in die Schuheschieben.«

Atemlos vor Spannung und Erregung be-obachtete er den Schlafenden. Der Gedanke,Mana-Konyr vorzuschlagen, war ihm erst in

diesem Augenblick gekommen. Er hatte ihnselbst überrascht. Jetzt aber war er von ihmfasziniert. Es war die beste Idee, die er seitlanger Zeit gehabt hatte, und er wundertesich, daß er nicht schon früher darauf ge-kommen war, Quartantat diesen Gedankenaufzuzwingen.

»Hast du mich verstanden?« fragte er.»Antworte!«

»Ich habe dich verstanden.«»Du wirst tun, was ich dir gesagt habe.

Du wirst deine ganze Energie dafür aufwen-den, Mana-Konyr als Kandidaten einzuset-zen. Er soll der neue Übergangsherrscherwerden. Dafür wirst du kämpfen.«

»Mana-Konyr soll der Nachfolger Orba-naschols werden. Dafür werde ich kämp-fen«, flüsterte Quartantat.

Axton richtete sich auf und atmete tiefdurch. Ein wahrer Erfolgstaumel erfaßte ihn,denn es war ihm gelungen, der Macht derSonnen eine wahrhaft geniale Falle zu stel-len.

Sein Gefühl überschäumender Freudewurde schon nach Sekunden durch schmerz-haft intensive Impulswellen seines Sonder-hirns hinweggefegt. Axton horchte auf. Erhörte Schritte.

Die beiden SENTENZA-Gangster näher-ten sich dem Schlafzimmer. Hatten sie etwasgehört? Oder hatten sie die Aufgabe, in re-gelmäßigen Abständen zu kontrollieren, obnoch alles in Ordnung war?

In rasender Eile raffte Axton seine Sachenzusammen und stopfte sie in den Beutel. Erblickte sich nach einem Versteck um, sah je-doch keins. Blitzschnell ließ er sich auf dieKnie fallen, um unter das Bett zu kriechen.Dabei stellte er zu seinem Entsetzen fest,daß dieses ein geschlossener Kasten war.

Er sprang wieder auf, entdeckte, daß ereinen Strahlenarm neben dem Kopf desSchlafenden liegengelassen hatte, riß ihn ansich und steckte ihn in den Beutel. Die bei-den Gangster hatten die Tür erreicht.

»Geh schon endlich hinein«, sagte einervon ihnen unwillig.

Axton sah keinen anderen Ausweg. Er

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hob die Bettdecke hoch und kroch ins Bett.Er rollte sich neben den Beinen des Arkoni-den zusammen und preßte die Fäuste gegenden Kopf. Seine Hände zitterten. Er hörte,wie sich ein Mann dem Bett näherte, und erwagte es nicht mehr, sich zu bewegen. DieEnergiestrahlwaffe steckte noch im ge-schlossenen Beutel. Er verfluchte sich, weiler sie nicht herausgenommen hatte. Fieber-haft überlegte er, was er tun sollte, wenn derWächter Verdacht schöpfen oder Quartantataufwachen sollte.

Der Schlafende stöhnte, hustete und wälz-te sich auf die Seite. Dabei zog er die Deckemit.

Axton packte den seidenweichen Stoffund hielt ihn fest, weil er sonst bloßgelegenhätte. Immerhin hob sich die Decke dabeiein wenig. Er sah, daß der SENTENZA-Gang-ster direkt neben dem Bett stand. Die nervi-ge Hand des gefährlichsten Killers von Ar-kon stützte sich keine zehn Zentimeter vonihm entfernt auf das Bett.

»Er schläft«, sagte der Mann leise.»Dann laß ihn schlafen. Hier ist alles in

Ordnung.«»Ich finde, es riecht merkwürdig.«»Blödsinn. Komm. Wir spielen weiter.«Axton wußte, daß der Henker der Verbre-

cherorganisation über animalische Instinkteverfügte. Er wußte, daß dieser Mann seineNähe spürte, daß er mißtrauisch gewordenwar.

»Nun mach schon«, sagte der andere Ar-konide drängend. »Mensch, das sieht dochein Blinder, daß hier alles in Ordnung ist.«

»Ich sehe noch einmal im Bad nach.«Der Killer entfernte sich vom Bett. Der

andere Wächter blieb an der offenen Tür ste-hen. Das Licht fiel aus dem Nebenraum aufdas Bett. Axton wagte es nicht, sich zu be-wegen. Wenn Quartantat sich noch einmalumdrehen sollte, dann war er verloren. Daswußte er.

Quartantat blieb ruhig liegen, und erwachte auch nicht auf.

Der Killer kehrte aus dem Bad zurück.»Es scheint tatsächlich alles in Ordnung

zu sein«, sagte er leise. »Und doch habe ichein Gefühl, als sei …«

»Du mit deinen Gefühlen. Komm. Wirspielen weiter.«

»Ich bleibe hier bei dem Dicken.«»Quatsch.«Der Killer zögerte, wandte sich dann aber

der Tür zu und verließ das Schlafzimmer.Axton wartete. Er fürchtete, daß der Gang-ster einen Bluff versuchte. Doch die warnen-den Impulse seines Sonderhirns verebbten.Er kroch unter der Bettdecke hervor und sahsich vorsichtig um, bevor er ganz aus demBett stieg. Er war tatsächlich allein mitQuartantat.

Nun überzeugte er sich davon, daß erauch wirklich nichts vergessen hatte, bevorer sich ins Schwimmbad zurückzog. Ihmwar kalt, und ihn ekelte vor Quartantat, des-sen körperliche Nähe er hatte erdulden müs-sen.

Er packte seine Sachen zusammen, stiegins Wasser und schwamm bis zu der Stelle,an der er die Wand durchbrochen hatte. Erschob sich drei Sauerstoffkapseln in denMund und tauchte. Dabei war er nicht ganzso vorsichtig wie bei seiner Ankunft, aberdas war auch nicht notwendig. Er erreichtedie Öffnung und zog sich hindurch in dieBlase. Hier packte er das ausgeschnitteneStück, das er leicht bewegen konnte. Erdrückte es in die Wand und setzte eine Tubean die Schnittstellen. Als er einen Hebel dar-an drückte, preßte sich zischend ein Spezial-kleber in den Spalt und schloß ihn. Ruhigführte Axton die Tube um das Quadrat.

Als die Wand geschlossen war, zog er dasDesintegratormesser aus dem Beutel, fuhrdie Klinge aus und bewegte sie kräftig imWasser hin und her. Der Wasserspiegel fielrasch, so daß Axton die Folie bald durch-schneiden konnte. Gierig atmete er die fri-sche Luft ein. Mit Hilfe des Desintegratorsverwandelte er das restliche Wasser undschließlich auch die Plastikfolie in grauenStaub, den er wegfegte, so daß keine Spurenzurückblieben. Die feuchte Wand würdebald abgetrocknet sein. Axton überprüfte die

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Schweißstellen und fügte an einigen Stellennoch etwas Dichtungsmasse hinzu. Viel-leicht würde man in einigen Tagen oder Wo-chen auf der anderen Seite der Wand fest-stellen, daß hier jemand eingestiegen war,doch dann spielte das für Quartantat keineRolle mehr.

5.

Arolf Prakez schickte seinen Privatroboteraus dem Raum, schob das positronische Ge-rät zur Seite, an dem er gearbeitet hatte, underhob sich. Er streckte sich. Dann trank erein kleines Glas aus, das mit einem starkenalkoholischen Getränk gefüllt war, und ver-ließ seinen Arbeitstisch.

Müde begab er sich in den Nebenraum. Erlegte seine Kleider ab und ging in die Mas-sagekabine. Gähnend streckte er sich aufdem Liegetisch aus und drückte einigeKnöpfe an einer Leiste. Eine Deckscheibeüber ihm glitt zur Seite, und stählerne Mas-sagearme, die mit plastiküberzogenen Hän-den, mit Bürsten und verschiedenen Klopf-instrumenten versehen waren, senkten sichauf ihn herab, während aus seitlich ange-brachten Düsen duftende Öle über seinenKörper gesprüht wurden.

Prakez schloß die Augen und stöhnte vorWohlbehagen, als der Massageroboter damitbegann, seine verkrampfte Muskulatur zulockern.

Hinter seinem Kopf löste sich eine Wand-platte. Zwei zierliche Hände hielten sie undschoben sie zur Seite. Dann stieg ein kleiner,verkrüppelter Mann aus der entstandenenÖffnung. Er war nur 1,52 Meter groß undsah so schwach wie ein Kind aus. Ein riesi-ger Schädel saß auf dem kleinen Rumpf mitder vorgewölbten Brust. Wasserblaue, her-vorquellende Augen musterten den Arkoni-den auf dem Tisch. Das linke Lid zucktenervös.

Der Zwerg strich sich lächelnd mit derlinken Hand über das dünne, strohgelbeHaar. Dann griff er in einen Plastikbeutel,den er mit sich führte, brachte daraus einige

kompliziert aussehende Instrumente hervorund steckte sie lautlos zusammen. Eine ArtGabel mit zwei Armen entstand. Dieseschob der Verwachsene vorsichtig an denKopf des Arkoniden heran, so daß die Endender Gabeln die Schläfen fast erreichten.Dann streckte er sich eine feine Röhre zwi-schen die Lippen, tauchte sie mit der Spitzekurz in eine Flasche und sprühte dem Mannauf der Liege etwas Flüssigkeit auf die Stirn.

Arolf Prakez gähnte und schlief ein.Lebo Axton wartete, bis die Atemzüge ru-

hig und gleichmäßig kamen. Dann schalteteer den Massageautomaten ab und stellte sichneben den Massagetisch.

»Prakez«, sagte er freundlich. »Sie habenviel zu tun gehabt. Bis in die tiefe Nacht hin-ein haben Sie gearbeitet.«

»Ja, das habe ich«, antwortete der Arkoni-de undeutlich.

»Bald wird sich die Arbeit für Sie nochviel mehr lohnen«, fuhr der Verwachseneeinschmeichelnd fort. »Wenn Orbanascholerst einmal beseitigt ist, sieht alles viel bes-ser aus.«

»Davon bin ich überzeugt.«»Und wer wird sein Nachfolger werden?«»Affraom Schekrey.«»Nicht doch«, sagte Axton lächelnd. »Das

wäre ein Fehler. Viele haben das schon er-kannt. Es gibt einen viel besseren Mann, je-manden, der fast alle Probleme für Sie lösenkann. Es wird Ihr Vorteil sein, wenn Sie sichfür Mana-Konyr, den KAYMUURTES-Sie-ger entscheiden. Mana-Konyr, Prakez!«

Der Kosmokriminalist führte nun eineReihe von Namen prominenter Mitgliederder Macht der Sonnen auf, um dem Arkoni-den nahezubringen, daß er nicht allein ste-hen würde, wenn er Mana-Konyr vorschlug.

Nachdem er Prakez noch einige Male aufMana-Konyr hingewiesen hatte, baute er sei-ne Geräte wieder ab, verstaute sie in demBeutel, kroch durch die Öffnung in derWand, schloß die Platte wieder und ver-schwand.

Arolf Prakez wachte erst Stunden späterwieder auf. Er erhob sich von der Massage-

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bank, fluchte ein wenig, weil er hier einge-schlafen war, und wechselte in sein Schlaf-zimmer über, um im bequemen Bett weiter-zuschlafen.

»Blöder Gedanke, Affraom Schekrey vor-zuschlagen«, murmelte er, bevor er wiederin tiefen Schlaf versank. »Ich werde ihnenMana-Konyr schmackhaft machen.«

*

Teresphohon Lashael schaltete das Video-gerät ab. Er lehnte sich in seinem Sessel zu-rück und schnippte zufrieden mit den Fin-gern.

Wie seltsam, dachte er. Monatelang be-müht man sich, ohne auch nur den gering-sten Fortschritt zu erzielen. Und dann plötz-lich entscheidet sich alles mitten in derNacht in wenigen Minuten.

Er massierte sich die müden Augen undsteckte sich dann einen Semon-Stick zwi-schen die Lippen. Langsam kaute er daraufherum. Er behielt den säuerlichen Saft solange wie möglich im Mund, damit der erfri-schende Effekt besonders intensiv wurde.Unter normalen Umständen lehnte er aufput-schende Mittel ab, wenn aber Millionen zuverdienen waren, dann strapazierte er seineGesundheit bis an die Grenze des Belastba-ren.

Als er sich wieder etwas frischer fühlte,beugte er sich vor und schaltete das Video-gerät wieder ein. Er wählte und wartete ge-duldig, bis das Gesicht eines Mannes auf derBildfläche erschien. Er lächelte zuvorkom-mend.

»Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel,Schekrey, daß ich Sie um diese Stunde nochanrufe«, sagte er entschuldigend.

»Überhaupt nicht«, erwiderte der Mann,der der Nachfolger Orbanaschols werdensollte. »Ich war ohnehin noch wach. Wasgibt es?«

»Ich habe soeben die Nachricht erhalten,daß der Planet Amoyk im kommenden Jahrausschließlich für mich produzieren wird.Das bedeutet, daß ich Ihnen die Ware zu Ih-

ren Bedingungen liefern kann. Über dasganze Jahr hinweg. Regelmäßig und in stetsgleicher Qualität.«

»Ausgezeichnet«, sagte Schekrey. Erwölbte die Augenbrauen und fuhr sich ner-vös mit der Zungenspitze über die Lippen.»Ich kann damit rechnen, daß ich Ihre Stim-me bekomme?«

»Selbstverständlich«, erklärte Lashael.»Das ist doch klar. Ich habe mich bereits fürSie eingesetzt, und ich habe Quartantat ge-sagt, daß ich mich nur beteilige, wenn Sieder Nachfolger des Mannes werden, den wiralle so schnell wie möglich beseitigen wol-len.«

»Also gut«, entgegnete Schekrey.»Dann sind wir uns einig. Das Geschäft

ist perfekt. Ich danke Ihnen.«»Ich danke Ihnen ebenfalls.« Lashael

neigte den Kopf und wartete höflich, bisSchekrey abgeschaltet hatte. Dann lächelteer verächtlich. Schekrey war schwach undleicht beeinflußbar. Also war er der idealeMann als Nachfolger Orbanaschols.

Es zischte leise im Raum, doch das hörteLashael nicht. Unter der Tür strömte ein fastfarbloses Gas ein. Es erreichte schon nachwenigen Sekunden eine wirksame Konzen-tration im Raum. Teresphohon Lashaelgähnte kräftig. Dann sank sein Kopf nachvorn auf die Platte.

Der Arkonide schlief tief und fest, als sichdie Tür öffnete und eine kleine, verwachse-ne Gestalt eintrat. Der Einbrecher trug eineAtemschutzmaske und führte einen Pastik-beutel mit sich, in dem technische Gerätesteckten.

*

»Seid lieb, ihr Süßen«, rief Katak Polgalachend. Er zog die beiden Mädchen an sichund küßte erst die eine, dann die andere.»Geht schon in den Salon, ja?«

»Wo willst du hin?« fragte Rasel, die et-was größer war als die andere und die ihreüppigen Formen durch ein raffiniert ge-schnittenes Hosenkleid allzu deutlich zur

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Geltung brachte.»Ich muß mich umziehen«, antwortete der

Arkonide. »Meine Sachen sind vollkommendurchgeschwitzt.«

Er winkte den beiden Mädchen zu, stütztesich an der Wand ab, weil er sonst gefallenwäre und entfernte sich schwankend von ih-nen. Die Arkonidinnen gingen in den Salon.Sie kicherten und alberten so laut, daß Polgafroh war, für einige Minuten allein zu sein.

Er betrat sein Schlafzimmer, lehnte sichan die geschlossene Tür und hob die Fla-sche, die er in der Hand trug, an die Lippen.Doch nun stellte er enttäuscht fest, daß sieleer war. Achtlos ließ er sie fallen. Stolperndbegab er sich in die Hygienekabine.

Als er nach einigen Minuten daraus zu-rückkehrte, folgte ihm lautlos ein zwergen-haft gewachsener Mann mit mächtigemSchädel und unproportional großen Füßen,die er mühsam voreinander setzte. Die klei-ne Gestalt blieb stehen und hob eine zierli-che Schußwaffe. Sie richtete diese auf denNacken des Arkoniden und löste sie aus. Einwinziger Pfeil schoß auf Polga zu und bohr-te sich in seinen Nacken. Der betrunkeneArkonide merkte es nicht. Er schleppte sichweiter. Er wollte zur Tür. Als er jedoch anseinem Bett vorbeikam, gab ihm Lebo Ax-ton von hinten einen leichten Stoß und stell-te ihm gleichzeitig ein Bein. Der Arkonidefiel aufs Bett und blieb dort liegen. Sekun-den später schnarchte er laut.

Axton packte seine Gerätschaften aus undbrachte sie an. Ruhig und deutlich sprach erauf den Schlafenden ein.

»Mana-Konyr soll der Nachfolger sein«,sagte er eindringlich. »Hast du mich gehörtund verstanden?«

»Mana-Konyr wird der Nachfolger«, be-stätigte Polga mit schwerer Zunge.»Mana-Konyr …«

Er wiederholte den Namen des KAYMU-URTES-Siegers immer wieder, wurde dabeizugleich aber immer leiser, so daß Axton ihnbald nicht mehr verstehen konnte. Er bauteseine Geräte ab und verstaute sie in demBeutel.

In diesem Moment meldete sich seinSonderhirn!

Der Terraner sah sich gehetzt um. ImÜberschwang seines Erfolgsgefühls hatte erdie Gefahr völlig außer acht gelassen. Erentdeckte kein geeignetes Versteck, in das ersich schnell genug zurückziehen konnte. Inseiner Not stellte er sich seitlich neben einenSchrank, wo er halbwegs gegen direktenEinblick von der Tür her gesichert war.Kaum hatte er diesen Platz erreicht, als dieTür aufging.

Rasel trat ein.Das Mädchen war noch betrunkener als

zuvor.»Also, du bist mir einer«, sagte sie mit

schwerer Zunge. »He, Polga, du kannst dochnicht einfach einschlafen.«

Sie ging zum Bett und beugte sich überden Schlafenden. Dann richtete sie sich aufund wandte sich um. Dabei bemerkte sie Le-bo Axton, der neben dem Schrank stand.

»Ach so«, sagte sie und blickte abwech-selnd auf den Verwachsenen und den schla-fenden Arkoniden. »So ist das!«

Sie kicherte, ging heftig schwankend aufAxton zu und küßte ihn auf die Stirn.

Axron schob sie in Richtung Tür. Sie füg-te sich und verließ kichernd den Raum.

*

»Wenn sie nüchtern ist, erinnert sie sichnicht mehr daran«, sagte Lebo Axton opti-mistisch.

»Hoffentlich«, erwiderte Avrael Arrkonta.Er schob dem Terraner einige süße Früchteüber den Frühstückstisch hinweg zu.»Nehmen Sie. Ich kann sie Ihnen wirklichempfehlen.«

Axton bediente sich.»Alles in allem gehören etwa vierzig bis

fünfzig Persönlichkeiten zum Kern derMacht der Sonnen«, berichtete er. »Es sinddies wirklich wichtige und mächtige Männerund Frauen. Viele von ihnen hatte ich bereitsin Verdacht. Jetzt weiß ich, daß meine Ver-mutung richtig war. Es sind alles ehemalige

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Freunde Orbanaschols, und sie alle wurdenvon ihm beschenkt und gefördert.«

»Undankbares Gesindel.«»Das mag Orbanaschol sagen. Ich bin ei-

gentlich ganz zufrieden damit, daß dieseLeute sich gegen den Imperator wenden.Dadurch wird Atlan es leichter haben.« Ax-ton trank etwas Tee. »Zwanzig der wichtig-sten Männer habe ich inzwischen erwischt.Ich habe noch nie so schnell und konzen-triert gearbeitet. Es erscheint mir wie einWunder, daß es nicht eine einzige gefährli-che Panne gegeben hat.«

»Glauben Sie, daß zwanzig ausreichendsind?«

»Davon bin ich überzeugt. Diese zwanzigMänner werden sich energisch für Mana-Konyr einsetzen. Sie sind die wichtigsten,auf sie wird man also hören.«

Avrael Arrkonta blickte bestürzt auf seinChronometer.

»Wie konnte ich das nur vergessen«, riefer. »Mana-Konyr will Sie sprechen. Ich habeeinen Termin mit ihm vereinbart. Er hat sichüber einige Mittelsmänner mit mir in Ver-bindung gesetzt.«

»Wann?« fragte Axton. »Wann will ermich sprechen?«

»Wir haben nur noch wenige MinutenZeit.« Der Arkonide sprang auf. Lebo Axtonkletterte auf den Rücken Kellys und folgteArrkonta zu einem Gleiter. Eskortiert vonzwei weiteren Maschinen, die mit Leibwa-chen besetzt waren, rasten sie davon. Sielandeten auf dem Parkdach eines nur wenigeKilometer entfernten Trichtergebäudes undschwebten im Antigravschacht nach unten.

Die Wachen ließen sich erst dazu überre-den, Axton und Arrkonta allein zu lassen,nachdem sie die Wohnung gründlich durch-sucht hatten, in die die beiden Männer geeiltwaren. Kaum waren der Terraner und Arr-konta allein, als der Arkonide auch schon ei-ne versteckte Tür öffnete.

»Sie führt in eine andere Wohnung«, er-klärte er. »Und von dieser aus kommen wirin die nächste, in der Mana-Konyr seinwird.« Die beiden Freunde durchquerten die

Wohnung. Axton spürte bereits die eigenar-tige Ausstrahlung des Magnortöters, als ernoch durch mehrere Wände von ihm ge-trennt war. Sie zeigte ihm an, daß Klinsan-thor über Mana-Konyr herrschte.

»Kommen Sie, Axton«, wisperte es inihm. »Ich brauche Sie.«

Kurz darauf stand der Terraner vor demMagnortöter, der in starrer Haltung in einemSessel saß. Seine Wangen waren eingefal-len. Seine Blicke suchten ihn, und er schienMühe zu haben, sich zu konzentrieren.

»Was ist los mit Ihnen?« fragte der Kos-mokriminalist. »Was ist passiert?«

»Ich erlösche«, antwortete Klinsanthorlaut. »Meine Kräfte gehen zu Ende. HelfenSie mir.«

»Gern«, erwiderte Axton, »aber was kannich tun?«

»Geben Sie mir Ihre Hand.«Axton streckte seine Hand aus, und der

Magnortöter ergriff sie mit beiden Händen.Ein Stromkreis schien sich zu schließen. DerTerraner fühlte, daß etwas Unbegreiflichesvorging. Seine Umwelt schien zu versinken.Ihm war, als ob er allein mit dem Magnortö-ter irgendwo zwischen den Dimensionenschwebte. Um ihn herum war nichts als ufer-lose Schwärze, in der es kein Licht zu gebenschien. Und dennoch sah er den Magnortöterund sich selbst ganz deutlich.

Ein blaues Leuchten ging plötzlich vonihm aus und strich pulsierend zu Klinsanthorhinüber. Axton blickte auf seine Hand hinab.Und der Magnortöter schien zu wachsen.Seine Gestalt straffte sich, seine Augen wur-den klar, fast leuchtend, während das blaueLeuchten intensiver wurde. Axton fühltesich von einer eigenartigen Spannung erfaßt.Er verkrampfte sich und lehnte sich dagegenauf, daß ihm Energie entzogen wurde. Erversuchte, seine Hand aus der Umklamme-rung zu lösen. Zunächst war der Widerstanddes Magnortöters zu groß, dann aber gelanges ihm, sich loszureißen.

Plötzlich war er wieder in dem Raum, indem er Klinsanthor angetroffen hatte. Alleswar wie zuvor. Nur Klinsanthor sah nicht

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mehr so müde und erschöpft aus. Seine gei-stigen Impulse waren klar und stark.

Lebo Axton blickte bestürzt an sich her-unter. Seine Hand glitt unter die Blusen-jacke. Sie legte sich um den blauen Gürtel,der seine Hüften wie ein lebendes Wesenumschlang. An ihm hatte sich nichts verän-dert.

»Ich danke Ihnen«, sagte der Magnortöterlaut. »Sie haben mir neue Kraft geschenkt.«

Die parapsychische Ausstrahlung unter-strich, daß Klinsanthor die Wahrheit sprach.Sie war erdrückend intensiv. Unwillkürlichwich der Terraner vor dem Magnortöter zu-rück. Er fürchtete, daß dieser die neuenEnergien dazu nutzen würde, auf eigeneFaust zu handeln und seine Rache an Orba-naschol zu vollziehen.

»Fürchten Sie nichts«, klang es da in ihmauf. »Ich überschätze mich nicht. Ich bin amEnde. Die Energien, die von Ihnen zu mirübergeflossen sind, verlängern die Frist, diemir noch bleibt, nur geringfügig. Es scheintnur so, als hätte ich die alte Machtfülle er-reicht, aber das täuscht. Ich werde tun, wasSie von mir verlangen.«

»Danke«, sagte Axton. Er griff in seineJackentasche und reichte Klinsanthor einkleines Funkgerät. »Verstecken Sie dies anIhrem Körper. Ich möchte, daß wir ständigin Verbindung bleiben. Die Gegenseite wirdan Sie herantreten. Man wird Sie als Nach-folger für Orbanaschol vorschlagen.«

»Ich bin ein Sterbender«, erwiderteKlinsanthor.

»Sie haben es mir gesagt, und ich glaubeIhnen. Doch die Mitglieder der Macht derSonnen wissen es nicht. Sie wollen Mana-Konyr, den KAYMUURTES-Sieger, alsneuen Imperator einsetzen. Sie werden zumSchein auf die Pläne dieser Männer undFrauen eingehen.«

»Einverstanden.«Die beiden Männer reichten sich die Hän-

de. Dann verließen Axton und Arrkonta denMagnortöter und kehrten zu den wartendenWachen zurück.

*

»Wir fliegen zur Wohnung Arrkontas«,teilte Axton den Wachen mit, als er hinterden Steuerelementen des Gleiters saß undstartete. Gentleman Kelly hatte sich auf denNebensitz gesetzt, während der Arkonideauf der hinteren Bank Platz genommen hat-te.

Er beschleunigte scharf und ging erst aufden richtigen Kurs, als er bereits Höchstge-schwindigkeit erreicht hatte. Dabei absor-bierten die Antigravs die Fliehkräfte nichtvoll, so daß sich ein gewisses Fluggefühleinstellte.

Dieses unerwartete Manöver, das Axtonaus Spaß am Fliegen wählte, ließ den erstenSchlag gegen ihn scheitern.

Aus dem wolkenverhangenen Himmelzuckte ein Blitz herab und überschüttete dieLandschaft mit gleißendem Licht. Axtonschrie auf und preßte die Hände vor die ge-blendeten Augen. Der Energiestrahl raste zi-schend am Gleiter vorbei und traf eine dertiefer fliegenden Maschinen mit den Wa-chen. Diese explodierte augenblicklich. EinFeuerball breitete sich unter Axton aus.Trümmerstücke wirbelten daraus hervor.

Als der Terraner sich etwas von demSchock erholt hatte und er wieder etwas bes-ser sehen konnte, beobachtete er, wie mäch-tige Kampfroboter aus den Wolken herab-regneten. Auf den ersten Blick schätzte er,daß es wenigstens fünfzig Kampfmaschinenwaren, die sich ihm näherten. Und wiederblitzte es auf. Aus den beiden Waffenarmeneines Kampfautomaten schoß ein Energie-strahl. Er raste über Axtons Gleiter hinwegund zerschmetterte die zweite Maschine, dieihn begleitete.

»Kelly«, schrie der Verwachsene undwarf sich über die Rückenlehne nach hinten.

Der Roboter nahm seine Stelle an denSteuerelementen ein und ließ den Gleiter so-fort steil abfallen. Zahllose Energieblitzeumtosten die Maschine plötzlich. Das Dachzerbarst unter dem Hitzesturm und flog da-

Das Ende des Magnortöters 31

Page 32: Das Ende des Magnortters

von.In diesem Moment leistete die Natur un-

verhoffte Hilfe. Aus den Wolken stürztenplötzlich wahre Wassermassen herab. DieEnergieschüsse der Kampfroboter ver-dampften die Regentropfen und schufen einebrodelnde, kochende Dunstglocke, in der fürAxton und Arrkonta unerträgliche Hitzegra-de herrschten. Das Positronenhirn Gentle-man Kellys reagierte jedoch mit phantasti-scher Präzision und Schnelligkeit. Der Ro-boter ließ den Gleiter mit gedrosselten Mo-toren wie ein Stein in die Tiefe stürzen.Dann beschleunigte er wieder, wobei ermehrere Male nach einem nicht erkennbarenSystem den Kurs änderte. So führte er dieMaschine aus der unmittelbaren Gefahren-zone heraus.

Axton gab über Funk Alarm.Er erreichte die Leibwache des Imperators

und forderte Hilfe an. Er hatte noch nichtganz zu Ende gesprochen, als sein Gerät ge-stört wurde. Damit wurde eine Verständi-gung mit der Palastwache unmöglich.

Axton wußte jedoch, daß inzwischen Ge-neralalarm für diesen nördlichen Bereichvon Arkon I gegeben worden war. Ein derar-tiger Massenangriff von Kampfrobotern lös-te zwangsläufig Abwehrreaktionen aus. Ax-ton zweifelte jedoch daran, daß die Hilferechtzeitig kommen würde.

Die Sicht klärte sich wieder. Axton sahsich um, während ihm der Regen ins Gesichtpeitschte. Die Roboter waren etwas zurück-gefallen. Gentleman Kelly hatte sie mit sei-nen überraschenden und schnellen Manö-vern ausgespielt, so wie Axton es erhoffthatte, als er dem Roboter das Steuer überlas-sen hatte.

»Die Roboter holen auf«, rief Arrkonta.»Zum Kristallpalast, Kelly«, befahl Ax-

ton. »Das ist unsere einzige Chance.«Der Gleiter schwenkte herum und raste

auf den Palast des Imperators zu. Mit diesemManöver holte Kelly abermals einen kleinenVorsprung heraus, der jedoch bald wiederzusammenschmolz. Gehetzt blickte Axtonzurück. Die Kampfmaschinen kamen schnell

näher. Nur noch Sekunden blieben, bis sieauf Schußweite heran waren.

Da tauchte ein Geschwader Kampfgleitervor ihnen auf. Die Maschinen rasten heran.Für Sekundenbruchteile wußte Axton nicht,wie er sich entscheiden sollte. Waren diesfeindliche Maschinen oder war das der er-sehnte Einsatz?

»Nach unten«, befahl der Terraner end-lich. Kelly ließ den Gleiter weiter abfallen,bis er dicht über die Wipfel der Bäume inden Parks dahinjagte. Die Kampfgleiter ra-sten über sie hinweg und dann blitzten auchschon die Hochleistungsenergiestrahler auf.

Die Kampfroboter explodierten fastgleichzeitig. Fünfzig Feuerbälle breitetensich hinter Axton aus, und damit war derheimtückische Angriff endgültig abgeschla-gen.

Völlig durchnäßt erreichten Axton undArrkonta den Kristallpalast. Einige Wachennahmen sie in Empfang. Ein erregter Offi-zier eilte auf den Kosmokriminalisten zu.

»Wir haben ein Raumschiff geortet«, er-klärte er. »Von ihm sind die Kampfroboterabgesprungen.«

»Ermitteln Sie den Kommandanten undlassen Sie ihn verhaften«, befahl Axton.

»Wir wissen bereits, wer es ist. Wir ver-suchen gerade, mit ihm zu sprechen.« Erführte Axton in einen Funkraum, der unmit-telbar neben der Parknische lag, in der Kellygelandet war. »Da. Der Kommandant meldetsich.«

Auf einem Videoschirm zeichnete sichdas blasse Gesicht eines auffallend jungenOffiziers ab. Seine Augen weiteten sich, alsAxton den Raum betrat. Mit dieser Reaktionverriet er, daß er den Kosmokriminalistengesehen hatte und nun wußte, daß der An-schlag gescheitert war.

»Ich habe einen Fall von Sabotage anzu-zeigen«, sagte er mit stockender Stimme.»Einer meiner Offiziere hat Kampfrobotervorprogrammiert und ausschleusen lassen.Es geschah gegen meinen Befehl. Ich bitteum eine Untersuchung.«

»Die werden Sie bekommen«, antwortete

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Axton grimmig.

6.

Als Lebo Axton-Kennon den Funkraumgerade verlassen hatte, rief ihn der Wachof-fizier zurück.

»Der Imperator möchte Sie sprechen«,sagte er respektvoll und trat höflich zur Sei-te, um den Verwachsenen vorbeizulassen.Der Kosmokriminalist ging in den Fun-kraum zurück. Das Gesicht Orbanascholszeichnete sich auf dem Videoschirm ab. Eswar grau. Der Imperator hatte Angst. Das er-kannte Axton auf den ersten Blick.

»Was ist passiert?« fragte Orbanaschol.»Ich will es von Ihnen selbst hören.«

Der Kosmokriminalist berichtete in kurz-en Worten.

»Verhören Sie den Kommandantenselbst«, befahl der Imperator danach. »Undwenn Sie erfahren haben, was Sie wissenwollten, dann schicken Sie ihn zum Hinrich-tungsroboter. Verräter wie diese müssenausgemerzt werden.«

Axton dachte daran, daß sieben oder achtMänner des Begleitkommandos bei dem An-griff der Kampfroboter getötet worden wa-ren. Auch der Verlust der kostspieligenKampfroboter war von dem Kommandantenzu verantworten.

»Ich teile Ihre Meinung, Imperator«, er-widerte er daher. »Allerdings bin ich für die-sen Zwischenfall in gewisser Weise auchdankbar, denn er hat mir gezeigt, daß unsereGegenspieler auch in den Reihen der Mili-tärs und offenbar unter den höchsten Offi-zieren zu finden sind. Und das macht dieganze Angelegenheit noch viel gefährlicher,als sie uns bisher schon erschien.«

Orbanaschol III. nickte nur. Tränen derErregung rannen ihm über die feisten Wan-gen. Der Imperator hatte längst begriffen,welch schwerwiegenden Hintergrund derAngriff der Kampfroboter auf Axton hatte.Das war der Grund dafür, daß er panischeAngst litt.

Orbanaschol schaltete ab. Axton verließ

den Funkraum und bat Arrkonta, zu seinerWohnung zu fliegen.

»Ich werde dafür sorgen, daß Sie ein Be-gleitkommando bekommen«, sagte er.

»Das ist nicht notwendig«, erwiderte derArkonide und zwinkerte Axton verstohlenzu. »Meine Schutztruppe ist bereits da.«

Er deutete auf einige Männer, die der Ver-wachsene bisher nicht gesehen hatte, weilsie etwas abseits standen. Sie waren alleMitglieder der Organisation Gonozal VII.

Wenige Minuten nachdem Axton sein Bü-ro betreten hatte, führten einige Offiziereden Kommandanten des Raumschiffs herein,von dem aus die Kampfroboter angegriffenhatten. Seine Hände waren mit Stahlbänderngefesselt. Sein Navigationsoffizier begleiteteihn. Auch er trug Fesseln.

Axton schickte die Wachen hinaus. For-schend blickte er die beiden Raumfahrer an.Sie hatten offene Gesichter, die jetzt aller-dings von Furcht gezeichnet waren. DerKommandant trug die Wochenspule deselektronischen Logbuchs bei sich. Wortloslegte er sie vor Axton auf den Arbeitstisch.

»Es steht schlecht um Sie«, eröffnete derKosmokriminalist das Gespräch. »Ich willehrlich sein mit Ihnen. Vor wenigen Minu-ten habe ich mit dem Imperator gesprochen.Er sieht in dem Anschlag auf mich einenAngriff auf sich selbst. Wir sind uns darüberklar, daß ich es nur einem Zufall verdanke,daß ich noch lebe. Die Roboter haben falschentschieden. Sie haben erst die beiden ande-ren Gleiter unter Feuer genommen und sichdann auf meine Maschine konzentriert. Hät-ten Sie das nicht getan, wäre ich jetzt schontot.«

Er machte eine bedeutungsvolle Pause, inder er die beiden Arkoniden scharf beobach-tete.

»Der Imperator kennt in der augenblickli-chen Situation keine Gnade mehr. Wenn Siesich vor dem Hinrichtungsroboter rettenwollen, dann reden Sie. Berichten Sie genau,was vorgefallen ist, und wie es zu dieser Ro-boteraktion kam.«

»Wir haben Anspruch auf ein ordentliches

Das Ende des Magnortöters 33

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Verfahren vor einem Militärgericht.«»Nicht in diesem Fall.« Axton schüttelte

den Kopf. »Ich sagte Ihnen bereits, daß derImperator selbst eingegriffen hat. In derVerfassung steht, daß er berechtigt ist, jedesarkonidische Gericht auszuschalten und anseine Stelle zu treten. Das ist die Lage. DerImperator wird sie innerhalb der nächstenMinuten zum Tode verurteilen und die so-fortige Hinrichtung anordnen, wenn Sienicht die Wahrheit sagen.«

Axton lehnte sich in seinem Sessel zu-rück. Er hob abwehrend die Hände.

»Es tut mir leid, wenn Sie die Lage andersund damit falsch beurteilt haben sollten.Überlegen Sie sich also genau, was Sie sa-gen, wenn Sie jetzt den Mund aufmachen.«

»Ich bin getäuscht worden«, antworteteder Kommandant. »Gestern schickte mirmein Vorgesetzter, der Kommandant derSHRAEKRER, einen Kampfroboter. Er teil-te mir mit, daß dieser klar umrissene Anwei-sungen habe, die er an fünfzig andereKampfroboter weitergeben sollte. Ich bekamden Befehl, diese Kampfroboter abzustellenund weitere Befehle abzuwarten.«

»Sie sind also nicht von einem Ihrer Offi-ziere hereingelegt worden.«

»Nein. Das war eine Notlüge. Ich wagtenicht, die Wahrheit zu sagen.«

»Weiter. Was geschah dann?«»Vor einer Stunde erhielt ich den Befehl,

zu beschleunigen und die Kampfroboterüber Arkon I auszuschleusen. Der Befehlkam von dem Kommandanten der SHRAE-KRER. Ich führte ihn aus, ohne zu wissen,welche Aufgabe die Kampfroboter hatten.«

»Ah, auf den Gedanken, daß sie auf Ar-kon kämpfen sollen, sind Sie wohl nicht ge-kommen, wie?« fragte Axton.

»Sicherlich«, antwortete der Komman-dant. »In der Flotte ist es jedoch nicht üb-lich, nach dem Grund für einen Befehl zufragen. Befehle sind auszuführen.«

Das war richtig. Axton verzichtete vorläu-fig auf weitere Fragen. Er nahm das Log-buch an sich. Es würde beweisen, ob derKommandant die Wahrheit gesagt hatte oder

nicht. Von diesem Mann war nicht zu erwar-ten, daß er sich gegen die Befehle eines Vor-gesetzten auflehnte, ohne dafür einen trifti-gen Grund zu haben. Den aber hatte er nichtgehabt.

»Wie heißt der Kommandant derSHRAEKRER, und wo ist dieses Schiffjetzt?« fragte Axton schließlich.

»Das Schiff hat Arkon verlassen und istins Gebiet der blauen Sonnen Lafthars geflo-gen«, antwortete der Navigationsoffizier.

»Es hat dort einen geheimen Auftrag zuerfüllen«, ergänzte der Kommandant, undauch diese Auskunft überraschte Axtonnicht. Sie bewies, daß es bei der Raumflottehohe Offiziere gab, die an der geplanten Re-volte beteiligt waren. Sie selbst gehörten derOrganisation gar nicht an, waren aber bereit,mit ihr zusammenzuarbeiten, um den Impe-rator zu stürzen.

Axton drückte einen Knopf und rief damitdie Wachoffiziere wieder zu sich herein.

»Bringen Sie die beiden in eine Zelle«,befahl er. »Sie bleiben vorläufig in Haft.«

Als er allein war, hörte er das Aufzeich-nungsband an, das die Aussagen des Kom-mandanten bestätigte. Dann informierte erden Imperator. Dieser verzichtete vorläufigdarauf, den Kommandanten hinrichten zulassen. Er tat es aus taktischen Gründen.

»Anders sieht es mit dem Kommandantender SHRAEKRER aus«, sagte er. »Für ihngibt es kein Entkommen, wenn er zurück-kehrt.«

»Dieser Offizier hat sich an dem An-schlag nur beteiligt, weil er davon überzeugtist, daß unsere Gegner Erfolg haben«, erwi-derte Axton. »Doch er soll sich gründlichgeirrt haben.«

*

Axton hatte das Gespräch kaum beendet,als sich Klinsanthor mit dem Spezialfunkge-rät meldete, das der Kosmokriminalist ihmgegeben hatte. Er gab sich mit einem Kode-wort zu erkennen und flüsterte.

»Man hat mich abgeholt«, berichtete der

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Magnortöter. »Soeben habe ich an einer Be-sprechung teilgenommen. Man hat mir denPlan weitgehend eröffnet. Der große Schlagsteht unmittelbar bevor.«

»Wann ist es soweit?« fragte Axton atem-los.

»Ich weiß es nicht genau«, erwiderteKlinsanthor. »Es kann heute noch sein,wahrscheinlich aber erst morgen.«

»Wie soll es geschehen?«»Bei einer großen Versammlung von

namhaften Persönlichkeiten des ganzen Im-periums soll Orbanaschol für abgesetzt er-klärt werden. Er soll verhaftet werden, wäh-rend Spezialeinheiten, die schon seit einemhalben Jahr auf anderen Planeten ausgebil-det worden sind, die Video-Sender und diestrategisch wichtigen Punkte auf Arkon I be-setzen sollen. Danach soll ich, Mana-Konyr,der KAYMUURTES-Sieger, als NachfolgerOrbanaschols proklamiert werden.«

»Das entspricht meinem Plan«, entgegne-te der Terraner. »Haben Sie noch etwas her-ausgefunden?«

»Allerdings. Die Macht der Sonnen stehtnicht allein. Es stoßen ständig wichtigeMänner und Frauen zu der Organisation. Ichhabe Offiziere der Raumflotte gesehen, undich habe einige Bosse der SENTENZA be-merkt.«

»Wo soll die entscheidende Versammlungstattfinden?«

»Das steht noch nicht fest. Man suchtnoch nach einem passenden Saal. DieSchwierigkeit ist, daß Orbanaschol zu dieserVeranstaltung gelockt werden muß. Wäredas nicht der Fall, dann wäre es wohl schonlängst passiert.«

»Sie haben recht.«»Ich muß Schluß machen.« Klinsanthor

dämpfte seine Stimme auffallend stark.»Passen Sie auf, Axton. Man will Sie nochvorher erledigen. Man fürchtet Sie wie diePest, und man hat Angst, daß an Ihnen nochalles scheitern könnte. Deshalb will man Sievorher aus dem Weg räumen.«

»Danke für die Warnung.«Klinsanthor schaltete ab.

Wiederum nur wenige Minuten späterwurde Axton erneut durch einen Anruf inseiner Arbeit gestört. Unwillig schaltete erdas Videogerät an seinem Arbeitstisch ein.Er hatte die Absicht, den Anrufer kurz abzu-fertigen, doch das änderte sich, als er sah,daß es Avrael Arrkonta war.

Das Gesicht des Freundes war blaß. Arr-konta blickte ihn seltsam starr an, und seinLächeln wirkte gequält.

»Lebo«, sagte er. »Ich muß Sie dringendsprechen. Es ist etwas passiert. Bitte kom-men Sie sofort zu mir.«

»Was ist denn los, Avrael?«Der Arkonide schüttelte den Kopf.»Bitte, stellen Sie keine Fragen. Kommen

Sie. Schnell.«Axton-Kennon zögerte nachdenklich.

Dann erwiderte er: »Nicht, bevor Sie mirnicht gesagt haben, was los ist.«

»Warum verlangen Sie das von mir? Miß-trauen Sie mir?« Arrkonta wurde unsicher.Er blickte flüchtig zur Seite.

»Nein, natürlich nicht, Avrael«, antworte-te der Terraner. »Ich komme. Sie könnensich fest darauf verlassen.«

Er schaltete ab. Unentschlossen blickte erauf den Bildschirm. Auch ohne die warnen-den Impulse seines Sonderhirns hätte er ge-wußt, daß etwas nicht in Ordnung war. Erkannte Avrael Arrkonta genau. Mimik undVerhalten des Freundes hatten ihm deutlichangezeigt, daß er nicht allein gewesen war.Der flüchtige Blick zur Seite hatte jemandengegolten, der außerhalb des Erfassungsbe-reichs der Kamera gestanden und ihn, wieAxton vermutete, mit einer Waffe bedrohthatte.

Axton wußte, daß Arrkontas Wohnungzur Falle für ihn werden sollte. War es die-ses Mal die SENTENZA, die es auf ihn ab-gesehen hatte? Oder steckte ein andererKommandant der Raumflotte dahinter?

Für Axton stand außer Frage, daß er Arr-konta helfen mußte. Er wußte auch, daß eres allein nicht schaffen konnte, sondern dazudie tatkräftige Unterstützung eines Sonder-kommandos benötigte. Er rechnete damit,

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daß sich eine ganze Reihe von Gegnern beiArrkonta befanden und nicht nur ihn, son-dern auch seine beiden Frauen und dasDienstpersonal bedrohten. Es kam also dar-auf an, in die Wohnung einzudringen und soüberraschend zuzuschlagen, daß niemandgetötet wurde.

Die Schwierigkeit war, daß das Trichter-gebäude, in dem der Industrielle wohnte,vom Gegner bewacht wurde. Rückte er mitmilitärischer Unterstützung an, dann würdendie Beobachtungsposten des Gegners sofortAlarm schlagen. Vielleicht würde ein sol-cher Aufmarsch schon ausreichen, ein Blut-bad in der Wohnung des Freundes auszulö-sen.

Stöhnend lehnte Axton sich in seinemSessel zurück. Er legte die Hände vor dasGesicht. Er kannte sich in der Wohnung Arr-kontas bestens aus, aber er wußte nicht, wieer es anstellen sollte, ungesehen in sie einzu-dringen und dann gegen eine Übermacht zukämpfen.

Die Art des Überfalls deutete auf SEN-TENZA-Methoden hin. Das bedeutete, daßAxton mit brutalsten Reaktionen rechnenmußte, wenn er einen Fehler machte. DieMänner der SENTENZA kannten keineSkrupel. Sie lebten vom Verbrechen, und sieräumten durch Mord aus dem Weg, wer sichihnen entgegenstellte. Allzu lange war dieseOrganisation gefördert worden. Der Impera-tor hatte seine Hand aufgehalten und sichBeteiligungen aus den Gewinnen der Orga-nisation zahlen lassen. Als Dank für seinWohlwollen und seine Protektion hatte dieSENTENZA, wie Axton mit absoluter Si-cherheit wußte, zahlreiche Morde für denImperator ausgeführt und so manchen Geg-ner verschwinden lassen, der Orbanascholunbequem geworden war.

Nun aber hatte sich die SENTENZA of-fenbar entschlossen, Orbanaschol zu stürzen,um noch bessere Gewinnmöglichkeiten zuschaffen.

Axton kletterte auf den Rücken Gentle-man Kellys und befahl ihm, ihn zum chemi-schen Hauptlaboratorium des Kristallpalasts

zu tragen. Er kannte den Leiter des Laborsgut. Arlot Menkoskhan war ein junger, ge-nialer Mann, der sich durch außergewöhnli-che Leistungen zu einer Führungspositionhochgearbeitet hatte. Er war einer der weni-gen in der Nähe Orbanaschols, der seinenWeg nicht durch Protektion gemacht hatte.Über Politik sprach Menkoskhan nie, den-noch glaubte Axton sicher zu sein, daß erOrbanaschol ablehnte.

Er traf den jungen Arkoniden im Hauptla-bor an, wo er mit einigen anderen Chemi-kern zusammen an einem Experiment arbei-tete.

»Muß das sein?« fragte Menkoskhan, alsAxton ihn ansprach.

»Es tut mir leid. Es geht nicht anders.«Seufzend trennte der Arkonide sich von

seiner Arbeit und führte seinen Besucher insein Büro. Er setzte sich hinter einen einfa-chen Tisch, legte die Hände flach auf dieTischplatte und blickte Axton spöttisch an.

»Nun?« fragte er. »Ist es soweit? HabenSie hier irgendwo in meinem Büro Abhöran-lagen angebracht und mich danach bei einerunbotmäßigen Äußerung über den Imperatorerwischt?«

Axton lächelte. Er stieg vom Rücken Kel-lys herab und ließ sich von diesem auf einenHocker helfen.

»Selbst wenn es so wäre, würde es michnicht interessieren«, sagte er. »Ich habe einanderes Problem, und ich möchte, daß Siemir dabei helfen. Ein Freund von mir ist inden Händen der SENTENZA. Die Killerwollen mich in seine Wohnung locken undmich dort töten. Ich muß ihm helfen.«

»Gehen Sie nicht hin. Was sollen dieseMänner von der SENTENZA machen, wennSie der Wohnung fernbleiben?«

»Sie werden ihn erschießen«, antworteteder Kosmokriminalist. »Das ist sicher.«

»Und was wollen Sie von mir?«Axton deutete über die Schulter zurück

auf den Roboter.»Kelly hat verschiedene Vorrichtungen,

mit denen er kleine Giftpfeile verschießenkann. Ich brauche ein Gift mit einer be-

36 H.G. Francis

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stimmten Wirkung.«»Ein tödliches Gift? Da sind Sie bei mir

an der falschen Adresse.«»Sie unterschätzen mich, Menkoskhan.

Ich habe nicht vor, die Wohnung meinesFreundes in ein Schlachtfeld zu verwandeln,und die Verbrecher der Reihe nach zu töten.Das dürfte auch nicht möglich sein. Ichrechne damit, daß ich von einem der Männeran der Eingangstür empfangen werde. Ver-mutlich hat dieser Mann die Aufgabe, michsofort zu töten. Vermutlich beobachtet manihn und mich über ein Videosystem. Wennich den SENTENZA-Mann töte, dann wirdman vermutlich meinen Freund umbringen.Sie werden verstehen, daß ich dieses Risikonicht eingehen kann.«

»Was also wollen Sie von mir?«Axton sagte es ihm.

*

Der Terraner landete mit seinem Gleiternicht, wie gewöhnlich, in einer Parknische,die zu Arrkontas Wohnung gehörte, sondernauf dem Dach des Trichtergebäudes.

»Da drüben bei dem Exka-Restaurant istein Mann«, sagte Gentleman Kelly, dessenoptisches System die Umgebung viel besserüberwachen konnte, als es Axton vermochthätte. »Er hat uns gesehen. Jetzt spricht erüber Video.«

»Man meldet uns also an.« Axton verließdie Gleiterkabine und kletterte gemächlichauf den Rücken des Roboters, als sei allesnormal. Gentleman Kelly trug ihn zum Ein-gang des zentralen Antigravschachts hin-über, wobei sie mehrere Restaurants undAutomatenläden passierten. Im Schacht san-ken sie nach unten bis zu dem Stockwerk, indem Arrkonta wohnte. Niemand hielt sie aufden Gängen auf. Das wäre Axton auch auf-gefallen, wenn er arglos gewesen wäre.

Als er sich der Tür zu der Wohnung desFreundes näherte, wurden die von seinemExtrahirn ausgehenden Impulse intensiver.Seine infrarotempfindlichen Augen bemerk-ten einige Wärmeverfärbungen an der Tür.

Sie zeigten ihm an, daß dahinter jemandstand und auf ihn wartete.

Axton beugte sich über die Schulter desRoboters hinweg und legte die Hand an denRufkontakt. Die Tür öffnete sich augen-blicklich.

»Na los, Blechkumpel, geh schon«, sagteAxton und schlug Kelly klatschend mit derHand auf den Kopf. »Und erinnere michdaran, daß ich deine Gelenke schmieren las-se, du quietscht wie ein alter Blecheimer.«

»Das ist Absicht. Ich versuche eben im-mer …«

»Ruhe«, befahl Axton. Er beugte sich vorund sah den Mann an, der im Vorraum derWohnung stand. »Wer ist denn das? Sie ha-be ich hier noch nie gesehen.«

Er erkannte den Mann wieder. Bevor erhierher aufgebrochen war, hatte er sich eineKartei mit bekannten SENTENZA-Mitglie-dern angesehen. Dieser Mann gehörte zu ei-nem Todeskommando.

»Treten Sie ein, Axton«, sagte der Ver-brecher. »Schließen Sie die Tür hinter sich.«

Axton vernahm ein leises Knirschen hin-ter sich. Jemand näherte sich ihm von hin-ten. Er gab Gentleman Kelly hastig ein Zei-chen. Der Roboter ging weiter. Die Türschloß sich hinter ihm und deckte ihn damitnach hinten ab.

Ein winziger Giftpfeil schoß aus einerÖffnung im Rumpf Kellys. Der Gangstergriff sich unter die Jacke und holte einenkleinen Nadelstrahler darunter hervor. Imgleichen Moment traf ihn der Pfeil im Ge-sicht. Er fuhr sich mit der linken Hand zuder Stelle, an der er getroffen worden war,und blickte Axton verstört an. Dann hob erden Energiestrahler und zielte auf den Kos-mokriminalisten.

»Sollten Sie mich tatsächlich derart unter-schätzen?« fragte Axton spöttisch. »GlaubenSie wirklich, daß ich Ihnen in die Falle ge-gangen bin? Nun gut. Sie sollen wissen, daßich mich vorbereitet habe. Es wäre ein Feh-ler, auf mich zu schießen.«

Er beobachtete, daß die rötlichen Augenseines Gegenübers glasig wurden. Der Killer

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schaffte es nicht, den Nadler auszulösen.Das Gift wirkte. Es machte ihn willenlosund unfähig, Gewalt auszuüben.

Axton lächelte. Er deutete auf die nächsteTür.

»Bitte, öffnen Sie«, befahl er. Der SEN-TENZA-Mann gehorchte. Im gleichen Mo-ment schrie es in Axton förmlich auf. Einetosende Impulswelle ging von seinemSonderhirn aus. Er duckte sich, und danntrommelte eine Serie von winzigen Pfeilengegen den Stahlkörper Kellys, gegen denKopf des Roboters und gegen die Tür hinterAxton.

»Weiter«, rief der Terraner Kelly zu. Die-ser stürmte in den Wohnsalon. Der Kosmo-kriminalist sah sich drei SENTENZA-Kil-lern gegenüber, die sich im Raum verteilthatten. Einer von ihnen umklammerteAvrael Arrkonta von hinten und preßte ihmdie Mündung einer Giftpfeilpistole an dieSchläfe.

Als der Industrielle Axton sah, ließ er sichfallen und rammte seinem Peiniger den El-lenbogen in die Magengrube. Damit ver-schaffte er sich etwas Luft, doch die Attackegenügte nicht, einen derart gefährlichenFeind auszuschalten.

Gentleman Kelly schoß einige Giftpfeileauf diesen Gangster ab und traf ihn. Gleich-zeitig warf sich Lebo Axton zur Seite. Erstürzte zu Boden, während Kelly herumwir-belte und auf die beiden anderen Männerschoß. Er traf sie. Einer von ihnen konnteseinen Energiestrahler jedoch noch abfeu-ern. Der Blitz zuckte quer durch den Raumund verbreitete eine unerträgliche Hitze.

Dann war der Kampf im Salon vorbei.Die drei SENTENZA-Männer standen aufder Stelle und konnten sich zu keiner weite-ren Tat aufraffen. Gentleman Kelly aber ra-ste quer durch den Raum. Er sprang mit vol-ler Wucht gegen eine Tür und zertrümmertesie. Wie ein Geschoß drang er in das Neben-zimmer ein.

Zu diesem Zeitpunkt lag Lebo Axton aufdem Bauch auf dem Boden. Er hielt einestabförmige Waffe in der Hand. Damit zielte

er auf die Tür, die Kelly durchbrach. Als derRoboter sie hinweggeschmettert hatte, lösteAxton die Waffe aus. In kurzer Folge rastenrote Kugeln in den Nebenraum. Sie zerplatz-ten, als sie den Türrahmen passiert hatten,und in unglaublicher Geschwindigkeit brei-tete sich nebenan ein rötliches Gas aus.

Axton beobachtete zwei Frauen und zweiMänner, die miteinander kämpften, aber un-ter der Einwirkung des Gases schon nachSekundenbruchteilen zu Boden fielen.

»Haben Sie sonst noch irgendwo ein paarFreunde versteckt?« fragte Axton.

Avrael Arrkonta schüttelte stumm denKopf. Er sah verstört aus. Unsicher blickteer zu den SENTENZA-Männern, die ihreWaffen noch immer in der Hand hielten.

»Kelly, sammle die Waffen ein«, befahlAxton. Er löste das stabförmige Gerät nocheinmal aus. Dieses Mal flog eine grüne Ku-gel in den Nebenraum, und als sie zerbarst,da schien es so, als ob das aus ihr entwei-chende Gas den rötlichen Nebel in sich auf-saugen würde.

Gentleman Kelly ging von einem derGangster zum anderen und nahm ihnen dieWaffen ab, wobei er sie gründlich nach wei-teren, versteckten Waffen untersuchte.

Währenddessen ging Axton zu einem Vi-deogerät und verständigte einen seiner Mit-arbeiter.

»Sie können jetzt da draußen aufräumen«,sagte er. »Hier bei uns ist alles in Ordnung.«

Avrael Arrkonta ließ sich in einen Sesselsinken, nachdem er sich davon überzeugthatte, daß seine beiden Frauen lediglich dasBewußtsein verloren hatten.

»Das Dienstpersonal ist gefesselt wor-den«, berichtete er und blickte Axton dank-bar an. »Ich fürchtete schon, Sie würden einEinsatzkommando zusammenstellen und da-mit hier eindringen. Sie hätten es nicht ge-schafft. Diese Verbrecher haben alle Zugän-ge zur Wohnung über Video beobachtet. Siehätten uns getötet, wenn Sie nicht allein ge-kommen wären. Und dann wären sie nachunten geflüchtet.«

Er deutete auf den Fußboden und dann

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auf eines der Nebenzimmer. Axton ging hin-über. Im Fußboden war ein großes Loch. Erkonnte in die darunter liegende Wohnungsehen.

7.

»Axton?« wisperte es aus dem winzigenFunkgerät. »Ich habe erfahren, daß Sie esüberlebt haben.«

»Es ist ihnen nicht gelungen, mich umzu-bringen«, bestätigte der Verwachsene. Erbefand sich noch immer in der WohnungAvrael Arrkontas. Das gesamte Gebäudewar mittlerweile von Truppen besetzt wor-den, die Orbanaschol und Axton noch fürzuverlässig hielt. Der Terraner und sein ar-konidischer Freund Arrkonta wußten, daßzahlreiche Mitglieder der Organisation Go-nozal VII unter den Soldaten waren. Daherfühlten sie sich sicher.

»Ich war gerade bei einer Besprechung«,fuhr Klinsanthor über Funk fort. »Quartantatund die führenden SENTENZA-Leute sindaußer sich vor Wut und Enttäuschung, daßdieser Anschlag gegen Sie fehlgeschlagenist.«

»Das kann ich mir denken. Was werdensie tun?«

»Heute noch werden maßgebliche Männeraus der Organisation zu Orbanaschol gehenund ihm ein Treffen vorschlagen.«

»Was passiert, wenn Orbanaschol ab-lehnt?«

»Dann werden die Gewerkschaften im ge-samten Imperium den Generalstreik ausru-fen. Die Unternehmer werden sämtliche Ro-botfabriken stillegen, und die SENTENZAwird Sabotageakte ausüben, durch die derallgemeine Zusammenbruch eingeleitet wer-den wird.« Klinsanthor senkte seine Stimme.»Sodann ist vorgesehen, mich als Gegen-Imperator auszurufen. Man wird der Öffent-lichkeit erklären, daß ich den Sturz Orbana-schols und die Machtübernahme schon vonlanger Hand vorbereitet habe.«

»Das entspricht meinem Plan. So habe iches Quartantat und den anderen eingeflüstert.

Der populäre Mana-Konyr soll vorgescho-ben werden. Ich will Sie in der entscheiden-den Stunde dabei haben, damit Sie Atlan mitIhren besonderen Fähigkeiten helfen kön-nen. Außerdem weiß ich, was die Gegensei-te plant, solange Sie in vorderster Linie ste-hen.«

»Bis jetzt weiß man nicht, daß Sie bereitsüber alles informiert sind«, fuhr der Magn-ortöter fort. »Man glaubt auch, daß Orbana-schol ahnungslos ist.«

»Danke, Klinsanthor. Passen Sie auf sichauf.« Axton beendete das Gespräch. Er riebsich die Hände. Triumphierend blickte erArrkonta an. »Bald haben wir es geschafft,Avrael.«

»Freuen Sie sich nicht zu früh. Lebo.Noch ist alles offen.«

»Aber nicht mehr lange. Ich werde gleichzu Orbanaschol fliegen und den Abschlußder Aktion mit ihm besprechen. Wenn ermitmacht – und es bleibt ihm eigentlich garnichts anders mehr übrig –, dann werdensich alle Atlan-Gegner und bisherigen Orba-naschol-Anhänger eindeutig entlarven. DerImperator muß sie verhaften, wenn er seineneigenen Hals retten will. Und damit ent-machtet er sich selbst. Das wird der größteSchlag, den wir je gegen die Macht Orbana-schols geführt haben.«

»Dann sollten wir jetzt die Freunde ausunserer Organisation alarmieren«, schlugArrkonta vor.

»Ich benötige sie dringend«, erwiderteAxton. »Wenn alles so verläuft, wie ich esgeplant habe, dann brauche ich noch in die-ser Nacht ein ganzes Heer von Spezialisten,die mir helfen, die notwendigen Vorberei-tungen zu treffen.«

»Ich werde dafür sorgen, daß Sie alles be-kommen«, versprach der Arkonide.

»Gut. Dann mache ich mich jetzt auf denWeg zu Orbanaschol.« Er glitt vom Stuhl,kletterte auf den Rücken von GentlemanKelly und blickte Avrael Arrkonta ernst an.»Hoffen wir, daß wir die nächsten dreißigStunden lebend überstehen, Avrael.«

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*

Lebo Axton hatte das Gefühl, von einerganzen Streitmacht begleitet zu werden.Diese übertriebene Schutzmaßnahme gefielihm überhaupt nicht, weil sie seinen Plan zustark gefährdete. Er beschloß, bei Orbana-schol durchzusetzen, daß seine Leibwacheauf ein paar Mann beschränkt wurde. Auchder Kristallpalast war ihm zu gut bewacht.Diese Vorsichtmaßnahme konnte die Machtder Sonnen darauf aufmerksam machen, daßihr Plan verraten war.

Gleich zu Beginn des Gesprächs mit Or-banaschol versuchte Axton, diesem die Ge-fahr deutlich zu machen. Der Imperatorlehnte es jedoch energisch ab, den Schutzfür sich selbst zu verringern.

»Wenn Sie sich selbst zum Abschuß an-bieten wollen, dann ist das Ihre Sache«, er-klärte er. »Ich werde jedoch auf keinen ein-zigen Mann verzichten.«

Orbanaschol hatte sich nicht verändert.Noch immer war sein Gesicht von panischerAngst und Furcht gezeichnet. Sein ganzesGebaren deutete darauf hin, daß er mit sei-nen Kräften so gut wie am Ende war. Nungenügte tatsächlich ein kleiner Anstoß, ihnganz zu beseitigen. Vermutlich hatte der Im-perator in den letzten Stunden eingesehen,daß die von ihm verfolgte Politik der per-sönlichen Bereicherung falsch gewesen war.Er hatte die totale Machtfülle angestrebt undsich dazu einen Freundeskreis geschaffen,der ebenfalls stets nur an den eigenen Vor-teil gedacht hatte. Nun mochte er erkannthaben, daß man sich auf derartige Freundenicht stützen kann.

»Berichten Sie«, forderte der Imperatorden Verwachsenen auf. »Was haben Sie her-ausgefunden.«

Axton schilderte Orbanaschol die Ereig-nisse der letzten Stunden. Mit seinen Wortenkonnte er den Imperator jedoch keineswegsbeunruhigen. Im Gegenteil. OrbanascholsUnsicherheit und Angst stiegen noch mehr.

»Und jetzt?« fragte er schließlich gereizt.

»Wie soll es weitergehen? Warum verhaftenSie diese Verräter nicht einfach? Nichts wä-re leichter.«

»Die Öffentlichkeit würde einfach nichtglauben, daß soviele reiche und mächtigeMänner einen Umsturz geplant haben. Manwird behaupten, Sie hätten die Verhaftungenvornehmen lassen, um sich zu bereichernoder auf illegale Weise Widersacher ausdem Weg zu räumen.«

»Das ist wahr«, gestand Orbanaschol ein.»Aber was soll ich tun?«

»Ich schlage Ihnen vor, daß die großeVersammlung hier im Kristallpalast stattfin-det. Ich werde dafür sorgen, daß dieser Ge-danke auch bei unseren Gegnern Anklangfindet. Mana-Konyr, mit dem ich mich gutverstehe, wird dafür eintreten.«

»Was haben Sie vor, Axton? Reden Siedeutlicher. Was soll das alles?«

»Ihre Feinde wollen die Macht über dasImperium übernehmen. Nun, wo könnte einbesserer Ort sein, das zu tun als hier im Kri-stallpalast? Ihre Feinde wollen Sie absetzen.Wo ließe sich besser dokumentieren als hier,daß Sie am Ende sind?«

»Axton, was soll das?« fragte Orbana-schol scharf und voller Mißtrauen.

»Ich will die wirklich wichtigen Mitglie-der der feindlichen Organisation in eine Fal-le locken. Ich will, daß sie sich selbst dieMaske vom Gesicht reißen. Ich will, daß sievor aller Öffentlichkeit, über Video-Netzverbreiten, was sie getan haben. Ich will,daß sie hinausbrüllen ins Imperium: Hier,wir haben Orbanaschol entmachtet. Wir sinddie neuen Herren.«

»Und dann?« forderte Orbanaschol, denes nicht mehr in seinem Sessel hielt. Ersprang auf, kam um den Tisch herum, andem er gesessen hatte, und blieb vor demVerwachsenen stehen. »Wie soll das alles zuEnde gehen?«

»Ganz einfach, Imperator. Wenn das allesgeschehen ist, dann schlagen wir zu. UnserKonter wird völlig überraschend und mittödlicher Präzision kommen. Danach hatkeiner der Verräter noch die Chance zu be-

40 H.G. Francis

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haupten, er hätte mit der ganzen Angelegen-heit nichts zu tun. Die Öffentlichkeit wirdZeuge sein, daß Ihr Zorn diese Männer undFrauen aus gutem Grund trifft.«

Orbanaschol atmete schwer.»Wenn ich Sie richtig verstanden habe,

Axton, dann erwarten Sie von mir, daß ichmich verhaften lasse«, sagte er. »Sie wollen,daß ich mich von diesen Verrätern in Kettenlegen lasse. Ich soll mich vor aller Öffent-lichkeit als der Ex-Imperator präsentierenlassen. Glauben Sie denn wirklich, ich wer-de mich selbst in dieser Weise demütigen?«

»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Axtonruhig. »Aber ich bin fest davon überzeugt,daß Sie nicht auf Ihren Triumph verzichtenwerden. Ich sehe Sie schon jetzt vor mir, wieSie die Ketten von sich schleudern und dieseBande von Verrätern lachend ins Tekayl-Gefängnis schicken.«

»Ich werde mich nicht verhaften lassen.«»Wenn Sie das Spiel nicht mitmachen,

dann werden Ihre Feinde die Maske nichtfallenlassen. Wollen Sie denn wirklich nichtwissen, wer alles zu diesen Verrätern ge-hört?«

Orbanaschol III. senkte den Kopf. Erkehrte zu seinem Sessel zurück und setztesich. Nachdenklich begann er Stücke eineskalten Bratens zu verzehren, die ein Dienerihm auf den Tisch gestellt hatte. Er nickte,nachdem er einige Zeit gegrübelt hatte.

»Doch«, sagte er. »Das will ich.«»Dann bleibt Ihnen keine Wahl. Sie müs-

sen sich verhaften lassen.«Orbanaschol III. hob den Kopf und blick-

te Axton starr an. Aus den rötlichen Augendes Arkoniden schlug dem Verwachseneneine tödliche Drohung entgegen, die ihn je-doch nicht beeindruckte. Er hatte von jehergewußt, daß Orbanaschol ihn kaltblütig um-bringen lassen würde, wenn er die Wahrheitüber ihn zu einem Zeitpunkt erfuhr, in demer noch Macht besaß.

*

Die Stimme Klinsanthors wisperte aus

dem Funkgerät in Axtons Händen. Er hob essich ans Ohr, um besser verstehen zu kön-nen. Zunächst dachte er, daß der Magnortö-ter sich direkt an ihn gewandt hatte, aberdann merkte er, daß dieser nur das Funkge-rät eingeschaltet hatte, um ihn mithören zulassen.

Klinsanthor befand sich in einer Bespre-chung mit den wichtigsten Männern derMacht der Sonnen. Soeben hatte er den Vor-schlag gemacht, die Versammlung der Orba-naschol-Gegner im Kristallpalast stattfindenzu lassen.

Quartantat war damit nicht einverstanden.»Das ist viel zu gefährlich«, rief er. »Das

können wir nicht riskieren. Im Kristallpalastsitzen wir in der Falle.«

Klinsanthor antwortete ihm ruhig und mitüberzeugenden Argumenten, die Axton ihmgeliefert hatte. Es waren die gleichen Argu-mente, die auch Orbanaschol überzeugt hat-ten. Bei diesem hatten sie allerdings untereinem anderen Vorzeichen gestanden.

»Orbanaschol läßt sich doch von einerganzen Armee bewachen«, sagte Quartantatschließlich. »Wie sollten wir ihn unter sol-chen Umständen überwältigen und verhaftenkönnen?«

»Ich werde dafür sorgen, daß die vierteAbteilung die Sicherung des Versammlungs-raums übernehmen wird«, sagte jemand ausdem Hintergrund. Die Stimme elektrisierteAxton förmlich. Es war die Stimme eineshohen Offiziers aus der Leibwache Orbana-schols. Er hatte nicht gewußt, daß dieserMann zu der Organisation Macht der Son-nen gehörte. »Meine Leute werden Orbana-schol abschirmen. Niemand wird ihm zurHilfe kommen können.«

»Bleibt noch ein Problem«, bemerkteQuartantat. »Axton. Solange dieser Mannnoch lebt, zweifle ich an unserem Erfolg.«

»Was kann er jetzt noch ausrichten? DieZeit ist zu knapp. Auch ein Mann wie Axtonhat irgendwo seine Grenzen«, antwortete derOffizier.

»Dennoch. Dieser Mann ist so gefährlichwie niemand sonst. Wenn wir noch scheitern

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können, dann an ihm. Gibt es nicht dochnoch eine Möglichkeit, ihn zu beseitigen?«

»Mit jedem weiteren Anschlag auf ihnsteigt die Gefahr, daß unser Plan aufgedecktwird«, wandte Klinsanthor ein. »Nach allem,was ich von diesem Mann gehört habe, ist esbesser, ihn in Ruhe zu lassen, als ihn durchGewaltakte auf uns aufmerksam zu machen.Wenn wir Orbanaschol abgesetzt haben,dann ist auch dieser Axton erledigt.«

»Ich habe eine Idee«, sagte der Offizier.»Ich werde noch einmal einen Roboter ge-gen ihn einsetzen. Ein einziger Roboter kannmehr schaffen als eine ganze Robotarmee.Ich werde dafür sorgen, daß irgendeiner dervielen Roboter im Kristallpalast Axton tötet.Es wird blitzschnell gehen, so daß der Krüp-pel keine Abwehrchance hat.«

»Wie wollen Sie das bewerkstelligen?«fragte Klinsanthor, der Axton offensichtlichsoviele Informationen zukommen lassenwollte, wie nur möglich.

»Es gibt Hunderte von Robotern im Kri-stallpalast, die die unterschiedlichsten Auf-gaben erfüllen. Es würde schon genügen,beispielsweise einen Reinigungsroboter sozu programmieren, daß er Axton erschlägt,wenn er ihm über den Weg läuft.«

»Das ist doch nicht möglich«, protestierteQuartantat. »Die einfachen Roboter habenkeine aggressiven Programme.«

»Ich muß ja auch nicht unbedingt eineneinfachen Roboter nehmen«, erwiderte derOffizier selbstsicher lachend. »Verlassen Siesich auf mich. Ich werde schon den richtigenRoboter auswählen. Ich habe ziemlich vielAhnung von diesen Maschinen.«

Das war richtig. Axton wußte, daß dieserOffizier ein Experte auf robotologischemGebiet war. Ihm traute er ohne weiteres zu,daß er seinen heimtückischen Plan verwirk-lichte.

»Also gut. Übernehmen Sie das«, sagteQuartantat. »Ich werde jetzt zu Orbanascholfliegen und ihn dazu überreden, an dergroßen Besprechung teilzunehmen. Er wirdeinsehen, daß diese Konferenz notwendigist. Er muß mit uns reden, denn nur mit un-

serer Hilfe kann er sich noch retten. Der fei-ste Lump wird toben. Er wird mich anschrei-en und mich verfluchen, aber dann wird erzu Kreuze kriechen. Er kann nicht anders. Erwird glauben, daß wir ihn ausnehmen wol-len, ihm aber als Gegenleistung zu neuerMachtfülle verhelfen werden. Das ist derKöder, den er bestimmt schluckt.«

Die Männer verabschiedeten sich vonKlinsanthor und verließen den Raum.

»Haben Sie gehört, Lebo?« fragte der Ma-gnortöter.

»Ich habe alles gehört«, bestätigte derVerwachsene.

»Passen Sie gut auf sich auf. Dieser Offi-zier ist gefährlich.«

»Ich danke Ihnen, Klinsanthor.« Axtonbesprach noch einige Fragen mit dem Magn-ortöter und verabschiedete sich dann vonihm. Es gab noch viel zu tun in dieser Nacht.

*

Der Saal faßte zweihundert Personen. DieWände waren mit farbschönen Platten ver-schalt. Bei ihnen wollte Axton ansetzen.

»Ich will die Platten so weit vorziehen«,erklärte er dem Leiter der Arbeitsgruppe,»daß ich dahinter Roboter verstecken kann.«

»Ich verstehe«, erwiderte der Arkonide.Er gehörte zur Organisation Gonozal VII.und war ein Mann, auf den Axton sich ver-lassen konnte. »Wir sollen den Saal so ver-ändern, daß er zur Falle wird, aber unsereArbeit darf später nicht zu erkennen sein.«

»Sie haben es erfaßt.«Axton verließ den Saal und kehrte erst

nach etwa zwei Stunden zurück, als er einigeVorbereitungen erledigt hatte. Zu diesemZeitpunkt waren die Arbeiten schon weitfortgeschritten. Sie erwiesen sich als weitweniger problematisch, als Axton befürchtethatte.

»Wir schaffen es«, erklärte der Bauleiter.»In spätestens drei Stunden sind wir fertig.«

Im Saal arbeiteten fünfzig Männer. Siesetzten für die körperlich anstrengenden Ar-beiten Roboter der verschiedensten Art ein.

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Alles war so organisiert, daß niemand denanderen behinderte.

»Kommen Sie«, bat der Arkonide. »Dahinten bringen meine Leute den erstenKampfroboter. Wir wollen sehen, ob die ge-schaffenen Nischen ausreichend groß sind.«

Axton, der auf dem Rücken GentlemanKellys stand, blickte zu der Stelle hinüber,auf die der Bauleiter zeigte. Er sah einenvierarmigen Kampfroboter, der größer warals Kelly.

Plötzlich setzten die warnenden Impulseseines Sonderhirns wieder ein. War dies einRoboter, der gegen ihn angesetzt wordenwar? Er hatte keine Möglichkeit, das heraus-zufinden.

»Warum kommen Sie nicht?« fragte derArkonide überrascht. Er war bereits einigeSchritte weitergegangen.

Axton schob seine Hand unter die Bluseund zog einen Kombistrahler aus dem Gür-tel. Er stützte die Waffe mit dem Projektorauf der Schulter Kellys ab.

»Weiter«, befahl er leise.Gentleman Kelly setzte sich in Bewe-

gung. Gleichzeitig wurden die warnendenImpulse intensiver. Axton wußte, daß einAngriff gegen ihn bevorstand. Er konzen-trierte sich ganz auf den Kampfroboter, dervor einer Nische stand. Die beiden Waffen-arme hingen nach unten, aber das konntesich in Bruchteilen von Sekunden ändern.Dann konnten sie hochschnellen und feuern,so schnell, daß Axton keine Abwehrmög-lichkeit mehr blieb.

Der Bauleiter sprach auf den Verwachse-nen ein, aber dieser hörte ihn gar nicht.

»Befehlen Sie dem Roboter, in die Nischezu steigen«, sagte er.

Das Sonderhirn schien sich zu verkramp-fen. Der Terraner stöhnte vor Schmerz auf.Vor seinen Augen flimmerte es, und für ei-nige Sekundenbruchteile konnte er nichts se-hen. Er riß den Energiestrahler hoch, feuertejedoch nicht. Hinter sich hörte er ein eigen-artiges, alarmierendes Geräusch. Er fuhrherum. Ein Roboter, an dessen ArbeitsarmenKreissägen surrten, stürzte sich auf ihn. Die

beiden Sägen fuhren auf ihn zu.Axton schrie auf. Er ließ sich vom

Rücken Kellys fallen und schoß. Der Ener-giestrahl warf den Arbeitsroboter zurück. Ertraf ihn oberhalb des breiten Hüftgelenks,zerstörte ihn jedoch nicht. Kaum hatte dieMaschine ihr Gleichgewicht zurückgewon-nen, als sie erneut angriff. Kelly warf sichihr entgegen. Der Bauleiter schleuderte ihreine Eisenstange zwischen die Beine, wäh-rend Axton, der auf dem Boden lag, ver-suchte, abermals zu schießen. Die Waffeversagte jedoch.

Die Kreissäge berührte einen Arm Kellys.Das Metall kreischte schrill auf. Dann aberhieb Gentleman Kelly dem Arbeitsroboterdie Faust gegen die Linsen und zerstörte dasoptische System, mit dem er sich orientierte.Das genügte. Der Arbeitsroboter blieb ste-hen.

Der Bauleiter half Axton auf die Beine.»Wie war das möglich?« fragte er stam-

melnd. »Ich begreife das nicht.«»Beruhigen Sie sich«, entgegnete der Ver-

wachsene mit gepreßter Stimme. Er hieltsich die Schulter, auf die er gefallen war. Sietat ihm so weh, daß er den linken Arm kaumnoch bewegen konnte. »Sie haben keineSchuld. Das haben unsere Gegenspieler ver-anlaßt.«

Er blickte auf den Kampfroboter, auf dener sich vorher allzu sehr konzentriert hatte.Ihn schauderte, als er daran dachte, daß inden nächsten Stunden noch zahlreiche wei-tere Kampfroboter in diesen Saal marschie-ren würden. Jeder von ihnen konnte vondem Robotspezialisten der Gegenseite prä-pariert worden sein.

Jetzt erst erkannte er in vollem Umfang,was die Drohung des Wachoffiziers bedeu-tete.

Sein Leben war auf Schritt und Tritt be-droht. Wohin er sich auch wandte, überallwaren Roboter, und jeder von ihnen konntezur Todesmaschine werden.

8.

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Klinsanthor meldete sich kurz vor Mor-gengrauen. Zu dieser Zeit hatte sich Axtonzu einer kurzen Ruhepause hingelegt.

»Sie müssen sich um Yamat Gor küm-mern«, sagte der Magnortöter. »Wir habeneben noch eine Besprechung gehabt.«

»Was ist passiert?« Axton fiel auf, daßKlinsanthor langsam sprach und offenbarMühe hatte, sich zu konzentrieren.

»Yamat Gor ist Robotspezialist. Sie wis-sen es sicherlich. Er hat behauptet, er könnezu einer ganz bestimmten Zeit alle Roboterim Kristallpalast lahmlegen.«

Axton erschrak. Er wußte, daß es zahlloseExperimente gegeben hatte, Roboter funk-technisch zu beeinflussen und zu lenken,und daß gigantische Summen für For-schungsarbeiten ausgegeben worden waren,die das Ziel hatten, derartige Manipulationenzu verhindern. Zur Zeit aber, so meinte er,waren die Roboter so gut geschützt, daßnichts passieren konnte.

»Machen Sie keine Witze«, sagte er.»Quartantat und seine Freunde werden in

den Kristallpalast kommen. Alles ist so ver-laufen, wie sie es geplant haben. Orbana-schol hat zugesagt. Jetzt fragt Quartantatsich, ob Orbanaschol ihm eine Falle gestellthat.«

»Damit habe ich gerechnet.«»Quartantat will jedes Risiko für sich und

seine Freunde ausschalten. Er glaubt, daßdie einzige Gefahr, die ihm droht, durch denEinsatz von Robotern entsteht. Yamat Gorsoll daher während der Konferenz alle Ro-boter im Kristallpalast oder zumindest dieim Saal und in dessen Umgebung lahmle-gen. Und Gor sagte, daß er das wirklichkann.«

»Ich werde mich darum kümmern«, ver-sprach Axton. »Wie geht es Ihnen?«

»Schlecht«, antwortete der Magnortöterzögernd. »Meine Kräfte lassen schnell nach.Ich spüre, daß es zu Ende geht mit mir. Eskostet mich zuviel Energie, Mana-Konyr zuunterdrücken.«

»Sie müssen durchhalten. In ein paarStunden sieht alles schon wesentlich besser

aus für Sie. Dann kann ich Ihnen helfen.«Der Magnortöter lachte leise.»Warum lachen Sie?« fragte der Terraner.»Das werden Sie doch nicht verstehen«,

erwiderte Klinsanthor rätselhaft.»Versuchen Sie es«, bat Axton.»Lieber nicht.« Der Magnortöter lachte

erneut und brach das Gespräch dann ab.»Mit wem haben Sie gesprochen?«Lebo Axton fuhr auf. Der Schreck fuhr

ihm in die Glieder. Fassungslos blickte erauf Orbanaschol III. der vor ihm stand. Erhatte nicht gehört, daß der Imperator in dasBüro gekommen war, und nichts hatte ihngewarnt.

»Mit Mana-Konyr«, antwortete Axtonstammelnd. Dann wurde ihm siedend heißbewußt, daß er davon gesprochen hatte, erwerde helfen, Mana-Konyr zu unterdrücken.Hatte Orbanaschol diese Worte gehört odernicht?

Er blickte den Imperator forschend an.»Mit Mana-Konyr«, sagte Orbanaschol

und wischte sich mit dem Handrücken überden Mund. Er nickte einige Male. »Naschön. Wie stehen die Dinge?«

Axton krallte die Hände ineinander. Erfühlte sich wie gelähmt.

»Schlecht«, eröffnete er Orbanaschol. Erberichtete, daß Yamat Gor eine Möglichkeitgefunden hatte, die Roboter zu manipulie-ren. Orbanaschols Augen begannen zu trä-nen.

»Was werden Sie tun?«»Ich weiß es noch nicht. Ich werde mich

bemühen, herauszufinden, mit welchen Mit-teln Yamat Gor arbeiten will. Sobald ich dasgeschafft habe, kann ich etwas tun.«

»Ich habe erfahren, daß der KonferenzsaalSD-338 scharf bewacht wird. Einer meinerOffiziere beklagte sich bei mir darüber, daßman ihm verwehrt hat, den Saal zu betreten.Und es sind Männer, die nach Ihren Wortenzu meinen Feinden zählen, die den Saal be-wachen.«

Orbanaschol blickte Axton drohend an.Seine Hände öffneten und schlossen sich.Eine wilde Drohung ging von ihm aus. Der

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Arkonide befand sich in einer Stimmung, inder er völlig unberechenbar war. Axtonspürte, daß jetzt jedes Wort wichtig war.

»Das ist richtig«, erwiderte er. »Ich habediese Männer dazu abgestellt, SD-338 abzu-sichern. Gleichzeitig lasse ich dort die not-wendigen Vorbereitungen für die Konferenztreffen. Unsere Feinde müssen schließlichdavon überzeugt werden, daß die Versamm-lung dort stattfinden wird. Das gibt mir dennötigen Spielraum, VC-12 umzubauen undin eine Falle zu verwandeln.«

»Ich werde diese Verräter also nicht inSD-338 treffen?«

»Auf keinen Fall. Kurz vor Beginn derKonferenz wird dort ein kleines Feuer aus-brechen. Der Schaden wird gering sein, aberder Anlaß ist ausreichend, einen anderenSaal zu wählen – den Saal, den wir wollen.«

Orbanaschol beruhigte sich schnell. Erhatte Verrat gewittert und war nun davonüberzeugt, daß sein Argwohn unberechtigtgewesen war. Seine Reaktion bewies Axtonabermals, daß der Imperator in einer psychi-schen Situation war, in der er blindwütig umsich schlug, wenn er sich direkt angegriffensah. Er glich einem verängstigten Tier, dasin die Ecke getrieben worden war, und daswütend zubiß, sobald man ihm noch näher-kam.

»Ich habe alles getan, die Verräter zu täu-schen«, sagte Axton. »Die Voraussetzungensind gut. Ich werde jedoch nicht zulassen,daß die Konferenz stattfindet, wenn ichnicht weiß, ob ich die Roboter auch wirklichunter Kontrolle habe.«

Orbanaschol gab einen unbestimmbarenLaut von sich, drehte sich um und eilte ausdem Arbeitsraum. Lebo Axton ging ihm biszur Tür nach. Draußen warteten zwei Leib-wächter auf den Imperator. Sie begleitetenihn, als er sich entfernte.

Der Terraner schloß die Tür.»Warum hast du mich nicht gewarnt?«

fragte er scharf. Er ging auf Gentleman Kel-ly zu und trommelte mit den Fäusten gegenden Rumpf des Roboters. »Du hättest michwarnen müssen.«

Gentleman Kelly schwieg.»Antworte«, schrie Axton außer sich vor

Zorn.»Der Imperator befahl mir durch ein

Handzeichen, ruhig zu sein«, erklärte Kelly.»Hat er gehört, daß ich versprochen habe,

Klinsanthor gegen Mana-Konyr zu helfen?«»Zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht

im Raum.«Eine Zentnerlast fiel von Axton ab. Der

Terraner setzte sich auf den Rand der Liege.Seine Hände zitterten, und das linke Lidzuckte heftig.

»Wenn noch einmal so etwas passiert,Freundchen«, sagte er leise, »dann hast duden Befehl, mich sofort zu informieren. Nie-mand darf sich mir ungesehen nähern. Nie-mand darf mich überraschen, nicht einmalder Imperator. Hast du das verstanden, duniederträchtiges Blechmonstrum?«

»Ich habe verstanden.«Axton blickte auf.»Ich schwöre dir«, sagte er drohend, »und

dieses Mal meine ich es wirklich ernst, daßich dich zusammenschießen werde, wenn soetwas noch einmal vorkommt. Du hast meinLeben gefährdet. Präge dir das in deineBlechkartei ein.«

»Ich verfüge über keine Blechkartei«, ent-gegnete Kelly dozierend. »Mein Positronen-speicher ist vielmehr nach dem baseyischenPrinzip aufgebaut und ist eingeteilt in sie-benundvierzig Grundsektoren, die von …«

»Sei still«, befahl Axton müde. »Ich willnichts hören.«

Er ließ sich auf den Rücken sinken undschloß die Augen.

»Wie könnte man dich per Funkbefehllahmlegen, Kelly?«

»Das ist nach den mir vorliegenden Infor-mationen nicht möglich, Schätzchen.«

»Das dachte ich mir. Du weißt es nicht.Also muß ich mich mal wieder selbst darumkümmern.«

Axton überlegte fieberhaft. Wie war dasEnde Orbanaschols in der altarkonidischenGeschichte gewesen? Gab es wirklich kei-nerlei Hinweise darauf? Hatte die Macht der

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Sonnen vielleicht doch gesiegt? Wenn dasder Fall war, dann hatte er keine Möglich-keit, das zu ändern? Dann durfte er es auchgar nicht ändern, weil die Konsequenzendann so gravierend waren, daß vielleicht gardie Existenz der terranischen Menschheitauf dem Spiel stand.

War er an eine Mauer gekommen, die ernicht mehr überwinden konnte? Hatte er dieGrenze erreicht, an der er handlungsunfähigwurde?

*

Lebo Axton hielt Gentleman Kelly an derEcke eines Ganges an. Er spähte um dieEcke und sah, daß sich ein Arkonide vonihm entfernte. Der Mann kam aus einem La-bor und verschwand in einem nach oben ge-polten Antigravschacht.

»Laß mich 'runter«, befahl Axton. Kellykniete sich hin, so daß der Terraner von sei-nem Rücken gleiten konnte.

Axton deutete auf eine grüne Tür, die mitder Zahl 100 versehen war.

»Ich will wissen, ob jemand in dem Raumist«, sagte er. »Schnell. Beeile dich.«

Gentleman Kelly schaltete sein Antigrav-gerät ein und schwebte lautlos zu der Türhinüber. Axton konnte nicht verfolgen, wiedie in seinem Ovalrumpf verborgenen elek-tronischen Geräte arbeiteten. Für ihn sah esso aus, als ob Gentleman Kelly lediglich stillvor der Tür stand. Dann aber kehrte der Ro-boter zu ihm zurück.

»Ein Mann ist hinter der Tür«, berichteteer. »Ich konnte jedoch nicht feststellen, weres ist.«

Axton blickte auf sein Chronometer. Insorgfältiger und vorsichtiger Arbeit hatte erermittelt, daß Yamat Gor etwa dreißig Mi-nuten lang in einem der unteren Geschossedes Kristallpalasts zu tun hatte. Einer seinerMitarbeiter begleitete ihn. Diese dreißig Mi-nuten wollte er nutzen. Es war die letzte Ge-legenheit, den Robotplan des Offiziers nochzu durchkreuzen. Jetzt aber war der Raumdurch einen anderen Mitarbeiter Gors

blockiert. Vielleicht aber hatte der Offiziersich auch durch eine Wache dagegen abgesi-chert, daß jemand seine Unterlagen durch-sah.

Axton verkrampfte die Hände ineinander.Er wußte nicht, was er tun sollte. Drang ermit Gewalt in den Raum ein, dann merkteGor fraglos, was gespielt wurde. Verzichteteer auf eine Untersuchung, war Orbanascholverloren, und die Clique seiner ehemaligenFreunde, die die wahre Macht repräsentierte,blieb an der Macht.

Die Minuten rannen uneinholbar dahin.Axton entschloß sich, Giftgas anzuwen-

den und den Arkoniden im Büro Gors da-durch vorübergehend zu betäuben. Als erKelly losgeschickt hatte, das Gift aus seinemBüro zu holen, öffnete sich die Tür. Schrittenäherten sich ihm, doch dann überlegte derArkonide es sich anders, drehte sich um undging in der anderen Richtung davon. Axtonschob vorsichtig einen Taschenspiegel umdie Ecke. Darin konnte er den MitarbeiterGors beobachten, bis dieser in den Antigrav-schacht stieg und nach unten verschwand.

Axton steckte den Spiegel weg und eilteerregt auf die Tür zu. Mit seinen Spezialge-räten öffnete er sie, ohne das elektronischeSchloß zu beschädigen. Er atmete auf, alsdie Tür wieder hinter ihm zufiel. Er war al-lein im Büro Yamat Gors.

Flüchtig fragte er sich, ob der Wachoffi-zier wirklich ahnungslos war oder ob er ihmhier eine Falle gestellt hatte. Doch dannschob er diesen Gedanken zur Seite. Erwollte sich durch nichts irritieren lassen unddie kurze Zeit, die ihm noch blieb, optimalnutzen.

Ruhig und konzentriert begann er damit,den Raum zu durchsuchen. Da er zu wissenglaubte, daß es um eine Apparatur ging, be-schränkte er sich auf bestimmte Bereichedes Büros.

Bereits zehn Minuten waren verstrichen,ohne daß er etwas entdeckt hatte, als er seineMeinung änderte und nun die Notizen Gorsdurchging. Er hoffte, hier einen Hinweis fin-den zu können. Doch wiederum verstrichen

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zehn Minuten, ohne daß er weiterkam. DieZeit wurde knapp.

Da öffnete sich die Tür, und ein hochge-wachsener Arkonide trat ein.

Axton fuhr herum. Die beiden Männerblickten sich an. Ein böses Lächeln glitt überdie Lippen des Arkoniden.

»Also doch«, sagte er. »Ich habe es dochgeahnt.«

Axtons Hand krallte sich um die Akte, dieer gerade durchgesehen hatte, plötzlich fielihm auf, daß der Arkonide erbleichte, undschlagartig begriff er. Zufällig hatte er dasrichtige Papier in der Hand. Direkt vor ihmlag das Geheimnis. Er brauchte es nur ansich zu nehmen.

Der Arkonide näherte sich ihm. Dabeischob er seine Hand unter die Bluse. Aberauch Axton griff blitzschnell zur Waffe. Diebeiden Männer rissen sie gleichzeitig hervor.

Der Terraner sah den Energiestrahlprojek-tor der anderen Waffe aufglühen. Im Bruch-teil einer Sekunde erkannte er, daß er zu spätschießen würde. Er warf sich zur Seite. DerBlitz zuckte an ihm vorüber. Ein Gluthauchstreifte ihn, und dann feuerte er. Und er trafbesser als der Arkonide. Der Energiestrahlaus seiner Waffe durchbohrte den anderen.

Hinter Axton prasselten Flammen hoch.Er riß die Akte an sich, die ihm alle Fragenbeantworten sollte. Dann flüchtete er ausdem Raum. Die automatischen Löschanla-gen begannen zu arbeiten. Gleichzeitig jaul-te eine Alarmsirene.

Axton lief Gentleman Kelly in die Arme.»Kommst du endlich«, schrie er. »Los. Zu

Boden.«Der Roboter drehte sich um und kauerte

sich hin. Als Axton in den Haltebügelnstand, startete er sofort. Er flog mit Hilfe sei-nes Antigravs mit abenteuerlicher Ge-schwindigkeit über den Gang, raste um dieEcke und floh weiter in Richtung auf einebreite Tür. Axton stoppte ihn jedoch, als erdie Klappe eines Müllschachts sah.

»Reiße sie heraus«, befahl er.Kelly packte die Klappe mit beiden Hän-

den und riß sie samt Rahmen und Halterung

aus der Wand. Dahinter gähnte der Müll-schacht.

»Hinein. Schnell.«Kelly gehorchte. Mit Axton auf dem

Rücken glitt er in den Schacht, wobei er dieFüße vorschob. Die Klappe hielt er noch im-mer in den Händen. Er drehte sich um undzog sie wieder in die Mauer, so daß kaumSpuren zurückblieben.

»Warte«, befahl Axton. Er horchte. Drau-ßen liefen einige Arkoniden vorbei. Deutlichkonnte er das Prasseln der Flammen und dasZischen der Löschanlage hören, die anschei-nend nicht wirksam genug für das Feuerwar.

»Zurück in mein Büro. So schnell wie esgeht, aber auch so unauffällig wie möglich.«

Gentleman Kelly ließ sich nach unten fal-len. Glücklicherweise warf niemand Abfallin den Schacht. Der Roboter beendete denSturz auf dem Stockwerk auf dem Axtonsein Büro hatte. Nachdem er sich vergewis-sert hatte, daß sich niemand im Gang vordem Schacht aufhielt, stemmte er auch hierdie Luke heraus und stieg aus. Axton rutsch-te von seinem Rücken und rannte los, wäh-rend der Roboter noch damit zu tun hatte,die Luke wieder an ihren Platz zu bringen.

Völlig außer Atem erreichte der Verwach-sene sein Büro. Er setzte sich hinter seinenArbeitstisch, trocknete sich den Schweißvon der Stirn und versuchte, sich möglichstschnell wieder zu ruhigem Atmen zu zwin-gen. Doch er kam nicht dazu. Wie erwartet,leuchtete das Rufzeichen am Video auf. Ax-ton schaltete sofort ein. Kein Muskel beweg-te sich in seinem Gesicht, als er Yamat Gorals Anrufer erkannte.

»Ja?« fragte er.»Sind Sie im Büro von Grankei?« fragte

Yamat Gor, der sichtlich nicht damit gerech-net hatte, daß Axton sich melden würde.

»Sie irren sich«, erwiderte der Verwach-sene scharf. »Ich bin in meinem eigenen Bü-ro. Sollten Sie sich verwählt haben?«

»Entschuldigen Sie, Axton. Ich muß dieZahlen tatsächlich verwechselt haben.«

»Bitte.« Axton schaltete ab. Er ließ sich in

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die Polster zurückfallen und rang nach Luft.Das kurze Gespräch hatte ihn überaus starkangestrengt. Er war nicht in der Lage, nochirgend etwas zu sagen, als Gentleman Kellykam.

Er war überzeugt davon, daß es ihm ge-lungen war, Gor zu täuschen und damit dieSituation in letzter Sekunde noch zu retten.Er war in seinem Büro, also konnte er nichtvor wenigen Sekunden noch oben im BüroGors gewesen sein. Der Wachoffizier würdein der kurzen Zeit, die ihm noch blieb, nichtaufklären können, was da oben passiert war.

Als Axton sich wieder etwas erholt hatte,begann er damit, die Akte durchzusehen, dieer erbeutet hatte. In ihr befand sich irgendwoder entscheidende Hinweis, wie man Robo-ter ausschalten konnte.

Die Zeit verrann, aber Axton konnte nichtherausfinden, welchen Trick Gor anwendenwollte. Er hatte die Akte bereits mehrereMale durchgesehen. Schließlich sagte ersich, daß der Hinweis sich unter technischenBeschreibungen und Feststellungen verber-gen mußte, die so selbstverständlich waren,daß er immer wieder über sie hinweg las,ohne zu merken, was darin steckte.

»Du mußt abbrechen«, sagte GentlemanKelly plötzlich. Axton blickte auf.

»Wieso? Ist es schon so spät?«»Wenn du dich an den Zeitplan halten

willst, dann mußt du in genau zehn Minutendas Feuer im Konferenzraum zünden.«

Axton fluchte. Die Zeit zerann ihm buch-stäblich unter den Händen. Er beschloß,noch drei Minuten an der Akte zu arbeitenund dann alles auf eine Karte zu setzen.

Kaum hatte er die erste Seite aufgeschla-gen, als er stutzte. Da stand, daß alle Com-puter im Palast direkt Informationen vomzentralen Hauptcomputer aufnehmen konn-ten.

Das war es!Das hatte Yamat Gor gemeint. Roboter

hatten ihren eigenen Computer. Diese konn-ten jederzeit mit der Hauptpositronik kom-munizieren.

Axton verschloß die Akte, kletterte auf

den Rücken Kellys und wollte aufbrechen.Dann aber überlegte er es sich anders, kehrtean seinen Arbeitstisch zurück und tippte eineZahl in die Tastatur des Videos. Ein Offizierder Leibwache meldete sich. Er war von Ax-ton selbst eingeschleust worden und gehörteder Organisation Gonozal VII. an.

Hastig setzte der Kosmokriminalist demOffizier das Problem auseinander.

»Ihre Aufgabe ist es, mit wenigstens fünf-zig Mann die Hauptpositronik zu besetzen.«Er gab dem Mann die Uhrzeit an, zu der erzuschlagen sollte. »Sorgen Sie dafür, daß dieHauptpositronik blockiert wird. Niemanddarf sie dann noch bedienen, bis ich Ihnendurchgebe, daß alles weitergehen kann. Werauch immer versuchen sollte, an die Positro-nik zu kommen, muß daran gehindert wer-den.«

»Ich habe verstanden«, erwiderte der Of-fizier.

Axton schaltete ab. Er preßte die Lippenzusammen. Die gesamte Aktion gefiel ihmnicht. Er hatte zu wenig Zeit für Vorberei-tungen gehabt. Allzu viel hing nun vom Zu-fall ab. Er wußte zu wenig über die takti-schen Maßnahmen der Gegenseite. Ja, erwußte noch nicht einmal, ob er auch dierichtige Anweisung gegeben hatte, was diePositronik betraf.

Wenn er sich geirrt hatte, dann würde Or-banaschol III. gestürzt werden.

9.

Orbanaschol III. war nervös und erregt. Ersaß am Tisch und aß, als Axton bei ihm ein-trat. Wahllos stopfte er alles in sich hinein,was ihm gerade in die Finger geriet.

»Sie sollten nichts mehr essen«, sagte Ax-ton vorsichtig.

»Das geht Sie nichts an«, erwiderte derImperator mit schriller Stimme. »Ich fresse,wann und wieviel ich will. Ja, Sie habenrichtig gehört. Heute esse ich nicht, ich fres-se. Es beruhigt mich, und ich kann dabeinachdenken.«

»Sie müssen dennoch aufhören«, beharrte

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Axton auf seiner Forderung. »Es ist soweit.Die Männer und Frauen der Macht der Son-nen sind versammelt.«

Orbanaschol III. schüttelte den Kopf.»Ich gehe nicht«, erklärte er störrisch.

»Ich bleibe hier. Wenn die etwas von mirwollen, dann sollen sie hierher kommen.«

Axton hatte Mühe, ernst zu bleiben. DerImperator Arkons hatte Angst. Er traute sichnicht, seine Privaträume zu verlassen undvor seine ehemaligen Freunde hinzutreten.Er wollte die Tatsachen einfach ignorierenund hoffte wie ein Kind, daß die Gefahrschon irgendwie vorbeigehen würde, auchwenn er nichts tat.

Orbanaschol schlürfte eine mit kleinenFangarmen versehen, lebende Muschel aus.Das Tier wehrte sich verzweifelt gegen dasEnde. Die Fangarme peitschten um diezuckenden Lippen Orbanaschols. Er zer-malmte sie genüßlich zwischen seinen Zäh-nen und schluckte sie herunter. Axtons Ma-gen revoltierte. Sekundenlang brachte erkein Wort heraus. Doch dann fing er sich.

»Wollen Sie Ihren verräterischen Freun-den den Triumph gönnen? Wollen Sie zulas-sen, daß Quartantat und die anderen vor allerÖffentlichkeit erklären, daß Sie in Ihren Pri-vaträumen verhaftet worden sind und diesenicht mehr verlassen dürfen?«

Orbanaschol spuckte ein paar Muschelre-ste aus. Er wurde bleich.

»Sie meinen, diese Lumpen könnten eswagen, mich hier einzusperren?«

»Wenn Sie nicht zu ihnen gehen, dannwerden sie Ihren Privatbereich umstellenund Sie von jeder Kommunikation aus-schließen. Wenn das geschieht, kann auchich nicht mehr verhindern, daß Sie entmach-tet werden.«

Orbanaschol riß sich die Serviette vomHals und schleuderte sie wütend auf seinenTeller. Dann sprang er auf, ließ sich von ei-nem Diener einen flammend roten Umhangreichen und erklärte grimmig: »Wir gehen!«

Zusammen mit Axton, der auf denRücken Kellys kletterte, verließ der Impera-tor seine Privaträume. Zwanzig zuverlässige

Leibwächter begleiteten ihn bis vor denKonferenzsaal, hier blieben sie jedoch aufAnweisung Axtons zurück.

Im Konferenzraum waren etwa hundertMänner und Frauen versammelt. Es wurdestill, als Axton und der Imperator eintraten.Unmittelbar neben dem Platz, der für Orba-naschol vorgesehen war, erhob sich einhochgewachsener, athletischer Mann. Mana-Konyr.

Orbanaschol blieb stehen. Seine bleichenWangen zitterten. Er spürte, daß dieserMann eine besondere Aura ausstrahlte.

Auch die Männer und Frauen um Quar-tantat schienen zu fühlen, daß von Mana-Konyr etwas ausging, was ihn als ganz ande-res Wesen charakterisierte. Axton sah, daßQuartantat Mana-Konyr geradezu entsetztanblickte.

Der Terraner atmete laut und keuchend.Ihn trafen die Impulswellen, die vonKlinsanthor ausgingen, viel härter als die an-deren.

Der Magnortöter schrie ihm zu, daß ersich nicht mehr gegen Mana-Konyr behaup-ten könnte.

»Geben Sie mir den blauen Gürtel«, fleh-te er. »Geben Sie ihn mir. Nur er kann michnoch retten.«

Plötzlich stürzten sich einige Männer, diezur Leibwache Orbanaschols gehörten, aufden Imperator. Sie umringten ihn und Ax-ton. Mana-Konyr näherte sich ihnen. Er ginglangsam und schwerfällig.

»Was hat das zu bedeuten?« schrie Orba-naschol.

Quartantat stieg eine kleine Treppe zu ei-ner Bühne empor. Von hier aus konnte erden ganzen Saal überblicken. Axton sah, daßer einigen Männern, die eine Kamera aufge-baut hatten, ein Zeichen gab.

»Orbanaschol«, rief Quartantat mit lauterStimme. »Hören Sie, was wir Ihnen zu sa-gen haben.«

Er zeigte auf Mana-Konyr, der Orbana-schol fast erreicht hatte.

»Axton helfen Sie mir«, bettelte Klinsan-thor. »Geben Sie mir neue Energien. Ich

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kann nicht mehr. Sie müssen etwas tun. Ma-na-Konyr überwältigt mich. Ich kann michnicht mehr gegen ihn behaupten.«

»Kämpfen Sie«, antwortete Axton aufgleichem telepathischem Weg.

»Ich kann nicht mehr.« Ein Aufschreifolgte. »Passen Sie auf, Axton. Mana-Konyrkommt. Er will dem Imperator sagen, waswirklich gespielt wird. Er will ihm verraten,daß Sie die größte je inszenierte Intrige ge-gen ihn eingeleitet haben.«

Der vermeintliche Mana-Konyr schrie Or-banaschol mit heiserer Stimme zu: »Sie sindverhaftet, Orbanaschol. Ihre Zeit ist zu En-de. Ich bin der neue Imperator Arkons.«

Er wandte sich um und hob grüßend beideArme zur Kamera hin.

Das sah äußerlich sehr überzeugend aus.Axton bot sich ein ganz anderes Bild.Klinsanthor starb, und das. Ich Mana-Konyrbrach durch.

»Sie sind verhaftet, Orbanaschol«, wie-derholte Quartantat von der Bühne herunter.Die Männer und Frauen im Saal sprangenvon ihren Plätzen auf und jubelten Quartan-tat und Mana-Konyr zu.

In diesem Moment riß einer der untreuenLeibwächter Axton von Kelly herunter undentwaffnete ihn. Der Terraner zögerte nichtlänger. Er aktivierte die Kampfroboter perFunkbefehl. Einige bange Sekundenbruch-teile lang schien es so, als sei der Plan ge-scheitert. Doch dann brachen einhundert Un-getüme krachend durch die dünnen Verscha-lungen an den Wänden. Plötzlich umringteneinhundert Kampfroboter die versammeltenMänner und Frauen der Macht der Sonnen.Sie richteten ihre Kampfarme gegen sie, unddie Energiestrahlprojektoren leuchteten dro-hend auf.

Orbanaschol lachte schrill und triumphie-rend. Ihm schien nicht bewußt zu werden,daß er in dieser Sekunde seine Macht verlo-ren hatte. Er hielt sich für den Sieger.

Ein verzweifelter, telepathischer Schreierreichte Axton. Mana-Konyr warf sich un-gestüm durch die Reihen der Leibwächter,die mit erhobenen Armen um Orbanaschol

herum standen.»Ich kann nicht mehr«, schrie Klinsanthor

Axton zu. »Bitte, lassen Sie mich Orbana-schol töten. Ich muß ihn vernichten. Ich mußihn töten. Bitte, lassen Sie es mich tun.«

Axton griff unter seine Bluse. Seine Handumkrallte den blauen Gürtel. Er glaubte zuwissen, daß dieser aus reiner psionischerEnergie bestand. Aus ihm hatte Klinsanthorneue Kräfte geschöpft. Jetzt wollte er ihn ge-gen den Magnortöter verwenden.

Er wirbelte ihn um seinen Kopf undschleuderte ihn auf Mana-Konyr. Der blaueGürtel krümmte und steckte sich wie ein le-bendes Wesen. Mana-Konyr riß die Armehoch. Der blaue Gürtel schlang sich ihm umArme und Hals – und verschwand.

Mana-Konyr stand inmitten eines blauenLichts, das ihn kugelförmig umgab. Deutlichsah Axton, daß seine Füße einige Zentimeterüber dem Boden schwebten. Entsetzt wicher vor dem Magnortöter zurück. Damit hatteer nicht gerechnet.

»Was haben Sie getan, Axton?« klang esin ihm auf. »Sie töten mich. Sie werfen michdorthin, wo ich geworden bin.«

Im Saal herrschte ein wahres Chaos. Eini-ge Männer und Frauen versuchten in pani-scher Angst zu fliehen, doch die Roboter bil-deten einen so dichten Ring, daß niemandhindurch kam. Mana-Konyr näherte sich Or-banaschol III. Er streckte die blau schim-mernden Hände aus.

»Ich werde dich töten«, erklärte er mitdumpfer Stimme.

»Das … das ist nicht Mana-Konyr«, riefder Imperator stammelnd. Er blickte Axtonhilfesuchend an und wich vor Mana-Konyrzurück. »Axton, wer ist das?«

»Ich werde ihn töten«, klang es in Axtonauf.

Der Terraner riß einem der Leibwächterden Energiestrahler aus dem Gürtel undschoß. Der Energiestrahl toste auf Mana-Konyr zu und raste in die Lichtflut hinein.

Wildes Gelächter klang in Axton auf.»Jetzt habe ich Mana-Konyr im Griff, Ax-

ton«, teilte der Magnortöter ihm mit. »Ge-

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hen Sie zur Seite. Ich muß Orbanaschol tö-ten.«

»Denken Sie an Atlan. Tun Sie es nicht.«Niemand außer Axton und Klinsanthor

konnte diesen lautlosen Dialog verfolgen.Für die anderen im Saal lief ein kurzerKampf ab.

»Ich töte Sie, wenn Sie noch einen Schrittweitergehen.«

Klinsanthor lachte.»Das können Sie nicht. Ich werde mit je-

dem Schuß, den Sie auf mich abgeben, stär-ker.«

Axton feuerte. Der Energiestrahl raste aufden Magnortöter zu, ließ aber den Lichtball,in dem er stand, nicht noch mehr aufleuch-ten, sondern verwandelte ihn plötzlich inSchwärze.

Aufschreiend wichen Axton und die Ar-koniden vor dem Nichts zurück. Eisige Käl-te wehte ihnen entgegen. Die Dimensionenbrachen auf. Axton hatte das Gefühl, denBoden unter den Füßen zu verlieren und insNichts zu stürzen. Für Bruchteile von Se-kunden sah er die Traummaschine Ischtarsvor sich. Ein bekanntes Gesicht beugte sichbesorgt über ihn. Sonnen zogen an ihm vor-bei. Er hörte die verwehenden SchreieKlinsanthors, der ihm etwas mitteilen woll-te, sich aber nicht verständlich machenkonnte.

Dann wurde es wieder hell um ihn. Er hu-stete. Ein beißender Geruch stieg ihm in dieNase.

Orbanaschol half ihm auf die Beine.»Was täte ich, Axton, wenn ich Sie nicht

hätte«, sagte er mit bebender Stimme, in dersich sein ganzer Schrecken widerspiegelte.

Im Saal war es still geworden. Axton sahzu der Stelle hinüber, von der Klinsanthorverschwunden war. Im Boden war eine fla-

che, schwarze Mulde. Das war die einzigeSpur, die noch auf den Magnortöter hindeu-tete.

»Kommen Sie«, sagte der Imperator. Sei-ne Finger krallten sich in den Arm Axtons.Er zwang ihn, ihn zur Bühne zu begleiten.Sie stiegen die Stufen empor, und dannstand Orbanaschol III. seinen ehemaligenFreunden gegenüber, die ihn verraten hatten.Die Kamera im Hintergrund fing die Szeneein und übertrug sie bis auf die äußerstenWelten des Imperiums.

»Ich bin und bleibe Imperator von Ar-kon«, erklärte Orbanaschol triumphierend.»Sie alle sind verhaftet. Die Gerichte wer-den sich mit Ihnen befassen, aber Sie wissenwohl auch selbst, daß im Imperium Hoch-verrat mit besonderen Strafen geahndetwird.«

Die Türen öffneten sich. Axton erkannteeinige Freunde von der Organisation Gono-zal VII. Sie standen draußen und wartetenauf die Verhafteten, um sie abzuführen.

»Wir gehen, Axton«, sagte der Imperator.Der Verwachsene begleitete ihn auf sei-

nem Weg zu den Privaträumen. Orbanascholwar ruhig und ausgeglichen. Die Angst, dieihn in den letzten Tagen beherrscht hatte,war von ihm gewichen. Er wirkte befreit.

»Was wird mit den Verhafteten gesche-hen?« fragte Axton.

»Ich werde sie alle hinrichten lassen«,antwortete der Imperator.

Axton lächelte.Er glaubte nicht daran, daß es dazu kom-

men würde. Er hoffte, daß Atlan noch vor-her auf Arkon I eintreffen und völlig neueEntwicklungen einleiten würde.

E N D E

Lesen Sie nächste Woche ATLAN Nr. 283:Schnittpunkt der Dimensionenvon Clark DarltonMit Ra, dem Barbaren, auf dem Planeten der Weltentore – eine Reise ohne Wiederkehr be-

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